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Karl R. KEGLER, Georges NICOLAS, Anne RADEFF August 2011 Babel-crisis – Critique through translation? ICCG Frankfurt, 17.8 2011 Übersetzung als "Normalisierung" - Radeff / Nicolas / Kegler Zentrale Orte Zentrale Orte Übersetzung als Übersetzung als "Normalisierung" "Normalisierung" einer unrichtigen Theorie einer unrichtigen Theorie

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Karl R. KEGLER, Georges NICOLAS, Anne RADEFF

August 2011

Babel-crisis – Critique through translation? ICCG Frankfurt, 17.8 2011 Übersetzung als "Normalisierung" - Radeff / Nicolas / Kegler

Zentrale OrteZentrale OrteÜbersetzung als "Normalisierung" Übersetzung als "Normalisierung"

einer unrichtigen Theorie einer unrichtigen Theorie

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Wissenschaftliche Arbeit im Rahmen allgemein akzeptierter Paradigmen ist "normale Wissenschaft".

Wissenschaftliche Paradigmen stellen nicht allein Erklärungsmodelle dar, sie formulieren Arbeitsprogramme, eröffnen Karrieren und generieren Institutionen.

1.1.1.1. "Normalisierung""Normalisierung"

Die internationale Verbreitung und Übersetzung des Zentrale-Orte-Modells nach 1945 ist Beispiel für die "Normalisierung" einer Theorie.Fehler des Zentrale-Orte-Modells und sein historischer Kontext wurden im Prozess der Normalisierung systematisch ausgeklammert.

Wissenschaftliche Paradigmen werden nicht allein deshalb akzeptiert, weil sie "wahrer" oder leistungsfähiger sind als andere Erklärungsversuche, sie entstehen als Selbstverständigung von Expertengemeinschaften über Grundlagen und Verfahrensweisen in ihren Arbeitsgebieten. Thomas Kuhn(19731/198911). Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. S. 51.

Dies ist der Grund, warum an akzeptierten Paradigmen lange festgehalten werden kann. "Immunisierungsstrategien" schirmen geltende Paradigmen gegen unerwünschte Kritik ab. Imre Lakatos / Alan Musgrave [Hg.] (1974). Kritik und Erkenntnisfortschritt. Braunschweig: Vieweg. S.168-171.

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1.2. 1.2. Der historische KontextDer historische Kontext

Walter Christaller veröffentlichte die Theorie der zentralen Orte im Jahr 1933 in seinem Buch Die zentralen Orte in Süddeutschland.

Nach Beginn des Weltkrieges setzte Christaller sein Modell im Auftrag nationalsozialistischer Institutionen für die Neuplanung großer Gebiete in Ost- und Westeuropa ein.

Christaller entwickelte sein Modell ursprünglich, um Grundlagen für eine rationelle staatliche Neugliederung des Deutschen Reiches zu erarbeiten. Walter Christaller (1933). Die zentralen Orte in Süddeutschland. Jena: Fischer. Vorwort S. 3

Sein Modell basiert auf der Grundvoraussetzung der Selbstversorgung und Binnenwirtschaft. Beide Aspekte machten sein Konzept vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Autarkiepolitik attraktiv.

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Walter Christaller. Die Zentralen Orte in den Ostgebieten. 1941 - Plan für die deutsche Einteilung von PolenBabel-crisis – Critique through translation? ICCG Frankfurt, 17.8 2011 Übersetzung als "Normalisierung" - Radeff / Nicolas / Kegler

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Walter Christaller. Neugliederung des Reichsraumes. 1944 - Berlin. BundesarchivBabel-crisis – Critique through translation? ICCG Frankfurt, 17.8 2011 Übersetzung als "Normalisierung" - Radeff / Nicolas / Kegler

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1.2. 1.2. Der historische KontextDer historische Kontext

Walter Christaller veröffentlichte die Theorie der zentralen Orte im Jahr 1933 in seinem Buch Die zentralen Orte in Süddeutschland.

Nach Beginn des Weltkrieges setzte Christaller sein Modell im Auftrag nationalsozialistischer Institutionen für die Neuplanung großer Gebiete in Ost- und Westeuropa ein.

Christaller entwickelte sein Modell ursprünglich, um Grundlagen für eine rationelle staatliche Neugliederung des Deutschen Reiches zu erarbeiten. Walter Christaller (1933). Die zentralen Orte in Süddeutschland. Jena: Fischer. Vorwort S. 3

Sein Modell basiert auf der Grundvoraussetzung der Selbstversorgung und Binnenwirtschaft. Beide Aspekte machten sein Konzept vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Autarkiepolitik attraktiv.

Nicht allein Christaller, eine große Anzahl von deutschen Planungsexperten war während des Krieges mit der Planung zentraler Orte in den besetzten Gebieten befasst.

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1.3. 1.3. Transfer-MechanismenTransfer-Mechanismen

Bis heute wird die Anwendung des Zentrale-Orte-Modells in der NS-Diktatur in der Fachliteratur, in Bibliographien und Handbüchern in Abrede gestellt.

Die internationale Aufnahme und Übersetzung von Christallers Hauptwerk hat nicht dazu geführt, das Modell kritisch zu überprüfen.

Die am Beispiel der internationalen Aufnahme der Zentrale-Orte-Theorie belegbaren Transfer-Mechanismen sind:

unkommentierte "Korrektur" von fehlerhaften Überlegungen Christallers in späteren Handbuchdarstellungen

ausschnitthafte Selektion und Übersetzung von Textteilen

systematische Unterschlagung aller Veröffentlichungen zum Zentrale-Orte-Modell, die durch den Kontext der NS-Siedlungs- und Lebensraumpolitik in Osteuropa bestimmt waren

THESE: Übersetzung dient im Fall des Zentrale-Orte-Modells nicht der Kritik, sondern der Normalisierung eines wissenschaftlichen Modells

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erster Teil:erster Teil:

Die Übersetzung Walter Christallers als Die Übersetzung Walter Christallers als "cadavres exquis""cadavres exquis"

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Walter Christallers Buch Die zentralen Orte in Süddeutschland (1933) wird bis heute als Walter Christallers Buch Die zentralen Orte in Süddeutschland (1933) wird bis heute als Begründung einer "neuen", wissenschaftlichen Geographie gerühmt, die als Grundlage für die Begründung einer "neuen", wissenschaftlichen Geographie gerühmt, die als Grundlage für die Raum- und Landesplanung dient. Die in Christallers Buch enthaltenen sechseckigen Schemata Raum- und Landesplanung dient. Die in Christallers Buch enthaltenen sechseckigen Schemata werden in gleicher Weise als "Modell" angesehen, obwohl sie das von Christaller formulierte werden in gleicher Weise als "Modell" angesehen, obwohl sie das von Christaller formulierte theoretische Problem geometrisch nicht lösen.theoretische Problem geometrisch nicht lösen.

Unsere Präsentation wird die Manipulationen aufzeigen, denen dieser Text und seine Unsere Präsentation wird die Manipulationen aufzeigen, denen dieser Text und seine normativen Abbildungen einmal in ihrer Übersetzung vom Deutschen ins Englische und normativen Abbildungen einmal in ihrer Übersetzung vom Deutschen ins Englische und zweitens in ihrer Übertragung vom Englischen ins Französische unterworfen waren - Letztere zweitens in ihrer Übertragung vom Englischen ins Französische unterworfen waren - Letztere erfolgte ohne Konsultation des deutschen Originals. Unser Beitrag zeigt eine Ansammlung von erfolgte ohne Konsultation des deutschen Originals. Unser Beitrag zeigt eine Ansammlung von Fehlern, von Verkürzungen und inhaltlichen Verdrehungen auf, die letztlich völlige Fehlern, von Verkürzungen und inhaltlichen Verdrehungen auf, die letztlich völlige Neuinterpretationen des Textes darstellen.Neuinterpretationen des Textes darstellen.

Dieser Prozess hat sich so vollzogen, als ob die Hinzufügung "neuer Kleider" in den "alten Dieser Prozess hat sich so vollzogen, als ob die Hinzufügung "neuer Kleider" in den "alten Kleiderschrank" der Christallerschen Zentralitätslehre keinerlei Rücksicht auf die "alten Kleiderschrank" der Christallerschen Zentralitätslehre keinerlei Rücksicht auf die "alten Klamotten" nehmen müsse, die längst unbrauchbar oder abgelegt worden waren. Es ist ein Klamotten" nehmen müsse, die längst unbrauchbar oder abgelegt worden waren. Es ist ein Prozess in der Weise eines "cadavre exquis" – ein surrealistisches Spiel, das darin besteht, Prozess in der Weise eines "cadavre exquis" – ein surrealistisches Spiel, das darin besteht, dass "mehrere Personen gemeinsam einen Satz oder eine Zeichnung vollenden, ohne dass dass "mehrere Personen gemeinsam einen Satz oder eine Zeichnung vollenden, ohne dass einer der Mitspieler eine Ahnung von den Zutaten der anderen Beteiligten hat" und dabei doch einer der Mitspieler eine Ahnung von den Zutaten der anderen Beteiligten hat" und dabei doch glaubt, in direkter Verbindung mit Original zu stehen (BRETON, André et ÉLUARD, Paul, glaubt, in direkter Verbindung mit Original zu stehen (BRETON, André et ÉLUARD, Paul, Dictionnaire abrégé du surréalisme, Paris, 1938, éd. 1969 ; p. 6.). Dictionnaire abrégé du surréalisme, Paris, 1938, éd. 1969 ; p. 6.).

2.1.1.2.1.1. Ziele und Inhalt des ersten TeilsZiele und Inhalt des ersten Teils

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In unserem Beitrag werden wir in beispielhafter Form aufzeigen, wie dieses "surrealistische In unserem Beitrag werden wir in beispielhafter Form aufzeigen, wie dieses "surrealistische Spiel" bei der Übersetzung Walter Christaller abgelaufen ist. Spiel" bei der Übersetzung Walter Christaller abgelaufen ist.

Wir untersuchen beispielhaft:Wir untersuchen beispielhaft:

- - die Beschriftung von Walter Christallers Karte Nr. 4 "Das System der zentralen Orte die Beschriftung von Walter Christallers Karte Nr. 4 "Das System der zentralen Orte in Süd-Deutschland" (1933) in der Übersetzung von Carlisle W. Baskin (1966) in Süd-Deutschland" (1933) in der Übersetzung von Carlisle W. Baskin (1966) (Abschnitte 2.4 und 2.5);(Abschnitte 2.4 und 2.5);

- - die Kürzung von mehr als einem Drittel des deutschen Originaltextes durch die die Kürzung von mehr als einem Drittel des deutschen Originaltextes durch die englischen Übersetzung ins Englische (Abschnitt 2.6) englischen Übersetzung ins Englische (Abschnitt 2.6) ;;

- - eine Abfolge von Illustrationen, welche in der Darstellung sechseckiger Figuren eine eine Abfolge von Illustrationen, welche in der Darstellung sechseckiger Figuren eine zunehmende Verwechslung der Gedanken Walter Christallers und jener August zunehmende Verwechslung der Gedanken Walter Christallers und jener August Löschs (1944) vorführen. Löschs "Abbildung 22" aus William H. Wogloms 1954 Löschs (1944) vorführen. Löschs "Abbildung 22" aus William H. Wogloms 1954 erfolgter Übersetzung ins Englische wurde von Peter Haggett 1965 neu interpretiert erfolgter Übersetzung ins Englische wurde von Peter Haggett 1965 neu interpretiert und 1973 von Hubert Fréchou aus dem Englischen ins Französische übersetzt. und 1973 von Hubert Fréchou aus dem Englischen ins Französische übersetzt. Schließlich wurde sie von Philippe Pinchemel nochmals vereinfacht und fälschlich Schließlich wurde sie von Philippe Pinchemel nochmals vereinfacht und fälschlich Walter Christaller zugeschrieben (Abschnitte 2.8 bis 2.11Walter Christaller zugeschrieben (Abschnitte 2.8 bis 2.11))

2.1.2.2.1.2. Ziele und Inhalt des ersten TeilsZiele und Inhalt des ersten Teils

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1. 1. Aus dem Deutschen ins Englische: Aus dem Deutschen ins Englische:

2.2.2.2. Die untersuchten TexteDie untersuchten Texte

2. 2. Aus dem Englischen ins Französische: Aus dem Englischen ins Französische:

1.1) 1933-19661.1) 1933-1966

Walter Christaller: Walter Christaller: Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen FunktionenEntwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen, Jena : Fischer, 1933., Jena : Fischer, 1933.

Übersetzung durch Carlisle W.BaskinÜbersetzung durch Carlisle W.Baskin: : Central places in southern GermanyCentral places in southern Germany, , EnglewoodEnglewood CliffsCliffs, , New-JerseyNew-Jersey : : Prentice-Hall, Prentice-Hall, 1966.1966.

1.2) 1944-19541.2) 1944-1954

August Lösch: August Lösch: Die räumliche Ordnung der WirtschaftDie räumliche Ordnung der Wirtschaft, Jena, Jena : : Gustav Fischer, Gustav Fischer, 1944. 1944.

Übersetzung durch Übersetzung durch William H. Woglom: William H. Woglom: The economics of locationThe economics of location, , New Haven / New Haven / London : London : Yale university pressYale university press, , 1954.1954.

2.1) 1965-19732.1) 1965-1973

Haggett, Peter, Haggett, Peter, Locational analysis in human geographyLocational analysis in human geography, Londres, Londres:: E. Arnold, 1965. E. Arnold, 1965.Übersetzung durch Übersetzung durch HubertHubert Fréchou: Fréchou: L’analyse spatiale en géographie humaineL’analyse spatiale en géographie humaine, Paris: , Paris: Armand Colin, 1973.Armand Colin, 1973.

2.2) 19882.2) 1988

Philippe et Geneviève Pinchemel: Philippe et Geneviève Pinchemel: La face de la terre, Eléments de géographieLa face de la terre, Eléments de géographie, Paris : , Paris : A. Colin, 1988A. Colin, 1988

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2.3.2.3. 1933-1966: aus dem Deutschen ins Englische. 1933-1966: aus dem Deutschen ins Englische. Biographische KontexteBiographische Kontexte

Walter Christaller, deutscher Geograph (1893-1969)

Während seines ganzen Lebens und in seiner gesamten Arbeit hat Walter Christaller versucht oder Während seines ganzen Lebens und in seiner gesamten Arbeit hat Walter Christaller versucht oder gehofft, die Wirklichkeit zu verändern, um sie seinem Idealbild "höchster Rationalität" anzunähern: gehofft, die Wirklichkeit zu verändern, um sie seinem Idealbild "höchster Rationalität" anzunähern: zuerst aus organisch-hierarchischer rassischer Perspektive (Nationalsozialismus), dann aus sozial-zuerst aus organisch-hierarchischer rassischer Perspektive (Nationalsozialismus), dann aus sozial-hierarchischer bürokratischer Perspektive (Kommunismus) und schließlich im Sinne einer liberalen hierarchischer bürokratischer Perspektive (Kommunismus) und schließlich im Sinne einer liberalen wirtschaftlichen Hierarchie. Das gemeinsame Merkmal dieser sukzessiven Überzeugungen ist die wirtschaftlichen Hierarchie. Das gemeinsame Merkmal dieser sukzessiven Überzeugungen ist die Vorstellung, dass es möglich ist, die Wirklichkeit in autoritärer oder totalitärer Weise zu planen. Vorstellung, dass es möglich ist, die Wirklichkeit in autoritärer oder totalitärer Weise zu planen.

Vor 1957 haben viele englischsprachige Geographen diese Übersetzung genutzt; in der Geschichte Vor 1957 haben viele englischsprachige Geographen diese Übersetzung genutzt; in der Geschichte der modernen Geographie hat sie auf internationaler Ebene eine bedeutende Rolle gespielt. Nach der modernen Geographie hat sie auf internationaler Ebene eine bedeutende Rolle gespielt. Nach dem zweiten Weltkrieg haben sich auch die Geographen aus den romanischen Ländern immer dem zweiten Weltkrieg haben sich auch die Geographen aus den romanischen Ländern immer weniger mit deutschen Primärtexten beschäftigt. Sie nutzen die englische Übersetzung als weniger mit deutschen Primärtexten beschäftigt. Sie nutzen die englische Übersetzung als Einführung in die "neue Geographie". Erst 1980 wird der deutsche Originaltext vollständig ins Einführung in die "neue Geographie". Erst 1980 wird der deutsche Originaltext vollständig ins Italienische übersetzt. Für die französischsprachige Forschung, die eher selten italienische Texte Italienische übersetzt. Für die französischsprachige Forschung, die eher selten italienische Texte berücksichtigt, ist auch dies kein wesentlicher Zugewinn.berücksichtigt, ist auch dies kein wesentlicher Zugewinn.

Carlisle Whiteford Baskin, amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler (1918-2007)

1893: geboren in Altensteig (Baden.Württemberg). Der Vater ist Pfarrer, die Mutter Schriftstellerin. 1914-1918: Soldat, als Unteroffizier mehrfach verwundet. 1923 oder 1924: Eintritt in die SPD. 1932: Promotion an der Universität Erlangen. 1933 Veröffentlichung der Arbeit Die zentralen Orte in Süddeutschland. 1940, Juli: Mitglied der NSDAP. Aktive Kollaboration. Seine Ideen werden von Nazi-Deutschland in Osteuropa und

in den Niederlanden angewendet. nach 1945 bis1953: Mitglied der KPD. 1959: Rückkehr in die SPD. Seine Ideen werden weltweit in demokratischen und totalitären Regimen eingesetzt. 1969: Tod in Königstein (Hessen)

1918: geboren. Methodist 1918 (ca. 29 Jahre): erste Schrift (wahrscheinlich eine Art Master-Arbeit) an der University of Virginia

(Analysis of premium rate determination for cotton crop insurance) 1957 (ca. 39 Jahre): Dissertation an der University of Virginia

(A critique and translation of Walter Christaller's 'Die zentralen Orte in Süddeutschland') 1966 (ca. 48 Jahre): Veröffentlichung des zweiten Abschnitts der Dissertation (Die zentralen Orte in Süddeutschland ) Datum unbekannt: Professor für Wirtschaftswissenschaften am methodistischen Randolph-Macon-College (Ashland, Virginia) 1981 (ca. 63 Jahre): für ein Semester Honorarprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Virginia 2007 (ca. 89 Jahre): Tod in Richmond, Henrico (Virginia)

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Titel der schematischen Darstellung Titel der schematischen Darstellung (oben rechts)(oben rechts)Zeichenerklärung (unten)Zeichenerklärung (unten)

Titel der KarteTitel der Karte

2.4.2.4. 1933-1966: aus dem Deutschen ins Englische: 1933-1966: aus dem Deutschen ins Englische: Übersetzungsprobleme für die Legende von Übersetzungsprobleme für die Legende von Christallers Karte 4 Christallers Karte 4

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2.5.1.2.5.1. 1933-1966: Karte 4, vom Deutschen ins Englische.1933-1966: Karte 4, vom Deutschen ins Englische. Carlisle W. Baskin hat in seiner Übersetzung viele begriffliche Carlisle W. Baskin hat in seiner Übersetzung viele begriffliche Änderungen vorgenommen. Diese Sinnverschiebungen sind sogar Änderungen vorgenommen. Diese Sinnverschiebungen sind sogar zahlreicher als die wörtlich richtige Übersetzung der deutschen Begriffe. zahlreicher als die wörtlich richtige Übersetzung der deutschen Begriffe. Im Titel von Karte 4 und in der Legende der "theoretischen Darstellung" Im Titel von Karte 4 und in der Legende der "theoretischen Darstellung" des Zentrale-Orte-Systems (oben rechts) werden sieben von zwölf des Zentrale-Orte-Systems (oben rechts) werden sieben von zwölf deutschen Begriffen "falsch" übersetzt !deutschen Begriffen "falsch" übersetzt !

Titel der KarteTitel der Karte

deutscher Originaltext Das System der zentralen Orte in Süddeutschland

englische Übersetzung The distribution of Towns as Central Places in Southern Germany

wörtliche Rück-Übersetzung ins Deutsche

Die Verteilung von Städten als zentrale Orte in Süddeutschland

Carlisle W. Baskin versucht, den Widerspruch Carlisle W. Baskin versucht, den Widerspruch zwischen dem nach Theorie zwischen dem nach Theorie sechseckigensechseckigen System System und dem empirisch ermittelten Befund eines und dem empirisch ermittelten Befund eines fünfeckigenfünfeckigen Städtesystem in Süddeutschland zu Städtesystem in Süddeutschland zu verschleiern, indem er den empirischen Charakter verschleiern, indem er den empirischen Charakter der Darstellung betont.der Darstellung betont.

Er ersetzt "System" durch "Verteilung" und Er ersetzt "System" durch "Verteilung" und "zentrale Orte" durch "Städte als zentrale Orte"."zentrale Orte" durch "Städte als zentrale Orte".

Titel des theoretischen SchemasTitel des theoretischen Schemas

deutscher Originaltext Rationales Schema der zentralen Orte

englische Übersetzung Theoretical System of Regional Centers

wörtliche Rück-Übersetzung ins Deutsche

Theoretisches System regionaler Zentren

Carlisle W. Baskin überspielt die autoritären Carlisle W. Baskin überspielt die autoritären Aspekte im Denken Walter Christallers (Ideal als Aspekte im Denken Walter Christallers (Ideal als Norm, Realität als "abnorm"). "Rationales Norm, Realität als "abnorm"). "Rationales Schema" wird durch "theoretisches System" Schema" wird durch "theoretisches System" ersetzt, "zentrale Orte" durch "regionale ersetzt, "zentrale Orte" durch "regionale Zentren".Zentren".

Baskin präsentiert eine Neuinterpretation Baskin präsentiert eine Neuinterpretation Christallers und macht ihn dadurch politisch Christallers und macht ihn dadurch politisch akzeptabel. Er vergibt einen wissenschaftlichen akzeptabel. Er vergibt einen wissenschaftlichen "Persilschein""Persilschein"

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2.5.2.2.5.2.   1933-1966: Karte 4, vom Deutschen ins Englische1933-1966: Karte 4, vom Deutschen ins Englische..In der Legende werden die autoritären Aspekte im Denken Walter In der Legende werden die autoritären Aspekte im Denken Walter Christallers (Ideal als Norm, Realität als "abnorm") überspielt. Carlisle Christallers (Ideal als Norm, Realität als "abnorm") überspielt. Carlisle W. Baskin ersetzt "normal" mit "durchschnittlich".W. Baskin ersetzt "normal" mit "durchschnittlich".

deutscher Originaltext 21 km-K-Ring (schematisch)Ring der B-Orte (normal 36 km)Grenzen der L-SystemeL-Richtungen 1. GradesL-Richtungen 2. Grades

englische Übersetzung 21 km-K-Ring (schematic) Ring of B- places (average 36 km.) Borders of L-systems Principal interconnections of L-centers Secondary interconnections of L-centers

wörtliche Rück-Übersetzung ins Deutsche

21 km-K-Ring (schematisch) Ring der B-Orte (durchschnittlich 36 km) Grenzen des L-Systems erstrangige Verbindungen der L-Zentren zweitrangige Verbindungen der L-Zentren

L : « Landeshauptstädte »P : « Provinzialhauptorte »G : « Gaubezirkshauptorte »B : « Bezirkshauptorte »K : « Kreisstädtchen »A : « Amtsstädtchen »M : « Marktorte »

Carlisle W. Baskin versucht, Carlisle W. Baskin versucht, einen unklaren Text klarer zu einen unklaren Text klarer zu gestalten, aber er verändert gestalten, aber er verändert dabei auch den Sinn: er dabei auch den Sinn: er ersetzt die "L-Richtungen 1. ersetzt die "L-Richtungen 1. (oder 2.) Grades" durch (oder 2.) Grades" durch "erstrangige (oder zweit-"erstrangige (oder zweit-rangige) Verbindungen der rangige) Verbindungen der L-Zentren."L-Zentren."

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2.6.1.2.6.1.   1933-1966. 1933-1966. Vom Deutschen ins Englische:Vom Deutschen ins Englische: Auslassungen in Carlisle. W. Baskins Übersetzung Auslassungen in Carlisle. W. Baskins Übersetzung (1966) von Christallers Text (1933)(1966) von Christallers Text (1933)

Die selektive Übersetzung einzelner Abschnitte Die selektive Übersetzung einzelner Abschnitte im "Regionalen Teil" der im "Regionalen Teil" der Die zentralen Orte in Die zentralen Orte in Süddeutschland Süddeutschland hat eine doppelte Wirkung. hat eine doppelte Wirkung.

ErstensErstens werden lediglich die Angaben über das werden lediglich die Angaben über das "System München" übersetzt. Dort sind die "System München" übersetzt. Dort sind die Abweichungen der empirischen Beobachtung Abweichungen der empirischen Beobachtung vom theoretischen Modell am geringsten. vom theoretischen Modell am geringsten.

ZweitensZweitens wird eine Passage, in der Walter wird eine Passage, in der Walter Christaller erklärt, "daß hier [im System Christaller erklärt, "daß hier [im System Stuttgart] nicht 6, wie normal [sic; gemeint ist Stuttgart] nicht 6, wie normal [sic; gemeint ist "normal" wie von der Theorie vorgeschrieben] "normal" wie von der Theorie vorgeschrieben] sondern nur 5 L-Systeme anstoßen" (S. 201). sondern nur 5 L-Systeme anstoßen" (S. 201). Mit anderen Worten: Baskin eine Passage Mit anderen Worten: Baskin eine Passage wegfallen, in der Christaller deutlich macht, dass wegfallen, in der Christaller deutlich macht, dass Ergebnisse, die nicht mit der Theorie Ergebnisse, die nicht mit der Theorie übereinstimmen nicht normal sind und deshalb übereinstimmen nicht normal sind und deshalb korrigiert werden dürfen, wenn nötig mit Gewalt.korrigiert werden dürfen, wenn nötig mit Gewalt.

nicht übersetzte Passagen

Seiten im deutschen Text

Zahl der nicht übers. Seiten

Anteil am Gesamttext (340 Seiten)

"Vorwort" 3 1 0,3 %

"Regionaler Teil" 182-251 69 20,29 %

"Tabellenwerk" 275-325 50 14,7 %

"Literaturverzeichnis, sonstige Quellen"

327-331 4 1,17 %

Insgesamt 331 124 36,5 %

Das Fortfallen von Christallers Vorwort in Baskins Übersetzung stellt eine schwerwiegende inhaltliche Das Fortfallen von Christallers Vorwort in Baskins Übersetzung stellt eine schwerwiegende inhaltliche Verschiebung dar. Christallers Intention, einen Beitrag für die "Neugliederung des Deutschen Reiches" Verschiebung dar. Christallers Intention, einen Beitrag für die "Neugliederung des Deutschen Reiches" zu leisten, bleibt ungenannt.zu leisten, bleibt ungenannt.

Christallers Literaturverzeichnis fällt in Baskins Übersetzung ebenfalls vollständig fort. Es wird durch Christallers Literaturverzeichnis fällt in Baskins Übersetzung ebenfalls vollständig fort. Es wird durch eine englische Bibliographie ersetzt. Auf diese Weise verschwinden nationalsozialistische Autoren oder eine englische Bibliographie ersetzt. Auf diese Weise verschwinden nationalsozialistische Autoren oder solche, die eine zweideutige Haltung zum Nationalsozialismus eingenommen haben.solche, die eine zweideutige Haltung zum Nationalsozialismus eingenommen haben.

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2.6.2. 2.6.2. Vergleich mit der italienischen Übersetzung von 1980Vergleich mit der italienischen Übersetzung von 1980 Elisa Malutta et Paola Pagnini : Elisa Malutta et Paola Pagnini : Le località centrali della Germania meridionaleLe località centrali della Germania meridionale    

Die Genauigkeit der italienischen Übersetzung Die Genauigkeit der italienischen Übersetzung unterscheidet sich deutlich von den Kürzungen und unterscheidet sich deutlich von den Kürzungen und Begriffsverschiebungen, die auf C.W. Baskin Begriffsverschiebungen, die auf C.W. Baskin zurückgehen. Aber auch die italienische zurückgehen. Aber auch die italienische Übersetzung lässt Teile der Arbeit Christallers fort: Übersetzung lässt Teile der Arbeit Christallers fort: die 1933 veröffentlichten Zentralitätskenn-ziffern, die die 1933 veröffentlichten Zentralitätskenn-ziffern, die dieser in einem "ad hoc" Verfahren gewonnen hatte, dieser in einem "ad hoc" Verfahren gewonnen hatte, um eine "Formel für Zentralität" zu gewinnen. um eine "Formel für Zentralität" zu gewinnen.

In ihrem Vorwort verweist Paola Pagnini auf die In ihrem Vorwort verweist Paola Pagnini auf die Zeitkontexte zu Beginn der 1930er Jahre, auf Zeitkontexte zu Beginn der 1930er Jahre, auf Weltwirtschaftskrise und den Schwarzen Freitag. Die Weltwirtschaftskrise und den Schwarzen Freitag. Die Machtübernahme Hitlers bleibt allerdings Machtübernahme Hitlers bleibt allerdings ausgespart!ausgespart!

Die Absicht, unvorteilhafte Aspekte der Gedan-ken Die Absicht, unvorteilhafte Aspekte der Gedan-ken und der Methode Christallers zu unter-drücken, ist und der Methode Christallers zu unter-drücken, ist folglich auch in italienischen Übersetzung von Die folglich auch in italienischen Übersetzung von Die zentralen Orte in Süd-deutschland zu greifen, auch zentralen Orte in Süd-deutschland zu greifen, auch wenn auch auf andere Weise.wenn auch auf andere Weise.

Zu Beginn der 1980er Jahre sind die For-schungen Zu Beginn der 1980er Jahre sind die For-schungen Mechtild Rösslers zu den Verbin-dungen Walter Mechtild Rösslers zu den Verbin-dungen Walter Christallers zum National-sozialismus noch nicht Christallers zum National-sozialismus noch nicht veröffentlicht: Ihre deutschsprachige Dissertation veröffentlicht: Ihre deutschsprachige Dissertation erscheint im Jahr 1990 nach einem vorhergehenden erscheint im Jahr 1990 nach einem vorhergehenden französischen Artikel in L'espace géographique französischen Artikel in L'espace géographique (1988). (1988).

Die italienische Übersetzung ist die Arbeit zweier Frauen. Maria Paola Pagnini ist Professorin für politische Geographie für politische Geographie an der Universität Triest, später an der Nikolaus-Cusanus-Universität Rom. Sie wird in einer Buchreihe herausgegeben, für die der Geograph Lucio Gambi (1920-2006) verantwortlich zeichnet. Gambi ist stark vom Marxismus beeinflusst. Er berichtet, er habe die Werke Christallers zu Beginn der 50er Jahre entdeckt.

Die Übersetzung ist sehr viel vollständiger als die Baskins. Sie umfasst den gesamten Text, alle Abbildungen und den "Regionalen Teil" mit der Analyse aller fünf Teilsysteme. Auch die Karten sind vollständig. Es fehlen allerdings der lange statistische Anhang "Tabellenwerk über die zentralen Orte in Süddeutschland" (S. 263-325 der deutschen Ausgabe) sowie Graphiken, welche die zahlenmäßige Verteilung der Ortsgrößentypen in den L-Systemen darstellen (S. 328). Das Literaturverzeichnis (134 Titel) ist vollständig. Es fehlt allerdings der Abschnitt "sonstige Quellen" (S.331 der deutschen Ausgabe).

Die Übersetzung richtet sich außerdem sehr viel genauer nach den von Christaller geprägten Begriffen als der Text Baskins. Insbesondere wird der deutsche Begriff "normal" (also jene Normalität, die zum Ausdruck bringt, was Christaller verwirklicht sehen möchte – denn die Realität ist "anormal") richtig mit dem Begriff "normale" ins Italienische übertragen. Entsprechend erscheint auf Karte 4 der 36-Kilometer-Ring um die B-Orte, den Christaller als "normal" betrachtet und Baskin als "Mittelwert" übersetzt im italienischen Text wieder als "normale".

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2.7. 2.7. Übersetzungen als « Übersetzungen als « PersilscheinPersilschein » »

Walter Christallers Dissertation Walter Christallers Dissertation Die zentralen Orte in Süddeutschland Die zentralen Orte in Süddeutschland (1933) wurde zensiert und beschnitten, um seine Modellvorstellung und (1933) wurde zensiert und beschnitten, um seine Modellvorstellung und seine Theorie, die von den dominanten Ideologien der damaligen Zeit seine Theorie, die von den dominanten Ideologien der damaligen Zeit (Pangermanismus und Nationalsozialismus) geprägt waren, in einen (Pangermanismus und Nationalsozialismus) geprägt waren, in einen zeitlosen "Klassiker der Wissenschaft" umzuwandeln.zeitlosen "Klassiker der Wissenschaft" umzuwandeln.

Derartige Übersetzungen – irreführend und fehlerhaft aus dem Deutschen Derartige Übersetzungen – irreführend und fehlerhaft aus dem Deutschen ins Englische, unvollständig aus dem Deutschen ins Italienische – haben ins Englische, unvollständig aus dem Deutschen ins Italienische – haben es ermöglicht, dass ein geometrisch falsches Modell und eine widerlegte es ermöglicht, dass ein geometrisch falsches Modell und eine widerlegte Theorie weltweit rezipiert wurde.Theorie weltweit rezipiert wurde.

Derartige Übersetzungen haben in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit in Derartige Übersetzungen haben in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit in etwa die Rolle von Entlastungszeugen vor den Entnazifizierungsgerichten etwa die Rolle von Entlastungszeugen vor den Entnazifizierungsgerichten in Deutschland nach 1946. Erklärungen, die seinerzeit dazu dienten, in Deutschland nach 1946. Erklärungen, die seinerzeit dazu dienten, ehemalige Nazis reinzuwaschen, wurden in Anlehnung an ein seinerzeit ehemalige Nazis reinzuwaschen, wurden in Anlehnung an ein seinerzeit sehr bekanntes Waschmittel "Persilscheine" genannt.sehr bekanntes Waschmittel "Persilscheine" genannt.

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2.8.1.2.8.1. Vom Deutschen ins Englische und ins Französische. Vom Deutschen ins Englische und ins Französische. Biographische Kontexte (A. Lösch, P. Haggett)Biographische Kontexte (A. Lösch, P. Haggett)

August Lösch, deutscher Nationalökonom (1906-1945)

August Lösch war kein Mitglied der NSDAP. Diejenigen, die ihn nach seinem Tod als August Lösch war kein Mitglied der NSDAP. Diejenigen, die ihn nach seinem Tod als vollkommen integeren, kompromisslosen Nazi-Gegner dargestellt haben, haben allerdings nicht vollkommen integeren, kompromisslosen Nazi-Gegner dargestellt haben, haben allerdings nicht berücksichtigt, dass seine Gedanken und seine Begrifflichkeit der NS-Ideologie nahe standen. berücksichtigt, dass seine Gedanken und seine Begrifflichkeit der NS-Ideologie nahe standen. Lösch erwähnt Kontakte zur NS-Reichsstelle für Raumordnung im Jahr 1944. Das Institut für Lösch erwähnt Kontakte zur NS-Reichsstelle für Raumordnung im Jahr 1944. Das Institut für Weltwirtschaft, an dem Lösch beschäftigt war, diente der nationalsozialistischen Weltwirtschaft, an dem Lösch beschäftigt war, diente der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik.Wirtschaftspolitik.Sein Übersetzer William H. Woglom ist in den von uns konsultierten Bibliotheken nicht als Sein Übersetzer William H. Woglom ist in den von uns konsultierten Bibliotheken nicht als Autor weiterer Werke nachgewiesen. Geburts- und Todestag sind unbekannt. Woglom hat Autor weiterer Werke nachgewiesen. Geburts- und Todestag sind unbekannt. Woglom hat weitere Autoren aus dem Deutschen ins Englische übersetzt: den Historiker Golo Mann weitere Autoren aus dem Deutschen ins Englische übersetzt: den Historiker Golo Mann (Übersetzung aus dem Jahr 1946) und den Philosophen Ernst Cassirer (Übersetzung aus dem (Übersetzung aus dem Jahr 1946) und den Philosophen Ernst Cassirer (Übersetzung aus dem Jahr 1960). Beide emigrierten 1941 aus Deutschland in die USA.Jahr 1960). Beide emigrierten 1941 aus Deutschland in die USA.  

Peter Haggett zitiert in seinem Literaturverzeichnis – ohne Fehler – mehrere Texte Christallers Peter Haggett zitiert in seinem Literaturverzeichnis – ohne Fehler – mehrere Texte Christallers (nicht allein die Dissertation von 1933), die deutsche Ausgabe und die englische Übersetzung (nicht allein die Dissertation von 1933), die deutsche Ausgabe und die englische Übersetzung von Lösch sowie weitere deutsche Autoren. In seinen Arbeiten bezieht sich Haggett stets auf von Lösch sowie weitere deutsche Autoren. In seinen Arbeiten bezieht sich Haggett stets auf englische Übersetzungen, sofern diese vorliegen. Haggett gilt als einer der bedeutendsten englische Übersetzungen, sofern diese vorliegen. Haggett gilt als einer der bedeutendsten Vertreter quantitativ und theoretisch arbeitenden "neuen Geographie".Vertreter quantitativ und theoretisch arbeitenden "neuen Geographie".

Peter Haggett, englischer Geograph (1933-)

1906: geboren in Oehringen (Baden-Württemberg) 1934-1935, 1936-1937: Rockefeller-Stipendiat in den USA 1940-1945: Forschungsgruppenleiter am Institut für Weltwirtschaft, Kiel. Das Institut führt

kriegswichtige Forschung aus. gestorben in Ratzeburg (Schleswig-Holstein)

1933: geboren in Somerset (England) 1965: Veröffentlichung von Locational analysis in human geography (339 Seiten) 1966-1998: Professor für Stadt- und Regionalgeographie an der Universtät Bristol (England); emeritiert 1998 1975: französische Übersetzung von Locational analysis in human geography (russische Übersetzung 1968, deutsche Übersetzung 1972) 1977: erweiterte Neuauflage von P. Hagget, A. D. Cliff, A. Frey: Locational analysis in human geography (605 Seiten)

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2.8.2.2.8.2. Vom Deutschen ins Englische und ins Französische. Vom Deutschen ins Englische und ins Französische. Biographische Kontexte (H. Fréchou, P. Pinchemel)Biographische Kontexte (H. Fréchou, P. Pinchemel)

Hubert Fréchou, französischer Geograph

Hubert Fréchou, der Übersetzer Haggetts, ist mindestens seit 1966 Forschungsgruppen-Hubert Fréchou, der Übersetzer Haggetts, ist mindestens seit 1966 Forschungsgruppen-leiter (maître de recherches) des ORSTOM (Office of Scientific und Technical Research leiter (maître de recherches) des ORSTOM (Office of Scientific und Technical Research Overseas). 1958 besucht er das ethnologische Institut der Universität Paris. Overseas). 1958 besucht er das ethnologische Institut der Universität Paris. Fréchou ist kein Experte für Methoden der Geographie. 1966, neun Jahre vor seiner Fréchou ist kein Experte für Methoden der Geographie. 1966, neun Jahre vor seiner Übersetzung Haggetts, veröffentlicht er mehrere Werke zur Humangeographie Afrikas, in Übersetzung Haggetts, veröffentlicht er mehrere Werke zur Humangeographie Afrikas, in der Hauptsache zu Kamerun. der Hauptsache zu Kamerun.   

Philippe Pinchemel veranlasst die französische Übersetzung und Veröffentlichung der beiden Philippe Pinchemel veranlasst die französische Übersetzung und Veröffentlichung der beiden wichtigsten englischsprachigen Geographen, welche das System Walter Christallers wichtigsten englischsprachigen Geographen, welche das System Walter Christallers verbreiten: Joe Lobley Berry (1971) und Peter Haggett (1975). Pinchemel versteht sich selbst verbreiten: Joe Lobley Berry (1971) und Peter Haggett (1975). Pinchemel versteht sich selbst nicht als Vertreter der "neuen Geographie". Er versucht vielmehr, die Einheit zwischen nicht als Vertreter der "neuen Geographie". Er versucht vielmehr, die Einheit zwischen physischer Geographie, Naturgeographie und Humangeographie aufrecht zu erhalten. Er physischer Geographie, Naturgeographie und Humangeographie aufrecht zu erhalten. Er rechtfertigt diese Einheit mit der langen Geschichte der verschiedenen Geographien und baut rechtfertigt diese Einheit mit der langen Geschichte der verschiedenen Geographien und baut auf die internationale Zusammenarbeit mit dem englischen Geographen T. W. Freeman. In die auf die internationale Zusammenarbeit mit dem englischen Geographen T. W. Freeman. In die französische Humangeographie führt Pinchemel den Begriff der "Zentralität" als französische Humangeographie führt Pinchemel den Begriff der "Zentralität" als beschreibende und erklärende Kategorie ein. Politisch steht er den Gründern der Fünften beschreibende und erklärende Kategorie ein. Politisch steht er den Gründern der Fünften Republik nahe.Republik nahe.

Philippe Pinchemel, französischer Geograph (1923-2008) 1923: geboren in Amiens (Frankreich, Somme) 1952-1965: beschäftigt an den Universitäten Besançon und Lille 1965-1991: Professor für Humangeographie an der Sorbonne (seit 1971 Universität Paris 1) 1967: Gründung des Zentrums für die Geschichte der Geographie und historische Geographie 1968-1980: Vorsitzender der Kommission für Ideengeschichte der Geographie

(Union Géographique Internationale) 1973-1988: Vorsitzender der Kommission für Ideengeschichte und Geschichte der Geographie

(Comité national Français de Géographie) 1988: Veröffentlichung von La face de la terre, Eléments de géographie (519 Seiten) mit Geneviève Pinchemel 2008: Tod in Sceaux (Frankreich, Hauts-de-Seine)

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1. 1. Aus dem Deutschen ins Englische: Aus dem Deutschen ins Englische:

2.9.1.2.9.1. Die untersuchten Texte (Wdh.)Die untersuchten Texte (Wdh.)

2. 2. Aus dem Englischen ins Französische: Aus dem Englischen ins Französische:

1.1) 1933-19661.1) 1933-1966

Walter Christaller: Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-Walter Christaller: Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen, Jena : Fischer, 1933.Entwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen, Jena : Fischer, 1933.

Übersetzung durch Carlisle W.BaskinÜbersetzung durch Carlisle W.Baskin: : Central places in southern Germany, Central places in southern Germany, EnglewoodEnglewood CliffsCliffs, , New-JerseyNew-Jersey : : Prentice-Hall, Prentice-Hall, 1966.1966.

1.2) 1944-19541.2) 1944-1954

August Lösch: Die räumliche Ordnung der Wirtschaft, JenaAugust Lösch: Die räumliche Ordnung der Wirtschaft, Jena : : Gustav Fischer, Gustav Fischer, 1944. 1944.

Übersetzung durch Übersetzung durch William H. Woglom: William H. Woglom: The economics of locationThe economics of location, , New Haven / New Haven / London : London : Yale university pressYale university press, , 1954.1954.

2.1) 1965-19732.1) 1965-1973

Haggett, Peter, Locational analysis in human geography, LondresHaggett, Peter, Locational analysis in human geography, Londres:: E. Arnold, 1965. E. Arnold, 1965.Übersetzung durch Übersetzung durch HubertHubert Fréchou: L’analyse spatiale en géographie humaine, Paris: Fréchou: L’analyse spatiale en géographie humaine, Paris: Armand Colin, 1973.Armand Colin, 1973.

2.2) 19882.2) 1988

Philippe et Geneviève Pinchemel: La face de la terre, Eléments de géographie, Paris : Philippe et Geneviève Pinchemel: La face de la terre, Eléments de géographie, Paris : A. Colin, 1988A. Colin, 1988

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2.9.2.2.9.2. 1944-1988: aus dem Deutschen ins Englische 1944-1988: aus dem Deutschen ins Englische und ins Französische:und ins Französische:Die Fusion von Lösch und ChristallerDie Fusion von Lösch und Christaller   

Das Original: August Lösch, Das Original: August Lösch, Die räumliche Ordnung der Die räumliche Ordnung der Wirtschaft. Wirtschaft. Jena: Gustav Fischer, 1944. Jena: Gustav Fischer, 1944. Abb. 27, S. 81. Abb. 27, S. 81.

Die Vereinfachung der Darstellung Löschs: Peter Die Vereinfachung der Darstellung Löschs: Peter Haggett, Haggett, Locational analysis in human geographyLocational analysis in human geography . . London: E. Arnold, 1965. London: E. Arnold, 1965. Abb. 5.4, S. 119.Abb. 5.4, S. 119.

Die versuchte Fusion von Walter Christaller und August Lösch: Philippe et Geneviève Pinchemel, Die versuchte Fusion von Walter Christaller und August Lösch: Philippe et Geneviève Pinchemel, La face de la terre, Eléments de géographieLa face de la terre, Eléments de géographie . Paris: A. Colin, 1988. . Paris: A. Colin, 1988. Abb. 15, S. 85.Abb. 15, S. 85.

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2.10.1.2.10.1. August Lösch hat Christallers Thesen nicht August Lösch hat Christallers Thesen nicht in allgemeiner Form bewiesenin allgemeiner Form bewiesen

1.1. 1933 erklärt Christaller die zentrale Funktion eines 1933 erklärt Christaller die zentrale Funktion eines Ortes durch ein "Prinzip", das von der Position des Ortes durch ein "Prinzip", das von der Position des Ortes a) in der Mitte, b) auf den Ecken oder c) auf Ortes a) in der Mitte, b) auf den Ecken oder c) auf den Seiten eines regelmäßigen Sechsecks abhängt. den Seiten eines regelmäßigen Sechsecks abhängt. Dieses Sechseck wird durch Verbindung von sechs Dieses Sechseck wird durch Verbindung von sechs gleichseitigen Dreiecken erzeugt.gleichseitigen Dreiecken erzeugt.

2.2. Lösch definiert jedes dieser Funktionsprinzipien Lösch definiert jedes dieser Funktionsprinzipien Christallers durch eine Konstante: k=3 für das Christallers durch eine Konstante: k=3 für das "Versorgungsprinzip", k=4 für das "Versorgungsprinzip", k=4 für das "Verkehrsprinzip", k=7 für das Verwaltungsprinzip. "Verkehrsprinzip", k=7 für das Verwaltungsprinzip. Lösch positioniert das Sechseck des Lösch positioniert das Sechseck des "Versorgungsprinzips" so, das dessen Ecken auf "Versorgungsprinzips" so, das dessen Ecken auf den Seitenmittelpunkten des Sechsecks des den Seitenmittelpunkten des Sechsecks des "Verkehrsprinzips" liegen. ("Verkehrsprinzips" liegen. (Die räumliche Ordnung Die räumliche Ordnung der Wirtschaftder Wirtschaft, 1944, Abb. 27, S. 81 ). , 1944, Abb. 27, S. 81 ).

3.3. Lösch nützt im Anschluss die Variable aLösch nützt im Anschluss die Variable a√n√n. Er leitet sie aus der Grundformel des . Er leitet sie aus der Grundformel des Sechsecks her: Höhe = Radius Sechsecks her: Höhe = Radius •√3/2. •√3/2. Dabei ist 'a' der Radius des kleinsten Sechsecks. Dabei ist 'a' der Radius des kleinsten Sechsecks. Er errechnet anschließend den Abstand aller zentraler Orte mit n = k = 3, 4, ..., 7 ..., 11Er errechnet anschließend den Abstand aller zentraler Orte mit n = k = 3, 4, ..., 7 ..., 11   

4.4. Er tut dies, indem er die von ihm Er tut dies, indem er die von ihm ad-hoc ad-hoc ermittelten Distanzen aermittelten Distanzen a√n√n einsetzt, nicht aber einsetzt, nicht aber die allgemeine Formel "Höhe = Radius die allgemeine Formel "Höhe = Radius •• √3/2"√3/2". Aus diesem Grund fallen die Ecken der . Aus diesem Grund fallen die Ecken der gedrehten Sechsecke nur noch bei jeder zweiten Drehung mit den Seitenmittelpunkten gedrehten Sechsecke nur noch bei jeder zweiten Drehung mit den Seitenmittelpunkten der größeren Sechsecke zusammen und nicht bei jeder Drehung.der größeren Sechsecke zusammen und nicht bei jeder Drehung.

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2.10.2.2.10.2. August Lösch hat Christallers Thesen nicht August Lösch hat Christallers Thesen nicht in allgemeiner Form bewiesenin allgemeiner Form bewiesen

Diese Lösung (Die räumliche Ordnung der Diese Lösung (Die räumliche Ordnung der Wirtschaft, Abbildung 27, S.81) basiert auf dem Wirtschaft, Abbildung 27, S.81) basiert auf dem Gedanken Löschs, dass – Gedanken Löschs, dass – im Gegensatz zu im Gegensatz zu ChristallerChristaller – das "Versorgungsprinzip" – das "Versorgungsprinzip" nichtnicht grundlegender ist als das "Verkehrsprinzip".grundlegender ist als das "Verkehrsprinzip".

Wenn man andererseits die Sechsecke des Wenn man andererseits die Sechsecke des "Verkehrsprinzips" (k=4) zur Grundlage macht "Verkehrsprinzips" (k=4) zur Grundlage macht und versucht, aus ihnen die Sechsecke des und versucht, aus ihnen die Sechsecke des "Versorgungsprinzips" (k=3) herzuleiten, "Versorgungsprinzips" (k=3) herzuleiten, entstehen Lücken (rosa Flächen) zwischen den entstehen Lücken (rosa Flächen) zwischen den Sechsecken des Typs k=3. Dies unterstreicht Sechsecken des Typs k=3. Dies unterstreicht Löschs Auffassung, dass seiner Methode der Löschs Auffassung, dass seiner Methode der Rotation von Sechsecken ein Schema zugrunde-Rotation von Sechsecken ein Schema zugrunde-liegt, welches "Versorgungsprinzip" und liegt, welches "Versorgungsprinzip" und "Verkehrsprinzip" "Verkehrsprinzip" kombiniertkombiniert. . Christaller betont demgegenüber, dass "Christaller betont demgegenüber, dass "keine keine unbelieferten Landstriche übrigbleibenunbelieferten Landstriche übrigbleiben" dürfen " dürfen (Christaller 1933, 69).(Christaller 1933, 69).

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2.11.1.2.11.1. 1944-1988: aus dem Deutschen ins Englische 1944-1988: aus dem Deutschen ins Englische und und dann dann ins Französische:ins Französische:Die Rolle von Übersetzungen für die und Übertragung Die Rolle von Übersetzungen für die und Übertragung der Fehler der Fehler   

Die Beispiele veranschaulichen, dass die Verwendung einer dominierenden oder Die Beispiele veranschaulichen, dass die Verwendung einer dominierenden oder exklusiven wissenschaftlichen Sprache der wissenschaftlichen Kommunikation exklusiven wissenschaftlichen Sprache der wissenschaftlichen Kommunikation zielgerichtete "Normalisierungen" erlaubt, die nicht immer wissenschaftlich begründet zielgerichtete "Normalisierungen" erlaubt, die nicht immer wissenschaftlich begründet sind.sind.

August LÖSCH 1944 S. 81 Peter HAGGETT 1965 S. 119

Philippe PINCHEMEL1988 S. 85

im Text genannte Anzahl der geometrischen Alternativen

10 9 3

im Text gebrauchte Bezeichnung der geometrischen Alternativen

Wirtschaftsgebiete Sechseckgebiete

("hexagonal territories") Grundprinzipien

("principes d’organisation")

Anzahl der Abbildungen eine große, komplexe Abbildung

neun kleine Abbildungen drei kleine Abbildungen

Inhalt der Abbildungen zehn "k-Werte"zehn gegeneinander verdrehte ineinander

verschachtelte Sechsecke

neun "k-Werte"neun Typen verschiedener

Sechsecke, keine Überlagerung

drei "k-Werte"drei Typen verschiedener

Sechsecke, keine Überlagerung

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2.11.2.2.11.2. 1944-1988: aus dem Deutschen ins Englische 1944-1988: aus dem Deutschen ins Englische und und dann dann ins Französische:ins Französische:Die Rolle von Übersetzungen für die und Übertragung Die Rolle von Übersetzungen für die und Übertragung der Fehler der Fehler   

1)1) FEHLER: FEHLER: Sowohl Peter Haggett wie Philippe Pinchemel schreiben die Hierarchie von Sowohl Peter Haggett wie Philippe Pinchemel schreiben die Hierarchie von "k-Werten" fälschlicherweise Christallers Theorie zu."k-Werten" fälschlicherweise Christallers Theorie zu.Hubert Fréchou übersetzt (unter der Anleitung von Philippe Pinchemel) "Hubert Fréchou übersetzt (unter der Anleitung von Philippe Pinchemel) "zentraler zentraler OrtOrt" unrichtig mit "" unrichtig mit "zentraler Raumzentraler Raum" ("place centrale") und erzeugt damit, " ("place centrale") und erzeugt damit, ausgehend vom englischen Begriff "ausgehend vom englischen Begriff "central placecentral place", einen Anglizismus, um den ", einen Anglizismus, um den Begriff "Ort" ("lieu") zu vermeiden (Paul Vidal de La Blache).Begriff "Ort" ("lieu") zu vermeiden (Paul Vidal de La Blache).

2)2) MANIPULATIONENMANIPULATIONEN::Peter Haggett ignoriert die Widersprüche zwischen Christaller und Lösch.Peter Haggett ignoriert die Widersprüche zwischen Christaller und Lösch.Philippe Pinchemel schreibt Walter Christaller eine Darstellung zu, die Peter Philippe Pinchemel schreibt Walter Christaller eine Darstellung zu, die Peter Haggett von August Lösch übernommen und dabei stark vereinfacht hatte.Haggett von August Lösch übernommen und dabei stark vereinfacht hatte.

3)3) ÜBERSETZUNG:ÜBERSETZUNG:Aus "Aus "WirtschaftsgebietenWirtschaftsgebieten" (August Lösch) werden "" (August Lösch) werden "SechseckgebieteSechseckgebiete" (Peter " (Peter Haggett) und schließlich "Haggett) und schließlich "GrundprinzipienGrundprinzipien" (Philippe Pinchemel), die Walter " (Philippe Pinchemel), die Walter Christaller zugeschrieben werden. Christaller hatte allerdings eine ganz andere Christaller zugeschrieben werden. Christaller hatte allerdings eine ganz andere Definition von "Zentralität" gegeben: "Definition von "Zentralität" gegeben: "die Anordnung einer Masse um einen Kerndie Anordnung einer Masse um einen Kern" " [...] "[...] "in der anorganischen wie in der organischen Naturin der anorganischen wie in der organischen Natur". ".

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Aus einer Kette von unzureichenden Übersetzungen und Anpassungen zu folgern, August Lösch Aus einer Kette von unzureichenden Übersetzungen und Anpassungen zu folgern, August Lösch habe Christallers System in generalisierter Form bewiesen, ist ein wissenschaftlicher Betrug. habe Christallers System in generalisierter Form bewiesen, ist ein wissenschaftlicher Betrug. Diese Auffassung ist von Autoren vertreten worden, die nicht in der Lage gewesen sind, die Diese Auffassung ist von Autoren vertreten worden, die nicht in der Lage gewesen sind, die mathematischen Fehler sowohl in den Original-texten wie in den jeweiligen Übersetzungen zu mathematischen Fehler sowohl in den Original-texten wie in den jeweiligen Übersetzungen zu durchschauen. durchschauen. In dieser Weise betrachtet Peter Haggett August Löschs In dieser Weise betrachtet Peter Haggett August Löschs Die räumliche Ordnung der WirtschaftDie räumliche Ordnung der Wirtschaft als "als "schwierigschwierig" und "" und "faszinierendfaszinierend" (Peter Haggett, " (Peter Haggett, The geographer's Art, The geographer's Art, 1990, S. 73). Richard E. 1990, S. 73). Richard E. Preston, ein guter Kenner der deutschen Sprache, findet, das System Christallers sei von einer Preston, ein guter Kenner der deutschen Sprache, findet, das System Christallers sei von einer unvergleichbaren "unvergleichbaren "mathematischen Eleganzmathematischen Eleganz" geprägt (Richard E. Preston, "Walter Christaller's " geprägt (Richard E. Preston, "Walter Christaller's research on regional and rural development planning during World War II." research on regional and rural development planning during World War II." Papers in Papers in Metropolitan StudiesMetropolitan Studies 2009, 52. S. 14.) 2009, 52. S. 14.)

Übersetzung ermöglicht eine Vorgehensweise in der Weise eines "cadavre exquis": der Übersetzung ermöglicht eine Vorgehensweise in der Weise eines "cadavre exquis": der Übersetzer ändert den Sinn der Vorlage oder kürzt diese, um hinzuzufügen, was immer er auch Übersetzer ändert den Sinn der Vorlage oder kürzt diese, um hinzuzufügen, was immer er auch will. Doch diese Art der Übersetzung erklärt nicht alles. Auch die Kompetenzen und will. Doch diese Art der Übersetzung erklärt nicht alles. Auch die Kompetenzen und Eigeninteressen des Übersetzers sind zu berücksichtigen – manchmal auch das Interesse, eine Eigeninteressen des Übersetzers sind zu berücksichtigen – manchmal auch das Interesse, eine wissenschaftliche Autorität für die eigene Position zu vereinnahmen.wissenschaftliche Autorität für die eigene Position zu vereinnahmen.

Dies geschieht selbst dann, wenn diese Autorität aus dem Lager der politischen Gegner kommt Dies geschieht selbst dann, wenn diese Autorität aus dem Lager der politischen Gegner kommt (und vor allem, wenn sie die Seiten gewechselt hat). Aus diesem Grund etwa erklärte William (und vor allem, wenn sie die Seiten gewechselt hat). Aus diesem Grund etwa erklärte William Bunge im Jahr 1977 in der Hoffnung, eine fortschrittliche, theoretische "neue Geographie" zu Bunge im Jahr 1977 in der Hoffnung, eine fortschrittliche, theoretische "neue Geographie" zu begründen in klarer Missachtung der Fakten: "begründen in klarer Missachtung der Fakten: "Walter Christaller war kein FaschistWalter Christaller war kein Faschist" (" (Ontario Ontario GeographerGeographer 1977, 11, S. 84-86). Bunge war Kommunist wie es Walter Christaller – für eine  1977, 11, S. 84-86). Bunge war Kommunist wie es Walter Christaller – für eine bestimmte Zeit – ebenfalls war. Gemeinsames politisches Engagement oder gute Absichten bestimmte Zeit – ebenfalls war. Gemeinsames politisches Engagement oder gute Absichten können wissenschaftliche Korrektheit aber nicht ersetzen. Ebensowenig ersetzbar ist die können wissenschaftliche Korrektheit aber nicht ersetzen. Ebensowenig ersetzbar ist die Kenntnis historischer Zusammenhänge: ein Nazi sollte nicht mit einem Faschisten verwechselt Kenntnis historischer Zusammenhänge: ein Nazi sollte nicht mit einem Faschisten verwechselt werden!werden!

2.12.2.12. FazitFazit des ersten Teils: des ersten Teils:

Übersetzung als WerkzeugÜbersetzung als Werkzeug von Normalisierung von Normalisierung