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Karneval Immis lay 1 - Emons Verlag€¦ · Alaaf: Rheinischer Karnevalsgruß; für Imis oft so ungewohnt, dass er ihnen nur zögernd über die Lippen kommt. Woher das Wort kommt,

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Page 1: Karneval Immis lay 1 - Emons Verlag€¦ · Alaaf: Rheinischer Karnevalsgruß; für Imis oft so ungewohnt, dass er ihnen nur zögernd über die Lippen kommt. Woher das Wort kommt,

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Page 2: Karneval Immis lay 1 - Emons Verlag€¦ · Alaaf: Rheinischer Karnevalsgruß; für Imis oft so ungewohnt, dass er ihnen nur zögernd über die Lippen kommt. Woher das Wort kommt,

131 »Karneval fiere sujar schon uns Pänz« –Karneval mit Kindern

136 »M’r fohre met d’r Stroßebahn noh Hus« – Mit Bus und Bahn durch den Karneval

140 »Dat es Karneval« – Versuch einer Schlussbetrachtung

143 Adressen von Karnevalskneipen in denVeedeln

174 »D’r Zoch kütt« – Straßenkarnevalstermine

184 Adressen

187 Lesetipps

I n h a l t6 »Willkumme in Kölle« – Einleitung

10 »Sach eens Blootwoosch« – Kölsches Karnevalsglossar

23 »Am Aschermittwoch ist alles vorbei« – Der Sessionsablauf im Überblick

31 Von der Anarchie zum verwalteten Spaßund zurück – Eine kurze Geschichte des organisierten Karnevals

44 »Drink doch ene met« – Wie man den Kneipenkarneval überlebt und Spaß daran hat

59 »Und mer trecke durch de Stadt« – Das Mysterium des Straßenkarnevals

74 »Dreimol Kölle alaaf« – Karnevalssitzungen, und wieso sie nicht (immer) so schlimm sind, wie derImi denkt

93 »Kumm loss mer fiere« – Bälle und Partys alsAlternative zum Kneipenkarneval

96 »Ich han de Musik bestellt« – Musik undKarneval

117 »Du sollst mich lieben für drei tolle Tage« – Flirten und mehr im Karneval

120 »Drink doch ene met« – Alkohol im Karneval

124 »En Pappnas em Jeseech« – Kostümieren, aber richtig

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Kneipen und der Innenstadt fern! Das ist besser für Sie und alle an-deren. Dieses Buch können Sie nun entweder ins Regal beim Händ -ler zurückle gen, verschenken oder weiterverkaufen, denn wenn SieKarneval wirklich nichts abgewinnen können, werden Sie nichtmehr für sich darin finden.Für alle diejenigen aber, die das hier lesen, weil sie neugierig auf

den Kölner Karneval sind: Herzlichen Glückwünsch, Sie haben sichrichtig entschieden! Nicht nur mit demKauf dieses Buches, sondern auch, weilSie es wagen wollen, als Imi, also alsNicht-Köl ner, einmal in den Karnevalder Domstadt einzutauchen. Nur da -nebenzustehen und blöde Sprüche zuklopfen, ist billig – mitzufei ern und nochviel blödere Sprüche zu klopfen, ist lus-tig.

Aus kölscher Sicht ist das Grundproblem eines jeden Imis: Er kannnicht feiern. Zumindest nicht so wie die Kölschen. Und auch wenn’swehtut: Das stimmt leider. Man mag den Kölnern vorwer fen, dasssie jede Gelegenheit nutzen, um sich selbst zu feiern, aber das zu-mindest können sie. Das Praktische ist nun: Das kann man lernen.Es ist gar nicht so schwer.Manche von Ihnen fragen sich jetzt sicher, ob sie das überhaupt

lernen wollen. Vielleicht müssen Sie auf irgendeinen Kostümball,weil der Chef es angeordnet hat, und Sie kennen Karneval bishernur aus dem Fernsehen oder aus trostlosen Stimmungslokalen inder norddeutschen Provinz. Vielleicht waren Sie aber auch schoneinmal im Kölner Karneval unterwegs und wurden verdammt ent -täuscht, weil sich Ihnen nicht erschlossen hat, was an sturzbetrun -kenen Jugendlichen und Ballermann-Musik aus überfüllten Knei -pen so toll sein soll. Um das gleich vorneweg zu beantworten: Dar anist gar nix toll. Das wird Ihnen auch jeder Kölsche bestätigen. MitAusnahme der Minderheit der Ballermann-Musikhörer und sturz-besoffenen Jugendlichen.Aber auch mancher Kölner kann nichts (mehr) mit einem von

vorne bis hinten durchkommerzialisierten Fest anfangen, bei dem

E IN LE I TUNG

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Esu e wunderschön Jeföhlkritt mer he schnell,wemmer’t nur well.

Bläck Fööss, »Loss mer singe«

(So ein wunderschönes Gefühlkriegt man hier schnell,wenn man’s nur will.)

»Als ich als Türkin hier zum ersten Mal Ostern mitfeiern wollte, da musste mir jemand erklären, wie das geht: Was macht man da,was ist das für eine Tradition? Wann packt man die Eier wohin?Und genauso ist das mit Imis im Karneval – einer muss es erklären.Aber ich glaube, egal, was man tut – wenn einer als Imi da reinkommt, wird er immer erst einmal einen Schock bekommen.Man kann ihn nur möglichst gut vorbereiten und dann sagen: Viel Glück, viel Spaß!«Selda Akhan, Regisseurin der »Immisitzung«

E ines vorneweg: Falls Sie eingefleischter Karnevalsfeind sindund hoffen, dass Sie hier Tipps bekommen, wie Sie dem je-cken Chaos in Köln entgehen können: kein Problem! Nut-

zen Sie die Karnevals tage für einen entspannten Nordsee-Urlaub,eine ausgedehnte DVD-Session mit stapelweise Tiefkühlpizza oderwas Sie sonst gern machen. Aber bleiben Sie um Gottes willen den

W i l l k u m m e i n K ö l l e �-

Einleitung

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Was sind Imis?»Imi« – heute manchmal auch »Immi«geschrieben – ist die Kölsche Bezeich-nung für Nicht-Kölner. Warum nicht ein-fach »Auswärti ger« gesagt wird? Wahr-scheinlich, weil man Imis damit nicht sogut verwirren könnte. Näheres dazu imnächsten Kapitel.

F ü r B e s s e r w i s s e r :

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niert nur, wenn man sich fallen lässt. Ohne Netz und doppelten Bo -den. Nicht skeptisch »das Wasser antesten«, sondern rein ins Be -cken – mit Karacho und Arschbombe. Übrigens: Selbst der obenerwähnte notorische Karnevals-Vermeider Wolfgang Niedecken hatim Jahr 2010 gemeinsam mit dem Festkomitee einen Wagen fürden Rosenmontagszug vorgestellt. So ganz lässt Karneval auf Dau ereben niemanden kalt.Wenn Sie also nach allem bisher Gesagten kein bisschen Blut ge -

leckt haben und keinerlei Drang verspüren, rauszukriegen, was dieKölschen so an der »fünften Jahreszeit« (im Übrigen ein selten däm -licher Ausdruck) fasziniert: Lesen Sie noch einmal ganz in Ru heden ersten Absatz dieses Kapitels und überlegen Sie, ob das nichtvielleicht doch die bessere Strategie für Sie ist.Für den Rest gilt: Kommen Sie rein. Das Kölsch ist schön kühl!

A u f b a u d e s B u c h e s

Bevor es losgeht, noch ein paar lästige Worte zum Aufbau des Bu -ches. Das Buch gliedert sich in zwei Hauptbestandteile:Im ersten Teil des Buches kriegen Sie Infos und Tipps zum Kar -

neval: Wo kommt das Ganze überhaupt her? Wer singt welchesLied, und warum ist das toll? Was ist der Unterschied zwischenPrunk-, Stunk- und Trunksitzung, und sollte man überhaupt in Sit -zungen gehen? Mit welchen Kostümen fällt man angenehm auf,mit welchen unangenehm? Wie benehme ich mich in Kneipen?Wie reagiere ich, wenn ich gebützt werde, und was ist das eigent -lich? Und muss am Aschermittwoch wirklich alles vorbei sein, selbstwenn meine aktuelle Bekanntschaft so wahnsinnig nett ist?Danach folgt das, was man neudeutsch »Service-Teil« nennt –

sprich Kneipentipps, Karnevalszugstermine und -strecken, Adres-sen für Eintritts karten und mehr.So, alle Klarheiten beseitigt? Dann steht Ihrer Entdeckungsrei se

in den Kölner Karneval nichts mehr im Weg.

E IN LE I TUNG

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es Zehntausende von Euros kostet, »einmol Prinz zo sin«, und man -che Bühnenkünstler an einem Abend mehr verdienen als ein durch -schnittlicher Angestellter mit einem Vierteljahr Arbeit. BAP-Sän-ger Wolfgang Niedecken erklärte schon in den 1980er Jahren, derKarneval, an dem ihm früher viel gelegen hatte, lasse sich inzwi-schen »nur noch im Suff ertragen«, und verpackte seine Ablehnungsogar in einen BAP-Song (»Nit für Kooche«). Es stimmt ja auch:Karneval, das sind Vereinsmeier und besoffene Ju gendliche, in -fantile Trinklieder aus überfüllten Kneipen, Klüngel, Fremdgehen,Schlä gereien, handfeste Geschäftsinteressen und ab gebrühte Froh-sinnsprofis.Aber für den, der es mag, ist Karneval auch etwas ganz anderes.

Karneval, das sind Ferien vom Alltag, die Zeit, in der die Verklei -dung alle gleichmacht, in der alle die gleichen – manchmal alber -nen, manchmal sentimentalen – Lieder hören und mitsingen, in derwildfremde Menschen einem plötzlich ein Kölsch in die Hand drü -cken, einfach, weil man gerade da ist. Karneval, das ist so, wie alsKind in Omas Garten herumzutollen und sich danach mit Schoko -ladenkuchen vollzustopfen. Und am nächsten Morgen, wenn manwieder zurück in den Alltagstrott muss, fragt man sich, wieso ei -gentlich nicht jeder Tag so sein kann.Huch, werden Sie sich jetzt gedacht haben, was ist denn nun

passiert? Klang Ihnen das gerade zu pathetisch? Vielleicht sogar einbisschen sektiererisch? Da müssen Sie durch. Denn gerade mittenin der Heiterkeit drückt der Kölner gern mal auf die Tränendrüse –so rein des Kontrastes wegen. Mit etwas Glück hat der hymnischeAbsatz eben aber noch einen weiteren Zweck erfüllt: Nämlich den,Sie neugierig zu machen, wieso zum Geier manchen Leuten Glücks -tränen in die Augen treten, wenn sie über ein paar Tage kos tümier -ter Brauchtumspflege sprechen. Bitte sehr, Ihnen kann ge holfenwerden. Auch Sie können so weit kommen, dass Sie am Ascher-mittwoch schwermütig durch die Straßen laufen und sich fragen,wie Sie die unsäglich lange Zeit bis zum nächsten Karneval über-brücken sollen.Aber Achtung: Sie müssen es wirklich wollen. Keine halben Sa -

chen. Damit wäre auch geklärt, wie das Bläck-Fööss-Zitat überdiesem Kapitel an seinen Platz gekommen ist. Karneval funktio -

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se entschie den, die mir am passendsten erschien. Ich bin Imi, ichdarf das.

K a r n e v a l

Alaaf: Rheinischer Karnevalsgruß; für Imis oft so ungewohnt, dasser ihnen nur zögernd über die Lippen kommt. Woher das Wortkommt, weiß keiner so genau. Eine der häufigsten Herleitungenführt es auf »al aaf« zurück, also »alles weg«. »Kölle alaaf« hießedemnach: »Außer Köln alles weg« oder – weniger politisch kor -rekt – »Köln über alles«. Daneben gibt es noch viele andere Deu -tungsversuche. Viel wichtiger als der Ursprung ist jedoch: RufenSie in Köln stets alaaf, niemals helau. Letzteres beschert Ihnenzumindest böse Blicke, wenn es nicht gar als Provokation aufgefasstwird.

Bützen: Ein Küsschen geben – sei es auf die Wange oder denMund. Gebützt wird mit spitzen Lippen und ohne Zunge! Zu Kar -neval und vor allem an Weiberfastnacht ist das Bützen fremderMenschen erlaubt. Ein Bützje (= Küsschen) auszuschlagen, gilt alszumindest unhöflich. Bützen ist eine rein freundschaftliche Ange -legenheit und nicht automatisch als Einladung zu weiteren Zu dring -lichkeiten zu verstehen. Merke: Bützen verhält sich zu Knut schenso wie Händeschütteln zu Händchenhalten.

Dreigestirn: Die offiziellen Repräsentanten des organisierten Kar -nevals. Es besteht traditionell aus den Figuren Prinz Karneval,Bau er und Jungfrau, deren Darsteller jedes Jahr aus einer anderenKar nevalsgesellschaft kommen und allesamt von zahlungskräftigenMitgliedern der Kölner Gesellschaft verkörpert werden. Schließ -lich bringt das jecke Amt eine ganze Menge an Unkosten mit sich –und dazu noch Terminstress und Verdienstausfall durch die Reprä -sentationspflichten. Trotzdem ist jeder Kölner von Geburt an dazuverpflichtet, einmal im Leben Prinz sein zu wollen, was er auch gernin entsprechenden Liedern besingt.

Ding Sproch dat is e Kauderwelsch, ne herrliche Jesang,ich hür dir zo un bliev bei dir, mie janzes Levve lang.

Jürgen Wunderlich, »E janz klein Stück vun Kölle«

(Deine Sprache ist ein Kauderwelsch, ein herrlicher Gesang.Ich hör dir zu und bleib bei dir, mein ganzes Leben lang.)

G erade als Imi sieht man sich in Köln mit einem Haufenunver ständlicher Begriffe konfrontiert, zum Beispiel mitdem Wort »Imi«. Was ist das, und woher kommt das?

Wer ist der Nubbel, und warum ist er an allem schuld, und wiesorufen alle nach »Strüssje«?Damit Sie im Karneval richtig mitreden können, gibt es hier als

handliche Übersicht die Bedeutung der wichtigsten Begriffe rundum die fünfte Jahreszeit und kölsche Kultur im Allgemeinen.

Eine kurze Anmerkung noch zur kölschen Rechtschreibung, wiesie in diesem Buch gepflegt wird: Im Grunde genommen istKölsch keine Schriftsprache. Nicht einmal die Kölner sind sich ei-nig, wie man es richtig aufschreibt: »M’r« oder »mer«, »Zoch« oder»Zog« sind nur zwei von vielen Streitfällen. Deshalb habe ich be-schlossen, mir keine zu großen Gedanken über eine »korrekte«Rechtschrei bung zu machen und mich jeweils für die Schreibwei-

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KARNEVALSG LOSSAR

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S a c h e e n s B l o o t w o o s c h �-

K ö l s c h e s Karnevalsglossar

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amtlich. Allerdings sind die leitenden Posten lokalpolitisch von sogroßer Bedeutung, dass das fehlende Gehalt allemal durch Einflussund gesellschaftliche Stellung wettgemacht wird.

Hier ist der offizielle Karneval zu Hause.

Funken: Uniformierte Korpsgesellschaften, die mit ihren Auftrit-ten den Militarismus parodieren. Ursprüngliches Vorbild ist die ehertrink- als einsatzfreudige mittelalterliche Kölner Stadtgarde, auchbekannt als »die schlechtesten Soldaten der Welt«. Im Festkomiteevertreten sind die Roten und die Blauen Funken, daneben gibt esseit einigen Jahren noch die schwulen Rosa Funken. Andere unifor -mierte Karnevalisten sind keine Funken; auch nicht die Männer derNippeser Bürgerwehr, obwohl sie wegen ihrer orangefarbenen Uni -formen im Volksmund »Appelsinefunken« heißen.

Funkenmariechen: Tänzerin beim Tanzkorps einer der Funken-Ge sellschaften. Auch wenn umgangssprachlich alle Tänzerinnen imKarneval als Funkenmariechen bezeichnet werden – offiziell hei ßensie bei anderen Gesellschaften anders, zum Beispiel »Marke ten de -rin«. Diese Position ist eine der wenigen Möglichkeiten, die Frauen

Das Dreigestirn ist in dieser Form eine ziemlich moderne Erfin -dung: Mit der Karnevalsreform 1823 wurde zunächst der »HeldCarneval« als zentrale Figur des jecken Treibens eingeführt. Etwasspäter etablierte sich die Jungfrau als Hinweis auf die »Jungfräu -lichkeit«, die sich die Reichsstadt Köln dadurch bewahrte, dass sieüber Jahrhunderte nicht erobert wurde, und an ihrer Seite der Bau -er als Symbol für die Wehrhaftigkeit, die ebendiese Jungfräulich -keit beschützte. 1883 wurden diese Figuren dann zum Dreigestirnzusammengefasst. Falls Sie sich wundern, wieso ausgerechnet einBauer die Wehrhaftigkeit symbolisiert und nicht etwa ein Ritteroder ein General: Der Bauernstand war über Jahrhunderte hinwegdafür zuständig, die Stadt zu verteidigen, und machte dabei allemAnschein nach eine bessere Figur als die Stadtsoldaten (siehe auch»Funken«).

Elferrat: Eine Art Organisationskomitee in Karnevalsgesellschaf -ten, das sich um die Ausrichtung von Sitzungen, Bällen, Umzügenund ähnlichen Veranstaltungen kümmert. Als Belohnung dafür sit -zen sie bei der Sitzung links und rechts des Sitzungspräsidenten aufder Bühne. Anders als der Name vermuten lässt, kann der Elferratdurchaus aus zwölf oder mehr Personen bestehen, die sich die orga -nisatorischen Pflichten teilen – in der Regel kommen aber nur elfvon ihnen für eine Sitzung auf die Bühne.

Fasteleer oder Fastelovend: Kölscher Ausdruck für Karneval –ent sprechend der alemannischen Bezeichung »Fastnacht«. Rührtda her, dass der Höhepunkt der Session quasi am »Vorabend« derFas tenzeit stattfindet.

Festkomitee: 1823 als »Festordnendes Komitee« gegründet, sind indiesem Verein über 100 Kölner Karnevalsgesellschaften zusam -mengeschlossen. Das Festkomitee organisiert die großen Sitzungenund viele der Karnevalszüge. Gegründet wurde es seinerzeit, umden eher anarchischen Straßenkarneval in geordnete bürgerlicheBah nen zu lenken. Diesen Zwiespalt zwischen Narrenfreiheit undOrdnungsdrang merkt man bis heute vielen offiziellen Veranstal -tun gen an. Die Arbeit im Festkomitee erfolgt traditionell ehren -

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KARNEVALSG LOSSAR

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Gardist: Oberbegriff für alle uniformierten Karnevalisten – sei es ineinem der Funkenkorps, der Prinzen- oder Ehrengarde oder einerder anderen Korpsgesellschaften.

Jeck: Kölsch für »Narr« oder »närrisch«. Wer Karneval feiern geht,ist ein Jeck – und da in Köln die ganze Stadt feiert, ist ganz Kölnzwischen Weiberfastnacht und Karnevalsdienstag ganz schön jeck.Als Abgrenzung gibt es noch Karnevalisten. Das sind diejenigen,die über das reine Feiern hinaus am organisierten Karneval beteiligtsind – sei es in einer der großen Karnevalsgesellschaften oder alsKünstler auf Sitzungsbühnen. Während der Jeck die Karnevalszeitganz zum individuellen Feiern nutzen kann, kann sie für Karneva -listen auch schon mal in Termin- oder Organisationsstress ausar -ten. Manche Jecken vertreten deshalb die Ansicht, als Karnevalistkönne man gar nicht mehr richtig jeck sein. Karnevalisten wieder -um finden, dass man schon ziemlich jeck sein muss, um so etwas zudenken.

Kamelle: Süßigkeiten, die während eines Karnevalszuges geworfenwerden. Anders als der Name vermuten lässt, sind das nicht nur Ka -ramellbonbons, sondern fast alle vorstellbaren Zuckerwaren: voneinfachen Lutschbonbons über Gummibären und Schokoladenta -feln bis hin zu kompletten Pralinenschachteln. Da die Zugteilneh -mer selbst für alles zahlen, was sie werfen, hängt die Qualität undMen ge der geworfenen Süßigkeiten stark davon ab, wie viel Gelddie Mitglieder einer Gruppe im Schnitt haben und wie viel Pres-ti ge für sie an der Teilnahme hängt.

Karnevalsgesellschaft: Eigentlich dasselbe wie ein Karnevalsverein,aber »Gesellschaft« klingt vornehmer.

Knabüss: Kölsch für »Knallbüchse«, das komplett schießunfähigeHolzgewehr, das zur Uniform vieler Gardisten gehört.

Korpsgesellschaft: Uniformierte Karnevalsgesellschaft mit mili tä -ri schen Dienstgraden. Je nach Gesellschaft wird die Hierarchieerns ter genommen oder eher parodiert. Durch ihre aufwendigen

haben, in den großen offiziellen Karnevalsgesellschaften mitzuma-chen – allerdings dürfen sie meist nicht bei den wichtigen Entschei-dungen mitreden, sondern eben nur tanzen.

Funkentöter: Keine antikarnevalistischen Amokläufer, sondern ur -sprünglich der Karnevalsverein der Feuerwehren – inzwischen auchfür Nicht-Feuerwehrleute offen.

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So sieht es aus, wenn Frauen im Karneval hohe Positionen erreichen.

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Strüssje: Kleine Blumensträuße, die bei Karnevalszügen von Wagengeworfen oder von Fußgruppen verteilt werden. Vor allem bei weib-lichen Jecken sehr beliebt. Werden gern gegen ein Bützje ge tauscht.

Tolle Tage: Begriff für die Zeit von Weiberfastnacht bis einschließ -lich Karnevalsdienstag. Taucht in der Umgangssprache selten auf,wird in diesem Buch aber oft verwendet, weil es den Satzfluss we -niger hemmt, als immer »die Zeit von Weiberfastnacht bis Karne -valsdienstag« zu schreiben.

Wurfmaterial: Offizielle Festkomitee-Bezeichnung für Strüssje,Ka melle und alles, was sonst noch so auf Karnevalsumzügen gewor -fen wird. Am oberen Ende der Preisskala liegen da komplette Pra -linenschachteln oder speziell für die Gesellschaft gefertigte Gum -mibärchen, am unteren Ende (bei kleineren Vereinen in den Vee -delszügen) kommen auch schon mal Taschentuch-Packungen oderKüchenschwämme vor.

Veedelszoch: Karnevalszug, der von Vereinen und Gruppen einesStadtviertels veranstaltet wird und durch dieses geht. Nicht zu ver -wechseln mit den »Schull- und Veedelszöch«. Näheres dazu im Ka -pitel über den Straßenkarneval.

Zoch: Allgemein ein Umzug, und von denen gibt es in Köln zu Kar -neval jede Menge. Wenn aber von »dem Zoch« die Rede ist, meintder Kölner in der Regel den großen Rosenmontagszug.

K ö l n u n d K ö l s c h e s

Alter Markt: Platz im Herzen der Altstadt und traditionell der Ort,auf dem am 11.11. die Sessionseröffnung und zu Weiberfastnachtder Beginn des Straßenkarnevals gefeiert werden. Wegen U-Bahn-Bauarbeiten musste dafür in den letzten Jahren auch schon mal derbenachbarte Heumarkt als Ersatz herhalten. Der Kölner hat ir -gendwann entschieden, dass der Alter Markt auf der ersten Silbe

Uni formen sind die Korpsgesellschaften ein Blickfang in den Kar -ne valszügen.

Nubbel: Strohpuppe, die zur Karnevalszeit an den Fassaden vielerKneipen hängt. Die Jecken machen den Nubbel für all die bösenund unmoralischen Dinge verantwortlich, die während der Karne -valstage geschehen. Als Buße dafür wird er am Abend des Karne -valsdienstags öffentlich verbrannt. Die Nubbelverbrennung ist einerelativ junge Tradition, die erst seit dem frühen 20. Jahrhundert ein -deutig belegt ist und vor allem seit den 1980er Jahren populär wur -de. Die meisten Kneipen verbrennen ihren Nubbel individuell – esgibt aber auch gemeinsame Aktionen. Vor allem im Zülpicher Vier -tel hat sich die große Nubbelverbrennung der Studentenknei pen zueinem echten Massen-Event entwickelt. Jedes Jahr werden die Nub -bel aller beteiligten Lokale auf einen Scheiterhaufen auf der Roon-straße geworfen, während viele Tausend Zuschauer die Straße ver-stopfen. Von der ursprünglich intimen und etwas sentimentalenAt mosphäre einer Nubbelverbrennung als Abschluss der Karne vals -zeit ist dabei freilich nicht mehr viel übrig geblieben.

Session: Die »offizielle« Karnevalszeit vom 11.11. bis zum Ascher -mittwoch. Die Sessionseröffnung wird jedes Jahr mit einem großenFest auf dem Alter Markt begangen. Wird deutsch ausgesprochen –also »Sässion«, nicht etwa englisch »Säschn« oder gar französisch»Säsong«.

Sitzung: Kennen viele aus dem Fernsehen: Eine Reihe Karnevalis -ten, teils Redner, teils Musiker, tritt auf einer Bühne vor einem imLaufe des Abends zunehmend alkoholisierten Saalpublikum auf. Jenach Veranstalter und Zielpublikum kann es dabei sehr steif oderäu ßerst locker zugehen.

Stippeföttche: Traditioneller Tanz der Roten Funken, bei dem je-weils zwei Männer mit dem Rücken zueinander stehen und dieHin tern aneinanderreiben. Sieht noch alberner aus, als es eh schonklingt – das soll es aber auch.

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Fott oder Föttche: Ja, es ist ein Körperteil. Nein, es ist nicht so et-was Unanständiges, wie Nicht-Rheinländer jetzt vielleicht denken.Die Fott ist auf Kölsch nichts anderes als der Hintern, und wer imüber tragenen Sinn »op es Föttche gefalle« ist, der wäre hochdeutschebenso bildlich auf die Schnauze gefallen.

Gürtel: Ehemaliger Befestigungsring um das alte Köln, jetzt eineRingstraße, die für Karnevalsanfänger eine gute Grenze bei derKneipensuche bildet. In den meisten Stadtteilen nimmt jenseits desGürtels die Dichte der lohnenden Lokale rapide ab.

Im(m)i: Mit ziemlicher Sicherheit Sie, wenn Sie das hier lesen müs -sen. Der Begriff »Imi« bezeichnet pauschal alle, die nicht in Kölngeboren sind, aber dort leben, und hatte ursprünglich eine abwer -tende Tendenz: Manch ein Zugereister versuchte, um dazuzugehö -

betont und nicht dekliniert wird – es ist also »die Sessionseröffnungauf dem Alter Markt«, nicht etwa »auf dem Alten Markt«. (Mit derkarnevalistisch weniger interessanten Hohe Straße sowie der Brei -te Straße wird genauso verfahren.)

Blootwoosch: Blutwurst, eine kölsche Spezialität, die nach Ansichtder Höhner neben Kölsch und »lecker Mädche« unverzichtbarerLebensbestandteil des Kölners ist. Daneben ein klassischer Sprach -test, um Imis zu enttarnen. Während diese sich nämlich die Zungeverknoten, wenn sie aufgefordert werden, »Blootwoosch« nachzu -sprechen, zieht sich der Kölsche aus der Affäre, indem er die ande -re populäre – und leichter auszusprechende – Bezeichnung für dieFleischware nutzt: Flönz.

Brauhaus: Ursprünglich eine Gaststätte, in der das Bier direkt ge -braut wurde. Das trifft heute aber nur noch auf die wenigstenBrau häuser zu. Aktuell besteht der Hauptunterschied zur Kneipedarin, dass Brauhäuser deutlich geräumiger sind und (außerhalbder hei ßen Phase des Kneipenkarnevals) auch eine Reihe meistdeftiger Speisen anbieten. Anders als in einem Restaurant gibt esdabei kei ne individuellen Tische: Wenn zwei Personen an einemTisch für vier sitzen, ist es völlig normal, wenn sich ein weiteresPaar dazu setzt. Während des Kneipenkarnevals bieten Brauhäusermeist kein aufwendiges Essen an. Je nach Größe des Lokals kannman hier aber mit mehr Bewegungsfreiheit rechnen als in Kneipen,sodass sie sich auch für etwas ältere Jecken oder größere Gruppeneignen.

Büdchen: Kölscher Begriff für »Kiosk«. Büdchen verkaufen im All -gemeinen ungefähr das Sortiment, das Sie anderswo an Tankstellenbekommen können (bis auf Benzin oder Diesel natürlich). Diesdürfte mit einer der Gründe dafür sein, dass 24-Stunden-Tankstel -len in Köln eher selten sind. Büdchen finden Sie dagegen in denmeisten Veedeln alle paar Hundert Meter. Die meisten haben bismindestens 22 Uhr geöffnet, einige sogar bis nach Mitternacht.

Flönz: siehe Blootwoosch

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KARNEVALSG LOSSAR

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Die Blauen Funken demonstrieren, was die Fott ist.

Page 10: Karneval Immis lay 1 - Emons Verlag€¦ · Alaaf: Rheinischer Karnevalsgruß; für Imis oft so ungewohnt, dass er ihnen nur zögernd über die Lippen kommt. Woher das Wort kommt,

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ren, sich in Sprache und Verhalten besonders kölsch zu geben, waraber trotz allem nur ein »imitierter« Kölner und kein echter. Nebender Form mit einem »m« hat sich auch noch die Version »Immi«etabliert – abgeleitet von »Immigrant«.

Köbes: Der »Kellner« in einem typisch kölschen Brauhaus. Zu er -kennen an seiner traditionellen Tracht (blaues Hemd und schwar zeSchürze) und seiner ebenso traditionellen Ruppigkeit – vor al lem,wenn man auf die Idee kommt, alkoholfreie Getränke zu be stellen.Ein guter Köbes ist dabei jedoch nie wirklich unfreundlich, son derneher rustikal-spöttisch. Auch Brauhäuser wollen sich schließ lich ih -re Kunden nicht vergraulen.

Kölsch (Getränk): Hauptnahrungsmittel während des Kneipenkar -nevals. Einst gab es über 100 Marken, derzeit sind es nur noch knapp30, wobei hinter manchen Marken ein und derselbe Mutter konzernsteht. Ähnlich wie bei anderen Biersorten auch hat jede Kölschmar-ke ihre Fans. Am weitesten verbreitet sind Reissdorf, Gaffel, Früh,Gilden, Küppers, Dom und Sion Kölsch. Seltener zu bekommen,aber allgemein sehr hoch geschätzt, sind vor allem Päffgen und Müh -len Kölsch. Viele der kleinen Marken sind nicht oder nur an ausge-wählten Orten in Flaschen zu bekommen. Man che Kölner behaup-ten, das Durcheinandertrinken verschiedener Kölschsorten erhöhedie Gefahr, am nächsten Morgen einen kräf tigen Kater zu bekom-men. Im Karneval muss man sich darum nur wenig Gedanken ma-chen: Veranstaltungen haben eh nur jeweils ei ne bestimmte Markeim Angebot, und Kneipenwirte sind in der Regel vertraglich an eineBrauerei gebunden, von der sie das Kölsch zu Preisen abnehmenmüssen, die meist deutlich über denen des Einzelhandels liegen.

Kölsch (Sprache): Eigentlich gibt es gar nicht die kölsche Sprache.Bis vor wenigen Jahrzehnten hatte jede Gemeinde auf dem GebietKölns ihren eigenen Dialekt, der sich in Nuancen von dem unter -schied, was ein paar Kilometer weiter gesprochen wurde. Geschul -te Ohren konnten schnell ausmachen, ob jemand aus Porz oderDeutz kam. Heute, da im Alltag kaum mehr Kölsch gesprochenwird, sind diese Varianten meist verloren gegangen. Für das durch -

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