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Katalytische Untersuchungen an Legierungen. XXV. Die Parawasserstoff-Umwandlung an Silber–Palladium-Legierungen

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Page 1: Katalytische Untersuchungen an Legierungen. XXV. Die Parawasserstoff-Umwandlung an Silber–Palladium-Legierungen

RIES~CKER u. EXCELS, Parawasserstoff -Cnimandlung an dg-Pd 259

Katalytische Untersuchungen an Legierungen. XXV1)

Die Parawasserstoff -Urnwandlung an Silber-Palladium-Legierungen

Von G. RIENACKER und S. ENGELS~)

Nit G Abbildungen

Professor Herbert Funk xum 70. Geburtstage am 24. April 1965 gewidmet

Inhaltsubersieht Die katalytische Umwandlung des Parawasserstoffs wird an kompakten Silber-Palla-

dium-Legierungen untersucht. Der Aktivitatsverlauf zeigt ein Maximum bei 70 bis 80 At.-% Pd. Die Legierungen zwischen 30 und 60 st.-% P d besitzen - im Vergleich zu den silber- reichen Proben - ebenfalls noch eine hohe ,4ktivit&t. Legierungen um 70 At.-% Pd sind in bezug auf die Aktivierungsenergie unwirksamer als das reine Palladium. Ebemo erfolgt ein Anstieg der Aktivierungsenergie im Bereich der vollstlindigen iluffullung der Lucken des 4 d-Bandes von Palladium durch die s-Elektronen des Silbers. Weiterhin werden Unter- suchungen zur Hydrierungsaktivitat pulverformiger Ag-Pd-Mischkatalysatoren (Benzol- hydrierung in der Gasphase) mitgeteilt.

Das katalytische Gesamtverhalten wird im Zusammenliang mit der verschieden groDen Ldslichkeit von Wasserstoff in den einzelnen Legierungen und der elektronischen Wechsel- wirkung zwischen Wasserstoff und Katalysator diskutiert.

Summary The para-hydrogen conversion has been studied on series of silver-palladium foils.

The activity a t 200°C passes through a maximum a t about 80-70 per cent Pd and falls then rapidly with the alloys of 60-30 per cent Pd, these being still more active then the 10 and 20 per cent P d alloys and pure silver. The change of activity with the amount of dissolved hydrogen is discussed.

The activation energy increases to about 9 kcal in the region of 0-30 per cent dg, falling then t o 6 kcal for the alloys with 63.5 per cent Pd and increasing again between 50 and 20 per cent Pd to the value of 11 kcal found for silver-rich alloys.

The compensation effect shows two lines, but is in other respects normal, except that the points for silver and the 19.0 and 9.4 per cent Pd alloys lie off the lines.

l) Mitt. XXIV dieser Xrbeitsreihe: G. RIENACKER u. S. ENCELS, Mber. dtsch. Akad.

?) S. ENGELS, Dissertation Humboldt-Universitat Berlin, 1964. Wiss. 5 , 706 (1963).

17*

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260 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

The effect of silver and hydrogen on the catalytic activity of palladium has been also investigated with respect to the hydrogenation of benzene in the gas phase.

I. Einleitung Die Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen an Metallen der achten und

ersten Nebengruppe des Periodensystems der Elemente sowie ihren Legie- rungen untereinander haben gezeigt, daB sich diese Stoffe gut als Modell- substanzen zur Beschreibung und Deutung katalytischer Erscheinungen eignen 3)4). Ein Teil der Arbeiten befafit sich hierbei mit der Parawasserstoff- Umwandlung, die - insbesondere im Zusammenhang mit anderen Unter- suchungen (z. B. Hydrierung, H-D-Austausch) - das Studium der Aktivie- rung der Wasserstoffmolekel ermoglicht. Fur eine Erklarung der elektroni- schen Wechselwirkung zwischen Substrat und Katalysator war die Beob- achtung wichtig, da13 gerade diejenigen Metalle und Legierungen eine Akti- vierung des Wasserstoffs unter katalytischen Bedingungen hervorrufen, deren d-Bander fast, aber noch nicht ganz aufgefullt sind (Ni, Pd, Pt). Werden diese Lucken schrittweise geschlossen (z. B. durch Hinznlegieren von Cu, Ag oder Au), so beobachtet man bei bestimniten Legierungszusam- mensetzungen mehr oder weniger sprunghafte Anderungen der katalytischen Eigenschaften 3).

Die Sonderstellung des Palladiums in der Reihe der Elemente mit nicht vollig aufgefulltem d-Band zeigt sich einmal in seiner groBen Wasserstoff- lijslichkeit. Zum anderen wird seine katalytische Aktivitat - im Vergleich zu Nickel und Platin - schon durch geringere Zusatze an Kupfer, Gold (und wie in dieser Arbeit gezeigt wird, an Silber) vermindert. Hierin zeigt sich die Tendenz des Palladiums, sein d-Band eher aufzufullen, als dies bei den Ho- mologen der Fall ist.

Im Vergleich zu anderen Pd-Legierungen zeigen die Ag -Pd-Legierungen einige bemerkenswerte Eigenschaften. So absorbieren die Mischkristalle mit etwa 65 bis 85 At.-% Pd wesentlich mehr Wasserstoff als das reine Palla- d i ~ m ~ ) ~ ) . Aber auch auf der silberreichen Seite beobachtet man noch deut-

3, 0. RIENACKER, Abh. dtsch. Akad. Wiss. Berlin, K1. Chem., Geolog. und Biolog.

4, S. ENCELS, Z. Chem. 4, 162 (1964). 5, A. SIEVERTS u. A. METZ, Z. anorg. allg. Chem. 92, 356 (1915); H. HAGEN u. A. SIE-

VERTS, Z. physik. Chem. Abt. A 165, 1 (1933); A. SIEVERTS u. H. HAGEN, Z. physik. Cliem. Abt. A 174, 247 (1936).

6 , 0. RIENACKER, Festschrift 150-Jahr-Feier der Humboldt-Universitat zu Berlin, Bd. 11, S. 156 (1960); H. M ~ L L E R , Dissertation Huniboldt-Universitat Berlin, 1962; G. RIE- NACKER u. H. MGLLER, noch unveroffentlicht.

Nr. 3 (1955/56).

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RIEN~CKER u. ENGELS, Para\~asserstoff-Uinn.rvandlung a n Ag-Pd 261

lich eine Wasserstoffaufnahnie. Erst bei den Legierungen niit 20 und weniger At.-yo Pd wird diese praktisch unmel3bar klein.

Somit erschien auch ein Vergleich zwischen der unterschiedlich grol3en Wasserstoffloslichkeit einzelner Legierungsgruppen und ihren katalytischen Eigenschaften von Interesse.

Da sich die Parawasserstoff-Umwandluiig durch die Einfachheit ihres Bruttoumsatzes auszeichnet, wurden die Untersuchungen an kornpakten Ag-Pd-Legierungen vorrangig mittels dieser Testreaktion durchgefuhrt 7) .

Daneben liefen Untersuchungen zur Hydrierungsaktivitat (pulverformiger ) Ag-Pd-Mischkatalysatoren (Benzolhydrierung in der Gasphase)8), uber deren Ergebnisse an dieser Stelle nur kurz im Zusanimenhang mit der Ge- samtdiskussion berichtet wird. Fruher wurde schon der Zerfall des Ameisen- sauredampfes an diesen Legierungen untersucht ".

11. NeBmethodik und Katalysatoren

a) Me8methodik Die Messungen der Parawasserstoff-Umwandlung erfolgten in gleicher

Weise, wie dies von uns schon fruher beschrieben wurdeg)lO). Ausgangsgas war 50proz. Para-

masserstoff, der durch Tieftemperatur- katalyse a n Aktivkohle bei - 196 "C er- halten wird. Der Reaktionsdruck im 2 80- UmwandlungsgefaD wurde stets auf 2 70 -

200 Torr eingestellt, so dab bei einein SF p-H,-Gehalt des Ausgangsgases yon ' 50 50% der Partialdruck des Parawasser- stoffs 100 Torr betrug.

Abb. 1 zeigt in einem Beispiel eine Reihe von Umsatzkurven, die an der Legierung mit 81,5 At.-% Pd bei ver- I A I , I I I , , ,

den. Tab. 1 veranschaulicht die Repro- duzierbarkeit unserer Messungen. Wie aus Abb. 1 hervorgeht, verlauft die Pd, p-H,-Ummandlung Umsatzkurven

20 -

scliiedenen Temperaturen erhalten wur- 7 2 3 4 5 Zeit [min] -

Abb.l.Silber-Palladium-lcgierungen 81,5At.-q/,

7 Kurzmitteilung: G. RIENACKER u. S. EXCELS, Mber. dtsch. Akad. TViss. Berlin 5, i 0 6 (1963).

8) G. RIENACKER u. S. ENGELS, Mber. dtsch. Akad. Wiss. Berlin 4, 213 (1962); G. RIE- KACKER u. S. ENGELS, Mber. dtsch. Akad. Wiss. Berlin 4, 716 (1962).

9) G. RIENACKER u. B. SARRY, Z. anorg. Chem. 257, 41 (1948). l o ) G. RIENHCKER u. G. VORYUM, Z. anorg. allg. Chem. 283, 287 (1956).

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262 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Cheniie. Band 336. 1 9 6

I 4.

3. I 1. Zeit ~

[min] ' ,

Tabelle 1 70,4 At.-"/, Pd, 145OC (:A U m s a t z )

Mitteln ert

Aktivie- ungsenergie

[kcal]

4,G G,G 7,4 9,1 6,3 6.0 7,G 9,4

1o,9 11,4 11,3

1 13 2 3 4 5

log x

4,2 4,s 595 G,5 4.3 4.1 5,( i 5 , i G,O 5,2 4.1

22,8 36,3 45,6 59,3 GG,2 70,8

Zusammen- setzung

[At.-% Pd]

100 91,o 81,5 70,4 G2,4 53,5 38,8 28,2 19,O 9,4

100% ilg

I 23,0 23,4 36, i 37,0 46,7 1 4F,1 59,4 59,4 66,3 I GG,G i0,9 j 71,o

Oberflache [cin2]

41,O 41,8 43,2 54,i 51,6 50,4 57,4 59,i G9,2 81,s

108,O

Parawasserstoff-Umwandlung bezuglich des Abstandes von der Gleicligewichtskonzentra- tion (isobare Kinetik) iiber einen groI3eren Bereich nicht nach erster Ordnung"). Deshalb wurde die Anfangsgeschwindigkeit k durch Tangentenkonstruktion im Nullpunkt der Uni- satzkurven ermitteltg) 10). Der Schnittpunkt der Tangente mit der Senkrechten bei einer Minute ergab somit die Werte von k in nim . min-l. Ihre Reduktion auf die einheitliche Oberflache von 10 cm2 lieferte die a19 Aktivitat A bezeichneten MeSgriiBen.

b) Katalysatoren

Silber und Palladium bilden miteinander eine luckenlose Reihe von Mischkristallen, die praktisch der VEGARDschen Regel gehorchen. Fur die Parawasserstoff-Umwandlung benutzten wir kompakte Legierungsbleche, deren Zusammensetzung und Oberflachengrofle aus Tab. 2 hervorgehen.

Tabelle 2 Z u s a m m e n s t e 1 1 u n g d e r Erg e b n i s s e ( p --HZ - U m w a n d 1 u n g ) -

Lfd. Nr. -

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

*) extrapoliert

MeBbereich ["CI

151-2 15 165-211 157-208 143-185 172-252 176-270 184-261 186-255 230-290 317-436 400-521

log 10 A (bei 181 "C)

11) Vgl. auch H. XOLLER, H. KOBER ti. P. A S D R ~ U , Ber. Bunsenges. physik. Cheni. 68, 209 (1964); daselbst 13-eitere Literatur.

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RIEN~CKER u. EXGELS, Parawasserstoff-Umwandlung an Ag-Pd 263

Vor ihrerverwendung wurden die Bleche - nach einer grundlichen Beseitigung eventu- eller Fettspuren-mit Salpetersaure behandelt. Bei den palladiumreichen Legierungen diente konz. Salpetersaure (3 Tle konz. HNO,/l T1 H,O, 30°C, 1 min), bei den silberreichen Pro- ben verdunnte Salpetersaure (1 T1 konz. HN0,/2 bis 3 Tle H,O, 30 "C, 30 s ) zum Abgtzen. AnschlieBend wurden die Bleche mit bidestilliertem Wasser gespult und getrocknet. Ob- wohl wegen der nahezu gleichen Werte der Standardpotentiale die Gefahr der bevorzugten Herauslosung einer der beiden Komponenten beim Ltzvorgang praktisch nicht besteht, gluhten wir jedes der Bleche vor Beginn der Messung 7 Stunden bei 700 bis 800 "C im Hoch- vakuum. Abgekuhlt wurde in einer Wasserstoffatmosphare. Wider Erwarten zeigten gerade die palladiumreichen Legierungen (selbst bei MeStemperaturen uber 200 "C) nur eine geringe Anfangsaktivitat. Ihre ,,Aktivierung "wurde aber moglich, nachdem vor Beginn der eigent- lichen Messungen bei der Anfangstemperatur das UmwandlungsgefiiB mit darin befind- lichem Katalysator mindestens 10mal mit Wasserstoff von 200 Torr gefullt und nach zwei Minuten kurz ( !) leergepumpt wurde.

Eine Reihe noch mitzuteilender Beobachtungen lassen darauf schlieBen, daB ein ,,Ein- f ahren" dieser Legierungen wohl im Zusammenhang mit den diskontinuierlichen Gitter- aufweitungen bei der Bildung der a- und ,%Phase im System Ag-Pd-H zu sehen ist 12).

Die Messungen der Benzolhydrierung erfolgten an pulverformigen Kontakten, uber deren Darstellung und Behandlung bereits an anderer Stelle geschrieben wurde8).

111. MeBergebnisse Die Ergebnisse der Messungen sind Tab. 2 sowie den Abb. 2 bis 6 zu

entnehmen. a) Aktivitaten

Abb. 2 gibt die Temperaturabhangigkeit der jeweils gemessenen Aktivi- taten wieder. Hinsichtlich der Aktivitat bei einer gegebenen Temperatur konnen deutlich mehrere Legierungsgruppen unterschieden werden. Er- XvartungsgemaB zeigen die palladiumreichen Katalysatoren eine hohe Akti- vitat (Katalysatoren mit 100 bis 70,4At.-% Pd). Aber auch die zweite Legierungsgruppe (62,4 bis 28,2 At.-% Pd) weist - im Vergleich zu den silberreichen Kontakten - noch eine hohe Aktivitat auf. Diese Verhaltnisse werden noch deutlicher durch Abb. 3 veranschaulicht, in der der Verlauf von log 10 A bei einer mittleren MeBtemperatur von 454,5 OK (103/T = 2,2) auf- getragen ist. Zum anderen enthalt die Abbildung die Werte von 103/T bei gleicher katalytischer Aktivitat (log 10 A = 1,7).

Die Wahl dieser BezugsgroBe ist insofern gerechtfertigt, als praktisch alle uns interes- sierenden Katalysatoreu diese Aktivitiit in den von uns untersuchten Temperaturbereichen aufweisen. Lediglich fur die Proben auf der Silberseite sind einige Werte extrapoliert, da diese Kontakte erst bei wesentlich hoheren Temperaturen genugend aktiv werden.

12) Neue Mitteilung zuin Zustandsdiagramin und thermodynamischen Verhalten der Systeme Pd/H, und PdL/D,: E. WICKE u. G. H. NERNST, Ber. Bunsenges. physik. Chcin. 68, 224 (1964).

l 3 ) A. COUPER u. D. D. ELEY, Discuss. Faraday SOC. S, 172 (1950).

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264 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

- L3 7.2 -

Ag 20 40 60 80 Pd (At-%)

Abb. 3. Aktivitaten, p-H,-Umwand- lo3__ lung, 0-0 log ~10 A bei 103/T = d,2, T 0-0 103/T gegen Zusammensetzung;

Abb. 2 . Arrheniusgeraden, p-H,-Umn-and- lW/T ist die rezipr. Temperatur bei

7,2 1,4 1,6 1,s 2,O 2,2 2,4 -

lung log 10 A = 1,7

b) Aktivierungsenergie und temperaturunabhangiges Glied log (Y

dbb. 4 verinittelt den Gang der Aktivierungsenergien. -4uf der palla- diuinreichen Seite fallen die Legierungen niit 91,0, 81,5 und 70,4 At.-% Pd auf, die im Vergleich zum reinen Palladium energetisch gesehen weniger wirksam sind. Die dann folgenden Legierungen init 62,4 und 53,5 At.-% Pd teiidieren wiederum zum Palladiuniniveau, wahrend die restlichen vier Pro- ben zu den an Silber gememenen Werten hinuberleiten. Es wird weiter unten zu zeigen sein, daB die voni ublichen Verlauf 9)10)13) abweichenden Werte bei den palladiuinreichen Legierungen init der hohen Loslichkeit des Wasser- stoffs in diesen Legierungen zusaminenhangen.

,%us Abb. 5 ist zu entnehnien, daB bei einem GroBteil der Legierungen ein Xnstieg der Aktivierungsenergie niit dem Anwachsen der Grofle log a ver- bunde,n ist. Samtliche Legierungen, die merkliche Mengen an Wasserstoff aufnehmen, zeigen den Kompensatioiiseffekt. Auch hier ist deutlich zu er- kennen, daB man es mit drei Katalysatorgruppen zu tun hat :

1. Palladium sowie den Legierungen bis 70,4 At.-:/, Pd. 2. Legierungen mit 62,4 bjs 28,2 At.-% Pd. 3. Legierungeii mit 19,O und 9,4 At.-:h Pd sowie Silber.

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RIENACKER u. ENGELS, Parawasserstoff-Uniwandlung an Ag-Pd 265

I 6 - b 5 -

3 4

Letztere Gruppe zeigt eine Art ,,Antikompensationseffekt". Wir werden weiter unten erlautern, da13 (ebenso wie der Aktivitatsverlauf und der Gang der Aktivierungsenergien) auch diese Beobachtungen unter Beriicksichtigung der verschieden hohen Wasserstoffaufnahme durch die einzelnen Proben erklart werden konnen.

70.4 ' /

8%5 91J

- // 33,3

lOO<d/

4 1 I

- 4 5 6 7 8 9 7071 12

AE [kcal] - Ibb. 4. Aktivierungsenergien, p-H,- Abb. 5. Kompensationseffekt, p-H,-

Umwandlung Umwandlung

IV. Diskussion a) Allgemeines

Eine Deutung der elektronischen Wechselwirkung zwischen Substrat und Katalysator ist auf der Grundlage der von DOWDEN'~) geschaffenen Elek- tronentheorie der Katalyse moglicli.

Nach dieser Anschauung sind auch die Anderungen in den Aktivitats- merten und Aktivierungsenergien verstandlich, die bei Messungen der Para- wasserstoff-Umwandlung an einer Reihe von metallischen Mischkristallen beobachtet w ~ r d e n g ) ~ ~ ) ~ ~ ) ~ ~ ) . Ein Vergleich der Messungen des Ameisen- sauredampf -Zerfalls, der Parawasserstoff-Umwandlung und der Athylen- hydrierung an den Legierungen des Kupfers mit Nickel, Palladium und Platin (zusammenfassende Darstellung 3)) zeigt deutlich die geringere ,,Reichweite" des Palladiums. Es wurde bereits eingangs erwahnt, da13 Palladium offenbar eher bestrebt ist, sein d-Band auf Kosten von s-Elek- tronen aufzufiillen, als Nickel oder Platin. Beim metallischen Palladium ergibt sich ein Wert von durchschnittlich 0,55 d-Liicken je Palladiumatom.

Durch steigenden Silberzusatz erfolgt die schrittweise Auffullung der d-liicken des Palladiums, die schliel3lich bei einer Zusammensetzung der

14) D. a. DOWDEN, J. chem. SOC. [London] 1960, 242. l 5 ) D. MENZEL u. L. RIEKERT, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. pliysik. Chem. 66,

432 (1962).

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266 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

Mischkristalle von etwa 45 At.-% Pd vollstandig besetzt sind1"). Dainit verlieren diese Legierungen ihren Paramagnetismus, der bei Anwendung des Bandermodells als Elektronen-Paramagnetismus des unvollstandig besetz- ten 4d-Bandes von Palladium beschrieben werden kann.

I n einer Reihe von Arbeiten konnten in letzter Zeit SUHRMANN1') und SA4CHTLER18)

umfangreiches Material zusammengetragen, das sich in1 wesentlichen auf die uberlegungen DOWDENS zur Chemisorption von Gasen a n Metallen bezieht. Danach wurden in allen bisher untersuchten Fallen bei Anmendung extremer Vakuumbedingungen fur die Erst- adsorption auf Metalloberflachen Widerstandserhohungen gefunden. Die Versuclie erfolgten a n Metallfilmen bei (oft) tiefen Temperaturen. Die sich hieraus ergebenden Aspekte bezie- hen sich jedoch hauptsachlich auf die Vorgange der Erstadsorption. Fur eine tibertragung auf katalytische Reaktionen siud die Aussagen jedoch nur bedingt gultig, da bei einem arbeitenden Katalysator keine Erstsdsorpt,ion niehr vorliegt.

b ) gktivitaten Messungen zum Sorptionsverhalten der Ag-Pd-Legierungen gegenuber

Wasserstoff haben ergeben, dafi geeignet vorbehandelte Proben niit rund 65 bis 80 At.-% Pd ein Maximum der Wasserstoffloslichkeit zeigen6). In diesen Konzentrationsbereich fallen nun auch die Legierungen mit der hoch- sten Aktivitat gegenuber der Parawasserstoff-Umwandlung.

Fur die sich zur Silberseite anschliefienden Legierungeii bis etwa 20 At.-% Pd wurde eine zunehniend geringere, jedoch (selbst bei den palla- diumarmen Proben) deutlich mefibare Wasaerstoffaufnahme gefunden6). Diese Gruppe von Legierungen zeichnet sich nun auch durch eine - im T'er- gleich zum Silber - noch recht hohe Aktivitat gegenuber der Parawasser- stoff-Urnwandlung aus.

Der bei der Parawasserstoff-Uniwandlung gefundene Aktivitatsabfall im Gebiet urn 60 At.-% P d wurde auch bei den Messungen des Ameisensauredanipf-Zerfalls beobachtet6). Ebenso erhielt KOwAKA1g) fur die Knallgasreaktion a n Ag-Pd-Legierungen einen unseren Messungen analogen Wirksamkeitssprung (wenngleich auch etwas mehr zur silberreichen Seite verschoben).

Fur den Mechanismus der Parawasserstoff-Uniwandlung kame in unse- rem Fall die Reaktion zwischen den1 aus der Gasphase neu hinzutretenden Parawasserstoff und atomar vorhandenem TVasserstoff in Frage. -\vie er von

16) Bei den wasserstofflosenden Legierungen ist daneben auch die Beteiligung der Elektronen des gelosten Wasserstoffs am Elektronengas des Palladiums zu beriick- sichtigen.

17) R. SUHRMANN, A. HERMARR u. G . KEDLER, Z. physik. Chem. [Fraukfurt/M.] 35, 155 (1962); daselbst weitere Literatur.

' 8 ) W. M. H. SACHTLER u. G. J. H. DORGELO, Z. physik. Chem. [Frankfart/SI.] 25, 69 (19GO).

Is) M. KOX-AKA, J. Japan Inst. Metals 23, 669 (1959).

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R I E X ~ K E R u. EKGELS, Para\~asserstoff-Um-\~ andlung a n Ag-Pd 267

ELEY und RIDEAL~O) allgeniein angenomnien wurde : p-H, + K-H + o-H, + K-H (K = Katalysatorplatz)

Der symbate Gang zwischen der verschieden grofien Wasserstoffloslichkeit einzelner Legierungsgruppen und ihrer katalytischen Aktivitat 1aBt die Ver- mutung aufkommen, daB hierin der Grund fur die unterschiedlich grofie Zahl der ,,Reaktionsmoglichkeiten" bzw. ,,Reaktionsgelegenheiten" zu suchen sei. So ist es sicher kein Zufall. daB die Legierungen mit der hochsten Was- serstoffabsorption auch hinsichtlich des Umsatzes am aktivsten sind. Ebenso beobachtet nian fur die zweite Legierungsgruppe (62,4 bis 28,2 At.-% Pd), die zwar geringere, aber noch deutliche Mengen an Wasserstoff aufnimnit, eine recht hohe Aktivitkit.

Zur Frage der Zahl der ,,Reaktionsmoglichkeiten" an den stark Wasser- stoff absorbierenden Legierungen sei auf folgendes hingewiesen : Durch Cntersuchungen zur Diffusionskinetik von Wasserstoff an Metallen konnten KUSSNER und WICKE 21) feststellen, daB dem eigentlichen Phaseniibergang des Wasserstoffs (Eintritt desselben in ein Metallgitter) seine atomare Ad- sorption in den Spalten molekularer Dimensionen vorgelagert ist.

Es ist bekannt, dafi als Folge der Wasserstoffaufnahme durch Palladium und seine Legierungen mit Silber unter Ausbildung der a- und (oder) @-Phase eine Aufweitung des Gitters eintritt. Verbunden damit beobachteten wir eine Versprodung der Legierungsbleche. Wenn auch in unserem Fall - even- tuell mit Ausnahme der Legierungen um 70 At.-% Pd - wohl hauptsachlich die a-Phase vorliegt, sollte die Gitteraufweitung zur Ausbildung ,,katalp- tisch aktiver Spalten" im Sinne der angegebenen Wirkungsweise fuhren. Diese , ,inneren" Oberflachen ermoglichen nun dem Parawasserstoff auch den bevorzugten Eintritt ins Gitter, wobei zugleich seine ,,Aktivierung" in Richtung der atomaren Aufspaltung erfolgen w-ird. Somit ist in der Formu- lierung des Umwandlungsmechanismus (s. oben) unter ,,K-H" auch der in den Spalten vorhandene Wasserstoff zu verstehen. Da im Bereich der hohen Wasserstoffaufnahme die Dehnung des Gitters vergleichsweise groB ist, kommen die damit verbundenen Effekte entsprechend starker zum Tragen : Wir beobachten eine hohe Aktivitat.

Mit sinkender Wasserstoffaufnahme wird die Gitterdehnung - und ver- bunden mit ihr die Spaltenbildung - geringer ; folglich nahern wir uns imnier

20) D. D. ELEY, Proc. Roy. SOC. [London], Ser. A 176, 452 (1911); E. K. RIDEAL, Proc. Cambridge philos. Soc. 35, 130 (1 939).

21) E. WICKE u. A. KUSSNER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 63, 1013 (1959); E. WICKE, A. K ~ S S N E R u . K. OTTO, Actes du Deuxihme Congrhs Inst. de Catalyse, Paris 1960, S. 1035; A. KUSSXER u. E. WICKE, Z. physik. Cliem. [Franlifurt/M.] 24, 152 (19GO); A. KTJSSSER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. GO, Gi5 ( 19G2).

-

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268 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 336. 1965

mehr einer weniger zerkliifteten Oberflache : Die Aktivitat der Legierungen verringert sich.

Inwieweit diese Uberlegungen fur alle Legierungsgruppen voll giiltig sind, lafit sich verstandlicherweise schwer abschatzen. Nit allen Vorbehalten mochten mir aber in diesem Zusainmenhang auch auf die Werte des Kom- pensationseffektes verweisen (Abb. 5). Die hier gefundene Einteilung nach ,,Gruppen" voii Legierungen fallt mit der unterschiedlich hohen Wasserstoff- aufnahnie eben dieser Gruppen zusammen.

c ) Aktivierungsenergien Die unterschiedliche energetische Wirkung der verschiedenen Katalysa-

toren wird durch das Zusammenspiel der Wasserstoffabsorption und der elektronischen Wechselwirkung zwischen Wasserstoff und Palladium be- stimmt. Die hohe Wasserstoffloslichkeit des Palladiums ist der Ausdruck fiir sein Bestreben, durch Ubernahme des Elektrons vom Wasserstoffatom die Liicken im 4d-Band aufzufiillen. In1 Bereich der hohen Wasserstoff- sorption (Legierungen mit rund 70 und SOAt.-% Pd) sind diese Liicken meitergehend als im reinen Pd gefiillt. Die Legierungen enthalten zwar vie1 Wasserstoff, doch ist dieser offenbar relativ fest gebunden ; denn, wie unsere Versuchsergebnisse zeigen, verlauft die Umwandlung des p H , an diesen Legierungen mit unerwartet hoher Aktivierungsenergie. Mit dem Riickgang der Wasserstoffsorption iindern sich die Verhaltnisse, so dafi bei den Legie- rungen mit rund 50 At.-% Pd etwa die Werte des reinen Palladiums erreicht merden. Die hohe Wasserstoffabsorption fiihrt demnach zu den gleichen Effekten, wie sie auch durch Hinzulegieren von Silber schliefilich hervor- gerufen werden. Dessen s-Elektronen gehen ebenfalls in das d-Band des Balladiums iiber,,). Dieses ist bei etwa 45 At.-% Pd gefiillt.

Demnach miifiten die Legierungen mit 45 und weniger At.-% Pd (energe- tisch gesehen) zunehniend unwirksamer werden : Der Verlauf der Aktivie- rungsenergien in dem sich zum Silber anschliefienden Gebiet bestatigt dieses vollauf .

Die schon fur den Verlauf der Aktivitaten z. T. beobachtete Ahnlichkeit des dmeisensauredampf-Zerfalls mit unseren Messungen tritt noch deut- licher bei einem Vergleich der Aktivierungsenergien auf 6 ) . J e nach den Ver- suchsbedingungen bei der HCOO H-Zersetzung zeigen sich mehr oder weniger deutlich die gleichen sprunghaften hderungen wie bei der Parawasserstoff- Umwandlung. Das ist verstandlich, da es sich in beiden Fallen um eine Akti- vierung des Wasserstoffs handelt (wenngleich es sich bei der HCOOH-Zer- setzung - im Gegensatz zur p-H,-Umwandlung - urn die Aktivierung der Wasserstoffatome in der HCOOH-Molekel handelt). ~ _ _ _ _

22) J. S. PRATT, Trans. Farsday Snc. Xi, 975 (1960).

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KIENACKER u. EXCELS, Para~~asserstoff-~-innwandlun,o an Ag-Pd

d) Benzolhgdrierung8) Unsere Messungen spiegeln lediglich den Bruttoumsatz wider (dbb. 6,

Tab. 3). Sie sagen jedoch nichts uber den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Diffusionsschicht am Katalysator aus.

269

Tabelle 3 . B enz ol h y d r i e r u n g

1 Oberflache ~ Aktivitat 1 [m2/g] ~ [150 "C; yo C,H,J I

Lfd' 1 At.-% P d Nr.

72,3 1 I 100 1 12,26 ' 2 32,00 I T3,O

18,70 ~ 15,5 24,20 I 10,5

3 1 ; : I 70

spezifische Aktivitat [Aktivitat bei 150 "C/m2]

5,89 3,13 0,83 0,43

toren konnen daruber hinaus auch Beobachtungen von SUHRMAXN~~) wichtig werden, die in der Verfolgung elek- trischer Widerstandsanderungen und Elektronenaustritts- potential-Anderungen aufgedampfter Pd-Filme (allerdings

aus kann man auf eine bestimmte Beanspruchung von Lei-

a 3,o-

3 $ 2,U

hei 90°K) bei der Benzolbelegung gemacht wurden. Hier- 7.0

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