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Kapitel 6: Rechtsstellung der Gesellschafter Übersicht Rdn. Rdn. A. Geschäftsanteil und Mitgliedschafts- B. Gesellschafterversammlung .. ........ 67 recht ...... . ... . ........ . ..... ... I. Kompetenzen der Gesellschafterver- I. Begründung der GmbH-Gesellschafter- sammlung ............ . ........... 67 stellung . ... .. .. . ....... .. ....... . l. Die gesetzlich vorgesehenen Kampe- Il. Vermögensrechte des GmbH-Gesell- tenzen ............ . ........... 69 schafters .. ... ...... ... .... ... ... . 4 a) Zuständigkeit der Gesellschafter- III. Verwaltungsrechte des GmbH-Gesell- versammlungnach §46 GmbHG 70 schafters ... . ..................... 11 b) Sonstige gesetzlich vorgesehene l. Informationsrechte ..... .. .. ... .. 12 Kompetenzen ........ . ... . ... 79 a) Überblick . . ................. 12 2. Modifikationen der Kompetenzen b) Das Informationsrecht gern. §51 a durch die Satzung ........ .. .. . .. 83 GmbHG .......... ..... .... 13 !I. Einberufung der Gesellschafterversamm- c) Das Informationserzwingungsver- lung .... . ... . ........... . ....... 85 fahren gern. §51b GmbHG ..... 21 III. Durchführung der Gesellschafterver- 2. Sonstige Verwaltungsrechte des sammlung ............ . ........... 100 GmbH-Gesellschafters ......... .. 22 1. Beachtung des Teilnahmerechts ..... 101 a) Recht zur Teilnahme an Gesell- 2. Versammlungsleitung ......... ... 105 schafterversamml ungen ...... .. 22 3. Beschlussfähigkeit ....... . ... . ... 112 b) Stimmrecht ............... .. 25 4. Stimmverbote ...... . ....... .. .. 115 c) Recht zur Erhebung von Be- 5. Mehrheitserfordernisse für Gesell- schlussmängel- und Gesellschaf- Schafterbeschlüsse ........... . ... 121 cerklagen .......... . .. . ... .. 29 6. Abstimmung ....... . .... ... ... . 124 IV Gleichbehandlungsgrundsatz, Nebenleis- 7. Ermittlung des Abstimmungsergeb- tungspfl ichten und Sonderrechte .... .. 33 nisses . . ........... . .......... . 130 l. Gleichbehandlungsgrundsatz ..... .. 33 IV Beschlüsse außerhalb von Gesellschafter- 2. Nebenleistungspflichten . ......... 35 versammlungen . .................. 133 3. Sonderrechte .......... . ........ 41 l. Gesetzliche Ausgangslage . .. .. . .. .. 133 V. Treuepflicht des GmbH-Gesellschafters . 45 2. Die Regelung des § 48 Abs. 2 VL Wettbewerbsverbote . . ..... . ...... .. 53 GmbHG .. .. .. . .. ... .. . ... .... 136 l. Gesetzliche Ausgangslage .......... 53 3. Satzungsregelungen ...... . ...... . 140 2. Satzungsmäßige Wettbewerbsverbote 4. Beschlussfassung in der Ein-Mann- für GmbH-Gesellschafter ......... 54 GmbH ....................... 143 3. Wettbewerbsverbote aufgrund V. Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse .... 147 schuldrechtlicher Gesellschafterab- 1. Nichtigkeit ........ . ...... ... .. 148 sprachen . ..................... 57 2. AnfechtbarkeiL ..... . ...... . .. .. 154 4. Ungeschriebene Wettbewerbsverbote c. Gesellschaftervereinbarungen . . . . . . . . 162 für GmbH-Gesellschafter ......... 59 1. Allgemeines ................. . ... . 162 a) Gesellschaftergeschäftsführer ... . 60 Il. Stimmbindungs- und Poolverträge .. ... 169 b) Mehrheitsgesellschafter ... . .... 62 III. Andere Regelungen in Gesellschafterver- 5. Fazit ..... ... ... .. ..... . .. . .. . 65 einbarungen . . .... . ....... . .... . .. 178 A. Geschäftsanteil und Mitgliedschaftsrecht I. Begründung der GmbH-Gesellschafterstellung Die Stellung als GmbH-Gesellschafter kann man grds. dadurch erlangen, dass man entweder einen bestehenden Geschäftsanteil von einem anderen erwirbt - was im Wege der Abtretung oder im Rahmen von Gesamtrechtsnachfolgen geschehen kann- oder einen neuen, d.h . vorher nicht vor- handenen Geschäftsanteil, etwa i. R. d. Gründung der GmbH oder einer Kapitalerhöhung gegen Ausgabe neuer Geschäftsanteile erhälr. Hinzu tritt die Umgestaltung von Mitgliedschaftsrechten i. R. d. Formwechsels nach dem UmwG, also wenn z. B. eine AG in eine GmbH formwechselnd umgewandelt und der frühere Aktionär dadurch GmbH-Gesellschafter wird.

Kapitel 6: Rechtsstellung der Gesellschafter€¦ · Kapitel6 Rechtsstellung der Gesellschafter vom Verkehrswert abweichende Bemessung des Abfindungsbetrages aufgrund der Satzung

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Page 1: Kapitel 6: Rechtsstellung der Gesellschafter€¦ · Kapitel6 Rechtsstellung der Gesellschafter vom Verkehrswert abweichende Bemessung des Abfindungsbetrages aufgrund der Satzung

Kapitel 6: Rechtsstellung der Gesellschafter

Übersicht Rdn. Rdn. A. Geschäftsanteil und Mitgliedschafts- B. Gesellschafterversammlung .. ........ 67

recht ...... . ... . ........ . ..... ... I. Kompetenzen der Gesellschafterver-I. Begründung der GmbH-Gesellschafter- sammlung ............ . ........... 67

stellung . ... .. .. . ....... .. ....... . l. Die gesetzlich vorgesehenen Kampe-Il. Vermögensrechte des GmbH-Gesell- tenzen ............ . ........... 69

schafters .. ... ...... ... .... . . . ... . 4 a) Zuständigkeit der Gesellschafter-III. Verwaltungsrechte des GmbH-Gesell- versammlungnach §46 GmbHG 70

schafters ... . ..................... 11 b) Sonstige gesetzlich vorgesehene l. Informationsrechte ..... .. .. . . . .. 12 Kompetenzen ........ . ... . ... 79

a) Überblick . . ................. 12 2. Modifikationen der Kompetenzen b) Das Informationsrecht gern. §51 a durch die Satzung ........ .. .. . .. 83

GmbHG .......... ..... . . . . 13 !I. Einberufung der Gesellschafterversamm-c) Das Informationserzwingungsver- lung .... . ... . ........... . ....... 85

fahren gern. §51b GmbHG ..... 21 III. Durchführung der Gesellschafterver-2. Sonstige Verwaltungsrechte des sammlung ............ . ........... 100

GmbH-Gesellschafters ......... .. 22 1. Beachtung des Teilnahmerechts ..... 101 a) Recht zur Teilnahme an Gesell- 2. Versammlungsleitung ......... ... 105

schafterversamml ungen ...... . . 22 3. Beschlussfähigkeit ....... . ... . ... 112 b) Stimmrecht ............... . . 25 4. Stimmverbote ...... . ....... . . .. 115 c) Recht zur Erhebung von Be- 5. Mehrheitserfordernisse für Gesell-

schlussmängel- und Gesellschaf- Schafterbeschlüsse ........... . ... 121 cerklagen .......... . .. . ... . . 29 6. Abstimmung ....... . .... . . . ... . 124

IV Gleichbehandlungsgrundsatz, Nebenleis- 7. Ermittlung des Abstimmungsergeb-tungspfl ichten und Sonderrechte .... . . 33 nisses . . ........... . .......... . 130 l. Gleichbehandlungsgrundsatz ..... . . 33 IV Beschlüsse außerhalb von Gesellschafter-2. Nebenleistungspflichten . ......... 35 versammlungen . .................. 133 3. Sonderrechte .......... . ........ 41 l. Gesetzliche Ausgangslage . .. .. . .. .. 133

V. Treuepflicht des GmbH-Gesellschafters . 45 2. Die Regelung des § 48 Abs. 2 VL Wettbewerbsverbote . . ..... . ...... . . 53 GmbHG .. .. .. . .. . . . .. . ... . . . . 136

l. Gesetzliche Ausgangslage .......... 53 3. Satzungsregelungen ...... . ...... . 140 2. Satzungsmäßige Wettbewerbsverbote 4. Beschlussfassung in der Ein-Mann-

für GmbH-Gesellschafter ......... 54 GmbH ....................... 143 3. Wettbewerbsverbote aufgrund V. Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse .... 147

schuldrechtlicher Gesellschafterab- 1. Nichtigkeit ........ . ...... ... . . 148 sprachen . ..................... 57 2. AnfechtbarkeiL ..... . ...... . .. .. 154

4. Ungeschriebene Wettbewerbsverbote c. Gesellschaftervereinbarungen . . . . . . . . 162 für GmbH-Gesellschafter ......... 59 1. Allgemeines ................. . ... . 162 a) Gesellschaftergeschäftsführer ... . 60 Il. Stimmbindungs- und Poolverträge .. . . . 169 b) Mehrheitsgesellschafter ... . .... 62 III. Andere Regelungen in Gesellschafterver-

5. Fazit ..... . . . ... .. ..... . .. . .. . 65 einbarungen . . .... . ....... . .... . .. 178

A. Geschäftsanteil und Mitgliedschaftsrecht

I. Begründung der GmbH-Gesellschafterstellung

Die Stellung als GmbH-Gesellschafter kann man grds. dadurch erlangen, dass man entweder einen bestehenden Geschäftsanteil von einem anderen erwirbt - was im Wege der Abtretung oder im Rahmen von Gesamtrechtsnachfolgen geschehen kann- oder einen neuen, d.h . vorher nicht vor­handenen Geschäftsanteil, etwa i. R. d. Gründung der GmbH oder einer Kapitalerhöhung gegen Ausgabe neuer Geschäftsanteile erhälr. Hinzu tritt die Umgestaltung von Mitgliedschaftsrechten i. R. d. Formwechsels nach dem UmwG, also wenn z. B. eine AG in eine GmbH formwechselnd umgewandelt und der frühere Aktionär dadurch GmbH-Gesellschafter wird.

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A. Geschäftsanteil und Mitgliedschaftsrecht Kapitel6

Das Mitgliedschaftsrecht des GmbH-Gesellschafters ist als korporatives Recht in seinem Geschäfts- 2 anteil verkörpert. Es umfasst alle Rechte und Pflichten des GmbH-Gesellschafters aus dem Gesell­schaftsverhältnis einschließlich aller Sonderrechte und -pflichten. 1 Von den Mitgliedschaftsrech-ten sind die lediglich schuldrechtlichen Ansprüche zu unterscheiden, die keine GmbH-rechtliche Grundlage haben. Sie können sowohl zwischen den Gesellschaftern (z. B. Pool- oder Konsortialver­rräge) als auch zwischen Gesellschafter und GmbH bestehen (z. B. aus Drittgeschäften wie Kauf, Darlehen, Anstellungsverhälrnis. Lizenzvertrag etc.). Sofern der GmbH-Gesellschafter seinen Ge­schäftsanteil im Wege der Abtretung erhält, erhält er zunächst nur die Rechte und Pflichten, die als korporative Elemente selbst mit dem Geschäftsanteil verknüpft sind. Lediglich schuldrechtliche Rechte und Pflichten, die u. U. zusätzlich begründet worden sind, erhält er nur dann, wenn ihm diese in rechdieher Hinsicht gesondert übertragen werden. Häufig erfolgt dies auch konkludent zugleich mit der Übertragung des Geschäftsanteils selbst, was ggf. im Wege der Auslegung zu er­mitteln ist.

Bei dem Mitgliedschaftsrecht handelt es sich um ein subjektives Recht, das durch Gesetz und Sat- 3 zung begründet und ausgestaltet wird und ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters nur in den durch Gesetz oder - soweit zulässig- Satzung gezogenen Grenzen eingeschränkt werden kann. Bei den korporativen Rechten des GmbH-Gesellschafters, die mit dem Geschäftsanteil verknüpft sind, unterscheidet man üblicherweise Vermögensrechte einerseits und Verwaltungsrechte, zu denen auch die Informationsrechte zählen, andererseits.2 Diese werden im Folgenden näher dargestellt.

11. Vermögensrechte des GmbH-Gesellschafters

Zu den korporativen Vermögensrechten des GmbH-Gesellschafters zählen insb. das Recht aufTeil- 4 habe am Jahresüberschuss (§29 GmbHG) und am Liquidationserlös der GmbH(§ 72 GmbHG).

Darüber hinaus ist heute nach herrschender Meinung anerkannt, dass dem GmbH-Gesellschafter 5 in Anlehnung an die Rechtslage im Aktienrecht (§ 186 AktG) im Fall einer Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils zusteht. Die Bestimmung in§ 55 GmbHG, welchen den Anschein erweckt, die Gesellschaft sei darin frei, alte Gesellschafter oder Dritte zur Zeichnung der neuen Geschäftsanteile zuzulassen, ist deshalb missverständlich. 3 Der Ausschluss des Bezugsrechts der Altgesellschafter muss vielmehr sachlich gerechtfertigt sein. Der Bezugsrechts­ausschluss muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den im Interesse der Gesellschaft liegenden Zweck zu erreichen.4 Das Bezugsrecht kann jedoch in der ursprünglichen Satzung ein­geschränkt oder ausgeschlossen werden. 5 (Das Bezugsrecht und der Bezugsrechtsausschluss der Ge­sellschafter werden eingehender in Kap. 4 Rdn. 317 ff. behandelt.)

Zu den korporativen Vermögensrechten zählt außerdem das Recht eines Gesellschafters auf Zah- 6 lung einer Abfindung bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft.6 Sofern die Satzung nichts Ab­weichendes bestimmt, erfolgt die Abfindung zum Verkehrswert des Geschäftsanteils, d. h. dessen vollen wirtschaftlichen Wert einschließlich der anteiligen stillen Reserven und des good wills? Eine

1 V gl. Haag in Heybrock, PK-GmbHR, § 14 Rn. 15 ff.

2 Vgl. Haag in Heybrock, PK-GmbHR, § 14 Rn.15.; Schiessl!Böhm in MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, §31 Rn.1, 3, 7 m.w.N.

3 Schiessl!Böhm in MüHdb, GesellschaftsR, Bd. 3, § 31 Rn. 6 m. w. N.; Zöllner/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, §55 Rn.20 m.w.N.; vgl. auch BGH, 18.04.2005- IIZR 151/03, NZG 2005, 551,552.

4 Schiessl/Böhm in MüHdb, GesellschaftsR, Bd. 3, § 31 Rn. 6 m. w. N.; Zöllner/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, §55 Rn.26f. m.w.N.

5 Schiessl/Böhm in MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, §31 Rn.6 m. w.N.

6 Schiessl!Böhm in MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, § 31 Rn. 7.

7 BGH, 16.12.1991- IIZR 58/91, BGHZ 116, 359, 365 = ZIP 1992, 237 m.w.N.; Schiessl!Böhm in MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, §31 Rn. 7.

Koch 299

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Kapitel6 Rechtsstellung der Gesellschafter

vom Verkehrswert abweichende Bemessung des Abfindungsbetrages aufgrund der Satzung ist zwar zulässig; sie kann jedoch nach§ 138 BGB nichtig sein, wenn sie bereits zum Zeitpunkt ihrer Auf­nahme in der Satzung grob unbillig ist. Führt demgegenüber erst die nachträgliche Entwicklung der Gesellschaft dazu, dass die satzungsmäßige Abfindungsregelung, die zwar ursprünglich nicht gegen § 138 BGB verstieß, im Zeitpunkt des Ausscheidens zu einem groben Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert des abzufindenden Geschäftsanteils und der satzungsmäßigen Abfindungshöhe führt, so tritt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der Satzung eine angemessene Abfindung an die Stelle der satzungsmäßig vorgesehenen. Diese Ab­findung orientiert sich an dem von den Parteien verfolgten Zweck der Abfindungsregelung und der zwischenzeitliehen Änderung der Verhältnisse der Gesellschaft. Ob die Voraussetzungen für eine sol­che Anpassung vorliegen, ergibt sich dabei aus einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Im Ergebnis ist damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit verbunden.

7 ..,.. Praxistipp:

Aus Gründen der Planbarkeie empfiehlt sich daher i. d. R., satzungsmäßige Abfindungsregelun­gen differenziert auszugestalten, etwa nach der Dauer der Gesellschafterstellung und dem Grund des Ausscheidens. 8

8 In der Praxis finden sich zuweilen Geschäftsbereichsgeschäftsanteile, bei denen kraft Satzung das Gewinnbezugs- sowie das Liquidationserlösrecht der Gesellschafter nicht an die Gesamtgesellschaft anknüpft, sondern an einen bestimmten abgegrenzten Geschäftsbereich (sog. »Tracking Stocks«). Solche Tracking-Srock-Modelle sind zuweilen bei Gemeinschaftsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH anzutreffen, bei denen die Joint-Venture-Partner vermögensmäßig nur an den je­weils von ihnen eingehrachten Unternehmen beteiligt bleiben sollen.9 Eine solche divisionali­sierte Gewinnbezugs- und Liquidationserlösbeteiligung ist nach§ 29 Abs. 3 Satz 2 sowie§ 72 Satz2 GmbHG zulässig. 10 Die für die steuerliche Anerkennung erforderliche Satzungsgrundlage (s. dazu auch Kap. 9 Rdn. 12) sollte insb. eine präzise und praktisch handhabbare Definition der betreffen­den Sparten sowie ein Verfahren zur Neubeschreibung dieser Geschäftsbereiche bei wesentlichen Änderungen, Vorgaben für eine Spartenrechnungslegung und Zustimmungsvorbehalte bei Maß­nahmen vorsehen, die wesentliche Auswirkungen auf die Sparten haben können, sowie die Vertei­lung des Gewinns und Liquidationserlöses umfassen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich der an die Gesellschafter insgesamt verteilbare Jahresüberschuss ausschließlich nach der Handelsbilanz der Gesellschaft bemisst.

9 ..,.. Praxistipp:

Die Satzung soilte daher auch eine Regelung für den Fall vorsehen, dass der gesamte handels­bilanzielle Jahresüberschuss nicht ausreicht, um die Spartenergebnisse auf die betreffenden Ge­schäftsanteile auszuschütten, etwa weil einzelne Sparten defizitär waren.

10 Die nachträgliche Satzungsregelung von Tracking Stocks bedarf der Zustimmung aller Gesellschaf­ter.11

111. Verwaltungsrechte des GmbH-Gesellschafters

11 Neben den Vermögensrechten stehen dem GmbH-Gesellschafter umfangreiche Informations- und sonstige Verwaltungsrechte zu. Die wichtigsten Verwaltungsrechte sind naturgemäß das Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen, das Stimmrecht sowie das Informationsrecht. Die

8 Schiessi/Böhm in MüHdh. GesellschaftsR, Bd. 3, § 31 Rn. 7 m. w. N .

9 Seiht in Scholz, GmhHG, § 14 Rn. 63a m. w. N.

10 Fox/Hüttche/Lechner, GmhHR 2000, 521, 529; Seiht in Scholz, GmhHG, § 14 Rn. 63h.

11 Seiht in Scholz, GmhHG, § 14 Rn. 63c.

300 Koch

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A. Geschäftsanteil und Mitgliedschaftsrecht Kapitel6

Verwaltungsrechte werden - beginnend mit den Informationsrechten - im Folgenden näher dar­

gestellt.

1. Informationsrechte

a) Überblick

Das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Gesellschafters ist in § 51 a GmbH G normiert. Gern. §51 a 12 Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer jedem Gesellschafter aufVerlangen unverzüglich Aus­kunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Dieses umfassende Informationsrecht ist nicht etwa ein Minderheitenrecht, sondern ein Individualrecht, das jedem einzelnen GmbH-Gesellschafter zusteht. 12 Von diesem mitglied­schafdichen Individualrecht sind das kollektive Informationsrecht der Gesellschafterversammlung nach §46 Nr. 6 GmbHG, die Vorlagepflicht der Geschäftsführung in Bezug auf den aufgestellten Jahresabschluss und den Lagebericht nach § 42a Abs. 1 GmbHG, 13 das Informationsrecht bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen und die Pflicht der Geschäftsführer zur selbstständigen In­formation der Gesellschafter zu unterscheiden, wenngleich diese Rechte auch Interdependenzen aufweisen: Was der Gesellschafter kollektiv erfahren hat, kann er als individuelle Information nicht mehr beanspruchen, weil die Informationspflicht insofern erfüllt wurde. Wenn einem Gesellschaf-ter individuell etwas mitgeteilt wurde, werden die Geschäftsführer dies regelmäßig bei nächster Ge­legenheit allen Gesellschaftern weitergeben. 14 Daneben statuiert das GmbH-Recht auch besondere Informationsrechte der Gesellschafter, welche die Geschäftsführer proaktiv erfüllen müssen. Wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren ist, haben die Geschäftsführer dies den Gesellschaftern an­zuzeigen. Verletzen die Geschäftsführer diese Informationspflicht, stellt dies gern. § 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG einen Straftatbestand dar .

b) Das Informationsrecht gem. §51a GmbHG

Träger des Informationsrechts nach § 51a GmbHG ist der einzelne Gesellschafter, ohne dass es 13 auf dessen Beteiligungshöhe ankäme. Ausgeschiedene Gesellschafter haben dieses Auskunftsrecht hingegen nicht und zwar auch nicht in Bezug auf den Zeitraum, als sie noch Gesellschafter waren. Soweit solchen ausgeschiedenen Gesellschaftern noch Abfindungs- oder Gewinnansprüche zuste-hen, haben sie aber gern. § 810 BGB (analog) ein besonderes Informationsrecht in Bezug auf die bewertungserheblichen Tatsachen. 15

Die Auskunft gern. §51 a GmbH G haben die amtierenden Geschäftsführer zu erteilen; rechtlicher 14 Träger der Auskunftspflicht sind jedoch nicht die Geschäftsführer, sondern ist die Gesellschaft, gegen die der Anspruch ggf. gerichtlich geltend zu machen ist. 16 Die Gesellschaft hat die Auskunft auf eigene Kosten zu erteilen. 17 Ihr steht ein Zurückbehaltungsrecht ggü. dem Auskunft begehren-den Gesellschafter nicht zu. 18

12 Kar!, DStR 1995, 940, 941; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §51a Rn.1; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, § 51a Rn. 9.

13 OLG Hamm, 12.01.1998- 8U 103/97, GmbHR 1998,336,337 = NJW-RR 1999,684,685.

14 Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 51a Rn. 1.

15 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 7 m. w. N.; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, § 51a Rn.12ff. m. w. N.; Rieker in Heybrock, PK-GmbHR, §51a Rn. 7 m. w.N.

16 BGH, 06.03.1997- IIZB 4/96, GmbHR 1997, 705 = NJW 1997, 1985, 1986; Zöllner in Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 9 m. w. N.

17 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn.18.

18 OLG Frankfurt am Main., 07.08.2007 - 20W 104/07, GmbHR 2008, 592 = NZG 2008, 158, 159f.

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Kapitel6 Rechtsstellung der Gesellschafter

15 Gegenstand des Auskunftsrechts sind die Angelegenheiten der Gesellschaft. Diese umfassen grds. alles, was mit der Geschäftsführung, den wirrschaftliehen Verhältnissen der Gesellschaft, deren Be­ziehungen zu Dritten und zu verbundenen Unternehmen zusammenhängt. Die Beteiligungsverhält­nisse an der Gesellschaft gehören ebenfalls zu deren Angelegenheiten. Erteilte Auskünfte müssen wahr sein und Ungewissheiten müssen zum Ausdruck gebracht werden. Die Anforderungen an die Ausführlichkeit und Vollständigkeit der Auskunft hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Je gezielter und umgrenzter das Auskunftsersuchen ist, umsodetaillierter hat die Auskunft zu sein. Auch der erkennbare Zweck des Auskunftsverlangens kann den Umfang der Auskunft begrenzen. Die Auskunft kann im Ermessen der Geschäftsfuhrer mündlich oder schriftlich erteilt werden. Sie ist unverzüglich, d. h. innerhalb angemessener Frist, zu erteilen. 19

16 § SlaAbs. 1 GmbHG gewährt dem Gesellschafter auch ein Einsichtsrecht in die Bücher und Schrif­ten der Gesellschaft. Bücher sind die Handelsbücher der Gesellschaft i. S. v. § 238 HGB einschließ­lich der gesamten Bilanzbuchhaltung. Schriften der Gesellschaft sind die geschriebenen Geschäfts­unterlagen sowie deren technischer Surrogate wie Dateien einschließlich der Korrespondenz und der Buchungsbelege.20 Nach herrschender Ansicht21 sind auch die Aufsichtsratsprotokolle vom Einsichtsrecht des § Sla GmbHG erfasst. Demgegenüber bezieht sich das Einsichtsrecht in aller Regel nicht auf Bücher und Schriften von verbundenen Unternehmen der Gesellschaft; hier bleibt es vielmehr beim Auskunftsrechr.22 Die Einsicht braucht nur in den Geschäftsräumen der Gesell­schaft gewährt zu werden. Einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Erteilung von Abschriften oder Kopien hat der Gesellschafter nicht. Er darf sich aber auf eigene Kosten Kopien anfertigen.23

17 Das Informations- und Einsichtsrecht gern. § Sla GmbHG findet seine Grenze in der nicht zweck­entsprechenden Wahrnehmung.24 Außerdem können die Geschäftsführer die Information verwei­gern, wenn die Informationserteilung strafbar5 oder sonst unmöglich wäre.26 Schließlich soll das Informationsrecht des§ Sla GmbHG nach einer obergerichtliehen Ansicht auch einer Verhältnis­mäßigkeitsschranke dahin gehend unterliegen, dass der Gesellschafter grds. das schonendste Mittel zur Erfüllung seines Informationsbedürfnisses wählen müsse. Gemäß einer Entscheidung des OLG Jena kann ein Gesellschafter deshalb gehalten sein, an einer zeitnah stattfindenden Gesellschafter­versammlung teilzunehmen, wenn diese Form der Auskunft - organisatorisch betrachtet - ein mil­deres Mittel ggü. der Einsichtnahme sei.27 Auch wenn man an der Richtigkeit dieser Rechtsansicht Zweifel haben kann, weil einerseits das individuelle Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters durch einen so verstandenen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt sehr stark beschnitten wird und ande­rerseits dem kollektiven Informationsrecht der Gesellschafterversammlung entgegen der Wertung

19 Kar!, DStR 1995, 940, 943; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §51a Rn.10f[ m. w.N.

20 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 21 m. w. N.; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §51aRn. 18 m.w.N.

21 BGH, 06.03.1997 - IIZB 4/96, GmbHR 1997,705 = N]W 1997, 1985, 1986; a.A. Zöllner in Baumbach/ Hueck, GmbHG, §51a Rn.22 m.w.N.

22 Lutter/Bayer in Lutter!Hommelhoff, GmbHG, §51a Rn.20 m.w.N.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 19m. w. N. auch zu den Fällen, in denen ausnahmsweise ein Einsichtsrecht in Bücher und Schriften von verbundenen Unternehmen bestehen kann.

23 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 51a Rn. 23 m. w. N.; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §51a Rn.19 m.w.N.

24 BGH, 06.03.1997- li ZB 4/96, BGHZ 135, 48, 54 = ZIP 1997, 978; Rieker in Heybrock, PK-GmbHR, §51a Rn.3.

25 BGH, 06.03.1997- IIZB 4196, BGHZ 135, 48, 50= ZIP 1997, 978; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §51aRn.33m.w. N.

26 Vgl. K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §5la Rn.33ff. m.w.N.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §5laRn.4Iff. m.w.N.

27 OLGJena, 14.09.2004 - 6W417/04,NZG2004, 1156.

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A. Geschäftsanteil und Mitgliedschaftsrecht Kapitel6

des§ 5la GmbH faktisch der Vorrang eingeräumt wird, ist diese Entscheidung für die Praxis gleich­wohl zu beachten.

~ Praxistipp:

GmbH-Gesellschaftern, die von der Gesellschaft Informationen über deren Angelegenheiten erlangen wollen, ist daher eine gute Vorbereitung auf eine zeitnah stattfindende Gesellschafter­versammlung zu empfehlen.

18

Neben diesen immanenten Schranken bestimmt§ 5laAbs. 2 GmbHG, dass die Geschäftsführer die 19 Auskunft bzw. die Einsicht verweigern dürfen, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird, wobei die Verweigerung in diesem Fall eines Beschlusses der Gesellschafter bedarf. Gesellschaftsfremd sind solche Verwendungszwe-cke, die außerhalb eines ordnungsgemäßen mitgliedschaftliehen Verhaltens liegen.

~ Beispiel:

Der betreffende Gesellschafter betreibt ein Konkurrenzunternehmen zur Gesellschaft; in solchen Fällen kann der Gesellschafter aber ggf. einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverstän­digen mit der Wahrnehmung der Informationsinteressen beauftragen.28

Gesellschaftsfremd ist der Informationszweck hingegen nicht bereits dann, wenn die Informations­erlangung nicht den Belangen der Gesellschaft dienen soll. So ist bspw. der Zweck der Informations­erlangung, einen potenziellen Erwerber des Geschäftsanteils zu informieren, nicht von vornherein gesellschaftsfremd. Weiterhin muss ein nicht unerheblicher Nachteil für die Gesellschaft oder ein verbundenes Unternehmen zu besorgen sein. Zwar genügt der Nachteil eines Gesellschafters für sich genommen nicht, um zugleich einen Nachteil der Gesellschaft zu begründen; allerdings kann sich ein solcher auf die Gesellschaft niederschlagen. Ein bloßer Ansehensverlust oder ein Verlust an Eintracht unter den Gesellschaftern, verbundenen Unternehmen oder Geschäftspartnern kann als Reflexnachteil für die Gesellschaft ausreichend sein, auch wenn nennenswerte Vermögensnach­teile nicht absehbar sind. 29 Die Informationsverweigerung gern. §51 a Abs. 2 GmbH ist ggü. einem milderen Mittel, z. B. der Ausübung des Informationsrechtes durch einen zur Berufsverschwie­genheit verpflichteten Vertreter, nachrangig.30 Der Gesellschafter, der das Informationsverlangen stellt, unterliegt bei dem Informationsverweigerungsbeschluss gern. § 5la Abs. 2 GmbHG einem Stimmverbot. 31

Das in § 5la GmbHG normierte Auskunfts- und Einsichtsrecht des GmbH-Gesellschafters ist 20 nicht satzungsdispositiv (§ 5la Abs. 3 GmbHG). Umgekehrt können die Gesellschafter die Ge­schäftsführer auch durch Beschluss anweisen, Informationen- ggf. über § 51a GmbHG hinaus-zu erteilen, erwa in Gestalt der Einsicht durch einen Dritten im Rahmen einer Due Diligence.32

c) Das !nformationserzwingungsverfahren gem. §51 b GmbHG

Wird einem Gesellschafter das Auskunfts- oder Einsichtsrecht nach § Sla GmbHG verwei- 21 gert, kann dieser gern. §51 b GmbHG i. V m. § 132 Abs. 1, 3 bis 5 AktG beim LG am Sitz der Gesellschaft im Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine gerichtliche Entschei­dung darüber beantragen, dass ihm die verweigerte Auskunft oder Einsicht zu gewähren ist

28 Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 5la Rn. 27m. w. N.

29 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §5la Rn.40 m.w. N.

30 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §5la Rn. 38m. w.N.

31 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §5la Rn.42 m.w.N.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §5la Rn. 38m. w. N.; Fox/Hüttche/Lechner, GmbHR 2000, 521, 530.

32 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, § 5la Rn. 43.

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Kapitel 6 Rechtsstellung der Gesellschafter

(Informationserzwingungsverfahren). Soweit das lnformationserzwingungsverfahren nach §51 b GmbHG einschlägig ist, sind andere Verfahrensarten, insb. eine Klage gemäß der ZPO, regelmä­ßig unzulässig.33 Auch die Anfechtungsklage gegen den Auskunftserzwingungsbeschluss gern.§ 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG ist grds. mangels Rechrsschutzinteresses unzulässig, sofern der Gesellschaf­ter mit der Anfechtungsklage nur die Durchsetzung seines Informationsanspruchs verfolgt. Denn für das vorrangige lnformationserzwingungsverfahren (§51 b GmbHG) sind allein die materiellen Voraussetzungen für den Informationsanspruch (§ 51a Abs. 1 GmbHG) und dessen Verweigerung nach § 51a Abs. 2 Satz 1 GmbH, nicht aber das Vorhandensein des Gesellschafterbeschlusses gern. § 5la Abs. 2 Satz2 GmbHG relevant.34

2. Sonstige Verwaltungsrechte des GmbH-Gesellschafters

a) Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen

22 Das grundlegende Verwaltungsrecht des GmbH-Gesellschafters ist sein Recht, an den Gesellschaf­terversammlungen teilzunehmen. Dieses Recht ermöglicht es ihm, Informationen zu den Gegen­ständen der Tagesordnung zu erfragen, sein Rederecht auf der Gesellschafterversammlung wahrzu­nehmen, sich mit seinem Mitgesellschaftern über die Gegenstände der Tagesordnung auszutauschen sowie Anträge zu stellen. All diese Rechte sind in ihrem Kern nicht disponibei.35 lnsb. stimmrechts­lose Geschäftsanteile vermitteln ebenso das Teilnahme- und Rederecht in der Gesellschafterver­sammlung wie Geschäftsameile mit Stimmrechc.36 Für das Teilnahmerecht ist es auch unerheblich, ob ein Gesellschafter bei bestimmten Beschlussgegenständen einem Stimmverbot unterliegt oder nicht. Denn die mangelnde Abstimmungsberechtigung ändert nichts an der Befugnis des Gesell­schafters, auf die Willensbildung der Gesamtheit durch eigene Beiträge Einfluss zu nehmen. 37

23 Das Teilnahmerecht steht grds. jedem Gesellschafter zu. Sind mehrere an einem Geschäftsanteil be­rechtigt, ist i. d. R. jeder Mitberechtigte zur Anwesenheit an den Gesellschafterversammlungen be­rechtigt .38 § 18 Abs. 1 GmbHG, wonach die Mitberechtigten an einem Geschäftsanteil ihre Rechte nur gemeinschaftlich ausüben können, steht dem nicht entgegen, sondern belegt im Gegenteil das Anwesenheitsrecht jedes Mitberechtigten. Erst die gemeinsame Anwesenheit schafft die Grundlage für eine gemeinsame Rechtsausübung.39 Das Recht, Anträge zu stellen, das Stimmrecht sowie das Recht, Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage zu erheben, können die Mitberechtigten hingegen nur gemeinschaftlich ausüben.40 Das Rederecht steht demgegenüber jedem Mitberechtigten zu. Haben die Mitberechtigten an einem Geschäftsanteil einen gemeinsamen Vertreter bestellt, so steht diesem jedoch allein das Teilnahmerecht zu.41

24 In der Satzung kann das leHnahmerecht ausgeweitet werden. So kann das Teilnahmerecht des Ge­sellschafters neben seinem Vertreter begründet werden oder auch das Teilnahmerecht mehrerer Ver­treter ebenso aber auch das Teilnahmerecht eines gesellschaftsfremden Dritten.42

33 Kar!, DSrR 1995,940, 944; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §51b Rn.9 m.w.N .

34 K. Schmidt in Scholz, GmbHG, §51a Rn.43 m.w.N.; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §51a Rn.46 m.w.N.

35 BGH, 13.02.2006- IIZR 200/04, NJW-RR 2006, 831 = GmbHR 1989, 120, 121; Seiht in Scholz, GmbHG, § 14 Rn.32 m.w.N.

36 BGH, 13.02.2006 - IIZR 200/04, NJW-RR 2006, 831 = GmbHR 1989, 120, 121.

37 OLG Düsseldorf, 13.07.1989- SU 187/88, 8U 31189, ZIP 1989, 1554, 1556 m.w.N.

38 Faserich in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 18 Rn. 4 m. w. N.

39 Vgl. Wolffin MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, §39 Rn. 61.

40 Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 18 Rn.4.

41 Wolff in MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, § 39 Rn. 61.

42 Wolff in MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, § 39 Rn. 64 m. w. N.

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A. Geschäftsanteil und Mitgliedschaftsrecht Kapitel 6

b) Stimmrecht

Das andere wichtige Verwaltungsrecht des GmbH-Gesellschafters ist sein Stimmrecht. Sofern 25 die Satzung keine stimmrechtslosen Geschäftsanteile vorsieht, ist mit den Geschäftsanteilen das Stimmrecht verbunden. Nach ganz herrschender Meinung43 können nur Gesellschafter Inhaber des Stimmrechts sein. Das Stimmrecht unterliegt deshalb als mitgliedschaftliches Recht einem Abspaltungsverbot. Es kann nicht von der Mitgliedschaft gelöst und auf einen Dritten übertragen werden. Ebenso kann durch gesellschaftsvertragliche Regelung nach herrschender Meinung44Nich­tgesellschaftern kein originäres Stimmrecht verliehen werden. Davon zu unterscheiden ist, dass Mitgesellschaftern oder Dritten eine Stimmrechtsvollmacht erteilt werden kann. Aufgrund der Stimmrechtsvollmacht können diese dann anstelle des vertretenen Gesellschafters mitstimmen.

Vor dem MoMiG gewährten gern. § 47 Abs. 2 GmbHG a. F. jede 50,00 € eines Geschäftsanteils eine 26 Stimme. Wo die Teilbarkeit des Nennbetrags der Geschäftsanteile durch 50 fehlt, muss jedoch ein anderes Maß gelten; unter 50,00 € liegende Beteiligungswerte sind deshalb nicht etwa stimmrechts-los.45 So gewährten im Anwendungsbereich des§ 571 Abs. 2 Satz4 GmbHG je 5,00 € eine Stimme.46

Seit Irrkrafttreten des MoMiG gewährt gern. §47 Abs.2 GmbHG n. F. nunmehr jeder€ eines Ge­schäftsanteils eine Stimme. All diese Regeln gelten jedoch nicht für die bis Jahresende 1998 zur Ein­tragung in das Handelsregister angemeldeten Gesellschaften, solange diese keine Umstellung auf€ samt Anpassung der Teilbarkeit durch 10 vorgenommen haben . Bei diesen Gesellschaften gilt die alte Regelung, wonach je lOO,OODM (bzw. der dem entsprechende€-Betrag) eine Stimme gewäh-ren, bei nicht durch 100 teilbaren Geschäftsanteilen gewähren je 10,00 DM eine Stimme bzw. im Fall des § 571 Abs. 2 Satz4 GmbHG je 5,00 DM. Die Höhe der Stimmkraft ist von der Höhe der Einlagenleistung unabhängig; auch bei unterschiedlichen Einzahlungsquoten bemisst sich daher die Stimmkraft nach dem Nennbetrag der Geschäftsanteile.47 Der Gesellschaftsvertrag kann von der gesetzlichen Stimmkraftregelung abweichen (§47 Abs. 2 GmbHG). Möglich sind daher bspw. Stimmrechte nach Köpfen, Mehrstimmrechte für einzelne Geschäftsanteile, Höchststimmrechte, die die Stimmenzahl je Gesellschafter beschränken, eine von §47 Abs.2 GmbHGabweichende andere Festsetzung des Teilbetrages, der eine Stimme gewähren soll oder eine Satzungsbestimmung, wonach das Stimmrecht von der Höhe der Einlagenleistung abhängig sein soll.48

~ Formulierungsbeispiel:

Stimmrecht nach Köpfen: »Jeder Gesellschafter hat nur eine Stimme«

Mehr Stimmrechte: »Je 50€ eines Geschäftsanteils der Gruppe a gewähren 1 Stimme. Je 50€ eines Geschäftsanteils der Gruppe B gewähren 2 Stimmen.<<

Fraglich ist, wie nunmehr deklaratorische Satzungsregelungen zu verstehen sind, die vor Irrkrafttre­ten des MoMiG lediglich die damalige Gesetzeslage wiedergegeben haben (»Je 50 € eines Geschäfts­anteils gewähren eine Stimme.«) und danach nicht an die neue Rechtslage angepasst worden sind. Hier ist zu unterscheiden: Wenn sich - wie in den meisten Fällen solcher recht üblichen Satzungs­regelungen - kein weiterer Hinweis in der Satzung oder den sonstigen zum Handelsregister einge­reichten, für jedermann einsehbaren Dokumenten auf die rein deklaratorische Natur einer solchen

43 BGH, 25.02.1965- IIZR 191/62, BGHZ 43, 261, 267 = WM 1965, 354; Wolff in MüHdb. Gesell­schafrsR, Bd. 3, § 38 Rn. 4 m. w. N.

44 BayObLG, 21.11.1985- BReg 3Z 146/85, WM 1986, 226, 227f. = ZIP 1986, 303; Wolff in MüHdb. GesellschafrsR, Bd. 3, § 38 Rn. 9 m. w. N.

45 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §47 Rn. 66.

46 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 66; Wolff in MüHdb. GesellschafrsR, Bd. 3, § 38 Rn. 28 m.w.N.

47 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §47 Rn.66.

48 Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, §47 Rn. 71; Wolffin MüHdb. GesellschaftsR, Bd. 3, §38 Rn.29 m.w.N.

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