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KARL MAY IN LEIPZIG Thomas Pramann Vom Turnlehrer zum Mikroskopiker Über den Lehrer Wilhelm Schubert F REUNDESKREIS REUNDESKREIS K K ARL ARL M M AY AY L L EIPZIG EIPZIG Separatausgabe, Juni 2019

KARL MAY IN LEIPZIG · KARL MAY IN LEIPZIG Thomas Pramann Vom Turnlehrer zum Mikroskopiker Über den Lehrer Wilhelm Schubert Um Eines vorwegzunehmen: Nachdem Rudolph Samuel Böhringer

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Page 1: KARL MAY IN LEIPZIG · KARL MAY IN LEIPZIG Thomas Pramann Vom Turnlehrer zum Mikroskopiker Über den Lehrer Wilhelm Schubert Um Eines vorwegzunehmen: Nachdem Rudolph Samuel Böhringer

KARL MAY

IN LEIPZIG

Thomas Pramann

Vom Turnlehrer zum MikroskopikerÜber den Lehrer Wilhelm Schubert

FF R E U N D E S K R E I SR E U N D E S K R E I S K K A R LA R L M M A YA Y L L E I P Z I GE I P Z I G

Separatausgabe, Juni 2019

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KARL MAY IN LEIPZIG

Editorial

Liebe Freunde,

die Redaktion von KARL MAY IN LEIPZIG ist überjeden Beitrag froh und dankbar. Gelegentlich aberstellt uns ein eingereichter Beitrag auch vorHerausforderungen.

In diesem konkreten Fall hätte der Beitrag vonThomas Pramann über den Turnlehrer undMikroskopiker Wilhelm Schubert (1832–1907) denUmfang einer normalen Ausgabe gesprengt. Daes aber schade gewesen wäre, auch nur einenTeil der aufwändig recherchierten Forschungs-ergebnisse unter den Tisch fallen zu lassen,haben wir uns entschieden, in der regulären Print-ausgabe eine gekürzte Fassung zu ver-öffentlichen und den „director's cut“, also dieoriginale Langfassung, allen Interessierten alsDownload zur Verfügung zu stellen.

Und da es sich ergab, dass diese Langfassungzufällig genau auf 16 Seiten im Layout unsererZeitung kam, führte das wiederum dazu, dass wiruns entschlossen, aus der „Onlinefassung desdirector's cut“ bei Bedarf auch eine Printversion zuerstellen – quasi einen Separatdruck. Wenn einerunserer Leser also den Wunsch verspürt, stattdes PDFs den Beitrag auch gedruckt in seineSammlung einzuordnen, dann möge er sichvertrauensvoll bei der Redaktion melden.

Der Verfasser dankt dem HauptstaatsarchivDresden, dem Stadtarchiv Dresden sowie UweLehmann. Und nicht zuletzt der Redaktion vonKARL MAY IN LEIPZIG zur Veröffentlichung dieserSeparatausgabe.

Wir wollen uns dem Dank anschließen und – dassei hier ebenfalls gleich kundgetan – nichtausschließen, dass wir auch zukünftig den einenoder anderen Separatdruck veröffentlichenwerden. Es gibt noch viel zu tun.

Nun aber erstmal viel Erkenntnisgewinn beimLesen dieses Beitrags.

Jenny Florstedt und Martin Schulz

Impressum:Herausgeber: Freundeskreis Karl May Leipzig

Redaktion: Jenny Florstedt, Martin Schulz.

E-Mail: [email protected]://www.karl-may-leipzig.de

Anschrift der Redaktion:KARL MAY IN LEIPZIG

c/o Jenny FlorstedtKippenbergstraße 21

04317 Leipzig

Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge sindurheberrechtlich geschützt. Jede Vervielfältigung undVerbreitung ohne Einwilligung der Redaktion istunzulässig und strafbar.

Bei Interesse an unserer Zeitung übermitteln Sieeinfach Namen und Adresse und wir setzen uns mitIhnen in Verbindung.

Bankverbindung:Joachim SteinIBAN DE55860555921821060438BIC WELADE8LXXXSparkasse Leipzig

Bei Fragen rund um den Freundeskreis oder dieZeitung KARL MAY IN LEIPZIG schreiben Sie bitte [email protected].

Bildnachweis:Archiv von Thomas Pramann.

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Das Vogtländische Schul-Lehrer-Seminar in Plauen

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KARL MAY IN LEIPZIG

Thomas Pramann

Vom Turnlehrer zum MikroskopikerÜber den Lehrer Wilhelm Schubert

Um Eines vorwegzunehmen: Nachdem RudolphSamuel Böhringer Plauen i. V. zu Ostern bzw.Anfang April 1861 verließ, wurde der Turn-unterricht durch Wilhelm Schubert erteilt – eshandelte sich dabei um sechs Wochenstunden,die er die Proseminaristen und Seminaristen desLehrerseminars und damit eben auch Karl Mayunterrichtete. Dass May dadurch beeinflusstwurde, ist aufgrund der geringen Stundenzahl undMays Ausbildungsende am 12. September 1861eher unwahrscheinlich. Dennoch lohnt es sich,das Leben des Turnlehrers näher zu beleuchten.

Carl Friedrich Wilhelm Schubert wurde am19. August 1832 in Dittmannsdorf bei Freiberg alsSohn des Rad- und Stellmachers sowie Wirt-schaftsbesitzers Carl Gottfried Schubert geboren.Gemeinsam mit seinen beiden Schwesternbesuchte Wilhelm bis 1846 die Dorfschule inOberschaar (heute Ortsteil von Halsbrücke beiFreiberg).

„Unter den natürlichen, gesunden Einwirkungendes Landlebens entwickelte sich in ihm früheschon die Lust am Beobachten und Sammeln“1,berichtet Bruno Männel in einer Replik auf dasWirken und Schaffen Schuberts. Seine Eltern,

1 Bruno Männel: „Wilhelm Schubert (1832–1907) der Be-gründer des Mikroskopischen Museums des Sächsischen Lehrervereins für Naturkunde.“ In: „Die Kleinwelt. Zeitschriftzur Verbreitung wissenschaftlicher Bildung“. 1. Jahrgang 1909/1910, 8. Heft. C. C. Buchners Verlag. Bamberg. S. 125. (Im Folgenden „Männel H8“.)

insbesondere seine Mutter, sollen ihn dazu auchangeregt haben.2

Am 22. März 1848 wurde dem jungen Schubertder Geburtsschein ausgestellt. Unter „Signale-ment“ ist angegeben, dass die Haare blond, dieAugen blau sowie Nase und Mund symmetrischwaren. „Besondere Kennzeichen: keine“. SeineGröße betrug am 10. Dezember 1852 72 Zoll.Laut den weiteren Ergänzungen auf dem Geburts-schein wurde festgestellt, dass Schubert alsmindertüchtig zunächst ein Jahr lang der Dienst-reserve vorbehalten war, aber dann am 29.November 1853 endgültig ausgemustert wurde.3

Am Lehrerseminar in Freiberg erhielt Schubertseine Ausbildung und verließ dieses 1853 alsLehramtskandidat.

Bereits in Freiberg lernte er vermutlich auch seinespätere Frau Marie Emilie Teichmann (* 1. Mai1835 in Freiberg, † 12. Januar 1907 in Dresden)kennen. Denn im Nachlass von Georg Ernst imHauptstaatsarchiv Dresden befindet sich eineSammelmappe mit Heimatscheinen4 von Wilhelmund Marie. Der Heimatschein von Marie ist imHeimatbezirk Freiberg ausgestellt.

In einer auf den 24. August 1854 ausgestellten„Bekanntmachung, betreffend die Anmeldung für

2 J. Wagner, R. Missbach, K. G. Lutz: „Zum Gedächtnisse unseres Ehrenmitgliedes, des Mikroskopikers Wilhelm Schubert.“ In: „Aus der Heimat. Eine naturwissenschaft-liche Zeitschrift.“ 20. Jahrgang, 1907, Nr. 2/3. Hrsg. und verlegt von K. G. Lutz. Stuttgart, 1907. S. 77.3 Geburtsschein von Wilhelm Schubert. Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsStA-D), 12674 Personennachlass Georg Ernst, Nr. 1208. Unter http://archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?guid=54d38c05-6f7b-4569-84c7-d0d73fc2d5b1 ist das Geburtsjahr fälschlicherweise mit 1932 ausgewiesen (abgerufen am 07.10.2018).4 Sammelmappe Heimatscheine (Marie Emilie Teichmann und Carl Friedfrich Wilhelm Schubert). SächsStA-D, 12674 Personennachlass Georg Ernst, Nr. 1321.

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Bei dem links dargestellten Haus handelt es sich möglicherweise um das Heim der Familie in Dittmannsdorf.

Im 15. Jahrhundert entstand das heutige „Hotel am Obermarkt“ in Freiberg zunächst als Waisenhaus, Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es als Lehrerseminar genutzt.

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den am 2. October d. J. [d. i. 1854, d. Verf.]beginnenden Kursus der Königl. Turnlehrer-Bildungsanstalt in Dresden“ heißt es, dass An-meldungen bis zum 30. September 1854 einge-gangen sein müssen. „Der gesamte Unterricht istunentgeltlich.“5

Eine entsprechende Mitteilung findet sich in ge-druckter Form wenigstens in der Leipziger ZeitungNr. 187 vom 9. August 1854. Es ist davon auszu-gehen, dass sich Schubert auf diese oder eineähnliche hin bei der 18506 gegründeten König-lichen Turnlehrer-Bildungsanstalt bzw. derenDirektor Moritz Kloss (* 18. März 1818 in Krumpa,† 1. September 1881 in Dresden)7 gemeldet hat.Hier war er von 1854 bis 1856.8 Wie aber einMilitäruntüchtiger Turnlehrer werden konnte,wurde noch nicht aufgeklärt.

Der im Pfarramt zum Heiligen Kreuz am 13. Juni1870 ausgestellte Trauschein gibt als Vater vonMarie Emilie Teichmann den Privatier Carl GustavTeichmann an. Bei ihm handelt es sich um einenFreiberger Malzmühlenbesitzer und Bäcker. Ausdem Sterberegistereintrag wissen wir, dass ihreMutter eine Juliane Christiane geb. Glaßmannwar.9 – Am Rande: Vermutlich ist er der Besitzerdes Neuen Teiches in Freiberg, der gebrochen istund das Münzbachtal überschwemmte.10 EinenHinweis dazu liefert auch eine Subhastations-Anzeige vom 13. November 1855. Danach „solldie zur Concursmasse des hiesigen Bäcker-meisters Carl Gustav Teichmann gehörige […]obere Malzmühle […] ohne Berücksichtigung derOblasten […] nothwendiger Weise versteigertwerden“11.

Wilhelm und Marie, beide der evangelisch-lutherischen Kirche angehörend, heirateten am15. Mai 1859 in Dresden.12

5 „Bekanntmachung, betreffend die Anmeldung für den am 2. October d. J. beginnenden Kursus […]“ In: „Acta die Turnlehrerbildungs-Anstalt zu Dresden betr[effend]. II. 1851– 1856“. Lfd. Nr. 213. SächsStA-D, 11125 Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts, Nr. 13178.6 Angabe nach Hans-Martin Moderow: „Volksschule zwischen Staat und Kirche. Das Beispiel Sachsen im 18. und 19. Jahrhundert“. Böhlau Verlag. Köln, Weimar, Wien 2007. S. 320, Fußnote 87.7 Mehr Informationen unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_Kloss.8 „Neue Jahrbücher für die Turnkunst.“ Hrsg. Von M. Kloss. G. Schönfeld‘s Buchhandlung (C. A. Werner). Dresden 1866. S. 156. Abgerufen über https://books.google.de/-books?id=urFAAAAAcAAJ am 07.10.20189 Sterberegistereintrag Nr. 55 vom 14. Januar 1907. Für den Hinweis dankt der Verfasser Jenny Florstedt.10 Mehr Informationen unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Neuer_Teich_(Freiberg). Dort unter „Dammbruch“. Abgerufen am 18.12.2018.11 „Leipziger Zeitung Nr. 16 vom 18. Januar 1856. S. 339.12 Trauschein der Eheleute Carl Friedrich Wilhelm Schubertund Marie Emilie Teichmann vom 13. Juni 1870 in der

„[mit Bleistift:] Trauschein Großvater väterlicher-seits[Stempelmarke 2 ½ Ngr., darüber geschrieben:13/6 70][Stempel: Kirche zum Heiligen Kreuz z. Dresden]

Daß laut Trauungenbuchs bei der Kreuzkirchezu Dresden vom Jahre 1859. unter No.151.Herr Carl Friedrich Wilhelm Schubert,Schulamtskandidat und Lehrer der Gym-nastik in hiesigen Neustadt des H. CarlGottfried Schubert Wagnermeistersund Wirtschaftsauszüglers zu Ditt-mannsdorf bei Freiberg ehel. einzigenSohn, juv., mitJgfr. Marie Emilie Teichmanndes H. Carl Gustav Teichmann Privatushier ehel. einzige Tochteram fünfzehnten Mai EintausendAchthundert neun und fünfzig /: am 15. Mai 1859 :/ in hiesiger Kreuzkirche ge-traut worden ist wird hiermit glaub-würdig bescheinigt.Dresden am 13. Juni 1870.Pfarramt zum Heiligen Kreuz.[Stempel: Kirche zum Heiligen Kreuz z. Dresden][Unterschrift]“

Seine erste Stelle als Lehrer der deutschenSprache und der Gymnastik fand er amKrause‘schen Institut in Dresden, das von privaterHand geführt wurde. Im zugehörigen Jahres-bericht kann – neben der Information, dass

Kirche zum Heiligen Kreuz, Dresden. SächsStA-D, 12674 Personennachlass Georg Ernst, Nr. 2232.

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Kirche zum Heiligen Kreuz – auch kurz Kreuzkirche.

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KARL MAY IN LEIPZIG

Wilhelm Schubert die Stelle von einem ausge-tretenen Herrn Lohse übernahm13 – nachgelesenwerden:

„Der Gymnastik ist die volle Fürsorge zugewendetworden, die sie in einer Schule verdient, durch diemit Geräth vollständig versehene Turnhalle, durchzahlreiche Abtheilungen für die Schüler deroberen Klassen, durch genaue Gliederung desUnterrichts und der Uebungen, unter Mitwirkungder Vorturner, durch Vermehrung der Turnstundenfür die Schüler der sechsten und siebentenKlasse, durch die Fortsetzung der Uebungen inder Heilgymnastik für Schwächere und durch dieSpiele aller Schüler im Garten, die durch denHauptlehrer der Gymnastik, Herrn Schubert, derin allen Freistunden gegenwärtig ist, geleitet undgeregelt wurden.“14

Als Beurteilung für den von Schubert durch-geführten Unterricht kann dies leider jedoch nurbedingt herangezogen werden. Ein im Wesent-lichen gleicher Wortlaut findet sich bereits im Vor-jahr für seinen Vorgänger und – nachdemSchubert nicht mehr an der Schule lehrte – kannfür seinen Nachfolger der gleiche Text gelesenwerden; es erfolgte lediglich eine Änderung desLehrernamens15.

1861 trat Wilhelm Schubert aus dem Institut aus16

und unterrichtete ab April in Plauen i. V. amKöniglichen Gymnasium nebst Realschule sowieam Königlichen Lehrerseminar.

„Ausser den oben schon berichteten Verän-derungen im Lehrercollegium sind noch einigeandere durch hohe Verordnung vom 28. Febr.[1861, d. Verf.] angeordnet worden; namentlich istdurch diese […] zunächst für den Turn- undSchreibunterricht Carl Friedrich Wilhelm Schubert,

13 „Jahresbericht der Lehr- und Erziehungsanstalt von Dr. Christian Friedrich Krause, womit zur Schulprüfung am 22. und 23. März 1858 ergebenst eingeladen wird.“ [ = Jahresbericht auf das Schuljahr 1857/1858.] Dresden, 1858. S. 10. Abgerufen über http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/97385/12/0/ am 02.01.2019.14 Wie Jahresbericht auf das Schuljahr 1857/1858, Anm. 12, S. 4.15 Siehe den Bericht auf das Schuljahr 1856/1857, abge-rufen über http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/97384/6/0/ am 02.01.2019 sowie z. B. den Bericht auf das Schuljahr 1860/1861, abgerufen über http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/97391/7/0/ am 02.01.2019.16 „Jahresbericht der Lehr- und Erziehungsanstalt von Dr. Christian Friedrich Krause, womit zur Schulprüfung am 11. und 12. April 1862 ergebenst eingeladen wird.“ [ = Jahresbericht auf das Schuljahr 1861/1862.] Dresden, 1862. S. 11. Abgerufen über http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/97391/13/0/ am 02.01.2019.

bisher Lehrer an der Krause‘schen Privatlehr-anstalt zu Dresden, berufen worden.“17

In dieser Zeit blieb er seiner Freizeitbeschäftigungtreu und legte „wohlgeordnete Sammlungen ausallen Naturreichen“18 an.

Ab dem 25. Juni 1864 gehörte Wilhelm Schubertder Freimaurerloge „Pyramide“ an.19

Da das Lehrerseminar bis 1865 über keine Turn-halle verfügte, übten sich die Schüler dafür aberauf einem „herrlichen Turnplatz am Anger, der am24. Juni 1840 festlich eingeweiht und mit jenenEichen bepflanzt wurde, die Zeugen werdensollten von der ungeahnten Entwicklung desvogtländischen und deutschen Turnens […] Es istferner nicht bloßer Zufall, daß Dr. Dittes, der unterden Schülern des Plauener Seminars am meistenEinfluß auf die Gestaltung der Pädagogik, derVolksschule und des Seminarwesens genommenhat, im Jahre 1864 auf der Chemnitzer Ver-sammlung die größere Würdigung der Leibes-übungen betonte; schon im nächsten Jahre 1865entstand die alte Seminarturnhalle, und auf demTurnplatz pflanzte Seminardirektor O. A. Grüllichjene 24 Linden, die noch heute einen Schmuckdes Platzes bilden.“20

1869 musste Schubert aufgrund eines schwerenHerzleidens frühzeitig emeritieren und erhielt alsPension 500 Mark:

„Der Turnunterricht, der durch eine schwereKrankheit des Turnlehrers Herrn Schubert eineUnterbrechung erfahren mußte, wurde am Anfangdes Semesters wenigstens zum Theil von demHilfslehrer H. Berg gegeben, bis Herr OberlehrerSeidel als Vicar den gesammten Turnunterrichtwieder übernahm. Leider wird Herr TurnlehrerSchubert wahrscheinlich nicht mehr im Standesein, sein Amt so wie früher zu verwalten. Sollte ergenöthigt sein, den Turnunterricht ganz aufzu-geben, somit aus aller Verbindung mit demSeminar zu treten, so sei ihm hier noch für dieLust und Liebe, mit der er den Zöglingen desSeminars Unterricht ertheilte, und für die Erfolge,

17 „Jahresbericht über Gymnasium und die mit demselben verbundene Realschue […] 1860–1861.“ Plauen, 1861. S. 32. Abgerufen über http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/?id=5363&tx_dlf%5Bid%5D=101354&tx_dlf%5Bpage%5D=36 am 20.10.2018.18 Wie Wagner, Missbach, Lutz, Anm. 2, S. 77.19 Georg Günther: „Geschichte des Orients Plauen. Fest-gabe zum hundertjährigen Jubiläum der Freimaurerloge daselbst.“ Gedruckt bei F. E. Neupert. Plauen i. V., 1889. S. XXI.20 E. Kaiser: „Vom Werdegang des Seminarturnens“. In: „Plauener Seminarbote“, 2. Jahrgang, Nr. 5, September 1910. S. 3 f.

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die er erzielt, volle Anerkennung ausge-sprochen.“21

Für die städtische Turnhalle in Hof ist nachweis-bar, dass Schubert bei der Ausstattung derselbenberatend tätig war:

„Das lebhafte Interesse, welches von mehrerenSeiten der neuen Turnanstalt in Hof zugewendetwurde, und der mehrfach geäußerte Wunsch, diePläne derselben zu besitzen, gaben die Veran-lassung zu vorliegender Arbeit, die ich Bau-verständigen und Freunden der Turnsache mit derBitte um nachsichtige Beurtheilung übergebe.Dabei ist es mir Bedürfnis, […] meine Hoch-achtung und Verehrung auszudrücken und daranden Dank an diejenigen Herren zu knüpfen,welche mich, namentlich in Bezug auf dieGerätheeinrichtung, mit gutem Rathe unterstützthaben. Es sind dies, abgesehen von den Vor-ständen des hiesigen Turnvereins, folgende:Herr Dr. Moritz Kloß, Director der königl. Turn-lehrerbildungs-Anstalt in Dresden.[…]Herr Wilh. Schubert, Gymnasial- und Turnlehrer inPlauen.“22

1870 zog die Familie Schubert von Plauen(Rädelstr., Brandkatasternummer C62) nachDresden in die Forststraße 19. Während dasDresdner Adressbuch von 1870 nur „emerit.Gymnasial- u. Turnlehrer“ verzeichnet, ist für dasJahr 1871 „Secretair der Kais. Leop.-Carolin.deutschen Akad. der Naturforscher“ in der Polier-gasse 11 und ab 1872 „Leihbibliothekar, a[ußer-dem]. H[ä]ndl[e]r. m[it]. Weißw[waren]. u[nd].Schreibmaterialien" nachweisbar. 1875 heißt esdann neben "Besitzer e[iner]. Leihbibliothek,a[ußerdem]. Commiss[ions].-Gesch[äft].voigtl[ändischer]. Stickereien“. Die Anschrift lau-tete von 1872 bis 1880 Nordstraße 19 (2. Ober-geschoss). Das Geschäftslokal befand sich bis1874 in der Bautznerstr. 30a (Erdgeschoss), 1875in der Bautznerstr. 15 (Erdgeschoss).

In Dresden zeigte sich Marie am 14. Juni 1870 mitdem Einverständnis von Wilhelm beim Gewerbe-amt in Dresden als „Inhaberin eines Weisswaren-geschäfts“ an. „Der Rath zu Dresden“ hat dazuam 23. Juni 1870 eine „Anzeigebescheinigung“ausgestellt. Auf dieser wiederum befindet sich die

21 „Erster Jahresbericht des Seminars zu Plauen, verfaßt von Oscar Adalbert Grüllich, Seminardirector. Michaelis 1869“. Verlag von F. E. Neupert. S. 132.22 Johann Gottlob Thomas: „Die städtische Turnhalle in Hof.“ G. A. Grau & Cie. (Rud. Lion). Hof, 1872. Dort das „Vorwort zur ersten Auflage“. Abgerufen über https://books.google.de/books?id=SMF3Y8W1UqYC am 13.12.2018.

vom 12. Oktober 1871 datierende Notiz, dass das„Weisswarengeschäft“ aufgegeben wird.23

Dies hängt mit Sicherheit damit zusammen, dassWilhelm am 13. Oktober des gleichen Jahres eineAnzeige beim Gewerbeamt mit der Absicht ein-reichte, „zum 16. d. M. [...] einen Handel / 1., mitPapier- und Schreibutensilien, / 2., mit Voigt-ländischen Weisswaren, / 3., mit Stoffhand-schuhen" zu eröffnen.24

„Nachdem sich sein Kräftezustand etwas gehobenhatte, widmete er sich mit großer Energie demneugewählten Spezialstudium“25 der Mikroskopieund veräußerte zur Finanzierung zunächst Teileseiner in Plauen angelegten Sammlung.1878 gründete er gemeinsam mit Frau Marie,deren Vermögen opfernd26, „das ‚MikroskopischeMuseum‘, das als drittes, aber größtes und best-eingerichtetes in Deutschland eine Zierde unsererStadt war und sich gar bald uneingeschränktenLobes zahlreicher Gelehrter, Pädagogen undBehörden erfreute. Das Kgl. Ministerium desKultus und öffentlichen Unterrichts empfahlhöheren wie niederen Schulen den Besuch aufdas wärmste.“27

Eröffnet wurde das Mikroskopische Museum am11. Juli 1878, nachdem es bereits zuvor nur dieheute als Fachpublikum bezeichneten Besucherbesichtigen konnten. Die „Dresdner Nachrichten“berichten am 11. Juli 1878:

„Von heute an wird dem Publikum (früh von 10 bis4) eine sehr gut empfehlende Ausstellung mikro-skopischer Präparate geöffnet, welche HerrLehrer Schubert im Gebäude des alten Poly-technikums (Antonsplatz) veranstaltet hat. MitHilfe von ca. 65 großen Mikroskopen von ganzvorzüglicher Beschaffenheit, ist hier Gelegenheitgeboten, einen Einblick in das Bereich [sic!]mikroskopischer Thiere, Pflanzentheile undMineralien zu erhalten. Beispielsweise betrachtetman die Blutcirkulation bei einem Frosche, wasdadurch ermöglicht wird, daß ein ausgespannter

23 Stadtarchiv Dresden, Bestand: Gewerbeamt A, Bürger- und Gewerbeakten, Signatur 2.3.9-S.6600, Filmrolle S 0246.24 Stadtarchiv Dresden. Bestand: Gewerbeamt A, Bürger- und Gewerbeakten. Signatur 2.3.9-S.6604. Filmrolle S 0246.25 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 125.26 Wie Wagner, Missbach, Lutz, Anm. 2, S. 77.27 Bruno Männel: „Das mikroskopische Museum des sächsischen Lehrervereins für Naturkunde.“ In: „Die Klein-welt. Zeitschrift zur Verbreitung wissenschaftlicher Bildung“.1. Jahrgang 1909/1910, 6. Heft. C. C. Buchners Verlag. Bamberg. S. 91. (Im Folgenden „Männel H6“.)

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Fuß dieses Thieres unter das Vergrößerungsglasgebracht ist, mit großem Interesse.“28

Für den 12. Dezember 1878 findet sich in denAkten des Stadtarchivs Dresden die Anmeldungfür den „Handel mit mikroskopischen Präpa-raten“.29

Einige Tage vor Ablauf des Oktobers 1878 wurdeeine „lebende Vogelspinne (Theraphosa aviculariaL.) aus Südamerika, wie man sie in solcher Größebisher in Dresden wohl nie gesehen hat, […] immikroskopischen Museum von W. Schubert,Brühl‘sche Terrasse, ausgestellt.“30

Ursprünglich war das Ende der Ausstellung fürden 31. Oktober vorgesehen; diese war jedochoffenbar so erfolgreich, dass man in die Ver-längerung ging. So konnte am 2. November 1878auch noch ein besonderer Gast verzeichnetwerden:

„Mit welchem Interesse S[eine]. K[önigliche].H[oheit]. Prinz Friedrich August seinen Studien inden Naturwissenschaften obliegt, ergab amDonnerstag wiederum der Besuch des mikro-skopischen Museums in dem Kanalettosaale auf

28 „Dresdner Nachrichten“ Nr. 192 vom 11. Juli 1878. S. 2.29 Wie Anm. 24, dort die "Expedition für Gewerbe-anmeldungen des Raths zu Dresden".30 „Dresdner Nachrichten“ Nr. 301 vom 28. Oktober 1878. S. 1.

der Brühl‘schen Terrasse. Mit großer Aufmerk-samkeit betrachtete der Prinz die in 75 Mikro-skopen ausgelegten Objekte und folgte mit sicht-barem Interesse den Erklärungen, die HerrSchubert auf die raschen Fragen Sr. Königl.Hoheit gab. Erst nach einstündigem Aufenthalteverließ der Prinz unter freundlichem Danke dasMuseum, das noch bis zum 15. November diesesJahres [1878, d. Verf.] im obengenannten Saalegeöffnet bleibt.“31 Der Prinz sollte auch imnächsten Jahr das Museum wieder besuchen.32

Anhand einer Anzeige der „Dresdner Nachrichten“vom 28. November 1880 können die Eintritts-preise in das Museum nachvollzogen werden:„Eintritt 50 Pf. Kinder 30 Pf. Abonnements-Karten(6 mal. Besuch) 2 M., desgl. für Schüler für 1 M.50 Pf.“33

31 „Dresdner Nachrichten“ Nr. 306 vom 2. November 1878. S. 1.32 „Dresdner Nachrichten“ Nr. 258 vom 15. September 1879. S. 1.33 Anzeige in: „Dresdner Nachrichten“, Nr. 333 vom 28. November 1880.

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Anzeige aus den „Dresdner Nachrichten“ Nr. 356 vom 22. Dezember 1879, S. 6, Bildquelle: http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/247037/6/

Anzeige aus den „Dresdner Nachrichten“ Nr. 68 vom 9. März 1881, S. 6. Bildquelle: http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/247402/6/

Anzeige aus: „Pharmaceutische Centralhalle für Deutschland“. 3. Jahrgang, Nr. 51 vom 14. December 1882, S. 616

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Neben der Ausstellung und den Erläuterungen inseinem Museum hielt Schubert „öffentliche Vor-träge […] in Vereinen und großen Standes-versammlungen“ und wies „auch bei Ausflügenund in privaten Gesprächen viele Lehrer auf denWert der Beobachtung des lebenden Objektes“34

hin.

Eine kurze Würdigung in der Zeitschrift „Daheim“berichtet von Stationen in „Freiberg, Chemnitz,Zwickau, Plauen, Annaberg, Zittau, Görlitz, Greizu. s. w., auch mehrfach auf Lehrerversamm-lungen“35.

Zwar kann eine Mitgliedschaft Schuberts in der„Gesellschaft für Natur- und Heilkunde“ nichtnachgewiesen werden, doch erfolgte auf An-forderung dieser Gesellschaft die Aufstellung von62 Mikroskopen, um einen Vortrag von Prof. Dr.Alfred Wilhelm Stelzner aus Freiberg(* 20. Dezember 1840 in Dresden, † 25. Februar1895 in Wiesbaden)36 mit mikroskopischenPräparaten zu illustrieren.37

Zudem „war er seit Mitte der achtziger bis in dieneunziger Jahre als Sekretär des Augenkranken-heilvereins tätig.“38

Während die Familie Schubert 1881 Obergraben2 (1. Obergeschoss) wohnte, lautete die Anschriftvon 1882 bis Frühjahr 1883 Markgrafenstr. 11(3. Obergeschoss). Von Ostern 1883 an wohntenSchuberts in der Wettinerstr. 35 (1. Ober-geschoss), 1885 wurde dann eine Wohnung inder Liliengasse 14 (2. Obergeschoss) bezogen.Ab 1886 lebte die Familie dann in der Liliengasse24 (2. Obergeschoss).

Ein Verkaufskatalog aus dem Jahr 1888 gibt aucheinen Einblick in die Menge der von Schubertgeschaffenen Präparate. Dieser listet sehr vielePositionen aus den Bereichen Zoologie (u. a. mitKnochen von Wirbeltieren, Eingeweiden) über„Pathologische Präparate“ (u. a. mit „Infections-krankheiten“ versehene Organe), Gliedertiere undPflanzen auf.

34 Wie Männel H6, Anm. 1, S. 98.35 „Daheim. Ein deutsches Familienblatt.“ 38. Jahrgang, Nr. 46 vom 16. August 1902. Verlag der Daheim-Expedition(Velhagen & Klasing). Leipzig, 1902. S. 4.36 Mehr Informationen unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Wilhelm_Stelzner.37 „Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden. Sitzungsperiode 1881–1882.“ S. 60. Abgerufenüber http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/83074/236/ am 02.10.2018.38 Wie Wagner, Missbach, Lutz, Anm. 2, S. 77.

„Oft hat Herr Schubert in früheren Jahren in derdamaligen ‚Königl. Tierarzneischule‘ in Dresdenschwierigen mikroskopischen Arbeiten, namentlichdem Züchten und Präparieren und Einlegeninsbesondere von Cholera-, Pest-, Schwind-suchts-, Milzbrand-, Rotz-, Rotlauf-, Typhus-bazillen u. a. patholog. und bakteriolog. Objektenobgelegen.“39

„[…] denn sein Bienenfleiß, seine bewunderns-werte Energie und die große Geschicklichkeitseiner Hand hatten ihn nicht nur in den Besitzreichen Wissens gebracht, sondern ihn auch zueinem Meister in der Präparierkunst mikroskop.Dauerpräparate gemacht. Die Meisterschaftbrachte ihn mit zahlreichen namhaften GelehrtenDeutschlands in nähere, vielfach freundschaftlicheVerbindung, und gern erkannten diese Fach-männer die Vorzüglichkeit seiner Präparate an.“40

39 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 127.40 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 126.

Separatausgabe, Juni 20198

Titelblatt Verkaufskatalog. Bildquelle: SLUB Dresden, http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/86650/1/

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So berichtete der Herausgeber der „Zeitschrift fürFleisch- und Milchhygiene“, Robert Ostertag(* 24. März 1864, † 7. Oktober 1940)41, in einerkurzen Mitteilung: „Finne mit sechs Saugnäpfen.Das mikroskopische Institut von W. Schubert inDresden stellte dem Herausgeber das Photo-gramm eines Cysticercus cellulose zur Verfügung,der mit sechs Saugnäpfen ausgerüstet war.“42

Auch aus einem Abschnitt der „Zeitschrift für Pilz-freunde“ kann abgeleitet werden, dass Schubertimmer auf der Höhe der Zeit war. So wird dort die„Phosphoreszenz toter Fische in der Anwesenheitvon Spaltpilzen“ besprochen. „Herr Dr. F. Ludwigin Greiz schreibt uns nun, dass es ihm durchKulturversuche gelungen sei, nachzuweisen, dassdas Leuchten der Fische und des Fleisches vonein- und demselben charakteristischen Pilzherrührt, dem er den Namen Micrococcus Pflügerigegeben hat. Es lässt sich unter Anwendunggewisser Färbemethoden derselbe schon bei300facher Vergrösserung deutlich erkennen. Dergeschickte Präparator, Herr Wilh. Schubert,Besitzer des mikroskopischen Museums inDresden, hat sehr gelungene Präparate davonhergestellt und in seinem Museum ausgelegt,woselbst auch die sich dafür Interessierendensolche käuflich erwerben können.“43

Bruno Männel berichtet, dass Schubert „in denZeiten der Not alle seine schönen, mühevollzusammengebrachten, wohlgeordneten Samm-lungen veräußern mußte, […] er dies als liebenderund sorgender Gatte und Vater gewiß freudig undgern getan; dem Freunde der Natur aber wardjede solche Veräußerung ein Dornenstich. Wiehat sich der Mann bei so viel Mißgeschick diegroße Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit be-wahrt, die jedem, der mit ihm verkehrte, so ange-nehm berührte? Herr Schubert war ein äußerstanspruchsloser Mensch, der es verstand, derDürftigkeit ihre Bitterkeit zu nehmen; und war dieWelt zu hart und unschön zu ihm, so flüchtete ervor ihr in sein Heim.“44

Wann genau diese „Zeiten“ waren, ist nicht genauzu ermitteln, jedoch schreibt der Verfasser auch

41 Ostertag gilt als „Vater der Fleischbeschau“, d. h. Unter-suchung des Fleisches auf Trichinen. Mehr Informationen unter https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_von_Ostertag.42 Robert [von] Ostertag in: „Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene.“ 15. Jahrgang. Verlag von Richard Schoetz. Berlin, 1905. Abgerufen über https://archive.org/details/-zeitschriftfrfl02unkngoog/page/n139 am 17.10.2018. S. 122.43 Zeitschrift für Pilzfreunde, Bd. 1 (1883) Abgerufen über http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/botanik/-periodical/pageview/4454770 am 16.12.2018.44 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 126.

von einer Erkrankung, die Schuberts Leben„immer mehr [zu] ein[em] Wandeln durch Dornenund Rosen“ machten. „Die Dornen brachte ihmdas öffentliche Leben. Wohl schenkte es seinengediegenen Arbeiten zeitweise Beachtung, aberer mußte auch bald erfahren, wie schnell dochdasselbe vergessen kann […]“45

Der hier angenommene Ansatz wird plausibel,wenn man bedenkt, dass Schubert bereits 1891sein Museum der Stadt Dresden zum Kauf anbot,was jedoch abgelehnt wurde.

1895 regte der Pädagogische Verein an, „durchBewilligung der erforderlichen Mittel aus derSchulkasse den Schülern aus den Oberklassender Bezirksschulen freien Eintritt zu klassen-weisem Besuche des Museums zu verschaffen“.

Am 8. Oktober 1897 wurde ein Versuch Schubertsunternommen, das Museum in sichere Hände zubringen und für 12.000 Mark zu verkaufen, wasjedoch ebenfalls nicht gelang.

Ab 1898 bezog die Familie Schubert eine kleineWohnung in der Alemannenstr. 23 in Dresden,zunächst im Erdgeschoss, ab 1905 im 1. Ober-geschoss.

45 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 125.

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Die Kreuzkirche in Dresden brannte am 16. Februar 1897 aus, ein Ereignis, dass sicherlich auch an der Familie Schubert nicht vorübergegangen ist.

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Für das Jahr 1898 ist anhand der Akten desStadtarchivs Dresden nachvollziehbar, dass dasMuseum spätestens in diesem Jahr nicht mehröffentlich ausgestellt, sondern bereits in Kistenverpackt eingelagert wurde.46

Am 19. Januar 1898 wurde eine Petition vonBürgern aus und um Dresden eingereicht, wonachdie Stadt das Museum kaufen möge. In derSitzung vom 12. Mai 1898 wurde dieses Themaausführlich diskutiert, um den Fortbestand vonSchuberts Lebenswerk zu sichern. Aus den imStadtarchiv Dresden auf Mikrofilm mit dem Titel„Petition einer größeren Anzahl von BewohnernDresdens um Ankauf des mikroskopischenMuseums des Herrn Lehrer emer. Schubert […]“47

erhaltenen Akten ergibt sich, dass diese Über-nahme nicht zustande kam.

Im Ergebnis schien man sich darüber einig zusein, dass Wilhelm Schubert mit seinem mikro-skopischen Museum ein unvergleichliches Werkgeschaffen hat. Gegen den Kauf sprach jedochdie Tatsache, dass die Schulen bereits mit Mikro-skopen ausgestattet waren. Bei Ankauf wurdebefürchtet, dass jedes Kind einzeln durch einenLehrer betreut werden muss.

Ein weiterer angeführter Punkt war, dass aucheine Aufforderung an den Staat (bzw. das König-reich) Sachsen zum Kauf des Museums erging,die abgelehnt wurde. Für einige der Räteschienen auch die Kosten eine Rolle zu spielen,die durch das Museum künftig entstehen könnten,was mit Verweis auf eine andere Dresdner Ein-richtung begründet wurde:

„Ich verweise Sie zum Vergleiche auf das Körner-Museum48. Auch da haben die verhältnismäßiggeringen Ankaufskosten mit dazu beigetragen,daß man sich seinerzeit zur Erwerbung derSammlung entschloß. Aber – wenn wir auch nichtbereuen wollen, diese der Stadt Dresden erhaltenzu haben – jedenfalls hat man damals auch nichtgeglaubt, daß jährlich über 5000 Mk. nöthig sein

46 „Akten der Stadtverordneten zu Dresden das Schubert‘sche mikroskopische Museum betr.“ Signatur 3.1-M.38, Filmrolle 128. Enthält unter „VIII. das Schreiben des Rathes, betreffend die Petition einer größeren Anzahl von Bewohnern Dresdens um Ankauf des mikroskopischenMuseums des Herrn Lehrers em. Schubert.“ eine ausführ-liche Wiedergabe der Positionen der einzelnen Stadt-verordneten.47 „Dresdner Nachrichten“ Nr. 129 vom 11. Mai 1898. S. 9.48 Zum Körner-Museum bzw. Emil Peschel siehe: Jens Pompe: Herr Hofrath Dr. Peschel, die hervorragendste Kapacität in diesem Fache ist mein Freund. In: Karl-May-Haus-Information Nr. 25, S. 17 ff. sowie: Ders.: „Nachtrag zur Biografie von Emil Peschel“. In: Karl-May-Haus-Information Nr. 27, S. 59 ff.

würden, um dieses Museum zu unterhalten, undbei dieser Summe sind größere Ausgaben fürNeuerwerbungen, die inzwischen wiederholt inFrage gekommen sind, nicht einmal inbegriffen.“49

Die abschließende Abstimmung ergab die Ab-lehnung:

„Der Vorsitzende: Wir kommen nun zur Ab-stimmung. Ich werde abstimmen lassen über denAntrag des Herrn Stadtverordneten Steinert.Dieser geht dahin:

Kollegium wolle heute die Beschlußfassungüber die Museumsfrage aussetzen und zu-nächst den Rath ersuchen, daß er HerrnSchubert zur Aufstellung seines Museums ineinem geeigneten Raume eines städtischenGrundstücks veranlasse und so dem KollegiumGelegenheit gegeben werde, das Museumkennen zu lernen.

Nehmen Sie diesen Antrag an, so erledigt sichalles Weitere, lehnen Sie ihn ab, so lasse ichabstimmen, über das Gutachten des Aus-schusses, welches dahin geht, von dem die Ab-lehnung des Ankaufs betreffenden Beschlussesdes Rates Kenntnis zu nehmen. Ist man mit derAbstimmungsweise einverstanden?Wollen Sie den Antrag Steinert annehmen? - DerAntrag ist mit 26 gegen 15 Stimmen abgelehnt.Nun frage ich: Wollen Sie das Gutachten desAusschusses annehmen? - Einstimmig.“50

Eine Gratulation zu einem runden Geburtstag inder Zeitschrift „Aus der Heimat“, enthielt auch denAufruf an die Mitglieder des Deutschen Landes-vereins für Naturkunde zur Rettung desMuseums, der aber auch erfolglos blieb:

„Wilhelm Schubert, Mikroskopiker in Dresden,unser Ehrenmitglied, feierte am 19. August diesesJahres [1902, d. Verf.] seinen 70. Geburtstag. Ausden mannigfachen Beglückwünschungen, die ihman diesem Tage entgegengebracht wurden,konnte er erkennen, wie hoch man sein Wirkeneinschätzt. Seine vorzüglichen mikroskopischenPräparate haben seinen Ruf weithin getragen undihm von Fachleuten verdiente Anerkennung ver-schafft. Der Allgemeinheit wollte er insbesonderedurch sein Mikroskopisches Museum dienen, daser bis in die letzten Jahre hinein immer weiter zuvervollkommnen suchte. Sein Lieblingswunsch,das Museum in seinem vollen Umfange der StadtDresden zu erhalten, harrt leider noch immer derErfüllung. Nach der letzten Ausstellung 1897 bei

49 Wie „Akten der Stadtverordneten [...]“, Anm. 46, S. 608, rechte Spalte.50 Wie „Akten der Stadtverordneten [...]“, Anm. 46, S. 612, rechte Spalte.

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Gelegenheit der Sächs. Lehrerversammlung inDresden wurden Mikroskope, Präparate undErläuterungen in Kisten verpackt, da sich keingeeigneter Raum zur Unterbringung desMuseums finden liess. So schläft es nun seit ca. 5Jahren und harrt wie Dornröschen desjenigen, deres zu neuem Leben erweckt. Möge der Erweckerbald kommen. Er würde auch nachträglich nochunserem Wilhelm Schubert die grösste Geburts-tagsfreude bereiten!“51

Letztlich stiftete Schubert 1906 das Mikro-skopische Museum dem Landesverein Sachsendes Deutschen Lehrervereins für Naturkunde(D. L. f. N.):„Grosse Freude erweckte ferner die Mitteilung,dass dem Lehrerverein Sachsen von dem Ehren-mitglied des D. L. f. N. Herrn Wilhelm Schubert inDresden das von diesem so viele Jahre hindurcherhaltene und gepflegte mikroskopische Museumals Geschenk zugedacht ist. Herrn Schubert wirdhierfür der herzlichste Dank des Vereins zumAusdruck gebracht.“52

„Wie ist dieses Museum eingerichtet?Auf 6 langen Tafeln stehen 60 Mikroskope ausverschiedenen angesehenen Werkstätten mit ver-schiedenen Systemen und verschiedenen Ver-grösserungen. Zu diesen Instrumenten gehörenüber 700 Präparate, die in 12 gleichmäßig ange-ordnete Gruppen verteilt sind, so dass für Aus-wechslung der Objekte bestens vorgesorgt ist.[…]Vor jedem mikroskopischen Präparat liegt einekurze schriftliche Erläuterung. Zu dieser kommt invielen Fällen noch eine Zeichnung oder Photo-graphie, um das Studium der mikroskopischenBilder möglichst zu erleichtern. Ausserdem ist derObmann dieser Abteilung des Schulmuseums,Herr Bruno Männel, in Gemeinschaft mit den ihnunterstützenden Herren zur Erteilung mündlicherAuskunft jederzeit gern bereit.“53

Der Landesverein übergab es wiederum „demSchulmuseum des Sächsischen Lehrervereins zurdauernden Verwaltung und jährlich zeitweisenAusstellung“54. Das Museum wurde dann „Zum 1.

51 „Aus der Heimat. Eine naturwissenschaftliche Zeitschrift.“15. Jahrgang, 1902, Nr. 5/6. Hrsg. und verlegt von K. G. Lutz. Stuttgart, 1902. S. 156.52 F. H. Döring und Osk. Lehmann: „Vereinsangelegen-heiten. I. Landesverein Königreich Sachsen.“ In: „Aus der Heimat. Eine naturwissenschaftliche Zeitschrift.“ 19. Jahr-gang, 1906, Nr. 1. Hrsg. und verlegt von K. G. Lutz. Stutt-gart, 1906. S. 23.53 [Oskar] Lehmann: „Das mikroskopische Museum des Landesvereins Sachsen.“ In: „Aus der Heimat. Eine natur-wissenschaftliche Zeitschrift.“ 19. Jahrgang, 1906, Nr. 5. Hrsg. und verlegt von K. G. Lutz. Stuttgart, 1906. S. 45 ff.54 Wie Männel H6, Anm. 1, S. 92.

Male […] am 100. Geburtstage Prof. [Emil] Ad[olf].Roßmäßlers55 1906 eröffnet“56 und war damit vor-erst in sicheren Händen.

Am 12. Januar 1907 verstarb Schuberts FrauMarie Emilie:

„Gestern abend 10 Uhr entschlief sanft meineteure Gattin, unsere herzensgute Mutter,Schwiegermutter und GroßmutterFrauMarie Schubertgeb. Teichmann.Dresden, Gera-R., Oelsnitz i. V.und Geyer, den 13. Januar 1907.Im tiefsten SchmerzeWilh. Schubert, Lehrer em., Mikroskopiker,Frau Marie verw. Dr. Schubert,Gewerberat Franklin Müller und Frau Helene geb. Schubert,Tierarzt Theodor Schubert und Frau Ida geb. Bechler,Pastor [Alfred] William Mehnert und Frau Marie geb. Schubert.Die Beerdigung findet Dienstag den 15. Januarmittags ½1 Uhr auf dem Trinitatisfriedhofe vomTrauerhause aus, Dresden-Striesen, Allemannen-Straße 23, statt.“57

In dieser Anzeige sind Nachkommen Schubertsbzw. deren Angehörige erfasst. „Frau Marie verw.Dr. Schubert“ ist die Frau des 1905 gestorbenenältesten Sohnes Karl, der in Geyer lebte. Bei(Amtstierarzt) Theodor handelt sich ebenfalls umeinen Sohn, der später in Oelsnitz lebte und wie

55 * 3. März 1806, † 8. April 1867. Mehr Informationen unter:https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Adolf_Ro%C3%9Fm%C3%A4%C3%9Fler.56 Wie Männel H6, Anm. 1, S. 92.57 Anzeige in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 15 vom 15. Januar 1907. S. 6.

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Blick in das Mikroskopische Museum. Aus: „Die Klein-welt“, 1. Jahrgang 1909/1910, Heft 6, S. 93.

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sein Vater der Freimaurerloge „Pyramide“ inPlauen i. V. angehörte58.

„Frau Marie geb. Schubert“ kann eine Tochteroder eine Enkelin Schuberts sein. Einerseitsspricht der Wohnort Geyer dafür, dass es sich umeine Enkelin, also Tochter von Karl handelt, derebenfalls in Geyer wohnte. Andererseits kann essich – mit der Annahme, dass ihr Mann AlfredWilliam Mehnert (* 1865, † 1931)59 in etwa gleichalt sein könnte wie Marie – nur um eine TochterSchuberts handeln. Dies würde mit der Aussageübereinstimmen, dass nur drei Kinder die Elternüberlebten: dann nämlich Karl, Helene und ebenMarie.

Der Nachruf auf Wilhelm Schubert im 20. Jahr-gang der Zeitschrift „Aus der Heimat“ weiß zuberichten: „Von sechs Kindern überleben nur dreidie Eltern. Diesen blieb der herbe Kummer nichterspart, zwei erwachsene Nachkommen in dasGrab betten zu müssen. Eine Tochter starb imAlter von 20 Jahren […]“60.

Für zwei seiner Kinder sind von den Eltern ge-schaltete Geburtsanzeigen nachweisbar; umwelche Tochter und welchen Sohn es sich dabeiaber handelt, konnte bisher nicht ermittelt werden.

„Die heute Morgen glücklich erfolgte Entbindungseiner lieben Frau, Marie geborne Teichmann, voneinem gesunden kräftigen Mädchen zeigthierdurch ergebenst anWilh. Schubert, Gymnasiallehrer.Plauen, den 16. December 1863.“61

„Gestern Abend 6¾ Uhr wurde uns ein Knabegeboren.Plauen, den 13. Januar 1866.Wilh. Schubert, Turnlehrer,Marie Schubert, geb. Teichmann.“62

Weiterhin gibt es in den „Dresdner Nachrichten“Nr. 258 vom 14. September 1860 auf Seite 6unter der Rubrik „Familien-Nachrichten“ den Hin-weis auf die Geburt eines Sohnes.

58 „Verzeichnis der Mitglieder des Vereins deutscher Frei-maurer Ende 1909.“ S. 126. Abgerufen über https://archive.org/details/bub_gb_UXgtAQAAMAAJ/page/n1041 am 04.10.2019.59 Im Deutschen Geschlechterbuch Band 180 als Alfred Wilhelm Mehnert erfasst. Angabe abgerufen über https://books.google.de/books?hl=de&id=pVJmAAAAMAAJ&focus=searchwithinvolume&q=%22Alfred+Wilhelm+Mehnert%22 am 11.01.2019.60 Wie Wagner, Missbach, Lutz, Anm. 2, S. 77.61 Leipziger Zeitung Nr. 300 vom Samstag, 19. Dezember 1863.62 Leipziger Zeitung Nr. 13 vom Dienstag, 16. Januar 1866.

Kurz nachdem Carl Friedrich Wilhelm Schubert zuseiner Tochter Helene und ihrem Mann Gewerbe-rat Franklin Müller nach Gera in die Nordstr. 5(seit 1909 Loreystr.) zog, stand auch sein Todbevor:

„Heute nachmittag entschlief sonst nach kurzemLeiden in Gera unser guter Vater, Schwiegervaterund GroßvaterHerr Gymnasiallehrer em. Wilhelm Schubertim 75. Lebensjahre.Gera, Oelsnitz i. V., Geyer i. Erzgeb., den22. März 1907.Die tieftrauernden Hinterbliebenen.Die Zeit der Beerdigung in Dresden wird nochbekannt gegeben.“63

Damit endete das Leben dieser „äusserstanspruchslos[en] und bescheiden[en]“ Person.Auch wenn Schubert „als das Haupt einer 7 Köpfestarken Familie in seinem Ruhestande keineRuhe suchen [durfte], denn die dürftige Pension[…] vermochte nicht, das drohende Gespenst desHungers aus seiner Nähe zu bannen“64, „lebte erseit der Aufgabe des Lehramtes nur seinerFamilie und seinen mikroskopischen Arbeiten. Er,der bei dieser Betätigung selbst innerste Be-friedigung fand, fühlte sich beglückt, andernSchönheiten und Wunder der Natur auch imkleinen vorführen zu können.“65

Über den Fortgang des mikroskopischenMuseumsSchuberts Museum lebte auch nach seinem Todfort:„Zurzeit ist wiederum eine Abteilung des mikro-skopischen Museums ausgestellt, das von seinemGründer, dem Mikroskopiker Wilhelm Schubert (†am 22. März 1907), dem Deutschen Lehrer-

63 Anzeige in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 83, Frühausgabe vom 24. März 1907. S. 5.64 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 125.65 Wie Wagner, Missbach, Lutz, Anm. 2, S. 77.

Separatausgabe, Juni 201912

Querschnitt eines Rollblattes des Espartograses. Rechts: Schuppe des Flussbarsches. Aus: „Die Kleinwelt“, 1. Jahrgang 1909/1910, Heft 6, S. 95

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vereine für Naturkunde geschenkweise über-wiesen und von diesem dem Schulmuseum zurVerwaltung übergeben worden ist. Die Abteilungumfaßt 60 Mikroskope. Die Präparate berührendie verschiedensten Wissensgebiete. Von den700 Präparaten ist in diesem Jahre die 2. Gruppezur Ausstellung gekommen.“66

„Die Verbindung des Mikroskopischen Museumsmit dem Schulmuseum ermöglicht eben einekostenlose alljährliche Neugestaltung des erläu-ternden Teiles der ganzen Ausstellung, und es istdarum gerade diese Unterbringung, des WerkesSchuberts als eine sehr glückliche zu be-zeichnen.“67

Ob diese Verbindung im Nachgang betrachtetwirklich so glücklich war, mag dahingestelltbleiben. Denn Ende 1945 besaß Dresden dreiSchulmuseen, die alle im Zuge der Luftangriffezerstört wurden.68 Somit verbleiben von demLebenswerk Schuberts nur noch Pressestimmen,Erinnerungen und vielleicht das ein oder anderehergestellte Präparat in Mikroskopischen Samm-lungen.

Anhang 1: Stimmen aus den „DresdnerNachrichten“

Zeitungsartikel in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 206vom 25. Juli 1878. S. 2.„Ebenso zeitgemäß als nützlich ist die Gründungeines ‚mikroskopischen Museums‘ in unsererStadt durch Herrn Oberlehrer Schubert. Gegen 70Mikroskope der verschiedensten Art sind hierausgestellt, die uns prachtvolle Blicke in Bau undLeben von Pflanzen und Thieren thun ließen. Wirsehen hier mit Recht gefürchtete winzige Thiere,gut präpariert, in bedeutender Vergrößerung, wieTrichinen, Finnen, die Reblaus; ein BröckchenKäse belebten Unmassen von Milben, einenTropfen Wasser rasch sich bewegende Insoforten[?]; Stückchen sonst nicht beachteter Hölzerließen uns Gewebe beobachten, schöner undfeiner als die prächtigsten Brabanter Spitzen, dieMusterzeichnern als herrliche Vorbilder dienenkönnen, und vieles andere Schöne. Auch hat derAussteller noch mancherlei nicht mit dem

66„Wissenschaftlicher Führer durch Dresden“. Hrsg. von Dr. phil. Fr. Schäfer. Zahn & Jaensch. Dresden 1907. S. 241f. Abgerufen über http://digital.slub-dresden.de/fileadmin/data/481051651/481051651_tif/jpegs/481051651.pdf am 02.10.2018.67Wie Männel H6, Anm. 1, S. 99.68Abgerufen über https://de.wikipedia.org/wiki/Schulmuseum_Dresden am 25. November 2018. Dort der Abschnitt „Frühere Dresdner Schulmuseen“.

Mikroskop in Beziehung Stehendes ausgestellt,das jedenfalls für alle Besucher ebenfalls vonInteresse sein dürfte. Von Zeit zu Zeit soll mit denPräparaten gewechselt werden, um es denWißbegierigen aus allen Ständen zu ermöglichen,nach und nach immer tiefere Blicke in die Weltdes dem bloßen Auge Verschlossenen thun zukönnen. Das mikroskopische Museum ist eineVolksbildungsstätte von gleichem Werthe wieunsere naturhistorischen Museen und zoolo-gischen Gärten und darum kann es demMinisterium des Innern nicht genug gedanktwerden, daß es durch Bewilligung eines großen,mit gutem Tageslicht versehenen Saales im Poly-technikum am Antonplatze Herrn Schubert esermöglichte, ein Institut zu errichten, wie es seitlängerer Zeit in Berlin, Hamburg, Leipzig undanderen Orten besteht und hier bei demInteresse, das unsere Mitbürger für die Wissen-schaft in reichem Maße stets bekundeten, sicherauf die Dauer bestehen wird.“

Zeitungsartikel in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 267vom 24. September 1878. S. 1.„Das mikroskopische Museum im Canaletto-Saalauf der Brühl‘schen Terrasse ist in den letztenTagen durch Aufstellung noch mehrerer Mikro-skopen vergrößert worden, auch hat der Besitzerdieses Museums, Herr Wilhelm Schubert, der Auf-stellung eine Sammlung naturhistorischer Curiosi-täten zugefügt, die ebenso belehrend wieinteressant ist. Die Mikroskopen, wohl nahe anhundert, sind wissenschaftlich geordnet undbieten hierdurch den Lehrern wie den Lernendeneinen reellen Nutzen, weshalb ihnen auch zu denbevorstehenden Ferien der Besuch des Museumsganz besonders anzurathen sein dürfte, um somehr, als die ganz ausnahmsweise günstige Lagedes Canaletto-Saales die Benutzung sämtlicherMikroskope beim besten Tageslicht ermöglicht.“

Zeitungsartikel in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 295vom 22. Oktober 1878. S. 1.„Das mikroskopische Museum des Herrn Ober-lehrer Schubert, welches sich bis Ende d. Mts. imCanalettosaale auf der Brühl‘schen Terrassebefindet, wo sich die Lichtverhältnisse wie für einsolches Institut geschaffen zeigen, erfreut sichseit einiger Zeit einer recht erfreulichen Auf-nahme. Leute, die Gelegenheit hatten, es mitgleichen Instituten in Berlin u. s. w. vergleichen zukönnen, erklärten es für das beste derartige inDeutschland. Ueber 70 Mikroskope führen mitHilfe ausgezeichneter Präparate in die leider vonso Wenigen gekannte und von Vielen gar nichtgeahnte Schönheit der Welt im Kleinen ein underquicken Herz und Sinn. Jeder, dem nichtGelegenheit wurde, mit dem Mikroskope selbst zu

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forschen, wird die im mikroskopischen Museumverbrachten Stunden wahrlich nie zu bereuenhaben.“

Zeitungsartikel in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 242vom 30. August 1879. S. 1.„Als wir gestern wieder einmal das micro-skopische Museum, Altmarkt 18, besuchten, wargerade eine Schule zugegen. Mit sichtlicherFreude ließen die wohl 12jährigen Knaben ihrAuge in die weiter, wunderbare Welt des Unend-lichkleinen schweifen, und die nicht geahnte Fülle,Schönheit und Großartigkeit der Erscheinungenund lebendigen Wesen erfüllte ihr Gemüth mitStaunen und Verwunderung. Ihre Ausrufe undGespräche waren uns sehr interessant und lehr-reich. Der ärgste Kirchen-Pessimist hätte daranseine Freue gehabt, weil er die Ueberzeugunggewonnen, daß unter dieser Knabenschaar einlebendiger religiöser Sinn wohne und blühe.Außer diesem ganz zufälligen Genuß hatten wirden[noch]. etwas Neues zu sehen: die winzigkleine Milbe, welche mit großen kräftigen Raub-thieren unseres Zoologischen Gartens den Kampfaufnahm, den prächtigsten Löwen tödete undsicher heimtückisch weiter gemordet hätte, wennnicht schnell ausreichende Hilfe gebracht wordenwäre, – und jenen verderblichen der Pilze, jenenWürgengel, der überall, bei Reich und Arm, in dieFamlien einbricht und dadurch schweres Herze-leid anrichtet, daß er die Kinder raubt: derDiphtheritispilz.“

Zeitungsartikel in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 260vom 16. September 1880. S. 2.„Wie wenig oft die treueste Hingabe an die besteSache belohnt wird, das zeigt sich leider bei demvorzüglichen mikroskopischen Museum, welchesseit längerer Zeit (seit zwei Jahren) von HerrnLehrer Wilhelm Schubert (Hauptstr. 9), erste

Etage, Eingang Obergraben) der öffentlichenBesichtigung gegen ein kleines Entree gebotenwird. Der Besuch ist ein spärlicher, obgleich vonGelehrten und Fachleuten die rühmendsten Ur-theile über das Institut gefällt worden sind. DerDirektor unseres kgl. botanischen Gartens hat diehöchste Anerkennung des Instituts, namentlichauch der vorwaltenden strengen Wissenschaft-lichkeit in allen Einrichtungen u. s. w. schriftlichniedergelegt, wie dies noch viele Capacitäten derNaturwissenschaft und Pädagogik gethan haben.Aber was nützt das Alles – wenn der Besuch einso schwacher ist, daß die Existenzfrage schließ-lich brennend wird und der Schöpfer des Institutserkennen muß, daß – man sollte dies kaumglauben – Dresden noch zu klein und derIndifferentismus zu groß ist, um ein solchesInstitut auch nur bescheiden erträglich zu ge-stalten und zu erhalten. Es ist aber nicht möglich,dass der Indifferentismus zu groß sein sollte, esist vielmehr die in der Menge verbreitete Ansicht,daß der gleichen Museen nicht unterhaltendseien, daß die Freude an ihnen bedeutendeVorkenntnisse erfordere. Und das ist gerade sehrirrig! Das Hineinblicken in so viele, dem blosenAuge sich entziehende Geheimnisse der Natur istim hohen Grade unterhaltend und bringtKenntnisse, ohne irgendwie bedeutende voraus-zusetzen. Man betrachte nur eine Weile dasLeben in der Pflanzen- und in der winzigenThierwelt u. s. w., und Niemand wird über Mangelan Unterhaltung klagen. Dazu kommt, daß HerrSchubert alle Anfragen auf das Freundlichstebeantwortet! Wenn sie nur erst das Institut einmalbesucht haben, dann wird sich für sehr Viele derwiederholte Besuch – da namentlich immer wiederneue Präparate ausgestellt werden – ganz vonselbst als Bedürfnis herausstellen. Es wäre dochwahrlich schade, wenn sich in Dresden mit seinergebildeten Einwohnerschaft, seinen vielen Volks-und höheren Schulen etc. ein solches Institut nichthalten könnte.“

Anzeige in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 67 vom8. März 1881. S. 6.„Mikroskopisches Museum des Herrn W.Schubert.Seit 1. bis 25. d. M. besitzt Dresden wieder diesesmikroskopische Museum, nachdem die Gefahreingetreten war und noch besteht, dasselbe zuverlieren und zwar wegen eines kaum erklärlichenMangels an Theilnahme. Abgesehen davon, daßdieses Museum wegen vorzüglicher Instrumente,Präparate und Anordnung zu den ausge-zeichneten gehört unter den zahlreichen ähn-lichen Museen, welche in den GroßstädtenEuropas und Amerikas die regste Theilnahme undFörderung genießen, kann wohl daran erinnert

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In den Räumen der Stadtgemeinde, Altmarkt 18, befand sich 1879 das Mikroskopische Museum. Es handelt sich um das links von der Kreuzkirche gesehene Gebäude.

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werden, daß die Kenntnis des Waltens der Naturim Kleinen gewissermaßen Bedürfnis desdenkenden Menschen ist und durch den Besucheines solchen Museums durch wirkliches Sehenganz klar und unleugbar erlangt wird, während dieumfassenden Schriftwerke, welche in neuerer Zeitdarüber veröffentlicht werden, beim Nichtforschergewöhnlich nur Verwunderung, oft Zweifelerregen. V. v. Vieth.“

Zeitungsartikel in: „Dresdner Nachrichten“ Nr. 224vom 12. August 1889, S. 1:„Im mikroskopischen Museum, Liliengasse Nr. 24,können Freunde der Natur während nur einigerTage den Federbuschpolyp (Rumatella repens)besichtigen. Die Polypen sind wunderbar schönund die Polypenstöcke so groß, wie sie vomBesitzer des Museums noch nie gesehen wordensind. In der Zahl von vielen Hunderten streckensich die Einzelthiere aus. Sie gehören zurOrdnung der Bryozoen (Mooskorallen). Um denMund haben dieselben zahlreiche einfache Fang-arme (Tentakeln) mit Wimpern. Die Polypen-stöcke, welche zuweilen eine Ausdehnung von30–40 Ctm. erreichen, sind mit häutigen Zellenversehen, in welche sich die federbuschartigenPolypen zurückziehen können. Die inwendighohlen Fangarme erregen einen Strudel imWasser, um Nahrung anzuziehen. Sie leben anStengeln und Blättern von Wasserpflanzen.“

Anhang 2: Bruno Männel über Schubert

„Vortrefflich und in einer für die Volksschuleebenso wie für die höhere Schule brauchbareninstruktiven Weise sind von ihm auch diemikroskop. verwendbaren Objekte aus derhöheren wie der niederen Tierwelt präpariert, unddie Vorzüglichkeit seiner allgemein. histologisch.Präparate veranlaßte auch junge Ärzte, mit ihmdie Kunst des Schneidens, Aufklebens, Färbensetc. kurz des Präparierens namentlich allgemeinhistolog. Präparate weiter zu üben. Industriellenund Kaufleuten mußte er oft durch mikroskop.Untersuchungen dienen, den Lehrern Sachsensund auch über Sachsen Grenzen hinaus war errühmlichst bekannt geworden durch seinemikroskop. Ausstellungen gelegentlich der ver-schiedenen Lehrerversammlungen. Kurz er hätteauf Grund des ihm von allen Seiten unauf-gefordert zugehenden Lobes stolz werdenkönnen. Doch der ideale Zug seiner Seele ver-schmähte jede Reklame und ließ ihn nur bei derFreude über die Güte des Geschaffenenverweilen und darüber nachsinnen, wie er seineArbeit noch mehr in den Dienst der Allgemeinheit,in den Dienst der Schule und der Volksbildung

stellen könne. Er wollte mit dem Mikroskop nichtbloß verdienen, er wollte diesem Instrument auchin der Schule ein würdigeres, angeseheneresDasein verschaffen helfen, war er sich doch völligklar darüber, daß den mikroskopisch Kleinen ausallen Gebieten der Natur eine große Summe vonWerten für die sittliche Erziehung zu entnehmensind und daß darum das Mikroskop in die Schulegehört, denn „alles, was die feineren Werkzeugedes Lebens veranschaulicht, gehört unter denLehrmitteln in die vorderste Reihe.“ (Roßmäßler,Naturgech. Unterricht.) An Hunderten vonErwachsenen hatte er es erlebt, daß mit demMikroskop gewonnenes Wissen, weil es imdirekten Verkehre mit der Natur selbst gewonnenwird, auch die Überzeugung von der Wahrheit undRichtigkeit dieses Wissens erzielt.“69

Weiterhin verwendete, aber in den Fußnoten nichtseparat erfasste Quellen: - Andreas Graf: „Lektüre und Onanie. Das Beispiel desjungen Karl May, sein Aufenthalt auf dem Seminar inPlauen (1860/61) und die Früchte der Phantasie“. In:Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1998. Hansa-Verlag, Husum. - Hans-Dieter Steinmetz: „Die zweite Chance. ZumAufenthalt Karl Mays am Lehrerseminar Plauen“. In:Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 2004. Hansa-Verlag, Husum. - „Der Seminarist und Lehrer Karl May. EineDokumentation der Aktenbestände“. Hrsg. von KlausLudwig und Bernhard Kosciuszko. Karl-May-Gesellschaft. Hamburg, 1999. - Dieter Sudhoff und Hans-Dieter Steinmetz: „Karl-May-Chronik“, Band 2. Karl-May-Verlag. Bamberg,Radebeul, 2005. - Gerhard Klußmeier, Hainer Plaul: „Karl May und seineZeit.“ Karl-May-Verlag. Bamberg, Radebeul, 2007. - Adressbücher der Stadt Plauen 1863 und 1870 sowieDresden von 1870 bis 1907, jeweils abrufbar über dasPortal http://adressbuecher.sachsendigital.de derSächsischen Landes- und Universitätsbibliothek(SLUB) Dresden. - Adressbücher „der Haupt- und Residenzstadt Gera[…]“ von 1903, 1905, 1907 sowie 1909. Verlage vonKarl Bauch. - http://www.hotel-am-obermarkt.de/hotel/historie.html.Abgerufen am 24. November 2018. - http://karl-may-wiki.de

Auf die „Dresdner Nachrichten“ kann überhttp://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/223867/und auf die „Leipziger Zeitung“ überhttps://digipress.digitale-sammlungen.de/calendar/newspaper/bsbmult00000528zugegriffen werden.

69 Wie Männel H8, Anm. 1, S. 127.

Separatausgabe, Juni 201915

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KARL MAY IN LEIPZIG

Wie bereits eingangs erfasst, ist es sehrwahrscheinlich, dass Karl May durch WilhelmSchubert nicht beeinflusst wurde. Andererseitswissen wir aus einem Dialog zwischen demDicken Jemmy und Hobble-Frank, dass Letzterereinst einen Schulmeister hatte …

T. P.

Karl May

Hobble-Frank über Mikroskope

Jetzt befanden die beiden Deutschen sich allein,und so zogen sie die Muttersprache vor.»Nicht wahr,« begann Frank, »das vorhin mit demMammut, das ist doch nur eegentlich Spaßgewesen?«»Natürlich.«»Ich hab' mir's gleich gedacht, denn solcheMammutersch gibt's ja heutzutage gar nichmehr.«»Haben Sie denn schon einmal von diesenvorweltlichen Tieren gehört?«»Ich? Na und ob! Und wenn Sie mir's nichzutrauen, da können Sie mich nur riesig dauern.Wissen Sie, der Moritzburger Schulmeesterdamals, der eegentlich meine geistige Muttergewesen ist, der hatte was los, besonders in derPflanzenzoologie. Der kannte jeden Boom, vonder Fichte an bis zum Sauerampfer 'runter, undooch jedes Tier, von der Seeschlange an bis zumkleensten Schwammb herab. Von dem hab' ichdamals geradezu massenhaft profitiert.«»Das freut mich ungemein,« lachte der Dicke.»Vielleicht kann ich von Ihnen profitieren.«»Das verschteht sich mehrschtenteels ja ganz vonselber. Zum Beischpiel grad übers Mammut kannich Ihnen die beste authentische Auskunftgeben.«»Haben Sie etwa eins gesehen?«»Nein, denn damals vor der Erschaffung der Weltbin ich noch gar nich bei der jetzigen Polizeiangemeldet gewest; aber der Schulmeester hatdas Mammut in alten Handschriften gefunden.Wie groß denken Sie wohl, daß das Ungetümgewest ist?«»Bedeutend größer als der Elefant.«»Elefant? Das zieht noch lange nich! Wenn dasMammut 'mal über eenen Stein oder über einenSteen gestolpert ist, und es hat niedergeguckt,um den Steen zu betrachten, so ist dieser Steinoder dieser Steen mehrschtenteels eeneägyptische Pyramide gewest. Denken Sie sichnun die Höhe von so eenem Tier! Und wenn sich

ihm 'mal eene Fliege off die Schwanzspitzegesetzt hat, so ist es das erscht nach vierzehnTagen vorn im Verschtand gewahr geworden. Nundenken Sie sich 'mal die Länge von so eenemGeschöpf! Unsere jetzige Vernunft ist viel zuschwach für so eene damalige Menagerie. Jetzt,wenn wir was Großartiges sehen wollen, müssenwir ins Hinter-Ochsen-Klee-Gras-Fernrohrgucken. Da ist es wenigstens annähernd so wiedamals um die Sündflut herum.«Jemmy machte ein erstauntes Gesicht.»Wie?« fragte er. »Wie heißt dieses Fernrohr?«»Passen Sie doch auf! Wenn ich eenmal drin binin der Belehrung, so ist mir jede Schtörungimpertinent. Hinter-Ochsen-Klee-Gras-Fernrohrheeßt's. Können Sie sich das merken? Wenn Siewirklich een Gymnasiast gewest sind, so müssenSie doch ooch Unterricht über die Akustik derFernrohre gehabt haben. Je dunkler der Brenn-punkt ist, desto größer sind die Schterne, die mansieht, weil in der Wissenschaft mehrschtenteelsdas umgekehrte Verhältnis ausgerechnet werdenmuß. Verschtehen Sie das?«»Ja,« nickte der Dicke, der sich Mühe gab, einernstes Gesicht zu machen. »Aber jetzt beginneich zu ahnen, was für ein Fernrohr Sie gemeinthaben.«»Nun, was denn für eens?«»Gar keins. Sie haben die Bezeichnungen ver-wechselt. Sie meinten nicht ein Fernrohr, sondernein Mikroskop.«»Mikroskop! Ja, ja, richtig! Weil mir das richtigeWort oogenblicklich abwesend war, habe ichderweile das Fernrohr zum Behelf genommen,denn geistesgegenwärtig bin ich allezeit gewest.«»Und zwar meinten Sie das Hydrooxygen-gasmikroskop!«»Natürlich! Das verschteht sich ganz von selber.Aber warum soll ich dänisch reden, wenn ich derdeutschen Schprache vollschtändig mächtig bin?Wenn ich sage Hinterochsenkleegrasmikroskop,so verschteht mich ooch een Ungelehrter. DerSchulmeester sagte immer: Man muß sich herab-lassen zum kindlichen Gemüt, dann erntet manPalmen off sandigem Boden. Sie sehn, ich werfemit Metafferbeischpielen nur so um mich herum.Das haben Sie davon, daß ich schtets eenfleißiger Autopetrefakt gewest bin. Wäre damalsnich der Schreit wegen dem Vater Wrangelseinem Leibwort ausgebrochen, so hätt' ich'sNolens Coblenz bis zur Tharandter Forscht-akademie gebracht und hätte jetzt nich nötig,mich im wilden Westen herumzutreiben und vonden Sioux lahm schießen zu lassen!«70

70 Karl May: Der Sohn des Bärenjägers. Zitiert nach: Karl Mays Werke. Digitale Bibliothek, Band 77. Direct Media Publishing, Berlin, 2007. S. 35330ff.

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