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Fortbildungsskript Fortbildungsskript Kanufahren Kanufahren mit Jugendlichen mit Jugendlichen Kanufortbildung - Grundkurs Kanufortbildung - Grundkurs Kajak und Kanadier Kajak und Kanadier Deutscher Verband für Abenteuersport e.V. Deutscher Verband für Abenteuersport e.V. Letzte Überarbeitung 2015 © Bernd Dörr

Kanufahren mit Jugendlichen - jugendreferat.org · • Kanusport und Umweltschutz Diese Schwerpunkte sind Inhalt unserer Kanu-Grundkurse für Lehrer*innen und Mitarbeiter*innen in

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FortbildungsskriptFortbildungsskript

KanufahrenKanufahrenmit Jugendlichenmit Jugendlichen

Kanufortbildung - GrundkursKanufortbildung - Grundkurs

Kajak und KanadierKajak und Kanadier

Deutscher Verband für Abenteuersport e.V.Deutscher Verband für Abenteuersport e.V.

Letzte Überarbeitung 2015© Bernd Dörr

Einleitung

Neue Ufer sicher zu erreichen ist im direkten Sinne das wichtigste Ziel beim Kanusport. Doch wie wohl fast überall im Leben, so steht auch oder gerade bei einem Sport wie dem Kanufahren vor dem reinen Vergnügen die Arbeit. Das bedeutet konkret, das Erlernen der wichtigsten Techniken und Grundbegriffe und darüber hinaus auch die Kenntnis grundlegender Regeln zum Thema Sport und Natur.Kanufahren spielt sich auf dem Wasser ab und nicht im Klassenzimmer oder Gruppenraum. Aber je mehr es um das Boot schäumt, je höher die Wellen und wilderdie Fluten, um so dankbarer wird man sein, wenn man um die Gefahren weiß, die Situationen einschätzen und beherrschen kann und nicht selbst von ihnen beherrschtwird.Diese Sicherheit zu erlangen, die eigenen Grenzen kennen zu lernen und die Lust zuwecken, die Grenzen durch bedachtes, schrittweises Steigern der eigenen Fähig-keiten mehr und mehr zu erweitern, sollte das Ziel jedes Kanukurses für Anfänger sein. Dazu sollen diese Informationen die nötigen theoretischen Grundkenntnisse vermitteln.Ich habe mich bemüht, die Erklärungen präzise, aber auch knapp zu halten. Zur besseren Lesbarkeit und weil ich es unnütz finde, habe ich darauf verzichtet, allen Worten wie Kanute oder Paddler, auch noch die weiblichen Formen, wie etwa Kanutin hinzu zu fügen. Ich verstehe diese Worte als allgemeine, neutrale Formen und bitte deshalb Paddler beiderlei Geschlechts, sich angesprochen zu fühlen. Auf eindeutig männliche Formen wie Steuermann ist natürlich verzichtet worden. In diesem Sinn sei erwähnt, dass der beste Paddler mit dem ich bisher auf dem Wasserunterwegs war Alison heißt – eindeutig der Name einer Frau. Oder wie sagt SusanneHaug ganz richtig: "Gebt Frauen kürzere Paddel und leichtere Boote und sie werden nicht mehr nur die Shuttle-Bunnies sein!" Damit meint die erfolgreiche Wildwasser-Paddlerin die Tatsache, dass die Männer paddeln und ihre Frauen leider allzu oft nur "autoumsetzende Ufermäuse" sind.Ich wünsche mir speziell für unsere Kurse, aber auch ganz allgemein, reges Interesse am Kanusport von allen netten Menschen - egal welchen Geschlechts.Beim hier vorliegenden Skript handelt es sich um eine Weiterführung der erstmals im Herbst 1997 vom Verfasser erstellten Unterlagen zu einem Kajakkurs für Anfänger des CVJM Pirmasens, die ab Juli 1998 von Andreas Götz, Lehrer an der Georg-von-Neumayer-Realschule Neustadt zum Einsatz in der Lehrerfortbildung ausgearbeitet wurden. Nach der Übernahme der Leitung der Lehrerfortbildungen durch den Verfasser, hat er die weiteren Überarbeitungen und Fortführung dieses Skripts übernommen und dabei auch das Thema Kanadierfahren integriert.Durch die Erweiterung des Teilnehmerkreises auch auf Mitarbeitende in der sozialen und christlichen Jugendarbeit ist eine weitere Überarbeitung nötig geworden. Ich hoffe, dass es gelungen ist, auch diesem Kreis die nötigen Informationen mit zu geben. Sicherlich wird an der ein oder anderen Stelle noch speziell von Schülern undSchülerinnen gesprochen, aber meist sind damit natürlich alle Jugendlichen mit denen Kanusport betrieben wird gemeint.Für die Bearbeitungen in den Jahren 1997 bis 2001 sei Andreas Götz an dieser Stelle herzlichst gedankt sowie Juliane Edel, für ihren Beitrag in der aktuellen Version. Daneben möchte ich mich bei allen bedanken, die Korrektur gelsen haben, insbe-sondere Claudia Heller, Lorenz Ketter und Frederik Kuhlmann.Und letztlich gilt mein Dank allen ehemaligen Kursteilnehmern, die mit ihren Rückmeldungen und den daraufhin erfolgten Änderungen sehr zur Verbesserung desvorliegenden Textes beigetragen haben.

Es ist geplant auf der Homepage des DVA (www.abenteuersport.eu) in der Rubrik „Sportkurse - Infos“ anschauliche Materialien zur Verfügung zu stellen. Bisher sind dort jedoch nur wenige Dateien abrufbar. Ich hoffe, das bald ändern zu können.

Die jeweils neueste Version ist im PDF-Format beim Verfasser erhältlich.

Notiz zum Naturschutz:Aus optischen Gründen und zur besseren Lesbarkeit ist das Skript auf weißem Papier gedruckt.Wir haben uns für Papier mit 75g/m² entschieden, das von der Firma Inacopia aus nachhaltiger Waldwirtschaft mit 80% erneuerbarer Energie hergestellt wird. Es ist natürlich FSC zertifiziert.

Einleitung 2

Die Klamm von Cocurès – Der Verfasser auf seinem Hausbach (Tarn/F) Quelle: DVA

Inhalt

• Begründung – Aufgaben – Ziele Seite: 4• Verwaltungsvorschriften – Haftungsfragen Seite: 5• Methodische und didaktische Konzepte Seite: 8• Aufbau und Inhalt von Kanueinführungen Seite: 10• Fragekatalog an mögliche Partner Seite: 12

• Touren und Befahrungen Seite: 13• Kanufahren als Wettkampfsport Seite: 16

• Kanu – Kajak – Kanadier Seite: 18• Bootsbau Seite: 20• Ausrüstung und Zubehör Seite: 24• Bootstransport Seite: 29

• Ein- und Aussteigen Seite: 31• Kentern Seite: 32• Formen des bewegten Wassers Seite: 34• Grundlagen der Paddeltechnik Seite: 36• Grundlagen der Fahrtechnik Seite: 43• Grundlagen der Fahrtaktik Seite: 46• Fahrtenvorbereitung Seite: 48

• Unfälle vermeiden Seite: 50• Bei Unfällen handeln Seite: 55• Erste-Hilfe-Maßnahmen Seite: 60

• Leitbild Natursport des DVA Seite: 65• Natur bewusst Paddeln – DKV Seite: 66• Sauberes Wasser und natürliche Gewässer Seite: 67• Feinde der Flüsse Seite: 68• Kanufahren mit Einsicht Seite: 69

• Ausgewählte Literatur zum Thema Seite: 71• Anhang: Freizeit- bzw. Schulfahrt-Pass Seite: 72• Anhang: Erweiterte WW-Skala Seite: 73

Aufbau

Die Seiten dieses Lehrgangsskripts sind so aufgebaut, dass im rechten Bereich der jeweilige Text zu lesen ist, links davon aber ein breiter Randstreifen bleibt, in dem Bilder und kleine Textblöcke zur Verdeutlichung eingefügt sind, es aber ausreichend Platzfür eigene Notizen gibt.

In den Textblöcken werden weitere Hinweise gegeben. Dabei werden folgende, kleine Symbole zur Verdeutlichung benutzt:

Inhalt 3

Kanusport mit Jugendlichen

Erlebnisbereich Kanusport

Material und Ausrüstung

Kanufahren

Sicherheit im Kanusport

Natur und Sport

Bibliographie und Anhang

Das Mir-geht-ein-Licht-auf-Zeichen ist zu sehen, wenn „erleuchtende“ Informationen gegeben werden.

Das YouTube-Zeichen ist immer dann zu sehen, wenn auf Filmbeiträge im Netz aufmerksam gemacht werden soll, die bei YouTube finden.

Das Wikipedia-Zeichen soll auf Beiträge verweisen, die in der Online-Enzyklopädie erschienen sind.

Das Totenkopf-Zeichen steht in Fällen, wenn von sehr gefährlichen, eventuell sogar lebens-gefährlichen Situationen die Rede ist.

Das Information-Zeichen erscheint, wenn weiterführende Texte erwähnt werden.

Das WWW-Zeichen weißt auf interessante, weiterführende Seiten im Netz hin; im Textblock wird die jeweilige Internet-Adresse angegeben.

Das Warnschild-Zeichen wird benutzt, wenn auf Gefahren und Risiken sowie wichtige Punkte hingewiesen wird.

Kanusport mit JugendlichenBegründung – Aufgaben – Ziele

In der didaktischen Diskussion besteht schon längst kein Zweifel über den Stellenwert erlebnispädagogisch orientierter Sportarten in Schule und Jugendarbeit. Dabei sind vor allem Sportarten interessant, die Jugendliche entscheidungs- und handlungsfähig machen sollen und einen hohen Erlebniswert sowie die Notwen-digkeit zur Zusammenarbeit bieten. Der Kanusport eignet sich aufgrund seiner vielfältigen Erlebnis- und Erfahrungsmöglichkeiten in sehr hohem Maße dazu und motiviert darüber hinaus zum lebenslangen Sporttreiben, was eines der Hauptziele gerade von schulischem Sportunterricht sein sollte.

Kanusport mit Jugendlichen ermöglicht vieles:

• Naturerfahrungen• Bewegungserfahrungen• Körperliche Erfahrungen• Soziale Erfahrungen• Emotionale Erfahrungen• Gelegenheit zur Koedukation• Erfahrung von kalkuliertem Risiko und Abenteuer

Allerdings sind die Anforderungen an einen Kanuanfänger so komplex, dass dieser selbst mit den vielfältigsten Vorerfahrungen aus anderen sportlichen Lernbereichen recht schnell an seine Grenzen stößt und dann auch nicht mehr in der Lage ist, seinemomentane Situation zu überblicken und entsprechend sinnvoll zu handeln. Beim Kanusport kann eine derartige Überforderung sehr schnell zu einer Gefährdung des Schülers führen und genau das muss in der Schule und Jugendarbeit vermieden werden.Daraus lässt sich die elementare Aufgabe eines Kanulehrers formulieren, den Jugendlichen durch geplante Vorgaben und zielgerichtetes Handeln zu helfen, sich inder neuen Welt des Kanufahrens zurecht zu finden. Dabei sollte der Kanuschüler als Mensch betrachtet werden, der am Kanufahren interessiert und dadurch auch in der Lage ist, in Eigenverantwortung selbständig diese neue „Welt“ zu erkunden.Der einfachste mögliche Rahmen ist darin gegeben, den Anfänger einfach ins Boot zu setzen und ihn fahren zu lassen. Dies darf in der Unterrichtssituation natürlich nicht so aussehen, dass die Jugendlichen sich völlig selbst überlassen bleiben.Für den Lehrenden ergibt sich vielmehr eine Fülle von Aufgaben und sich ständig verändernden Aufgabenstellungen.Eine Fortbildung im Kanusport hat zum einen das Ziel, den Teilnehmenden Sachkompetenz zu vermitteln, zum anderen bedarf es der Vermittlung erster prakti-scher Erfahrungen im Kanusport. Die nachfolgend aufgeführten Schwerpunkte sehenwir als Mindestanforderungen an, um zukünftig erfolgreich und sicher Kanusport mit Schutzbefohlenen betreiben zu können.

• Erste Erfahrungen mit Boot und Wasser• Einführung in die Grundtechniken des Kanufahrens• Anwenden der Grundtechniken auf fließenden Gewässern• Einführung in die Theorie des Kanusports• Gefahren und Sicherheitsaspekte im Kanusport• Kanusport und Umweltschutz

Diese Schwerpunkte sind Inhalt unserer Kanu-Grundkurse für Lehrer*innen und Mitarbeiter*innen in Schule und Jugendarbeit.

Möglichkeiten des Kanusports im Rahmen von Schule und sozialer und christlicher Jugendarbeit

Schwerpunkte bei der Vermittlung erster praktischer Erfahrungen im Kanusport

Kanusport mit Jugendlichen Begründung – Aufgaben – Ziele 4

Kanusport mit JugendlichenVerwaltungsvorschriften - Haftungsfragen

Vorbemerkungen:

Im Laufe der Jahre und bei vielen Fortbildungen haben wir die Erfahrung gemacht, dass eine große Unsicherheit darüber besteht, was im Bereich Kanusport erlaubt undwas verboten ist?Im Grunde muss gesagt werden, dass von Seiten des Gesetzgebers sehr wenig geregelt ist, was zugleich Chance und Risiko bedeutet.Im Bereich Schule gibt es – in Rheinland-Pfalz – einige wenige Regelungen, die im sogenannten „Wandererlass“ aufgeschrieben sind. Sie sollen im Folgenden dargestellt werden, denn sie sind für die Lehrer*innen bindend und können auch als Handlungsrichtlinie für Mitarbeitende in der Jugend-arbeit gelten.

Auch die unten zitierten Ausschnitte sind nur sehr wenig aussagekräftig, wenn es umspezielle Fragestellungen im Bereich Kanusport geht:

Schulische Verordnungen:

Schwimmen im Rahmen von Studienfahrten in offenen Gewässern

Freiwilliges Schwimmen und Baden, z. B. im Rahmen von Studienfahrten, ist auch in offenen Gewässern oder im Meer erlaubt, wenn

• bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern mindestens eine schriftliche Einwil-ligung der Eltern (Sorgeberechtigten) vorliegt;

• die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler mindestens im Besitz des Deutschen Schwimmabzeichens Bronze (Freischwimmer) sind;

• zwei Aufsichtskräfte anwesend sind, von denen mindestens eine das Deutsche Rettungsschwimmabzeichen Bronze (Grundschein) besitzt oder eine entspre-chende gleichwertige Prüfung nachweisen kann;

• von den Aufsichtskräften überprüft worden ist, dass aller Voraussicht nach von derBadestelle keine besonderen Gefahren ausgehen (z. B. Hotelstrand, kommunaler Strand) und

• jeder Aufenthalt am Strand, auch wenn nicht geschwommen wird, erfordert eine Aufsicht.

Kanufahren im Rahmen von Schul- und Studienfahrten

Veranstaltungen mit sportlichem Schwerpunkt wie Wanderfahrten auf dem Wasser mit Ruderboot, Kanu usw., Segeln, Windsurfen können nur mit der Zustimmung der Schulleitung durchgeführt werden.

Erläuterungen:

• § 12.1 Im Rahmen von Schulfahrten können Lehrgänge bzw. Unterricht in Sport-arten wie Skifahren, Snowboarden, Segeln, Windsurfen, Klettern, Rudern, Kajak, Kanu durchgeführt werden. Weil diese Sportarten ein besonderes Gefahrenpo-tenzial haben können, sind die Lehrkräfte verpflichtet, sich über die Besonderheiten des Geländes, der Wetterbedingungen sowie weiterer relevanter Voraussetzungen (z.B. Strömungen in Gewässern, Lawinengefahr, Unfallverhü-tungsvorschriften) rechtzeitig zu informieren.

• § 12.2 Die Leitung dieser Lehrgänge bzw. die Durchführung von Unterricht in diesen Sportarten dürfen nur Lehrkräfte erteilen, die eine der folgenden Qualifika-tionen besitzen:- Fachlizenz des Fachverbandes, - Erworbene Unterrichtserlaubnis (über IFB-Lehrgang oder über einen vom IFB akkreditierten Lehrgang anderer Träger),- Sportstudium mit Prüfung in der geforderten Sportart.

Im Sonderfall Segeln ist zusätzlich ein Bootsführerschein erforderlich, im Sonderfall Windsurfen ist er erwünscht; auf die notwendigen Rettungsfähigkeiten der Lehrkräfte (Rettungsschwimmabzeichen Bronze) sowie Schwimmfertigkeiten der Jugendlichen (Schwimmabzeichen Bronze) bei Sportarten, die sich im oder auf dem Wasser abspielen, wird ausdrücklich hingewiesen.

Kanusport mit Jugendlichen Verwaltungsvorschriften - Haftungsfragen 5

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiter-bildung vom 14. Juni 1999 (1544 A – 51 710/30)

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugendvom 2. Oktober 2007 (9211-

51 406/30)

• § 12.3 Sind Lehrkräfte mit den geforderten Qualifikationen nicht in ausreichender Zahl an der Schule vorhanden, können auch außerschulische qualifizierte Personen eingesetzt werden.

Wichtige Hinweise zur Ausschreibung von Fahrten

Diese sollte unbedingt enthalten sein:

• Versicherung dass, der Teilnehmende gesund und des Schwimmens kundig ist.Als Beweis kann das Schwimmabzeichen dienen, alternativ kann eine Schwimm-prüfung vor der Kanufahrt stattfinden.

• Es ist die Unterschrift beider Elternteile erforderlich, da die Vertretung des Kindes nur gemeinschaftlich erfolgt (§ 1629 BGB).Normalerweise wird das Einverständnis des anderen Elternteiles stillschweigend unterstellt, im Verletzungsfall könnte es zu Schwierigkeiten führen. Anderes gilt natürlich für den Fall alleinerziehender Elternteile mit alleinigem Sorgerecht.

Besonderheit: Genehmigung von Schulfahrten mit kanusportlichen Inhalten im Bereich Förderschule

Die Genehmigung erteilt auch hier die Schulleitung.

Das im Wanderlass (s.o.) geforderte Deutsche Schwimmabzeichen Bronze für die Schüler*innen kann in vielen Fällen von den jeweiligen Schüler*innen nicht erfolg-reich absolviert werden. Sollen diese Schüler*innen dennoch am Kanusport teilnehmen, gilt es einige besondere Punkte zu beachten:

• Die Schülerinnen und Schüler sind mit Ohnmacht sicheren Rettungswesten auszustatten.

• Der Betreuerschlüssel ist entsprechend anzupassen.

• Die Betroffenen fahren nicht Kanu, sondern werden im Kanu transportiert.Es ergibt sich dann eine Umkehr der Beweislast. Die verantwortlichen Lehrer*innen müssen nicht beweisen, dass die kanusportliche Aktivität erlaubt ist, sondern das Ministerium müsste belegen können, dass es nicht zulässig sein könnte. Die Vorschriften des Wandererlasses, die keine Ausnahmen vorsehen, werden so umgangen.

Haftungsfragen

Dem Lehrer oder Betreuer drohen hier Konsequenzen in drei verschiedenen Bereichen:

1. Kommt es zu einem Schaden, so wird meist auch geprüft werden, ob der Verant-wortliche gegen Dienstvorschriften verstoßen hat. Sollte dies der Fall gewesen sein, so wird er mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben.Beispiel:Der Gemeindereferent N. fährt mit seiner Jugendgruppe in eine Jugendherbergein den Alpen. Am Aufenthaltsort werden Raftingtouren von staatlich geprüften Guides angeboten. Spontan entscheidet sich die Gruppe zu einer Raftingtour. Bei einer Kenterung ertrinkt ein Schüler.Da die Fahrt nicht genehmigt war, hat der Verantwortliche massiv gegen sein Dienstrecht verstoßen. Zivilrechtliche oder gar strafrechtliche Konsequenzen wird er dagegen wahrscheinlich nicht zu befürchten haben, da er sich mit seinenSchutzbefohlenen kompetenten Führern anvertraut hat.

2. Bei allen Tatbeständen (Vorsatz und Fahrlässigkeit) wird der Verantwortliche damit rechnen müssen zivilrechtliche Konsequenzen zu erfahren. Wobei die persönliche Haftung und die Haftungsübernahme durch die Dienststelle (Versi-cherung) je nach Beurteilung der Schuld gehandhabt wird (s. u.).Beispiel:Der Lehrer T. macht eine von der Schulleitung genehmigte Tagespaddeltour mit seiner Klasse. Beim Einbooten gibt er seinen Schülern Hilfestellung. Beim Schüler S. gleitet ihm das Boot aus der Hand, wodurch der Schüler an der Uferböschung ausrutscht und sich das Sprunggelenk schwer verletzt. Die Eltern des Schülers klagen auf Schmerzensgeld.Der Klage wird sehr wahrscheinlich stattgegeben, den Lehrer trifft die Schuld, er hat im geringen Maße fahrlässig gehandelt. Die Zahlung des Schmerzensgeldesübernimmt die Diensthaftpflicht des Lehrers.

3. Zu einer strafrechtliche Haftung des Verantwortlichen dürfte es so gut wie nie kommen, da dafür die Tatbestände der fahrlässigen Körperverletzung oder im Extremfall der fahrlässigen Tötung verwirklicht sein müssen, was immer grobe

Kanusport mit Jugendlichen Verwaltungsvorschriften - Haftungsfragen 6

Dienstrecht

Zivilrecht

Strafrecht

Es wird dringend geraten, vor der Fahrt die Erlaubnis der Eltern und wichtige Informationen mit Hilfe

eines Fragebogens einzuholen.Beispiel: siehe Anhang!

Fahrlässigkeit voraussetzt.Außerdem müsste in einem Großteil der Fälle der Verletzte oder seine Erzie-hungsberechtigten erst Strafantrag stellen. Vorsätzliches oder auch bedingt vorsätzliches Verhalten eines Betreuers soll hier nicht näher betrachtet werden, da ich davon ausgehe, dass so etwas nicht vorkommen sollte.Beispiel:Der Lehrer G. befährt mit seiner Kanu-AG einen ihm noch unbekannten Klein-fluss. Es hat an den Vortagen sehr stark geregnet, so dass der Fluss Hochwasser führt. Wegen der kühlen Witterung wollen die Kanuten schnell in dieKajaks, eine Pegelkontrolle und Flussbegehung findet nicht statt, weitere Kennt-nisse hat Lehrer G. nicht. Nach wenigen Kilometern schneller Fahrt taucht überraschend ein Wehr auf. Der Lehrer schafft es nicht seine Gruppe zu stoppen, drei Schüler werden über die Wehrkante gezogen. Von den Geken-terten ertrinkt einer im Rücklauf des Wehres.Da es zu einem Todesfall gekommen ist, schaltet sich die Staatsanwaltschaft ein, denn es besteht ein öffentliches Interesse der Strafverfolgung. Zusätzlich treten die Eltern des ertrunkenen Schülers als Nebenkläger auf.Im Strafprozess wird grob fahrlässiges Verhalten des Lehrers festgestellt, der Straftatbestand der fahrlässigen Tötung ist damit verwirklicht und es kommt für den Lehrer zu strafrechtlichen Konsequenzen in Form einer hohen Geldbuße, die er selbst zu zahlen hat. Die Diensthaftpflicht greift hier nicht. Daneben wird es auch noch zivilrechtliche und dienstrechtliche Folgen geben.

Unterscheidung: Vorsatz – Fahrlässigkeit

Vorsatz ist gegeben, wenn der Verantwortliche will und weiß, d. h. es sicher vorher-sehen kann, dass im weiteren Verlauf der Situation ein Schaden entsteht. Beim bedingten Vorsatz hält der Täter den Erfolg seiner Tat konkret für möglich und nimmt die Verletzung des fremden Rechtsgutes billigend in Kauf, auch wenn er ihn nicht erwünscht.Den Verantwortlichen trifft natürlich in beiden Fällen die volle persönliche Haftung.

Beim Vorwurf grober Fahrlässigkeit will der Verantwortliche zwar nicht, dass ein Schaden entsteht. Er unternimmt jedoch nur so wenig dagegen, dass jedem Menschen die dadurch hervorgerufene besondere Gefahr hätte einleuchten müssen. Nur ganz große Sorglosigkeit, ein Hinwegsetzen über allgemeine Erfahrungen, ein massives Außerachtlassen gültiger Verhaltensregeln oder das desinteressierte Inkaufnehmen von vorhersehbaren Schäden wird hierunter fallen.Auch in diesem Fall trifft den Verantwortlichen die volle persönliche Haftung.

Auch bei einfacher Fahrlässigkeit will der Verantwortliche nicht, dass ein Schaden entsteht. Er unternimmt nur nicht alles Notwendige zu dessen Vermeidung, er lässt die notwendige Sorgfalt daher in einem Maße außer Acht, wie es jedem Menschen einmal passieren kann. Hierunter fallen Unachtsamkeiten oder Nachlässigkeiten. Aber auch wenn es sich um entfernt vorhersehbare, nicht nahe liegende Schäden handelt, wird leichte Fahrlässigkeit vorliegen. In den Bereich der Fahrlässigkeit dürften danach wohl fast alle normalerweise in Frage kommende Fälle der Aufsichts-pflichtverletzung fallen.In diesem Fall übernimmt die Haftung für Schäden die jeweilige Haftpflichtversi-cherung.

Linktipps – Verweise zu den Verordnungen und Schriftstücken

Aktueller „Wandererlass“

http://www.schulrecht-rlp.de/index.php/Hauptseitehttp://www.ukrlp.de/suche/cache/nc/(Auf der Seite der Unfallkasse Rheinland-Pfalz im Suchfeld „Schulfahrt“ eingeben.)

Die in den Richtlinien für Schulfahrten genannte Handreichung der Unfallkasse (GUVSI 8047) „Mit der Schulklasse sicher unterwegs“.

http://www.sichere-schule.de/_docs/pdf/guv-si_8047.pdf

Kanusport mit Jugendlichen Verwaltungsvorschriften - Haftungsfragen 7

Grobe Fahrlässigkeit:„So etwas darf nicht passieren.“„Wie kann man nur so blöd sein.“

Einfache Fahrlässigkeit:„So etwas kann doch jedem mal passieren.“

Vorsatz und bedingter Vorsatz

Kanusport mit JugendlichenMethodische und didaktische Konzepte

Die erste Kenterung hat häufig entscheidenden Einfluss auf die weitere Motivation vieler Kanuanfänger. Einfach ins Boot gesetzt, sich selbst überlassen, unverhofft und unvorbereitet macht der Anfänger bei einer Kenterung eine völlig neue Erfahrung. Er taucht ins womöglich unvertraute Medium Wasser ein, oben und unten, die üblichen Orientierungskriterien gehen verloren, die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, Sinnesorgane (Augen, Ohren, Mund, Nase) werden beim Untertauchen ausge-schaltet, der Gekenterte ist isoliert, vielleicht ist das Wasser unruhig und kalt - sicher nicht der ideale Weg eine neue Sportart kennen zu lernen.Deshalb steht am Beginn jeder kanusportlichen Aktivität eine Kanueinführung mit Bootsgewöhnung, unabhängig davon, ob es

sich um eine Tagesaktion im Rahmen eines Wandertages, einer mehrtägigen Paddel-Freizeit oder dem Beginn des Unterrichts in einer mehrjährigen Kanu-AG handelt.

Wir wollen uns vorab die grundsätzliche Herangehensweise in Abwandlung eines Modells von Deppe/Gerlach anschauen.

Kommentar zu den Voraussetzungen und zur 1. Lernebene

Dieses Modell lässt erkennen, dass bestimmte Bewegungserfahrungen und Grund-techniken für den gesamten Kanusport von Bedeutung sind. Um den Anfängern die Freude am Kanusport in seiner Vielseitigkeit zu erschließen und oben erwähnte, mögliche Traumata und Abschreckungen zu vermeiden, wird ein stufenweises Vorgehen empfohlen, wobei jede Stufe (Lernebene) bereits ihre eigene Anwen-dungsform hat und an passende Gewässerformen gebunden ist.Dabei müssen natürlich individuelle und situative Anpassungen erfolgen. Diese richten sich nach dem Kenntnisstand und der Belastbarkeit der Kanuten und den örtlichen Gegebenheiten sowie der Organisationsform.Immer wenn Kanusport mit Kindern und Jugendlichen betrieben wird, müssen die Lernvoraussetzungen Schwimmen und Tauchen besondere Beachtung finden, da man nicht davon ausgehen darf, dass alle Jugendliche gleich gut schwimmen können und dass jeder Schwimmanfänger gelernt hat, die Reflexe, die beim Schwim-menlernen auftreten, zu überwinden. Diese Reflexe treten auch beim Kentern auf. Man kann bisweilen beobachten, dass Anfänger kentern, ohne dass die Haare nass werden. Ursache hierfür sind Reflexe, die dafür sorgen, dass sich der Kopf in der Stellung befindet, in der der Scheitel oben ist. Das ist beim Aussteigen aus dem gekenterten Kajak hinderlich und macht das Erlernen der Eskimorolle unmöglich. Ebenso muss zur Orientierung unter Wasser an die Stelle des Lidschutzreflexes ein bedingter Reiz treten, der das willkürliche Öffnen der Augen unter Wasser ermöglicht.Vor Beginn des eigentlichen Kanuunterrichts sollten durch umfangreiche Tauch- und Schwimmübungen diese unbedingten Reflexe abgebaut werden.In der Phase der Bootsgewöhnung sollen sich die Anfänger an das Boot und das Wasser gewöhnen, sich im Boot auf dem Wasser und bei einer Kenterung auch unterWasser zurechtfinden und die Angst vor einer Kenterung verlieren. Dies sollte aus einem spielerischen Umgang mit dem Boot (Herausfinden verschiedener Umgangs-möglichkeiten) heraus entwickelt werden. Dabei soll Freude und Wohlbehagen beim

Lernvoraussetzungen: Schwimmen und Tauchen sollen im Rahmen der Kanuschulung geübt werden.

Bootsgewöhnung zur Vermeidung von Angst vor Kenterungen

Kanusport mit Jugendlichen Methodische und didaktische Konzepte 8

Lernziele Gewässerform Anwendungsbereich

Voraussetzungen Schwimmen – Tauchen Schwimmbad, See Baden, Schwimmen

1. Lernebene Bootsgewöhnung – Bootsbewältigung

Tragen der Boote Ein- und Ausstieg Kenterübungen Leeren der Boote

2. Lernebene Paddeltechniken

3. Lernebene komplexe Paddel- und FahrtechnikenFließgewässer

Traversieren Ein- und Ausschlingen Eskimotieren

4. Lernebene Fahrtechniken und -taktiken zum Führen von Gruppen

Retten und Bergen

Schwimmbad, See oder ruhiger Flussabschnitt

Erste Bootserfahrungenim Rahmen derKanueinführung

Großes Schwimmbad, See oder ruhiger Fluss-

abschnitt

Erste Paddelversucheim Rahmen derKanueinführungvorwärts und rückwärts

Bewegenrechts und links fahren,

Drehen, VersetzenBeschleunigen und

AnhaltenStütztechniken

(Kenterung verhindern)

- Kanuwandern- Wildwasser

- Kanusport/-spieleBug- und Heckruder, Paddelhang

Fließgewässer undGroßgewässer

- Tagespaddeltour- Mehrtägige Kanuaktion- Leitung einer Kanu-AGPlanen von

PaddeltourenFühren von Gruppen auf

dem WasserAbsichern von

Gefahrenstellen

Umgang mit den Medien Boot und Wasser geweckt werden. Durch angeleitete Kenterübungen soll die Angst vor ungewollten Kenterungen genommen werden. Dazu ist das Herstellen einer möglichst angenehmen, angst-freien Übungssituation notwendig. Der Umgang zwischen Übungsleiter und Übendem muss auf Vertrauen basieren.Das Üben und Erlernen des sicheren Ein- und Ausstiegs ins Boot stellt die nächste Stufe dar. Hierbei besteht vor allem beim Kajak erhöhter Lernbedarf. Das Schließen und Öffnen der Spritzdecke wird auf dem Trockenen und bei Probekenterungen im Wasser unter Aufsicht geübt.

Bei der Bootsbewältigung liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen der organisatori-schen Qualifikationen, die1. der Herstellung der für die sportliche Übungssituation notwendigen Rahmenbedin-gungen dienen,2. zum ungestörten Ablauf der Übungssituation beisteuern und3. dazu beitragen, nach Ende der Übungssituation den Ausgangszustand wiederher-zustellen.Dabei sind von den Jugendlichen im Einzelnen zu bewältigen: Bootstransport, Handhabung der Ausrüstungsgegenstände, Einsetzen des Bootes auf das Wasser, Herausnehmen des Bootes aus dem Wasser, Bergen und Entleeren des Bootes nach einer Kenterung, Bootsreinigung.

Methodisches Konzept

Die Abfolge der methodischen Schritte ist eng an das Schulungsgewässer gebunden.Optimal erscheint die Reihung:1. Schwimmbecken (Hallenbad/Freibad)2. Stehendes Gewässer (See)3. Fließgewässer (Zahmwasser)4. Wildwasser (I/II)

Schwimmbecken (Hallenbad/Freibad)

Für einen Anfänger ist die erste Lernsituation am günstigsten, wenn er in warmem, klarem und stehendem Gewässer beginnen kann. Das ist im Idealfall das Hallenbad. Er kann sich aufgrund klarer Sicht gut orientieren, findet immer einen sicheren Stand und ist weniger der Auskühlung ausgesetzt. Für den Lehrenden ergibt sich der Vorteilder Überschaubarkeit der Gruppe und Bewegungsabläufe insbesondere unter Wasser. Die Enge des Hallenbades erfordert meist Gruppenarbeit, wobei von allen intensive Aufmerksamkeit und Kooperationsbereitschaft verlangt wird. Umsichtigkeit, Bergen, Retten werden so schon in ersten Anfängersituationen aktualisiert und zum inhaltlichen Bestandteil des Kanufahrens. Dass dabei auf ein wesentliches Element das Kanufahrens, das Naturerlebnis verzichtet werden muss, wird durch die ideale Anfangslernsituation wett gemacht.

Stehendes Gewässer (See)

Der Wechsel vom Hallenbad auf den See bringt objektiv gesehen zunächst keine Erschwerung, obwohl er von Anfängern meist so erlebt wird. Wind und Wellen zeigensich als erste natürliche Störfaktoren. Die Weiträumigkeit erlaubt den Übergang von der Bootsgewöhnung zur Technikebene, aber auch erste Möglichkeiten, das Fahren in der Gruppe als Konzept aufzubauen und leistungs- und interessenmäßige Diffe-renzierungen vorzunehmen.

Fließgewässer (Zahmwasser)

Erst jetzt folgt als dritter Rahmen das fließende Gewässer. Bereits der Anfänger sollte die Strömung als eine Kraft erfahren, die ein spielerisches Umgehen mit dem Element Wasser erlaubt und nicht als bloße Hilfe zum Transport. Kleinflüsse mit ausgeprägten Kehrwässern, kleinen Walzen und Stufen sind ideale Vermittler bei der Anwendung der in den ersten beiden Grundsituationen erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten. Besonderer Wert kommt der Wahrnehmung des Phänomens Strömung zu: Wann und wo greift die Strömung am Boot an, was ist relative und tatsächliche Geschwindigkeit, wie verhält sich ein Boot in der Kenterlage, was bewirken Kanten und Paddelstütze.

Wildwasser (leicht: WW I)

Im einfachen Wildwasser erfährt der fortgeschrittene Anfänger dann welche Strömungsformen er für die sichere Fortbewegung und die Bewältigung von Schwie-rigkeiten im Fließwasser nutzen kann. Die Grundtechniken werden dazu oft nicht ausreichen und so ergibt sich die Verpflichtung, aber auch die Chance fortge-schrittene Techniken zu erlernen. Die besondere Herausforderungssituation ist gerade bei jungen Menschen eine wichtige Motivation, an sich und den bereits erlernten Fähigkeiten zu arbeiten.

Hallenbad als Idealfall für die erste Lernsituation

Der See erweitert das Spektrum ohne objektive Erschwerung

Fließgewässer erlauben erste Erfah-rungen mit der Kraft der Strömung

Leichtes Wildwasser hat durch den Herausforderungscharakter eine hohe Motivationskraft

Kanusport mit Jugendlichen Methodische und didaktische Konzepte 9

Im Kajak muss vor der ersten Fahrt mit geschlos-sener Spritzdecke, das Öffnen bei einer Kenterung

unter Aufsicht geübt werden.Achtung: Immer die Lage der Griff-schlaufe zum Öffnen überprüfen!

Beim Bergen, Leeren und Tragen der Boote ist vor allem auf Rücken schonendes Vorgehen zu

achten.Ein Tipp: Jeder Liter Wasser wiegt ein Kilo, deshalb gehört das Wasser beim Boote tragen ins Gewässer und nicht ins Kanu.

Kurzfristige kanusportliche Projekte

Nun sei aber auch noch auf die vielen Möglichkeiten von Kanuprojekten hinge-wiesen, die sich in sehr begrenztem, zeitlichen Rahmen abspielen müssen. Dabei denke ich vor allem an Tagesaktionen im Rahmen von Wandertagen und Ausflügen.Hierbei stehen oft nur wenige Stunden zur Verfügung, wodurch Lernen dem Erleben untergeordnet werden muss. Dennoch führt auch hier kein Weg an der behutsamen Einführung in den Kanusport vorbei. Sicherheitsgedanken und der Abbau von Ängsten stehen im Vordergrund. Als Bootstyp scheidet das Kajak dabei aus, der offene Wanderkanadier sollte das Boot der Wahl sein und die Gewässer nur geringe Schwierigkeiten ausweisen, die auch für Anfänger zu bewältigen sind. Außerdem muss vor zu langen Strecken gewarnt werden. Als Gewässer kommen Seen (keine Großgewässer!) und ruhige Bäche und Flüsse in Frage. Ansonsten gilt das zu den langfristigen Projekten aufgeführte – allerdings in sehr gestraffter Form.

Kommentar zur 4. Lernebene

Richteten sich die Lernebenen eins bis drei an Anfänger im Kanusport und somit auch an alle Teilnehmenden bei unseren Grundkursen, verlassen wir mit der 4. Ebene deutlich diesen Bereich. Wer eine Gruppe sicher führen will, muss über viele weitere Fertigkeiten verfügen, die im Rahmen eines Grundkurses nicht gelehrt und erlernt werden können, denn sie setzen ein sicheres Beherrschen vieler Techniken voraus, die im Grundkurs erst vorgestellt und in Ansätzen erarbeitet wurden.Grundsätzlich gilt, dass die Führenden den jeweiligen Schwierigkeiten nicht nur gewachsen, sondern überlegen sein sollten. Man könnte es für Fahrten im Wildwasser so formulieren: Wer eine Gruppe im WW I führen will, muss WW II sicherbeherrschen. Und Beherrschen bedeutet hierbei nicht nur halbwegs sicher den Bach hinunter kommen, sondern jederzeit volle Kontrolle über das Fahrtempo zu haben und an jedem Ufer anlanden zu können. Dabei muss bedacht werden, dass in einer Rettungssituation das Gewässer auch unter der Erschwernis eines Bergeeinsatzes (Schwimmer oder gekentertes Kanu am eigenen Körper oder Boot) noch sicher befahren werden muss.

Kanusport mit JugendlichenAufbau und Inhalt von Kanueinführungen

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit Fragen zum Thema Kanueinführung. Sie waren Inhalt bei der internen ÜL-Fortbildung des DVA Region Pfälzerwald e.V. vom 8.10. – 11.10.2006 in Pirmasens. Ausgearbeitet hat dieses Kapitel Juliane Edel (langjährige Übungsleiterin beim DVA).

Checkliste der Rahmenbedingungen

• WER? Wer sind die Teilnehmer? Wie viele sind es? Haben sie Vorkenntnisse?

• WAS? In welchem Rahmen/vor welchem Hintergrund/mit welchem Ziel findet die Kanueinführung statt?

• WANN? Wie viel Zeit (Stunden, Tage, Wochen) steht insgesamt/pro Gruppe zur Verfügung?

• WO? Wie sind die örtlichen Gegebenheiten beschaffen? Welche Kapazität, welches Potential bietet der Veranstaltungsort? Wie gut sind die Ortskenntnisse?

• WOMIT? Welches und wie viel Material stehen für die Durchführung der Kanuein-führung zur Verfügung?

Obligatorische Inhalte von Kanueinführungen

• Materialkunde/Kleiderordnung

• Grundlagen der Strömungslehre

• Grundtechniken

• Kenterprophylaxe

• Sicherheitsaspekte

• Verhalten auf dem Fluss/in der Natur

• Kommandos/Handzeichen

Auch Kanuprojekte, die nur einen Tag dauern, bedürfen – falls sie sich an Anfänger richten – einer ausrei-

chenden Kanueinführung.

Kanusport mit Jugendlichen Methodische und didaktische Konzepte - Kanueinführungen 10

Für alle, die den Grundkurs als Anfänger absolviert haben, sind Weiterbil-dungen zwingend

erforderlich, bevor ein Führen von Gruppen im leichten Wildwasser erfolgen kann.

Zusätzliche Inhalte von Kanueinführungen

• Informationen zum Fluss/zur Region

• Technikvertiefung

• Vertiefung der Strömungslehre

• Geschichtliche Entwicklung des Kanusports

• Kanusport als erlebnispädagogisches Handlungsfeld

Inhalte im Überblick

KURZ (ca. 2 Std.) LANG (> 4 Std.)

MATERIAL • Kanu (Kajak/Kanadier)• Paddel (Doppel-/Stech-)• Schwimmhilfe (-weste)• Trockensack/Tonne• ggf. Helm• Kälte-/Sonnenschutz• Wasserschuhe• ggf. Brillenband• Wechselkleider• Verpflegung, Mülltüte

• Nähere Erläuterungen zu den Unterschieden der Kanugattungen, zur Geschichtedes Kanus und Kanusports

TECHNIK • Aufgabenverteilung im Kanu• Sitzposition• Paddelhaltung• Einsteigen – Ablegen• Anlanden – Aussteigen• Strömungslehre (Grundlagen)• Grundschlag vorwärts/rückwärts• Bogenschlag

vorwärts/rückwärts• Steuerschlag• Verhalten bei Hindernissen

(„Der Stein ist dein Freund“)• Kentern und Material bergen

(bei Seebefahrungen: lenzen und ohne Bodenkontakt einsteigen!)

• Vertiefende Übungen zu den Grundtechniken

• Strömungslehre (Vertiefung)• Ziehschlag• Duffek-Schlag („V“)• J-Schlag• Paddelstütze• Positionswechsel

VERHALTEN • Erstes Boot/letztes Boot bestimmen!

• Kommandos/Handzeichen• Informationskette bewahren!• Abstand bei Stromschnellen• Naturschutz! (Brutzeiten,

Müllentsorgung, An- und Ablegestellen)

• Verhalten an Wehren• Verhalten bei Kenterungen

• Nähere Erläuterungen zum Fluss, -verlauf und zur Region

• Unfallanalyse

Eine kurze Kanueinführung wird immer dann stattfinden müssen, wenn es sich um Tagesaktionen handelt und deshalb nicht mehr Zeit zur Verfügung steht. Einige der Inhalte können dann natürlich auch nach dem Ablegen noch abgearbeitet werden. Voraussetzung ist allerdings, dass wesentliche Punkte bereits besprochen wurden.Als sehr wichtig müssen dabei alle Themen, die sich mit Sicherheitsfragen und Naturschutz befassen, angesehen werden.Niemand darf mit Schutzbefohlenen bewegtes Wasser befahren, wenn die Grund-regeln nach Kenterungen nicht besprochen und erklärt wurden.Lange Einführungen wird man dann machen und machen können, wenn es sich um Mehrtagesaktionen im Rahmen von Klassenfahrten, Projekttagen oder Kanu-AGs handelt.

Kanusport mit Jugendlichen Aufbau und Inhalt von Kanueinführungen 11

Im Wasser kann man ertrinken, deshalb mit Anfängern vor der ersten Fahrt unbedingt die Sicher-

heitsregeln besprechen.

Kanusport mit JugendlichenFragekatalog an mögliche Partner

Wer in Schule oder Jugendarbeit im Bereich Kanusport aktiv werden will, ist nur dannin der Lage alles selbstständig zu organisieren, wenn sowohl ausreichendes Materialals auch entsprechende Qualifikationen der Lehrkräfte und Betreuer vorhanden sind. Meist ist man auf Hilfe von außen angewiesen. Deshalb sollte an Hand einer Art Fragekatalog der richtige Partner für die Zusammenarbeit ausgewählt werden.Für mehrmalige oder sogar regelmäßige Aktivitäten ist die Kooperation mit einem Kanuverein der nächsten Umgebung die richtige Lösung. Beim Deutschen Kanu-Verband erhält man Auskunft über die Kanuvereine in der Nähe.Für einmalige Aktionen, egal ob Tagesausflüge oder mehrtägige Fahrten wird man meist auf kommerzielle Anbieter oder Vereine mit entsprechendem Angebot zurück-greifen müssen. Dann empfiehlt es sich das Angebot genau zu prüfen und einige kritische Fragen zu stellen.

• Wie viele und welche Art von Booten stehen zur Verfügung?• Ist die Ausrüstung komplett (Paddel, Helme, Schwimmwesten...)?• Wie alt ist das Material und in welchem Zustand ist es?• Ist die Ausrüstung dem Einsatzzweck angepasst?• Ist eine komplette Sicherheitsausrüstung dabei?• Gibt es - falls notwendig - Kälteschutzbekleidung?

• Welche Art von Gewässer finden wir vor (See, Zahmwasser, Wildwasser...)?• Sind die Schwierigkeiten machbar und zu verantworten?• Wie sieht es mit der Wassersicherheit im Revier aus?• Gibt es verschieden schwere Streckenabschnitte?• Ist bei Mehrtagesfahrten die Etappenlänge richtig gewählt?

• Wie sieht die Unterbringung aus (Haus, Zeltplatz...)?• Sind wir alleine mit unserer Gruppe oder müssen wir uns mit anderen

absprechen?• Wie sind die Lehrkräfte untergebracht?• Wie ist die Verpflegung geregelt (Selbstversorgung, Vollpension, Tourver-

pflegung...)?• Wie umfangreich und gut ist das Material (Zelte, Kochmöglichkeiten...)?

• Was organisiert der Anbieter alles?• Gibt es ausreichende und gute Informationen vor der Fahrt?• Wissen wir genug über das Gewässer, den Zielort, die Rahmenbedingungen...?• Gibt es einen Ansprechpartner am Zielort?• Wie umfangreich ist die Betreuung (Kanueinführung, Fahrtbegleitung, Abhol-

service ...)?• Wie qualifiziert sind die Personen vor Ort (Ortskenntnis, kanusportliche Quali-

fikation...)?

• Was muss der Anbieter mindestens für uns leisten?• Was können wir selbst leisten (eigenes Material, Kanukenntnisse...)?• Was kostet die angebotene Fahrt?• Stimmt das Preisleistungs-Verhältnis?• Wie schneiden unterschiedliche Anbieter im Vergleich miteinander ab?

Kanusport mit Jugendlichen Fragekatalog an mögliche Partner 12

Fragekomplex 1: Ausrüstung

Fragekomplex 2: Gewässer

Fragekomplex 3: Unterbringung

Fragekomplex 4:Hilfe und Organisation

Fragekomplex 5: Anforderungen und Preis

Erlebnisbereich KanuTouren und Befahrungen

Mit Kajak und Kanadier, die man im deutschen Sprachraum auch mit dem Überbe-griff Kanu bezeichnet, können die unterschiedlichsten Gewässer befahren werden. Voraussetzung ist dabei, dass das jeweils richtige Material benutzt wird und sich die Paddler der besonderen Situation und den jeweiligen Gefahren bewusst sind und sich entsprechend zu verhalten wissen. Kanus haben eine sehr lange Tradition und Geschichte. Immer stand dabei die Bewältigung größerer Strecken auf dem Wasser im Mittelpunkt, zur Verbindung von Inseln, dem Fischen auf Seen und Meeren oder dem Erschließen neuer Gebiete. Heute ist dies zum Sport mit einer Vielzahl von verschiedenen Ausprägungen geworden: Das reicht von der Meeresbefahrung, über mehrtägige Expeditionen, gemütlichem Flusswandern, Touren auf Wildwasser bis zur Bewältigung kurzer, extrem schwerer Flussstücke oder auch zum reinen Spiel in Welle oder Walze an einem Ort.

Mit dem Kanu auf offenen Gewässern

Das Kanufahren auf großen Seen oder dem offenen Meer setzt spezielle Boote und Kenntnisse voraus, die man im Wildwasser nicht braucht. Welche unglaublichen Leistungen hier möglich sind, hat schon vor vielen Jahren Dr. Lindemann mit seiner Überquerung des Atlantiks, ganz alleine im Faltkajak bewiesen. Und wer einmal versucht hat ein Kajak in den Brandungswellen zu fahren, der weiß, dass das genauso schwer ist, wie die Beherrschung großer Wellen auf wilden Flussstücken. Aber Großgewässer – das offene Meer, aber auch große Seen – sind meist voller Gefahren und sollten deshalb mit Jugendgruppen nur in Ausnahmefällen und unter fachkundiger Aufsicht befahren werden. Bei den verwendeten Bootstypen ist auf Modelle mit größtmöglichen Sicherheitsreserven zu achten. So kann eventuell eine Fahrt in Küstennähe und in ruhigen Buchten mit so genannten Sit-on-Top-Kanus in Frage kommen.

Mit dem Kanu auf Zahmwasser

Unter Zahmwasser versteht man ruhige Fließgewässer. Es sind entweder größere Flüsse, die im Oberlauf durch das Gefälle in den Bergen noch Wildflusscharakter haben, dann aber in den flacheren Gebieten ihres Unterlaufes nur noch ruhig zur Mündung fließen oder Flachlandflüsse mit wenig Gefälle. Ihre Befahrung ist auch für Paddelanfänger meist gefahrlos möglich, soweit grundlegende Verhaltensregeln beachtet werden. Die wesentlichen Risiken stellen dabei die Schifffahrt und Wehre dar. Auf Zahmwasser werden meist längere, oft auch mehrtägige Touren gemacht, man spricht dann vom Flusswandern.

Mit dem Kanu auf Wildwasser

Da es beim Befahren von Wildwasser sehr große Unterschiede in der Schwierigkeit gibt, hat man ähnlich dem Klettern, eine Bewertungsskala eingeführt, um die einzelnen Flussabschnitte in ihrer Schwierigkeit miteinander vergleichbar zu machen.In Fluss- oder Kanuführern sind die einzelnen Flüsse beschrieben und bewertet. Diesermöglicht es dem Kanuten eine Vorauswahl zu treffen, ob ein Flussabschnitt im Bereich seiner Möglichkeiten liegt, ersetzt aber auf keinen Fall eine Flussbegehung. Die Bewertung von Flüssen ist nicht ganz einfach und allgemein gültig vorzunehmen,da bei Flüssen der Faktor Wasserstand von großer Bedeutung ist. Ein Fluss, der bei Normalwasser leicht zu befahren ist, kann bei Hochwasser leicht zum reißenden, vielschwierigeren Ungeheuer oder gar unbefahrbar werden. Dies gilt auch umgekehrt. Es gibt Wildflüsse und einzelne Stellen, die bei höherem Wasserstand leichter zu befahren sind. In guten Flussführern wird deshalb immer ein Wort über den Pegel-stand zu finden sein, das macht die Angaben leichter vergleichbar. Es empfiehlt sich ein eigenes Fahrtenbuch anzulegen, in dem nach Befahrungen eine Bewertung und der aktuelle Wasserstand notiert werden können. Es ist auch immer zu beachten, dass Flussführer nie ganz aktuell sein können und Hochwasser oder Bauarbeiten den Flusslauf mitunter gewaltig verändern. Veröffentlichungen im Internet können da aktueller sein. Rückfragen bei anderen Kanuten oder Kennern vor Ort sind aber meist die bessere Informationsquelle.

Die internationale Bewertungsskala

Zahmwasser (ZW):

Stehende oder langsam fließende Gewässer ohne oder mit nur sehr einfachen Hindernissen. Man unterteilt sie in Stufen von 1 bis 3:

Erlebnisbereich Kanu Touren und Befahrungen 13

Großgewässer und das offene Meer meiden oder mit äußerster Vorsicht behandeln.

Sollte eine Befahrung von großen Seen geplant sein, muss bei der Kanueinführung auch das Lenzen von gekenterten Booten im tiefen Wasser geübt werden.

Auch im Zahmwasser gibt es Gefahrenquellen wie Wehre und Schifffahrt, die es zu beachten gilt.

Mit Jugendlichen nur leichtes Wildwasser befahren und dabei Sicher-heitsbestimmungen

beachten: Immer mit Schwimmweste und im Kajak immer mit Helm.

ZW 1: Stehende oder langsam fließende Gewässer mit einer Strömungsgeschwin-digkeit bis 2 km/h.

ZW 2: Fließende Gewässer mit einer Strömungsgeschwindigkeit zwischen 2 und 5 km/h.

ZW 3: Fließende Gewässer mit einer Strömungsgeschwindigkeit über 5 km/h.

Hinweis:Die vorstehende Definition ist unabhängig von Randbedingungen wie dem Wetter (Wind und Temperatur) und der Gewässermorphologie (Strömungsverhältnisse) incl. der Uferbeschaffenheit und künstlicher Hindernisse wie z.B. Wehre.(Quelle: Anlage 1 zum EPP – Euro Paddel Pass – siehe Linktipp!)

Ausrüstung: geeignet für alle Bootstypen

Fähigkeiten: (insbesondere für Stufe C) Grundschläge vw und rw, Paddelstütze und Seilfähre

Wildwasser (WW)

Die Flüsse sind gemäß der folgenden Skala eingeteilt, mitunter wird noch durch Plus-oder Minuszeichen näher abgestuft (z.B.: III+), oder was sich als sehr sinnvoll erwiesen hat, erhöhte Schwierigkeiten gesondert bewertet. Durch die enorme Verbesserung im Bootsbau und die Leistungssteigerung der Kanuten ist diese Skala in manchen Publikationen schon bis hin zu WW 7 und 8 erweitert worden. Im übrigenist die Diskussion über Bewertungsskalen ständig im Gang und es gibt interessante Ansätze die bei den Bewertungen weitere Faktoren wie Gefährlichkeit und Zugäng-lichkeit der Gewässer einfließen lassen möchte, bzw. eigene ergänzende Skalen vorschlagen (Siehe dazu auch Anhang 2: Erweiterte WW-Skala).

WW I: leicht

Fähigkeiten: Grundschläge, Paddelstütze, Seilfähre, Ein- und Ausschlingen

Ausrüstung: geeignet für offene Kanadier (C), Faltbooteiner und -zweier (F I und F II), WW-Kajakeiner und - zweier (K I und K II) sowie Kanadiereiner und -zweier (C I und C II), Spritzdecke nicht unbedingt nötig, Auftriebskörper, Schwimmweste, Kälte- und Kopfschutz je nach Wasser- und Witterungsverhältnissen.

WW II: mäßig schwierig

Fähigkeiten: s.o. sowie Paddelhang, Bogenschlag und Ziehschläge, nur für Geübte mit Erfahrung in WW I oder mit Führer.

Ausrüstung: geeignet sind C, F I und F II, K I und K II sowie C I und C II, Spritz-decke zweckmäßig, Auftriebskörper, Schwimmweste, Kälteschutz, Kopfschutz und Rettungsleine.

Sicherung: Kenntnis im Umgang mit dem Wurfsack, Pegelvergleich

WW III: schwierig

Fähigkeiten: s.o. sowie Ziehschläge unter erschwerten Bedingungen und Eskimo-rolle zumindest auf einer Seite, längere WW-Erfahrung und gute Fitness notwendig.

Ausrüstung: geeignet F I und F II, K I und K II sowie C I und C II, obere Grenze für offene C, Spritzdecke unerlässlich, sonst s.o., aber nur bestes, WW-taugliches Bootsmaterial, maximale Auftriebskörper, Schwimmweste mit Gurtsystem, Kälte-schutz, Kopfschutz und Rettungsleine

Sicherung: s.o. sowie Kenntnis in Seil- und Knotenkunde, perfektes Beherrschen der Sicherungs- und Bergetechniken. Fahrten nur in Gruppen.

WW IV: sehr schwierig

WW V: äußerst schwierig

WW VI: Grenze der Befahrbarkeit

(Beispiel-Gewässer und Angaben zu den Stufen WW IV bis VI finden sich in der Quelle: Anlage 2 zum EPP – Euro Paddel Pass – siehe Linktipp!)

Die Route hat freie Durchfahrten, vielfache einfache Hindernisse im Stromzug. Schwache Walzen, kleine Stufen können vorhanden sein. Stellenweise beschleunigt der Strom inEngen.

Ein bestimmter Weg muss gefahren werden, aber die Durchfahrten sind übersichtlich. Die Wellen können hoch und unregelmäßig sein. Hindernisse sind vorhanden. Größere Walzen und Wirbel sind zu erwarten.

Erlebnisbereich Kanu Touren und Befahrungen 14

Das Wasser fließt, es gibt nur schmale, flache Untiefen mit einfachenHindernissen.

Die Schwierigkeitsstufen WW IV bis WW VI brauchen hier nicht näher erläutert zu werden, sie sind für Befah-rungen mit Jugendlichen im hier besprochenen Rahmen nicht geeignet.

Die verschiedenen Wildflussarten

Wildflüsse lassen sich im Prinzip in zwei Gruppen aufteilen. Da sind die breiten, tiefen Flüsse, die große Wassermassen führen und die schmalen, teils steilen, kleinen Flüsse. Natürlich gibt es keine scharfe Grenze und der kleine Gebirgsbach kann zur Zeit der Schneeschmelze sehr reißend werden. Bei den großen Flüssen ist das Flussbett offen, sie sind meist ganzjährig befahrbar. Der Inn in der Imster Schlucht oder der Colorado im Grand Canyon sind solche gewaltigen Gesellen. Die Wellen im Schwall sind meist größer als der Paddler und es stürzen hunderte bis tausende Kubikmeter Wasser pro Sekunde ins Tal (ein Kubikmeter wiegt eine Tonne!). Für den Fahrer geht es darum die großen Walzen zu meiden und die explo-dierenden Wellen zu parieren. Der überwiegende Teil des Wildwasserfahrens spielt sich aber auf kleineren Bächen mit weniger Wasserwucht ab. Hier bestimmen zumeist das Gefälle und die Verblockung den Schwierigkeitsgrad. Der Wasserstand kann rapide wechseln, weil wegen des Gefälles das Wasser schnell abfließt. Für den Fahrer geht es darum, blitzschnell die Situation einzuschätzen und den besten Weg durch die Katarakte zu finden.

Küstengewässer:

Auch bei den Küstengewässern gibt es eine Schwierigkeitsbewertung, die sich – soweit keine weiteren Schwierigkeiten zu erwarten sind – vor allem an der Windstärke und damit der zu erwartenden Wellenhöhe richtet.Auch hier gibt es Stufen von Küste I (unschwierig) bis Küste VI (Grenze der Befahr-barkeit).

Küste I: unschwierig

Bis 3 Bft. Wind, sofern mit keinen weiteren Schwierigkeiten* zu rechnen ist.

(*Erläuterung: Wind gegen Strom, Stromkabbelung, Brandung nahe Sandstränden bzw. über Untiefen, Kreuzsee, Reflexionswellen entlang von Steilküsten, Dampfer-wellen; Windverstärkung durch Kap- bzw. Düseneffekt, Fallwinde; Temperaturen unter +10° Nebel bzw. Dunkelheit. Jede einzelne dieser Schwierigkeiten kann den Schwierigkeitsgrad um mindestens 1 Grad erhöhen! Lediglich bei ablandigen Windverhältnissen, d.h. dicht unter Land im Windschutz einer Insel bzw. der Küste) ist mit weniger Schwierigkeiten zu rechnen.

(Alle weiteren Bewertungen finden sich in der Quelle: Anlage 3 zum EPP – Euro Paddel Pass – siehe Linktipp!)

Erlebnisbereich Kanu Touren und Befahrungen 15

Linktipp:PDF-Datei mit Liste der Bewertungen

www.kanu.de/go/dkv/_ws/mediabase/downloads/freizeit/EPP/9_EPP_Voraus-setzungen_Schwierigkeitsbewertungen.pdf

Erlebnisbereich KanuKanufahren als Wettkampfsport

Kanuwettkampf

Wie in fast allen Sportarten, so gibt es auch im Kanusport Wettbewerbe in den unter-schiedlichsten Disziplinen. 6000 Paddler im deutschen Sprachraum betreiben Kanufahren als Leistungssport.

Kanurennsport

Kanurennsport wird mit sehr schnellen, kippeligen Booten auf stehenden Gewässern ausgetragen. Seit 1936 ist der Kanurennsport fester Bestandteil der Olympischen Sommerspiele in folgenden Disziplinen: 500 m Damen K1/K2/K4, Herren K1/K2 , C1/C2, 1000 m Herren K1/K2/K4, C1/C2. Die Disziplinen bei den Weltmeister-schaften werden oft geändert.

Wildwasserrennsport

Bei der WW-Abfahrt tritt jeder Kanute allein gegen die Uhr an. Das zu befahrende Stück muss mindestens die Schwierigkeit III aufweisen und etwa 3 -7 km lang sein. Das Boot ist eine Spezialkonstruktion, die sehr schnell zu fahren ist, als Werkstoff wird oft Kohlefaser eingesetzt. Die Form der Boote ist auf Tempo, nicht auf Stabilität maximiert.Es wird in drei Klassen gestartet: Kajak-Einer (K 1), Canadier-Einer (C I) und Canadi-er-Zweier (C II) Bei den Booten sind Vorgaben zu Maximallänge, Mindestbreite und Mindestgewicht zu beachten.

Kanuslalom

Beim Slalomwettbewerb ist eine durch Stangentore vorgegebene Strecke in kürzester Zeit fehlerfrei zu durchfahren. Die Streckenlänge beträgt etwa 150 Sekunden. Unterschiedliche Farben geben vor, in welcher Richtung die Tore zu durchfahren sind. Im Gegensatz zum Skisport scheidet ein Kanute, der ein Tor auslässt nicht aus, sondern bekommt Strafsekunden, ebenso wird auch das Berühren der Stangen bestraft. Hat er die Ziellinie überfahren, wird seine Zeit gestoppt und die Strafsekunden hinzu addiert. Im Slalom gibt es die gleichen Bootsklassen wie im Rennsport. Das Slalomboot zeichnet sich durch seine flache Form am Bug und Heck aus, was ein Unter-schneiden der Tore erlaubt und somit Zeit spart und die Fehlerpunkte zu vermeiden hilft.

Kanupolo

Das Kanupolo ist ein Ballspiel für zwei Mannschaften mit je fünf Booten. Die Spieler benutzen dazu kurze, wendige Kajaks. Das Spiel wird in Schwimmhallen oder auf Seen gespielt und ist so etwas wie eine Mischung aus dem Polo zu Pferd und Wasserball, wobei der Ball mit Boot, Paddel oder Körper gespielt werden kann. Der Kopf und das Gesicht sind durch einen speziellen Helm mit Gitter vor Verletzungen geschützt.Obwohl es darin richtige Meisterschaften und Turniere gibt, ist es auch gerade für Anfänger eine gute Möglichkeit Boots- und Wassergefühl spielerisch zu steigern und erste, harmlose Kenterungen zu erleben. Dabei wird das Paddeln spielerisch erlebt, was nicht nur Jugendlichen große Freude macht. Oft reichen ein paar Markierungen an den Ufern (oder Beckenrändern des Schwimmbades) als Tore und der Spaß kannlosgehen. Im Anfängerbereich kann auch ohne Paddel gespielt werden.

Drachenboot

Rennen in Drachenbooten werden in großen, meist mit Drachenkopf geschmückten Booten auf geraden Bahnen ausgetragen. In Europa übliche Boote sind 12,5 m lang und haben 16-20 mit Stechpaddeln ausgerüstete Paddler, einen Trommler im Bug und einen Steuermann im Heck. Drachenboote gibt es seit langer Zeit in Asien. Das erste Drachenbootrennen in Deutschland fand 1987 im Rahmen der Kanurennsport-WM in Duisburg statt. Seit 1990 gibt es regelmäßige Wettkämpfe, seit 1992 Deutsche Meisterschaften und seit 1995 Weltmeisterschaften. Im Jahr 2005 war Drachenboot Demonstrationssportart bei den World Games. Wichtigste Wettkampf-strecken sind 250 und 500 m. Daneben gibt es zahlreiche Wettkämpfe ohne Meisterschaftscharakter für so genannte Fun-Teams. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kanusport)

Erlebnisbereich Kanu Kanufahren als Wettkampfsport 16

Die folgenden Bilder entstammen der Wikipedia-Seite: „Kanusport“, dort gibt es noch weitere Informa-

tionen, Links und Lesenswertes.

Kanurennsport:

Einer-Renn-Kajaks im Rennen bei den Westdeut-schen Kanurennsportmeisterschaften 2003

Kanuslalom:

Kanuslalom, Monschau/Eifel, Naturstrecke

Kanupolo:

Kanupolo-Spieler beim Werfen auf das Tor

Drachenboot-Rennen:

Wellington Dragon Boat Festival 2005

Rodeo

Mittlerweile gibt es immer häufiger Wettbewerbe in dieser akrobatischen Kunst der Bootsbeherrschung. Abgeleitet vom spielerischen Üben in Wellen und Walzen habensich einige Kanuten ganz auf diese Disziplin spezialisiert und sie zur höchsten Meisterschaft entwickelt. Es werden dabei an einer Stelle im Fluss mit Wellen- oder Walzenbildung Fahrmanöver gezeigt, die sich aus den drei Grundformen: Surfen in Walzen, Kopfstand und Wellenreiten entwickelt haben. Dazu kommen dann noch Drehungen und Überschläge in vielen Variationen, die von einer Jury je nach Schwie-rigkeit und Ausführungsqualität mit Punkten bewertet werden. Die Namen der Figuren und die Art der Wettbewerbe lassen ein Lebens- und Sportgefühl erkennen, wie man es von Wettkämpfen der Skater oder den Snowboardern kennt.Gerade Jugendliche finden diese Form des Paddelns wesentlich interessanter als dieklassischen Flusswanderungen.Natürlich gibt es auch für diese Disziplin spezielle Kajaks und Kanadier, die sehr kurzsind und flache Formen haben. Einige Jahre lang war die Weiterentwicklung der Rodeoboote der große Antrieb im Kanubau.Für Anfänger und große Kanuten sind sie absolut ungeeignet, aber auch mit dem Allroundkajak sei jedem Paddler empfohlen, immer wieder einfache Manöver in sicheren Walzen zu üben, das verbessert die Bootsbeherrschung, das Wassergefühl und hilft im Falle eines ungewollten Hängens in einer Walze ruhig zu bleiben und dasrichtige Manöver zu fahren, um sich zu befreien.

Weitere Wettkampfformen

Neben den genannten Wettkampfformen, gibt es noch zahlreiche andere Veranstal-tungen bei denen Kanuten ihre Leistung messen:

• Kanumarathon (z.B.: Arctic Canoe Race)

• Kanutriathlon und -quadrathlon (Bestehend aus den klassischen Triathlondiszi-plinen, wobei das Schwimmen durchs Paddeln ersetzt oder ergänzt wird.)

• Squirtwettkämpfe

• Wildwasser-Rallyes (z.B.: Topo Malafosse).

Diskurs: Bedeutung für die Anfängerschulung

Die Wettkampfformen mögen Anfänger beeindrucken, die gezeigten Leistungen unerreichbar erscheinen, was meistens auch stimmen wird. Dennoch bereichern Abwandlungen und Einflüsse aus den Wettkampfformen die Anfängerschulung.So kann ein Kanurennen: „Wer ist zuerst am Steg am Bootshaus?“, die letzten Meter nach einem langen Paddeltag nochmals spannend machen.Auch Slalomstangen in leichte Gewässer gehängt, stellen eine enorme Motivation fürLernende dar und helfen mit ehrlich zu sich zu sein: Die gestellte Fahraufgabe ist gelöst, wenn die Tore passiert sind und die Stangen dabei möglichst nicht berührt wurden.Wenn auch Drachenboot fahren wegen Mangel an Booten nicht möglich ist, gibt es aber vielleicht im Bootshaus ein oder zwei größere Mannschafts-Kanadier mit denenein Rennen gefahren werden kann. Das schweißt die Besatzungen zusammen.Auch Kanurodeo kann für leicht Fortgeschrittene deutliche Lernimpulse setzen. Dabei werden natürlich keine Loops oder Cartwheels probiert, sondern einfach mal ineiner Welle oder kleinen Walze gesurft und so das Boots- und Gleichgewichtsgefühl geschult.Und letztlich braucht man keine Kanupolotore, sondern einfach nur einen Ball und zwei beliebige Ziele und schon geht es los mit dem Spiel. Aber Achtung: Da norma-lerweise nur Helme ohne Gitter (Gesichtsschutz) getragen werden, müssen die Regeln verschärft werden, um Verletzungen zu vermeiden. Auch die Regel, dass der Ball führende Spieler gekentert werden darf, sollte geändert werden.Im Anfängerbereich spiele ich auch gerne Kanupolo ohne Paddel, nur mit den Händen, das vermeidet Verletzungen, macht Riesenspaß und schult ungemein das Bootsgefühl.Allen Spielformen ist gemein, sie lenken ab und helfen so dem Körper einen unmittel-baren Zugang zu den kanutypischen Bewegungen zu finden unter Umgehung des bewussten Denkens, was vor allem in der Erwachsenenbildung sehr nützlich sein kann. Und Kindern macht es einfach unglaublich viel Spaß.

Erlebnisbereich Kanu Kanufahren als Wettkampfsport 17

Kanurodeo:

Figuren: Air Loop beim Reno River Festival

(Quellle: http://de.wikipedia.org/wiki/Playboating)

Wer sich das ganze in bewegten Bildern anschauen mag:

http://www.youtube.com/watch?v=I0zIJ39iT90

Material und AusrüstungKanu – Kajak – Kanadier

Nach der im Kanusport offiziellen Terminologie unterscheidet man grundsätzlich zweiBootsarten, den "Kanadier" und das oder auch den "Kajak". "Kanu" ist im deutschen Sprachraum der Oberbegriff, der beide Kategorien zusammenfasst. Damit meint manauch alle in Blickrichtung gepaddelten Boote. Sie treten in vielerlei Varianten und Formen auf. Umgangssprachlich werden die Begriffe allerdings anders verwendet. Wer "Kanu" sagt, meint meist "Kanadier".Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass ein Kanadier kniend oder sitzend mit dem Stechpaddel, das Kajak dagegen sitzend mit Doppelpaddel gefahren wird. Beim Wort „Kanadier“ wollen wir uns an die deutsche Schreibweise halten. In der Literatur findet man aber auch immer wieder das Wort „Canadier“.Um das "Rudern" vom "Paddeln" abzugrenzen, ist zu bemerken, dass im Ruderboot die Blickrichtung gegen die Fahrtrichtung zeigt und das Ruder beweglich mit dem Bootsrand verbunden ist, während man im Kanu in Fahrtrichtung blickt und das Paddel frei in der Hand hält.Begonnen hat alles wohl mit dem Einbaum. Schon sehr früh in der Menschheitsge-schichte wurde diese Bootsform erfunden. Erst danach hat sich die Entwicklung in die beiden Richtungen Kanadier und Kajak aufgespalten. Wobei in beiden Fällen die Bauart ähnlich gewesen sein dürfte: Über ein Gestell aus Holz und/oder Knochen wurde Leder als Haut gespannt.

Kanadier

Kanadier wurden von den Indianern für die Fortbewegung auf Seen und Flüssen entwickelt. Sie sind fast immer offene Boote, die kniend oder sitzend mit einem Stechpaddel gefahren werden. Sie haben eine Reihe von Vorteilen. Die offenen Boote haben eine hohe Zuladekapazität und sind kippstabil. Man kann leicht ein- undaussteigen und hat jederzeit Zugriff zum Gepäck. Das Stechpaddel ist weniger ermüdend als ein Doppelpaddel und aus der erhöhten Sitzposition kann man den ganzen Oberkörper für die Paddelarbeit einsetzen.Durch seine höhere Bauweise ist der Kanadier Wind empfindlicher und aufgrund seines breiten Rumpfes läuft er schwerer als ein Kajak und erfordert mehr Kraft-aufwand. Die Formenvielfalt der Kanadier ist enorm groß und es gibt auf dem Markt auch ganz spezielle Wildwasserkanadier in offener und geschlossener Form. Damit stehen dem ambitionierten Kanadierfahrer alle Türen auch für schwerstes Wildwasser offen, allerdings stellt das Beherrschen von Wildwasser mit dem Stech-paddel gerade im Soloboot hohe Anforderungen an das Fahrkönnen.

Kanadiertypen

Für den Einsatz in Schule und Verein wird gerne auf den so genannten Wanderka-nadier zurückgegriffen. Diese offene Bootsform wird meist von zwei Kanuten gepaddelt, ist aber auch in größerer Form auf dem Markt bis hin zu Mannschaftska-nadiern mit vielen Sitzplätzen.Aus pädagogischer Sicht ist der Zweierkanadier besonders deshalb zu empfehlen, weil beide Kanuten ein Team bilden müssen. Denn ohne das gute Zusammenspiel der beiden Paddler im Boot ist es kaum möglich den Kanadier im ruhigen Gewässer genau zu steuern und in Stromschnellen sicher zu beherrschen.Daneben gibt es aber auch noch geschlossen gebaute Kanadier, wie sie beim Kanurodeo, Kanuslalom und WW-Sport eingesetzt werden. Diese sind für den Laien oft kaum von Kajaks zu unterscheiden. Man erkennt aber im Innenraum einen spezi-ellen Kniesitz und auf dem Wasser natürlich das Stechpaddel.Eine weitere Form sind die doppelwandig gearbeiteten Boote, die nach einer Kenterung auf dem Wasser schwimmen, durch einfaches Umdrehen wieder in die Normallage gebracht werden können und sich dabei selbst lenzen, weshalb sie im französischen Sprachraum auch als „Autovideur“ bezeichnet werden. Trotz ihres Bauart bedingten hohen Gewichtes, sind sie für Anfänger im leichten Wildwasser undauf offenen Gewässern wegen ihrer Sicherheitsreserven sehr beliebt.Ihre Form ähnelt entweder dem klassischen Wanderkanadier oder sie sind als so genannte Sit-on-top-Boote gestaltet.Als Sonderformen können dann noch die aufblasbaren Kanadier und die Faltka-nadier genannt werden. Hier ist weniger der Fahrkomfort der wesentliche Gestaltungsgrund, sondern es sollen Lösungen für den Transport, der sonst sehr großen, schweren und sperrigen Boote geboten werden.Einige der Gummiboote sind sogar für den Einsatz im schweren Wildwasser geeignet, andere sind eher Spaßboote für kurze Paddeltouren auf dem See.

Die Bootstypen:Kajak und Kanadier Kanu als Oberbegriff

Der Kanadier – das Boot der Indianer

Typischer WanderkanadierQuelle: http://www.lettmann.de

Material und Ausrüstung Kanu – Kajak – Kanadier 18

Sit-on-top-Kanadier mit klassischer KanadierformQuelle: http://www.dag-kayak.com/

Kajak

Auch dieser Bootstyp hat eine lange Geschichte, die vor allem von den Inuit geprägt wurde. Hier war das Kajak ein wichtiges Hilfsmittel bei der Jagd und musste durch eine geschlossene Bauweise den Paddler vor Kälte schützen und ihm das Eskimo-tieren, d.h. das Drehen des Bootes nach einer Kenterung ermöglichen.Die Boote waren aus Fellen gebaut, die über einen Rahmen gespannt wurden. Die heutigen Faltkajaks dürfen als legitime Nachfolger dieser traditionellen Boote gelten.

Kajaktypen

Auch die Form der Kajaks ist sehr unterschiedlich und dem jeweiligen Einsatzzweck angepasst. Die Bandbreite reicht vom Faltkajak mit Holzgestell und Stoffbespannung,über sehr lange Seekajaks, die meist mit einer Fußsteuerung ausgestattet sind, bis zum sehr kurzen "Topolino" oder Rodeoboot.Es ist also nicht ganz einfach, Kajaks zu klassifizieren. Hier soll pragmatisch vorge-gangen werden und eine Klassifizierung von Booten nach ihrem Verwendungszweck erfolgen. Ganz grob lassen sich Touren- und Seekajaks von Wildwasserkajaks unter-scheiden. Die wesentlichen Charakteristika eines Kajaks sind Länge, Volumen, Formgebung und Ausstattung.

Touren- und Seekajaks

Im Zahmwasser und auf Großgewässern kommen meist See- und Tourenkajaks zumEinsatz. Durch ihre enorme Länge sind sie sehr kursstabil, aber auch nur einge-schränkt wendig. Die hochgezogenen Bug- und Heckpartien von Seekajaks sorgen für sichere Fahrt bei Seegang. Die gutmütigen Tourenkajaks sind durch ihre stabile Wasserlage vor allem für Anfänger und bedingt durch den großen Stauraum für längere Touren mit Gepäck geeignet. Die mangelnde Wendigkeit machen sie jedoch für den Einsatz auf steilen, engen Flüssen, wie sie im Wildwasserfahren vorherr-schen ungeeignet.

Im Wildwasser kommen folgende Kajaktypen zum Einsatz.

Allroundboote und Funcruiser

Weitaus die meisten Kajaks auf dem Wildwasser gehören zu dieser Kategorie. Sie sind etwa 260 cm bis 350 cm lang und 60 cm breit. Weil sie kürzer sind als Touren-kajaks, sind sie leichter zu manövrieren und immer noch ausreichend gutmütig, so dass auch Anfänger sich recht bald sicher fühlen können. Alle Kajakhersteller haben mindestens ein Boot diesen Typs in ihrem Angebot.Die Entwicklung neuer Boote und Bootstypen hat in den letzten Jahren ein fast schonbeängstigendes Tempo erreicht. Die Allroundboote sind mittlerweile von einer neuen Bootsgeneration eingeholt worden, den so genannten "Funcruisern", sportliche Wildwasser-Kajaks aus der Frühzeit des Rodeosports. Sie unterscheiden sich von den Allroundern im wesentlichen durch geringeres Volumen und flachere Formgebung. Mit ihnen kann man mittelschwere Bäche herunterspielen, sie ermög-lichen Rodeofiguren alter Schule wie Kerzen, Unterschneiden, Pirouetten und Surfen. Für schweres Wildwasser und "New-School-Rodeomoves" sind sie nicht geeignet.

Alpin - oder Creekboote

Dieser Bootstyp zeichnet sich durch ein breites Einsatzgebiet aus. Großzügiges Platzangebot und eine umfangreiche Sicherheitsausstattung sind die wesentlichen Kriterien, die ein Alpinboot erfüllen sollte. Geht man an die Grenze der Befahrbarkeit,bieten sie gutes Beschleunigungsverhalten, gute Boof-Eigenschaften (Technik des sicheren Befahrens von hohen Stufen und Wasserfällen) und überdurchschnittliches Auftauchverhalten. Für Anfänger sind die „Dickschiffe“ nicht immer geeignet, da sie oft ein zu hohes Sicherheitsgefühl vermitteln.Mit der Idee, ein sicheres Boot, das sich für die Befahrung enger, steiler Gebirgs-flüsse einsetzen lässt, leitete Edi Schnappinger - wenn auch ungewollt - die Entwicklung des spielerischen Kajakfahrens mit ein. Sein "Topolino" war das erste Boot mit dem Paddler die Bäche nicht mehr bezwangen, sondern "herunter turnten". Kurzboote wie das "Topo" sind kaum länger als 2 m, und besitzen ein relativ hohes Volumen. Dem Vorteil der Wendigkeit steht der Nachteil der geringen Beschleuni-gungsfähigkeit wegen der Kürze entgegen, was bei Walzen und Rückläufen Probleme schaffen kann. Auf jeden Fall sind sie auf mittelschweren Gewässern ein Spaß, weil das Manövrieren und auch das Eskimotieren sehr einfach ist. Anfängern muss von diesem Bootstyp abgeraten werden.

Spielboote

Squirtboote sind als Weiterentwicklung der Boote aus dem Slalomwettkampf die anderen Paten der Spielboote. Squirten (engl. spritzen) ist akrobatisches Paddeln

Das Kajak – das Boot der Inuit

Material und Ausrüstung Kanu – Kajak – Kanadier 19

Seekajak: Lettmann, Godthab XLQuelle: http://www.lettmann.de

Seekajak: Lettmann, Maxi TouringQuelle: http://www.lettmann.de

Allround-WW-Kajak: Lettmann, OlympQuelle: http://www.lettmann.de

WW-Funcruiser: Lettmann, RageQuelle: http://www.lettmann.de

WW-Creeker: Lettmann, GranateQuelle: http://www.lettmann.de

Rodeo-Kajak: WaveSport Project X 56Quelle: http://www.lettmann.de

und gilt als eigenständige Kajakdisziplin. Squirtboote sind so flach und nieder volumig, dass sie auch unter dem Wasserspiegel gefahren werden können.Beim Kajakrodeo werden heute nur noch spezielle, relativ kurze, nieder volumige Boote mit immer radikalerer Formgebung eingesetzt. Ob Semi-Floater oder New-School-Rodeoboot, die Entwicklung in diesem Segment ist rasant und noch lange nicht abgeschlossen. Die Spezialisierung in Wettkämpfen der Weltspitze geht mittler-weile schon soweit, dass Prototypen eigens für einen einzigen Wettkampf eingesetzt werden.

Material und AusrüstungBootsbau

Baumaterialien

Hier reicht die Palette der verwendeten Materialien sehr weit – egal ob bei Kanadiernoder Kajaks. Immer wird aber das Material verwendet, was dem Einsatzzweck am meisten entspricht. Oft sind dabei Kompromisse zu schließen, denn das ideale Baumaterial für Kanus gibt es nicht.

Holz

Dieser sehr edle, aber auch teure Werkstoff hat neben seinem optischen Reiz vor allem den Vorteil, dass sich sehr individuelle Bootsformen bauen lassen. Der Bau ist aber sehr zeitintensiv und nur in Handarbeit möglich (Bausätze erhältlich), was die Boote recht teuer macht. Allerdings spricht neben dem Preis auch der hohe Pflege-bedarf und die mangelnde Robustheit gegen einen breiten Einsatz. Deshalb findet man Holzboote fast nur als Kanadier für die Befahrung von Seen und Zahmwasser. Dort laufen sie aber wunderbar ruhig und bieten dem Kanuten ein warmes Gefühl beim Sitzen oder Knien.

Aluminium

Aus diesem Metall lassen sich recht leichte Kanadier bauen. Im Kajakbereich wird esdagegen nicht benutzt. Doch dieser Vorteil wird durch einige Nachteile überdeckt. Aluminumkanus sind kalt und laut bei der Fahrt; scheint die Sonne darauf, so heizt sich das Material sehr stark auf und direkter Kontakt kann unmöglich werden. Daneben ist Aluminium in seiner Herstellung sehr umweltschädlich und sollte schon deshalb nicht benutzt werden.

GFK

Dieses Material war lange das vorherrschende bei fast allen Bootstypen und in allen Einsatzbereichen. Beim Bau von GFK-Booten sind dem Designer kaum Grenzen gesetzt. Die Boote werden aus Harz getränkten Glasfasermatten laminiert, sind nur mäßig schwer und lassen sich leicht reparieren. Allerdings ist das Material beim Einsatz im Wildwasser leider auch recht anfällig, was dauernde Beobachtung und Nachbesserungen nötig macht..

Kevlar – Diolen – Karbon

Was für die GFK-Boote gesagt wurde, gilt nahezu uneingeschränkt für diese Werkstoffe. Allerdings gibt es zwei große Unterschiede. Zum einen sind Boote aus den Materialien sehr leicht. Dies erklärt warum sie vor allem bei Renn- und Slalom-booten sowie bei Tourenkanadiern und Seekajaks zum Einsatz kommen. Zum anderen sind sie aber sehr teuer, weshalb sie bei im Breiten- und Freizeitsport einge-setzten Booten fast nicht benutzt werden.

Luftboote

Denkt man auch zuerst an die billigen PVC-Badeboote aus dem Kaufhaus, so darf dieser Bootstyp nicht damit verwechselt werden. Die verwendeten Kunststoffe sind so robust, dass aus den Materialien nicht nur Kanus, sondern auch große Rafting-Boote hergestellt werden. Mit modernen Luftbooten – Kanadiern und Kajaks – können auch schwerste Wildwasserstrecken befahren werden. Die Vorteile sind die gute Transportfähigkeit im nicht aufgeblasenen Zustand, die Stabilität und Sicherheit (an einigen Wildwasserflüssen werden auch Anfänger in kleinen Rafts und Luftbooten aufs Wasser gelassen) sowie die Robustheit. Dem stehen allerdings die nur mäßigen Fahreigenschaften entgegen.

Material und Ausrüstung Kanu – Kajak – Kanadier - Bootsbau 20

Aluminiumkanadier: Linder Inkas 465 LQuelle: http://www.linder.se

Holzkanadier: Prospektor '16 Quelle: http://www.wendt-net.de

GFK-Kanadier: Bavaria MustangQuelle: http://www.bavariaboote.de

Kevlar-Seekajak: Lettmann Eski 525Quelle: http://www.lettmann.de

Schlauchkanadier: Grabner, XR TrekkingQuelle: http://www.grabner-sports.at

Faltboote

Dieser Bootstyp wurzelt in den Urformen der Kanus. Es gibt zwar auch Faltkanadier bei denen über ein Gerüst eine Haut gespannt ist, die meisten Modelle sind jedoch Kajaks. Die Haut ist im Deckbereich meist aus Baumwolle und im Bodenbereich aus Kautschukgemischen hergestellt. Sie wird über ein Gestell gespannt, das aus imprä-gnierten Holz- oder auch Aluminiumteilen besteht. So lässt sich das Boot recht klein verpacken und gut transportieren. Der Einsatzbereich liegt vor allem bei Großge-wässern und im Zahmwasser, allerdings wurden in den Anfangszeiten des Wildwassersports die Erstbefahrungen der klassischen Flüsse (z. B. Verdon-Schlucht) in Faltbooten gemeistert. Heute sieht man sie allerdings im Wildwasser nicht mehr, dazu sind sie dann doch zu teuer und verletzlich.

Polyethylen

Im wesentlichen werden Wildwasserkajaks und -kanadier heute aus nicht linearem Polyethylen (PE) hergestellt. PE ist allerdings nicht gleich PE. Die Boote werden entweder im Rotationsverfahren hergestellt, wobei man das PE-Granulat schmilzt und in eine rotierende Aluform gießt oder im Blasdruckverfahren (hochmolekulares PE), bei dem ein PE-Schlauch in einer Form aufgeblasen wird. Die deutschen Hersteller Prijon und Eskimo (Rikutec) sind nach wie vor in puncto Stabilität und Haltbarkeit allen anderen Herstellern ein deutliches Stück voraus, weshalb sie auch auf den Einbau von hinderlichen Stützkeilen aus Schaummaterial verzichten können.Der Einzug der PE-Boote im Kanusport hat zu einer Art Revolution geführt. Immer schwerere Flüsse wurden auch für weniger Geübte fahrbar und für die Spezialisten erschlossen sich ganz neue Horizonte des Machbaren. Wurde früher jeder Fahrfehlermit Bootsschäden oder -verlust bezahlt, so braucht das mit PE-Booten nicht mehr zu interessieren. Deshalb muss leider heute festgestellt werden, dass nur zu oft das Material um Klassen besser ist als der Benutzer. Das kann im Wildwasser zu ernstenProblemen führen.Bei allen Vorteilen hat PE natürlich auch Nachteile. Das wären die Notwendigkeit teure Formen zu bauen, beim Blasdruckverfahren sind diese sogar sehr teuer. Somit sind individuelle Formen und Kleinserien nicht bezahlbar. Und PE hat ein höheres spezifisches Gewicht als Wasser, das bedeutet PE-Boote ohne Auftriebskörper sinken auf den Gewässergrund ab. Im Kanadierbau wird das PE deshalb oft in einemSandwich-Verfahren verbaut. Das bedeutet, dass zwischen den PE-Schichten eine Schaumschicht eingearbeitet wird, die dafür sorgt, dass das Boot auch ohne Luftschläuche unsinkbar ist. Um die Form zu wahren, ist bei PE-Kanadier der Einbauvon Süllränder aus Hartplastik, Holz oder Aluminium sowie stabilisierenden Querstangen notwendig.

Bootsformen

Die Formgebung im Bootsbau richtet sich ganz stark nach dem Einsatzzweck. Physikalischen Gesetzmäßigkeiten muss dabei Rechnung getragen und der richtige Kompromiss gefunden werden. Keine Bootsform eignet sich für alle Zwecke gleich gut. Dabei gilt es die 4 Merkmale

• Schnelligkeit• Wendigkeit bzw. Richtungsstabilität• Kippstabilität• Bootsvolumen

in sinnvoller Weise zusammenzuführen.

Schnelligkeit und Richtungsstabilität werden in entscheidender Weise von der Boots-länge bestimmt. Dabei ist zu beachten, dass im Bereich Wildwasser Bug und Heck stets aufgebogen sind (Kielsprung) und es deshalb deutliche Unterschiede zwischen Bootslänge und der Länge der tatsächlichen Wasserlinie gibt – und die ist entscheidend.Je kürzer ein Boot ist, desto wendiger ist es. Wendigkeit ist bei Großgewässern von geringer Bedeutung, weshalb gerade See- und Tourenkajaks sehr lang sind und deshalb einen guten und schnellen Geradeauslauf haben. Im Wildwasser ist es dagegen von Wichtigkeit, das Boot gut steuern und drehen zu können. Wildwasser-boote sind deshalb kurz (Allroundboote) bis sehr kurz (Alpinboote).Daneben ist aber auch der Rumpfquerschnitt von Bedeutung. Aber auch hier muss man einen für den jeweiligen Einsatz akzeptablen Kompromiss aus Schnelligkeit (schmal und U- oder V-förmig – Rennboote) und Stabilität (breit mit Flachboden – Rodeo- und extreme Wildwasserboote) finden. Bei Wander-Kanadiern findet man meist eine Kombination, den flachen Rundboden. Er stellt einen guten Kompromiss zwischen gewünschter Stabilität und Schnelligkeit dar. Natürlich ist gerade im Wildwasser die Stabilität und damit Sicherheit ein wesent-liches Element im Bootsbau. Diese kann durch breite Formgebung erreicht werden, allerdings auf Kosten der Schnelligkeit. Daneben hat die Einführung des Flach-

Faltboot: Klepper, Aerius IIQuelle: http://www.klepper.de

PE-Kanadier: Lettmann, Trapper 450Quelle: http://www.lettmann.de

Kajak aus hochmolekularem PE: Eskimo, CerroQuelle: http://www.eskimo-kajaks.com

Material und Ausrüstung Kanu – Kajak – Kanadier 21

Vergleich der Bootslänge mit der tatsächlichen Wasserlinie bei sehr unterschiedlichen Bootstypen:

Slalomboot (Lettmann, Olymp 08, K1):Merkmal: Tatsächliche Wasserlinie und Bootslänge sind extrem unterschiedlich.Grund: Beim Slalom ist Wendigkeit gefragt. Durch das geringe Gewicht beschleunigt das Boot schnell, erreicht aber wegen der geringen tatsächlichen Wasserlinie keine hohe Endgeschwin-digkeit.

Rennsport-Marathon-Kajak (Lettmann, Thunderstruck)

Merkmal: Tatsächliche Wasserlinie und Bootslänge sind fast identisch.Grund: Beim Rennboot, insbesondere beim Marathon kommt es auf hohe Endgeschwindigkeit an, die über lange Zeit ohne großen Kraftaufwand gehalten werden soll.Quelle: http://www.lettmann.de(Bearbeitung Bernd Dörr)

bodens bei Wildwasserkanus eine kleine Revolution bedeutet. Zuerst nur im Bereich der Rodeoboote anzutreffen, haben sich Flachbodenkanus immer mehr den gesamten Bereich des Wildwasserbootbaus erobert. Aber auch hier stehen den positiven Eigenschaften einige Nachteile entgegen.Eine wichtige Rolle spielt auch das Bootsvolumen, also die Menge des verdrängten Wassers. Je mehr Volumen ein Boot hat, desto höher ist die mögliche Zuladung. Dies ist bei Tourenkanus von großer Bedeutung. Im schweren Wildwasser (Wucht-wasser) ist ein ausreichend hohes Volumen sicherheitsrelevant. Das Boot taucht weniger tief ein und sauberer auf und lässt sich dadurch viel besser kontrollieren. Etwas ganz anderes will man beim Kanuslalom und -rodeo erreichen. Denn hier sind Unterschneiden (Slalom) und fast alle Rodeomoves nur mit Booten machbar, die im Bug- und Heckbereich wenig Volumen haben.

Bootsauswahl

Was tun, wenn ein Boot angeschafft werden soll?Es muss zunächst klar sein, was man mit dem Boot machen will.Beim Einer sind neben dem Einsatzzweck auch Körpergröße und Gewicht des Paddlers ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des richtigen Bootes. Fährt ein schwerer Kanute ein kleines Boot, so heben sich die Vorteile wieder auf, da es viel tiefer im Wasser liegt und damit schwerer zu manövrieren ist und außerdem die Stabilität nachlässt. Aber auch der leichte Fahrer ist mit einem zu großen Boot schlecht beraten, da gewisse Techniken nur sehr schwer auszuführen sein werden. Für Anfänger und Kanuten, die sich keine Spezialboote leisten wollen, gilt, dass die beste Wahl ein Boot mittleren Volumens mit ausgeglichenen Fahreigenschaften ist. Als Material kommt im Bereich Wildwasser sicher nur Polyethylen in Betracht.Im Bereich Wander- und Schulsport wird die Wahl meist auf den Bootstyp Kanadier fallen und dort hauptsächlich auf den klassischen, offenen Zweier-Wanderkanadier. Auch hier sind Fragen zu beantworten, wie etwa das Gewicht und den Bedarf an Zulademöglichkeit der Boote. Beim Material setzen sich immer mehr die PE-Sand-wich-Technik und reine PE-Boote durch, sie sind einfach am robustesten. Wobei hierdie Erfahrung gezeigt hat, dass die PE-Sandwich-Technik zwar leichtere und vor allem unsinkbare Boote ermöglicht, es aber an Robustheit mit massiven PE-Booten nicht aufnehmen kann. Doppelwandigen Booten mit ihren hohen Sicherheitsreserven stehen die leichteren einwandigen Kanadier entgegen.

Egal ob Kajak- oder Kanadierkauf viele Fragen sind zu beantworten:

• Ist das Material robust und/oder kann es leicht repariert werden?• Wie lässt sich das Boot handhaben? Wie schwer ist es?• Sind die Anbauteile gut verarbeitet? Gibt es scharfe Kanten, an denen man

sich verletzten kann?• Wie sind die Gepäcktransportmöglichkeiten?• Gibt es eine Herstellergarantie?• Ist das Material recycelbar?• Wie sind die Sitze gebaut? Hat man eine gute Sitzposition?

Beim Kajak: Ist der Sitz verstellbar? Wie sieht es mit der Rückenlehne aus?Beim Kanadier: Kann sich Wasser in der Sitzschale sammeln? Kann trotz Sitz auch im Kniestand gefahren werden?

• Sind die Griffe steif und groß genug um auch unter schwierigen Bedin-gungen einen Karabiner einzuhängen? Lassen sie sich gut greifen? Sind die Griffe so stabil, dass die Boote daran mit Kette gegen Diebstahl gesichert werden können?

• Zusätzliche Fragen beim Kajak:- Wie sind Fußstützen und Prallplatte beschaffen?- Ist der Kontakt zum Boot gut?- Kann man gut aussteigen (Notausstieg)?- Ist der Wurfsack gut zu befestigen und schnell zu greifen?- Passen die Standardspritzdecken?- Gibt es solide, gut passende Auftriebskörper?

Material und Ausrüstung Bootsbau 22

Fazit: Die ideale Bootsform für alle Einsatzbereiche gibt es nicht. Es müssen immer Kompromisse geschlossen

werden. Dabei dürfen Sicherheitsge-danken nicht zu kurz kommen.

Bootsteile

Beim Kanadier:

Die wichtigsten Teile eines offenen Wanderkanadiers sind am Bootsrumpf – wie bei allen Booten – Bug (vorne),Heck (hinten) und Kiel (unten). Daneben sind auf dem Bild die Sitze zu erkennen, die in diesem Fall aus Holzholmen gebaut und mit Geflecht versehen sind. So kann sich in ihnen kein Wasser sammeln. Der Süllrand istTeil des Rumpfes. Meist wird bei Kanadiern ein Holz-, Alu- oder Hartkunststoffrand aufgesetzt, hier verstärkt ein Alurohr unter dem Rand die Konstruktion. Der Querholmaus Holz dient der Stabilisierung. Die Griffe sind aus Aluminiumrohr gebaut und dadurch sehr robust und recht gut zu greifen. Das Befestigen eines Karabiners zur Bootsbergung ist allerdings nur mit speziellen Karabinern mit weiter Schnapper-öffnung möglich, da die Griffe verschraubt sind, bieten sie keine absolut verlässliche Möglichkeit zur Diebstahlssicherung.

Beim Kajak

Ausstattungsmerkmale sicherer und moderner Kajaks sind Sicherheitsluke, stabile Fußstützen, passende Auftriebskörper und solide Handgriffe. Der direkte Kontakt zum Kajak ergibt sich durch die Fußstützen und die Sitzluke.

Sitzluke - Sitz, Rückenstütze, Süllrand und Schenkelstützen

Wenn man sich in der Sitzluke nicht wohl fühlt, wird man mit dem gesamten Boot nicht zufrieden sein. Sie enthält den Sitz, die Rückenstütze, den Süllrand und die Schenkelstützen.Die Form der modernen Sitzluke ähnelt einem Schlüsselloch. Sie erlaubt eine Ausstiegsbewegung, bei der zuerst die Knie angezogen werden, ohne vorher das Gesäß vom Sitz zu erheben. Das Risiko, dass das Boot zur tödlichen Falle für den Kanuten wird, verringert sich damit erheblich.Der Sitz sollte bequem sein und vor allem genügend Seitenhalt bieten. Er muss Stöße von unten (beim Überfahren von Steinen) abhalten und fest in der Luke verankert sein. Im günstigen Fall lässt sich seine Position in der Sitzluke verstellen.Hinter dem Sitz befindet sich die Rückenstütze, die gewöhnlich aus einem starken, gepolsterten Gurtband gebaut ist. Sie sollte auf jeden Fall verstellbar und so weit vom hinteren Süllrand entfernt sein, dass auch bei einem Rückwärtsaufprall auf ein Hindernis der Rücken geschützt bleibt. Das verlangt auch, dass der Gurt ausrei-chend stark und straff einzustellen ist.Den oberen Abschluss der Sitzluke bezeichnet man als Süllrand. Sein Wulst dient zurBefestigung der Spritzdecke. Darunter befinden sich die Schenkelstützen. Ohne sie ist eine Beherrschung des Bootes kaum möglich. Wenn die Fußsohle vollen Kontakt

Material und Ausrüstung Bootsbau 23

Kanadier: Lettmann, Trapper 450Quelle: http://www.lwttmann.de (Bearbeitung Bernd Dörr)

Querholm (Holz) Süllrand (mit Alurohr)

GriffHeck Bug

Sitz

Kajak: Prijon, TornadoQuelle: Prijon-Katalog (Bearbeitung Bernd Dörr)

SitzSüllrand

GriffHeck

Bug

Rückenstütze

AuftriebskörperSchenkelstütze

Prallplatte

mit den Fußstützen haben, sollten beide Oberschenkel guten Kontakt zu den Schen-kelstützen haben.

Fußstützen

Die Fußstützen sind von grundsätzlicher Wichtigkeit für die Kontrolle des Bootes. Beim Aufprall auf ein Hindernis wird der Kanute mit enormer Kraft nach vorne beschleunigt. Diese Kraft kann nur mit gutem Halt auf der Fußstütze abgefangen werden. Verletzungen der Sehnen und Bänder am Fußgelenk und das Verklemmen im Kajak, was das Boot zur tödlichen Falle werden lässt, sind möglich.Es gibt mehrere Modelle von Fußstützen, wobei sich aber einige als verletzungs-trächtig und sogar lebensgefährlich erwiesen haben, was sie im schweren Wildwasser als mögliche Wahl ausscheiden lässt. Mit Vorsicht sind deshalb Rohrfuß-stützen, Schlittenfußstützen mit Fußpedalen (Bild) und die sogenannten Sägezähne zu genießen.Spielboote werden im Fußbereich mit Schaumelementen ausgestattet, die in der Lage sind, harte Schläge abzufedern, die optimale Wahl im Wildwasser sind jedoch Prallplattensysteme. Sie können noch relativ schnell verstellt werden; sie bieten optimalen Halt für den gesamten Fuß und ihre Hartschaumauflage wirkt als Schockabsorber.

Auftriebskörper

Ein Kajak ohne Auftriebskörper sinkt, wenn Wasser über die Sitzluke eindringt. Im Falle einer Kenterung würden in ein typisches Schulungskajak schnell mehr als 250 l Wasser laufen und es wegen seines Gewichtes und seiner Geschwindigkeit zur Gefahr für den Schwimmer werden lassen. Es würde sich viel leichter an einem Hindernis verklemmen oder auf Grund laufen und wäre dann vielleicht verloren.Deshalb füllt man alle Leerräume hinter der Sitzluke und vor den Fußstützen mit Auftriebskörpern aus. Dies können Hartschaumelemente, die auch der Versteifung dienen oder aber wie allgemein üblich aufblasbare Luftsäcke sein. Sie müssen so im Boot klemmen, dass sie sich auch im Falle einer Kenterung nicht ungewollt lösen können.

Handgriffe

Die Handgriffe sind ein wichtiger Teil der Sicherheitsausstattung eines Kajaks. Ein Schwimmer kann in der Stromschnelle am Boot bleiben indem er den Griff packt, ein eingeklemmtes Kajak kann von Helfern mit Hilfe der Griffe befreit werden und letztlich dienen sie auch zum Tragen des Bootes zur Einsatzstelle. Gute Griffe sind entweder aus stabilem Gurtband gearbeitet oder aber in die Bootsform integriert. Diese können dann auch als Diebstahlsicherung benutzt werden, wenn der Kajak einmal unbewacht bleibt.

Material und AusrüstungAusrüstung und Zubehör

Paddel

Im Kajak benutzt man Doppelpaddel im Kanadier dagegen Stechpaddel. Beide bestehen aus einem Schaft und dem Blatt oder den beiden Blättern. Als Baumaterial für den Schaft wird meist Aluminiumrohr verwendet. Es sollte beim Doppelpaddel im Griffbereich oval sein, was das Finden der richtigen Griffposition und Blattstellung erleichtert. Der Schaft ist mit einer Plastikhülle umzogen. Die Blätter sind bei preis-werten Paddeln aus Kunststoff (z. B.: RIM) hergestellt.Daneben gibt es aber auch Paddel aus leichteren Materialien, was das Paddeln vereinfacht und die Gefahr von Verletzungen (Sehnenscheidenentzündung) minimiert. Dies wäre zwar gerade im Anfänger- und Verleihbereich wünschenswert, scheitert aber an den hohen Kosten der Paddel und ihrer geringeren Robustheit. Als Materialien werden hier Kohlefasermatten eingesetzt, die mit Kunstharz verklebt und dann hart verbacken werden.Natürlich gibt es vor allem im Kanadierbereich auch noch das traditionelle Holzpaddel. Sie mögen fast schon antiquiert anmuten, doch sie liegen unver-gleichlich warm und federnd in der Hand, sind sehr angenehm im Gebrauch, bedürfen jedoch großer Achtsamkeit im Umgang und Pflege nach dem Einsatz.Im Wildwasser ist es im Kajak üblich, unteilbare Paddel zu verwenden. Als Sicher-heitsreserve werden bei langen Touren teilbare Reservepaddel mitgeführt.Die Frage der Drehung der Paddelblätter stellt sich nur beim Doppelpaddel. Die Mehrheit der Paddler verwendet rechts-gedrehte Paddel mit einer Schränkung von 55 - 85 Grad. Vorteil der Schränkung: erstens liegt das Paddel beim Stützen automa-

Material und Ausrüstung Bootsbau - Ausrüstung und Zubehör 24

Doppelpaddel und Stechpaddel in Holz,Aluminium/RIM und KohlefaserQuelle: Prijon-Katalog

Gute Fußstützen:Prallplatte und SchaumelementeQuelle: Prijon-Katalog

Vorsicht bei der Verwendung von z.B. Schlittenfußstützen im Wildwasser!

tisch richtig und zweitens bietet es dem Wind weniger Angriffsfläche. Im Wildwasser fährt man wesentlich kürzere Paddel, als beim Toureneinsatz auf Zahmwasser, See oder Meer. Die Paddellänge ist in erster Linie von der Körpergrößeund Armlänge abhängig. Für den Schulungsbereich empfehlen sich – aus Kostengründen - Kunststoffpaddel mit Aluschaft. Für Kinder und Jugendliche gibt es sie auch mit kleinerem Blatt und verkürztem Schaft.

Spritzdecke

Ohne eine Spritzdecke ist das Befahren von Wildflüssen nicht möglich. Dies gilt für Kajak und Kanadier. Schon wenige Liter Wasser im Boot machen es nahezu unmanövrierbar und höchst instabil. Die Spritzdecke ist also ein wichtiger Teil der Sicherheitsausrüstung. Beim offenen Kanadier muss erst eine sogenannte Persenning über gezogen werden, die dann die Luken aufweist. Die wesentlichen Teile einer Spritzdecke sind Kamin, Teller und Griffschlaufe.Oberflächlich gesehen ist die Aufgabe einer Spritzdecke einfach zu beschreiben: sie soll verhindern, dass Wasser ins Boot gelangt. Der Spritzdecke kommen aber auch noch andere Aufgaben zu. Sie soll die Wärme im Boot halten und wenn der Kamin aus Neopren gefertigt ist, Kälteschutz im Hüftbereich bieten. Sie muss stramm über den Süllrand gespannt sein, damit sich auf dem Teller keine Wassersäcke bilden unddennoch dem Oberkörper ein Maximum an Bewegungsfreiheit bieten. Eine hochwertige Spritzdecke schließt die Luke nahezu wasserdicht ab und hält auch demDruck kräftigen Wasseraufpralls stand - ohne sich von selbst zu öffnen. Anfänger, die zum ersten Mal die Spritzdecke schließen, fühlen sich häufig unwohl und eingesperrt in ihrem Boot, sie haben Angst, bei ungewollten Kenterungen darin gefangen zu sein. Deshalb ist dort, wo die Spritzdecke den vorderen Teil des Süllrands umschließt, meist eine Lasche angenäht. Sie muss beim Schliessen des Spritzdecke immer außen liegen. Das ist sehr wichtig, weil diese Paniklösung nur so im Notfall mit der Hand gezogen werden kann. Es ist ratsam das Öffnen in Trockenübungen und bei der Bootsgewöhnung im stehenden Wasser gut zu üben. Man wird dann auch feststellen, dass sich gut schlie-ßende Spritzdecken kaum mit Druck der Knie lösen lassen, was deutlich macht, wie wichtig die Griffschlaufe ist und wie sorgfältig sie beim Einstieg ins Boot nach außen gelegt werden muss.Der Einsatzzweck bestimmt die Materialwahl. Anfänger sind mit Nylonspritzdecken, die mit einem Hosenträgersystem fixiert werden, ausreichend ausgestattet. Sie besitzen eine außerordentliche Haltbarkeit und entsprechen den gestellten Anforde-rungen beim Wanderpaddeln und im leichten Wildwasser. Fortgeschrittene Paddler bevorzugen Neoprenspritzdecken. Es gibt Modelle, die anstelle der Griffschlaufe einen quer oder diagonal verlaufenden Spanngurt mit Klemmschnalle haben. Spitzenmodelle haben einen doppelten Kamin, der in Verbindung mit einer Doppelka-min-Trockenjacke das Eindringen von Wasser weitestgehend verhindert.Für den Schulungsbereich empfehlen sich PVC- oder Nylonspritzdecken mit Trägern.Etwas robuster sind Modelle mit Cordurateller.

Schwimmweste

Im Kanu trägt man grundsätzlich eine Schwimmweste. Im Fall einer Kenterung hilft die Weste, den Körper an der Wasseroberfläche zu halten. Aufgewühltes, mit Luft durchsetztes Wildwasser gibt dem Körper nur wenig Auftrieb. Der Schwimmer braucht mit ihr die Arme nicht für Schwimmbewegungen, kann eine geworfene Rettungsleine greifen, sich gegen Hindernisse abstützen oder Boot und Paddel fassen. Die Schwimmweste schützt den Oberkörper vor Verletzungen an Felsen odersonstigen Hindernissen. Eine gut sitzende Schwimmweste vermindert ganz erheblichdie Auskühlung. Gute Schwimmwesten bieten zudem Angriffsmöglichkeiten für Retter.Die Auftriebsfunktion der Schwimmweste erzielt man durch die Verwendung von Schaumstoff. Dieser wird entweder in Rippenform oder in Platten in die Weste eingenäht. Bei der Bauart der Schwimmweste scheiden sich die Geister an Schlupfweste oder Reißverschlussweste. Hauptsache ist der feste Sitz der Weste. Sie darf den Paddler nicht behindern und das Sichtfeld nicht einengen. Die Schwimmweste sollte so geschnitten sein, dass sie beim Paddeln nicht auf der Spritzdecke aufliegt. Um die Hüfte sollte die Weste gut zu fixieren sein, damit sie beim Schwimmen nicht über denKopf rutschen kann. Kräftige Signalfarben sind zu empfehlen. Beim Auftrieb gilt es einen Kompromiss zu finden, denn je mehr Auftrieb eine Weste hat, umso dicker und hinderlicher wird sie sein. Er muss aber immer an das Gewicht des Paddlers angepasst sein. Auch kleine, schwere Kanuten brauchen eine große Schwimmweste.Ohnmachtsicher wie die Kragenwesten (z.B. als Rettungswesten an Bord von Passa-gierschiffen) sind die Schwimmhilfen im Kanubereich nicht. Deshalb dürfen bei Kleinkindern ausschließlich Kragenwesten verwendet werden.

Material und Ausrüstung Bootsbau - Ausrüstung und Zubehör 25

Neoprenspritzdecke

PVC-Spritzdekce mit TrägernQuelle: Prijon-Katalog

Schwimmweste für den Einsatz im Wildwasser und als Fahrtenleiter mit Bergegurt und Halterung fürs CowtailQuelle: Prijon-Katalog

Anfänger dürfen niemals mit Spritzdecke aufs Wasser, wenn vorher nicht das Öffnen unter Aufsicht

geübt wurde.Vor dem Ablegen und bei der Tour immer Partnercheck, ob die Panik-lösung korrekt außen liegt.

An guten Schwimmwesten, wie sie Leiter von Gruppen und Wildwasserkanuten tragen, befinden sich sicher schließende Taschen zur Aufbewahrung nützlicher Klein-ausrüstung, wie Karabinerhaken oder Messer, ein Sicherheitsgurtsystem mit Paniklösung und ein Hüftgurt, der einen festen Sitz garantiert.Schwimmwesten sollten keine heraushängenden Taschen oder unnötige Bänder und Gurte haben, weil sie beim Schwimmen hindern und das Risiko bergen, sich in Ästenzu verfangen. Sie werden immer als oberste Kleidungsschicht getragen.Für den Schulungsbereich sind möglichst einfache, robuste Schwimmwesten zu empfehlen. Sie besitzen im Idealfall einen Brustgurt. Im Zahmwasser und auf stehenden Gewässern reichen sicherlich einfache Schlüpfwesten.

Helm

Ein guter Helm bietet Stirn, Schläfen, Genick und Ohren ausreichenden Schutz und besteht aus einem widerstandsfähigen Material, das den Einsatz über und im Wasseraushalten kann. Hier haben sich Polyethylen- und Polypropylenschalen als gut erwiesen. Ein Helm muss fest sitzen, sollte über eine gute Polsterung gegen harte Schläge verfügen und mit einem soliden Kinnriemen festgezurrt werden können. Verstellmöglichkeiten sollten ihn an die Kopfform anpassbar machen.Der Helm sollte an die Art der befahrenen Flüsse angepasst sein. Auf leichteren Flüssen reicht ein Helm in offener Bauweise aus - wenn er gut sitzt, etwas über die Stirn hinausragt und somit auch der Nase einen gewissen Schutz bietet.Ohne Helm zu fahren ist allerdings gröbster Leichtsinn, da auch bei leichten Gewässern immer die Gefahr besteht, bei Kenterungen dem Grund sehr nahe zu kommen und zumindest mit Felsplatten oder Kieseln unangenehme Bekanntschaft zu schließen. Auf Zahmwasser und stehenden Gewässern wird die Anweisung zum Tragen eines Helms von Kanuschülern oft als Schikane empfunden. Ich persönlich bin der Meinung, dass immer dann ein Helm getragen werden sollte, wenn die Möglichkeit einer Kopfverletzung besteht.

Bekleidung

Viele Unfälle im Wasser enden mit Unterkühlung oder haben ihre Ursache darin. Bei der Befahrung sehr kalter Gewässer führt das Schwimmen ohne Schutzkleidung in sehr kurzer Zeit zur Bewusstlosigkeit. Aber auch leichte Unterkühlungen wirken sich sehr negativ auf die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit aus und können unange-nehme Folgen haben. Dies macht eine angepasste Kleidung so wichtig.

Jacke

Die Paddeljacke ist speziell für den Bedarf des Kanufahrers gemacht. Sie lässt ihm genügend Bewegungsspielraum im Oberkörper- und Armbereich und verfügt über wasserdichte Bündchen. Die Jacke sollte aus verschleißfestem, wasserdichtem Material genäht sein. Für den Anfänger und Gelegenheitsfahrer ist aber auch eine normale Nylon-Regenjacke ausreichend, auch wenn sie den Nachteil mit sich bringt, dass am Hals und den Armbündchen viel Wasser eindringen kann.

Neopren- und Trockenanzug

Als nächste Bekleidungsschicht unter Jacke und Spritzdecke folgt der eigentliche Kälteschutz. Bei der Befahrung von kaltem Wasser hat sich hier der Neoprenanzug bestens bewährt. Er bietet eine gute Wärmedämmung, gibt zusätzlichen Auftrieb unddurch seine Dicke auch Schutz vor Abschürfungen und kleinen Prellungen. Auch hiergilt es einen Mittelweg zwischen Wärmeleistung und freier Beweglichkeit zu finden. Anzüge mit 3-4 mm Materialstärken sind üblich, wobei das Neopren beidseitig kaschiert, d.h. mit Stoff überzogen sein sollte, das macht es stabiler und angenehmerbeim An- und Ausziehen. Als Form kommen nur armlose Modelle (Long John) in Betracht, nur sie gewähren eine ausreichende Beweglichkeit.Als teure Alternative gibt es noch den Trockenanzug. Mit seinen Latex-Abschlüssen an Hals, Armen und Beinen verhindert er das Eindringen von Wasser, was gerade bei sehr niedrigen Außentemperaturen wichtig ist. Es ist notwendig vor dem Start die Luft bestmöglich aus dem Anzug zu drücken. Achtung: Die Manschetten bedürfen großer Aufmerksamkeit und Pflege.

Sonstige Bekleidung

Da Paddeljacken - auch wenn sie sich Trockenjacken nennen - selten ganz dicht sind, sollte man unter dem Anzug Unterwäsche aus Kunstfaser tragen. Sie nimmt wenig Feuchtigkeit auf und schützt somit den Körper vor Verdunstungskälte. Bei sehrniedrigen Temperaturen sind Pullis aus Polarfleece und Schurwolle geeignet, wobei die Wolle den Nachteil hat, schlechter zu trocknen. Baumwolle ist sowohl als Materialfür die Unterwäsche, wie auch für Pullis gänzlich ungeeignet. Sie nimmt das Wasser auf und entzieht dem Körper bei der Verdunstung sehr viel Wärme.Für das Umziehen nach dem Verlassen des Bootes sollte immer (auch an warmen Tagen) für ausreichend warme, trockene Kleidung gesorgt sein.

Einfacher aber sicherer, verstellbarer KanuhelmQuelle: Prijon-Katalog

Neoprenanzug, Long JohnQuelle: http://www.lettmann.de

Material und Ausrüstung Ausrüstung und Zubehör 26

Wer mit Kleinkindern aufs Wasser geht, muss unbedingt sichere Schwimmwesten mit

Kragen verwenden. Nur so ist sicher-gestellt, dass die Schwimmenden in die richtige Lage: Rücken nach unten, Gesicht nach oben, gedreht werden.

Beim Kajakfahren gilt: Nie ohne Helm! Jede Grundbe-rührung nach einer Kenterung kann zu

Kopfverletzungen bis hin zu Ertrinken durch Ohnmacht führen.Beim offenen Kanadier kann im Zahmwasser und leichtem Wildwasser eventuell auf das Tragen von Helmen verzichtet werden.

Schuhe

Beim Kanufahren vor allem im Wildwasser sind Schuhe ein wesentlicher Ausrüs-tungsteil. Zum einen wird man sehr häufig zur Einsatz- oder von der Aussetzstelle längere, teils beschwerliche Wege haben, zum anderen muss bei Umtrage- oder Rettungsaktionen ein guter Halt gewährleistet sein. Als sehr gut haben sich spezielle Kanuschuhe erwiesen, die eine feste Sohle haben, somit auch beim Stehen in reißendem Wasser ausreichende Sicherheit geben und zusätzlich durch ihren Neoprenschaft die Füße vor Kälte schützen. Als ausreichende Alternative können Turnschuhe angesehen werden. Auf jeden Fall sollten darin aber Neoprensocken die Füße vor Auskühlung schützen. Einen besseren Kompromiss stellen ausgediente Trekkingschuhe dar. Surfschuhe und sonstige dünnen Neoprenschuhe sind nur eine Notlösung, weil der Fuß nicht ausreichend gegen Verletzungen geschützt ist.

Handschuhe

Der Schutz der Hände stellt bei niedrigen Wasser-oder Außentemperaturen ein bisher ungelöstes Problem dar. Zum einen sollen die Hände möglichst warm bleiben,andererseits muss aber ein guter Kontakt zum Paddel gewährleistet sein. Finger-handschuhe aus Neopren haben sich bei den meisten Paddlern durchgesetzt. Sie sollten möglichst vorgekrümmte Finger haben und aus nicht zu dickem Material gefertigt sein. Paddelstulpen, welche die Handoberfläche schützen, aber vollen Paddelkontakt zulassen sind die andere Alternative. Sie werden am Paddelschaft befestigt und geben den Händen direkten Zugriff zum Paddelschaft. Gefertigt werdensie aus den verschiedensten Materialien. Auf jeden Fall sollten auch sie die Paddel-führung so wenig wie möglich einschränken.

Ausrüstungsbehälter

Die Sachen, die in einem Kanu befördert werden sollen, reichen von der Sicherheits-ausrüstung, über trockene Ersatzkleider bis hin zu größeren Materialmengen bei längeren Touren. Wichtig ist aber immer, dass alles absolut trocken bleibt. Ist es bei der Kamera nur eine Frage des Geldbeutels, kann es bei Reservebekleidung und Schlafsack gerade bei längeren Touren schnell zur Überlebensfrage werden.Es gibt zwei gute Systeme, die ausreichende Sicherheit bieten, soweit man sie ordnungsgemäß verschließt.Plastiktonnen mit Schraubdeckel in verschiedenen Größen, die von Minitonnen für den Innenraum von Kajaks bis zu vielen Litern fassenden, großen Tonnen für offene Kanadier angeboten werden. Sie sind dicht, sehr stabil und als große Tonnen willkommene Sitzgelegenheit in Paddlerkreisen. Als Alternative gibt es wasserdichte Packsäcke oder -taschen, die sich sehr gut verstauen lassen. Sie werden mit einem Rollsystem verschlossen und können dann gut zu den Auftriebskörpern gequetscht werden. Allerdings ist ihre Dichtigkeit begrenzt. So bald ein gekentertes Boot tief und längere Zeit unter Wasser liegt und der Packsack auch unter Wasser gehalten wird, dringt dieses mitunter ein.Wichtig ist bei allen Behältern, dass sie fest im Boot verstaut sind und sich nicht von alleine lösen können. Im offenen Wanderkanadier sollten große Tonnen, wenn überhaupt, so mit Seilen verzurrt werden, dass diese bei einer Kenterung niemals zurFalle für die Kanuten werden können.Absoluter Luxus sind Auftriebskörper mit wasserdichtem Reißverschluss. Deren Funktionalität hat aber auch ihren Preis.

Sicherheitsausrüstung

Neben allen größeren Ausrüstungsgegenständen muss der verantwortungsvolle Paddler aber auch immer einige wichtige, kleinere Utensilien zur Sicherheit dabei haben. Unglücksfälle kommen immer unerwartet und die meisten tragischen Unfälle passieren nicht im schwersten Wildwasser, sondern gerade dort, wo man es nicht erwarten sollte, nämlich im leichten Wildwasser oder gar im Zahmwasser weil Gefahren unterschätzt und nicht ernst genommen wurden. Die folgende Auswahl bezieht sich auf die Einsatzbereiche Wildwasser und Tourenpaddeln.

Erste-Hilfe-Set

Ein Erste-Hilfe-Set ist für den verantwortungsvollen Paddler unerlässlich – besondersdann, wenn er eine Gruppe führt.Es sollten darin mindestens zu finden sein: Verbandspäckchen, elastische Binden, Pflaster, Dreieckstücher, Kompressen, Schere, Pinzette, Sicherheitsnadeln, Rettungsdecke, und Tape. Damit kann man einiges bewirken und ist für viele Fälle ausreichend gerüstet. Bei Mehrtagestouren sind natürlich noch weitere Mittel notwendig. Für Tagestouren reicht es aber aus, im Notfall Blutungen stillen oder etwaeine ausgerenkte Schulter versorgen zu können. Die Rettungsdecke besteht aus alubedampfter Folie und wird zum Schutz vor Unterkühlung um den verletzten

Material und Ausrüstung Ausrüstung und Zubehör 27

Packsäcke und Kanutonnen in verschiedenen GrößenQuelle: Prijon-Katalog

Obwohl im Kajak gerade der Raum zwischen den Beinen in der Sitzluke sehr viel freien Raum bietet,

dürfen dort in keinem Fall Ausrüs-tungsgegenstände verstaut werden. Sie können bei einer Kenterung das Schließen der Beine unmöglich machen und den Paddler somit in seinem Boot gefangen halten.

Paddler gelegt. Tape ist ein Allroundhelfer gegen Blasen, zur Befestigung von Verbänden und sogar zur "Notoperation" an einem lecken Boot.

Wurfsack

Der Wurfsack ist ein weiterer, eminent wichtiger Ausrüstungsgegenstand. Ohne Wurfsack sollte kein Paddler aufs Wasser gehen. Es handelt sich dabei um einen Nylon- oder Cordurasack in dem eine 15 bis 25 m lange Leine verstaut ist. Sie ist für zahlreiche Hilfsaktionen einzusetzen, sei es einen Schwimmer aus der Strom-schnelle zu retten oder ein verklemmtes Kanu zu befreien. Der Sack sollte Signalfarben haben und muss schwimmfähig sein. Als Form haben sich röhrenartige Säcke bewährt, sie lassen sich gut werfen und haben einen guten Seilauslauf. Die Öffnung sollte groß genug sein, damit das Seil leicht und ohne Verknotungen zu stopfen ist, aber einen Verschluss haben, der als Griff zu benutzen und einigermaßenwasserdicht ist. Auch die Leine muss schwimmfähig sein und über etwa eine Tonne Bruchlast verfügen.

Reservepaddel

Damit eine Tour auf einem Großgewässer oder in einer Schlucht wegen eines Paddelbruchs oder -verlustes nicht in einem Desaster endet, gibt es teilbare Paddel. Als Minimum gilt ein Reservepaddel pro Gruppe. Je höher der Sicherheitsbedarf, umso größer sollte die Zahl der mitgeführten Reservepaddel sein.

Karabiner, Seilrolle, Bandschlinge, Abseilachter

Hat sich diese Überschrift aus einem Bergsportbuch hierher verirrt? Die Palette der Anwendungsmöglichkeiten dieser Instrumente aus dem Bergsport sind vielfältig.Mit Karabinern können ganz einfach Seile verbunden, Sachen im Boot befestigt oder Flaschenzüge gebaut werden. Sie dienen ebenso zum Festmachen abzuschlep-pender Kajaks, Paddel und auch Paddlern. Zum schnellen Einklicken eines Paddels haben sich spezielle Karabiner mit sehr weiten Öffnungen bewährt, die auch um den Paddelschaft passen. Bei der Bootsbergung und Personenrettung bei Klemmunfällen wird man, um gegen die enormen Druckkräfte des Wassers arbeiten zu können, nicht ohne einen Flaschenzug auskommen. Beim Aufbau leisten Karabiner hervorragende Dienste und Seilrollen halten die entstehenden Reibungsverluste gering. Seilrollen müssen sich öffnen lassen, da sonst das Wurfsackseil nicht eingefädelt werden kann. Bandschlingen schaffen, um Bäume oder Felsen gelegt, Haltepunkte und können auch sonst nützlich sein. Man bekommt sie in bereits vernähter Form oder als Meterware. Die geknotete Bandschlinge oder Endlosschlinge sollte auf jeden Fall ausreichend lang sein, um auch um dickere Bäume gelegt werden zu können. Mit Hilfe eines Abseilachters kann man sich, andere und Material unkompliziert ablassen. Muss man im Notfall mit dem Wurfsack abseilen, kann das Risiko minimiert werden, indem man das Seil als Doppelseil verwendet.

Bergesystem: Cowtail

Der Cowtail wird an der Schwimmweste befestigt. Voraussetzung ist eine Schwimm-weste mit integriertem Brustgurt, Umlenkschnalle und Paniklösung. Statt einer Leine ist beim Cowtail ein elastisches oder ausziehbares Gurtband eng am Körper des Paddlers befestigt, das sich bei Gebrauch auf 1 m bis 2 m auszieht. Der Cowtail hat gegenüber am Boot befestigten Bergesytemen den Vorteil, dass es beim Boots-wechsel am Mann bleibt, die Sicherungsmöglichkeiten erweitert sind (Einhängen bei Rücklaufsicherung vom Ufer aus) und es kann auch bei der Selbstrettung eingesetzt werden (Einklinken eines zugeworfenen Seils bei Steckunfällen). Außerdem lässt sich das Cowtail auch als Bandschlinge verwenden und es kann im Falle der Bergung einer ohnmächtigen Person die letzte anwendbare Möglichkeit sein.

Fang- und Treidelleinen

Fangleinen verlaufen vom Süllrand zu den Tragegriffen und sollen dem schwim-menden Paddler das Festhalten am Boot erleichtern. Bergekarabiner lassen sich besser einhängen und bei Steckunfällen können Fangleinen das Aussteigen u. U. erleichtern. Sie bergen aber andererseits das Risiko, dass sich das Kajak ungewollt an Ästen verhaken kann oder der gekenterte Paddler sich darin verfängt. Auf keinen Fall sollten durchlaufende Decksleinen, so wie beim Seekajak üblich von Bug zum Heck am Süllrand vorbei, im Wildwasser verwendet werden. Sie sind ein zu großes Sicherheitsrisiko. Für die meisten Wildwasserfahrer sind Fangleinen daher eher überflüssig.Die Treidelleine am Kanadier dient neben dem Festmachen des Bootes beim Anlanden, dem Ziehen des Kanus (z. B.: bei Niedrigwasser), dem Ablassen beim Umtragen von Wehren oder dem steilen Einsetzen.Mit etwas Übung lässt sich ein Kanadier mit Treidelleinen an Bug und Heck auch vom Ufer aus durch schwere Stromschnellen manövrieren.

Material und Ausrüstung Ausrüstung und Zubehör 28

Karabiner mit großer Öffnung, Karabiner mit Seilrolle und CowtailQuelle: Prijon-Katalog

Achtung! Am Seil im Wurfsack kann in Notsitua-tionen das Leben eines Menschen hängen.

Deshalb das Seil weder als Abschlepp-hilfe noch als Trockenleine verwenden.Siehe auch Kapitel Sicherheit!

Messer und Klappsäge

Ein wichtiger Spruch beim Paddeln lautet: „Nimm niemals ein Seil mit auf den Bach, wenn du kein Messer zum Kappen dabei hast.“ Ein rettendes Sicherungsseil kann innerhalb weniger Augenblicke zur tödlichen Falle werden, dann ist ein scharfes Messer lebensrettend. Empfehlenswert sind spezielle Einhandmesser. Auf jeden Fall sollte das eingesetzte Messer so am Körper befestigt sein, dass es in Notlagen mit einer Hand zu erreichen ist, sich aber nicht ungewollt lösen kann.Eine Säge wird dann notwendig, wenn es zu einem Steckunfall kommt und der Kanute im Boot eingeklemmt ist und keine Möglichkeit besteht ihn oder das Boot auf andere Art zu befreien. Mit einer kleinen Klappsäge, die in beide Richtungen Wirkungerzielt, ist ein PE- oder GFK-Kajak in kurzer Zeit soweit aufgesägt, dass der Kanute befreit werden kann. Es können auch Äste, die das Boot oder den Paddler gefangen halten damit durchtrennt werden.

Handy

Im Handyzeitalter ist das Mitführen des Mobiltelefons kein unnötiger Luxus. Es kann bei unvorhergesehenen Zwischenfällen schnell Hilfe herbeigerufen werden. Aller-dings gilt zu beachten, dass der Empfang bei sehr abgeschiedenen Gewässern nichtimmer gewährleistet ist.

Krimskrams

Hier hat wohl jeder Paddler seine speziellen Dinge dabei. Brillenträger sollten unbedingt an Brillenbänder und eine Ersatzbrille denken. Für Kontaktlinsenträger empfehlen sich Tages- oder Monatslinsen. Hier bietet sich für manchen Paddler auchdas Mitführen einer Schwimmbrille an. Falls nicht schon im Erste-Hilfe-Set könnten Taschenmesser, Feuerzeug, Taschen-lampe, Fernglas, Kleingeld, Telefonkarte, Energieriegel, Ersatzteile und Reparaturmaterial durchaus schon mal gebraucht werden. Übrigens kann eine kleinePfeife sehr gute Dienste leisten.

Material und AusrüstungBootstransport

Transport

Der Bootstransport ist eine lästige und leider immer wiederkehrende Tätigkeit beim Paddeln. Das Boot muss auf das Transportfahrzeug geladen, zur Einsatzstelle und vom Endpunkt der Fahrt zurück zum Fahrzeug gebracht oder eine unpassierbare Stelle umtragen werden.

Autotransport

Kanusport kann schon mal in Motorsport ausarten. Das Auto ist das meist benutzte Transportmittel, um sein Boot an Start und Ziel zu bringen. Und meist wird das Boot dann auf dem Autodach transportiert. In puncto Dachträger, Halterung und Gurtma-terial sollte das Beste gerade gut genug sein. Ein Blick in den Fahrzeugschein hilft die zulässige Dachlast zu ermitteln.Auf dem Dachgepäckträger werden die Boote mit der Öffnung nach unten geladen, so bleibt der Luftwiderstand am geringsten. Werden mehrere Boote transportiert, so erfolgt dies hochkant mit den Luken gegeneinander, dann stellen Senkrechtträger eine nützliche Hilfe dar. Verzurrt wird das Bootsmaterial am besten mit speziellen Schnallgurten. Hier zeigt sich das Material aus dem Kanufachgeschäft dem 08/15 - Baumarktmaterial deutlich überlegen. Spanngurte mit Ratsche sind nicht erforderlich. Bei zu hoher Zugbe-lastung können sie zudem an GFK- und Kevlar-Booten Schäden verursachen. Bei längeren Transporten wird ein zusätzliches Sichern von Bug und Heck mittels Spannseilen besonders bei längeren Booten nötig. Wer sein Boot wirklich liebt, decktdie Trägerholme mit geschlossenzelligen PE-Schaumstoffauflagen ab.

Hängertransport

Ist man mit größeren Gruppen unterwegs, so wird ein spezieller Bootsanhänger erforderlich, der Boote und die Ausrüstung aufnimmt. Meist sind hier Eigenbauten im Einsatz. Gerade beim Kanusport mit Schul- und Jugendgruppen ist besonders auf stabile Konstruktion des Anhängers und sicheres Beladen zu achten. Der verantwort-liche Lehrer/Betreuer sollte hier das Ziel der Entwicklung zur Selbsttätigkeit und Eigenständigkeit nicht überbewerten und den Jugendlichen nicht zu viel überlassen. Die letzte Kontrolle vor dem Bootstransport liegt immer in der Verantwortung des

Material und Ausrüstung Ausrüstung und Zubehör - Bootstransport 29

Transport eines einzelnen BootesQuelle: Eigene Grafik

Fahrers.Bei längeren Fahrten kann es nötig sein, die Ladung von Zeit zu Zeit zu kontrollieren.Besonders Gurte lockern sich gerne nach einer bestimmten Fahrtdauer. Erhöhte Wachsamkeit ist bei schlechten Straßenverhältnissen geboten.

Tragen von Booten

Solomethoden

Grundsätzlich gilt, dass der Transport eines Bootes zu zweit leichter ist als allein. Wanderkanadier wird man trotz eventuell vorhandenem Tragejoch sowieso nur zu zweit bewältigen können. Beim Einsatz von Einerkajaks, muss pro Person auch ein Boot geschleppt werden. Ein paar Tricks können dabei eine große Hilfe sein.Bei der Koffermethode wird das Kajak am Süllrand wie ein Koffer gepackt, das ist gutfür kurze Strecken und bei Windstille. Bläst allerdings ein kräftiger Wind und/oder ist das Gelände sehr unwegsam, bekommt man einige Probleme. Dann ist es vielleicht besser die Schultermethode anzuwenden. Dabei balanciert man das Boot auf der Schulter aus. Die Beine bleiben frei und das Paddel kann zum Spazierstab werden oder wird in die Luke gesteckt und dient als Tragejoch. Ein wenig Hornhaut oder Fettpolster auf der Schulter vermindern den Schmerz bei langem Tragen ganz deutlich. An besonders steilen Zugängen kann man das Boot auch mit einer Bandschlinge vor sich herrutschen lassen, wenn dadurch das Ufer nicht geschädigt wird. An manchen Einsatzstellen muss man sich sogar mit dem Kanu zum Fluss an einem Seil ablassen. Aber dies ist meist nur in schwerem Wildwaser und engen Schluchten der Fall, die hier nicht behandelt werden sollen.

Methoden mit Partnerhilfe

Zu zweit klappt das Tragen einfach besser. Deshalb ist es immer einfacher zwei Paddler tragen zwei Boote gemeinsam, als jeder sein eigenes allein. Einer an den Griffen vorne, einer an den Griffen hinten und die beiden Paddel in den Booten ist dieeinfachste und schnellste Art. Leider ist man dann ziemlich breit und bekommt auf engen Wegen Probleme. Die vorne Gehenden müssen auf jeden Fall bedenken, dass sie vom Weg weit mehr sehen können als die hinten Tragenden, ein warnendesWort bei Hindernissen ist mehr als eine nette Geste.Sollte das Kanu schwer beladen sein, kann jeder Alleintransport und auch die oben ausgeführte Methode zu beschwerlich sein, dann helfen nur zwei kurze Schlingen alsSchultergurte, die mit Karabinern an den Griffen befestigt werden. So kann man einen großen Teil des Gewichtes auf den Schultern tragen, die Hände bleiben frei fürs Paddel und zum Balancieren. Mit etwas Geschick gelingt so auch der gleich-zeitige Transport von zwei Booten übereinander.

Bootswagen

Zum Umfahren längerer Abschnitte, aber auch um entlegene Einstiege oder den nächsten Bahnhof zu erreichen wird gerne ein Bootswagen verwendet. Gute Konstruktionen sind leicht und zerlegbar, dabei dennoch stabil. Bootswagen mit luftbereiften Rädern schwimmen im aufgebauten Zustand und haben eine bessere Federung. Breite Reifen schützen vor dem Einsinken in weichem Untergrund (Sand, Wiese). Räder mit größerem Durchmesser erhöhen die Geländegängigkeit und laufen leichter.

Material und Ausrüstung Bootstransport 30

Wer seinen Rücken schonen will, achte beim Aufstehen mit dem Kanu und beim Tragen der Boote

auf eine korrekte Haltung: Der Rücken ist gestreckt, die Kraft kommt aus den Beinen.

Bootswagen, aufgebaut und zusammengeklappt.

Quelle: http://www.lettmann.de

KanufahrenEin- und Aussteigen

Das praktische Kanufahren beginnt selbstverständlich mit dem Einsteigen ins Kanu und endet nach der Fahrt mit dem Ausstieg. Nun scheint es unnötig darüber viele Worte zu verlieren, aber ungewollt nasse Paddler, davon schwimmende Boote und viele Formen verpatzter Ein- und Ausstiege lassen es geraten erscheinen, diese Worte an den Anfang des Kapitels „Kanufahren“ zu stellen.Ist der Einstieg ins Boot auf Seen und im langsam fließenden Zahmwasser noch recht einfach, wird das ganze deutlich schwerer, wenn man gezwungen ist im bewegten Wasser sicher ins Boot zu kommen.Wenn es das Ufer zulässt – Bitte hier vor allem auf Naturschutz achten: Das Ufer darf nicht geschädigt werden! - können wir, die Bootsspitze im Wasser einfach ins Boot einsteigen und uns ins Wasser rutschen lassen. Man nennt dies auch Krokodil-start. Diese Technik funktioniert mit WW-Kanus auch bei felsigen Steilufern, je nach Mut und Können auch aus größeren Höhen.Oft wird man aber an Bootsstegen, Brückensockeln und sonstigen Uferformationen einsteigen müssen, die ein solches Vorgehen nicht zu lassen. Was dann passieren muss, soll fürs bewegte Wasser im Folgenden beschrieben werden.

Bootsposition

Sowohl vorm Ablegen als auch nach dem Anlanden in Fließgewässern zeigt der Bug des Bootes gegen die Strömung. Dies hat neben der Möglichkeit des sicheren Einschlingens (so nennt man das Eindrehen des Bootes in die Strömung), vor allem den Grund, dass es so viel leichter ist, die Bootsspitze und damit das ganze Boot amUfer zu halten. Denn bleibt die strömungszugewandte Spitze des Bootes am Ufer, drückt die Strömung das Kanu zum Ufer hin und zieht es nicht davon weg, wie es derFall wäre, wenn die abgewandte Seite am Ufer liegt und die Strömung so zwischen Boot und Ufer angreifen kann. Gleiches gilt natürlich beim Anlanden. Auch hier dreht man das Kanu so aus der Strömung, dass am Ende des Fahrmanövers der Bug gegen die Strömung zeigt und direkt am Ufer liegt. Dann kann die Position einfach stabilisiert werden und der Ausstieg gelingt leichter.Um das zu Verdeutlichen kommt schon hier der wichtigste Buchstabe im Paddel-ABC zum ersten Mal zum Einsatz, das „V“. Die beiden Grafiken verdeutlichen das Gesagte. Oben wird es falsch gemacht, das Heck zeigt gegen die Strömung und ist nicht nahe am Ufer. So bilden Boot und Ufer ein „V“ in das die Strömung (blauer Pfeil) hineinlaufen kann und am Boot so angreift, dass es vom Ufer in die Strömung gedreht wird (schräger Pfeil ).Im zweiten Fall ist alles richtig gemacht, der Bug ist gegen die Strömung gedreht undam Ufer fixiert, das Boot wird von der Strömung zusätzlich zum Ufer hin gedrückt (schräger Pfeil).Beim Kajak ist man alleine verantwortlich und es ist im schnell strömenden Wasser nicht immer ganz leicht den Bug am Ufer zu halten. Beim Kanadier gestaltet es sich einfacher, da man meist zu zweit ist. Während der Heckpaddler das Boot festhält, steigt der Bugpaddler ein und fixiert den Bug am Ufer, dann kann hinten zugestiegen und abgelegt werden.

Die Paddelbrücke

Um sicher ins Boot zu kommen, benutzt man diese Art des Einsteigens. Man legt beim Kajak das Paddel mit dem Blatt flach aufs Ufer und den Schaft hinter den Süllrand. Dann hockt man neben der Sitzluke am Ufer. Mit der zum Wasser gerich-teten Hand fasst man nun Paddelschaft und Süllrand wobei die Finger um den Süllrand und der Daumen um den Paddelschaft greifen. Nun stützt man sich mit der anderen Hand auf den Schaft auf der Seite zum Ufer hin. Den Fuß auf der Bootsseitejetzt in die Mitte des Bootes stellen, das Körpergewicht zum Ufer hin neigen und zur Luke rutschen, den anderen Fuß nachholen und ins Boot hineinsetzen.Ähnliches geht auch mit dem Stechpaddel beim offenen Kanadier. Wobei auch hier das Blatt am Ufer ruht und der Schaft nahe am Griff zusammen mit dem mittleren Querholm gegriffen wird. Im Zweier wird immer einer der beiden Paddler das Boot vom Ufer aus stabilisieren und erst einsteigen, wenn der Partner bereits gut im Boot sitzt und das Fixieren übernehmen kann. Auch wenn der Kanadier breiter und dadurch kippstabiler ist, muss dennoch vorsichtig die Balance gehalten werden.Ist das Gleichgewichtsgefühl gut genug entwickelt, kann das Einsteigen bei Kajak und Kanadier später dann auch ohne Paddelbrücke erfolgen.Zu den verschiedenen Formen des Landstarts soll hier nur gesagt werden, dass dabei der Naturschutz die Regeln vorgibt.

Kanufahren Ein- und Aussteigen 31

Einstieg ins Kajak mit Hilfe der Paddel-brückeQuelle: Eigenes Foto

Im diesen Film werden vielerlei Einstiege ins Kajak gezeigt – leider ist

PaddlingTV in englischer Sprache:

http://www.youtube.com/watch?v=LOaSwKGExOc

So nicht! Die Strömung läuft ins „V“,dasBoot wird ungewollt vom Ufer wegge-dreht.

Aber so! Das „V“ ist zur Strömung geschlossen, das Wasser drückt das Boot zum Ufer hin.Quelle: Eigene Grafik © Bernd Dörr

Schließen der Spritzdecke

Natürlich benutzt man die Spritzdecke überwiegend beim Kajakfahren aber auch wildwassertaugliche Kanadier sind manchmal mit Spritzdecken ausgestattet. Wenn wir im Boot sitzen, legen wir das Paddel vor den Süllrand und schließen die Spritz-decke. Dabei ist leicht zu merken wie schwer es ist, den Gummi einer gut dichtendenSpritzdecke unter den Süllrand zu bekommen. Man fängt hinter dem Rücken an, spannt bereits etwas beim Hände nach vorne bewegen, fixiert soweit wie möglich mitden Unterarmen, hakt dann vorne an der Spitze ein und schließt letztlich die beiden Seiten. Die Gurtschlaufe muss dabei nach außen gelegt werden, weil sie sonst im Falle einer Kenterung nicht gezogen werden kann.

Die richtige Sitz- oder Knieposition

Entspanntes Fahren bedingt ein richtiges Sitzen.Der Kajak muss in der Sitzluke optimal eingestellt sein. Der Rückengurt soll die Lendenwirbelsäule unterstützen, die Knie nach oben und außen anliegen, die Fersenzueinander stehen und der Oberkörper aufrecht, leicht nach vorne geneigt sein.Beim Kanadier ist es notwendig sich eine stabile Sitzposition zu suchen, die Ausgleichsbewegungen und Kanten möglich macht. Bei Fahrten auf bewegtem Wasser wird es oft besser sein den Kanadier kniend zu fahren. Manche Boote gibt esmit speziellen Kniesitzen. Bei allen anderen Modellen muss zur Not die Sitzbank auch als Lehne dienen, wobei die Füße unter die Bank geschoben werden. Die Knie sind so weit nach außen gespreizt, so dass man möglichst festen Halt und guten Bootskontakt hat. Als angenehm haben sich bei längeren Fahrten in dieser Position Knieschützer erwiesen. Sie polstern nicht nur, sondern wärmen auch und puffern Stöße gegen den Bootsboden ab.

KanufahrenKentern

Kaum sind wir im Boot und haben erfolgreich abgelegt, schon schwebt das Damoklesschwert des Kenterns über unseren Köpfen. Wie oben schon ausreichend ausgeführt, sollte es im Rahmen der Kanueinführung zu ersten Kentererfahrungen für die Neu-Kanuten gekommen sein. Denn wenn es erst einmal mitten auf dem See oder gar in flotter Strömung passiert, dann ist es wichtig, nicht in Panik zu geraten und richtig zu reagieren.Vor der ersten Fahrt sollte man sich mit folgenden Gedanken vertraut machen: Selbst auf Zahmwasser ist eine Kenterung, das heißt das ungewollte Umkippen des Bootes nicht auszuschließen. Man sollte wissen, dass eine Kenterung eine völlig neue Umwelterfahrung ist und besonders in geschlossenen Booten und durch den Überraschungsfaktor für den Anfänger nicht unerhebliche psychische Folgen haben kann. Die verdrehte Welt (oben ist unten, unten ist oben), das Sich-unter-Wasser-be-finden, die Eingeschränktheit der Bewegungen, das Nicht-atmen-können und mitunter auch die Kälte des Wassers können panische Zustände auslösen, die nicht selten zum Abbruch von Fahrten führen oder das Ende der Motivation zum Erlernen des Kanusports darstellen. Deshalb gilt es diese Situation vor der ersten Fahrt erlebt und die Angst davor durch spielerische Übungen reduziert zu haben. Nicht selten ist gerade die Angst des Paddlers vorm Kentern der Grund für falsches Verhalten und als Folge daraus die Kenterung.

Kenterroutine

Am Anfang sollten immer Übungen stehen, die helfen, sich an das fremde Element zu gewöhnen. Bei „Wasserratten“ geht dies erfahrungsgemäß schneller, als bei ungeübten Schwimmern. Als Training empfehlen sich Tauchübungen mit und ohne Boot. Der Phantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Worauf bei den Spielformen, die ja aufs Kanufahren hinführen sollen, zu achten ist, sind folgende Übungsziele: Die Schwimmenden sollen in der Lage sein, sich längere Zeit ohne Atemnot unter Wasser aufzuhalten und - ganz wichtig - zu orientieren; gewisse Reflexe müssen abgebaut und durch Reaktionen ersetzt werden. Dazu gehört der Augen schließendeReflex beim Eintauchen ins Wasser, der zur besseren Orientierung durch willkür-liches Öffnen ausgetauscht wird. Außerdem ist der – gerade für Anfänger - typische Reflex, in die aufrechte, Kopf nach oben gerichtete Position zurück kehren zu wollen,der durch die Körperverdrehung das Aussteigen aus dem Kajak unmöglich macht, abzu bauen. Hier hat es der Kanadierfahrer leichter – er fällt geradezu aus dem offenenBoot. Des weiteren muss gelernt werden, dass es sinnvoller ist, vorm Tauchen normal ein zu atmen und die Luft unter Wasser aus zu atmen, damit nach dem Auftauchen die Lungen leer sind und gleich Luft geholt werden kann.

Kanufahren Ein- und Aussteigen - Kentern 32

Ein Schwimmbad oder ein sommerlich warmer See/Fluss sind auf jeden Fall als Übungsort angeraten, nur so bleibt der wichtige spielerische Faktor und dieLust am Üben lange genug erhalten.

Quelle: Eigenes Foto

Achtung! Die Gurtschlaufe muss immer oben auf dem Kajak liegen, sonst wird es im Falle einer Kenterung

gefährlich - Partnercheck!

Bei manchen Booten ist es im Kniestand nur sehr mühsam möglich die Füße unter die Sitzbank zu

schieben, dann besteht im Falle einer Kenterung Verklemmungsgefahr. In solchen Kanus darf nicht kniend gefahren werden.

Fast jede Kenterung wird subjektiv ganz anders empfunden, als sie objektiv zu bewerten ist. Viele

nehmen es mit Humor, andere ärgern sich, aber es gibt auch Paddler, die regelrecht traumatisiert sind, obwohl es dazu eigentlich keinen Grund gibt. Sekunden unter Wasser können als kleine Ewigkeiten wahrgenommen werden. Deshalb ist nach jeder Kenterung der Übungsleiter gefragt: Hinpaddeln, Zuspruch und manchmal auch kräftig Trost spenden sind gefragt.

Aussteigen aus dem gekenterten Kajak

Hat man sich durch Tauchspiele mit Wasser und Kajak vertraut gemacht, folgen die ersten Kenterübungen. Die Übenden besteigen die Boote, die am besten von je zwei Helfern gesichert werden. Die ersten Kenterungen erfolgen ohne Spritzdecke, anfangs mit angezogenen Knien, später in der richtigen Sitzposition. Unter Wasser soll der Übende einige Sekunden verharren, sich dann mit beiden Händen am Süllrand aus dem Boot drücken. Ganz wichtig: Die Helfenden stehen nur als Wachenbereit, sie kentern das Kajak nicht. Als nächstes erfolgen die gleichen Übungen mit angelegter Spritzdecke, nach dem man das Öffnen der Spritzdecke mehrfach an Land oder mit gehaltenem Boot geübt hat. Die Gurtschlaufe muss beim Schließen immer auf dem Boot liegen, sonst kann es beim Kentern zu unangenehmen Problemen beim Lösen der Spritzdecke kommen. Das sorgfältige Schließen der Spritzdecke muss dem Paddler in Fleisch und Blut übergehen. Es müssen natürlich bei dieser Übung zwei Helfer bereitstehen, die das Boot im Notfall hoch drehen. Man tastet sich also übend an die Kentersituation heran, baut nach und nach die anfäng-liche Panik ab und schafft es gegen Ende dann einige Zeit unter Wasser zu verharren, bevor man aussteigt.

Aussteigen aus dem gekenterten Kanadier

Fährt man einen geschlossenen Kanadier oder ein Modell mit Persenning und Spritz-decken gilt natürlich das oben gesagte. Beim offenen Kanadier sind die Probleme geringer. Meist landen die Paddler beim Kentern im Wasser, ohne dass die Haare nass werden. Mitunter kommt es aber vor, dass das umkippende Boot die Paddler unter sich begräbt. Dann ist es wichtig, schnellstmöglich unter dem Boot weg zu tauchen, nur so gelangt man an die Wasseroberfläche. Auch für den Kanadier gilt: Neulinge das Kentern in Übungssituationen erleben lassen, bevor die erste Fahrt beginnt.

Schwimmen in Stromschnellen

Sollte das Unheil der Kenterung bei der Fahrt passiert sein, sich der Paddler aus dem Boot befreit haben, bleibt immer noch einiges zu tun. Meistens erfolgen Kente-rungen in Stromschnellen und dort gibt es gewisse Gefahren, die es auszuschalten gilt. Man legt sich auf den Rücken, die Beine zeigen in Fließrichtung, wodurch sie alsStoßdämpfer gegen Steine zu benutzen sind. Dann versucht man schnellstmöglich ans Ufer zu kommen, wobei Arme und Beine benutzt werden und die Hüfte möglichsthoch bleibt. In die normale Schwimmlage (Brust- oder Kraulstil) geht man erst, wenn das Ufer fast erreicht ist. Aufgestanden wird erst im ruhigen Wasser. In der Strömungkönnte der Versuch aufzustehen damit enden, dass ein Fuß zwischen den Steinen auf dem Flussgrund verklemmt wird und die Strömung den Schwimmer nach vorne und unter Wasser drückt. Es hat auf diese Art schon einige Ertrinkungsunfälle gegeben. Falls man nicht bergseits, also oberhalb des Kanus bleiben kann, stößt man es von sich weg, um nicht zwischen Boot und Steine kommen zu können. In ausreichend tiefen Gewässern dagegen bleibt man beim Boot, ruht sich kurz darauf aus und versucht dann schnellstens ans Ufer oder auch auf eine Kies- oder Sandbank zu kommen. Auch wenn es schade ums Material ist, Selbst- bzw. Personenrettung hat immer oberste Priorität.Man muss sich klar machen, dass fließendes Wasser ungeheure Kräfte hat. Zwei Zahlenspiele sollen das verdeutlichen:1. Wie schnell kann ein Mensch schwimmen? Der Weltrekord über 50 m Freistil der Herren liegt bei 20,91 sek., das entspricht einer Geschwindigkeit von weniger als 9 km/h. Wohl gemerkt das ist der Weltrekord. Wie schnell kannst du mit Paddel-kleidung schwimmen? Schon ZW 2 kann mit 5 km/h fließen, Stromschnellen auch im leichten WW sind wesentlich schneller.2. Wie viel Kraft hat Wasser? Das ist natürlich stark von der Fließgeschwindigkeit und Wassermenge abhängig. Bei einem kleinen Wildbach mit 5 m³/s fließen 5 Tonnen Wasser pro Sekunde ins Tal. Im Boot sitzend können wir damit umgehen – aber als Schwimmer?

Hilfe annehmen als Schwimmer

Als Schwimmer wird man um Hilfe von Mitfahrenden immer dankbar sein. Wie solcheHilfeleistungen erfolgen können, wird im Kapitel über Sicherheit näher beschrieben, man darf jedoch niemals die Helfenden durch unbedachte Handlungen selbst in Gefahr bringen, denn damit wäre niemandem geholfen und die Situation noch kriti-scher.Über das Schwimmen in Stromschnellen und das Annehmen von Hilfe muss im Rahmen der Kanueinführung aufgeklärt und wenn möglich geübt werden. Gerade eine Übungseinheit schwimmen im Wildwasser mit gegenseitiger Wurfsack-Rettung macht bei entsprechenden Außen- und Wassertemperaturen besonders Jugend-lichen ungemein viel Spaß.

Mit Phantasie lassen sich viele Übungen und Spiele entwickeln, die für Spaß beim Üben sorgen und

helfen das wichtigste Problem zu lösen: Wie werde ich meine Panik los.

Kanufahren Kentern 33

Nach Kenterungen in Stromschnellen mit schnell fließendem Wasser niemals versuchen aufzu-

stehen! Tödliche Unfälle können die Folge sein.

Ein gekentert treibendes Boot birgt im bewegten Wasser immer die Gefahr als Schwimmer zwischen

dem Boot und Hindernissen im Stromzug verklemmt zu werden.

KanufahrenFormen des bewegten Wassers

Spielen bei Fahrten auf langsam fließendem Zahmwasser oder gar auf Seen Strömungsformen kaum eine Rolle, sind sie bei Fahrten im Wildwasser das entschei-dende Moment und deshalb soll hier näher darauf eingegangen werden.Eine Fahrt mit dem Kanu auf dem bewegten Wasser ist immer eine Art Schachspiel: Jeder Zug bedingt unausweichlich gewisse Folgen. Die Aufgabe des Kanuten ist es, den zu befahrenden Fluss zu lesen, d. h. bei der Begehung und Befahrung zu erkennen, wo die richtige Route liegt, wo Gefahren lauern, wo es gilt zu beschleu-nigen, wo ein Stopp gemacht werden kann und vieles mehr, nur so kann eine Befahrung glücken. Aber wir sind dabei nicht auf bloße Intuition angewiesen. Neben den offensichtlichen Hindernissen, lernen wir auch Unsichtbares auf dem Flussgrund durch seine sichtbaren Auswirkungen an der Oberfläche richtig einzuschätzen. Der Fluss wird mehr und mehr wie ein offenes Buch für uns. Voraussetzung dazu ist aller-dings eine genaue Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten des Wassers und der Formen, die es bildet sowie der Gefahren durch natürliche Hindernisse und vor allem künst-lichen Bebauungen.

Die Stromzunge - das „V“

Das „V“ wird meist durch Einschnürungen im Flusslauf verursacht, wodurch sich die Geschwindigkeit des Wassers erhöht. Vom Ufer aus ist das „V“ meist gut zu sehen, jedoch gehört Übung dazu, es auch aus dem Boot heraus zu erkennen. Der Rand der Stromzunge nennt man Stromgrenze, sie trennt die Stromzunge vom Kehrwasser. Für den Paddler geht es nun darum diese „V“s zu finden und im verblockten Wildwasser, wo sie eine Art Zopfmuster bilden, geschickt zu einem Parcours miteinander zu verbinden. Hinzu kommt das Problem, die als richtig erkannte Route auch durch die richtigen Manöver exakt zu fahren.

Kehrwasser

Das ruhige Wasser am Rande des „V“ steht mit dem fließenden Wasser in Wechsel-wirkung. Je stärker die Wassermenge und Fließgeschwindigkeit ist, umso stärker ist das Phänomen ausgeprägt. Meist fließt das Wasser sogar "bergauf", dann spricht man von Kehrwasser. Solche Kehrwasser entstehen fast immer nach Verengungen im Flussbett, hinter Hindernissen oder an der Innenseite von Kurven. Mitunter bilden sich an der Grenze zwischen Stromzunge und Kehrwasser Wirbel, das absinkende Wasser erzeugt Strudel, das aufsteigende große Blasen, die an kochendes Wasser erinnern, die so genannten Pilze.Für den Wildwasseranfänger ist eine der wichtigsten Grundfertigkeiten das Ein- und Ausschwingen. Wir sprechen immer von Ausschwingen, wenn wir von der Haupt-strömung ins Kehrwasser fahren und entsprechend vom Einschwingen, wenn es vomUfer oder Kehrwasser wieder in die Strömung geht. Das Einfahren in selbst kleinste Kehrwasser erlaubt es, in unübersichtlichen Katarakten neue Orientierung zu gewinnen oder sich eine Pause zu gönnen, um mit neuer Konzentration die weitere Strecke zu beginnen.

Wellenformen

Es gibt viele verschiedene Wellenformen, sie bilden sich durch Unebenheiten im Flussbett, durch Hindernisse im Stromzug, aber auch einfach wenn das herab schie-ßende Wasser auf ruhigeres Wasser trifft. Diese stehenden Wellen können verschiedene Formen haben und auch über längere Flussstücke hintereinander auftreten, was dann Schwallstrecke genannt wird. Sie bilden keine große Schwierig-keiten für Paddler, auch wenn sie je nach Größe einiges an Gleichgewichtsgefühl und Bootsbeherrschung verlangen und den Kanuten die ein oder andere Dusche verpassen.Die stehenden Wellen verändern ihre Form und den Standort fast nicht, anders als die explodierenden Wellen, die man wegen ihrer Form auch „Heuhaufen“ nennt. Auch sie sind völlig harmlos, machen aber durch ihr pulsierendes Wirken die Fahrt unruhig.Wenn Wasser mit großer Geschwindigkeit über Felsen schießt entsteht der so genannte „Hahnenschwanz“, manchmal ist der Felsen unter dem Wasserschleier sogar noch zu erkennen.

Walzen und Wirbel

Ein Felsen im Flusslauf, ein Felsriegel unter Wasser und gerade auch künstliche Bebauungen - all das sind Auslöser für ein Phänomen das Wildwasserfahrer manchmal schätzen, manchmal fürchten: die so genannten „Walzen“.

Kanufahren Formen des bewegten Wassers 34

Stromzunge, Kehrwasser und stehende WellenQuelle: Eigene Grafik

Das Kanu hat keine Bremse. Deshalb muss im bewegten Wasser das Kehrwasserfahren als

Bremstechnik angesehen werden und ist von größter Wichtigkeit.

OberflächenwalzeQuelle: Eigene Grafik

Tiefenwalze Quelle: Eigene Grafik (nach Vorlage)

Zum künstlichen Hindernis mit seinem Rücklauf und den daraus entstehenden Gefahren wird weiter unten mehr gesagt, aber auch natürliche Hindernisse können gefährliche Situationen erzeugen.Wenn strömendes Wasser auf ruhiges Wasser trifft, können diese vertikalen (Strudel)oder horizontalen (Walzen) Wirbel entstehen. Der Kanute wird plötzlich mit Wasser konfrontiert, das bergauf fließt und ihn festzuhalten droht. Die gerade bei Anfängern gefürchteten Strudel sind dabei meist eher harmlos, weil sie es äußerst selten schaffen einen Kanufahrer mit Schwimmweste nach unten zu ziehen. Anders dagegen Walzen, wobei zwei sehr unterschiedliche Formen zu beobachten sind: Walzen an der Oberfläche, die zwar das Boot stoppen und festhalten können, doch gibt es Möglichkeiten aus ihnen fahrend zu entfliehen. Auf jeden Fall wird aber ein gekenterter Kanute von ablaufendem Wasser unter der Oberfläche aus der Walze befreit. Sie laden den erfahrenen Paddler sogar zum Spiel ein. Hier kann er sein Bootsgefühl perfektionieren oder Rodeomanöver trainieren. Sehr viel gefährlicher sind dagegen Tiefenwalzen, die bis weit unter die Oberfläche reichen, wo es für den Schwimmer kaum mehr ein Entkommen gibt und er meist nur durch die Hilfe seiner Mitfahrer befreit werden kann. Diese Walzen entstehen fast immer an Wehren, aber auch wenn Wasser senkrecht in tiefe ausgewaschene Kolke stürzt. Das Wellenbild wird durch sehr ruhiges Wasser vor der Abrisskante geprägt, danach folgt der lange, gefährliche Rücklaufbereich, in dem das Wasser zu kochen scheint. Das ablaufende Wasser fließt so tief unter der Oberfläche, dass man es nicht nutzen kann, der Schwimmer wird immer wieder im Kreisel mitgewirbelt, bis er von mutigen Helfern gerettet wird oder erschöpft ist und ertrinkt. Es gibt nur einen Weg, eine gefährliche Walze zu überlisten - sie auf dem Landweg zu umgehen.

Prallwasser

Prallt die Hauptströmung nahezu senkrecht auf ein Hindernis, bildet sich dort eine besondere Strömungsform, das Prallwasser. Das auf ein Hindernis treffende Wasser dreht sich in einer Walze und einer nach unten gerichteten Strömung. Abhängig von der Form der Prallwand entsteht ein Prallpolster, eine Unterspülung oder eine Mischform.Prallpolster sind relativ harmlose Strömungsformen, das Wasser wird vorm Hindernisgestaut, hoch geschoben und fließt dann seitlich ab. Trifft man bei der Fahrt auf ein solches Prallpolster, kantet man zum Hindernis an, stützt sich mit dem Paddel ab undwird dann rechts oder links daran vorbei gedrückt.Viel gefährlicher sind Unterspülungen und Siphone. Hier zieht das Wasser am Hindernis nach unten weg. Sie sind am fehlenden Polster mehr oder weniger leicht zu erkennen. Man umfährt sie am besten mit größtmöglichem Sicherheitsabstand. Besonders Schwimmern können sie sehr gefährlich werden, weil sie einen geken-terten Kanuten nach unten ziehen können.

Flussbett- und Uferformationen

Bei Fließgewässern treten ganz verschiedene Formen von Flussbetten, Ufern und Hindernissen auf.

Uferformen und Hindernisse:

• Gleithang - Auf der Kurveninnenseite gelegener Hang. Meist flach verlau-fendes Ufer, oft mit Kiesbänken und Still-oder Kehrwaser. Die sichere Seite des Flusses.

• Prallhang - Auf der Kurvenaußenseite gelegener Hang, je nach Geländefor-mation mit steilen Sandböschungen oder Felsen. Hier fließt das Wasser schnell und bildet eventuell Gefahrenstellen.

• Prallwand – In der Außenkurve bilden sie je nach Form ungefährliche Prall-polster oder gefährliche Unterspülungen.

• Baum- und Buschhindernissse – In der Außenkurve am Prallhang können sich Gefahren durch den Bewuchs ergeben. Wird das Wurzelwerk ufernaherBäume ausreichend ausgewaschen, so fallen die Bäume um und bilden gefährliche Hindernisse. Aber auch dichtes Buschwerk behindert den Kanuten in erheblichem Maße.

Je nach Art der angespülten Wand ergeben sich verschiedene Strömungsverhältnisse. Von Prallpolstern (Bild links) bis hin zu gefährlichen Unterspülungen (Bild Mitte) und sehr gefährlichen Siphonen (Bild rechts). Quelle: Eigene Grafiken

Uferformen:

Prallhang: Abtragung, steile Ufer, hohe Fließgeschwindigkeit.

Gleithang: Ablagerung, flache Ufer, niedrige FließgeschwindigkeitQuelle: Eigene Grafik

Kanufahren Formen des bewegten Wassers 35

WalzenformenQuelle: Eigene Grafik nach Vorlage

Flussbettenformen und Hindernisse:

• Verblockung - Natürliche Hindernisse, die den Querschnitt eines Flusses verringern, wobei die Stromzunge ständig umgelenkt bzw. geteilt wird.

• Stufe - Kleiner Abfall über natürliche Hindernisse.• Kolk - Auswaschungen im Flussbett oder an natürlichen Hindernissen

(insbesondere an Prallwänden)• Katarakt - Sehr stark fallende Flussstrecke, durchsetzt mit Felsblöcken• Siphon - Röhrenartige Auswaschung von Felsen, durch die Wasser durch-

strömt.• Kaskade - Wasserfallartige Flussstrecke ohne zusätzliche Verblockung• Klamm (Canyon) - Ein Fluss, der durch senkrecht aus dem Wasser aufstei-

gende, eng gegenüberliegende Felswände begrenzt ist.• Schlucht - Tief eingeschnittenes U-oder V-förmiges Flusstal

Daneben gibt es noch vom Menschen erzeugte Hindernisse:

• Verbauung - Künstliche Hindernissen, die den Querschnitt eines Flusses verringern.

• Wehr - Künstliche Stufen zur Flussregulierung, Energiegewinnung und Wasserabnahme. Mehr dazu im Kapitel Sicherheit.

• Floßgasse - Eine Wasserrutsche zur Überwindung eines Wehres.• Weitere anzutreffende Gefahrenquellen:

Brückenpfeiler, Buhnen, Eisen-und Holzpfähle, Drahtseile, Müll

Es gilt fest zu halten, dass in der Außenkurve immer eher mit Hindernissen und Gefahren zu rechnen ist, dort fließt das Wasser schneller, was ein Ausweichen zusätzlich erschwert. In der Innenkurve mit ihrem flachen Ufer dagegen fließt das Wasser langsam oder es gibt dort sogar ein Kehrwasser.Der sicherheitsbewusste und kluge Kanute wird deshalb immer eine Fahrlinie an der Innenkurve bevorzugen, wobei die Bootsspitze sogar leicht zur Innenkurve zeigen kann, denn dann reicht bei Gefahr (z. B.: quer liegender Baum) ein Paddelschlag undman ist im sicheren Kehrwasser der Innenkurve.

KanufahrenGrundlagen der Paddeltechnik

Das Paddel ist die Verlängerung unserer Arme und damit das Übertragungsmedium unserer Kraft und Technik aufs Wasser. Die Voraussetzung für sicheres Kanufahren ist die richtige Handhabung des Paddels, wozu in erster Linie die Paddelhaltung und die Grundschläge gehören. Außerdem müssen wir lernen möglichst viele Muskel-gruppen am Paddeln zu beteiligen, um dadurch effektiv und kraftsparend fahren zu können. Das Geheimnis liegt in der Entspannung während das Blatt aus dem Wassergehoben ist und der richtigen Kraftdosierung: kraftvoll, wo es sein muss und Kräfte sparend, wo es möglich ist.

Die wichtigsten Begriffe

Paddelschläge auf dem Trockenen zu erklären ist eine Sache für sich. Deshalb sollen hier nur eine Art Gerüst und Erinnerungshilfen gegeben werden, das Üben spielt sich auf dem Wasser mit Boot und Paddel ab. Aber dazu ist es notwendig einige Begriffe einzuführen, die das Verständnis beim Lesen und Üben steigern.

Am Kanu gibt es folgende Teile: Die Bootsspitze heißt Bug, das hintere Ende nennt man Heck und rechte Seite und linke Seite verstehen sich immer in Fahrtrichtung. Der Süllrand am Kajak ist der Rand der Luke, beim Kanadier der Rand des Bootes.

Das Doppelpaddel (Kajak) besteht aus den Blättern, die mit dem Schaft verbunden sind. Das Stechpaddel (Kanadier) aus Griff, Schaft und Blatt. Beim Blatt gibt es die Ziehseite und Rückseite. Bei den meisten Stechpaddeln ist es egal wie herum man das Paddel hält, da das Blatt nicht gebogen ist. Dagegen haben fast alle Doppel-paddel gebogene Blätter. Die „Innenkurve“ dient als Ziehseite und wird bei allen Vorwärtsschlägen benutzt. Bei den Rückwärtsschlägen dreht man das Paddel nicht in der Hand, sondern benutzt die Rückseite, also die Seite die zum Bug zeigt.

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 36

Schema eines Kolkes im FlußbettQuelle: http://de.wikipedia.org

Typisches SchrägwehrQuelle: Eigenes Foto © Bernd Dörr

Prallpolster an BrückenpfeilerQuelle: Eigenes Foto © Bernd Dörr

Daneben gibt es noch das Aktionsblatt oder aktive Blatt mit der sogenannten Aktionshand sowie Aktionsarm und analog das Gegenblatt mit Gegenhand und Gegenarm.Rechts und links sind zu vieldeutige Begriffe und sollen dem entsprechend durch Aktionsseite, als die Seite auf der gerade gepaddelt wird und durch Gegenseite ersetzt werden. Das Kanten ist ein Hochdrehen des Bootes zu einer Seite. Das Kanu wird um die Längsachse gedreht, so dass die Bootsunterseite auf einer Seite aus dem Wasser kommt.

Gleichgewicht

Im ruhigen Wasser (z. B. im Schwimmbad) ist es sehr leicht, die Balance zu halten, indem man sich einfach nur aufrecht in das Kanu setzt. Lehnt man sich jedoch zur Seite, so verlagert sich der Schwerpunkt und die Fläche, die im Wasser liegt wird kleiner. Der Paddler verliert das Gleichgewicht, wenn er sein Gewicht so weit auf die Seite verlagert, dass das Kanu zu kippen beginnt. Der genaue Punkt an dem der Paddler das Gleichgewicht verliert, variiert mit der Form des Bootes, seiner Körper-größe und dem Einfluss der Strömung. Die Zauberformel um nicht zu kentern ist demnach ganz einfach: Der Körperschwer-punkt muss immer innerhalb der Bootsaußenkanten bleiben. Um dies zu erreichen sind – vor allem im schmalen Kajak – zwei Dinge wichtig. Erstens muss die Hüfte locker bleiben, so kann das Boot unter dem Körperschwerpunkt wackeln, ohne dass der Oberkörper des Paddlers mit wackelt. Und zweitens muss das Kanu in gewissen Situationen gezielt gekantet werden. Dies ist vor allem bei engen Kurvenfahrten analog dem In-die-Kurve-legen beim Radfahren nötig.Beide Techniken können sehr gut im ruhigen Wasser geübt werden – natürlich auch im großen Kanadier, wobei hier auch noch das Zusammenspiel der Paddler im Boot stimmen muss. Da es bei vielen Übungen um das Finden der Grenze zwischen Stabilität und Kentern geht, ist zu empfehlen, dass immer Helfer am Boot bereit stehen, um das Kentern zu verhindern oder das gekenterte Kajak ohne Ausstieg des Paddlers wieder hoch zu drehen.

Paddelhaltung und Schaftrotation

Zunächst gilt es, die individuelle Griffweite zu ermitteln. Diese findet man, indem mandas Paddel waagrecht auf den Kopf legt. Der Abstand der Hände zu den Paddel-blättern muss gleich sein und Ober- und Unterarme etwas weniger oder maximal einen rechten Winkel bilden. Anfänger können sich das Finden der richtigen Paddel-haltung erleichtern, indem sie die Position mit Klebeband markieren. Mit dem Stechpaddel geht man ähnlich vor, nur dass eine Hand den Griff hält und dann die andere bei richtigen Armwinkeln etwa eine Hand breit vom Blatt den Schaft greifen sollte. Beim Doppelpaddel kommt das Problem der Drehung der Blätter zueinander hinzu. Im Anfangsunterricht wird oft nicht ausreichend auf die Schaftrotation bei den Grund- und Bogenschlägen eingegangen.Sie soll hier für rechts gedrehte Paddel erklärt werden. Während der Zugphase rechts halten beide Hände das Paddel fest umschlossen. In der Phase des Umsetzens wird der Griff mit der rechten Hand nicht gelöst. Die linke Hand jedoch löst den Griff, mit der rechten Hand wird das Paddel so gedreht, dass die Ziehseite des Paddels im richtigen Winkel links eingesetzt werden kann. Beim folgenden Umsetzen nach rechts wird wiederum die linke Hand leicht geöffnet, während die rechte Hand die Paddelrotation vollzieht.

Kanten und Hüftknick

Die Drehungen des Bootes um seine Mittelachse sind die wichtigste Grundlage für seine Steuerbarkeit und die Durchführung von schwierigeren Schlägen und Manövern. Dabei wird das Boot je nach Bedarf mit einer Hüftdrehung an- oder weggekantet. Schon die flache Paddelstütze ohne ein Ankanten des Bootes klappt nicht, beim Paddelhang oder etwa dem Einfahren in die Strömung führt schlechtes oder fehlendes Kanten unweigerlich zur Kenterung und ohne Hüftknick ist die Eskimorolle nicht ausführbar. Man kann im Kajak auf dem Trockenen sitzend hervor-ragend ausprobieren, wie durch Knie- und Hüfteinsatz das Boot hoch gekantet werden kann. Dann sollte man auf ruhigem Wasser üben und austesten, wie weit dasBoot angekantet werden kann, bis das Boot fast kentert. Durch Hüftknick in die Gegenrichtung, eventuell unterstützt durch Paddeleinsatz, bringen wir das Boot wieder zurück in die normale Position.Beim offenen Wanderkanadier ist das Kanten viel schwieriger und der Hüftknick unmöglich. Das kommt daher, dass die Paddler keine Einheit mit dem Boot bilden, wie dies im Kajak der Fall ist. Deshalb sind spezielle, offene WW-Kanadier mit entsprechenden Sitzen und Kniehaltern ausgestattet. Aber auch im Wanderkanadier muss gekantet werden und dafür ist gutes Teamwork unerlässlich.

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 37

Paddelhaltung im KajakQuelle: Eigenes Foto

„Weiches Greifen“ – ein Begriff aus dem Klettersport – gilt auch beim Paddeln. Wenn man bedenkt, wie

viele Paddelschläge an einem Kanutaggemacht werden, liegt hier eine wichtige Möglichkeit zum Kräfte sparenund zur Verletzungsprophylaxe (Sehnenscheidenentzündung).

Grundlegende Paddeltechniken

Leider gibt es beim Paddel auch einiges an Sprachverwirrung, wenn Paddeltech-niken benannt werden sollen und für weitere Verwirrung sorgt die Tatsache, dass vieles Schlag genannt wird, was nichts mit dem zu tun hat, was Anfänger als Paddel-schlag bezeichnen würden.Ich möchte deshalb zum besseren Verständnis so vorgehen, dass ich die Techniken in drei Grundformen trenne, die in sich kombiniert und variiert, aber auch miteinanderzu Mischformen und komplexen Techniken vermengt werden, wie zum Beispiel der Eskimorolle.Die drei Grundformen sind: Schläge, Ruder und Stützen.Sie sollen nun nacheinander in ihren Unterformen vorgestellt werden.Alle Grundformen sind sowohl mit Doppel- als auch Stechpaddel in Variation einsetzbar. Wenn im folgenden Techniken für das Kajak vorgestellte werden, so ist der Regelfall: Einerkajak mit Doppelpaddel gemeint. Beim Kanadier beziehe ich michauf den in der Praxis mit Gruppen am meisten genutzten und auch in unseren Schulungen verwendeten Bootstyp, den offenen Zweier-Wanderkanadier, der mit Stechpaddeln gefahren wird.Noch eine Bemerkung zu Lernen und Lehren:Wir werden in der Anfängerschulung immer wieder verbale Hilfestellungen geben und korrigieren müssen. Dabei ist zu beachten, dass die Lehranweisungen knapp und präzise sind, also möglichst nur wenige Worte umfassen. Es sollte immer positiv formuliert werden, weil im Kopf des Schülers nur die Nachricht ankommt, aber oft nicht das kleine „Nicht“. Um das zu verdeutlichen ein Beispiel: Ein Boot ist auf dem besten Weg auf ein Hindernis zu fahren. Falsche Anweisung: „Fahrt nicht an den Baum!“ Diese Aussage lenkt die Aufmerksamkeit aufs Hindernis und nicht auf das rettende Kehrwasser. Bessere Anweisung: „Kommt zu uns ins Kehrwasser!“. Oder eine Paddelschlag wird falsch ausgeführt. Hier wird nicht in der Korrektur der Fehler genannt, sondern wie es richtig gewesen wäre. Beispiel: „Halte beim Bogenschlag das Paddel flacher!“.Verstanden?

Die Schläge - Geradeaus-, Kurven- und Rückwärtsfahren

Das größte Problem für Neulinge im Kanu stellt das vermeintlich so einfache Gerade-ausfahren dar. Setzt man einen Kajakneuling in ein WW-Kajak und lässt ihn auf ruhigen Wasser paddeln, so wird das Boot meist eher wilde Kreise beschreiben, als auch nur hundert Meter geradeaus zu fahren. Nicht viel besser ergeht es den Kanadieranfängern, auch sie werden trotz vieler Mühen und manchmal leider auch gegenseitigen Schuldzuweisungen kaum zügig geradeaus fahren können.Aber ohne diese Fähigkeit, macht es zum einen keinen Spaß, weil es sehr beschwerlich ist, das sich immer wieder drehende Boot in die gewünschte Richtung zu bekommen und zum anderen wird es gefährlich, wenn im bewegten Wasser eine bestimmte Linie gefahren werden muss, um an Hindernissen vorbeizukommen.Hilfreich fürs Erlernen aller Schläge ist folgende Bewegungsvorstellung: Das Blatt wird nicht durch das Wasser gezogen, sondern im Wasser verankert und daran mit Hilfe aller großer Muskelgruppen das Boot in die gewünschte Richtung gezogen.Auf die typischen Fehler soll bei den einzelnen Schlägen eingegangen werden, grundsätzlich gilt es für den Lehrenden darauf zu achten, dass das Paddel richtig gegriffen ist (s.o.) und dass die Kraft vor allem aus dem Rumpf kommt, was ein aktives Sitzen notwendig macht.

Grundschlag vorwärts

Der Grundschlag vorwärts wird am häufigsten eingesetzt. Er hilft, "Strecke" zu machen. Es sind die kräftigen Rücken- und die Bauchmuskeln, die den Hauptteil der Kraft für den Vortrieb liefern. Im Normalfall wird ruhig, ohne zu große Kraftan-strengung gepaddelt, das schont die Reserven für „Notfälle“. Der Griff am Schaft ist locker - „weiches Greifen“.Der Grundschlag wird parallel zur Bootslänge geführt.Wirkung: Er treibt das Boot annähernd geradlinig nach vorn.Kajak: Die Schläge erfolgen im Wechsel recht und links. Die Gegenhand bleibt maximal in Kopfhöhe und überschreitet die Kopfmitte nicht. Das Paddel wird auf Hüfthöhe ausgehoben. Die Rückseite des Blattes ist beim Einsetzen gerade noch zu sehen, so steht der natürlich Bewegung folgend das Blatt optimal senkrecht im Wasser, wenn es sich an der Stelle mit dem größten Kraftentfaltung (vor der Hüfte) befindet. Fehlerbilder (Worauf müssen Lehrende achten?):- Wird das Paddel richtig, d.h. gleichmäßig gegriffen? Griffmarkierungen kleben!- Wird das Blatt sauber und ganz eingesetzt?- Wird das Paddel vorm Einsatz auf der Gegenseite ausreichend weit gedreht, so dass auch dort das Blatt ordentlich eintaucht.?Kanadier: Der Schaft sollte möglichst senkrecht stehen. Die beiden Kanuten paddeln zeitgleich auf entgegengesetzten Seiten. Bei etwa gleichstarken Paddlern

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 38

Bevor wir aufs Wasser gehen, sollten alle Schläge an Land als Trockenübung ausprobiert werden (oder im

Wasser stehend), das hilft die Griffpo-sition zu überprüfen, die Bewegungen und Drehungen kennen zu lernen ohneauf Wasser und Boot achten zu müssen. Die erste Fahrt sollte dann auf einem ruhigen Gewässer statt-finden und der Einübung der Grundschläge gehören.

Geradausfahren im Kajak:

Grundschläge, vorwärts im Wechsel rechts und links.

Quelle: Eigene Grafik

wird, das Boot immer von der Seite des hinten Paddelnden weglaufen, hier müssen die Steuerschläge (s.u.) angewendet werden.Der Grundschlag ist im Kanadier auch als übergegriffener Schlag machbar, wobei dieHände an der jeweiligen Stelle am Paddel verbleiben und so auf die andere Boots-seite wechseln. Im C1 (Kanuslalom) eine übliche, aber nicht ganz leichte Technik, im Wanderkanadier aber nur nötig, wenn er solo gepaddelt wird.Fehlerbilder:- Wird das Paddel oben am Griff gehalten?- Wird das ganze Blatt eingesetzt?- Wird gemeinsam im Rhythmus und auf unterschiedlichen Seiten gepaddelt?

Grundschlag rückwärts

Es wird bestimmt einige Situationen geben, in denen man rückwärts paddeln will. Im Wildwasser kommt es bei Anfängern auch oft genug vor, dass man sich unfreiwillig dreht und rückwärts paddelnd eine Stelle befahren muss. Daher sollten wir auch demRückwärtsschlag einige Aufmerksamkeit schenken. Ist er auf Zahmwasser noch leicht zu erlernen und auszuführen, so ist das Erlernen im Wildwasser auf jeden Fall sehr übungsintensiv. Der Grundschlag rückwärts ist im ruhigen und langsam fließenden Wasser die Bremse am Kanu. Im schnell fließenden Wasser wird er dagegen höchstens zur Reduzierung der Geschwindigkeit ausreichen, was selten wünschenswert ist, hier kommen andere Techniken (Kehrwasser fahren) zum Einsatz.Die Ausführung erfolgt analog dem Grundschlag vorwärts.Für einen Notstopp muss der Rückwärtsschlag in möglichst hoher Frequenz ausge-führt werden.Wirkung: Der Grundschlag rückwärts treibt das Boot geradlinig rückwärts.Fehlerbilder: siehe Grundschlag vorwärts.

Bogenschlag vorwärts

Es hat sich herausgestellt, dass es in der Anfängerschulung Sinn macht, frühzeitig, vielleicht sogar als erstes, die Bogenschläge zu vermitteln: Beherrscht der Anfänger erst einmal die Grobform der Bogenschläge, kann er jederzeit das Boot drehen und somit die Richtung korrigieren.Wichtig ist, dass das Paddel weit vorne eingesetzt, ein wirklicher Bogen beschrieben und der Schaft flach geführt wird.Wirkung: Der Bogenschlag vorwärts ist ein sehr effektiver Steuerschlag, der das Boot zur Gegenseite dreht und zusätzlich stabilisiert.Kajak: Der Schlag beschreibt nahezu einen kompletten Halbkreis. Im ersten Teil entsteht der Drehimpuls durch die Bewegung das Paddels weg vom Bug, in der Mitteist die Drehwirkung gering, aber gegen Ende wird erneut ein deutlicher Impuls durch das Bewegen des Blattes zum Heck hin gesetzt.Die Blickrichtung wird als Hilfe genutzt. Der Blick geht in die gewünschte Richtung, dadurch „spannt sich die Körperfeder“ und das folgende Drehen des Bootes löst diese Spannung wieder auf.Fehlerbilder:- Wird das Paddel flach genug geführt?- Wird das Drehen durch Blickführung unterstützt?- Wird ein möglichst großer Kreisbogen gepaddelt?Kanadier: Hier wird weit außen eingesetzt und der Schaft flach geführt. Es ist zu beachten, dass beide Paddler nur einen Viertelbogen beschreiben. Wobei der Heckpaddler von der Bootsmitte weit außen einsetzend zum Heck hin paddelt, während der Bugpaddler auf Hüfthöhe weit außen einsetzt und zum Bug hin paddelt, also quasi einen Rückwärtsschlag macht. Dies ist notwendig, da beide Paddler ja aufunterschiedlichen Seiten paddeln.Fehlerbilder:- Wird ein deutlicher Viertelbogen beschrieben?- Wird in entgegen gesetzter Richtung gepaddelt?

Bogenschlag rückwärts

Auch beim Bogenschlag rückwärts beschreibt man mit dem Paddel einen großen Bogen bzw. zwei Viertelbögen im Kanadier. Mehr noch als der Bogenschlag vorwärtsdient dieser Schlag der Kurskorrektur und der Stabilisierung des Kanus. Man achte darauf, mit größtmöglicher Hüftdrehung zu beginnen.Wirkung: Der Bogenschlag rückwärts ist ein sehr effektiver Steuerschlag, der das Boot zur Aktionsseite dreht und zusätzlich stabilisiert. Die Geschwindigkeit des Kanus wird vermindert.

Ziehschlag

Bevor erklärt werden soll, was beim Ziehschlag geschieht, muss auf eine Quelle für Missverständnisse hingewiesen werden: Der Ausdruck „Ziehschlag“ wird in vielen

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 39

Geradausfahren im Kanadier:

Bugpaddler: Grundschläge, vorwärts auf seiner Seite.Heckpaddler: J-Schlag oder Wildwas-sersteuerschlag (s.u.) auf der Gegenseite.

Quelle: Eigene Grafik

Enge Kurven fahren im Kajak:

Bogenschlag, vorwärts auf einer Seite –der Blick geht in die gewünschte Fahrtrichtung.

Quelle: Eigene Grafik

Enge Kurven fahren im Kanadier:

„Halber“ Bogenschlag, vorwärts vorne - „halber“ Bogenschlag rückwärts hinten (oder umgekehrt).Für weite Kurven kommen vor allem Kombinationen aus Bugruder (Bugpaddler) – Bogenschlag/Grund-schlag (Heckpaddler) sowie Bogenschlag/Grundschlag (BP) – Steuerschlag mit starkem Heckruder (HP) in Frage.

Quelle: Eigene Grafik

Veröffentlichungen und Paddlergruppen für das später beschriebene Bugruder verwendet. Ich habe bei vielen Kursen gemerkt, dass es besser ist, den Ausdruck Bugruder zu verwenden, weil es sich dabei wirklich um ein Ruder und keinen Schlag handelt. Außerdem hat man so den Ausdruck Ziehschlag nicht doppelt belegt. Hier wird also der Ziehschlag oder das Ziehen beschrieben.Dabei wird das Paddel in Kanadier oder Kajak mit der Ziehseite parallel und etwas entfernt vom Boot eingesetzt und dann zum Boot hin gezogen. Dadurch versetzt das Kanu zur Paddelseite, aber Achtung vor der Bootsrand erreicht ist, muss das Paddel entweder ausgehoben oder 90° gedreht werden, sonst „fängt man leicht einen Krebs“, d.h. das Paddelblatt verschneidet und es kann zur Kenterung kommen.Sollte ein mehrmaliges Ziehen notwendig sein, ist es sehr elegant und stabilisierend, das Paddel nicht auszuheben und neu einzusetzen, sondern vorm Bootsrand zu drehen und mit der Kante vom Boot weg zu führen. Außen wird es dann wieder gedreht und zurück zum Boot gezogen. Bei Könnern gibt das eine sehr gleichmäßigeund effektive Bewegung.Kanadier: Der Schlag wird in der Strömung nur auf einer Seite von Bug- oder Heckpaddler ausgeführt, kann aber vom Paddler auf der Gegenseite mit einem Bug- oder Heckhebel - also nach außen führen des Blattes vom Boot weg – unterstützt werden. Ein gut eingesetzter Ziehschlag des Bugpaddlers macht es dem Heckpaddler viel leichter das Kanu exakt um Hindernisse zu steuern und auch kleineKehrwässer zu erreichen.Fehlerbilder:- Wird das Paddel früh genug ausgehoben? „Keinen Krebs fangen“!- Werden beim mehrmaligen Ziehen die Schläge miteinander verbunden?- Steht das Paddelblatt parallel zum Bootsrand?

Wriggen

Eine Sonderform, das sogenannte Wriggen, es ist eine Aneinanderreihung von Ziehschlägen, wobei das Blatt im Wasser bleibt. Man erreicht dies durch Drehungen im Handgelenk und beschreibt quasi Achten mit dem Paddel ins Wasser. Hält man das Paddel steil, erreicht man bei geringer Stützwirkung ein gleichmäßiges Versetzen des Bootes zur Aktionsseite hin, hält man das Paddel flacher, verringert sich das Versetzen, die stützende Wirkung wird aber enorm erhöht. Um das Gefühl für die richtigen Paddeldrehungen zu kommen, sollte man das Wriggen im Wasser stehend ausprobieren und üben.

J-Schlag und Wildwasser-Steuerschlag

Auf einige Abweichungen beim Fahren eines Zweier- oder Mannschaftskanadiers wurde im Text schon hingewiesen. Generell gilt, dass die Bootsbesatzung als Team perfekt aufeinander eingespielt sein sollte - nur so klappen die Fahrmanöver.Vor der Fahrt werden die jeweiligen Paddelseiten abgestimmt und dann beibehalten oder nur auf Kommando gewechselt. In der Anfängerschulung ist darauf zu achten, dass es, vor allem bei den Hintensitzenden – nicht zu einem dauernden Seiten-wechsel kommt, das ist ineffektiv, ermüdend und unnötig.Meist werden Zweierkanadier-Besatzungen das Problem haben, dass das Boot von der Hand des Heckpaddlers wegläuft. Dem kann durch die beiden gebräuchlichen Steuerschläge entgegengewirkt werden. Beide hängen dem Grundschlag vorwärts ein Heckruder (s.u.) an, wobei beim J-Schlag der Daumen der Gegenhand nach unten gedreht wird – die Ziehseite des Blattes bleibt Aktionseite. Beim Wildwaser-steuerschlag wird der Daumen nach oben gedreht, wodurch am Heckruder die Rückseite des Blattes zur aktiven Seite wird.

Die Stützen – Vermeidung von Kenterungen

Obwohl man mit guter Bootskontrolle in den meisten Situationen das Gleichgewicht halten kann, muss man doch das eine oder andere Mal eine Stütze ansetzen, um eine Kenterung zu verhindern. Ihr Wesen liegt in der Koordination von Kant-, Paddel-und Oberkörperbewegung.Bei der Paddelstütze liefert das Paddel kurzzeitig eine Stützwirkung an der Wassero-berfläche (Auftrieb), die es dem Paddler erlaubt, das Kanu mit Hilfe des Einsatzes von Rumpf, Hüften und Oberschenkel wieder unter den Körper zu ziehen. Ein unter Anfängern weit verbreiteter Fehler beim Stützen ist es, auf den Paddelschaft ständig Druck auszuüben, und den Hüftknick dabei vollkommen zu vergessen. Eine erfolg-reiche Paddelstütze braucht den Paddeleinsatz und das Kanten im richtigen Moment.Hier sollen zwei in der Praxis verwendete Stützen vorgestellt werden, die in beiden Bootstypen zur Anwendung kommen: die flache Paddelstütze und die hohe Paddel-stütze, die besser als Paddelhang bezeichnet wird.

Die flache Paddelstütze

Die flache Paddelstütze wird mit der Rückseite des Blattes auf dem Wasserober-fläche ausgeführt. Kurzzeitig können wir unser ganzes Körpergewicht auf das Blatt

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 40

„J“-Schlag und Wildwassersteuerschlagim Zweierkanadier

„J“-Schlag

Wildwassersteuerschlag

Unterschiede in der Paddelführung bei beiden Schlägen: Beim J-Schlag bleibt die Ziehseite die aktive Seite beim WW-Steuerschlag gibt es einen Wechsel amHeck, die Rückseite wird dann aktive Seite.Quelle: Eigene Grafik

legen, ohne zu kentern. Nach dem Auslegerprinzip ist die stützende Wirkung um so größer, je weiter das Blatt vom Boot entfernt eingesetzt wird. Wichtig ist, dass das Paddelblatt leicht schräg auf dem Wasser liegt, als wolle man Butter aufs Brot streichen. Dadurch schneidet das Blatt nicht ins Wasser ein, was ein sofortiges Ende der Stützwirkung bedeuten würde.Der Paddelschaft liegt möglichst parallel zur Wasseroberfläche, die Ellbogen zeigen nach oben. Ein großer Vorteil dieser Technik liegt darin, dass Verletzungen im Schul-terbereich ausgeschlossen sind, da die Ellenbogen eine Art Stoßdämpfer bilden, weshalb sie vor allem beim Quersurfen im Walzen Anwendung finden sollte.Beim Kanadier ist jeder Paddler für das Stützen auf seiner Seite zuständig. Wirkung: Die flache Paddelstütze stellt die Normallage von Boot und Fahrer wieder her. Sie gewährleistet die stabile Lage des Bootes. In Wellen und Walzen, beim Ein- und Ausschwingen ist die Padelstütze Freund und Helfer des Kanufahrers. Sie ist eher passiv und wird oft zum reflexhaften Stützen eingesetzt.Fehlerbilder:- Wird die Rückseite des Blattes aufs Wasser gelegt?- Wird das Blatt leicht hoch gedreht aufgelegt (Butterbrot schmieren)?- Zeigen die Ellbogen nach oben?- Erfolgt der Hüftknick oder das Kanten im richtigen Moment?

Der Paddelhang

Erweist sich die flache Paddelstütze als nicht ausreichend, um das Kanu zu stabili-sieren, benutzt man den Paddelhang. Da die Aktionshand das Paddel direkt an der Wasseroberfläche hält, während das Kajak auf die Seite rollt, kann der Paddelhang das Boot selbst dann noch aufrichten, wenn es bereits fast vollständig umgekippt ist. Das Kajak wird mit Paddelhang und Hüftknick wieder hochgedreht.Das ist beim Wanderkanadier nicht möglich, dennoch kann auch hier der PaddelhangKenterungen vermeiden helfen.Die Gegenhand bleibt unter Augenhöhe, das heißt das Paddel wird flach geführt. Eine hohe Gegenhand (immer noch auf alten Paddelbildern und -grafiken zu sehen) ist nicht nur „Old-School“, sondern verletzungsträchtig (Schulterluxation!).Das Aufdrehen des Boots erfolgt explosiv. Der Paddelhang sollte auf beiden Seiten gleichmäßig geübt werden.Wirkung: Er stellt die Normallage von Boot und Fahrer in solchen Situationen her, wo die flache Paddelstütze nicht mehr ausreicht. Aus ihm heraus wechselt man flüssig in andere Schläge.Fehlerbilder:- Wird die Gegenhand unterhalb der Augen geführt? Verletzungsgefahr!- Stimmt das Timing zwischen Stütze und Hüftdrehung?

Die Ruder – das Geradeaus- und Kurvenfahren

Die letzten Kniffe in unserer Technik-Trilogie sind das Bug- und Heckruder. Der Vorteil dieser beiden Techniken ist schnell erklärt: Hohe Wirkung bei minimalem Krafteinsatz.Das erscheint auf den ersten Blick nur bei Wettkampfformen von Bedeutung, aber wer Kräfte spart, hat beim Kanuwandern mehr Spaß und Reserven auf dem letzten Kilometer und im Wildwasser ist es eine Sicherheitsfrage, wenn man möglichst effektiv und ökonomisch paddeln kann.Fangen wir also hinten an.

Das Heckruder

Eine Möglichkeit der effektiven Kursänderung ohne großen Tempoverlust bietet das Heckruder. Man bringt dazu das Paddelblatt nahe am Heck des Bootes senkrecht insWasser, wobei es wie ein Ruderblatt eines Schiffes eingesetzt wird. Durch Druck wegvom Boot oder vorsichtigen Zug zum Boot hin ergibt sich dann die Richtungsän-derung. Als Kajakfahrer sollte man diesen Schlag auf beiden Seiten gleich gut beherrschen und hauptsächlich dort anwenden, wo das Boot Fahrt hat, denn das Heckruder kann wie jedes Ruder nur wirken, wenn sich Boots- und Wassergeschwin-digkeit deutlich unterscheiden. Je weiter am Heck das Paddel eingesetzt wird, umso größer ist die mögliche Steuerwirkung.Beim Kanadier ist das Heckruder quasi die Endposition von J- und WW-Steuer-schlag, die schon vorgestellt wurden. Bei flotter Fahrt kann der Heckpaddler aber auch ein reines Heckruder einsetzen.Wirkung: Das Heckruder steuert das Boot ohne dass dabei – bei richtiger Ausführung – das Kanu gebremst wird.Fehlerbilder:- Wird das Blatt senkrecht zum Wasser und parallel zum Boot eingesetzt?- Wirkt das Heckruder bremsend?- Wird Blatt weitest möglich hinten eingesetzt?

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 41

Paddelstütze – Setze dich einmal auf den Fußboden, Arme in die Luft. Wenn dich jetzt jemand anstößt, wirst du dich instinktiv mit der flachen Hand auf dem Boden abstützen wollen. Dies ist die Wirkung der flachen Paddelstütze auf dem Wasser.Pfeile: Das Paddel stützt mit der Rückseite nach unten, die Hüfte dreht das Boot.Quelle: Eigenes Foto

Paddelhang – Notlösung, wenn die Paddelstütze nicht mehr reicht.Pfeile: Das Paddel stützt mit der Ziehseite nach unten, die Hüfte dreht das Boot.Quelle: Eigenes Foto

Heckruder – Im Kanadier vom Heckpaddler ausgeführt, leistet das Heckruder auch im Kajak gute Dienste.Pfeile: Druckrichtung des Blattes und korrespondierende Wirkung auf den BugQuelle: Eigenes Foto

Das Bugruder, das „V“ , Paddeleinsatz oder fälschlich auch „Ziehschlag“

Ein Drehen des Bootes erreichen wir durch das Bugruder. Es ist eine wichtige Technik im strömenden Wasser. Man setzt dabei das Paddelblatt seitlich parallel zumBoot am Bug tief ins Wasser ein. Dann wird die Ziehseite aufgedreht, das heißt, es bildet sich ein „V“ zwischen Bootsrand und Paddelblatt, dessen Öffnung in Fahrtrichtung zeigt.An diesem Ruder dreht nun das Kanu in die gewünschte Richtung, wobei die Größe der Öffnung des „V“ beeinflusst, wie stark das Boot dreht. Es handelt sich also wirklich um ein Ruder und keinen Schlag.Es gilt aber einiges zu beachten:Auch beim Bugruder ist die Gefahr „einen Krebs zu fangen“ nicht unerheblich. Da es im Kanadier nur vom Bugpaddler ausgeführt werden kann, hat der Heckpaddler nochdie Möglichkeit eine Kenterung abzuwenden, beim Kajak wird es aber meist dazu kommen.Der Gegenarm ist quer vor der Stirn (Nicht höher! – Gefahr der Schulterluxation!), man schaut darunter hindurch, das Paddel steht fast senkrecht im Wasser.Das Aufdrehen des Blattes macht es nötig, dass das Handgelenk am Gegenarm stark überstreckt wird (Der Daumen zeigt zum Ohr!).Aus dieser Position kann durch Zudrehen ganz leicht in einen Grundschlag vorwärts übergegangen werden.Sonderform im Kanadier: Dabei wird das Bugruder vom Bugpaddler auf seiner Gegenseite ausgeführt, wobei aber am Paddel nicht umgegriffen, sondern mit dem Paddel übergegriffen wird. Zur Verdeutlichung: Wenn vorne rechts gepaddelt wird, wandert die Aktionshand (rechte Hand) auf die linke Bootsseite, bleibt aber unten amPaddel und damit weiterhin Aktionshand. Das Paddel wird wieder mit der Ziehseite zum Bootsrand parallel eingesetzt. Nun dreht die Gegenhand das Blatt auf, wieder entsteht das „V“ mit Öffnung in Fahrtrichtung, dazu muss aber der Daumen nach vorne, unten gedreht werden.Wirkung: Das Bugruder ist eine Kraft schonende Möglichkeit das Boot zu steuern, vor allem im Wanderkanadier ermöglicht es schnelle Drehungen des eigentlich eher trägen Bootstyps und somit das Anfahren von kleinen Kehrwässerns.Fehlerbilder:- Wird das Paddel senkrecht eingesetzt?- Rahmt die Gegenarm das Gesicht des Paddlers ein?- Ist der Gegenarm zu hoch? Verletzungsgefahr!- Wird das Blatt vorsichtig aufgedreht und weiterhin nahe am Bug gehalten?

Besonderheiten beim Zweierkanadier

Auf einige Abweichungen beim Fahren eines Zweier- oder Mannschaftskanadiers wurde im Text schon hingewiesen. Generell gilt, dass die Bootsbesatzung als Team perfekt aufeinander eingespielt sein sollte - nur so klappen die Fahrmanöver.Vor der Fahrt werden die jeweiligen Paddelseiten abgestimmt und dann beibehalten. Der Griff am Paddel bleibt dann unverändert. Um im fortgeschrittenen Bereich übergegriffene Techniken anzuwenden, wird das Paddel zur anderen Bootsseite gebracht, aber nicht in der Hand gewechselt.Und nochmals: Meist werden Zweierkanadier-Besatzungen das Problem haben, dass das Boot von der Hand des Hintensitzenden wegläuft, d. h. wenn hinten rechts gepaddelt wird, hat das Kanu die Tendenz nach links zu fahren und umgekehrt. Dem kann durch die beiden gebräuchlichen Steuerschläge entgegengewirkt werden. Beide hängen dem Grundschlag vorwärts ein Heckruder an, wobei beim J-Schlag dieaktive Paddelseite sowohl beim Grundschlag, als auch Heckruder gleich bleibt und beim Wildwasersteuerschlag zuerst die Ziehseite aktiv ist und dann beim Heckruder die Rückseite aktiv wird.

Schlagkombinationen

Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die beschriebenen Paddeltechniken selten isoliert angewendet werden, meist sind sie gemischt, wie beim Grundschlag mit mehr oder weniger starkem Bogenschlag-Anteil bei der Geradeausfahrt oder sie sind so genannte Verbundschläge, also eine Abfolge von verschiedenen Schlägen, wie etwa der „J“-Schlag. Nur wer die Schläge richtig miteinander zu kombinieren und den einen aus dem anderen zu entwickeln weiß, wird es zum sicheren Kanufahren oder gar zur Meisterschaft bringen. Deshalb sollte gerade auch am Anfang nicht isoliert geübt, sondern die Schläge auch auf Stillwasser im Training ineinander übergeführt und miteinander verbunden werden.

Kanufahren Grundlagen der Paddeltechnik 42

Bugruder, das „V“ – Ob im Kajak oderKanadier, das Bugruder steuert das Kanu ohne großen Kraftaufwand. Der gegenarm rahmt das Gesichtsfeld ein, beide Handgelenke sind überstreckt.Pfeil: Durch das Öffnen des „V“ wird derBug zur Aktionsseite gelenkt.Quelle: Eigenes Foto

KanufahrenGrundlagen der Fahrtechnik

Vorbemerkung:Ein Boot – insbesondere das Kajak - wird mit dem Kopf gesteuert. Das heißt die Blickrichtung wirkt sich ganz massiv auf die Fahrrichtung auf. Noch mehr als bei anderen Fahrzeugen fährt unser Boot dahin, wohin wir schauen. Gilt der Blick dem Hindernis fahren wir dagegen, gilt er die schmalen Rinne daneben, fahren wir exakt hindurch am Hindernis vorbei.Daneben kann im Einer im bewegten Wasser durch Körpervorlage die Drehung des Bootes verstärkt (Bsp.: Einschwingen) oder durch Rücklage reduziert werden, wenn es wünschenswert ist (Bsp.: Seilfähre).

Ein- und Ausschwingen

Auf bewegtem Wasser ist der Bug generell bergwärts, also gegen die Fließrichtung gerichtet, wenn man ins Kanu steigt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit in die Strömung einzufahren oder einzuschwingen, wie es auch genannt wird. Noch wichtiger ist es aber bei der Fahrt jederzeit in der Lage zu sein sich und sein Boot in ein Kehrwasser zu bringen, das heißt aus dem Strom auszuschwingen. Es ist zu merken, dass die Begriffe immer so gebraucht werden, dass sie sich auf die Strömung beziehen.Wollen wir in den Stromzug von der Ablegestelle oder aus dem Kehrwasser einsch-lingen, ist zu beachten, dass sobald wir das Boot quer zur Strömung gebracht haben,das Wasser versucht aufs Oberschiff zu laufen und uns zu kentern. Deshalb leiten wir das Einschlingen mit einem kräftigen Bogenschlag ein, der das Boot in die Strömung dreht, bzw. beim Kehrwasser über die Stromgrenze bringt. Sobald uns die Strömung erfasst, kanten wir talwärts und stützen uns mit Paddelstütze oder Paddelhang auf der Talseite ab. Die Strömung drückt dann stabilisierend ans Unter-schiff und hilft bei der Drehung des Bootes. Das Ankanten des Bootes kann mit dem Sich-in-die-Kurve-legen beim Rad fahren verglichen werden. Es ist zu beachten, dass gerade beim Verlassen eines starken Kehrwassers der Strom das Boot schnell und kräftig herumreißt. Wer sich nicht durch Stützen und Ankanten schützt, wird sofort baden geschickt.Beim Ausschwingen gilt gleiches, man steuert das Kehrwasser an. Wenn der Bug das Kehrwasser erreicht hat, kantet man das Kanu zum Kurveninneren an und lässt sich von den Strömungsunterschieden drehen, wobei man mit Paddelstütze stabili-siert. Auch hier ist das Ankanten wichtig, denn das Kehrwasser mit seiner gegensinnigen Fließrichtung ist durchaus in der Lage das Boot zum Kentern zu bringen.Für Ein- und Ausschlingen gilt, je besser man kantet, desto weniger muss man stützen. Auch Anfänger finden recht schnell heraus, wie stark man kanten muss, damit die Drehung fast von alleine passiert. Je stärker die Grenze zwischen Haupt-strömung und Kehrwasser ausgeprägt ist, um so stärker muss der Kajak angekantet werden.Eine sehr elegante und sichere Methode des Ausschwingens bedient sich der Technik des Bugruders. Das Ruder wird wie beschrieben angewendet, es ist nur darauf zu achten, dass das Paddelblatt ins Kehrwasser eingestochen wird und nicht zu früh noch in die Hauptströmung. Man beendet das Bugruder mit einem Vorwärtszug, das hält uns direkt hinter dem Kehrwasser erzeugenden Hindernis und stabilisiert das Boot. Beim Zweier hat man den Vorteil, dass die Vorderleute durch setzen des Bugruders den Steuernden hinten große Hilfe geben könnenDer Winkel mit dem man aus der Strömung ins Kehrwasser einschlingt heißt Einfahrtswinkel bzw. Ausfahrtswinkel beim Ausschwingen. Er ist stark für das Gelingen der Aktion verantwortlich. In den meisten Fällen ist es ratsam, dass das Kanu mit dem Bug bereits zum Kehrwasser zeigt, dadurch muss keine vollständige 180° Drehung realisiert werden und die helfenden Kräfte der gegensätzlichen Strömungen können leichter am Boot angreifen.Besonders beim Einer gilt: Vorlage beschleunigt die Drehung, Rücklage verlangsamt die Drehung. Der Kopf dreht in die gewünschte Fahrrichtung, der Blick geht zum Ziel.So spannt man quasi die Wirbelsäule vor und die Auflösung der Spannung erfolgt durch die gewünschte Rotation des Bootes (Kopfsteuerung!).

Traversieren

Unter Traversieren ist das Überqueren von Stromzügen zu verstehen. Das kann aus verschiedenen Gründen wichtig sein, ist aber auf jeden Fall eine Grundfertigkeit des Paddelns im bewegten Wasser.

Kanufahren Grundlagen der Fahrtechnik 43

Ausschwingen aus der Strömung ins Kehrwasser, die kleinen Pfeile markieren die wirkenden Kräfte.

Enges Einschwingen wegen Hinder-nissenQuelle: Eigene Grafik

Seilfähre vorwärts

Die Seilfähre ist die einfachste Möglichkeit durch die Strömung von einer Seite zur anderen zu gelangen. Man benutzt dazu eine Technik, wie sie bei motorlosen Fähreneingesetzt wird. Bei der Seilfähre vorwärts zeigt der Bug gegen die Strömung. Bei einer gleichmäßigen Strömung setzen wir vom Ufer ab, drehen das Boot leicht schräg und paddeln vorwärts, um die Höhe zu halten. Die Strömung am schräg gestellten Boot drückt uns zur anderen Seite. Es ist wichtig, dass der Anstellwinkel der Stärke der Strömung angepasst ist, denn wenn man in starker Strömung das Boot zu stark anstellt, wird es die Strömung raschquer stellen und umdrehen oder gar kentern, wenn man nicht ankantet und stützt. Dabei zeigt die „Bootsuhr“ etwa auf 1 Uhr, wenn es nach rechts geht und auf 11 Uhr wenn es nach links gehen soll. Außerdem sollte immer die relative Position zum Ufer und eventuelle Hindernisse im Stromzug im Auge behalten werden. Was bei gleich-mäßigen Strömungen noch recht leicht ist, wird bei ungleichmäßiger Strömung schonetwas schwerer. Deshalb zum Üben mit Anfängern immer leichte Strömung aussuchen und erst wenn das Prinzip begriffen ist, schwierigere Stellen wählen.

Seilfähre rückwärts

Bei der Seilfähre rückwärts geht man analog zur Vorwärtsfähre vor, nur dass der Grundschlag rückwärts benutzt wird. Sie ist vor allem dann wichtig, wenn ein Fluss auf Sicht, d. h. ohne vorherige Begehung befahren wird, weil dann Wechsel der Flussseite aus der Fahrposition heraus erfolgen müssen. Hier ist es noch wichtiger nicht die Kontrolle über Anstellwinkel und relative Position zum Ufer zu verlieren. Diese Technik ist recht schwer und bleibt dem fortgeschrittenen Paddler vorbehalten.

S-Törn

Diese Sonderform des Traversierens findet vor allem dort ihre Anwendung, wo von einem Kehrwasser in das gegenüberliegende über eine schmale, kräftige Strömung traversiert werden soll. Es handelt sich dabei um eine schnelle Aneinanderreihung von Ein- und Ausschwung, wobei das Timing von ankanten gegen die Strömung und umkanten gegen die Kehrströmung wesentlich für das Gelingen dieses Manövers ist.Nebenbei ist der S-Törn eine tolle Übung um die Steuerung des Bootes durch Körpervor- und -rücklage sowie Drehung des Kopfes zu trainieren. Im Wanderka-nadier, wo dies durch die weit auseinander liegende Sitzposition der Paddler nur von sehr geringer Relevanz ist, kann mit dem S-Törn in der Schulung leicht Fortgeschrit-tener das übergegriffene Bugruder ausprobiert und geschult werden.Und letztlich macht diese Technik einfach Spaß, ist sehr elegant und spart Kraft, da uns die Strömung die Arbeit abnimmt.

Die Eskimorolle

Meist wird die Eskimorolle als eine Technik für fortgeschrittene Kajakfahrer (oder Fahrer WW-tauglicher Kanadier) angesehen und ihre Beherrschung ist keine zwingende Voraussetzung für die Bewältigung leichten Wildwassers. Auch Extrem-fahrer werden in manchen Situationen lieber aussteigen, als eine Rolle zu riskieren. Sie gehört aber zum Standardrepertoire und es gibt methodische Grundpositionen, die das Erlernen der Rolle in den Anfängerbereich legen. Sie soll hier im Ansatz beschrieben werden, da sie im Schwimmbad oder in ruhigem, möglichst warmem Wasser im Team gut geübt werden kann.

Vorübungen zur Eskimorolle

Wichtig für das Gelingen einer Rolle sind die Überwindung der Panik beim Kentern, die Orientierung unter Wasser, die Beherrschung des richtigen Paddelschlages und vor allem der so genannte Hüftknick oder -schwung. Das Antipanik- und Orientie-rungsprogramm sollte durch Wassergewöhnung und Aussteigen absolviert sein. Nun vertiefen wir diese Erfahrungen noch etwas mit folgenden Übungen. Der Übende sitzt mit Spritzdecke im Boot und kentert sich selbst, wobei zwei Helfer an Heck und Bug bereitstehen. Nach einem Zeichen des Gekenterten (z. B.: Klatschen auf die Bootsunterseite) drehen die Helfer das Kanu hoch. Der Übende kann für sich und dieHelfer fühlbar machen wie stark das Hochdrehen durch Vor- oder Rücklage des Oberkörpers zum Bootsrumpf hin erleichtert werden kann.

Der Hüftschwung

Als nächstes soll der Hüftschwung passiv und dann aktiv erlebt werden. Als Grund-regeln gelten, dass immer eine stabile Sitzposition im Boot vorhanden sein muss. Folgende Übung bietet sich an: Der Übende kentert und lässt sich vom Partner, der neben dem Boot steht und auf Sitzhöhe über den Kajak greift, aufrichten. Dabei verhält sich der Übende einmal passiv, der Kopf kommt als letztes aus dem Wasser und dann aktiv, er versucht zuerst den Kopf nach oben zu bekommen, wobei der Partner feststellt, dass es dabei sehr viel schwerer ist, das Boot aufzurichten. Als

Kanufahren Grundlagen der Fahrtechnik 44

Die Eskimorolle hilft ungemein, den Lernprozess zu beschleunigen: Größere Einsatzbereitschaft in

Übungssituationen, weniger Zeit- und Kraftaufwand beim Bergen und weniger Frust und Schmerzen bei Schwimmaktionen.Im schweren Wildwasser ist die Rolle ein unerlässlicher Sicherheitsfaktor.

Der S-TörnQuelle: Eigene Grafik

Die Seilfähre vorwärtsQuelle: Eigene Grafik

Als Korrekturhilfe bei der Stellung des Bootes zur Strömungsrichtung hat sich die Einführung der „Boots-

uhr“ bewährt. Wir stellen uns dabei dasKanu als Stundenzeiger der Uhr vor. So können eindeutige Hinweise gegeben werden.

nächstes erfolgt das Kippen des Bootes mit der Hüfte. Der Übende hält sich mit den Händen am Partner oder Beckenrand fest und legt sich mit dem Oberkörper aufs Wasser. Aus dieser Position kippt er das Boot mehrfach von der Senkrechten zur Waagrechten und zurück, wobei der Oberkörper und Kopf im Wasser bleiben. Als nächstes kippt man das Boot ganz um, bringt den Kopf unter Wasser und richtet das Boot nun dynamisch mit dem Hüftschwung auf, der Kopf kommt dabei als letztes ausdem Wasser und der Druck der Hände sollte immer geringer werden. Es sollte dabei ein Ziehen in der Hüfte zu spüren sein, was durch die notwendige Überstreckung erzeugt wird und Druck auf dem aktionsseitigen Knie. Als Variationen und Erweite-rungen kann man das Aufrichten auch üben, indem man den Kopf auf die Hände desPartners legt oder sich an der Spitze eines Kajaks aufrichtet.

Das Üben der Eskimorolle

Jetzt kann die eigentliche Eskimorolle geübt werden. Von ihren verschiedenen Varianten hat sich im Wildwasser die Bogenschlagrolle durchgesetzt hat. Sie ermög-licht ein sicheres Eskimotieren in einer Körperhaltung, die vor Hindernissen schützt.Auch hier nähert man sich durch hinführende Übungen, bei denen der Partner das Paddelblatt führt und dem Übenden das Gefühl vermittelt, wie die Bewegung ablaufen sollte und wo genug Druck auf dem Blatt ist, um den Hüftschwung an zu setzten bis hin zur ersten selbstständigen Rolle. Für die Rolle rechts, wird das Paddel rechts parallel zum Boot auf Höhe der Wasseroberfläche gehalten. Nach rechts kentern, sich im Wasser orientieren, warten bis das Paddel parallel zum Boot an der Wasseroberfläche liegt und dann das Paddel in einem Bogenschlag möglichst nahe der Wasseroberfläche führen. Sobald man Stützwirkung hat, wird der Hüftschwung angesetzt. Es gilt immer zu beherzigen,dass das Boot quasi unter den Körper gedreht wird und der Kopf als letztes aus dem Wasser kommt.Wenn die Rolle beherrscht wird, beginnt man sich die Übungen zu erschweren:

• Durchrollen• Kentern ohne vorheriges Ausrichten des Paddels• Rollen aus der Fahrt• Rollen auf beiden Seiten• Wechsel des Paddels über dem Boot von Hand zu Hand in der Kenterlage• ...und vieles mehr.

Die erste Rolle im „Ernstfall“ hat dann sowieso ihre eigenen Gesetze. Und leider haben viele Paddler, die die Rolle im Schwimmbad perfekt beherrschen, große Schwierigkeiten bei ungewollten Kenterungen im bewegten Wasser den Reflex des sofortigen Ausstiegs zu unterdrücken und sich ruhig auf die Rolle vorzubereiten und sie auszuführen.

Kanufahren Grundlagen der Fahrtechnik 45

Die Eskimorolle – Schritt für SchrittBild 1: Paddel längs ans Kajak – Bild 2: Kopf nach vorne und kentern – Bild 3: Die Stirn geht zur Spritzdecke, das bringt uns in die gute Ausgangsstellung und der Kopf ist so durch den Helm optimal geschützt – Bild 4: Unter dem Kajak durchrollen, das Paddel bleibt am Boot – Bild 5: Die Ausgangsposition ist erreicht, das Paddel kommt zur Wasseroberfläche – Bild 6: Mit Blick zum Aktionsblatt an der Oberfläche beginnt der Bogenschlag – Bild 7: Synchron zum Schlag erfolgt der Hüftknick – Bild 8: Das Boot dreht der Kopf folgt ganz am Ende – Bild 9: Die Rolle ist fast vollendet, es fehlt nicht mehr viel zur neutralen Bootslage – Bild 10: Der Oberkörper ist vorne, die „Angriffsposition“ wieder erreicht – Bild 11: Die Paddelhaltung ist in der optimalen Grundstellung, aus der alle Schläge kommen können – Bild 12: Rolle beendet, der Blick gilt den nächsten Herausforderungen. Wenige Sekunden für die Rolle – so viel Luft hat jeder – dafür erspart man sich Minuten (Aussteigen, Schwimmens, Material bergen, an Land bringen, Ausleeren …) und viele Gefahren.

Quelle: Eigene Fotos

KanufahrenGrundlagen der Fahrtaktik

Kaum eine Befahrung von bewegtem Wasser, wird uns nicht vor mehr oder weniger große Probleme stellen. Dabei sollte aber immer die Wahl der Schwierigkeit im Bereich unserer Möglichkeiten, das heißt der Möglichkeiten der Gruppe liegen – hier gilt der bekannte Satz von der Stärke der Kette, die sich nach dem schwächsten Glied richtet. Überfordern wir uns und/oder unsere Schutzbefohlenen, so erzeugt dasFrustrationen und kann sogar gefährlich werden. Aber auch wenn die Schwierig-keiten im Bereich des Machbaren liegen, kann es zu Pannen kommen und wer langegenug mit dem Kanu unterwegs ist, der wird auch die ein oder andere Schwimm-strecke erleben müssen. Mit Hindernissen rechnen, sich ihnen immer wieder stellen und sie beherrschen lernen, seine Grenzen richtig einschätzen können und letztlich das Erlernen des Eskimotierens werden die geschwommenen Fluss(kilo)meter aber reduzieren helfen.

Kurven

Enge Kurven auf schmalen Gewässern bringen das Problem mit sich, dass sie den Blick Strom abwärts behindern, hinter der Kurve könnten gefährliche Hindernisse lauern. Hat man den Fluss begangen, ist das kein Problem, ansonsten gilt es nur heilum die Kurve zu kommen. Dazu nähert man sich der Kurve an der Innenseite, hier fließt das Wasser langsamer und meist ist ein Notstopp möglich. Bei der Einfahrt zeigt die Bootsspitze leicht zur Kurveninnenseite. Dann lässt man sich durch die Kurve tragen, wenn man sieht, dass die Kurve frei von Hindernissen ist, lässt man sich zur Außenseite treiben und fährt mit dem schnell fließenden Wasser weiter.Tauchen Hindernisse auf, ist es nun leicht, ans rettende Ufer in der Innenkurve zu gelangen. Sollte die Strömung das Boot dennoch in Büsche in der Außenkurve treiben, bleibt meist nur klein machen, Paddel eng ans Boot und durch treiben lassen. Wird das Kanu zu einer glatten Wand, die die Außenkurve einfasst, gedrückt, so kantet man zur Wand an, stützt sich an der Wand ab und lässt sich durch die Kurve treiben. Nie vom Hindernis weg legen, das führt unweigerlich zur Kenterung, da die Strömung aufs Boot drückt und es umdreht.

Blöcke und sonstige Hindernisse

Irgendwann wird fast jeder Paddler in die Situation kommen, quer auf ein Hindernis getrieben zu werden. Wichtig ist es dann, immer die Bergseite anzukanten und sich zum Hindernis hin zu legen: „Der Stein ist dein Freund“. Mit dem Paddel oder Arm und Schulter stützt man sich dagegen und drückt sich um das Hindernis herum. Gerade bei Anfängern sieht man aber immer wieder die gegenteilige Reaktion, sie lehnen sich vom Hindernis weg, das Wasser läuft aufs Boot und bringt es zur Kenterung und den Paddlern droht dann gefährliches Schwimmen oder gar die Gefahr zwischen Boot und Hindernis verklemmt zu werden. Diese Situation sollte man daher immer wieder üben. Dazu eignet sich flott fließendes, flaches Wasser undein dicker angespülter Stein. Ein Partner steht dabei immer am Stein zur Hilfe bereit.

Prallpolster und Unterspülung

Felshindernisse im Stromzug oder Außenwände in Kurven zerfallen in zwei Kategorien: harmlose Hindernisse mit Prallpolstern und gefährliche mit Unterspü-lungen. Prallt die Hauptströmung nahezu senkrecht auf ein Hindernis, so bildet sich davor eine Strömungsform, die Prall- oder Presswasser genannt wird. Es entsteht eine Walze, die je nach Ausformung des Hindernisses als Prallpolster nach oben dreht, als Unterspülung nach unten zieht oder eine Mischform. Prallpolster sind harmlos, man kann dagegen stützen und das Hindernis umfahren. Unterspülungen sind am fehlenden Prallpolster leicht zu erkennen, das Wasser zieht nach unten und kann das Boot kentern und einen Schwimmer in eine sehr unangenehme Situation bringen. Man hält deshalb vor unterspülten Hindernissen den größtmöglichen Sicher-heitsabstand.

Walzen und Rückläufe

Manche Walzen auf viel befahrenen Flüssen haben bei den Kanuten Namen bekommen, ein Zeichen der Achtung vor dieser Strömungsform, doch lassen Namen wie „Waschmaschine“ oder „Favoritenkiller“ nichts Gutes erwarten. Aber auch auf wenig bekannten und kleinen Flüssen trifft man immer wieder diese Strömungsform und sollte sie mit Vorsicht genießen. Walzen, die durch natürliche Wasserläufe entstehen sind seltener so gefährlich, wie die Rückläufe hinter Wehren, deshalb sind sie meist befahrbar.

Kanufahren Grundlagen der Fahrtechnik 46

Die Fahrtaktik spielt auf stehenden Gewässern eine eher untergeordnete Rolle und soll deshalb hier nicht

behandelt werden. Aber es gilt auch dort, sich der Sicherheitsanforde-rungen bewusst zu sein (Mehr dazu imKapitel Sicherheit!).

Der Meister des Kanucartoons William Neely erklärt uns in seinem empfeh-lenswerten Buch bildlich die Entstehungvon Walzen.Quelle: Wiliam Neely „Lusitge Kajakschule“

Paddeln durch Walzen

Befindet man sich vor einer großen Walzen ist die Taktik einfach: Beschleunigen so stark man kann, den Bug Strom abwärts halten und auch in der Enge die Geschwin-digkeit beibehalten. Schlägt das Wasser einem übers Vorderschiff an die Brust, kräftig in den „Rücken“ der Welle stechen und hindurch. Handelt es sich um eine Oberflächenwalze, nimmt das ablaufende Wasser das Paddelblatt mit und man ist hindurch. Man muss immer mit kräftigen Schlägen verhindern, dass die Walze das Boot quer in die Klauen bekommt. Hier gilt ganz besonders: „Schnelligkeit ist Sicherheit!“. Vor allem bei offenen Booten, die schnell Wasser nehmen und dann fast nicht mehr zu steuern sind. Hier bleibt als Fahrtaktik oft nur das Umtragen.

Surfen und Walzenreiten

Dies sind im Kajak und Wildwasser tauglichen Kanadier hervorragende Übungen für Gleichgewichtsempfinden und Bootskontrolle. Die Wahl der richtigen Walze bedarf einiger Vorsicht. Man wählt eine kleine Walze, von der man weiß, wo sie einen Ablaufhat und achtet auf Helfer in der Nähe. Sicher wird es beim Üben nicht ohne Kente-rungen abgehen, weshalb das Beherrschen der Eskimorolle viel Aussteigen, Schwimmen und Bergen erspart.Beim Surfen fährt man bewusst seitlich in die Walze und lässt sich packen. Das Kanuist zur Bergseite angekantet und man stützt flach auf der schäumenden Welle talseits. Es sollte möglichst viel Gewicht auf dem Gesäß und nicht dem Paddel ruhen. Je besser man das Gleichgewicht hält, umso mehr kann das Paddel entlastet werden. Mitunter gelingt zur Freude der Fans sogar ein freies Sitzen in der Walze. Das macht Spaß und man übt dabei Verhaltensweisen, wenn man mal unbeab-sichtigt in einer Walze festsitzt. Nur sollte man immer darauf achten, dass nicht zu viel Gewicht auf dem Blatt liegt und man solange wie möglich die flache Paddelstützebenutzt. Nur bei hohen Walzen sollte man den Paddelhang benutzen, dabei den Schaft niemals über Kopfhöhe bringen und nicht mit ausgestrecktem Arm arbeiten, ganz leicht kann sonst das Schultergelenk ausgekugelt werden.

Entkommen aus Walzen

Auch wenn das Spiel in der Walze noch so viel Spaß macht, irgendwann will man entkommen und bei ungewollter Gefangenschaft umso eher.Es gibt drei Möglichkeiten der Flucht. Bei der einfachsten wechselt man von der flachen Stütze in den Paddelhang (Auf sichere, heißt niedrige Paddelhaltung achten!)und sucht sich Halt im ablaufenden Wasser hinter der Walze, das einen dann aus derWalze zieht. Sollte man damit keinen Erfolg haben, kann die „Rakete“ das Mittel der Wahl sein, dies ist allerdings eine Technik, die wohl eher der fortgeschrittene Paddleranwenden kann. Man lässt das Heck tief einsinken und sich dann Raketen gleich herausschießen. Sollte all dies nichts bringen bleibt nur die Möglichkeit sich aus der Walze kentern zu lassen. Aber Achtung, es muss immer eine ablaufende Tiefen-strömung vorhanden sein, die den Oberkörper erfassen und Boot und Paddler herausziehen kann. Tief Luft holen, vorwärts einknicken und Strom abwärts kentern. Ohne Panik und mit etwas Geduld das Ende der Turbulenzen abwarten und dann - wer's kann – hoch rollen oder - glücklich heil heraus zu sein - aussteigen und schwimmen.

Tief reichende Walzen

Niemals sollte man an diesen gefährlichen Stellen üben, denn es ist fast unmöglich nicht darin zu kentern. Fast immer strömt Wasser aufs Deck und wirft das Boot um. Jede Eskimorolle bringt einen nur immer wieder in die gleiche Situation, dann hilft nurSchwimmen oder die Rettung durch Helfer. Aber auch bei Befahrungen hält man sicham besten von solchen Walzen fern und meidet Hindernisse wie senkrechte Wehre, Schleusenüberläufe oder überschwemmte Steinschüttungen. Lässt sich eine Befahrung nicht vermeiden, gilt es so kräftig wie möglich zu beschleunigen, um damitden Flug soweit wie möglich zu machen, damit kann man vielleicht den größten Teil der Walze überfliegen. Schon in der Luft den ersten Paddelschlag vorbereiten und sofort ausführen, wenn man das Wasser wieder berührt. Danach entfernt man sich mit kräftigen Schlägen so schnell wie möglich vom Rücklaufbereich.

Stufen

Auch auf leichteren Flüssen und somit im Erlebnisbereich des Anfängers kann es kleine Stufen geben. Die Spezialisten bewältigen mittlerweile schon Wasserfälle mit über 30 m Höhenunterschied, aber immer gilt, bevor eine Stufe befahren wird, muss man sich Klarheit über den Landebereich verschaffen. Hat man ein ausreichend tiefes Becken ohne unsichtbare Hindernisse, gilt es noch den Rücklauf einzu-schätzen. Er darf keinesfalls so extrem sein, dass man vom Rücklauf festgehalten wird oder im Falle eine Kenterung nicht entkommen kann. Kommt man zum Schluss, dass die Befahrung der Stufe gewagt werden kann, so fährt man mit höchstmöglicherGeschwindigkeit an die Kante heran und benutzt dann die Technik des „Boofens“.

Kanufahren Grundlagen der Fahrtechnik 47

Surfen in der Schrägwalze – ein großer Spaß!

Stimmt die Balance, wird das Paddel nicht gebraucht.Quelle: Eigene Fotos

Dabei wird im Kanu mit dem letzten Paddelschlag vor der Kante die Hüfte nach vorne gerissen, um eine flachere Flugbahn zu erreichen, was zu einer flacheren Landung führt, die Gefahr des tiefen Eintauchens reduziert und einem über den Rücklauf hinweg hilft. Auch im Kanadier ist auf eine möglichst flache Flugkurve zu achten.

Längere Stromschnellen – Katarakte

Wenn man die ersten kleinen Stromschnellen gemeistert hat und die ausgewählten Flüsse schwieriger werden, wird man irgendwann vor dem Problem der Befahrung eines ganzen Kataraktes, das heißt einer mit Felsen gespickten, längeren Strom-schnelle stehen. Man muss dabei schrittweise vorgehen.Zu Beginn wird die Stelle inspiziert, wenn sie ganz einsehbar ist, was eher selten vorkommt, vom Boot aus, sonst stoppt man die Fahrt und besichtigt vom Ufer aus. Dabei schätzt man Gefahrenstellen ab, legt die beste Ein- und Durchfahrt fest, prägt sich den Weg ein, merkt sich Stopp- und Ruhemöglichkeiten und sucht eventuelle Rettungsstellen.Jetzt kann die Fahrt beginnen, man besteigt das Boot, vergewissert sich erneut der Ausrüstung und erinnert sich nochmals der Ein- und Durchfahrt, dann ablegen und Konzentration auf den richtigen Weg. Unten angekommen folgt immer eine Analyse der Fahrt: Wo habe ich Fehler gemacht? Was kann ich verbessern? War die Befahrung sicher oder habe ich nur Glück gehabt? - oder auch: Wie kann ich beim nächsten Mal das Kentern vermeiden? Jede Erfahrung, ob angenehm oder scheußlich, macht uns zu besseren Kanufahrern.

KanufahrenFahrtenvorbereitung

Wenn man erst mal auf die ersten Stromschnellen zu fährt oder draußen auf dem großen See paddelt, ist es zu spät, sich Sorgen zu machen. Die wichtigsten Dinge müssen vor der Fahrt berücksichtigt werden.

Sicherheitsausrüstung

Was zur vollständigen Ausrüstung gehört, wurde am Anfang der Informationen ausführlich beschrieben.Hier nochmals alles in Kurzform:

• geeignetes Kanu• Paddel (eventuell Reservepaddel)• wasserdichter Behälter mit Notapotheke• Wurfsack (im bewegten Wasser)• angepasste Kleidung (eventuell Kälteschutzbekleidung)• Helm (im Wildwasser immer)• Schwimmweste • zusätzliches Rettungsgerät.

Vor jeder Fahrt gilt es nun die Ausrüstung zu kontrollieren, fehlendes Material nachzurüsten und vorhandenes auf einwandfreien Zustand zu überprüfen. Überal-tertes Material erfüllt nicht die Anforderungen und muss ausgetauscht werden.

Tourenplanung und Flussbegehung

Wer seine Touren richtig plant, wird nicht in unerwartete Schwierigkeiten geraten. EinStudium von Kartenmaterial und Flussführern sowie die Befragung von Paddel-freunden oder Kennern vor Ort verschaffen uns wichtige Informationen. Aber Vorsicht, allen Auskünften und Beschreibungen das nötige Misstrauen entgegen-bringen, denn Flussläufe ändern sich häufig und können einen guten Tipp zur Fehlinformation machen. Bei Fahrten auf Großgewässern ist das Einholen eines aktuellen und verlässlichen Wetterberichts unerlässlich.Als sehr hilfreich haben sich die Flussführer des Deutschen Kanu-Verbandes erwiesen. Sie werden für jede Neuauflage aktualisiert und sind für viele Paddel-reviere erhältlich. Daneben spielt natürlich das Internet eine immer wichtigere Rolle.

In einer Gruppe zu fahren macht nicht nur mehr Spaß und erleichtert das Versetzen von Fahrzeugen, es ist auch eine Art Versicherung in schwierigen Situationen. Die Partner sollten sich kennen oder klare Abmachungen vor der Fahrt treffen, das bedeutet, Vor- und Nachfahrer festlegen, sich über wichtige Zeichen verständigen und gegenseitig überwachen.Fährt man nahe an der eigenen Leistungsgrenze oder auf völlig unbekannten

Kanufahren Grundlagen der Fahrtechnik - Fahrtenvorbereitung 48

Nur WW II und doch schon lang und kompliziert die Stromschnelle/Katarakt: „Charlemage“, Ardèche, FQuelle: Google maps

Die Ausrüstung muss den zu befahrenden Gewässern angepasst sein.

Kanuführer können natur-gemäß nicht immer ganz aktuell sein. Sie sind deshalb mit Vorsicht zu

genießen. Im Internet gibt es auch viele Informationen. Tipp: www.kanu.de

Gewässern, muss der Befahrung immer eine Begehung der schwierigen Streckenab-schnitte vorausgehen, das schützt vor unliebsamen Überraschungen.Leiter von Gruppen führen diese nur in Gewässern, die sie gut kennen oder über die sie genug Informationen gesammelt haben. Und natürlich nur in Schwierigkeitsbe-reichen, die deutlich unter den eigenen Grenzen liegen.

Aufwärmen vor dem Paddeln

Wie in jeden Sport sollte man vor Beginn ein Aufwärmprogramm absolvieren, das hilft Verletzungen, wie sie bei kalter Muskulatur leichter passieren können, vorzu-beugen. Das Aufwärmprogramm kann in Spielform durchgeführt werden. Dann macht es mehr Spaß. Am besten legt man sich ein Kurzprogramm zurecht, das dann routinemäßig vor jedem Start abgespult wird. Gerade wenn man besonders scharf aufs Ablegen ist oder die Konzentration schon ganz den zu bewältigenden Schwierig-keiten gilt, heißt es, sich haarscharf ans Programm zu halten und konsequent zu sein.

Die Startroutine

Diese Routine umfasst vier wichtige Punkte und sollte vor jeder Fahrt durchgeführt werden.

1. Überprüfung der Ausrüstung

2. Aufwärmen des Körpers

3. Absprachen in der Gruppe

4. Memorieren der Route und aller wichtigen Informationen

Nachbereitung

Dies ist leider ein teilweise sträflich vernachlässigter Teil des Paddelns. Aber er beinhaltet wichtige Teile, wie Materialpflege und Reflexion. Dabei ist die Rückmeldung der Gruppenmitglieder für zukünftige Planungen wichtig und sollte nicht vergessen werden. Und letztlich hört man auch noch mal ganz tief in sich selbsthinein und prüft Erwartungen und Vorgaben mit der Realität ab.

Eine Tabelle soll alles verdeutlichen

Fahrtenvorbereitung

Grobe Tourplanung Direkte Fahrtenvorbereitung Vorbereitung einzelnerStellen

Nachbereitung

• Personenkreis• Erfahrungsstand• Berücksichtigung der

Jahreszeit• Fahrtziel aussuchen• Fahrtenleitung

bestimmen• Logistik: Quartier,

Transport, Verpflegung• Planung Vorfahrt• Info-Material:

Flussführer, Literatur• Persönliche Berichte• Eventuell

Vorbereitungstraining• Materialauswahl• Ausrüstung

vervollständigen• Wetterbeeinträchtigun-

gen• Alternativvorschläge• Schwimmfähigkeit der

Teilnehmenden• Anzahl der Kfz-Fahrer• Gewässerart• Befahrungsregeln,

Sperrungen, Schifffahrtsordnung

• Treffpunkt und Zeitpunkt• Materialkontrolle• Wasserstand erkunden• Ersatzmaterial• Ein- und Ausstieg• Strecke eventuell mit

Auto abfahren und erkunden

• Schwierige Stellen anschauen

• Wer fährt?• Wurfsack dabei?• Erste-Hilfe-Set• Wechselkleidung• Verpflegung• Organisation des Auto-

Versetzen• Reihenfolge der

Teilnehmenden• Vor- und Nachfahrer• Gruppengröße

• Besprechung der Durchfahrt

• Besichtigung der Ufer• Auswahl der Fahrer nach

Können• Ein- und Ausstiege vor

der Gefahrenstelle erkunden

• Abklären der Siche-rungsmaßnahmen

• Wurfsacksicherung• Einweiser für die

Durchfahrt• Sicherung im Boot• Stelle einzeln befahren• Kehrwasser vorher

erkunden

• Materialversorgung• Vergleich Planung und

Durchführung• Lohnt sich weitere

Befahrung• Umwelt gerechtes

Verhalten der Gruppe?• Wasserstand• War die Strecke für alle

geeignet?• Was ist nächstes Mal zu

verändern?• War die Gruppe dem

Fluss angepasst?• Streckeneinteilung

sinnvoll?• Vergleich Flussführer –

Wirklichkeit• Weitermelden bisher

unbekannter Gefahren• Materialinstandsetzung

Kanufahren Fahrtenvorbereitung 49

Sicherheit im KanusportUnfälle vermeiden

Ursachen eines Mythos

Viele „ungefährliche“ Sportarten, wie z. B. Fußball bei den Männern oder Reiten bei den Frauen weisen (auch relativ zur Häufigkeit) erheblich höhere Zahlen von Verletzten auf als das Paddeln. Denn kleine Blessuren, wie Blasen an den Händen oder mal etwas abgeschürfte Haut, sind meist das Schlimmste, was passiert. Ausge-kugelte Schultergelenke, eine häufigere Paddelverletzung, tritt meist beim Spielen in Walzen auf - eine Sache der Fortgeschrittenen. Doch liest und hört man immer wieder von tödlichen Unfällen beim Kanusport, was den Ruf einer gefährlichen Sportart erzeugt. Hier soll kein falsches Bild gezeichnet werden, Wasser birgt die Gefahr darin zu ertrinken. Aber untersucht man die Zahl der tödlichen Kanuunfälle, dann stellt man auch fest, wo die Fehler liegen und wer die bedauerlichen Opfer sind: In einer Untersuchung über fünf Jahre wurde festgestellt, dass ein Drittel aller tödlichen Unfälle an Wehranlagen passiert, meist von unerfahrenen Fahrern, die keine Ahnung von den Gefahren haben. Ein weiteres Fünftel der Unfälle ereignete sich im Bereich Wildwasser III-IV, einer Schwierigkeitsstufe in der sich durch das gute Bootsmaterial mehr und mehr Paddler wagen, die diesen Schwierigkeiten bei weitem nicht gewachsen sind. Was wir daraus ersehen können, ist die Tatsache, dass unser Sport Gefahren birgt, vor denen schon gewarnt wurde, aber auch sicher betrieben werden kann, wenn man sich vor Gefahren hütet und innerhalb seiner Grenzen bleibt. Wahren Mut erkennt man, wo Paddler ihr Boot um ein Hindernis tragen und nicht, wo Ahnungslose sich und andere blindlings in Gefahr bringen.

Gruppentaktik

„Jede Gruppe ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied“. Nirgends gilt dieser Spruch mehr, als im Kanusport. Weit draußen auf dem See verlassen zwei Bootsbe-satzungen die Kräfte; in der bedrückenden, engen Klamm klappt bei einem Paddler kein Fahrmanöver mehr; auf dem harmlosen Kleinfluss paddeln zwei undisziplinierte Jugendliche dem Übungsleiter davon, direkt aufs unfahrbare Wehr zu ...Nur ein paar Beispiele, die klar machen, wie stark das Verhalten Einzelner die ganze Gruppe beeinflusst und Gefahren erzeugt.Deshalb soll dieses Thema an den Anfang der Betrachtungen zur Unfallvermeidung gestellt werden.

Alleinfahrten

Sobald man auf dem Wasser – gleich ob Meer, Zahmwasser oder Wildwasser - alleinunterwegs ist, potenzieren sich die Gefahren. Gründe für Alleinfahrten, wie etwa Zeitersparnis (beim Bergsport durchaus ein Faktor) sind beim Paddeln kaum relevant. Es bleibt also nur der Grund, des Gefühls wegen alleine unterwegs zu sein und alles allein gemeistert zu haben. Die Risiken, die man dafür in Kauf nimmt, scheinen in keinerlei angemessenem Verhältnis zum Gewinn zu stehen. Was macht der Solopaddler im Fall eines Klemmunfalls im Wildwasser? Was im Falle einer Kenterung weit draußen auf dem See? Was passiert mit ihm, wenn er schwimmen muss und sich niemand ums Material kümmert? Wer hilft, wenn bei einem Aufprall auf ein Hindernis eine Verletzung zur Ohnmacht führt? Wer holt Rettung, wenn der Paddler nicht mehr dazu in der Lage ist? Nein, Einzelfahrten müssen nicht sein - auf keinem Fall nahe der Leistungsgrenze!Dieses Skript richtet sich an zukünftige Gruppenführer.

Gruppenfahrten

Der Spaß in der Gruppe, das gemeinsame Erleben, aber vor allem das Einander-hel-fen-können, sind die Gründe, die für Gruppenfahrten sprechen. Bei ungleicher Leistungsstärke in der Gruppe, lernen die Anfänger von den Könnern, diese wiederum erleben sich als wertvolle Helfer und vertiefen ihre Kenntnisse, indem sie andere lehren. Bei homogenen Gruppen werden plötzlich Schwierigkeiten fahrbar, die sich keiner alleine zutrauen würde und sollte. Man kann Katarakte, Stufen oder sonstige Schwierigkeiten absichern und auch mal eine Befahrung riskieren, an der man scheitern könnte - die Helfer stehen bereit.Auf großen Gewässern sind ausreichend helfende Boote in der Nähe, um bei einer Kenterung das Umdrehen, Lenzen und erneuten Einstieg ins Boot für die Schwimmerzu ermöglichen.Im Bereich Kanusport und Schule/Jugendarbeit wird es sich sowieso immer um Gruppenfahrten handeln, denn kein Betreuer/Lehrer kann und wird es einem Schülererlauben, alleine aufs Wasser zu gehen.

Sicherheit im Kanusport Unfälle vermeiden 50

Hauptaufgabe von Kanukursen muss es sein, den Teilnehmenden so viel Wissen über den Kanusport

zu vermitteln, dass er zu dem wird, was er sein kann: Ein wunderschöner, ungefährlicher Sport voller Erlebnis-möglichkeiten.

Alleinfahrten bergen das Risiko, dass selbst kleine Unfälle und Missgeschicke schlimmste Folgen nach

sich ziehen können.

Führung und Nachfahrer

Sowohl die Ersten, wie auch die letzten Paddler sollten immer die besten der Gruppesein. Beim Zweierkanadier gilt entsprechend das erste bzw. letzte Boot. Wer vorne fährt, muss die richtigen Entscheidungen treffen können und entsprechend des Schwächsten der Gruppe entscheiden, ob und wie eine Stelle zu befahren ist. Der Vorfahrer muss in der Lage sein, die Stromschnellen sicher zu befahren, damit sich die anderen an ihm orientieren können, besonders dann, wenn Anfänger mitfahren. Er wartet am Ende von schwierigen Stellen im Kehrwasser, um sofort Hilfe leisten zu können. Das verlangt einiges an Erfahrung und Bootsbeherrschung. Gleiches gilt auch für den Letzten der Gruppe, denn der Nachfahrer ist meistens außer Sicht der anderen, kommt er in Schwierigkeiten, vergeht oft viel Zeit bis Hilfe geleistet werden kann.Daneben muss das erste Boot immer genaue Kenntnisse der Strecke besitzen, um die Gruppe deutlich vor Gefahrenstellen zu stoppen und das weitere Vorgehen zu besprechen.

Gruppengröße

Es soll hier immer von Booten gesprochen werden. Das bedeutet, dass es sich bei einer Dreiergruppe Kajaks um 3 Fahrer handelt, bei einer gleich großen Gruppe von Zweierkanadiern aber um 6 Personen. Entscheidend ist eher die Bootszahl, als die Paddlerzahl. Als optimal haben sich Teams mit vier bis sechs Booten erwiesen, aber wenn die Gruppenordnung eingehalten wird, die Schwierigkeiten nicht zu groß und die Gewässer ausreichend breit sind, kann man auch mit ein paar Booten mehr fahren. Als untere Grenze ist ein Dreier-Team anzusehen, denn nur so lassen sich schwierige Stellen absichern und einem in Not geratenen Paddler helfen.

Hand- bzw. Paddelzeichen

Besonders im Wildwasser, wo man mit einem Sicherheitsabstand fährt und der Lärm des Wassers eine verbale Verständigung unmöglich macht, bleiben nur Zeichen um Informationen weiterzugeben. Die Signale müssen vor der Fahrt für alle eindeutig abgesprochen werden und gut zu unterscheiden sein. Man sollte sich auf wenige, wichtige Zeichen beschränken und sie so wählen, dass sich der Vorfahrer nicht umdrehen muss, um verstanden zu werden. Von Zeit zu Zeit wurden die unterschied-lichsten Vorschläge für eine Zeichensprache gemacht. Leider hat sich bislang noch keine einheitliche Zeichensprache etabliert. Als hilfreich haben sich Zeichensysteme gezeigt bei denen das Zeichen für Stopp mit starrer Hand/Paddel und das Zeichen für Fahren mit bewegter Hand/Paddel gegeben werden.

Absichern der Strecke

Um eine Passage absichern zu können, müssen je nach Schwierigkeit ein oder mehrere Helfer bereitgestellt werden. Die Maßnahmen, die jeder Posten zu ergreifen hat, müssen im Vorfeld abgeklärt werden und die notwendige Sicherheitsausrüstung für die Helfer, wie Helm, Schwimmweste, Wurfsack, Karabiner und Messer, müssen vorhanden sein. Als Retter kommen nur Leute in Frage, die selbst gute Kanufahrer sind oder genau über die zu ergreifenden Maßnahmen Bescheid wissen. Die Sicher-heitsposten müssen selbst ausreichend gesichert sein, das bedeutet einen guten Stand zu haben oder wenn sie notfalls selbst springend eingreifen müssen, angeseiltzu sein. Ein Retter, der selbst in Gefahr kommt, macht die ganze Situation nur noch gefährlicher.Wichtig ist auch eine gute Wahl der Positionen für die Streckenposten. Wo kann was passieren? Habe ich eine gute Stelle für einen Wurf des Wurfsacks? Solche und ähnliche Fragen müssen im Vorfeld geklärt werden, genauso wie die kritischen Punkte und die Konsequenzen für den Paddler. Bei einem eingespielten Team wird das schnell und ohne zu viele Worte zu klären sein. Anfänger und neue Gruppen müssen sich immer klar verständigen.

Gefahren im Kanusport

Die Kenntnis über mögliche Gefahrenquellen ist ein erster und wichtiger Schritt zur Unfallvermeidung. Es sollen im Folgenden die Risikofaktoren von verschiedenen Gewässertypen besprochen werden. Dabei wird der Bereich Großgewässer (Meer, große Seen und Schifffahrtsstraßen) sowie der Bereich bewegtes Wasser (Zahmwasser und Wildwasser) zusammengefasst. Dem zweiten Bereich gilt – da er viel mehr befahren wird – natürlich das Hauptaugenmerk.

Großgewässer

Wetter und Seegang

Die Hauptgefahrenquelle bei der Befahrung von Großgewässern sind sicherlich die Wetter- und Windverhältnisse. Wagt man sich weit auf große Seen oder das offene

Sicherheit im Kanusport Unfälle vermeiden 51

Das erste und das letzte Boot sind die besten Boote der Gruppe. Bei geführten Fahrten paddelt ein Übungs-

leiter vorne, der andere oder ein Paddler, dem er vertrauen kann, hinten.

Merkmale guter Zeichen-systeme: • Wenige, deutliche

Zeichen • Abstimmen vor jeder

Fahrt• Ein unmissverständ-

liches Zeichen für den Notstopp muss vorhanden sein.

Eine Gefahrenstelle wird vorder Befahrung abgesichert. Eine ungeplante Rettungs-aktion aus der Not heraus

sollte nicht vorkommen.

Meer hinaus, so dauert es bei Wetterumschwüngen lange Zeit bis man wieder das rettende Ufer erreicht hat und sich in Sicherheit bringen kann. Das Einholen einer verlässlichen Wettervorhersage ist ein absolutes Muss. Schon beim Aufkommen von mäßigem Wind wird aus der ruhigen Bucht oder dem stillen See schnell ein gefährliches Auf und Ab. Die Techniken der Eskimorolle im Seekajak und die Hilfeleistung für offenen Boote durch die Gruppenmitglieder müssen – auch unter schwierigen Umständen – perfekt beherrscht werden.

Strömungen

Auf dem offenen Meer kommt noch ein weitere wichtiger Punkt hinzu. Es sind die mit dem Auge nicht erkennbaren Meeresströmungen. Vor allem ablandige Strömungen können eine große Gefahr darstellen, da die Geschwindigkeit mitunter so groß ist, dass nicht auf Dauer dagegen angepaddelt werden kann.Auf solchen Gewässern hat man als Gruppenleiter mit Gruppen nichts verloren.

Großschifffahrt

Ein weiteres großes Risiko auf dem Meer, großen Seen und Binnenschifffahrtss-traßen stellt der Schiffsverkehr dar. Für die großen Schiffe sind kleine Kanus kaum zu sehen und sie können nur sehr bedingt ausweichen oder gar bremsen. Besondersgefährlich wird es, wenn man die Fahrrinne queren muss. Hier gilt es Abstand zu halten und zu beachten, dass die Großschifffahrt immer Vorfahrt hat. Genaue Kennt-nisse der Schifffahrtszeichen und -regeln ist unerlässlich.

Fließgewässer

Die Gefahren die dem Kanuten hier drohen sind vielfältiger Art und wachsen mit der Schwierigkeit der befahrenen Flüsse. Viele Gefahren können ganz leicht reduziert werden, wenn man sie sich bewusst macht und entsprechende Verhaltensregeln trainiert hat und praktiziert. Übergroße Angst ist ein schlechter Mitfahrer im Boot, aber ein Paddler ohne berechtigte Ängste und die daraus resultierende Vor- und Umsicht wird sich und andere ganz schnell in größte Gefahren bringen, was mitunter tödliche Folgen haben kann

Wehre

Wehre sind kein Wildwasser. Wenn sie hier trotzdem an erster und wichtigster Stelle behandelt werden, dann hat das einen Grund, sie sind gefährlich, oft sogar lebensge-fährlich!Wehre dienen der Regulierung der Fließgewässer, sie sichern Brückenbauwerke, sie bevorraten Wasser, liefern Wasser zum Antrieb von Maschinen und Turbinen oder dienen der Bewässerung. Es gibt sie in verschiedenen Bauformen mit unterschied-lichem Gefahrenpotential.

Schrägwehre sind bis Mittelwasser oft sicher befahrbar, werden bei Hochwasser gefährlich.

Blockwurfwehre sind meist Schrägwehre, oft im Zuge von Renaturierungsmaß-nahmen entstanden, stellen sie die „natürlichste“ Wehrform dar. Die meist scharfkantigen Felsbrocken an sich bergen das Risiko von Verklemmen und Verlet-zungen im Kenterfall. Äußerst gefährlich sind die Sicherungen der Blockwürfe entweder durch senkrecht hochstehende Eisenschienen oder Stahlseilschlingen.

Stufenwehre haben meist einzelne Bassins, die den Fischen das Überwinden des Wehres erlauben. In jedem Bassin kann es Walzen geben oder zu Verklemmungen kommen, dann ist die Rettung oft sehr schwierig.

Steilwehre erzeugen meist gefährliche Walzen. Wenn man sie unbedingt befahren will, sollte es auf jedem Fall mit voller Fahrt geschehen um so den Rücklauf zu überspringen. Ist der Rücklaufbereich zu ausgedehnt droht größte Gefahr.

Kastenwehre sind die gefährlichste Wehrform überhaupt. Im Ablaufbereich des Wassers ist eine Mauer eingebaut, die das so genannte Tosbecken bildet. Hier soll die Wasserenergie neutralisiert und der Fluss mit Sauerstoff angereichert werden. Für Kanuten ist ein solches Wehr nicht gebaut. Neben der Gefahr im Rücklauf gefangen zu werden und dann zu ertrinken, besteht bei Kenterungen die Gefahr der Kopfverletzung an der Mauer des Tosbeckens.

Schrägwehr mit Bildung einer Deckwalze

Steilwehr mit Bildung einer Tiefen-walzen mit gefährlichem Rücklauf

Kastenwehr mit Tosbecken mit Bildungeiner Tiefenwalze mit sehr gefähr-lichem RücklaufQuelle: Eigene Grafik (nach Vorlage)

Zwei von vielen Markierungen auf Schifffahrtsstraßen – sie müssen ebenso bekannt sein, wie die Verkehrs-regeln.Quelle: www.wsv.de

Sicherheit im Kanusport Unfälle vermeiden 52

Auf großen Seen ist es schon zu Ertrinkungsun-fällen gekommen, weil es Gruppen nicht geschafft

haben, ihren gekenterten Mitfahrern wieder ins Boot zu helfen.

Eine Übersicht über alle Zeichen gibt es hier:

http://www.elwis.de/Freizeitschifffahrt/Verkehrsvorschriften/allgemein/Sichtzeichen-un-d-Schallsignale-Binnen.pdf

Sonstige Wehrformen gibt noch viele in vielen weiteren Bauweisen, ihnen allen ist gemein, dass sie nicht zur Freude von Kanuten gebaut wurden und deshalb unter-schiedliche Gefahren darstellen.Besonders soll noch auf Wehrformen mit verstellbaren Klappen und Schotts hinge-wiesen werden, die sich in ihrer Gefährlichkeit je nach Stellung der Klappe verändernund zum Teil lebensgefährlich sein können.

Unechte Wehre sind Wehre, die keinen Rückstau erzeugen und es deshalb extrem schwer machen sie bei der Anfahrt zu erkennen und rechtzeitig anzuhalten.

Es soll nochmals erwähnt werden, dass sich ein Drittel aller tödlicher Kanuunfälle im Bereich von Wehranlagen ereignen. Deshalb gilt es folgendes zu beachten:

• Informationen über Wehre vor der Befahrung eines Flusses sammeln• deutlich vor dem Wehr anlanden• das Wehr eingehend besichtigen• ist es fahrbar, die Ablaufströmung nutzen• die Wehrkante mit "full power" überspringen• einzeln befahren und gegenseitig absichern

Bäume, Brücken, Stege und Zäune

Auf Fließgewässern trifft man auch immer wieder auf Hindernisse, die in keinem Kanuführer vermerkt sind. Sie treten meist überraschend auf und können unange-nehme Folgen haben. Schon Bäume am Ufer mit ihren zum Teil weit ins Wasser ausladenden Ästen und Zweigen sind mitunter störende Zeitgenossen, denn oft machen sie, gerade auf schmalen Flüssen die Ideallinie unpassierbar, manchmal liegen sie aber auch quer im Flusslauf und können Abschnitte unfahrbar machen. Mitunter bilden ihre Äste über und unter Wasser einen so genannten Rechen, das Wasser kann in den Zwischenräumen fast ungehindert fließen, Boot und Mensch aber können nicht hindurch und werden von der Strömung im Hindernis festgehalten.An solchen Stellen gibt es nur eins: wenn möglich weiträumig umfahren oder die Stelle umtragen.

Eine andere Gefahrenquelle sind Brücken und Stege. Ob von ihnen Gefahr ausgeht, hängt weitestgehend vom jeweiligen Wasserstand und ihrer Bauhöhe ab. Sind Stege bei Niedrigwasser leicht unterfahrbar, können sie bei Hochwasser ein unfahrbares Hindernis darstellen oder aber auch ganz unter den Wassermassen verschwunden sein. Hohe Brücken erzeugen mit ihren Brückenpfeilern im schnell fließenden Wasser meist gefährliche Strudel. Es gilt deshalb Angaben in Kanuführern mit Vorsicht zu genießen und bei Fahrten in der Nähe menschlichen Tuns immer voraus-schauend zu sein. Ob ein Steg unterfahren werden kann, hängt von seiner Bauart, aber auch vom Flusslauf unter ihm ab. Selbst unter niedrigsten Stegen über ruhigem Wasser kann man sich mit einigem Geschick durch quälen, ist aber das Wasser bewegt, können stehende Wellen auch bei höheren Stegen leicht zu einem "Helmtest" oder Schlimmerem führen.

Eine Gefahr für sich bilden sperriger Müll, Eisenteile, Drähte oder gar quer über den Bach gespannte Zäune, oft genug auch noch elektrisch geladen. Meist sind unumsichtige Menschen dafür verantwortlich und in der Nähe von Industrieanlagen, Baustellen, Weideland oder Ortschaften ist größte Vorsicht geboten. Manchmal ist esaber auch das Hochwasser, das den Unrat irgendwo mitreißt und an unpassenden Stellen ablegt.

Stufen und Wasserfälle

Stufen sind vertikale Abrisse im Flussbett. Ab einer entsprechenden Höhe spricht man von Wasserfällen. Mittlerweile werden im Kajaksport Wasserfälle mit Höhen von über 30 m befahren, aber gerade die kleineren Stufen machen den Reiz vieler Befah-rungen aus und sind auch oft für weniger Geübte befahrbar. Hindernisse für eine Befahrung sind etwa das offene Boot, eine schwierige Anfahrt, zu große Höhe, kein ausreichend tiefes und freies Wasser für die Landung und vor allem ein zu starker Rücklauf im Landebereich. Eine vorherige Inspektion ist also unerlässlich.

Zwangspassagen

Es gibt Flüsse, die sich sehr tief in enge Schluchten eingegraben haben und somit Abschnitte aufweisen, die nicht eingesehen werden und auch nicht umtragen werdenkönnen, man nennt sie Zwangspassagen. Hier sind gründliche Überlegungen vor einer Befahrung vonnöten. Gibt es auf dem ausgewählten Fluss Zwangspassagen und wie schwierig sind sie? Gruppen mit wenig erfahrenen Paddlern muss dann dringend von einer Befahrung abgeraten werden. Befährt man dennoch solche Stellen, so fährt der sicherste Fahrer vor und wartet im Unterwasser. Er gibt durch vorher vereinbarte Zeichen Informationen zur Befahrung an die Wartenden weiter.

Sicherheit im Kanusport Unfälle vermeiden 53

Ganz wichtig! Ist ein Wehr nicht offensichtlich harmlos gilt für Befahrungen: Im Zweifel nie!

Ein allgemeiner Grundsatz lautet in Anlehnung an die StVZO: Fahre immer so, dass du jederzeit anhalten

und das sichere Ufer erreichen kannst!

„Die Schlucht ist absolut ungangbar. Schwimmen ist der einzige Ausweg“. Wenn in Kanuführern solches zu

lesen ist, wie das für die „Gorges de Daluis“ des Var zitierte, dann haben Anfänger in solchen Flussabschnitten nichts verloren – auch wenn die objek-tiven Schwierigkeiten eigentlich gar nicht so hoch bewertet werden.

Schon das Wissen um das Vorhandensein einer Zwangspassage kann ganz schön auf den Mut drücken, wer sich sehr unsicher ist, sollte solche Flussabschnitte also lieber meiden. Zusätzlich gilt zu beachten, dass im Notfall oft keine Hilfe geholt werden kann und ein beschwerlicher und gefährlicher Abtransport eines Verletzten zu meistern ist.

Hochwasser

An vielen Flüssen treten immer wieder Hochwasser auf, sei es nach starken Regen-fällen, zur Zeit der Schneeschmelze, tageszeitlich bedingt durch die Gletscherschmelze oder auch durch Kraftwerkseinfluss. Meist ändert der Fluss dann seinen Charakter völlig. Aus dem kleinen, lieblichen Bächlein wird ein brodelnder Wildfluss und aus dem ruhig dahin fließenden Gewässer ein reißender Strom. Während des Hochwassers werden sonst harmlose Stellen oft sehr schwer. Kehrwasser verschwinden und die Strömung ist gewaltig; aus der kleinen Spielwelle ist eine fiese Walze geworden; der nette tiefe Gumpen nach einem ungefährlichen Steilabfall ist jetzt ein tosendes Becken mit tödlichem Rücklauf; die vorher unter-fahrbare Brücke steht nur noch knapp über dem Wasser und droht zum tödlichen Siphon zu werden; die Bäume in Ufernähe stehen im Flusslauf, ihre unteren Äste bilden gefährliche Rechen und das rettende Ufer ist durch den Reibungswiderstand des schnell fließenden Wassers voller Strudel, die alles Treibholz, aber auch den Schwimmer immer wieder in die Strömung drücken. Deshalb ist in einem solchen Zustand jeder Fluss unberechenbar. Auch für den Kenner gibt es nur eines: Lass das Boot auf dem Dach!Aber auch wenn das Hochwasser abgelaufen ist, gilt es, den Fluss vorsichtig zu befahren. Meist ändert sich der Charakter von Abschnitten völlig, die eine Kiesbank fehlt, dafür ist jetzt die gute Einfahrt in eine Stromschnelle versperrt. Und überall hat das Hochwasser Treibgut zurückgelassen und Bäume umgeworfen - eine Vielzahl von möglichen Fallen und Gefahrenstellen gilt es zu beachten. Deshalb ist gerade nach einem Hochwasser eine Erkundung auch vermeintlich gut bekannter Stellen unerlässlich.

Zusammengefasste Erkenntnisse

Die in diesem Kapitel beschriebenen Gefahrenquellen sowie die Hinweise zur Zusammenstellung von Paddelgruppen lassen eines ganz klar werden. Sichere Touren beginnen nicht erst beim Einstieg, sondern viel weiter im Vorfeld der Fahrt.Wenn alles gut geplant und vorbereitet, das benutzte Material in einwandfreiem Zustand und dem Gewässer angepasst ist und dann vor Ort auch aktuelle Einflüsse wie Veränderungen im Flusslauf, Wetterprognosen oder auch die Tagesform der Paddler berücksichtigt werden, sind viele Risiken ausgeschaltet. Dann heißt es nur noch auf dem Fluss oder See das Nötige umzusetzen.Es gibt einfach Tage und Situationen, wo man – auch wenn es schwer fällt – selbst am Einstieg noch ein „Nein“ aussprechen muss. Es sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir beim Führen von Gruppen - und dieses Skript richtet sich ausdrücklich an Fahrtenleiter - nicht die gleichen Maßstäbe anlegen können, wie bei einer Befahrung mit gleichgesinnten undebenbürtigen Mitpaddlern. Jedes - vor allem das schwächste - Mitglied der Gruppe braucht unseren Schutz.Eine Frage gilt es zu beantworten; „Bin ich bei den aktuellen Bedingungen (Gruppe, Material, Gewässer und Witterung) jederzeit in der Lage für die Sicherheit aller Gruppenmitglieder zu garantieren?“. Wenn die Antwort kein eindeutiges „Ja“ ist, wird gewandert, ein Museum besucht oder nach Hause gefahren, aber auf keinem Fall gepaddelt. Und wenn dann eine Fahrt stattgefunden hat, ist es auf jeden Fall wichtig, nach jeder Tour eine Nachbereitung der Fahrt durchzuführen. „Aus Fehlern wird man klug.“, heißt es. Und wenn auch kleine Fehler besprochen werden, hilft es vielleicht schwereFehler in Zukunft zu vermeiden.

Nun haben wir hoffentlich alles Wichtige in der Vorbereitung beachtet, aber Fehler passieren und es kann dennoch zu Unfällen kommen. Was dann zu tun ist, soll im nächsten Abschnitt beschrieben werden.

Sicherheit im Kanusport Unfälle vermeiden 54

Das gleiche Wehr: Bei sommerlichem Wasserstand, bei leichten Hochwasser und bei starkem Hochwasser.Schrägwehr in Prades – Tarn / FQuelle: Eigene Fotos

Sicherheit im KanusportBei Unfällen handeln

Retten und Bergen - Hilfeleistung im Fall der Fälle

Im Grunde gibt es zwei Arten von Unfällen, die beide ihre eigenen Gefahren haben. Zum einen ist jedes Kentern mit folgendem Aussteigen und Schwimmen in allen Arten von Gewässern ein solches Gefahrenmoment, zum anderen sind es die Steck-und Verklemmungsunfälle im Wildwasser, bei denen der Paddler in einer ungüns-tigen Position im Boot festgehalten wird und sich nicht selbst befreien kann.

Unfreiwilliges Schwimmen

Je größer die Schwierigkeiten werden, an denen man sich messen will, umso wahrscheinlicher wird es, ab und an zu kentern. Wer dann die Eskimorolle nicht beherrscht oder sie nicht anwendet, wird unfreiwillig schwimmen müssen. Das ist eigentlich nicht schlimm, kann aber je nach Ort doch recht gefahrvoll sein.Hier gibt es wieder gravierende Unterschiede bei den Arten der befahrenen Gewässer. Kentert ein Kanadier im langsam fließenden Zahmwasser oder seichten Seen, so hat man viel Zeit, um Hilfe zu leisten. Das Boot kann ans Ufer gezogen werden, um es um zu drehen und aus zu leeren und die Schwimmer können stehen oder erreichen leicht das Ufer. Ganz anders sieht es aus, wenn die Kenterung auf einem großen, tiefen See oder dem Meer weit entfernt vom Ufer passiert. Dann muss die Technik der Bootslenzung vom Boot aus beherrscht werden.

Rettung für Schwimmer auf Großgewässern

Es gilt der Grundsatz, dass Personenrettung vor Materialrettung geht. Es wird also zuerst dafür gesorgt, dass die Schwimmer sich an einem Boot festhalten können. Siebesteigen dieses nicht, das birgt nur die Gefahr einer weiteren Kenterung, sondern warten bis ihr eigenes Boot gelenzt ist.Dazu wird das Kanu mit Öffnung nach unten quer zum rettenden Boot gebracht. Dann lässt es die Besatzung des Rettungsbootes hochkant gehalten langsam aufschwimmen. Offene Kanadier entleeren sich so fast vollständig. Nun muss Bug oder Heck des zu drehenden Bootes mit Öffnung nach unten vorsichtig quer aufs Mittelschiff des Rettungsbootes gezogen werden. Liegt es mittig auf, läuft es ganz leer und kann leicht umgedreht und wieder zu Wasser gelassen werden. Beim Wiedereinstieg der Schwimmer liegen beide Kanus quer aneinander und bilden so eine stabile Insel.Bei Solofahrten im Kanadier (auch zu Zweit mit nur einem Boot) bleibt als Rettungs-maßnahme nur der Capistrano-Flip, der hier nur soweit beschrieben werden soll, dasder oder die Schwimmer unter das Boot tauchen müssen und es nach Aufschaukeln mit Schwung umdrehen.

Rettung für den Schwimmer in Fließgewässern

Einen Schwimmer wird man in Flüssen immer dann retten müssen, wenn Gefahr besteht, dass er bei weiterem Schwimmen Verletzungen erleiden oder ertrinken kannoder wenn er bereits in einem Rücklauf gefangen ist und sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien kann. Dies ist keineswegs nur im schweren Wildwasser, sondern vor allem auch auf leichten Flüssen mit Wehren oder sonstigen Hindernissen der Fall. Um im Fall der Fälle wirklich helfen zu können, muss nicht nur das notwendige Material mitgeführt, sondern auch sein Einsatz immer und immer wieder geübt werden. Wichtig sind wie bei allen Rettungsaktionen zwei Grundsätze: zum einen sind wir zur Hilfeleistung gesetzlich und moralisch verpflichtet (umso mehr wenn es sich um Schützlinge handelt) und zum anderen wollen wir uns beim Rettungsversuch nicht selbst in Gefahr bringen. Um einem Schwimmer zu Hilfe zu kommen, gibt es deshalbverschiedene Möglichkeiten, alle haben Vor- und Nachteile. Sie sollen hier kurz aufgelistet und besprochen werden. In Notfall müssen die Helfer dann die jeweils erfolgversprechendste Methode auswählen und richtig anwenden.

Wurfsackrettung

Mit dem Wurfsack wird dem Schwimmer ein Seil zugeworfen, woran er aus der Gefahrenstelle gezogen werden kann. Es gilt immer den Schwimmer im Auge behalten und einen Moment abwarten, wo er das Seil auch sehen kann und nicht gerade unter Wasser ist. Das klappt besser, wenn der Schwimmer mit hilft, indem er mit den Armen ein „V“ als Ziel bildet. Der Sack wird zugeworfen, das Seilende bleibt in der Hand des Retters. Da ein Schwimmer in einer Stromschnelle enorme Kraft am Seil ausübt, muss man immer einen guten Stand haben und auf den Ruck gefasst

Wurfsackrettung bei einer Übungs-einheit während eines Kurses des DVA im ArdèchegebietQuelle: DVA

Sicherheit im Kanusport Bei Unfällen handeln 55

Das Leeren und Umdrehen von gekenterten Kanus in tiefen Gewässern ohne Bodenkontakt für die

Schwimmer muss unbedingt vor der Befahrung von Seen oder dem offenen Meer ausreichend geübt werden.

Übung auf dem See: T-LenzungQuelle: DVA

Schnell und relativ sicher durch-zuführen; für den Helfer risikofrei.

Der Schwimmer muss das Seil erkennen und selbst ergreifen. Für ohnmächtige Schwimmer nicht anwendbar.

sein. Das Seil liegt dabei um den Rücken, so rutscht kein Seil durch die Hände, was zu Verbrennungen führen kann oder liegt zur Erhöhung der Bremswirkung um einen Baumstamm oder ähnlichem.Wichtig: Das Seil wird niemals angeknotet und der Schwimmer darf es auf keinem Fall um die Hand wickeln! Es muss immer losgelassen werden können, wenn es bei der Rettung Probleme gibt.Bei allen Rettungen ist die Wahl eines geeigneten Standortes von enormer Wichtigkeit. Bei Rettungen aus dem fließenden Wasser sollte ein Kehrwasser vorhanden sein, in das man den Schwimmer am Seil schwingen lassen kann.

Boot oder Schwimmweste angeseilt als Schwimmkörper benutzen

Diese Methode findet bei im Rücklauf gefangenen Schwimmern ihre Anwendung. Meistens ist der zu Rettende nach mehreren „Waschgängen“ nicht mehr in der Lage ein geworfenes Seil zu erkennen und zu fassen. Man seilt deshalb als Hilfsmittel eineSchwimmweste oder Kanu an und lässt es zum Schwimmer treiben, achtet aber darauf, dass er, wenn ein Boot benutzt wird, davon nicht hart getroffen werden kann.

Hilfe vom Boot aus im Gefahrenbereich

Man fährt zum Schwimmer hin, damit er eine Schlaufe greifen und sich festhalten kann oder versucht ihn mit dem Bergesystem an Boot oder Weste zu retten. Achtung:Schwimmer reagieren oft panisch und bringen den Retter selbst in Gefahr. Bei Rückläufen, z. B. an Wehren von unten einfahren. Das Risiko selbst im Rücklauf gefangen zu werden wird dadurch reduziert, dass man das Kanu am Heck mit dem Seil des Wurfsacks zu einem Helfer am Ufer verbindet.Dieses Verfahren lässt sich auch als Bootskette durchführen. Das Rettungsboot ist dann nicht vom Helfer am Ufer, sondern von einem weiteren Boot gesichert.

Abfangen des Schwimmers im ruhigen Wasser

Bei dieser eher passiven Rettungsmethode, wartet man auf den Schwimmer im Unterwasser eines Rücklaufes oder im Kehrwasser eines Kataraktes. Sie ist dennoch bei den meisten „Schwimmeinlagen“ das Mittel der Wahl, denn oft ist es für den Schwimmer wenig gefährlich noch etwas zu schwimmen und die Rettung im ruhigen Wasser leichter und sicherer zu bewerkstelligen. Mit dem Bergesystem können dann auch Bewusstlose abgeschleppt werden.

Seilüberspannung

Eine Rettungsmethode, die nur bei Schwimmern angewendet werden kann, die an einem Ort, etwa dem Rücklauf eines Wehres gefangen sind, ist die Seilüber-spannung. Zu beachten ist, dass der Fluss nicht zu breit sein darf und es muss an beiden Ufern Platz für die Retter geben. Zwei Helfer postieren sich an beiden Uferseiten und werfen sich ein Seil zu, so dass dieses quer über den Fluss gehalten, dem Schwimmer zur Selbstrettung dienen kann.Da das Seil ortsstabil über dem Schwimmer hängt, wird er es bei einem Auftauchen aus den Wirbeln im Rücklauf ergreifen können.

„Tigersprung“

Bei dieser nicht ungefährlichen, aber bei ohnmächtigen Schwimmern oft einzig möglichen Methode, springt der Retter angeseilt und von einem weiteren Helfer am Ufer gesichert auf den Schwimmer, fasst ihn an der Schwimmweste und wird vom Helfer zum Ufer gezogen.Besonders risikoreich ist die Anwendung natürlich immer dann, wenn der Retter selbst auch in den Rücklaufbereich muss.

Schwimmen im Katarakt

Wie man in Stromschnellen schwimmt, wurde schon erklärt und es sei hier darauf hingewiesen, dass man es im leichten Wildwasser bei entsprechenden Temperaturenauch üben sollte, es macht Spaß und stärkt das Selbstvertrauen.In Katarakten mit ihren Blöcken und Stufen gilt es jedoch, möglichst schnell das rettende Ufer zu erreichen, ebenso in sehr kalten Gewässern, denn die Kälte kann schon in kurzer Zeit zur Bewusstlosigkeit führen. Die Mitfahrer haben im Katarakt meist nur geringe Hilfsmöglichkeiten, es gilt deshalb schwierige Stellen durch eine Streckensicherung vor der Befahrung zu versehen. Folgt dem Katarakt eine unfahrbare Stelle, muss die Sicherung auf jeden Fall so aussehen, dass der Schwimmer vor der Gefahrenstelle geborgen ist.

Schwimmen in Walzen

Besonders tückisch ist es, wenn ein Schwimmer in einer Tiefenwalze, wie etwa dem Rücklaufbereich eines Wehres fest hängt. Durch die hohe Durchlüftung des Wassers

Sicherheit im Kanusport Bei Unfällen handeln 56

Großes Ziel für den Schwimmer und für den Helfer risikofrei.

Dauert eine gewisse Zeit und setzt Reaktionen des Schwimmers voraus.

Die helfende Bootsspitze kann nahe zum Schwimmer gebracht werden.

Erhebliches Risiko für den Retter. Für ohnmächtige Schwimmer nur schwer

anwendbar.

Geringe Gefahr für den Helfer.

Rettungschance bei starken Walzen und Rückläufen gering.

Kein Risiko für die Helfer. Der Schwimmer gelangt automatischans Seil.

Lange Vorbereitungsszeit. Der Schwimmer muss in der Lage sein das Seil selbst zu ergreifen.

Rettungsmöglichkeit für ohnmächtige Schwimmer.

Hohes Risiko für den Helfer.

hat es nur sehr geringen Auftrieb und die turbulente Strömung wirbelt den Schwimmer umher, nimmt ihm die Orientierung und erschwert seine Flucht aus dem Gefahrenbereich.Selbsthilfe ist meist nur möglich, wenn es gelingt, ausreichend tief ins ablaufende Wasser zu gelangen und damit den Rücklaufbereich zu verlassen. Ein Hinweis: Auchwenn es albern klingt, schon viele sind in Wassertiefen ertrunken, wo sie hätten stehen können. Deshalb kann der Versuch einfach aufzustehen und zu Fuß zu entkommen manchmal gelingen.Klappt die Selbsthilfe nicht und hängt der Schwimmer in der Walze fest, muss von den oben aufgezeigten Rettungsmethoden die geeignetste ausgewählt werden. Wenn der Schwimmer nach vielfachem Untertauchen die Orientierung verloren hat und schließlich ohnmächtig wird, ist Hilfeleistung noch schwerer. Es ist deshalb vor allem schnelle Hilfe notwendig, aber die Helfer dürfen sich nicht in Gefahr bringen, selbst in den Rücklauf zu kommen. Damit wäre jede Hilfe unmöglich und die Katastrophe vorprogrammiert. Nochmals sei erwähnt: Die sicherste Art ein Wehr zu bewältigen, ist zu Fuß mit dem Boot in der Hand am Ufer daran vorbei zu gehen.

Verklemmungsunfälle und Rettung

Es kommt recht häufig vor, dass Kanus an Hindernissen hängen bleiben. In der Mehrzahl der Fälle passiert dies auf leichteren Flussteilen etwa an umgestürzten Bäumen, weil dort viele unerfahrene Kanuten unterwegs sind, die diese Fallen unter-schätzen. Grundsätzlich muss man zwischen Klemmunfällen unterscheiden bei denen nur ein leeres Kanu festsitzt, hier bleibt genug Zeit um das Boot zu bergen, im schlimmsten Fall ist das Material verloren. Sitzt aber der Paddler noch im Boot und kann sich durch den Wasserdruck nicht befreien, muss schnelle Hilfe geleistet werden, vor allem wenn das Wasser den Kanuten überströmt und er nicht atmen kann. Bei aller Eile müssen aber die Hilfsaktionen mit Plan und ohne unnütze Hektik vor sich gehen - panische Aktionen schaden erfahrungsgemäß mehr, als sie nützen.Durch den richtigen Fahrstil wirkt man der Gefahr in gefährliche Situationen zu kommen entgegen: Hindernisse weitest möglich umfahren, unbekannte und unsichere Stufen meiden, im Falle des Kontaktes bergwärts kanten und gegen das Hindernis lehnen und darauf stützen und lieber eine Stelle umtragen, als etwas zu riskieren.

Schnelle Hilfe für Paddler in der Falle

Kann sich der Paddler nicht selbst befreien, aber atmen, ist es sinnvoll eine gut durchdachte Hilfsaktion zu starten. Kann der Paddler jedoch nicht atmen, muss in Windeseile jemand zu ihm hin, um den Kopf über Wasser zu bekommen. Für weitere Aktionen sollte der Gefangene dann stabilisiert werden, dass er nicht Absinken kann.Mit schnellen Maßnahmen kann man versuchen den Wasserdruck zu reduzieren. Dazu kann man eventuell ein weiteres Boot vor der Falle versenken und somit dort den Hauptdruck abfangen oder man kann bei einem in Strömungslinie verklemmten Boot durch Hintenaufsitzen eine Strömungsblockade bilden.Ein Wurfsackseil leistet auch gute Dienste. Man kann es quer über den Fluss spannen und es somit dem Gefangenen ermöglichen sich über Wasser oder aus dem Boot zu ziehen, das kann auch mit einem einfach zu geworfenen Wurfsack passieren. Und letztlich kann man es an Bug oder Heck mit einem Karabiner einklinken und das Boot frei ziehen, bei der Gefahr des Ertrinkens notfalls auch durch Überschlag eines steil verklemmten Kanus.Wenn alle Maßnahmen versagen oder der Gefangene in akuter Lebensgefahr ist, bleibt letztlich noch die Möglichkeit mit einer Säge das Kanu auf zu sägen und dem Eingeklemmten ein Entkommen zu ermöglichen.Wie immer gilt: Personenrettung geht vor Materialrettung. Sogar das teuerste oder liebste Boot ist leicht zu ersetzen, Gesundheit oder gar Leben niemals. Deshalb immer - auch auf leichten Flüssen - die Sicherheitsausrüstung mitführen, die Rettungsmaßnahmen wieder und wieder trainieren und im Fall der Fälle erst denken,dann handeln!

Bootsbergung mit Seilhilfe

Hat man mehr Zeit für die Rettungsaktion, weil der Paddler das Boot verlassen konnte, man ihn befreit hat oder er nicht Ertrinken kann, dann bleibt die Zeit mit dem Seil Hilfe zu bringen.Zuerst ist es wichtig ein Seil an der Schlaufe des verklemmten Bootes zu befestigen. Das geht mit einem Karabiner recht schnell, weil keine Knotung notwendig ist, denn das zu befreiende Boot liegt in der Strömung und es ist schwer überhaupt die Schlaufe zu erreichen, geschweige denn dort noch zu knoten. Hier kann der Paddel-haken eine große Hilfe sein, indem er die Reichweite verlängert und man es oft unnötig macht, sich in die Gefahr der Strömung zu begeben. Dieses Hilfsmittel kann aber auch durch eine Improvisation ersetzt werden, dabei wird ein Karabiner mittels

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Wurfsackrettung eines Gekenterten ausdem Rücklauf eines WehresQuelle: Ray Rowe „Wildwasserkajak“

Ist ein Kanute im Boot verklemmt und unter Wasser, so müssen alle Hilfsmaßnahmen darauf

abzielen, das Atmen schnellstmöglich wieder zu ermöglichen und diese Lagezu stabilisieren. Dann kann weiteres unternommen werden.

festem Klebeband am Paddelblatt befestigt – so steigert sich die Reichweite des Retters enorm. Nun kann man durch Zug versuchen das Boot frei zu bekommen, doch sollte man nie vergessen, dass eine ungeheure Kraft auf den Bootsrumpf drückt. Deshalb nie gegen die Strömung arbeiten, sondern quer dazu. Mit einer Seilschlinge und einem Karabiner kann man schnell einen Umlenkpunkt bauen, etwa um einen Baumstamm oder einen kleinen Felsblock.Hilft einfaches Ziehen nicht, könnte eventuell der Vektorzug Hilfe bringen. Man spannt ein Seil vom Boot quer zur Strömung zu einem Fixpunkt. Nun zieht man kräftig senkrecht zur gespannten Linie. Sind mehrere Helfer zur Stelle, ziehen nicht alle hintereinander am Seil, dadurch würde sich viel Kraft gegenseitig aufheben, sondern man knotet das Seil so, dass zwei oder mehr Zugpunkte entstehen und somit die ganze Kraft jedes Helfers als Zug wirkt.

Kleine Knotenkunde

Im Grunde wäre es sehr nützlich auch im Kanusport so sicher im Umgang mit Knotenzu sein wie im Bergsport. Doch zeigt die Praxis, dass im Kanusport Knoten seltener angewendet werden müssen und nur die dauernde Beschäftigung mit den Knoten lässt sie wirklich in Fleisch und Blut übergehen, wie es in Notfällen nötig ist. Dennochsollen hier ein paar wichtige und auch sehr nützlich Knoten aufgelistet, dargestellt und erklärt werden – mit der Bitte sie zu üben, zu nutzen und immer wieder zu üben.

Achterḱnoten

Er ist in seiner gesteckten Form im Klettersport meist als Anseilknoten in Verwendung. Beim Kanufahren leistet er immer dann gute Dienste, wenn eine Schlaufe benötigt wird, die sich nach Belastung auch wieder gut öffnen lässt.

Bandschlingenknoten

Um aus einem losen Bandschlingenstück eine Schlaufe zu binden muss der Bandschlingenknoten benutzt werden. Natürlich gibt es auch vernähte Band-schlingen, die haben aber den Nachteil, dass sie sehr lang sein müssen, um auch um einen dickeren Baum gelegt werden zu können.

Prusikknoten

Mit diesem Knoten erzeugt man eine nach Belastung wieder verschiebbaren „Griff“ am Seil. Dabei wird die Reepschnur doppelt um das Seil gewickelt und - sehr wichtig!- schön nebeneinander geordnet. Zu beachten gilt dabei, dass die Prusikschlinge deutlich dünner ist, als das Hauptseil. Beim Wurfsackseil bedeutet das, dass die Reepschnur der Prusikschlinge maximal 6 mm dick sein darf. Die Belastbarkeit von Reepschnüren liegt im Bereich von 6,2 kN (5-er Reepschnur) bis 9,8 (6-er) also etwa630 bis 1000 kg.Eine Steigklemme kann auch eingesetzt werden, die ist aber deutlich schwerer, dafüraber in der Anwendung schneller und einfacher.

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Linktipp:Wikibook: Knotenkundehttp://de.wikipedia.org/wiki/Knotenkunde

Bei YouTube einfach den gewünschten Knoten eingeben.

Der Achterknoten: Achtung (Bild 3) - das Seilende wird von oben eingesteckt, sonst entsteht nur ein Sackstich Quelle: Eigene Fotos

Der BandschlingenknotenAchtung: Das gesteckte Band-schlingenstück muss ganz exakt auf der ersten Schlaufe liegen.Quelle: DVA, Eigene Fotos

Der Prusikknoten oder alternativ kann jede Form von Steigklemme mit oder ohne Griff verwendet werden. Quelle: DVA, Eigene Fotos

Gardaknoten

Ein selten genutzter Knoten, der uns aber beim Bau eines Flaschenzuges sehr gute Dienste leistet, weil er das Seil in eine Richtung blockiert, somit erst das Boot und dann jedes gewonnene kleine Stück Seil fixiert.Um einen verlässlichen Gardaknoten zu machen, sind zwei baugleiche Karabiner notwendig. Das Seil wird einmal in beide Karabiner eingelegt, bei der zweiten Wicklung nur noch von außen in einen, so dass es zwischen den Karabiner ausläuft und somit unter Last gequetscht und dadurch blockiert wird.

Flaschenzug

Es gibt die Möglichkeit einen schnellen Flaschenzug einzusetzen, der die Kraft erheblich erhöht und mit Hilfe von Karabinern, Seilschlinge, Prusikschlinge, Seilrollen(nicht unbedingt nötig, aber sehr nützlich) und dem Wurfsackseil schnell gebaut ist. Diese Technik muss aber immer wieder in Trockenübungen trainiert werden, damit imNotfall alles richtig und schnell aufgebaut werden kann.

Materialbedarf: 3 Karabiner (davon 2 baugleich), 1 Karabiner (mit möglichst großer Schnapperöffnung), Prusikschlinge, Bandschlinge, Seilrolle und WurfsackAufbau: Die Schlinge des Wurfsackseiles wird mit einem Karabiner (große Schnap-peröffnung) an der Schlaufe des verklemmten Kajaks fixiert. Um einen Baum oder sonstigen Fixpunkt wird eine Bandschlinge geknotet (offene Bandschlinge mit Bandschlingenknoten) oder mit Ankerstich gelegt (verknotete oder vernähte Bandschlinge) und zwei baugleiche Karabiner eingehakt. Nun wird das Seil vom Bootmittels Gardaknoten in den Karabinern fixiert.Das Boot liegt nun fest und ist erst mal stabilisiert. Am gespannten Seil kann dann mittels Tangentialzug eine Bergung versucht werden. Dabei ziehen die Helfer recht-winklig am gespannten Seil. Oft wird dadurch schon das Kanu frei kommen.Falls es nicht klappt, wird dann mit der Reepschnur eine Prusikschlinge geknotet (alternativ: Steigklemme) und in der Schlaufe ein Karabiner mit der Seilrolle eingehakt, durch die man das vom Gardaknoten kommende Seilende führt.Benutzung: Am freien Seilende kann nun gezogen werden. Es ist ein wichtiger Vorteil dieses Flaschenzug-Modells, dass zum Ufer hin gearbeitet werden kann und somit Risiken für den Helfer minimiert werden. Bei mehreren Helfern knotet man das Seil noch ab, so dass per Kräftedreieck angepackt werden kann. Durch diesen einfachen Flaschenzug wird die Kraft nahezu verdoppelt. Es klappt auch ohne Rolle, doch sind dann gewisse Reibungsverluste in Kauf zu nehmen. Ausbau: Hat man noch ein oder zwei weitere Karabiner mit Seilrollen dabei, kann der Flaschenzug noch erweitert und die ausgeübte Kraft erhöht werden. Dazu hakt man den nächsten Karabiner wieder in der Bandschlinge beim Gardaknoten ein, führt das Seil durch die Rolle. Nun ist die Zugwirkung erhöht, aber es muss zum Wasser hin gezogen werden. Ein weiterer Karabiner mit Rolle in der Prusikschlinge und die dadurch erreichte Seilumlenkung erhöht die Zugkraft weiter und lässt die Helfer wieder vom Wasser weg ziehen. Aber Vorsicht aus eigener Erfahrung schaffenes schon zwei kräftige Retter so viel Zug auf die Reepschnur zu bekommen, dass eine 5-er Reepschnur reißen kann.Weitere Umlenkungen nützen fast nichts mehr, der Seilbedarf wird zu hoch und durch Reibung geht sehr viel Kraft verloren.

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Der GardaknotenAchtung: Die beiden benutzten Karabiner müssen baugleich sein – nur so klemmt der Knoten verlässlich.Quelle: Eigene Fotos

Flaschenzug im Übungsaufbau in kompletter Ansicht.Quelle: Eigene Foto

Die verschiedenen Bauteile des Flaschenzuges von rechts nach links:1. Bandschlinge (geknotet) mit Ankerstich um den Baum, daran an 2 baugleichen Karabinern der Gardaknoten (Bild rechts)2. Der „Griff“ am Seil mittels Prusikknoten (Bild Mitte, rechts) oder Steigklemme, hier Modell mit Griff (Bild, Mitte links)3. Die Fixierung am Boot mittels Karabiner (bei großen Griffen ist Spezialkarabiner nötig) und eingehängter Schlaufe (Achterknoten).

Quelle: Eigene Fotos

Sicherheit im KanusportErste-Hilfe-Maßnahmen

Dieses Kapitel kann keine Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs ersetzen. Aber es willdie Grundkenntnisse von Hilfsleistungen bei Verletzungen auffrischen. Daneben sollen alle Paddler motiviert werden, regelmäßig Auffrischungskurse in Erste-Hilfe zu besuchen und vielleicht auch einmal an speziellen Kursen für Kanuten teilzunehmen.In einer geführten Gruppe gilt dies vor allem für die Verantwortlichen, die natürlich einErste-Hilfe-Set mit zu führen haben. Über die normalen Kenntnisse hinaus, muss man sich mit spezifischen Problemen des Wassersports auskennen, wie Ertrinken und Unterkühlung.

Verletzungen

Kleine Verletzungen

Oft behindern kleine Blessuren die Fahrt, seien das Blasen an den Händen oder Kratzer vom Gestrüpp und Abschürfungen von Steinen. Mit kleinen Verbänden oder vorbeugendem Tape ist hier viel zu bewirken.

Schulterluxation

Eine sehr schmerzhafte Verletzung beim Paddeln ist das Auskugeln des Schulterge-lenkes (Schulterluxation). Wenn es für den Verletzten die erste Luxation ist, erfolgte diese wahrscheinlich mit großer Gewalteinwirkung - Wasser hat ungeheure Kräfte - und ist entsprechend schmerzhaft. Oft gibt es Auskugelungen im Schultergelenk aberbei vorgeschädigten Paddlern, das Gewebe im und ums Gelenk ist dann meist schongedehnt, die Verletzung ist weniger schmerzhaft und manchmal positioniert sich das Gelenk auch wieder von selbst oder unter Mithilfe des Verletzten. In beiden Fällen muss natürlich die Fahrt abgebrochen und der Verletzte schnellstmöglich zu einem Arzt gebracht werden, der repositioniert und/oder behandelt. Auf keinem Fall selbst Hand anlegen – auch wenn dies wegen der Schmerzen wünschenswert wäre. Beachte: Je schneller behandelt wird umso geringer die Folgeschäden.

Kopfverletzungen

Bei Kopfverletzungen, die der Helm deutlich mildert, ist immer besondere Vorsicht geboten, in schlimmen Fällen Hilfe herbei holen, aber auch bei leichten Gehirn-erschütterungen die Fahrt abbrechen, denn meist treten nach kurzer Zeit Übelkeit und Gleichgewichtsprobleme beim Verletzten ein. Beim Rücktransport große Anstrengungen vermeiden und in schlimmeren Fällen immer professionelle Hilfe von außen hinzuziehen.

Sehnenscheidenentzündung

Schmerzen auf der Oberseite des Unterarms – meist mit einer Schwellung der Stelle verbunden – lassen auf eine Sehnenscheidenentzündung schließen. Sie kann durch gute Technik (weiches Greifen), leichte Paddel und Kräftigungsübungen (etwa durch Kneten von Tennisbällen) im Vorfeld der Kanutour verhindert werden. Tritt sie auf, verbessern sich die Chancen auf schnelle Heilung, wenn weitere Belastungen vermieden werden. Akut lindert Kühlen die Schmerzen

Hitzeschäden

Meist werden wir für unsere Kanutouren die sonnigen Tage bevorzugen. Das bringt allerdings auch Risiken mit sich, die aber bei richtigem Verhalten fast gänzlich reduziert werden können. Man muss sich einfach bewusst sein, dass auf dem Wasser das Sonnenlicht reflektiert und dadurch noch intensiver wird. Zu dem sind beiBefahrungen von größeren Gewässern die Ufer und Schatten spendender Bewuchs meist weit entfernt. Richtige Kleidung, Kopfbedeckung und Sonnenschutz können hier Schäden vermeiden.

Sonnenbrand

Beim Sonnenbrand handelt es sich tatsächlich um eine Verbrennung ersten Grades. Er kann durch das Bedecken der Haut verhindert werden. Im Kanadier sind die Oberschenkel bei sitzender Fahrweise besonders gefährdet und sollten entspre-chend geschützt werden. Sonnencreme zu Vorbeugung wird unterschiedlich bewertet, besser ist sicher ein Schutz durch Bedeckung und Vermeidung.Bei der Behandlung muss vor allem für Kühlung der Hautregionen gesorgt werden. Eine Quarkpackung kann Wunder wirken. Weiterer Kontakt mit Sonnenlicht muss vermieden werden.

Sicherheit im Kanusport Erste-Hilfe-Maßnahmen 60

Das Schultergelenk ist durch die großen Bewegungsradien, die es ermöglicht, das komplizier-

teste Gelenk im menschlichen Körper. Deshalb ist es auch recht anfällig für Verletzungen.Das Paddel wiederum erhöht durch seine großen Hebelkräfte die Belas-tungen auf die Schulter enorm. Nur gute Technik kann Schäden vermeiden.

Symptome:• Rötung der HautVorbeugen:• Bedecken von gefährdeten

HautpartienMaßnahmen:• Kühlen der verbrannten Hautpartien• Weiter Bestrahlung vermeiden

Sonnenstich

Der Sonnenstich wird durch intensive Sonneneinstrahlung auf den Kopf verursacht. Der Schädelknochen heizt sich auf und reizt die Hirnhäute, was zu einer Schwellung und erhöhtem Schädelinnendruck führt.Als Symptome können Kopfschmerzen, heißer, roter Kopf und Schwindel sowie Erbrechen beobachtet werden. Diese Anzeichen treten aber meist erst am Abend auf. Präventiv hilft das Tragen eines hellen Helms oder Sonnenhutes und das dauernde Kühlen durch Anfeuchten der Haare. Bei einem Sonnenstich muss der Patient natürlich vor weiterer Einstrahlung geschützt werden, daneben sind Ruhe, Kühlung des Kopfes und Rückenlagerung miterhöhtem Oberkörper angenehm.Sollte es zur Bewusstlosigkeit kommen sind die üblichen Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen.

Hitzeerschöpfung

Beim Kanufahren ist man körperlich aktiv und schwitzt durch den kühlenden Wind auf Gewässern oft unmerklich. Die Hitzeerschöpfung entsteht bei großer Hitze und unzureichender Flüssigkeitsaufnahme. Der Körper verliert durch das Schwitzen große Mengen Flüssigkeit und Mineralien. Dies führt zu einer extremen Kreislaufbe-lastung, unter Umständen zu einem Kreislaufzusammenbruch.Symptome sind Blässe, Frösteln und schneller, schwacher Puls.Präventiv wirkt ausreichendes und regelmäßiges Trinken bei der Paddeltour. Bei einer Hitzeerschöpfung bringen flache Lagerung und bei erhaltenem Bewusstsein diesofortige Gabe von Flüssigkeit (am besten sind sogenannte "Iso-Drinks", Fruchtsaft-schorlen, leicht gesüßter Tee – aber keine alkoholischen Getränke) Hilfe. Daneben ist für längere Ruhe zu sorgen.Sollte es zur Bewusstlosigkeit kommen sind die üblichen Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen.

Hitzschlag

Ein Hitzschlag beruht auf einem Wärmestau im Körper. Dies kann beim Paddeln in feucht-schwüler Witterung durch die körperlicher Anstrengung und Wärmeschutz-kleidung (bei kaltem Wasser auch an warmen Tagen eventuell nötig) der Fall sein. Der Körper stellt die Schweißbildung ein und kann daher nicht genügend Wärme abführen.Symptome sind trockene, rote und warme Haut sowie ein hochroter Kopf. Schwindel und Bewusstseinstrübung bis hin zur Bewusstlosigkeit sind möglich.Als Maßnahmen sind die Lagerung an einem kühlen Ort mit geöffneter Kleidung und erhöhtem Oberkörper sowie ein langsames Abkühlen des Körpers zu nennen. Feuchte Tücher auf der Haut und Luft fächeln kühlen den Körper durch Verduns-tungskälte, kühle Getränke unterstützen die Maßnahmen.Sollte es zur Bewusstlosigkeit kommen sind die üblichen Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen.

Kälteschäden

Nicht immer scheint bei unseren Kanutouren die Sonne. Doch es ist viel mehr die Wasser- als die Lufttemperatur, die Gefahren birgt. Denn mitunter spielt sich der Wildwassersport auf Gebirgsbächen ab, manchmal sogar im eiskalten Schmelz-wasser der Gletscher. Aber auch bei der Befahrung von Seen und auf ruhigen Fließgewässern ist nach Kenterungen langes Schwimmen im kalten Wasser möglich.Es gibt dann zwei große Gefahren im Zusammenhang mit der Kälte, die Kälte-schockreaktionen des Körpers und das langsame Unterkühlen. Davor bewahren kann uns hauptsächlich das Tragen von ausreichender Schutzkleidung, das sichere Beherrschen aller wichtigen Rettungstechniken auch in heiklen Situationen (z. B. Eskimorolle im Wildwasser und Bergetechniken auf Seen) und schließlich ein gutes Team, das einen Schwimmer schnell aus dem kalten Wasser retten kann.

Kälteschockreaktionen

Ein Gekenterter im kalten Wasser neigt meist zu panikartigen Überreaktionen, was eine Hilfeleistung nicht gerade erleichtert. Dann ist es für den Retter im Boot oft besser nochmals auf Abstand zu gehen, um nicht selbst eine Kenterung durch den panischen Schwimmer zu riskieren.Daneben sind manchmal aber auch folgende Schockreaktionen zu beachten, die unmittelbar nach dem Kentern in sehr kaltem Wasser eintreten können.

Unkontrolliertes, tiefes Einatmen (Gähnen):

Durch die Berührung der Haut mit kaltem Wasser kann es passieren, dass der Gekenterte mehrfach unkontrolliert Gähnen muss, dadurch kann Wasser in die

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Symptome:• Kopfschmerzen und roter Kopf• Schwindel und ErbrechenVorbeugen:• Tragen von Kopfbedeckungen• Kühlen durch anfeuchten der HaareMaßnahmen:• Kühlung des Kopfes• Rückenlagerung mit leicht erhöhtem

Oberkörper• Weitere Bestrahlung vermeiden

Symptome:• Blässe und Frösteln • Schneller, schwacher PulsVorbeugen:• Ausreichendes TrinkenMaßnahmen:• Flache Lagerung• Gabe von Flüssigkeit• Ruhe

Symptome:• Trockene,rote, warme Haut• Hochroter Kopf• Schwindel und Bewusstseinsein-

trübungVorbeugen:• Angepasste Kleidung• Hin und wieder Kühlung

verschaffenMaßnahmen:• Lagerung mit leicht erhöhtem

Oberkörper an kühlem Ort• Feuchte Tücher, Luft fächeln• Kühle Getränke

Lungen gelangen (nasses Gähnen) und zur Ohnmacht führen. Die Begleiter müssen sofort zur Hilfe eilen und das Boot hoch drehen.

Verlust des Gleichgewichtsgefühls:

Das Eindringen von kaltem Wasser in Nase und Ohren kann im ungünstigsten Fall zum sofortigen Verlust der Orientierung oder gar des Bewusstseins führen. Auch hier kann der gekenterte Kajakfahrer nicht eskimotieren oder aussteigen und ist auf Hilfe angewiesen.

Unkontrolliertes, schnelles Atmen (Hecheln):

Normalerweise folgt dem Gähnanfall das Hecheln mit vielfach mehr Atemzügen als normal. Das Problem hierbei ist die Störung der Blutzirkulation mit Folgen wie Schwindel, Verwirrung, Ohnmacht, Taubheit und Krämpfen von Extremitäten mit allenunangenehmen Folgen und Gefahren.

Unterkühlung

Sinkt die Körperkerntemperatur unter 35°C, spricht man von Unterkühlung. Kaltes Wasser und nasse Kleidung entziehen dem Körper 25- bis 30-mal mehr Energie als Luft gleicher Temperatur. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie schnell ein schlanker, erwachsener Mensch mittlerer Größe beim Eintauchen in kaltes, unruhiges Wasser auskühlt, kann folgende Tabelle helfen:

Zeit bis zum Auftreten von...(Körperkerntemperatur) Leichte Bekleidung Neopren® (4,8 mm)

Bewegungsunfähigkeit (34 °C) 0,4 – 1,3 Stunden 1,5 – 4,7 Stunden

Bewusstlosigkeit (30 °C) 0,8 – 2,6 Stunden 3,1 – 9,9 Stunden

Kreislaufstillstand (25 °C) 1,3 – 4,3 Stunden 4,9 – 16,2 Stunden

Quelle: Peter Oster „Erste Hilfe Outdoor“

Das bedeutet für uns, dass es schon recht zügig mit der Bergung gehen muss, wenn man nicht noch das Problem einer starken Unterkühlung bekommen möchte, denn 0,4 Stunden bzw. 24 Minuten ist nicht viel Zeit. Und stellen wir uns mal typische Rettungssituationen vor und schauen auf die „geistige Uhr“: Wie lange dauert es wohl, wenn man auf einem großen See nicht mehr in den gekenterten Kanadier kommt und ans Ufer schwimmen muss? Wie schnell verrinnen die Minuten, wenn dererste Wurfsack nicht gut geworfen war und der Schwimmer den Katarakt weiter schwimmen muss?Doch was passiert bei einer Unterkühlung? Zuerst funktionieren die Regulationsme-chanismen des Körpers noch, der Stoffwechsel ist gesteigert, um viel Wärme zu produzieren. Dies ist somit das beste Erkennungszeichen für eine leichte Unter-kühlung (Körperkerntemperatur über 33 °C). Als Symptome sind Kältezittern, kalte, blasse Haut, ein beschleunigter Puls und schmerzende Extremitäten zu nennen.Sinkt die Temperatur im Körper weiter ab, etwa weil der Schwimmer nicht aus dem kalten Wasser gezogen wird oder die Energiereserven aufgebraucht sind, ändern sich die Anzeichen und es besteht akute Lebensgefahr. Nun gibt es kein Zittern mehr, das Schmerzempfinden lässt nach, Muskelstarre und Schläfrigkeit sowie Teilnahmslosigkeit sind zu beobachten. Atmung und Puls werden flach und unregel-mäßig. Ab ca. 30 °C Kerntemperatur kommt es zur Bewusstlosigkeit.Wie kann Hilfe geleistet werden?

Leichte Unterkühlung

In diesem Stadium versucht sich der Körper noch selbst aufzuwärmen und ist dazu meist auch in der Lage. Dennoch können wir Hilfe leisten:

• Weiteres Auskühlen muss verhindert werden.• Nasse Kleidung sollte ausgezogen und durch trockene ersetzt werden.• Einwickeln in die Rettungsfolie am besten direkt um den Patienten. Dann ab

in den Schlafsack, falls vorhanden. • Wärmepacks und Taschenwärmer können in den Achselhöhlen und im

Leistenbereich helfen.• Bodenkontakt durch das Unterlegen von Isomatten oder von Schwimm-

westen verhindern. • Windschutz bauen, denn auf jeden Fall muss ein Auskühlen durch den Wind

verhindert werden.• Viel Wärme geht über Kopf- und Nackenbereich verloren, deshalb eine

wärmende Kopfbedeckung aufsetzen oder aus Tüchern improvisieren.• Warme, stark gesüßte Getränke reichen (keine alkoholischen Getränke!)

Und dann heißt es Geduld haben, denn das Aufwärmen geht nicht von jetzt auf gleich.

Sicherheit im Kanusport Erste-Hilfe-Maßnahmen 62

Zum besseren Verständnis: Der Körper ist immer bemüht eine konstante Temperatur von ca. 36,5° zu

halten. Wichtig ist dies vor allem für dieinneren Organe und das Gehirn.Deshalb geschieht im Falle des Sinkens der Körpertemperatur eine Zentrierung, d. h. das warme Blut wird im Körperkern gesammelt, die Peripherie kühlt weiter aus. Man spricht auch von Kern- und Schalenblut, die dann ganz erhebliche Temperaturunterschiede aufweisen können.

Schwere Unterkühlung

Das wichtigste Ziel ist es den so genannten Afterdrop-Effekt zu verhindern. Dabei wird das Schalenblut durch Bewegung oder falsches Wiedererwärmen mit dem Kernblut (siehe Kasten oben!) vermengt, wodurch Komplikationen mit Todesfolge ausgelöst werden können. Deshalb folgende Punkte beachten:

• Weiteres Auskühlen muss verhindert werden (Windschutz ...)• Nasse Kleidung nicht ausziehen, höchstens aufschneiden, falls möglich• Kein Transport, außer um das Opfer aus akuter Gefahr zu bringen, wie etwa

kaltem Wasser.• Keinesfalls Beine anheben! Schocklage ist verboten!• Bei eingetrübtem Bewusstsein keine Speisen und Getränke reichen.• Anwärmen durch den Ersthelfer nur, wenn die Rettungskräfte mehrere

Stunden bis zum Unfallort brauchen.• Die Wiedererwärmung erfolgt in der Klinik.

Ertrinken

Leider ist dies ein Thema mit dem man sich beim Kanufahren einfach auseinander setzen muss. Unser Körper kann nur sehr kurze Zeit ohne Sauerstoffzufuhr überleben, schon nach wenigen Minuten treten irreparable Schäden am Gehirn ein. Doch schon vorher kommt es zur Bewusstlosigkeit und es wird ein Reflex ausgelöst, der verhindert, dass Wasser in die Luftröhre gelangt. Eingeklemmten Kanuten, Schwimmenden im Rücklauf oder Bewusstlosen muss deshalb schnellstmöglich aus dem Wasser geholfen werden, damit sie wieder atmen können. Die Hilfeleistung folgt einem festen Schema, das in einer Überarbeitung der Vorlage von Dr. Hohn durch den Autoren unter Mithilfe einer Spezialistin des Teams der Outdoorschule Süd erfolgte. Das Kärtchen (s. u.) sollte kopiert und wasserdicht laminiert werden. So ist es im Erste-Hilfe-Set mitzuführen und in Notsituationen schnell bei der Hand.

Und so gehen wir vor:

Nach dem Auffinden z. B. des Schwimmers im Rücklauf werden zuerst die Risiken bewertet, das Umfeld geklärt und die Hilfe koordiniert. Ein Beispiel soll das verdeut-lichen. Ist der Paddler im Boot verklemmt, kann aber frei atmen, hat man mehr Zeit und kann aufwändigere, aber sicherere Rettungstechniken anwenden. Ist der Kopf dagegen unter Wasser, bleibt kaum Zeit und oberste Priorität muss es haben dem Ertrinkenden zu ermöglichen zu atmen und erst danach ihn aus der Lage zu befreien.

Sicherheit im Kanusport Erste-Hilfe-Maßnahmen 63

Der Afterdrop-EffektQuelle: Eigene Grafik nach Oliver Eger in „Erste HilfeOutdoor“

UM HILFE RUFEN!

NOTRUF ABSETZEN: 112

Hat man den Schwimmer gerettet, folgt man weiter dem Schema. Nun steht die Bewusstseinskontrolle an. Erst danach wird der Notruf abgesetzt, denn es ist für das Rettungsteam wichtig zu wissen, ob sofort ein Notarzt hinzugezogen werden muss.Ist keine Atmung mehr vorhanden folgt sofort die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Dabei folgt nach aktuellen Empfehlungen, 30-maliger Herzdruckmassage eine 2-malige langsame Beatmung mit Blickkontrolle. Die Wiederbelebung wird erst nach vorhandener eigener Atmung oder spontaner Bewegung des Opfers beendet. Ansonsten nur durch den Rettungsdienst.Man merkt sofort, dass gewisse Rettungsmaßnahmen nur im funktionierenden Team und mit mindestens zwei Helfer zu bewerkstelligen sind: ein Retter hilft durch Wiederbelebung, der andere holt auf schnellstem Weg ärztliche Hilfe.Es werden von verschiedenen Verbänden Kurse angeboten, man sollte daran teilnehmen und sie immer mal wieder zur Auffrischung wiederholen. Ich selbst möchte ganz besonders spezielle Kurse mit wählbaren Schwerpunkten wie etwa die der Outdoorschule Süd empfehlen (www.outdoorschule-sued.de)Download der Datei: http://www.abenteuersport.eu/html/herunterladen.html

Keine unnötige Angst - aber wache Sinne!

Jetzt wurde soviel über Unfälle und Gefahren geschrieben, dass jedem Anfänger Angst werden kann, alleine vom Lesen. Doch wer von Unternehmungen, die Gefahren bergen können, wie es beim Kanufahren nun mal der Fall ist, keine Angst hat, sollte eine andere Sportart wählen, denn zu groß ist für solche Menschen die Gefahr, sich um Gesundheit oder Leben zu bringen. Die Angst ist unsere Sicherheits-schaltung, sie hält uns davon ab, Dinge zu tun, denen wir nicht gewachsen sind. Aber die Angst kann auch unser Feind werden, wenn sie uns panisch reagieren lässt und uns die Sinne vernebelt.Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Stress die Leistungsfähigkeit steigert, doch kann zu große Angst den Stress auch auf ein Maß erhöhen, wo dann plötzlich die Leistungskurve in einem scharfen Knick nach unten abfällt. Die Folge ist fehlerhaftes Verhalten, Konzentrationsverlust, Kraftmangel und ungenügende Leistungsbereit-schaft - mit allen Gefahren und eventuell schlimmen Folgen gerade beim Paddeln.Doch dagegen können wir uns schützen, wenn wir die Angst als wichtige Sicherheits-schaltung akzeptieren, innerhalb unserer Grenzen bleiben, diese mit Vorsicht und Bedacht langsam erweitern und bei allen Fahrten wachen Sinnes unterwegs sind.Für alle Paddler gilt: Kanufahren soll in erster Linie Spaß machen, es muss noch Aufmerksamkeit bleiben für die Schönheit der Bewegungen und die Natur, in der wir uns bewegen. Allen Anfängern sei versichert, dass eine gewisse Angst auch bei den besten Kanuten mit im Boot sitzt, aber dass die Freude und der Stolz am Ende eines Paddeltages mehr als nur ein Ausgleich für die durchlebten Anstrengungen ist. „Mit Sicherheit was erleben!“, so heißt das Vereinsmotto des DVA Region Pfälzerwalde.V., ein Satz, der in seiner Doppeldeutigkeit eine wichtige Maxime im gesamten Kanu- und Erlebnissport sein sollte.In diesem Sinn - viel Spaß beim Kanufahren.

Sicherheit im Kanusport Erste-Hilfe-Maßnahmen 64

- Atemwege frei machen- Kopf überstrecken- Atmung prüfen:

hören – sehen - fühlen

- Nase oder Mund zu halten- Kopf überstrecken- Mund-zu-Mund/Nase

- Luft langsam einblasen- Bewegung Brustkorb?

Herz-Lungen-Wiederbelebung

Memo: Wiederbelebung

Atemspende

2 x langsam beatmenBlickkontrolle Brustraum

Kein Beatmung möglich?Wiederbelebung ohne Beatmung durchführen!

Beendigung Wiederbelebung bei vorhandenerAtmung oder spontaner Bewegung.

Ansonsten nur durch Rettungsdienst!

Erste Hilfe - Notfall-Spickzettel

Bewusstseinslage?

Ansprechbar! Nicht ansprechbar!

- Atemwege frei machen- Kopf überstrecken- Atemkontrolle

Atmungvorhanden!

- Stabile Seitenlage- Behandl. Unterkühl.- lfd. Kontrolle Vitalzeichen

Auffinden der Person

Risiken bewertenUmfeld abklärenHilfe koordinieren

Atemkontrolle

30 x HerzdruckmassageMitte Brustraum ansetzen4-5 cm KompressionstiefeArbeitstempo: 100/Minute

Behandlung von:- Schock- Unterkühlung- Verletzungen

Atmung nichtvorhanden!

Herz-Lungen-Wiederbelebung

(Memo - bitte drehen!)

Natur und SportLeitbild Natursport des DVA

Leitbild Natursport – Deutscher Verband für Abenteuersport Region Pfälzerwald

Wo immer die freie Natur zum Sportplatz wird, sind Umweltprobleme nicht zu vermeiden. Dennoch vertritt der DVA die Meinung, dass wir Menschen jeden Alters den Zugang zur Natur eröffnen und erhalten müssen. Nur Menschen, die die Schön-heiten der Natur erleben und genießen durften, werden sie auch als schützens- und erhaltenswert erachten. In diesem Sinn kann Natursport, wie ihn der DVA betreibt, einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz leisten.

Die wahren Umweltzerstörer sind vielfach an anderen Stellen zu finden. Dennoch müssen alle Natursportler ein Natur bewusstes Verhalten bei ihrer Sportausübung anden Tag legen. Manchmal ist es so leicht, sind es nur Kleinigkeiten, die den Genuss kaum einschränken und doch für die Umwelt eine riesige Entlastung darstellen.

Natursportler haben keine Lobby hinter sich wie etwa die Skifahrer, deshalb wird ihre sportliche Aktivität von vielen Rahmenbedingungen mehr und mehr eingeengt. Wir können aber etwas dagegen tun, wenn wir andere Schuldige durchschauen und uns selbst so korrekt wie möglich verhalten.

Der DVA Region Pfälzerwald e.V. möchte insbesondere Jugendlichen, aber auch Erwachsenen den Zugang zum Naturpark Pfälzerwald mit seinen Wäldern, Wiesen, Felsen und Gewässern ermöglichen und erhalten. Er macht sich dabei ausdrücklich für vorsichtiges Verhalten stark, das dem Naturschutz vor der Naturnutzung den Vorrang gibt.

Naturschutz und Sport treiben können nicht isoliert betrachtet, sondern müssen im Kontext des gesamten Systems gesehen werden.

Der DVA Region Pfälzerwald e.V. verpflichtet sich bei allen Aktivitäten auf den schonenden Umgang mit Naturressourcen zu achten und seine Unternehmungen aufUmweltverträglichkeit zu prüfen und entsprechend zu handeln. Als Multiplikator in derBetreuung von Jugendlichen und Ausbildung von Erwachsenen soll versucht werden,Impulse zur Nachhaltigkeit im allgemeinen und einen nachhaltigen Natursport im besonderen zu setzen.

Natur und Sport Leitbild Natursport des DVA 65

Flusslandschaft - Durance/FQuelle: Eigenes Foto

Natur und SportNatur bewusst Paddeln – DKV

Empfehlungen des Deutschen Kanu-Verband e.V.:

1. Vermeiden Sie bitte alles, was Tiere stören oder auch nur beunruhigen könnte. Alle Feuchtgebiete sind von besonderer Bedeutung für das ökologische Gleich-gewicht der Natur. Flachwasserbereiche, Uferzonen sowie angrenzendes Umland sind Brut- und Aufzuchtgebiete für viele Tiere und insbesondere für Wasservögel, deren Brutzeit sich von April bis Juli erstreckt. Halten Sie möglichst großen Abstand von Nestern und Nachwuchs führenden Wasser-vögeln. Sind Sie mit mehreren Booten unterwegs und müssen Sie ein Nest oder eine Vogelfamilie passieren, fahren Sie bitte weiträumig und zügig vorbei. HaltenSie die Boote eng zusammen, um die Störung möglichst kurz zu halten.

2. Informieren Sie sich bitte vor Beginn der Fahrt, ob Ihr Weg durch ein Schutz-gebiet führt. In vielen Bereichen unseres Landes sind Schutzgebiete ausgewiesen. Hier gelten besondere Bestimmungen zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt. In manchen Schutzgebieten ist das Befahren der Gewässer verboten (siehe auch Befahrungsregelungen). Die Beschilderung der Schutzge-biete ist vom Wasser aus nicht immer zu sehen. Schuldhafte Verstöße gegen Fahr- und Betretungsverbote hat der Gesetzgeber mit empfindlichen Bußgeldernbelegt.

3. Melden Sie Umweltverschmutzungen. Achten Sie besonders auf stinkende Schmutzwassereinleitungen, Ölfilme und wilde Müllkippen an und in der Nähe von Gewässern. Rechtzeitige Anzeige kann ein Gewässer vor schweren Schäden retten. Zuständig sind die örtlichen Polizei- und Umweltbehörden.

4. Informieren Sie sich vor der Fahrt bitte über das Gewässer, das Sie befahren wollen. Dies sollte eine Selbstverständlichkeit sein, nicht nur aus Umweltschutz-gründen sondern auch aus Sicherheitsgründen. Alle notwendigen Informationen erhalten Sie aus den DKV-Flussführern und dem aktuellen DKV-Sportprogramm.Natürlich enthalten diese Web-Seiten auch zahlreiche Informationen, (z. B. Befahrungsregelungen oder Mindestpegel).

5. Vermeiden Sie eine Übernutzung. Wenn Sie bereits am Start erkennen, dass das Gewässer hoffnungslos übernutzt ist, dann sollten Sie auf die Befahrung desGewässers verzichten. Eigenes Fehlverhalten kann nicht damit entschuldigt werden, dass andere die Natur noch stärker belasten.

6. Kleine Gewässer verlangen eine besonders gute Fahrtechnik. Kleinflüsse solltennur in kleinen Gruppen mit kleinen Booten befahren werden. Als Faustregel gilt: Alle Boote müssen ohne Grundberührung und Uferkontakt auf der Stelle wendenkönnen.

7. Überprüfen Sie vor Ort am Gewässer, ob der Wasserstand für Ihre Paddeltour wirklich ausreicht. Bei zu geringem Wasserstand können Tiere und Pflanzen im Flussbett unbemerkt geschädigt werden. Insbesondere kann der Fischlaich dannersticken. Nach Regen armen Zeiten sind viele Gewässer nicht mehr befahrbar. Weichen Sie in einem solchen Fall auf einen größeren Fluss in der Nähe aus.

8. Denken Sie schon bei der Anfahrt an die Umwelt. Bilden Sie Fahrgemein-schaften. Stellen Sie Ihren PKW bitte auf öffentlichen Parkplätzen und nicht auf Privat- oder Forstwegen oder sogar Gaststättenparkplätzen ab. Ist letzteres unumgänglich, dann fragen Sie bitte um Erlaubnis.

9. Vermeiden Sie Uferbeschädigungen beim Start. Starten Sie Ihre Paddeltour nur von Ufern, an denen keine Schäden verursacht werden können. Starten Sie bittenicht, indem Sie mit Ihrem Boot die Uferböschung hinunterrutschen. Dies zerstört nur das Ufer.

10. Alle Flachwasser- und Schilfzonen bitte weiträumig umfahren. Sie stehen unter besonderem Schutz. Es sind wertvolle Laich- und Brutgebiete für Fische und Vögel und Standorte seltener Wasserpflanzen.

11. Genießen Sie die Stille und Einsamkeit. Stören Sie nicht andere Leute, die wie Sie die Ruhe suchen. Vermeiden Sie Lärm und lautes Rufen.

12. Rasten und Lagern zur kurzen Erholung ist nur an Plätzen möglich, an denen das Ufer nicht beschädigt werden kann.

13. Das wilde Zelten ist in Deutschland fast überall verboten. Besonders gekenn-zeichnete Rast- und Lagerplätze für Wasserwanderer sind davon ausgenommen. In den Flussführern sind die besten Übernachtungsmöglich-keiten beschrieben.

14. Nehmen Sie ihren Müll wieder mit und lassen Sie ihn keinesfalls an ihren Rast- oder Lagerplätzen liegen.

15. Nehmen Sie beim Umtragen besondere Rücksicht auf Uferbefestigungen und Zäune. Umtragen an Stauanlagen ist nicht immer gestattet. Mancherorts wird es nur stillschweigend geduldet. Notfalls müssen Sie ihr Boot und die Ausrüstung über eine längere Strecke tragen.

Natur und Sport Natur bewusst Paddeln – DKV 66

Wildfluss in den Alpen - Gyronde/FQuelle: Eigenes Foto

Der DKV hat in einer umfangreichen Veröffentli-chung sein Leitbild Kanusport dargestellt. Es

kann im Internet herunter geladen werdenwww.kanu.de/nuke/downloads/leitbild.pdf).

Natur und SportSauberes Wasser und natürliche Gewässer

Jeder Mensch braucht sauberes Wasser – in vielerlei Hinsicht.Wenn wir das Wasser auch nicht so dringend brauchen, wie die Luft zum Atmen, die uns nur wenige Minuten fehlen darf, so ist es mit uns ohne Trinkwasser dennoch nach wenigen Tagen zu Ende.Daneben ist sauberes Wasser auch für Körperpflege und Hygiene notwendig. Und wie schnell dort ein Mangel zum Entstehen von Seuchen führen kann, sieht man immer dann, wenn es durch Umwelt-Katastrophen in einigen Regionen fehlt.Wir haben also ein großes Interesse daran, dass uns ausreichend sauberes Wasser zur Verfügung steht. Oder sollten es zumindest haben.Daneben spielt Wasser aber noch weitere wichtige Rollen als Helfer. Es erledigt den Abtransport unserer Fäkalien, kühlt unsere Kraftwerke, bildet Transportwege, speichert Energie und nicht zuletzt: Es dient uns als angenehme Freizeitmöglichkeit, egal ob beim Baden, Angeln oder Paddeln.Aufgabe von uns allen muss es deshalb sein dafür zu Sorgen, dass dies auch in Zukunft der Fall ist. Und dabei sind wir Kanusportler natürlich besonders gefragt. Daneben ist das System Wasser nicht isoliert zu betrachten, sondern als Teil des ganzen Ökosystems.

Wie wir Kanuten störend eingreifen, soll folgende Tabelle zeigen:

Allgemeine Belastungen Mittelbare Belastungen Unmittelbare Belastungen

• Beitrag zum Pkw-Verkehr • Abfälle und Fäkalien • Beunruhigen, Aufscheuchen und Vertreiben von Tieren

• Produktion u. Entsorgung von Booten und Zubehör

• Parken in Gewässernähe • Schädigung der Laichbetten von Fischen und Wirbellosen

• Landschaftsverbrauch durch Parkplätze, Campingplätze, Gastronomie etc.

• Zelten in der freien Landschaft • Schädigung von Pflanzengesellschaften

Diese Belastungen müssen so klein wie möglich gehalten werden. Es muss jedem Paddler klar sein, dass er seinen Sport nicht jederzeit und an jedem Ort ausüben kann. Dennoch sollte jeder Kanusportler auch ein gesundes Maß an Selbstbe-wusstsein haben, denn die wahren Feinde der Flüsse sind nicht die Wassersportler.Laut einer Statistik des BMU vom Jahr 2000 sind in Deutschland nur noch 2 % aller Flüsse unverändert, also ihrem natürlichen Zustand entsprechend. Der große Teil weist geringe bis sehr starke Veränderungen auf und 10 % werden als vollständig verändert beschrieben.Dass die wenigen natürlichen Gewässer eine besondere Anziehungskraft für Kanuten ausüben ist klar. Und dort kommt es dann ohne Regelungen schnell zu Überlastungen. Die richtige Antwort kann aber nicht Aussperrung lauten, sondern es muss eine verstärkte Renaturierung der veränderten Gewässer gefordert werden.Ein Fluss ist nur dann ein naturnaher Fluss, wenn er seine natürliche Struktur behält und die sieht folgendermaßen aus:

• Oberlauf – gerader Lauf, schnell fließend, geringe Breite• Mittellauf – Kiesbänke und Auwälder, breiter werdend• Unterlauf – ausgeprägte Mäander, er überschwemmt Wiesen und Auen,

große Breite und geringe Fließgeschwindigkeit

Wir müssen dafür sorgen, dass Gewässer erhalten bleiben bzw. wieder hergestellt werden.

Natur und Sport Sauberes Wasser und natürliche Gewässer 67

Natur und SportFeinde der Flüsse

Wie oben schon angeklungen werden Kanuten oft in ihrem Sport behindert (etwa durch Flusssperrungen), obwohl sie bei richtigem Verhalten keine Bedrohung für intakte Flusslandschaften darstellen, die wahren Feinde sind andere, leider oft viel mächtigere Gruppen.

Die Energiegewinnung

Es würde hier zu weit führen, eine große Energiebilanz auf zu machen, um zu verdeutlichen wie gering die Energiemenge ist, die anteilsmäßig aus Wasserkraft gewonnen wird und wie hoch der Preis dafür ist. In den Alpen beispielsweise werden 90 % der Fließgewässer zur Stromerzeugung genutzt, sie sind damit nicht mehr in ihrem natürlichen Zustand, die Landschaften sind zerstört. Dass dies das Ende für viele Pflanzen- und Tierarten war, ist leicht verständlich.

Die Industrie

An größeren Flüssen befinden sich riesige Industrieansiedlungen, sie nutzten die Flüsse als Transportwege, decken damit ihren teilweise immensen Wasserbedarf und nutzen nebenbei noch die Möglichkeit sich ihres verschmutzten Brauchwasser zu entledigen. Die Wasserqualität in der Nähe dieser Anlagen ist katastrophal, die Flüsse völlig aus ihrem natürlichen Gleichgewicht geworfen, der Lebensraum der Fische, Vögel und Pflanzen zerstört.

Die Schifffahrt

Wer einmal ganz alte Karten gesehen hat, die den ursprünglichen Verlauf des Rheinszeigen, wird sehr verwundert sein, wenn er dagegen den heutigen Verlauf betrachtet.Flussläufe sind nichts statisches, sie verändern sich mit der Zeit, mäandrieren, d. h. sie bilden große Schleifen und suchen sich stets neue Wege. Dabei entstehen ganz besondere Flusslandschaften und Auen. Dass ein kurvenreicher, teilweise seichter Fluss für die Schifffahrt kaum von nutzen ist, liegt auf der Hand. Das Ergebnis sind begradigte Flüsse mit Staustufen und Schleusen, die viel eher künstliche Kanäle, als natürliche Flussläufe sind. Die daraus entstehenden Umweltzerstörungen sind vielfäl-tiger Art, und alle Wissenschaftler stimmen darin überein, dass die Begradigungen großen Anteil an den schlimmen Folgen der Hochwassern der letzten Jahre hatten.

Die Staudämme und Ausleitungen

Die Verbauung der Flüsse durch Staudämme und mächtige Ausleitungen hat mehrere Gründe. Zum einen die schon erwähnte Energiegewinnung, aber auch Bewässerung und nicht zuletzt die Wasserversorgung der Städte und Gemeinden. Ein Beispiel: jeder Tropfen Rheinwasser wird siebenmal „getrunken“ bevor er ins Meer fließt, d. h. natürlich wird er nur in Wasserleitungen gespeist, denn nur wenige Liter unseres Wasserverbrauchs sind wirklich zum Trinken bestimmt, das meiste braucht die Industrie und riesige Mengen benutzen wir zum Waschen oder um unsere Exkremente weg zu spülen. Aber egal ob für Turbinen, Bewässerung, Industrie oder sonstigen Gebrauch, das Ergebnis sind trocken liegende Flussbetten und das Ende allen Lebens in diesen Bereichen.

Die Landwirtschaft

Auch die Landwirtschaft trägt ihren Teil zur Zerstörung des Lebensraumes Fluss bei. Da sind die schon erwähnten Ausleitungen für die Bewässerung der Anbauflächen, aber da ist die viel schlimmere Tatsache, dass die Einschwemmung der Düngemittel in die Gewässer, wie sie die intensive Bodennutzung der heutigen „Chemie-Landwirt-schaft“ mit sich bringt, zu einer Überdüngung und manchmal zum Kollaps von ganzen Flussabschnitten führt.

Die Freizeitattraktion „Fluss“

Hier nähern wir uns wieder den Menschen, die Flüsse für ihre Freizeitaktivitäten nutzten und zu denen wir Paddler uns natürlich zählen müssen. Aber gerade hier gibtes riesige Unterschiede. Natürlich dringen wir alle in eine fremde Umwelt ein und sind in erster Linie Störfaktoren, doch kann man den Grad der Störung beeinflussen und es nicht zur Zerstörung kommen lassen.

Natur und Sport Feinde der Flüsse 68

Industrieanlage am FlussQuelle: http://images.google.de

Stauwerk von LinneQuelle: http://images.google.de

Eindringen vom Ufer aus

Immer mehr suchen Menschen Erholung an Ufern von Flüssen und Seen, man angelt oder badet und sonnt sich, dass es dabei zu Zerstörungen an Uferstreifen oder Brutgebieten kommt, liegt auf der Hand.

Vergnügungsfahrten

Eine sehr beliebte Aktion sind Vergnügungsfahrten in Gruppen. Dabei sind die Ausflugsschiffe wie sie etwa die großen Flüsse befahren noch am harmlosesten, weildort die Nutzschifffahrt schon genug zerstört hat. Aber es gibt auch Vergnügungs-flöße, wie sie etwa die grölenden Horden auf der Isar hinab schippern und dabei ist das Vogelbrutgebiet wesentlich uninteressanter als der deftige Witz, den einer beim Bier zum Besten gibt. Aber auch mit Kanus werden solche Gruppenfahrten und Betriebsausflüge immer beliebter. Hier wird die Natur zur Nebensache und eine Gartenwirtschaft wäre der bessere Ort für solche Gruppenaktivitäten.

Rafting

Auf vielen Flüssen beginnt mehr und mehr ein Verdrängungskampf zwischen kommerziellen Rafting-Anbietern und Kanuten. Dummerweise wird im allgemeinen nicht unterschieden und einfach beides als Wassersport bezeichnet. Damit haftet alles Negative, was man dieser leicht konsumierbar gemachten „Freizeit-Action“ Rafting vorwerfen muss, auch Umwelt bewussten Kanuten an. Bei der Art wie Wildwasser im Raft von sensationshungrigen Touristen genutzt wird, sind Parallelen zum Skisport kaum zu übersehen - mit allen Gefahren für Umwelt und Kultur.

Kanu-Spielwiese

Aber auch der Kanute selbst ist nur zu oft ein großer Umweltstörenfried. Meist sind es die Paddler, die die Gewässer einfach als Sportstätte ansehen und damit natürlichkein Gespür für vorsichtigen Umgang entwickeln können. Es sind dies die extre-meren Kanuten, für die gewisse Stellen einfach sportliche Herausforderungen darstellen, die man besucht und bewältigt. Oder ein Fluss in seiner ganzen Schönheit wird auf eine einzige Walze reduziert, wo man hin fährt, um zu Üben oder zu Spielen und dabei leider allzu oft keine Rücksichten nimmt. Wenn „Fun & Action" im Mittelpunkt stehen, bleibt leider die Natur auf der Strecke.

Natur und SportKanufahren mit Einsicht

Kanukurse ohne das Kapitel Umweltschutz sollten undenkbar sein. Auf dem Weg zum Umwelt verträglichen Kanusport sind sicher viele Bemühungen nötig. Auch der Kampf gegen zerstörerische Eingriffe in das Ökosystem Fluss zählt dazu. Wir Paddler sind verpflichtet unsere „Sportumwelt" zu schützen - durch richtiges Verhalten und den Kampf gegen äußere Gefahren. In der langjährigen Kurstradition des DVA konnten viele interessante Beobachtungen gemacht werden, die die Argumente der Naturschützer gegen die Naturnutzung entkräften, wenn sich die Sportler angepasst verhalten. Als Beispiel kann etwa die unterschiedlich große Fluchtdistanz von Vögeln auf verschieden stark genutzten Gewässern genannt werden, die zu beobachten ist. Flieht ein Eisvogel auf kaum befahrenen Flüssen in großer Entfernung zum Kanu, so kann man sich z. B. im Ardèchegebiet (kanutouristisch stark genutzter Fluss in Frankreich) bis auf kurze Distanz annähern. Aber der Eisvogel ist als Art nicht verschwunden, sondern den Ufern der Ardèche erhalten geblieben – im Gegensatz zu den Behauptungen vieler Vogelschützer. Dies zeigt uns, dass auch von Seiten der Natur Anpassungen statt-finden, die ein Miteinander ermöglichen.Eine der wichtigsten und schwerwiegendsten Umweltbelastungen des Kanusports sind nicht das Eindringen und der Aufenthalt in Naturräumen, soweit dies verantwor-tungsvoll geschieht, sondern der erhebliche Verbrauch von Energieressourcen zur Sportausübung. Nicht selten werden mehrere hundert Kilometer im Auto zurück-gelegt, um wenige Flusskilometer zu paddeln. Auch hier muss kritisch hinterfragt undnach Lösungen gesucht werden (der DVA kompensiert beispielsweise den CO2-Ausstoß seiner Vereinsbusse durch Ausgleichszahlungen).Es ist auf jeden Fall richtig und wichtig sich Gedanken zu machen. Rolf Strojec von der Hessischen Kanuschule hat zehn Regeln erarbeitet, die als Diskussions-grundlage und Denkanstoß aufgelistet sind.

Natur und Sport Kanufahren mit Einsicht 69

Rafting im Val di Sole/IQuelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rafting

Vor der Kanufahrt steht die Ausbildung – Lehrerfortbildung des DVA in der Pfalz/DQuelle: Eiigenes Foto

10 Hinweise für ein Kanufahren mit Einsicht

1. Bewusst auswählen

Bereits bei der Fahrtenplanung Umweltgesichtspunkte berücksichtigen; Fahrten-termine soweit wie möglich von Hauptreisezeiten entkoppeln, übernutzte Gewässer meiden, das Verhältnis von gefahrenen Auto- zu Paddelkilometern überdenken. Nichtvon Prestige behafteten, scheinattraktiven Angeboten und „Vorbildern" blenden lassen: Flüsse, Seen und Meere als Naturraum begreifen, nicht als "Action-Center".

2. Öffentliche Verkehrsmittel nutzen

Bei unumgänglichem PKW-Gebrauch Bildung von Fahrgemeinschaften, das Umsetzen mit möglichst wenig PKW-Gebrauch durchführen. Öfter mal zu Fuß oder per Rad zur Einsatzstelle zurückkehren. Soweit möglich, Bahnreisen nutzen.

3. Gewässerinformationen einholen

Nur bei ausreichendem Wasserstand losfahren: mindestens 50 cm helfen die Zerstörung von Kleinstlebewesen, Pflanzen und Fischlaich zu unterbinden. Nur auf geeigneten und ausgewiesenen Flüssen paddeln, Verbote aus Naturschutzgründen respektieren. Beim Einsetzen auch mal längere Tragewege für Boote in Kauf nehmen.

4. Richtig paddeln lernen

Sein Sportgerät beherrschen lernen, einschließlich dazu nötiger Naturregeln, um Ufer- und sonstige Biotopschädigungen zu vermeiden. Erst wenn eine Könnensstufe sicher beherrscht wird, langsam steigern. Flusserfahrung sammeln. Mit dem Fluss fahren, nicht gegen ihn. Auf Harmonie in der Fahrtengruppe achten.

5. Nur in angepassten Gruppengrößen paddeln

Sensibilität für Natur verträgliche Gruppengrößen entwickeln. Bei Veranstaltungen die Kleingruppen auf mehrere Flüsse verteilen. Nur an umwelt- und sozialverträg-lichen Kanu-Maßnahmen teilnehmen.

6. Abfall vermeiden oder entsorgen

Möglichst wenig Verpackungsmaterial mitnehmen, umweltfreundliche Verpackungen nutzen. Keinen Abfall in der Landschaft zurücklassen. Mit Gruppen nur auf entsorgten Zeltplätzen campieren.

7. Tiere und Pflanzen schützen

Flachwasserbereiche, Schilf- und Uferzonen als Brut- und Aufzuchtsgebiet für Wasservögel möglichst meiden. Sich einschränken und zu sensiblen Brutzeiten auf Befahrungen verzichten. Keine Lebewesen stören und beunruhigen.

8. Die Vielfalt des Kanusports auskosten

Kanusport in seiner Vielfalt ausüben statt eine Spezialdisziplin: beim Wasser-wandern, Wildwasserfahren, dem Seekajakfahren die vielen Gesichter der Natur kennen lernen. Öfter mal wieder Gepäckfahrten unternehmen.

9. Stress vermeiden

Naturerlebnis über sportliche Extremleistungen stellen. Anstatt viele Flüsse oder Flusskilometer „abzuhaken", lieber wenige Flüsse intensiv genießen. Nicht lärmen und grölen. Ab und zu Ruhetage einlegen.

10. Interesse an Natur, Umwelt und Kultur zeigen

Flusslandschaften in ihren Besonderheiten wahrnehmen, verstehen und erleben lernen. Den gesamten Urlaubsort einschließlich seiner Geschichte und Probleme kennen lernen. Sich ohne Aufdringlichkeit und Besserwisserei für das Leben der Einheimischen interessieren. Sachliche Kritik an vorhandenen Gewässerbelastungenund Fehlentwicklungen äußern. Hausgewässer durch Patenschaften schützen helfen.

Natur und Sport Kanufahren mit Einsicht 70

BibliographieAusgewählte Literatur zum Thema

Ich bekenne, ich habe abgeschrieben und viele Anleihen gemacht, aber man muss und kann das Rad ja auch nicht immer wieder neu erfinden. Im Folgenden möchte ich die Quellen nennen und hoffe, nichts vergessen zu haben. Es gibt sicherlich noch mehr sehr lesenswerte Kanu-Literatur, aber ich denke in der Liste sollte für alle etwas dabei sein. Besonders empfehlen möchte ich für den Bereich Fahren mit Jugendlichen „Mit allen Wassern gewaschen“ und für Wildwas-serfreunde unbedingt „Besser Wildwasserfahren“ von Olli Grau und letztlich die „Lustige Kajakschule“ von William Nealy sowie die Kanuführer im DKV-Verlag.

Kanusport:

Bauer, Axel: Handbuch für Kanusport, Aachen, 1997

Birzele, J. und Hoffmann, O. I. (Hrsg.): Mit allen Wassern gewaschen, Augsburg 2005

Burzlauer, A.: Kanu-Stechpaddeltechnik 1-3, Nürnberg 2013

Grau, Olli: Besser Wildwasserfahren, Riedering 2004

Mason, Bill: Die Kunst des Kanufahrens: Der Canadier, Köln 1994

Nealy, William: Lustige Kajakschule, Oberschleißheim 1996

Reinhold, J., Eskimorolle - leicht gemacht, hf-Sportbuchverlag, 1998

Rowe, Ray: Wildwasser Kajak, Stuttgart 1988

Flussführer:

DKV-Verlag: DKV-Auslandsführer, Bände 1-8, Duisburg (div. Jahre)

DKV-Verlag: Deutsches Flusswanderbuch, Duisburg 2004

Schule und Sport:

Gilsdorf, R. u. Volkert, K. (Hrsg.): Abenteuer Schule, Alling, 1999

Grumbach, Joachim: Schulwandern und Schulfahrten, Mainz 1995

Naturschutz:

Deutscher Kanu-Verband: Kanuwandern und Naturschutz, Duisburg 1995

Deutscher Kanu-Verband: Gutachten zur Störökologie des Kanuwandersports, Duisburg 1999

Uhrmeister, Bernd: Rettet unsere Flüsse, Oberschleißheim 1998

Erste Hilfe:

Oster, Peter: Erste Hilfe Outdoor, Augsburg, 2003

Dann noch ein paar interessante Seiten im Internet:

www.kanu.de

www.abenteuersport.eu

www.kanucamp-dva.de

www.kajaktour.de

www.kanadiertouren.de

www.kajak-channel.de

www.paddle-people.com

www.paddel-buecher.de

Und letztlich noch zwei deutschsprachige Zeitschriften:

KANU-Magazin

KAJAK-Magazin

Bibliographie Ausgewählte Literatur zum Thema 71

Anhang 1Freizeit- und Schulfahrt-Pass

Download der bearbeitbaren Datei: http://www.abenteuersport.eu/html/herunterladen.html

Anhang 1 Freizeit- und Schulfahrt-Pass 72

1. Mein(e)/unser(e) Tochter/Sohn ist angewiesen, den Anordnungen der Fahrtenleitung unbedingt Folge zu leisten.2. Die Haftung für selbständige Unternehmungen, die nicht von der Fahrtenleitung angesetzt sind, wird von dem

Rechtsträger der Maßnahme nicht übernommen.3. Es wird ausdrücklich bestätigt, dass die/der Teilnehmer(in) bei groben Verstößen gegen die Anordnung der Leitung

aus der Fahrtengemeinschaft ausgeschlossen werden kann. In diesem Falle ist sie/er am Freizeitort abzuholen bzw. für den Rücktransport zu sorgen.

...................................................................................Ort, Datum

.................................................................................... .....................................................................................................Unterschrift der Erziehungsberechtigten

Freizeit- oder Schulfahrt-Pass

.................................................................................................................................. ..............................................Name», Vorname Geburtsdatumj

...................................................................................................... .................................................................................Straße PLZ Ort

Angaben für ärztliche Hilfe: Ist die/der Teilnehmer(in) gegen Wundstarrkrampf geimpft?

O ja O nein

Wann? .................................... Womit? ......................................................

Anschrift des Hausarztes: Name: ............................................................................................................

Anschrift: ......................................................................................................

................................................................ Telefon: .........................................Worauf muss während der Maßnahme besonders geachtet werden (z. B. Zahnspange tragen, Allergien, Herzfehler, Anfallsleiden, Hitzeempfindlichkeit, Medikamente usw.)?

.........................................................................................................................................................................

.........................................................................................................................................................................

Die/der Teilnehmer(in) ist: Badeerlaubnis :

O Schwimmer O ja, unter Aufsicht

O nein, keine Erlaubnis

LOGO

Erziehungsberechtigt:Name: ...................................................................... geb.: ...........................

Krankenversicherung: ....................................................................................

Anschrift: ......................................................................................................

................................................................ Telefon: .......................................

Wenn nicht erreichbar, kann mit folgender Person Kontakt aufgenommen werden:

Name: ............................................................................................................

Anschrift: ......................................................................................................

................................................................ Telefon: .........................................

Anhang 2Erweiterte WW-Skala

Anhang 2 Erweiterte WW-Skala 73

WW I WW II WW III WW IV WW V WW VI / VI.1 bis X

leicht mäßig schwierig schwierig sehr schwierig äußerst schwierig Extrem schwierigSichtOffenes Flussbett. Freie Durchfahrten.

Wasser

FlußbettKaum Hindernisse.

Technik

Bewertung der Gefahren von 1-6

1 2 3 4 5 6

ungefährlich mäßig gefährlich gefährlich sehr gefährlich äußerst gefährlich extrem gefährlichGefahren

Keine Gefahren.

Zugänglichkeit und Ausgesetztheit des Geländes

A B C D E

Zugänglichkeit

Bewertung der technischen Schwierigkeiten von WW I bis VI nach ICF

Übersichtliche Durchfahrten; noch alles vom Boot aus erkennbar.

Durchfahrten nicht mehr unbedingt vom Boot aus zu erkennen; Besichtigung meist notwendig.

Eingehende Besichtigung unerlässlich.

Eingehende Besichtigung unerlässlich.

Regelmäßiger Stromzug, kleine Wellen.

Unregelmäßige Wellen und Schwälle; kleine, schwache Walzen und Verschneidungen.

Größere Schwälle mit hohen, unregelmäßigen Wellen; Walzen, Verschneidungen und Presswasser.

Lang andauernde Schwälle mit hohen Wellen; kräftige Walzen; lange Katarakte; große Presswasser.

Wuchtige, sehr lange Schwälle; sehr kräftige Walzen, sehr große Presswasser.

Extremstes Wuchtwasser; extreme Schwälle, Walzen und Presswasser.

Einfache Hindernisse im Stromzug.

Einzelne Blöcke, kleine Stufen, verschiedene Hindernisse im Stromzug.

Hohe Stufen; lange Katarakte und Blockstrecken.

Dichte Verblockung, steile und verwinkelte Katarakte; sehr hohe, verwinkelte und rückläufige Stufen.

Extrem steile, enge und verwinkelte Katarakte; extrem hohe und rückläufige Stufen mit äußerst schwierigen Ein- und Ausfahrten.

Grundschlag vorwärts und rückwärts; Bogenschlag. Grundtechnik Wurfsack; Erste Hilfe.

Zieh- und Bogenschlag; Kehrwasserfahren bzw. Seilfähren. Grundtechnik Wurfsack; Erste Hilfe.

Technisch verfeinerte Paddelschläge; perfektes Kehrwasserfahren. Grundtechnik Wurfsack; Erste Hilfe.

Verbesserte Grundtechnik; Boofen; perfektes Kehrwasserfahren; perfektes Rollen. Erweiterte Wurfsacktechnik; Flaschenzug; Abschleppen; Erste Hilfe.

Perfekte Beherrschung aller Paddeltechniken. Beherrschen aller gängigen Sicherungs- und Bergetechniken; Erste Hilfe; Kletterkenntnisse, insbes. Abseilen.

Perfekte Beherrschung aller Paddeltechniken. Beherrschen aller gängigen Sicherungs- und Bergetechniken; Erste Hilfe; Kletterkenntnisse, insbes. Abseilen.

Geringe Verletzungsgefahr. vereinzelt Steine und andere Hindernisse.

Gehobene Verletzungsgefahr. Verblockung und Felsrippen; längere Schwimmstrecken möglich.

Hohe Verletzungsgefahr. Steckgefährliche Stufen; haltende Walzen; Unterspülungen und Siphons in größerer Entfernung von der Fahrtroute; ein Schwimmer hat Mühe, ohne Hilfe ans Ufer zu kommen.

Extrem hohe Verletzungsgefahr. Sehr steckgefährliche Stufen und klemmgefährliche Schlitze; starke Rückläufe; gefährliche Unterspülungen und Siphons direkt neben der Fahrtroute; ein Schwimmer hat keine Möglichkeit, ohne Hilfe ans Ufer zu kommen.

Höchste Lebensgefahr. Sehr gefährliche Unterspülungen und Siphons in der Fahrtroute; extrem steckgefährliche Wasserfälle; kaum überwindbare Rückläufe; fast keine Kehrwässer; schwimmen ist tödlich.

Einfach zugänglich. Straße unmittelbar neben dem Fluss; leichter Abtransport eines Verletzten. Bergung mit Rettung.

Exponierte Lage. Der Fluss befindet sich immer noch neben der Strasse, ist aber schwer zugänglich; Bergeseil erforderlich. Bergung mit Rettung, z.T. Bergrettung.

Alpine Eintagestrips. Der Fluss fließt durch abgeschiedene Täler und Schluchten; der Zugang ist mit hohen Zeitaufwand verbunden. Bergung mit Bergrettung.

Mehrtagestrips in alpinem Gelände. Retter brauchen lange, um zu den Verletzten zu gelangen oder müssen eingeflogen werden. Eine Bergung ist nur mit Hilfe von ausgebildeten Bergemannschaften, die über genaue Orts- und Erste-Hilfe-Kenntnisse verfügen, möglich.

Expedition abseits jeglicher Zivilisation. Hilfe von außen ist mit größter Wahrscheinlichkeit nicht oder nur mit Unterstützung von Satellitenortung und höchstem technischen und zeitlichen Aufwand möglich. Die Mannschaft ist im Ernstfall praktisch auf sich allein gestellt.