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Kapitel 7
Kalorimeter
Detektoren, die zur Energiemessung verwendet werden, nennt man Kalorimeter.Man misst die Energie eines Teilchens in dem man es absorbiert und die von ihmdeponierte Energie in ein elektrisches Signal oder Licht umwandelt, dessen Starkebzw. Intensitat proportional zur Energie ist. Dies ist mitunter auch der Grund,weshalb Kalorimeter immer, abgesehen von den Detektoren fur Myonen und Neu-trinos, bei einem Experiment der Teilchenphysik moglichst weit am Ende einer Teil-chenbahn aufgebaut werden. Da der Absorptionsprozess abhangig von der Art derWechselwirkung ist, an der das Teilchen teilnimmt, unterscheidet man zwischenelektromagnetischen und hadronischen Kalorimetern, fur die jeweils verschiedeneMaterialien eingesetzt werden. Der Wirkungsquerschitt elektromagnetischer Absorp-tionsprozesse ist proportional zu Z2, also wird man fur Elektronen und PhotonenMaterialien mit hohen Kernladungszahlen benutzen, wie etwa Blei, Wolfram oderUran. Hadronische Wirkungsquerschnitte haben hingegen die Großenordnung dergeometrischen Kernquerschnitte, die mit A2/3 skalieren1. Bei gegebener Dichte wer-den deshalb Schauermaterialien mit leichteren Kernen bevorzugt. Da zur Absorp-tion von Hadronen mehr Material erforderlich ist, weisen hadronische Kalorimetermeist mehr Strahlungslangen an Material auf als elektromagnetische und werden ineinem mehrschichtigen Großdetektor in großerem Abstand zum Wechselwirkungs-punkt aufgebaut.
Generel unterscheidet man zwischen hadronischen (H-CAL)und elektromagne-tischen (E-CAL) Kalorimetern, die in der Regel schichtweise aufgebaut sind. Daspassive Medium, der Absorber, wird zur Schauerproduktion gebraucht, wohingegenhingegen das aktive Medium, der Konverter, zur Signalauslese dient. Aufgrund desschichtweisen Aufbaues, bei dem sich dunne Schichten von Absorber und Konver-ter abwechseln, spricht man von Sandwich- oder Sampling-Kalorimetern. Im Falleder elektromagnetischen Kalorimeter gibt es auch den Fall, dass beide Medien ineinem anorganischen Szintillator vereingt sind, dann spricht man von einem total-absorbierenden Kalorimeter. Dies erklat sich aus der Tatsache, dass im Falle einesSandwich-Kalorimeter immer nur ein Teil der Energie nachgewissen werden kann
1Die Kernkrafte haben eine extrem kurze Reichweite, deshalb ist die Kerndichte konstant unddas Kernvolumen somit proportional zu A, woraus sich die Proprotionalitat des Radius zu A1/3
ergibt.
114 Kalorimeter
(ein Sample!). Im Falle eines hadronischen Kalorimeters gilt, dass ein Signal ei-nes elektromagnetisch wechselwirkenden Teilchens bei gleicher Energie verschiedenvon dem eines hadronisch wechselwirkenden Teilchens ist. Dies ist Gegenstand derKompensationskalorimetrie: bei einem kompensierenden Kalorimeter werden diebeiden Signale moglichst angeglichen.
Kalorimeter sind im Gegensatz zu Spurdetektoren auch fur neutrale Teilchen, wiePhotonen oder K0-Mesonen, anwendbar, und die relative Energieauflosung nimmtmit der Energie des nachzuweisenden Teilchens zu, da die Zahl der Schauerteilchenmit der Energie ansteigt und statistische Fluktuationen somit kleiner werden:
σ(E)
E∼ 1√
E(7.1)
womit man mit einem tyischen Wert von E ≈ 100 GeV eine Auflosung von σ(E)E
≈3.5 % erhalt. Bei sehr hohen Energien kann man nur noch mit kalorimetrischenDetektoren arbeiten, da sich deren Auflosung im Gegensatz zu den Spurdetektoren,deren Auflosung wegen σ(p)
p∼ p mit steigender Energie schlechter wird, verbessert.
Ferner wachst die erforderliche Schichtdicke L zur Absorption eines Teilchenschauerswegen
L ∼ ln( E
E0
)
(7.2)
nur logarithmisch mit dessen Primarenergie E an, was bedeuted, dass die Langeeines Schauerdetektors nahezu energieunabhangig ist. Fur einen Spurdetektor musshingegen dessen Detektorlange wegen σ(p)
p∼ p
L2 mit zunehmendem Impuls quadra-tisch anwachsen, wenn man die Imuplsauflosung konstant halten will.
Weiterhin ist man auf kein Magnetfeld angewiesen. Man kann Teilchen im ge-samten Raumwinkelbereich (∆Ω ≈ 4π) nachweisen, wahrend beim Nachweis im
magnetischen Feld (~p × ~B 6= 0) eine starke Anisotropie beobachtet, die sich imAusdruck
σ(p⊥)
p⊥∼ p⊥ (7.3)
fur die Impulsauflosung bemerkbar macht.Eine weitere wichtige Eigenschaft von Kalorimetern ist, dass sie ein sehr schnelles
Zeitsignal (1 ns . . . 10 ns) liefern, das fur die Triggerelektronik verwendet werdenkann.
7.1 Elektromagnetische Kalorimeter
Wir hatten in Kap. 2.3 die Ausbildung eines elektromagnetischen Schauers im Ab-sorbermaterial mit der Strahlungslange X0 bereits besprochen. Elektronen verlierenEnergie durch Anregung und Ionisation von Atomen, sowie durch BremsstrahlungEnergie. Im Falle der Bremsstrahlung gilt fur ein Teilchen der Energie E
dE
dx= −E0
X0(7.4)
7.1 Elektromagnetische Kalorimeter 115
und nach der Schichtdicke x hat sich die Energie auf
E(x) = E0 e− x
X0 (7.5)
reduziert. Man definiert die kritische Energie Ek, bei der der Energieverlust durchAnregung und Ionisation gleich dem durch Bremsstrahlungsverluste sei (Gl. 2.42),womit sofort folgt
(
dE
dx(E = Ek)
)
rad
= −Ek
X0
(7.6)
Ein elektromagnetischer Schauer (Abb. 7.1) bildet sich durch Bremsstrahlung hoch-energetischer in den Kernfeldern des Absorbermaterials aus, indem die dabei entste-henden Photonen zu e+e−-Paaren konvertieren, welche wiederum durch Bremsstrah-lung neue Photonen erzeugen. Es zeigt sich, dass die longitudinale Ausdehnung eineselektromagnetischen Schauers durch X0 festgelegt ist, wahrenddessen die transver-sale Ausdenung durch den Mollier-Radius RM (Gl. 2.80, Abb. 2.16) gegeben ist:
RM =21 MeV
Ek
·X0 (7.7)
Wenn wir uns an die Argumentation bei der Ausbildung des elektromagnetischenSchauers erinnern, so bricht dieser bei einer kritischen Energie Ec ab. Dies mussgenau die oben erwahnte Energie Ek sein, unterhalb derer der Wirkungsquerschnittfur Ionisation und Absorprtion starker als der fur Bremsstrahlung wird, und derSchauer somit zum Erliegen kommt.
e (E )o
Abbildung 7.1: Entwicklung eines elektromagnetischen Schauers als Abfolge vonBremstrahlungs- und Paarbildungsprozessen.
Die Anzahl der Schauerteilchen lasst sich mit
Nmax ≈ E0
Ek(7.8)
abschatzen. (Gl. 2.79). Da der Schauer sich exponentiell aufspaltet, wachst dieSchauertiefe t nur logarithmisch mit der Primarenergie, was auch die notwendigeDetektorgroße bestimmt (Abb. 7.2).
tmax ∝ lnE0/Ek (7.9)
Ein typischer Zahlenwert fur E0 = 1 GeV ist tmax = 3.5 und Nmax = 45. Die Einheit
116 Kalorimeter
/X0z
/r RM
Abbildung 7.2: Longitudinalverteilung der Energiedeposition in einem elektromagne-tischen Schauer fur zwei Primarenergien von Elektronen.
der Lange t ist die Strahlungslange X0. Bei der Anwendung der Schauerbildungauf die Energiemesseung ist die integrierte Weglange T aller geladener Teilchen imSchauer von Interesse:
T = X0
tmax∑
i=1
2i + t0 ·Nmax (7.10)
wobei t0 die Reichweite eines Elektrons in Einheiten von X0 der Energie Ek sei. Esgilt nun weiter
tmax =ln( E0
Ekl)
ln 2⇒ T = (4 + t0) ·
E0
Ek
X0 ∼ E0 (7.11)
Da in der Realitat bei der Beschreibung des Schauersignales nur Elektronen ab einerbestimmten Energie zu T beitragen, schreibt man Gl. 7.11 haufig als T = E0
Ek·X0 ·F
mit F < 1.
Der Offnungswinkel oder die Transversalverteilung der Energie des Schauers setztsich aus zwei Anteilen zusammen (Abb. 7.3):
• Offungswinkel bei der Produktion (analog zur Paarbildung):
√
〈Θ2γ〉 =
mc2
Eγ
(7.12)
• Beitrag der Kleinwinkelstreuung:
√
〈Θ2M〉 =
21 MeV
E
√
x
X0(7.13)
7.1 Elektromagnetische Kalorimeter 117
/r RM
Abbildung 7.3: Transversalverteilung der Energie in einem elektromagnetischenSchauer, gemessen in unterschiedlichen Tiefen.
Der Hauptbeitrag stammt von der Kleinwinkelstreuung der Elektronen mit E = Ek
(Molier-Radius, Gl. 7.7).Da die Anzahl der Schauerteilchen N proportional zur Energie ist, der Fehler
von N hingegen nach den Gesetzen der Poisson-Statistik√N betragt, erhalt man:
N ∝ E ⇒ σE ∝√E ⇒ σE
E∝ 1√
E(7.14)
Der relative Fehler wird also mit der Energie kleiner, bei magnetischen Messun-gen des Impulses steigt er dagegen wegen der abnehmenden Krummung mit derEnergie. Bei Energien oberhalb von 20 GeV sind deshalb nur noch kalorimetrischeEnergiemessungen sinnvoll.
7.1.1 Homogene Kalorimeter
Ein Kalorimeter hat gewissermaßen zwei Aufgaben. Es muss passiv das primare Teil-chen zur Wechselwirkung bringen und somit einen Schauer erzeugen und anschlie-ßend aktiv die entstandene Ionisation oder das Szintillations- oder Cherenkovlichtnachweisen.
Bei homogenen oder total absorbierenden Kalorimetern entsteht das Licht, daszum Nachweis ausgenutzt wird, in demselben Material, in dem der Schauer erzeugtwird. Zur Erzeugung des Lichtes nutzt man dabei den Cherenkov-Effekt (Kap. 2.2.3,Pb-Glaszahler, PbF2-Zahler) oder Szintillationslicht (Kap 4.3, NaJ(Tl), CsJ(Tl),BGO, PbWO4 oder szintilierendes Glas). Zur Energieauflosung tragen die folgendenProzesse bei (Abb. 7.4):
• Schauerfluktuation: σE∼ 1√
E
• inhomogene Lichterzeugung und Lichttransport
118 Kalorimeter
+
30 40 E [MeV]20
0.04
0.08
0.12
EGSLichtsammlungPhotostatistik
Binning Effekt
Eσ
Elektronen 15 GeV
transversal
longitudinal
σE
0.1
0.05
f0.20.10
Abbildung 7.4: Gemessene Beitrage unterschiedlicher Effekte auf die Energie-auflosung eines homogenen elektromagnetischen Kalorimeters (EGS: Schauerfluk-tuation) (links) sowie das relative Auflosungsvermogen als Funktion des prozentua-len Leckverlustes f .
• Photon-Elektron Statistik im Detektor: σE
∼ 1√E
, separat mit einer LEDmessbar
• Verlust des Schauers (Leckage): σE
= const.
• elektronisches Rauschen (Noise): σE∼ 1
E, unabhangig von der Primarenergie
Ferner geht die Effizienz der Lichtsammlung, die durch die Form der Zahler, de-ren Oberflacheneigenschaften sowie moglicher Inhomogenitaten des Szintillators be-stimmt wird, in das Auflosungsvermogen ein.
7.1.2 Sampling Kalorimeter
Bei diesem Typ von Schauerzahlern ist das Medium, in dem das Signal erzeugt wird,getrennt vom Nachweismedium. Typische Materialien fur das Konvertermedium sindBlei, Wolfram oder Uran, fur das Nachweismedium werden meistens Szintillatoren,flussiges Argon (bzw. Krypton) und als neueste Entwicklung Silizium-Dioden ver-wendet. Der Aufbau besteht aus alternierenden Schichten des passiven Absorber-materials und der aktiven Detektoren, man spricht deshalb auch von Sandwich-Zahlern, der Name Sampling-Kalorimeter leitet sich von der Tatsache ab, dass nichtder gesamte Schauer nachgewiesen wird, sondern nur Stichproben gesampelt wer-den. Gegenuber den homogenen Detektoren haben Sampling-Zahler den Vorteil,dass man die beiden Materialien optimal an die geforderten Bedingungen anpassenkann, dadurch wird der Detektor kompakter und preiswerter. Hingegen muss man ei-ne schlechtere Auflosung in Kauf nehmen, da Teilchen im Absorber unsichtbar sind,
7.1 Elektromagnetische Kalorimeter 119
0.4
0.6
0.2
10 30 50 70 90Z abs
Pb
238UAlFe
Bru
chte
il d
er I
onis
atio
nsen
ergi
e
Ee− > 20.5 MeV
Sn
)+−E (e
−+E (e ) < 1.5 MeV
4.5 MeV<
Abbildung 7.5: Anteil der Energie, die in einem elektromagnetischen Schauer vongeladenen Teilchen mit gegebener Gesamtenergie E deponiert wird.
und der sichtbare Energieanteil schwankt. Diese Samplingfluktuationen bestimmendas Signal des Kalorimeters, insbesondere bei kleinen Energien. Um elektromagne-tische Kalorimeter so kompakt wie moglich zu halten, muss man als passive Kompo-nente wegen der Propotionalitat X0 ∼ 1
Z·ρ dicht Materialien mit hohem Z nehmen,
was die Wahl von Blei favorisiert (X0 = 0.5 cm, Z = 82).Um die Samplingfluktuationen zu verstehen, betrachten wir zunachst, welche
Energien die Elektronen haben, die Energie im Nachweismedium deponieren. Simu-lationsrechnungen zeigen (Abb. 7.5), dass vor allem Elektronen mit kleiner Energiefur die Energiedeposition verantwortlich sind. Im Uran ist die Reichweite R vonElektronen beispielsweise R(Ee = 1 MeV) = 0.4 mm, was bedeutet, dass in einemUran-Kalorimeter mit der Konverterdicke d(U) = 3 mm nur wenige der erzeugtenElektronen das Nachweismedium erreichen. Fur diesen Bruchteil f gilt naherungs-weise (t sei wiederum die Lange in Einheiten von X0):
f(e−,U → Sz) ∼ 1
d(U)∼ 1
tabs(7.15)
wobei tabs die Dicke des Absorbers und tact diejenige des Nachweismediums seien.Der Bruchteil der langsamen Elektronen, die im Nachweismedium erzeugt werden,ist naherungsweise gegeben durch
f(e−, γ → e−inSz) ∼ tact
tabs(7.16)
Da fur die Teilchen im Schauer wegen E(t) = E0/2t gilt, dass N ∼ E0
Ek, und aufgrund
120 Kalorimeter
D [mm]
Photoelektron−Statistik + Leakage
Sampling Fluktuationen
GeV..
Kanale
Abbildung 7.6: Gemessene Energieauflosung eines Sampling-Kalorimeters fur ver-schiedene Dicken des Blei-Absorbers.
der Dominanz der Paarbildung α ∼ Z2abs gilt, erwartet man insgesamt
σ(E)
E∼ 1√
N∼√
Ek
E0
√
αtabs + (1 − α)tabs
tact(7.17)
Es gilt nun in Abhangigkeit von der Kernladungszahl des Mediums
• Zabs klein: (Bsp: Fe) (1 − α) α ⇒ σ(E)E
∼ 1√E
√
tabs
tact
• Zabs groß: (Bsp: U) (1 − α) α ⇒ σ(E)E
∼ 1√E
√tabs
Eine gute Parametrisierung fur viele heute verwendete Sampling-Kalorimeter istdurch den Ausdruck
σ(E)
E= 3.2%
√
Ek[MeV]
f
√
tabs
E[GeV](7.18)
gegeben, die in Abb. 7.6 experimentell uberpruft wurde. Man erhalt gute Auflosun-gen, falls Ek klein ist (d.h. Z groß) und tabs ebenfalls klein gewahlt wird (x < X0
ermoglicht ein feineres Sampling).
7.1.3 Ortssauflosung
Neben der Energie mochte man auch haufig den Ort bestimmen, an dem ein Pho-ton auf das Kalorimeter auftrifft. Dies gelingt bei senktrechtem Auftreffen aufden Zahler (“pointing”) der Photonen dadurch, dass man die endliche transver-sale Breite des Schauers ausnutzt. Abhangig vom Auftreffort variiert die Pulshoheim benachbarten Zahler. Da die Breite eines Schauers naherungsweise durch RM
7.1 Elektromagnetische Kalorimeter 121
D [mm]
Photoelektron−Statistik + Leakage
Sampling Fluktuationen
GeV..
Kanale
σO
rt
E [MeV]
Abbildung 7.7: Gemessene Ortsauflosung eines Sampling-Kalorimeters.
(Abb. 7.3) gegeben ist, muss der Durchmesser des Zahlers typischerweise < 2RM
sein. Die Orstsauflosung ist durch die transversale Granularitat des Kalorimetersfestgelegt. Zusatzlich spielen transversale Schauerfluktuationen eine Rolle, fur hin-reichend große Energien gilt (Abb. 7.7):
σx ∼ 1√E
(7.19)
7.1.4 Technische Realisierung von Sampling-Kalorimetern
Abschließend sollen die haufigsten verwendeten Technologien der elektromagneti-schen Schauer-Sampling Kalorimeter kurz vorgestellt werden.
Szintillator-Kalorimeter mit Wellenlangenauslese
Da die Nachweisinstrumente fur das Szintillationslicht nur hinter den Zahler ange-bracht werden konnen, muss Liouvilles Theorem uberlistet werden und das Lichtum 90 gelenkt werden. Dazu wird in den Lichttransportweg im Lichtleiter zurAuslese ein Absorptions- und Reemmisionsprozess zwischengeschaltet, so dass keinabgeschlossenes System mehr vorliegt. Dies bezeichnet man auch als Wellenlangen-schieber (oder Wellenlangenwandler). Auf diese Weise kann Licht, naturlich unterVerlusten, um 90 auf den Photomultiplier gelenkt werden (Abb. 7.8).
Flussig-Argon Ionisationskammer
Hier wird nicht Licht, sondern das Signal der Elektronen, die durch Ionisation desflussigen Argons entstehen, ausgelesen. Die Konverter, die als Platten des Kalo-rimeters genutzt werden, liegen abwechselnd auf Hochspannung, bzw. auf Erde(Abb. 7.9). Das Signal ist klein (≤ 10−15 fC), so dass diese Detektoren erst seit der
122 Kalorimeter
BBQ
360 nm
420nm
480 nm
SzintillatorAl−FolieBlei
Wellenlangenwandler..
Al−Folie
PBO
POPOP
Abbildung 7.8: Auslese eines Sandwich-Kalorimeters mit Wellenlangenwandlern.
Zeit nutzbar sind, als rauscharme Elektronik verfugbar war. Die Auslese erfolgt uberauf einem Isolator aufgeklebter Kupfer-Pads, die sich in Flugrichtung des Primarteil-chens unmittelbar vor der nachsten Absorberplatte befinden. Die Ortsauflosung wirdim wesentlichen durch die Wahl der Große der Kupferpads bestimmt. Diese darf al-lerdings auch nicht zu klein gewahlt werden, da ansonsten das produzierte Signal zuklein bleibt. Da die Ladungsauslese langsam ist, liegt auch ein langsames Signal vor.Trotzdem kann man ein schnelles Signal gewinnen, wenn dieses groß ist und manauf die ansteigende Flanke des Signales triggert. Die Ortsauflosung wird defin
Spaghetti-Kalorimeter
In diesem Falle ist das Nachweismedium in longitudinaler Richtung von szintillieren-den Fasern durchzogen. Man muss darauf achten, dass der Strahl nicht parallel zuden Fasern einfallt, da sonst eine starke Reduzierung (bzw. Erhohung) des Signaleseintritt, abhangig davon, ob das Schauerteilchen im Wesentlichen durch Blei-Fasernlauft oder nicht. Bei diesem Kalorimetertyp erhalt man ein schnelles Signal (< 1 ns,Abb. 7.10). Diese Eigenschaft kann sehr gut fur den Trigger ausgenuzt werden. Alter-native dazu gibt es auch Varianten von diesem Kalorimetertyp, bei dem das aktiveund passive Medium in einem vereint sind. Das Experiment H1 am HERA-Ringverwendet dazu beispielsweide Blei-Szintillatorfasern.
Scintillating Tile und Shashlik-Kalorimeter
Das Nachweismedium ist bei diesem Detektor wiederum ein Szintillator, wie im er-sten Beispiel. In diesem Falle wird aber der Szintillator mit szintillierenden Fasernausgelesen, die als Wellenlangenwandler dienen (Abb. 7.11). Sie sind in Kanale einge-
7.1 Elektromagnetische Kalorimeter 123
VerstarkerLadungsempfindlicher
Absorber(leitend)
+Hochspannung
..flussiges Argon
..
Abbildung 7.9: Auslese eines Flussig-Argon (LAr)-Kalorimeters.
VerstarkerLadungsempfindlicher
Absorber(leitend)
+Hochspannung
..flussiges Argon
..
Abbildung 7.10: Querschnitt durch ein Spaghetti-Kalorimeter (a), gezeigt sind ein-zelne Blei-Ebenen (Konverter) und die szintillierenden Fasern, in denen das Signalerzeugt und auf den PM gelenkt wird, sowie Seitenansicht (b) eines SpaCal-Blocks,der durch PM (rechts) ausgelesen wird.
124 Kalorimeter
WLS − Fiber
Szintillator−Ziegel Kleber
WLS − Fiber
PM
Szintillator−Ziegel
43 mm(SCSN38 h = 10 mm)
(BCF−91 d = 2 mm)
Abbildung 7.11: Schema der Lichtauslese eines “Scintillating Tile Calorimeters”.
legt, die in den Szintillatoren eingefrast sind. Das sogenannte Shashlik-Kalorimeterist in Abb. 7.12 dargestellt. Bei diesem Typ werden die szintillierenden Fasern durchLocher gezogen, die in das szintillierende Material gebohrt wurden. Auch hier dientdie szintillierende Faser als Wellenlangenwandler, mit deren Hilfe das Licht auf diePM gefuhrt wird.
7.2 Hadronische Kalorimeter
Hadronische Kalorimeter sind typischerweise Samplingkalorimeter, sind aber in ih-rem Verhalten und in ihrer Beschreibung wesentlich komplexer als elektromagneti-sche.
Die Bildung eines hadronischen Schauers hatten wir in Kap. 2.4 besprochen. Da-bei hatten wir gesehen, dass die Ausbildung des hadronischen Schauers denselbenPrinzipien folgt wie die des elektromagnetischen. Da bei hadronischen Wechselwir-kungen viele π0’s erzeugt werden, bildet sich immer parallel zum hadronischen auchein elektromagnetischer Schauer aus. Die typische Wechselwirkungslange λhad wardabei aufgrund von λhad ∼ 1
σ·N propotrional zu A1
3 (Gl. 2.86) und charakterisiertsowohl die transversale als auch die longitudinale hadronische Schauerverteilung.Eine typische Lange eines hadronische Schauers betragt ca. 6 λhad . . . 9 λhad undwachst logarithmisch mit der Energie des Primarteilchens an. Elektromagnetischeund hadronische Schauer unterscheiden sich durch ihre Ausdehnung
λhad
x0
=A
1
3 · Z2
A∝ A
4
3 (7.20)
womit Werte fur Gl. 7.20 von bis zu 30 durchaus moglich sind (Abb. 2.19). Eine
7.2 Hadronische Kalorimeter 125
AuslesePM
platten
Wolfram−Platten
WLS−Fiber
Szintillator−
Abbildung 7.12: Schema eines Shashlik-Kalorimeter (Entwicklung bei HERA-B, DE-SY).
Material Sz LAr Fe Pb U
X0 [cm] 42.2 14.0 1.78 0.56 0.32
RM [cm] 10.4 13.7 1.8 1.6 1.0
λint[cm] 79.4 83.7 17.1 17.01 10.5
Tabelle 7.1: Materialien fur den Bau hadronischer Kalorimeter.
Besonderheit hadronischer Kaskaden besteht darin, dass ein großer Teil der Energie(bis 30% bei Protonschauern von 10 GeV) zum Aufbrechen von Kernbindungenund zur Erzeugung von Kernfragmenten benotigt wird. Dieser Energieanteil ist imKalorimeter selbst weitgehend unsichtbar. Einige andere Teilchen, wie Neutrinos,Myonen oder teilweise Neutronen konnen aus dem Detektor entweichen, tragen aberim Mittel nur 1% der Energie fort. Sehr haufig allerdings entstehen neutrale Pionenals sekundare Teilchen, die uber den Zerfall π0 → γγ lokale elektromagnetischeSchauer innerhalb der Hadronkaskade auslosen. Der elektromagnetische Anteil iststark energieabhangig und schwankt stark von Schauer zu Schauer.
Einige typische Konvertermaterialien (Sz (Szintillatoren) und LAr (flussiges Ar-gon)) sowie haufig eingesetzte Absorber (Fe, Pb und U) sind in Tab. 7.1 zusammen-gestellt. Im Gegensatz zum elektromagnetischen Kalorimeter ist es im hadronischenFal wesentlich schwieriger, ein analytisches Modell zur Beschreibung der Schauer-entwicklung aufzustellen und man ist auf Modellrechnungen angewiesen.
7.2.1 Anforderungen an ein hadronisches Kalorimeter
Die grundlegenden Anforderungen an ein hadronisches Kalorimeter sind
• Signalhohe ∼ Energie des primaren Teilchens
• wie im EM Kalorimeter: σE∼ 1√
E
126 Kalorimeter
• Signal soll gaußformig sein (Entfaltung der Meßwerte)
• Signalhohe darf nicht von der Teilchenart abhangen
Diese Forderungen sind in erster Naherung erfullt, jedoch zeigen sich bei den mo-dernen Hochprazisionsexperimenten einige deutliche Abweichungen von den obengenannten Anforderungen:
• schwache Nichtlinearitat (Abb. 7.13)
• σE·√E 6= const. (Abb. 7.13)
• das Signal weicht von der Gaußverteilung ab (Abb. 7.13)
• Elektronsignal unterscheidet sich vom Pionsignal (Abb. 7.14)
Diese Effekte sind in verschiedenen Experimenten untersucht worden. Man beob-achtet beispielsweise stark lokalisierte Energie-Depositionen im Schauer, die auf dieelektromagnetische Komponente zuruckzufuhren sind (π0, η → 2γ, . . .). Aufgrunddes typischen Volumens des Schauers von Vem ≈ O(10X0 · R2
M) Vhad ≈ O(λ3had)
ist dies auch zu erwarten. Das vom elektromagnetischen Schauer bzw. von den Ha-dronen erzeugte Signal ist trotz gleicher Energie des Primarteilchens verschieden(Abb. 7.13 und 7.14).
Ferner kann man den Beitrag der Kernbindungsenergie uber die Untersuchungder Sampling-Fluktuationen erhalten. Dabei zeigt sich, dass im elektromagnetsichenSchauer die Samplingfluktuationen dominieren, hingegen sind sie beim hadronischenSchauer nahezu vernachlassigbar, ein wichtiger Beitrag stammt hier von den Bin-dungsenergiefluktuationen (Abb 7.15).
7.2.2 Kompensationskalorimetrie
Zunachst sollen die einzelnen Komponenten diskutiert werden, die zum hadronischenSchauersignal beitragen. Sei fur die Teilchenart i ES(i) die im Kalorimeter sichtbareEnergie, die mit der nichtsichtbaren Energie ENS(i) verglichen werde. Dabei gilt furdie deponierte Energie Edep(i)
ES(i) 6= Edep(i) (7.21)
Wir definieren nun
a(i) =ES(i)
ES(i) + ENS(i)(7.22)
Diese Signale werden nun mit jenen eines minimalionisierenden Teilchens (mip)verglichen, welches naherungsweise durch ein hochenergetisches Muon reprasentiertwerde. Der normierte Anteil der sichtbaren Energie eines Elektrons Ee ist dann
Ee
Emip=
a(e)
a(mip)(7.23)
7.2 Hadronische Kalorimeter 127
[GeV]
CDHS (Fe / Szint.)1981
1987
1987
(U /(UWA 78
HELIOS Szint.)
/
CDHS
Szint.)
(nach Gewichtung)
75 GeV
e / h = 0.8
30 GeV π
π
.
.
.
E
.
.
−1/
2[G
eV.
.
.
.
.
.
.
.
.
GeV
Sig
nal
.
.
E/σ
]
/
Energieauflosung
CDHS(nach Gewichtung)
(Fe /
(238
Szint.)
CDHS
E
e / h = 1.05
HELIOS
WA 78
Szint.)/USzint.)/U(238
Eπ [GeV]
..
Pulshohenverteilung..
e / h = 1.4
140 GeV π
Abbildung 7.13: Auflosungsvermogen (a), Linearitat (b) und Pulshohenverteilung (c)hadronischer Kalorimeter. Bei kompensierenden Kalorimeter erfolgt eine nachtragli-che Gewichtung (e/h ≈ 1).
1.0
0.6
0.8
0.1 10.05.01.00.5
h [GeV]
/ mipe
e
e
e
+/+/−/ −
p
ππ+
eh
|
E
Abbildung 7.14: Gemessenes Verhaltnis der Signale von Elektronen und Hadronenals Funktion der Primarenergie.
128 Kalorimeter
Fe / LAr
238 U / LAr..
AuflosungSampling−Fluktuation
1
0.5
0.1
0 5 10
σ|
E
Nachweisbare Energie [GeV]
Abbildung 7.15: Auflosungsvermogen eines elektromagnetischen bzw. hadronischenSamplingkalorimeters (U-Argon) als Funktion der Primarenergie.
Fur die hadronische Komponente eines hadronischen Schauers, also ohne den π0 undη Anteil fem, gilt
Ehi
Emip=
a(h)
a(mip)(7.24)
Somit kann man fur die Signale von Elektronen bzw. Hadronen schreiben
S(e) = k ·E · e
mip(7.25)
S(h) = k ·E(
feme
mip+ (1 − fem)
hi
mip
)
(7.26)
Die Konstante k muss aus Eichmessungen mit Teilchen bekannter Energie bestimmtwerden. Fur den Bruchteil der Primarenergie eines Hadrons, die in Form eines elek-tromagnetischen Schauers deponiert wird, gilt:
fem ∼ lnE
1 GeV(7.27)
Mit Gl. 7.26 folgt dann die Nichtlinearitat und der Grund der Kompensation:
e
mip6= hi
mip↔ S(h)
E6= const. (7.28)
woraus die Bedeutung des Verhaltnisses
S(e)
S(h)=
emip
feme
mip+ (1 − fem) hi
mip
(7.29)
7.2 Hadronische Kalorimeter 129
folgt. Aus diesem Ausdruck kann man unmittelbar das Folgende ableiten:
• Verschlechterung der Auflosung (Linienverbreiterung), da fem ∼ ln E1 GeV
fallse
mip6= hi
mip(Abb. 7.13)
• Signal fur hadronischen Schauer ist nicht mehr linear von der Energie desHadrons abhangig (Interpretation der Resultate in Abb. 7.13)
Bei der Planung des Detektors muss man demnach anstreben, dass emip
= hi
miperfullt
ist, denn nur dann gilt
S(e)
S(h)= 1 (7.30)
Um dies zu erreichen, muss man die einzelnen Beitrage zum hadronischen Schauer-anteil hi
mipbetrachten:
hi
mip= fion · ion
mip+ fn · n
mip+ fγ ·
γ
mip+ fB · B
mip(7.31)
wobei
fion Bruchteil der hadronischen Komponente eines hadronischen Schauers, derdurch geladene Teilchen deponiert wird (µ±, π±, p)
fn Bruchteil, der duch Neutronen deponiert wird
fγ Bruchteil, der durch γ-Strahlung deponiert wird
fB Bruchteil der Kernbindungsenergie an hadronischer Komponente
Simulationsrechnungen zeigen, dass fB und fn erwartungsgemaß stark korelliert sind(Abb. 7.16). Da Photonen durch n-Einfang im Kern erzeugt werden, gilt auch fn ∼fγ. Man kann also hi
mipvergroßern, wenn fn, fγ bzw. n
mip, γ
mipvergroßert werden.
Wird durch diese oder andere Maßnahmen die Gultigkeit von Gl. 7.30 erreicht, sospricht man von Kompensationskalorimetrie (Abb 7.16).
Typische Zahlenwerte aus Simulationsrechnungen fur ein Proton der Energie5 GeV sind
Uran Eisen
fion 57% 38%
davon Spallationsprodukte 42% 27%
fγ 3% 2%
fn 8% 15%
fB 32% 45%
100% 100%
130 Kalorimeter
1.2
1.4
1.0
0.8
1 10 100 1000
2.0
E h [GeV]
Sig
nal
Had
ron
1.8
1.6
1.4
1.2
1.0
0.8
0.6
he/ intrinsisch
e/h =1.00
0.20
0.10
03 5 10 20 50 200
[GeV]πE
E
|σ
mit
n20
MeV
Ene
rgie
von
nE
<
800
400
400
200
0
0
0 1 3
Spallations− n
Verdampfungs− n
[GeV]Bindungsenergieverluste
Abbildung 7.16: Pulshohe/Energie fur Hadronen mit unterschiedlichem eh-Verhaltnis
(a) und mit relativer Auflossung (b) und Korellation zwischen Bindungsenergie undEnergie von Neutronen, die durch die Reaktion freigesetz werden.
7.2 Hadronische Kalorimeter 131
400
600
200
0
50 GeV Strahl
Keine Gewichtung
Ere
igni
sse
/ GeV
1000 20 60E [GeV]
600
400
200
00 20 60 100
Gewichtung
50 GeV Strahl
Ere
igni
sse
/ GeV
E [GeV]
Abbildung 7.17: Gemessene Pulshohenverteilung von Elektronen und Pionen in ei-nem nicht kompensierenden Kalorimeter, vor und nach der Wichtung.
Ferner erhalt man fur die Verhaltnisse der Energien im Samplingkalorimetern, wenndact die Dicke des Nachweismediums sei und dabs die Dicke des Schauermediums:
Fe/Sz Fe/Ar U/Sz U/Ar Abhangigkeitionmip
0.83 0.88 0.93 1 dact
nmip
0.5 . . . 2 0 0.8 . . . 2.5 0 dact/dabsγ
mip0.7 0.95 0.4 0.4 dabs
emip
0.9 0.95 0.55 0.55 dabs
Als nachstes soll die Bedeutung von emip
6= hi
mipuntersucht werden. Dazu werden
die Resultate von Abb. 7.16 ausgenutzt, in denen, entsprechend den experimentellenResultaten
S
E6= const. und
σ
E=
√
a2
E+ b2 b 6= 0 (7.32)
falls eh6= 1. Ferner ist die Pulshohenverteilung nicht gaussformig (Abb. 7.13 und
7.17). Es gibt nun verschiedene Methoden, die Linearitat und die Auflosung zu opti-mieren. Es sei nochmals daran erinnert, dass dies fur die aktuellen Hochprazisionsex-perimente, wie zum Beispiel die exakten Vermessungen der W± und Z0 Resonanzenbei LEP, von essentieller Bedeutung ist.
Software-Gewichtung
Eine Moglichkeit besteht darin, die Gewichtung der einzelnen Schaueranteile erstnach der Aufzeichnung der Messungen vorzunehmen. Dabei segmentiert man dasKalorimeter und bestimmt pro Ereignis die Zellen, in denen die Pulshohe besondersgroß ist (π0-Anteil des Schauers). Diesem gibt man dann ein kleineres Gewicht alsden anderen Zellen. Resultate sind in den Abb. 7.17 bis 7.19 dargestellt. Dabei istdeutlich zu erkennen, dass die Auflosung verbessert wird und die Form des Spek-trums sich besser einer Gaussverteilung anpasst. Ferner kann man “offline” erreichen,dass die Bedingung e
mip' hi
miperfullt ist.
Eine Automatisierung dieses Verfahrens ist mit Hilfe von Neuronalen Netzen,die mit Simulationsdaten trainiert werden, moglich. Neuronale Netze erkennen au-tomatisch π0-induzierte Schaueranteile und behandeln sie so, dass die Auflosung
132 Kalorimeter
400
600
200
0
50 GeV Strahl
Keine Gewichtung
Ere
igni
sse
/ GeV
1000 20 60E [GeV]
600
400
200
00 20 60 100
Gewichtung
50 GeV Strahl
Ere
igni
sse
/ GeV
E [GeV]
E max (had) [GeV]
E[G
eV]
cal
0 20 60 100
100
0
200
300
E = 170 GeVπ
E = 50 GeV
E = 30 GeVππ
E = 230 GeVπ
Pionen (keine Gewichtung)
E max (had) [GeV]
[GeV
]E
cal
020 60 1000
Pionen (gewichtet)
E = 170 GeV
E = 230 GeV
E = 50 GeV
E = 30 GeV
π
π
ππ
300
200
100
σ|
E
πE [GeV]
0.1
0.05
00 50 150 250
Keine GewichtungGewichtetSampling Beitrag
Gewichtung (II)
Pionen
Abbildung 7.18: Pulshohen in einzelnen Zellen eines LAr-Kalorimeters fur verschie-den Primarenergien, vor (a) und nach der Wichtung (b).
σ|
E
πE [GeV]
0.1
0.05
00 50 150 250
Keine GewichtungGewichtetSampling Beitrag
Gewichtung (II)
Pionen
Abbildung 7.19: Auflosungvermogen eines nichtkompensierenden LAr-Kalorimeters.
7.2 Hadronische Kalorimeter 133
optimiert und Linearitat erreicht wird. Es zeigt sich, dass neuronale Netze eien Ver-besserung der Rekonstruktion gegenuber der einfachen Software-Wichtung liefern,insbesondere bei kleinen Energien von 1 . . . 10 GeV.
Hardware-Kompensationskalorimetrie, Variation des hadronischen An-teiles
Da hi
mipnach Gl. 7.31 von fion, fn, fγ und von ion
mip, n
mipund γ
mipabhangt, kann man
durch geeignete Wahl dieser Parameter erreichen, dass die Bedingung emip
= hi
mip
erfullt ist. Man kann hi
mipbeispielsweise dadurch erhohen, indem man als Absorber
spaltbares Material verwendet, wie 238U. Die bei der Kernwechselwirkung entstehen-den Neutronen konnen weitere Kerne spalten und mittels Neutronen und Photonenzusatzliche Energie freisetzen. Andererseits erreicht man die gewunsche Kompensa-tion durch guten Neutronennachweis wie sie aus Reaktionen mit schweren Kernenentstehen. Dies erreicht man insbesondere uber (n, p)-Reationen in Detektoren mitviel Wasserstoff, beispielsweise bei Plastikszintillatoren oder geeigneten Gasen.
In der Regel kombiniert man beide Methoden, wobei auch eine Uberkompensati-on hi
mip> e
mipmoglich ist. Dieses Verhaltnis hangt von den verwendeten Materialien,
dem Samplingabstand, der Samplingzeit2 und auch von der Teilchenenergie ab.Fur die qualitativen Abhangigkeiten gilt das Folgende:
• fion, fn, fγ und fB hangen fur E > 1 GeV kaum von E ab (Simulationsrech-nungen)
• fion ist nach obiger Tabelle im Wesentlichen durch die Zahl der Sekundarteil-chen bestimmt, die bei der Kern-Spallation erzeugt werden. Diese Zahl hangtvon Z/A ab: fion nimmt ab, falls Zabs zunimmt, da Z/A fur schwerere Kernekleiner wird.
• fn wachst mit anwachsendem Zabs, da der relative Antiel der Spallations-Neutronen mit Z/A ansteigt (Zahl der Neutronen im Kern steigt). Dabei muss
nmip
6= 0 gelten. Dies kann erreicht werden, wenn das aktive Medium Wasser-stoff enthalt, auf den die n im Mittel die Halfte de Energie bei einem Storßuberstragen.
Der nachste Schritt ist nun, mittels des aktiven (bzw. passiven) Materials das Signalzu beeinflussen. Dazu ist es notwendig, die Moglichkeit zu analysieren, wie ion
mip, n
mip,
etc. durch die Wahl der Detektorparameter variiert werden kann.
• ionmip
= 0.8 . . . 1Diese Große hangt vom Energiespektrum des Spallationsprotonen und derStarke der Loschung der Anregungsenergie ab (Rekombination der Ionenpaare,strahlungslose Ubergange der angeregten Atome). Mit anwachsender Dicke dact
des Nachweismediums nimmt ionmip
ab, da am Ende der Teilchenspur die Ionisa-
tion des stark ionisierenden Teilchens anwachst. In Abb. 7.20 ist ionmip
= f(dabs)
2die Neutronen kommen verspatet!
134 Kalorimeter
dargestellt und zeigt eine gute Ubereinstimmung von Simulation und realenDaten.Fur geringe Dicken des Absorbers (dabs Rp) konnen alle Spallationsprotonenaus ihm austreten und man erwartet eine Zunahme von ion
mipfur zunehmendes
dabs. Da aber bei großen Dicken (dabs > Rp) nur noch Spallationsprotonen ausder Oberflachenschicht der Dicke Rp austreten konnnen, erhalt man den inAb. 7.20 sichtbaren Sattigungseffekt.
[mm]absd
1.1
0.9
1.0
0.8
0 5 10 15 20 25
Spa
llatio
ns p
/ m
ip
U−Platten (2.5 mm PMMA)
PMMA−Platten (3.0 mm U)
4 GeV pU / PMMA
Abbildung 7.20: Pulshohenrelation pmip
als Funktion der Dicke des Mediums.
• nmip
In diesem Falle ist es wichtig, dass die Neutronen im aktiven Medium nach-gewiesen werden. Da fur den Energieubertrag ∆E des Neutrons auf Atome∆E ∼ En
Mactgilt, sind leichte aktive Medien fur den Neutronennachweis beson-
ders geeignet. Ferner ist fur schwerere Medien dEdx
und damit die Rekombina-tion groß. Es gilt, dass n
mipansteigt, wenn dact
dabsabnimmt, da die Neutronen
nur im aktiven Medium abgebremst werden und damit von dabs unabhangigsind, andererseits mip mit anwachsenden dact
dabszunimmt. Dies ist in Abb. 7.21
dargestellt.Die Komplexitat der Beitrage der Neutronen zum Signal kann man in Zeit-spektren erkennen. Da die Ruckstoßprotonen wahrend der Neutronabbrem-sung ein Signal erzeugen konnen, tun dies die γ’s des Einfangs erst nach derThermalisierung des Neutrons. Somit hangt die nachgewiesene Ladung vonder Integrationszeit ab (Abb. 7.22).
Hardware-Kompensationskalorimetrie, Variation des elektromagneti-schen Anteiles
Ziel der Optimierung in diesem Falle ist es, die Gleichung emip
= hi
mipdadurch zu
erfullen, dass emip
erniedrigt wird. Im vorherigen Fall wurde hi
miperhoht. Es gilt, dass
7.2 Hadronische Kalorimeter 135
Rd
..
EinfangγSpalt
γInelastischepβRucksto
γGesamtn−Signal
U / PMMA
Sig
nal
n / S
igna
l m
ip
Abbildung 7.21: Verhaltnis nmips
als Funktion des Verhaltnisses Rd = dabs
dact.
Zah
l e−
/ 0.1
ns
Zah
lπ−
/ GeV
500
300
100
018 22 26
e− 80 GeV
π
14
60
80
40
FWHM [ns]
Abbildung 7.22: Zeitliche Breite des Signals unterschiedlicher Primarteilchen in ei-nem Kalorimeter.
136 Kalorimeter
KanaleGeV
..
150
50151050
abs [mm]d
Abbildung 7.23: Pulshohe fur monoenergetische Elektronen als Funktion der Dickedes Absorbers fur ein Blei-Szintillator-Kalorimeter (vergl. Abb. 7.17 und 7.18).
emip
mit abnehmendem dabs zunachst ansteigt und fur große dabs einen Sattigungswertannimmt.
Ein typisches Resultat ist in Abb. 7.23 dargestellt. Dieser Effekt ist daraufzuruckzufuhren, dass die Energiedeposition im Wesentlichen durch kleine Elektro-nenenergien vermittelt wird. Da der Absorptionskoeffizient im Absorber fur Photo-nen µabs,γ proportional zu Z4 ist, deponieren Schauer vorwiegend im Absorber ihreEnergie, nur die in der Nahe der Oberflache erzeugten Elektronen werden im aktivenMaterial registriert.
Zusammengefasst erreicht man fur Kalorimeter dieser Art mittels der Kompen-sationskalorimetrie
• 35%√E
= σh
Eh
• Linearitat des Signales im Bereich von 5 GeV . . . 3200 GeV
Allerdings hat man bei diesen Kalorimetern den Nachteil, dass die Energieauflosungfur Elektronen und Photonen schlecht ist.
7.2.3 Teilchenidentifizierung
Eine weitere wichtige Anwendung von Kalorimetern ist die Identifizierung von Teil-chen, also die Trennung von Elektronen und Pionen. Dabei werden die folgendenUnterschiede zwischen elektromagnetischen und hadronischen Schauern ausgenutzt:
• unterschiedliche transversale und horizontale Schauerausbreitung
• Signal der Elektronen ist schneller und scharfer als das der Hadronen, da dien-Komponente des hadronischen Schauers erst nach der Thermalisierung derNeutronen zu einem Signal fuhrt (Abb 7.22)
Die prinzipielle Grenze fur die Trennung von Elektronen und Pionen wird durch dieWahrscheinlichkeit festgelegt, mit der Ladungsaustausch auftritt.