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JOHANNES GUTENBERG- UNIVERSITÄT MAINZ
Fachbereich 01
Katholische Theologie und Evangelische Theologie
Katholisch-Theologische Fakultät
Liturgie und Recht.
Participatio actuosa durch die Volkssprache
im Lichte kirchlicher Rechtsentwicklung
seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil
Magisterarbeit
vorgelegt von vereinbart mit
Julia Rettinghaus Univ.-Prof. Dr. Matthias Pulte
Mainz
Sommersemester 2018
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ........................................................................................................................ 4
2. Rezeption der konziliaren Vorgaben über die volkssprachige Liturgie .......................... 7
2.1. Rechtsbedeutung der kirchlichen Verlautbarungen ................................................. 10
Konstitution .......................................................................................................... 11 2.1.1.
Motu Proprio ........................................................................................................ 12 2.1.2.
Instruktion ............................................................................................................ 13 2.1.3.
Zwischenfazit ....................................................................................................... 13 2.1.4.
2.2. Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium (1963) ...................................... 15
2.3. Das Motu Proprio Sacram liturgiam (1964) ............................................................ 19
2.4. Die Übersetzerinstruktion Comme le prévoit (1969) ............................................... 21
2.5. Zwischenfazit ........................................................................................................... 24
3. Rechtliche Zuständigkeit im c. 838 CIC/1983 .............................................................. 27
3.1. gestufte Zuständigkeit c. 838 § 1 ............................................................................. 30
Apostolischer Stuhl c. 838 § 2 ............................................................................. 32 3.1.1.
Bischofskonferenz c. 838 § 3 ............................................................................... 35 3.1.2.
Diözesanbischof c. 838 § 4 .................................................................................. 38 3.1.3.
Zwischenfazit ....................................................................................................... 39 3.1.4.
3.2. Die Instruktion Liturgiam authenticam (2001) ........................................................ 41
Intention ............................................................................................................... 42 3.2.1.
Struktur und Inhalt ............................................................................................... 43 3.2.2.
Paradigmenwechsel 1969-2001 ............................................................................ 46 3.2.3.
Oppositionelle Resonanz ...................................................................................... 47 3.2.4.
Aussagen zu c. 838 CIC/1983 .............................................................................. 48 3.2.5.
Zwischenfazit ....................................................................................................... 50 3.2.6.
3.3. Das Motu Proprio Magnum Principium (2017) ....................................................... 52
Analyse des c. 838 §§ 2, 3 CIC/1983 nach Magnum Principium ........................ 55 3.3.1.
Medialer Meinungskonflikt .................................................................................. 61 3.3.2.
Zwischenfazit ....................................................................................................... 63 3.3.3.
3.4. Chancen und Herausforderungen einer deutschsprachigen Übersetzung ................ 66
4. Resümee ........................................................................................................................ 70
5. Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 74
6. Erklärung ....................................................................................................................... 81
4
1. Einleitung
Das kirchliche Recht und die Entwicklung in der Liturgie bedürfen einer stetigen und
ständigen Erneuerung. Eine Ecclesia semper reformanda bedingt deshalb ebenso ein Ius
semper reformandum. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Veränderungsprozess,
dem auch die liturgische Sprache angepasst werden muss. Warum es so wichtig ist, dass
eine Anpassung geschieht, zeigt sich an der Kraft, welche die liturgische Sprache be-
sitzt: Sie kann Menschen inkludieren und das Gemeinschaftsgefühl der Christen fördern
oder Menschen aus dem Kreis der Feiernden ausschließen. Wenn die Gläubigen keinen
Zugang zur in der Liturgie verwendeten Sprache haben, dann werden sie kontaktlos und
vom Geschehen abgetrennt. Um ein Miteinander zu erzeugen, sollte eine anspruchsvolle
Sprachform gewählt werden, die der Würde der Feier entspricht, aber nicht antiquiert
ist. Daraus ergibt sich eine ständige Herausforderung, denn „[i]mmer neu ist nach einer
Sprache zu suchen, die der Liturgie und dem in ihr Gefeierten angemessen ist, aber zu-
gleich Sprache der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sein kann."1 Dabei gilt es, die
Gratwanderung zwischen Beheimatung und Befremdung der Sprachwelt so auszubalan-
cieren, dass sich die Getauften auf die Feier einlassen können.
Wie aktuell dieses Thema ist, zeigt die Gesetzesänderung aus dem Herbst letzten Jahres.
Eine der jüngsten Änderungen des Codex des Kanonischen Rechts betrifft die
Übersetzung liturgischer Texte gemäß c. 838 und wurde durch Papst Franziskus in dem
Motu Proprio Magnum Principium am 03. September 2017 veröffentlicht. Ziel des
Schreibens war es, die Konflikte zwischen der römischen Kurie und den Bischofskonfe-
renzen zu lösen, allerdings rief dieses aber direkt nach der Veröffentlichung Diskurse
bezüglich seiner Aussagekraft und Interpretation hervor.
Schwierigkeiten bei der Übersetzung liturgischer Bücher gibt es schon seit längerem.
Ein Beispiel hierfür ist die 2009 erschienene zweite authentische Ausgabe des
liturgischen Buches ‚Die kirchliche Begräbnisfeier‘. Ihm ist die Rezeption in den Orts-
kirchen versagt geblieben und erforderte binnen kurzer Zeit eine Neuauflage. Wieder-
holt wurden „sehr negative Urteile“ über die Sprache des deutschsprachigen neuen Ri-
tuale gefällt, außerdem rief es kritische und noch nie so dagewesene „heftig ablehnende
Reaktionen“ hervor.2 Der Ärger vieler Priester „basierte darauf, dass sie erstmals in der
jüngeren Geschichte in diesem Buch mit Texten konfrontiert wurden, bei denen sie
1 KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche Begräb-
nisfeier. (Herder Korrespondenz 64. Jahrgang, 2010, 185–189), 186. 2 Vgl. aaO 187.
5
Schwierigkeiten mit der sprecherischen Umsetzung, aber auch mit dem inhaltlichen
Nachvollzug hatten."3 In den vergangenen Jahren gab es ebenso in anderen Sprachge-
bieten ähnliche Diskurse. In den USA wurde 2011 das englische Roman Missal heraus-
gegeben und rief direkt drastische Kritik hervor. Mehr als 17.000 Laien und Priester
unterschrieben eine Petition, die eine Revision der Übersetzung forderte. Der Bischof
von Erie bemängelte vor allem „die im Englischen unsaubere Syntax, unvollständige, zu
lange und unverständliche Sätze, archaische Ausdrücke, mangelnden Respekt vor dem
englischen Sprachrhythmus und vieles mehr.“4 Um die Gläubigen an der Liturgie teil-
haben lassen zu können, bedürfe es in sehr großem Umfang Verbesserungen.
Das aktuelle römische Messbuch, welches täglich in den Gottesdiensten der deutsch-
sprachigen Diözesen Verwendung findet, stammt aus dem Jahr 1975. Man merkt den
Texten signifikant an, dass sie den „Geist ihrer Zeit atmen“5. Eine Revision – keine
grundlegende Reform – von liturgischen Büchern ist deshalb alle 25 bis 30 Jahre not-
wendig, um die Sprache an die Alltagssprache der Menschen anzupassen.6 Papst
Johannes Paul II. erließ aus diesem Grund den Auftrag, die zweite Auflage des Missale
Romanum (1975) zu überarbeiten. Seit 2002 liegt nun das Ergebnis als Missale Roma-
num editio typica tertia in lateinischer Sprache vor, allerdings fehlt bis heute die
offizielle deutsche Übersetzung. Die im Juni 2007 veröffentlichte Vorabpublikation der
dritten Auflage zum Deutschen Messbuch formuliert im Abschnitt über die liturgische
Sprache, dass die Bischofskonferenz die Übersetzung mit großer Sorgfalt erarbeiten
soll, damit „der Sinn des lateinischen Originaltextes vollständig und treu“7 wiedergege-
ben wird. Doch wie exakt und akribisch muss die Übersetzung dabei sein? Der Konflikt
zwischen der römischen Kurie, die den lateinischen Text als Zeichen der Einheitlichkeit
des römischen Ritus gewahrt wissen will, und den nationalen Bischofskonferenzen, die
die jeweilige Volkssprache in ihren Eigenarten in der Übersetzung gespiegelt sehen
will, ist damit vorhersehbar. Kann dieser Konflikt mit der Gesetzesänderung des c. 838
CIC/1983 (2017) gelöst werden?
3 HAUNERLAND, WINFRIED, Bessere Texte! Ein Plädoyer angesichts der Übersetzungen von Alex Stock
(in: S. WAHLE [Hg.], Römische Messe und Liturgie in der Moderne. [internationale Fachtagung … vom
12. bis 14. September 2011 in Freiburg im Breisgau], 2013, 428–434), 433. 4 KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche Begräb-
nisfeier. (s. Anm. 1), 187. 5 AaO 186.
6 Vgl. ebd.
7 SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ, Missale Romanum editio typica tertia 2002.
Grundordnung des römischen Messbuchs Vorabpublikation zum Deutschen Messbuch (Arbeitshilfen, Nr.
215.), 32007, 392.
6
Zu einer Beantwortung dieser Frage werden in dieser Arbeit einerseits die Entwicklung
der lehramtlichen Texte zur Volkssprache und andererseits die Rechtsentwicklung zur
Volkssprache exemplarisch seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil untersucht. In ei-
nem ersten Teil werden drei konziliare Vorgaben mit ihrer jeweiligen Rechtsbedeutung
unter dem Aspekt der Aussagen zur liturgischen Sprache erläutert. Die Konzilskonstitu-
tion Sacrosanctum Concilium (1963) macht hierbei den Anfang, es schließen sich das
Motu Proprio Sacram Liturgiam (1964) und die nachkonziliare Instruktion Comme le
prévoit (1969) an.
In einem zweiten Teil folgen die rechtlichen Aussagen zur Zuständigkeit in c. 838
CIC/1983 gemäß der Unterteilung in die Kompetenzen des Apostolischen Stuhls, der
Bischofskonferenz und des Diözesanbischofs. Anschließend werden die lehramtlichen
Dokumente Liturgiam authenticam (2001) und Magnum Principium (2017) in ihren
liturgiesprachlichen Äußerungen gegenübergestellt. Des Weiteren werden die Verände-
rungen des c. 838 CIC/1983 durch das Motu Proprio Magnum Principium analysiert
und der Konflikt um die richtige Interpretation des neuen Motu Proprios zwischen dem
Präfekt der Liturgiekommission Kardinal Sarah und Papst Franziskus zur Sprache ge-
bracht. Nachfolgend werden die erarbeiteten Dokumente auf ihren Praxisgehalt unter-
sucht sowie Herausforderungen und Chancen einer deutschsprachigen Übersetzung auf-
gezeigt.
Die Aktualität der vorliegenden Arbeit und das Spannungsfeld, welche diese eröffnet,
werden auch deutlich an den Diskursen über die Übersetzung der dritten Vaterunser-
Fürbitte im Dezember 2017. Papst Franziskus prangert die deutsche Übersetzung
„Führe uns nicht in Versuchung“ an, da sie seinem Gottesbild eines gütigen Gottes
widerspricht und das Bild eines Gottes fördert, der die Menschen prüfen will.8 Doch
viele deutsche Bischöfe wehren sich gegen diese Anfrage. Die Ambivalenz des Gottes-
bildes, die sich in biblischer Tradition zeigt, kann nicht ausgeblendet werden und findet
gerade in dieser dritten Vaterunser-Fürbitte in der deutschsprachigen Tradition ihren
Ausdruck.
Die aufgezeigten Beispiele demonstrieren, wie brandaktuell die Diskussion um Über-
setzungen ist, und in welch vielfältigen Kontroversen die kirchenrechtliche Disziplin
gefragt ist.
8 Vgl. BOD/KNA, Papst kritisiert deutsche Vaterunser-Übersetzung, 2017,
http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/papst-kritisiert-deutsche-vaterunser-ubersetzung
(12.8.2018).
7
2. Rezeption der konziliaren Vorgaben über die volkssprachige Li-
turgie
Die Kirche mit frischem Wind aus dem geöffneten Fenster erfüllen – ein Bild, welches
in engstem Zusammenhang mit Papst Johannes XXIII. und seinem Gedanken des
aggiornamento (Verheutigung) steht. Zur Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils
im Jahre 1962 stellt diese Metapher einen Leitgedanken dar, der in der theologischen
Debatte immer wieder neu ganz unterschiedlich ausgelegt wird. Er wirkt heute, mehr als
50 Jahre später, als initialer Begründungsansatz für alle möglichen ausstehenden Re-
formbemühungen in der Kirche nach.
Das Zweite Vatikanische Konzil wird assoziiert mit großen theologischen Reformen
und einer Aktualisierung kirchlicher Gegebenheiten auf vielen Ebenen. Das hat auch
erhebliche rechtliche Implikationen. Die Kirche in der Welt von heute ist eine andere als
zur Konzilszeit, aber vor allem im Hinblick auf die Reformen der Liturgie lohnt es sich
anzuschauen, was die Konzilsväter zu den Anpassungen bewegte. Ein markantes Er-
gebnis des Konzils ist die „Konstitution über die Heilige Liturgie“ Sacrosanctum Con-
cilium, welche
„als erstes Dokument des II. Vaticanum am 4.12.1963 mit der eindrucksvollen Mehrheit von 2.147 Ja-
Stimmen bei nur vier Nein-Stimmen verabschiedet [wurde]. Mit seinen sieben Kapiteln (130 Artikel)
und einem Anhang muss dieses Dokument - genau 400 Jahre nach der Schlusssitzung des Trienter
Konzils verabschiedet - als Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte der Liturgie betrachtet wer-
den.“9
Das Prinzip der Participatio actuosa, der tätigen Teilnahme aller Gläubigen an der Li-
turgie (SC, Art. 14), ist ein Kerngedanke des Zweiten Vatikanischen Konzils. Was der
Ausdruck allerdings bedeutet, wird ganz unterschiedlich beschrieben. In gleicher Weise,
50 Jahre nach der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, ist dieses Element qua-
si als Überschrift jeder liturgischen Feier zu nennen, da es keinerlei Aktualität verloren
hat.10
Die Grundsätze, welche in den Abschnitten 14-18 in SC dargestellt werden, sind
dabei die „Grundlage der ganzen Liturgiereform“, weil es sich um „die seelsorgliche
Arbeit und die Voraussetzungen für ihre Wirksamkeit“11
handelt. Alle Getauften bilden
9 BERGER, RUPERT, Pastoralliturgisches Handlexikon. [das Nachschlagewerk für alle Fragen zum Gottes-
dienst], 52013, 258.
10 Vgl.STUFLESSER, MARTIN, Eine Vortragsreihe zur Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils (in:
DERS. [Hg.], Die Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils. Eine Relecture nach 50 Jahren [The-
ologie der Liturgie v.7], 12014, 9–13), 12f.
11 KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
Kommentar zu SC. (in: P. HÜNERMANN [Hg.], Sacrosanctum Concilium - Inter mirifica - Lumen gentium
[Herders Theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil Bd.2], 2016, 60–120), 78.
8
die Gemeinschaft der Gläubigen, die sich mit und um Christus zusammenfinden. Das
liturgische Geschehen wird von allen gemeinsam durch die tätige Teilnahme gestaltet.
Diese aktive Beteiligung der Gottesdienstgemeinde ist ein Aspekt, der aus der Liturgie-
reform nicht wegzudenken ist. Dabei ist die Verwendung der Volkssprache in den litur-
gischen Feiern „für die Gemeinden, den einzelnen Gläubigen und deren Beziehung zum
gottesdienstlichen Leben der Kirche von grundlegender Bedeutung.“ 12
Daran lässt sich auch deutlich zeigen, dass die Liturgiereform nur mit der Entscheidung
für die Volkssprache durchzusetzen ist. Die Grundsätze von Sacrosanctum Concilium
sind eng verwurzelt in der bewussten, tätigen Teilnahme der Gemeinde, und diese steht
in Zusammenhang mit der Landessprache.13
Die seit den 1960er Jahren sich vollziehen-
de Veränderung der gesellschaftlichen und kirchlichen Situation hinterlässt ein neues
theologisches Verständnis des gemeinsamen Priestertums aller Getauften: „Das Be-
wußtsein, Anteil zu haben am gemeinsamen Priestertum aller Getauften, läßt ein stum-
mes und passives Dabeisein im Gottesdienst als nicht mehr ausreichend und angemes-
sen erscheinen.“14
Ergo wurde auch die generelle Bedeutung der Sprache näher betrach-
tet. Verkündigung, Verständigung und Dialog mit Gott sind nur in einer anschaulichen
Sprache zugänglich.
Aus diesen Gründen weitete das Zweite Vatikanische Konzil die Verwendung der
Volkssprache in der Liturgie aus und gab ihr mehr Raum als zuvor. „Die damit verbun-
denen Anforderungen an eine für den heutigen Menschen verständliche und nachvoll-
ziehbare Liturgiesprache hatten die Konzilsväter bei ihrer Entscheidung für die Einfüh-
rung der Volkssprache in die Liturgie noch nicht vor Augen.“15
Darauf wird an späterer
Stelle noch ausführlich eingegangen.
Die Konzilsväter entschieden sich aus vielen Gründen dafür, dem Verlangen innerhalb
der Kirche nach einer weitläufigeren Etablierung der Volkssprache im Gottesdienst
nachzugehen. Die „Distanz zur lateinischen Liturgiesprache, vor allem aber das theolo-
gisch begründete Verlangen nach Teilnahme an der Liturgie waren mittlerweile so groß,
dass sich weltweit die Volkssprachen in der Liturgie in wenigen Jahren durchsetzen."16
12
SELLE, MONIKA, Latein und Volkssprache im Gottesdienst: die Aussagen des Zweiten Vatikanischen
Konzils über die Liturgiesprache, Univ. Diss., 2001, 339. 13
Vgl. ebd. 14
SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 340. 15
Ebd. 16
KRANEMANN, BENEDIKT, Liturgische Sprache – nicht alltäglich und doch verständlich? (Heiliger
Dienst 68, 2014, 240–248), 241.
9
Sowohl in der Vorbereitungsphase des Konzils als auch in den Debatten selbst wurde
die Bedeutung der Liturgiesprache zur pastoralen Frage. Dabei stellte das Thema der
geeigneten Sprache keine dogmatische Abhandlung dar, sondern es ging um eine
„grundlegende pastorale Überlegung“17
. Die Sprache diene nämlich als „Transportmittel
und Zeichen für die sakramentale Handlung“,18
an der die Gläubigen größeren Anteil
haben sollten. Um den liturgischen Reichtum für die Gemeinde zugänglich zu machen,
wählte man deshalb als grundlegende Änderung die Zulassung der Volkssprache. Bis
dahin wurde die liturgische Sprache Latein als Zeichen der Einheit sehr hoch gehalten.
Die Befürworter der Volkssprache setzten allerdings das neue Ziel, „die Feier des Mys-
teriums Christi dem Verstehenshorizont des modernen Menschen anzupassen“19
. Die
offizielle Sprache der Kirche ist dabei von der liturgischen Sprache zu unterscheiden,
denn diese sollte weiterhin Latein bleiben.20
In der Konzilsdebatte gab es zudem Gegner der Volkssprache, die die lateinische Spra-
che als Uniformitätsmerkmal der Kirche durch die eröffneten Diskussionen ins Wanken
gebracht sahen. Die Befürworter hielten allerdings mit dem Argument der lebendigen
Einheit der Kirche dagegen, die keine künstliche Uniformität brauche. Außerdem sei die
Einheit des römischen Ritus „bereits dadurch gestärkt, da[ss] die Editio typica der litur-
gischen Bücher in lateinischer Sprache erscheint“ 21
.
Das Argument der einheitsstiftenden lateinischen Sprache gilt allein schon deshalb
nicht, weil es Laien und Kleriker, Priester und Volk stark voneinander trennt. Darüber
hinaus, gehen bereits seit vielen Jahrzehnten die Sprachkenntnisse des Lateins auch bei
den eigentlich lateinisch gebildeten Theologinnen, Theologen, Priestern und Bischöfen
drastisch zurück. Allein die Tradition reicht als Legitimation der alten Sprache, die im-
mer weniger Menschen tatsächlich beherrschen, nicht aus.
Das Ziel, die Gemeinde besser in die Glaubenswahrheit einzuführen und dadurch das
Volk Gottes aufzubauen, war so ausschlaggebend, dass sich die Konzilsväter dafür ein-
setzten. Die gewünschte Einheit bei der liturgischen Feier gilt für alle, auch für diejeni-
gen, die die lateinische Sprache nicht verstehen. Der Anstoß für die großen Reformen
der Liturgie war gegeben, damit „in jeder Sprache bewusst und mit Vernunft das Lob
Gottes erklingen kann“22
. Es lässt sich kaum beschreiben, wie groß der Paradigmen-
17
SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 223. 18
AaO 223. 19
AaO 223. 20
SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 224. 21
AaO 224f. 22
AaO 225.
10
wechsel des Zweiten Vatikanischen Konzils war, die liturgische Sprache von der
lateinischen in die jeweilige Volkssprache zu verändern.23
Das mag einerseits ein Grund
dafür sein, dass sich auch 50 Jahre nach dem Konzil immer noch kirchliche Gruppen
gegen die stattfindende Entwicklung sträuben, andererseits hat gerade die große Reform
in der liturgischen Sprache, vor allem in den Gebieten der Mission, zu einem ungeheu-
ren Erfolg bei der Inkulturation des christlichen Glaubens geführt.
2.1. Rechtsbedeutung der kirchlichen Verlautbarungen
Das Zweite Vatikanische Konzil initiierte im weiteren Verlauf der Rechtsentwicklung
ganz unterschiedliche und durchaus divergierende Rechtsdokumente, die im Anschluss
an die doktrinellen Festlegungen, die Einführung der Volkssprache in der Liturgie be-
treffen. Kirchliche Verlautbarungen haben dabei ganz verschiedenartige Rechtsbedeu-
tungen. So ist bei jedem Dokument zunächst zu prüfen, um welche Art von Rechtsdo-
kument es sich handelt und welchen Grad von Verbindlichkeit dieses auf welcher Ebene
von welchem Adressaten einfordert.
Das Kirchenrecht kennt viele Kategorien an Verlautbarungen, so kann es „z. B. ein
(unmittelbares oder ein mittelbares) päpstliches Gesetz, ein Gesetz der Bischofskonfe-
renz oder eines Diözesanbischofs sein“24
. Des Weiteren ist nach der Erscheinungsform
des päpstlichen Gesetzes zu fragen: Hier unterscheidet man unter anderem eine Aposto-
lische Konstitution von Litterae Apostolicae Motu proprio datae, von einer Instruktion
oder einem Dekret.25
Der Codex selbst nennt in c. 754 die Pflicht aller Gläubigen, „die
Konstitutionen und Dekrete zu befolgen, welche die rechtmäßige Autorität der Kirche
zur Vorlage einer Lehre und zur Verwerfung irriger Auffassungen erlässt, vor allem
aber solche des Papstes oder des Bischofskollegiums“26
.
Im Folgenden sollen kurz und exemplarisch die drei für dieses Thema typischen Ver-
lautbarungen der Konstitution, des Motu Proprios und der Instruktion unter kirchen-
rechtlichen Aspekten dargestellt werden, um in den anschließenden Kapiteln bei
näheren Ausführungen zu drei konkreten Dokumenten die Rechtsbedeutung im Einzel-
fall zu klären.
23
Vgl. BÄRSCH, JÜRGEN, Messbuchreform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Beobachtungen zum
Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes (1975) (in: WAHLE [Hg.], 143–177), 149. 24
MAY, GEORG / EGLER, ANNA, Einführung in die kirchenrechtliche Methode, 1986, 151. 25
Vgl. ebd. 26
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED, Codex des kanonischen Rechtes. Lateinisch-deutsche Aus-
gabe ; mit Sachverzeichnis, 72012, c. 754 CIC/1983.
11
Konstitution 2.1.1.
Seit dem Mittelalter werden Konstitutionen zur Bezeichnung von Gesetzen der allge-
meinen Konzilien, des Papstes oder seiner Behörden gebraucht.27
Die Konstitutionen
lassen sich demnach in zwei Arten unterscheiden: Es gibt die von den Ökumenischen
Konzilien beschlossenen Konzilskonstitutionen und die direkt vom Papst erlassenen
Apostolischen Konstitutionen.
Die Begriffsbezeichnung Constitutio Apostolica lässt sich mit „feierliche Festlegung“28
übersetzen. Sie ergeht weltweit
„zur Wahrung und Übung der Frömmigkeit, zu liturgischen Büchern und gottesdienstlichen Handlun-
gen zur Ordnung des Heiligsprechungsverfahrens, zur Inkraftsetzung eines gesamtkirchlichen Gesetz-
buches oder Katechismus', zur Neuordnung und Verfahrensweise der Römischen Kurie und der
pflichtgemäßen Zusammenarbeit aller Bischöfe mit ihr.“29
Aus kanonistischer Sicht kann festgehalten werden, dass eine Konstitution in der heuti-
gen Rechtspraxis päpstliche Gesetze, aber auch Verwaltungsakte für Einzelfälle be-
zeichnet.30
Sie treten in der Regel in einer gewöhnlichen Bullenform in Kraft, weshalb
sie umgangssprachlich ebenso als „päpstliche Bulle“ bezeichnet werden.31
Daher ist im
Einzelfall und nach dem Textbefund zu prüfen, worum es sich genau handelt.
Die Verlautbarungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, die den Titel einer Constitutio
tragen, unterscheiden sich in drei Gestalten. Zunächst sind die „zwei Constitutiones
Dogmaticae zu nennen, die etliche Fragen der Kirchenlehre (‚Lumen Gentium‘) und der
Offenbarungslehre (‚Dei Verbum‘) feierlich fest[legten]“32
. Neben diesen bedeutenden
Dokumenten ist auch noch das umfangreichste, die Pastorale Konstitution Gaudium et
spes, zu nennen. Das Anliegen, der Kirche in der Welt von heute einen Platz zu geben,
wird in der Rezeption des Dokuments zu einem Kernaspekt gehören. Da es sich dabei
weder um eine doktrinelle noch um eine disziplinäre Konstitution handelt, wird man sie
als Konzilskonstitution sui generis aufzufassen haben.
Darüber hinaus promulgierte das vergangene Konzil auch eine Constitutio zur Heiligen
Liturgie Sacrosanctum Concilium. Nähere Erläuterungen zu Weiterentwicklung und
27
Vgl. WÄCHTER, LOTHAR, Konstitution II Kirchenrechtlich (in: S. HAERING / H. SCHMITZ [Hg.], Lexi-
kon des Kirchenrechts [Lexikon für Theologie und Kirche kompakt], 2004), 322f. 28
GROTE, HEINER, Was verlautbart Rom wie? Eine Dokumentenkunde für die Praxis (Bensheimer Hefte
76), 1995, 40. 29
AaO 73. 30
Vgl. WÄCHTER, LOTHAR, Konstitution II Kirchenrechtlich (s. Anm. 27), 322f. 31
Vgl. GROTE, HEINER (s. Anm. 28), 73. 32
AaO 42.
12
Interpretation dieser umfassenden liturgischen Schilderung folgten anschließend durch
Instructiones.33
Ein Hinweis auf die gesetzgebende Kraft dieses Dokumentes findet sich
in Art. 21. Dort steht, „sie erlasse in den folgenden Ausführungen
‚generaliores...normas‘“34
und stellt damit Grundsätze für die darauf folgenden einzel-
nen Gesetzgebungen auf.
Motu Proprio 2.1.2.
Das Motu Proprio bezeichnet ein feierliches und vom Papst verlautbartes Dokument,
welches sich mit „aus eigenem Antrieb“ übersetzen lässt. Unterscheiden lässt es sich
aus diesem Grund von einem Reskript, welches nur auf Antrag hin ergehen kann.35
Ein
Motu Proprio ergeht zwar in Briefform, allerdings ohne Anrede und ist vom Umfang
her in etwas kleinerem Schriftgrad gehalten (im Gegensatz zu einer Enzyklika).36
Ein
weiteres Merkmal ist die Zuordnung der Handlungs- bzw. Redeweise auf das munus
regendi, durch welches die Kirche die Gesamtkirche, die Ortskirche und das gläubige
Volk regiert.37
Inhaltlich kann das Motu Proprio auch andere Rechtsformen dokumen-
tieren wie zum Beispiel Verwaltungsakte für Einzelfälle.38
„‚Durchzuführende Bestimmungen‘ firmieren amtlich als Litterae Apostolicae Motu proprio datae.
Wenn die von ihnen intendierten Vorgänge oder Einrichtungen erledigt sind oder wenn andere
‚durchzuführenden Bestimmungen‘ in ein Gesetzeswerk aufgenommen werden, tritt ein Motuproprio
regelrecht außer Kraft.“ 39
Das Mischehen-Motuproprio (Matrimonia mixta von 1970) ist ein Beispiel für diese
Rechtsetzungspraxis im Sinne einer Übergangsgesetzgebung bis zur großen Rechtsre-
form, die das Konzil wegen seiner theologischen Weichenstellungen erforderlich mach-
te. Mit der Approbation des CIC 1983 verlor dieses seine Rechtskraft und wurde ein
„historisches Dokument“.40
Der CIC hatte weitgehend die dortigen Bestimmungen
übernommen.
33
Vgl. ebd. 34
MAY, GEORG / EGLER, ANNA (s. Anm. 24), 165. 35
Vgl. WÄCHTER, LOTHAR, Motu Proprio (in: HAERING / SCHMITZ [Hg.]), 668. 36
Vgl. GROTE, HEINER (s. Anm. 28), 54. 37
Vgl. ebd. 38
Vgl. WÄCHTER, LOTHAR, Motu Proprio (in: W. KASPER u.a. [Hg.], Lexikon für Theologie und Kirche.
Kirchengeschichte bis Maximianus, 32006), 506.
39 GROTE, HEINER (s. Anm. 28), 60.
40 Vgl. ebd.
13
Neben den bereits erläuterten Constitutiones Apostolicae wird das Motu Proprio in der
päpstlichen Praxis der Rechtssetzung am häufigsten verwendet.41
Instruktion 2.1.3.
Instruktionen sind lehramtliche Anweisungen, die immer im Lichte von Konstitutionen
zu betrachten sind. Die Glaubenskongregation und andere Kongregationen erlassen
Instructiones, entwickeln damit das vorhergehende Dokument einer Konstitution weiter
und legen es in Einzelheiten aus.42
Genauere Bestimmungen und Rückbesinnungen, die
in der Konstitution nicht spezifisch erläutert werden konnten, werden somit in einer
Instruktion dargelegt. Die Umschreibung deckt dabei von Einweisung bis Ausführungs-
bestimmungen ein breites Feld ab.43
Aus kirchenrechtlicher Perspektive lassen sich Instruktionen von einem Gesetz und all-
gemeinen Ausführungsdekreten unterscheiden. In der Rechtspraxis werden sie aller-
dings nicht einheitlich bezeichnet und müssen auch nicht normiert promulgiert werden.
Rechtlich bindend sind die Instruktionen nur für die gesetzesausführenden Verwal-
tungsorgane, an welche sich die Anweisungen richten. Die Erläuterungen in einer In-
struktion erklären Vorgehensweisen und legen Gesetzesvorschriften aus.44
Instruktionen als Ausführungsbestimmungen bilden in einem spezifischen Sinne
Ordinationes. Diese wiederum bestehen aus allgemeinen und besonderen Normae
(Vorschriften), die sich an die Verwaltungsorgane der Gesetzesausführung richten.45
„Wenn die Kongregationen der Römischen Kurie Decreta oder Instructiones,
Ordinationes und Normae erarbeiten, sind nicht selten verwickelte kirchenrechtliche
Zusammenhänge zu beachten.“46
Zwischenfazit 2.1.4.
Die drei dargestellten kirchlichen Verlautbarungen der Konstitution, des Motu Proprios
und der Instruktion sind schwierig in ein Schema zusammenzufügen. Bei jedem Doku-
ment gilt es anhand des Textbefundes einzeln zu prüfen, welchen Rechtscharakter es
41
WÄCHTER, LOTHAR, Motu Proprio (s. Anm. 38), 506. 42
Vgl. GROTE, HEINER (s. Anm. 28), 42. 43
AaO 84. 44
Vgl. WÄCHTER, LOTHAR, Instruktion (in: HAERING / SCHMITZ [Hg.]), 419. 45
Vgl. GROTE, HEINER (s. Anm. 28), 84. 46
Ebd.
14
aufweist, ob es z. B. ein neues Gesetz schafft, ein bestehendes Gesetz auslegt oder eine
Verwaltungsvorschrift ist. „Nach Lage der Dinge wird wohl auch weiterhin immer wie-
der neu herauszufinden sein, ob und wie genau Gesetze gegeben, angewandt und ausge-
legt werden.“ 47
Kurz zusammenfassend lässt sich sagen, dass Konstitutionen feierliche Festlegungen
sind, die der Papst in Bullenform erlässt. Eine Apostolische Konstitution betrifft meist
wichtige Aussagen zur kirchlichen Lehre oder Gesetzgebung. In einer ungefähren
Hierarchie geordnet, steht die Constitutio Apostolica in ihrer Geltungsweise an der Spit-
ze kirchlicher Dokumente.48
Ein Motu Proprio zeichnet sich durch die Briefform und die Hinordnung auf das Füh-
rungsamt aus. Es regelt somit Rechtserlasse für die Gesamtkirche, Teilkirche und die
Gläubigen. In der Einordnung eines Geltungsbereiches steht das Motu Proprio (Litterae
Apostolicae) direkt nach der Constitutio Apostolica. Würde die Liste weitergeführt wer-
den, folgten in der Hierarchie nun das Decretum und Rescriptum anschließend das Di-
rectorium und die Instructio.
Instruktionen werden in der Regel nach einer Konstitution erlassen und legen sie durch
die Erläuterung in einzelnen Aspekten aus. Inhaltlich stehen sie somit in direktem Zu-
sammenhang zur vorangegangenen Konstitution und können nicht isoliert von ihr be-
trachtet werden.
Für die nachfolgenden Kapitel, in denen die Instruktion Comme le prévoit (1969) im
Lichte der Konstitution Sacrosanctum Concilium zu betrachten sein wird, spielt dieser
Aspekt eine große Rolle. Inhaltlich lässt sich dazu nämlich immer wieder eine Querver-
bindungen herstellen.
47
GROTE, HEINER (s. Anm. 28), 133. 48
Vgl. ebd.
15
2.2. Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium (1963)
Der teilweise Gebrauch der Landessprache bei den liturgischen Feiern der Sakramen-
tenspendungen war schon im Laufe des 20. Jahrhunderts zugelassen worden, aber die
großen liturgischen Reformen über die lateinische Liturgie insgesamt, setzten erst mit
dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein.49
Am Vorabend der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium schärfte Johannes
XXIII. sogar noch die Förderung und Beibehaltung der lateinischen Sprache ein. In der
apostolischen Konstitution Veterum sapientiae vom 22. Februar 1962 spricht der Papst
über die Förderung des Studiums der lateinischen Sprache.50
Diesem Gesetz mangelte
es jedoch schon vor dem Konzil an einer hinreichenden rechtlichen Rezeption, außer-
halb Roms. Manch ein Befürworter der lateinischen Sprache nahm dieses Dokument
zum Anlass, die Frage nach der Sprache der Liturgie als bereits beantwortet zu sehen,
und dass es demnach keiner weiteren Debatte im Konzil bedürfe.51
Allerdings gab es auch andere Meinungen: Ein Bischof aus dem Kongo sprach sich,
stellvertretend für die in der Mission vertretene Meinung, für die Einführung der Volks-
sprache aus und nahm damit zu Veterum Sapientiae Stellung. „Im Namen seines Klerus
betont er, dass das Festhalten an der lateinischen Sprache sowohl die Verbreitung des
Glaubens als auch die Ausdehnung der theologischen Wissenschaften behindern würde.
Das Konzil soll sich mit der Stellung der lateinischen Sprache beschäftigen.“52
Außer-
dem sei in der modernen Welt das Latein an seine Grenze gestoßen. „Man könne bei
den privaten Gebeten am Latein festhalten. Sonst solle der Gebrauch der Landessprache
bevorzugt werden."53
Es ist interessant, dass die Bestimmungen aus Veterum Sapientiae nach 1962 von den
Ortsbischöfen faktisch nicht eingehalten wurden. Der apostolischen Konstitution Vete-
rum Sapientiae mangelte es im Hinblick auf die lateinische Sprache an weltkirchlicher
Rezeption. Die Konzilsväter beschlossen auch aufgrund dieser fehlenden Wirkung die
Ausweitung der Volkssprache in der Liturgie. Denn „[f]ür die Gläubigen, die es zu füh-
49
Vgl. LANG, UWE MICHAEL, Fremdheit und Vertrautheit der Liturgiesprache (in: WAHLE [Hg.], 442-
448.), 444. 50
Vgl. PAPST JOHANNES XXIII, Veterum Sapientiae. Consitutio Apostolica de latinitas studio provehendo,
1962. 51
Vgl. SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 229f. 52
PULTE, MATTHIAS, Das Missionsrecht, ein Vorreiter des universalen Kirchenrechts. Rechtliche Einflüs-
se aus den Missionen auf die konziliare und nachkonziliare Gesetzgebung der lateinischen Kirche (Studia
Instituti Missiologici Societatis Verbi Divini 87), 2006, 345f. 53
AaO 345f.
16
ren und zu lehren gelte, könne entsprechend den gegebenen Umständen die Volksspra-
che hilfreich sein.“54
Gleich zu Beginn des Konzils verfassten die Teilnehmer das größte Dokument Sacro-
sanctum Concilium, welches eine vorsichtige Öffnung in Richtung der Volkssprache
beinhaltete:
In Artikel 36 wird in vier Paragraphen folgendes formuliert:
„§ 1. Der Gebrauch der lateinischen Sprach soll, unter Wahrung von Sonderrecht, in den lateinischen
Riten erhalten bleiben.
§ 2. Da jedoch bei der Messe, bei der Sakramentenspendung und in anderen Bereichen der Liturgie
nicht selten die Verwendung der Muttersprache beim Volk sehr nützlich sein kann, soll ihr ein weite-
rer Raum zugebilligt werden können, vor allem aber in den Lesungen und Hinweisen und in einigen
Gebeten und Gesängen gemäß den Richtlinien, die hierüber in den folgenden Kapiteln im einzelnen
aufgestellt werden.
§ 3. Unbeschadet dieser Richtlinien steht es der für ein bestimmtes Gebiet zuständigen kirchlichen
Autorität - vgl. Art. 22 § 2 - zu, gegebenenfalls auch nach Beratung mit den Bischöfen der angrenzen-
den Gebiete derselben Sprache, Bestimmungen über den Gebrauch und das Maß der Muttersprache zu
treffen, nachdem die Beschlüsse vom Apostolischen Stuhl gebilligt bzw. bekräftigt worden sind.
§ 4. Die in der Liturgie zu verwendende Übersetzung des lateinischen Textes in die Muttersprache
muss von der oben genannten für das Gebiet zuständigen kirchlichen Autorität genehmigt werden.“55
Das Konzil setzt im ersten Paragraph grundsätzlich fest, dass die lateinische Sprache in
den lateinischen Riten, also neben dem römischen auch im mailändischen und altspani-
schen Ritus, fortbestehen solle.56
Dadurch wurde die alte Sprache erhalten, außer es galt
Sonderrecht. Im zweiten Paragraph wendet sich das Konzil „dem für die Gemeinden
wohl wichtigsten, für die Konzilsväter vermutlich schwierigsten liturgischen
Reformanliegen zu: dem der Verwendung der Volkssprache im Gottesdienst zuzubilli-
genden weiteren Raum.“57
54
AaO 229f. 55
HÜNERMANN, PETER (Hg.), Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils. Konstitutionen, Dek-
rete, Erklärungen (Herders Theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil Bd. 1), 22006,
20f. 56
KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
(s. Anm. 11), 105. 57
AaO 106.
17
„In der Konzilsaula äußerten sich 81 Väter zum Artikel 24 (jetzt 36). Davon sprachen sich 67 für ei-
nen weiteren Gebrauch der Muttersprache aus, drei im Namen ihrer Bischofskonferenzen, während 14
Gegner jeweils nur im eigenen Namen sprechen konnten."58
Die vorbereitende Kommission schlug einen Zwischenweg vor, indem der Umfang der
Verwendung der Volkssprache durch die jeweilige Bischofskonferenz festgesetzt wer-
den sollte. Somit wäre kein Land dazu verpflichtet die Muttersprache zu verwenden,
aber falls es sie doch wolle, solle die Übersetzung liturgischer Texte erst veröffentlicht
werden, wenn der Apostolische Stuhl sie zur Kenntnis genommen und bestätigt hatte.59
Die 14 Gegner der Volkssprache hatten zum Teil nur sehr schwache Argumente, wie
etwa, dass Latein das schriftliche Verständigungsmittel sei. Andererseits wurde dagegen
aufgeführt, dass lateinische Artikel selbst in den Fachzeitschriften immer weniger wur-
den und sogar die Päpste bei Ansprachen stets eine Sprache verwendeten, die die Men-
schen besser als das „feierliche Latein" verstehen konnten. Des Weiteren wurde von den
Gegnern der Volkssprache aufgezählt, dass Latein die Sprache der Kirche sei. Dagegen
konnte man aber anführen, dass auch die mit Rom unierten orientalischen Christen mit
ihren ganz eigenen Sprachtraditionen zu Rom gehörten.60
Letztlich einigte man sich in Sacrosanctum Concilium auf eine vorsichtige Öffnung
hinsichtlich der Volkssprache, welche in Art. 36 § 2 formuliert wurde. Die volkssprach-
lichen gottesdienstlichen Feiern umfassen die Messfeier, Feier der Sakramente und die
übrigen Bereiche der Liturgie. Dabei sollten „vor allem“ – also nicht ausschließlich –
Lesungen, Hinweise, Orationen und Gesänge die Muttersprache enthalten. Darüber hin-
aus wird nicht mehr von einem begrenzten Gebrauch der Volkssprache gesprochen,
sondern im Gegenteil positiv davon, dass die Bischofskonferenzen aufgrund ihrer Auto-
rität über den Einsatz der Volkssprache bestimmen dürfen.61
Begründet wurde der zwei-
te Paragraph damit, dass es „für das Volk sehr nützlich sein“62 könne, die Muttersprache
zu verwenden.
58
LENGELING, EMIL JOSEPH, Die Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Heilige Litur-
gie. Lateinsich-deutscher Text mit einem Kommentar (Lebendiger Gottesdienst 5/6), 21965, 81.
59 Vgl. ebd. Zunächst wurde von der Unterkommission zur Verbesserung der Schemata gemäß c. 291
CIC/1917 „actis a Sancta Sede recognitis“ in „Sancte Sedi proponere (vorschlagen) umgewandelt.
Schließlich sollte der Apostolische Stuhl die Beschlüsse der Bischofskonferenz hinsichtlich der liturgi-
schen Übersetzung der Bücher nicht mehr überprüfen (recognoscere), sondern „billigen und bestätigen“
(actis ab Apostolica Sede probatis seu confirmatis). Vgl. KACZYNSKI (s. Anm. 49), 107. 60
Vgl. ebd. 61
KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
(s. Anm. 11), 107. 62
KONSTITUTION DES 2. VATIKANISCHEN KONZILS, Sacrosanctum Concilium. Das heilige Konzil. (in: H.
RENNINGS / M. KLÖCKENER [Hg.], Dokumente des Apostolischen Stuhls 1963 - 1973 und des Zweiten
18
Die Beschlüsse über die Verwendung der muttersprachlichen Übersetzung des
lateinischen Textes benötigten zuvor die Bestätigung confirmatio durch den
Apostolischen Stuhl. In Art 36 §§ 3, 4 werden diese Regelungen festgesetzt. Demnach
sollte die Bischofsvereinigungen „auch innerhalb der in der ‚editio typica‘ der
liturgischen Bücher bestimmten Grenzen Anpassungen vornehmen können.“63
Bedeutend für die weitere Entwicklung ist daneben SC § 4, in dem ein eindeutiges
Recht der Bischofskonferenz zugesprochen wird, die Übersetzungen vorzunehmen und
zu approbieren. In den Jahren danach wird man genau an diesem Punkt schon erste
Rückwärtstendenzen erkennen können.
Weitere Konkretisierungen der Aussagen zur Landessprache folgen dann in SC 54 für
die Messfeier sowie in SC 63 für Sakramente und Sakramentalien.
SC Art. 54: „Der Muttersprache darf im Sinne von Art. 36 dieser Konstitution in den mit dem Volk
gefeierten Messen ein gebührender Raum zugeteilt werden. […] Es soll jedoch Vorsorge getroffen
werden, daß die Christgläubigen die ihnen zukommenden Teile des Meß-Ordinariums auch lateinisch
miteinander sprechen oder singen können.“64
In diesem Artikel lässt sich ebenfalls beobachten, dass die lateinische Sprache grund-
sätzlich bevorzugt wird, so solle nämlich darauf geachtet werden, dass die Gläubigen
Teile des Meß-Ordinariums auch noch auf Lateinisch sprechen können.
Ebenso wird in SC Art. 63 wieder mit der Nützlichkeit der Muttersprache argumentiert:
„Da nicht selten bei der Spendung der Sakramente und Sakramentalien beim Volk der
Gebrauch der Muttersprache sehr nützlich sein kann, soll ihr breiterer Raum gewährt
werden […].65
Das Konzilsdokument war zwar auf der einen Seite sehr vorsichtig bei
den Formulierungen über die Einführung der Volkssprache, auf der anderen Seite öffne-
te es sich aber deutlich dafür. Die Liturgiereform lief in den ersten wichtigen Stadien
zeitgleich mit dem noch tagenden Konzil ab. Deshalb wurden in dieser Umgebung Vor-
entscheidungen möglich, die mit späterem Abstand als großer inhaltlicher Sprung be-
wertet werden konnten.66
Vatikanischen Konzils [Dokumente zur Erneuerung der Liturgie / begr. von Heinrich Rennings und Mar-
tin Klöckener. Hrsg. von Martin Klöckener ; Bd. 1], 22002, 37–76), Art. 36 §1–§4§ 2.
63 ALTHAUS, RÜDIGER, Can. 838 (in: K. LÜDICKE / R. AHLERS [Hg.], Münsterischer Kommentar zum
Codex Iuris Canonici. Unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland, Österreich und
der Schweiz, 2013, 838/1- 838/12), 838/3. 64
APOSTOLISCHER STUHL. PAPST PAUL VI., Sacrosanctum Concilium. Das heilige Konzil. (s. Anm. 62),
Art. 54. 65
AaO Art. 63. 66
Vgl. GERHARDS, ALBERT, Erneuerung kirchlichen Lebens aus dem Gottesdienst. Beiträge zur Reform
der Liturgie (Praktische Theologie heute 120), 2012, 54.
19
Die vom Konzil gewünschten Erneuerungen konnten, anschließend an das Konzilsdo-
kument, alsbald durchgeführt werden, da die liturgischen Bücher überraschend schnell
überarbeitet wurden. Wenn man den alten Ritus mit dem überarbeiteten vergleicht,
kommt man zu dem Ergebnis, dass nichts vernichtet, sondern „bleibend Gültiges wieder
zur Geltung gebracht“67
wurde. An vielen Orten konnten die Gemeinden der Reform
inhaltlich nicht folgen: „Die Änderungen der Formen gingen zügig voran, doch das Er-
schließen des Sinnes hielt oft nicht Schritt oder fiel aus. Gewiss war dies von Pfarrei zu
Pfarrei verschieden. Doch an diesem Defizit leiden wir bis heute.“68
Spannend ist vor allem zu beobachten, dass die liturgische Erneuerung mit der Konstitu-
tion Sacrosanctum Concilium keineswegs abgeschlossen war, sondern in weiteren Do-
kumenten theologisch aufgegriffen und präzisiert wurde.69
So folgten anschließend
ebenfalls zum Thema der Einführung der Muttersprache im Gottesdienst, das Motu
Proprio Sacram liturgiam und die Übersetzerinstruktion Comme le prévoit. Die liturgi-
schen Erneuerungen erhielten in diesen Dokumenten weitere Dimensionen.
2.3. Das Motu Proprio Sacram liturgiam (1964)
Bereits mit dem Konzil kam es schnell zur Ausbreitung rein volkssprachlicher Litur-
gien. Die Konzilsaussagen bedurften allerdings noch weiterer Präzisierungen und Aus-
führungen. Aus diesem Grunde wurde am 25. Januar 1964 das Motu Proprio Sacram
liturgiam von Paul VI. veröffentlicht. Das Dokument rezipiert diese Praxis und schließt
sich mit seiner Rechtssetzung, wenngleich in wenig juristischer Sprache, dem Konzil an
und räumt den Landesprachen weiten Raum ein. In Artikel IX werden diese benannt:
„IX) Quoniam vero ex Constit. art. 101, iis, qui divinum Officium recitare obstringuntur, aliter aliis
facultas fit, pro latina, usurpandi linguam vernaculam, opportunum ducimus significare, varias huius-
modi populares interpretationes, a competente auctoritate ecclesiastica territoriali conficiendas et ap-
probandas esse, ad normam art. 36, §§ 3 et 4; acta vero huius auctoritatis, ad normam eiusdem art. 36,
§ 3, ab Apostolica Sede esse rite probanda seu confirmanda. Quod ut semper nervetur praescribimus,
quoties liturgicus quidam textus latinus a legitima, quam diximus, auctoritate in linguam vernaculam
convertetur.“70
67
WETTER, FRIEDRICH KARDINAL, Liturgiereform als Kirchenreform. Wo steht die Liturgie 45 Jahre nach
dem Konzil? (in: STUFLESSER [Hg.], Die Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils, 17–30), 26. 68
AaO 27. 69
Vgl. GERHARDS, ALBERT, Erneuerung kirchlichen Lebens aus dem Gottesdienst (s. Anm. 66), 54. 70
APOSTOLISCHER STUHL. PAPST PAUL VI., Sacram Liturgiam. Decernitur ut praescripta quaedam consti-
tutionis de sacra liturgia a concilio oecumenico vaticano II probatae vigere incipiant., 1964, Art. IX,
20
„Art. IX) Da für die zum Stundengebet Verpflichteten nach Artikel 101 der Konstitution in je ver-
schiedener Weise die Möglichkeit besteht, statt der lateinischen die Muttersprache zu verwenden, hal-
ten Wir es für angebracht, darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen muttersprachlichen Überset-
zungen von der für die einzelnen Gebiete zuständigen kirchlichen Autorität zu erstellen und zu appro-
bieren sind gemäß Art. 36 § 3 und § 4; die Beschlüsse dieser Autorität bedürfen jedoch der Billigung,
d. h. der Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl gemäß demselben Art. 36 § 3. Wir schreiben vor,
dass dieses Verfahren immer einzuhalten ist, so oft ein lateinischer liturgischer Text von der oben ge-
nannten rechtmäßigen Obrigkeit in die Landessprache übersetzt werden wird.“71
Auffällig ist bei näherer Betrachtung die Betonung, dass die Beschlüsse der Bischofs-
konferenz der nochmaligen Bestätigung (confirmanda)durch den Apostolischen Stuhl
bedürfen. In Sacrosanctum Concilium war ein Jahr zuvor der Bischofskonferenz das
Recht eingeräumt worden, die liturgischen Texte selbst zu übersetzen und zu approbie-
ren (SC § 4). Sacram liturgiam wird dahingehend „vielfach bereits als ein erster Rück-
schritt hinter die Bestimmungen des Konzils interpretiert“72
, da es die Kompetenz der
Bischofskonferenz im Vergleich zu SC Art 36 § 4 wieder einschränkt.
Reiner Kaczynski geht in der Bewertung sogar so weit, die Abänderungen als Verfäl-
schung der Konzilsaussagen darzustellen:
„[In Sacram Liturgiam] wurden ein erstes Mal Konzilsaussagen verfälscht. Besonders gravierend war
die Abänderung von SC 36 § 4 in Nr. IX des Papstschreibens: Alle von der zuständigen territorialen
Autorität vorgeschlagenen (propositas) Übersetzungen seien vom Apostolischen Stuhl zu überprüfen
und zu billigen (recognoscendas atque probandas.) Das kam einer Aufhebung des im Konzil festgeleg-
ten Approbationsrechts der Bischöfe gleich.“73
Rechtlich würde man eine solche Engführung, wie Kaczynski sie vornimmt, eher als
strikte Interpretation des Konzils oder als normative Restriktion auslegen. Zu Bedenken
ist außerdem aus verfassungsrechtlicher Sicht, dass das Konzil nicht über dem Papst
steht (vgl. cc. 331-336.)
In den folgenden Jahren war auch in anderen Dokumenten festzustellen, dass der
Apostolische Stuhl das Recht über die Übersetzungen der liturgischen Texte zu ent-
scheiden, immer mehr der Bischofskonferenz einschränkte.74
Der vorläufige Gipfel die-
ser Entwicklung war der Codex Iuris Canonici 1983 (CIC/1983), der das Approbations-
https://w2.vatican.va/content/paul-vi/la/motu_proprio/documents/hf_p-vi_motu-
proprio_19640125_sacram-liturgiam.html (25.8.2018). 71
Sacram Liturgiam. Die Heilige Liturgie. (in: RENNINGS / KLÖCKENER [Hg.], 178–190), Nr. IX. 72
SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 338. 73
KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
(s. Anm. 11), 109. 74
Vgl. SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 338.
21
recht der Bischofskonferenz gar nicht mehr erwähnte,75
sondern in c. 838 § 3 in ein
Recht zur Besorgung der Übersetzung liturgischer Bücher umwandelte. In nur wenigen
Jahren war somit die Delegation des Approbationsrechtes auf die Teilkirchliche Ebene,
wie es das Konzil grundsätzlich mit der Stärkung der eigenberechtigten Rechte der
Bischöfe in Christus Dominus (Art. 2 und 3) im Sinn hatte, wieder umgekehrt worden.
Sacram liturgiam war nur eine der zwei Instruktionen zur Übersetzung liturgischer Bü-
cher, die nach dem Konzil entstanden war. Die Tatsache, dass die Bischofskonferenzen
nicht wussten, wie man übersetzen sollte, verwundert nicht. Das Konzil legte zwar fest,
dass es eine volkssprachige Übersetzung geben sollte, aber nicht nach welchen Kriterien
diese hätte entstehen sollen. Obendrein verfügt die katholische Kirche nur über wenig
Erfahrung in der muttersprachigen Liturgie. Eine weitere Herausforderung war die Ap-
probation aller liturgischen Bücher in unterschiedlichen Sprachen. Überraschend war
das schnelle Ergebnis dieser Bewältigung: die Bücher wurden in kompetenter Weise
relativ zügig vorgelegt.76
2.4. Die Übersetzerinstruktion Comme le prévoit (1969)
Bei der Übertragung der lateinischen liturgischen Texte in die jeweils zeitgemäße Spra-
che ergaben sich an vielen Stellen Schwierigkeiten und deshalb wurde ein immer
größerer Bedarf an Leitlinien zur Übersetzung deutlich.77
Der Rat zur Ausführung der
Konstitution über die heilige Liturgie reagierte auf die aufgekommenen Probleme der
Umwandlung liturgischer Texte für Feiern mit dem Volk mit der Veröffentlichung einer
Instruktion. Die im deutschen Sprachgebiet als Übersetzerinstruktion bekannte Instruk-
tion Comme le prévoit wurde am 25. Januar 1969 in französischer Sprache herausge-
bracht.78
An der Auswahl der Veröffentlichungssprache zeigt sich interessanterweise
schon, dass sich andere Sprachen als Latein für den Schriftverkehr etablierten. Die In-
struktion ist auch bekannt unter dem lateinischen Titel De interpretatione textuum litur-
75
KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
(s. Anm. 11), 110. 76
Vgl. BÄRSCH, JÜRGEN (s. Anm. 23), 148. 77
Vgl. KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
(s. Anm. 11), 109. 78
Vgl. aaO 110.
22
gicorum79
und bildet die Grundlage für die liturgischen Bücher, die in den ersten Jahr-
zehnten der Liturgiereform veröffentlicht wurden.
Art 6.
„In der Liturgie dienen die Übersetzungen also dazu, den Gläubigen die Frohe Botschaft vom Heil zu
verkünden und dem Gebet der Kirche zu ihrem Herrn Ausdruck zu verleihen (Ansprache Pauls VI. an
die Teilnehmer des Übersetzerkongresses vom 10. November 1965: ‚Die Übersetzungen...sind Stim-
me der Kirche geworden.‘).
Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es nicht, wenn man eine für die Liturgie bestimmte Übersetzung
herstellt, die einfach den wörtlichen Inhalt und die Grundgedanken des Originaltextes in eine andere
Sprache überträgt. Es kommt vielmehr darauf an, einem bestimmten Volk in dessen eigener Sprache
getreu zu vermitteln, was die Kirche durch den Originaltext einem anderen Volk in einer anderen
Sprache mitgeteilt hat. Die Treue der Übersetzung kann also nicht lediglich von den Worten und Sät-
zen her beurteilt werden. Es muß vielmehr geschehen nach dem genauen Gesamtzusammenhang des
Verständigungsvorganges in Übereinstimmung mit der literarischen Art des Textes."80
Anschließend an die Idee des Konzils, die liturgischen Texte so zu formulieren, dass
eine aktive und intensive Teilnahme der Gläubigen ermöglicht wird, spricht Comme le
prévoit sogar von den Übersetzungen als „Stimme der Kirche“. Eine wortwörtliche
Übersetzung der lateinischen Sprache genügt nicht mehr, es müssen neue Interpretati-
onsmöglichkeiten geschaffen werden, um den originalen Text auch inhaltlich übertragen
zu können. Kommunikation auf verschiedenen Ebenen kann erst möglich werden, wenn
die liturgische Sprache qualitätsvoll und alltagsnah ist. Die Sprache als Kommunikati-
onsgeschehen kann erst funktionieren, wenn man ihr zuhören, inhaltlich folgen und
mitdenken kann. In Artikel 6 wird außerdem formuliert, dass es darauf ankomme, „ei-
nem bestimmten Volk in dessen eigener Sprache getreu zu vermitteln, was die Kirche
durch den Originaltext einem anderen Volk in einer anderen Sprache mitgeteilt hat.“
Die landessprachige Übersetzung soll sich also neben dem lateinischen auch an den
kulturellen Eigenheiten der jeweiligen Sprache der Nation orientieren. Man fragt sich
allerdings, welches Volk im zweiten Teil des Satzes gemeint sein kann: Die Kirche habe
im Originaltext einem anderen Volk, gemeint ist das lateinische Volk, in einer anderen
Sprache, das heißt die lateinische Sprache, etwas mitgeteilt. Da es schon seit dem drit-
ten Jahrhundert kein lateinisch sprachiges Volk mehr gibt, stellt sich die Frage, an wel-
ches Publikum sich überhaupt die liturgischen, lateinischen Texte gerichtet hatten? Für
79
Vgl. Comme le prévoit. De interpretatione textuum liturgicorum. Die Übertragung liturgischer Texte.
(in: RENNINGS / KLÖCKENER [Hg.], 592–605). 80
AaO Art. 6.
23
alle Theologinnen und Theologen ist Latein immer eine erlernte Sprache und damit kei-
ne Muttersprache.
Die Volkssprache, die in diesem Dokument so stark gemacht wird, ist also ein notwen-
diger Schritt, um überhaupt die Adressaten der liturgischen Texte näher im Blick zu
haben. Natürlich ist z. B. bei einer Oration in der Messe zunächst Gott der Adressat.
Aber einen lebendigen Dialog mit Gott kann es erst geben, wenn die Gemeinde versteht,
was sie betet. Die Übersetzung soll der Verkündigung der frohen Botschaft dienen. Die
Instruktion macht die personale Begegnung im Medium der Sprache stark: „Gesamtzu-
sammenhang, Verständigungsprozess, literarische Art des Textes sind die Stichworte,
die verdeutlichen, wie feinfühlig das römische ‚Consilium‘ mit der Sprache der Liturgie
umzugehen wusste.“81
Das Dokument Comme le prévoit gilt als Meilenstein auf dem Weg zu einer stimmigen
volkssprachigen Liturgie, weil es sich dafür ausspricht, dass „neben Übertragungen aus
dem Lateinischen auch neu geschaffene liturgische Texte unverzichtbar seien.“82
Im
letzten Artikel der Instruktion steht: „Man kann sich für die Feier einer von Grund auf
erneuerten Liturgie nicht mit Übersetzungen begnügen; Neuschöpfungen sind erforder-
lich.“83
Durch die Instruktion wird eine erstaunliche Freiheit bei der Übertragung alter
lateinischer Texte ermöglicht. Der Ursprung einer Übersetzungsarbeit soll künftig also
der Inhalt des jeweiligen Textes sein und eine rein wörtliche Wiedergabe übersteigen.
Eine nähere Erläuterung der Sprache und Kriterien der Übersetzung, folgen in Art. 15.1:
Art. 15.1
„Die verwendete Sprache soll die des täglichen Umgangs sein, also angepaßt an die Gesamtheit der
Gläubigen, welche die gleiche Sprache gebrauchen und sich regelmäßig zum Gottesdienst versam-
meln, eingeschlossen ‚die Kinder und die einfachen Leute‘ (Paul VI. in der oben angeführten Anspra-
che). Daraus folgt nicht, daß diese Sprache vulgär sein dürfte; ‚denn sie muß immer der hohen Wirk-
lichkeit würdig sein, die sie ausspricht‘ (ebendort) und literarisch tadellos. Auf der anderen Seite
macht der Gebrauch der Umgangssprache keineswegs eine Einführung der Gläubigen in den besonde-
ren biblischen und christlichen Sinn bestimmter Worte und Sätze überflüssig. Man darf aber nicht so
übersetzen, daß die Gläubigen eine besondere literarische Bildung besitzen müßten, um den Zugang
zum Ganzen der liturgischen Texte zu finden. Schließlich muß noch bemerkt werden, daß der Gottes-
81
KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche Begräb-
nisfeier. (s. Anm. 1), 187. 82
SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 339. 83
APOSTOLISCHER STUHL. PAPST PAUL VI., Comme le prévoit. De interpretatione textuum liturgicorum.
Die Übertragung liturgischer Texte. (s. Anm. 79), Art. 43.
24
dienst nicht selten sich echt poetischer Texte bedient, was keineswegs den Gebrauch der, allerdings
gewählten, Umgangssprache ausschließt.“84
In diesem Artikel eröffnet sich das Dilemma der Adressaten erneut: Wer ist die Ge-
meinde, die die liturgische Feier konstituiert? Sie setzt sich vermutlich aus nur wenigen
Theologinnen und Theologen zusammen, wodurch das Kriterium einer verständlichen
Sprache ausschlaggebend wird. Auf der anderen Seite soll sie nicht zu alltagsnah an der
Sprechweise der Gläubigen orientiert sein. Vielmehr soll sie dem großen Mysterium
würdig sein und dies auf eine literarische Art und Weise.
Es ist bemerkenswert, dass Comme le prévoit in dieser Freiheit und Deutlichkeit Krite-
rien einer liturgischen Volkssprache herausarbeitete. Zusammenfassend lässt sich die
Aussage aus Art. 20.3. der Übersetzerinstruktion zitieren: „Das Gebet der Kirche ist
stets Gebet von Menschen, die hier und jetzt beten. Darum genügt häufig nicht die wört-
liche Übersetzung von Texten, die in einer anderen Zeit und Kultur entstanden sind.“85
Unter diesen Leitlinien konnten die weiteren Übersetzungen der liturgischen Bücher
leichter von statten gehen.
2.5. Zwischenfazit
„Das Konzil hat sich aus theologischen Beweggründen für die ‚Participatio actuosa‘
der Getauften stark gemacht und damit einen entscheidenden Akzent für die nachkonzi-
liare Liturgie gesetzt."86
Wie weit die tätige Teilnahme der Gläubigen gefasst wurde,
zeigt sich in der Einführung der landessprachlichen Liturgiesprache in Sacrosanctum
Concilium 36. Die Konzilsväter entschieden sich aus theologischen und praktischen
Gründen für die volkssprachige Liturgie. „Damit wird auch deutlich, daß das gesamte
Werk der Liturgiereform mit der Entscheidung für die Volkssprache steht und fällt.“ 87
Dem grundlegenden Kriterium der participatio actuosa musste in gleicher Weise die
Art der Gottesdienste entsprechen. Deshalb galt es, die sprachlichen Ausdrucksmittel
der Liturgie auf sinnvolle Partizipation hin auszuarbeiten.88
Latein konnte weder von
den Klerikern noch von den Laien in dem Maße verstanden werde, das der liturgischen
Feier angemessen gewesen wäre. Deshalb musste mit der Einführung im Konzil der
84
AaO Art. 15. 1. 85
AaO Art. 20.3. 86
KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche Begräb-
nisfeier. (s. Anm. 1), 186. 87
SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 339. 88
Vgl. KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche
Begräbnisfeier. (s. Anm. 1), 186.
25
nächste Reformschritt mit der Erarbeitung und Herausgabe liturgische Bücher gemacht
werden. Schwierigkeiten bei der Übersetzung liturgischer Bücher traten schon in der
Zeit vor dem Konzil auf und die Herausforderung die Texte in eine lebende und zeitge-
mäße Sprache zu übertragen, sollte auch weiterhin bestehen bleiben.89
Die Entscheidung des Zweiten Vatikanischen Konzils, lautete, dass die lateinischen
Vorlagen der liturgischen Bücher übersetzt werden sollten
„und zwar so, dass die deutschen Fassungen selbst als die authentischen liturgischen Texte fungieren
konnten. Die Geschichte der Liturgiereform zeigt, dass man sich über Sinn und Reichweite dieses
Übersetzungsunternehmens nicht völlig klar und einig war, als man den Exodus aus dem lateinischen
Gehäuse beschloss."90
Aus heutiger Sicht zeigt sich deshalb, dass die Tragweite der Konzilsentscheidung nicht
abzusehen war. Innerhalb sehr kurzer Zeit setzte sich die Landessprache in allen Got-
tesdienstformen durch. Mit 50 Jahren Abstand lässt sich sagen, dass die Textverständ-
lichkeit nicht allein von der lateinischen Sprache abhing. Auch deutscher Sprache, sind
z. B. die liturgischen Orationen für die heutigen Gottesdienstbesucher nur schwer ver-
ständlich und zugänglich. Eine Übersetzung alleine reicht also nicht aus, für eine quali-
tative Übersetzungsgestaltung müssen weitere Kriterien geschaffen werden.
In den weiteren Dokumenten Sacram liturgiam und Comme le prévoit zeigt sich ein
Wandel des konziliaren Verständnisses. Kam in Sacrosanctum concilium in Art. 36 §4
noch eindeutig der Bischofskonferenz eine zentrale Rolle bei der landessprachlichen
Übersetzung zu, so lässt sich beobachten, dass schon in Sacram liturgiam (ein Jahr spä-
ter) ein deutlicher Autoritätsbruch der Bischofskonferenz festzustellen ist. Die liturgi-
schen Bücher sollen zur Kenntnis- und Korrekturnahme nach Rom zum Apostolischen
Stuhl, dort werden sie bearbeitet und erst dann veröffentlicht.
Doch auch anschließend an die Übersetzerinstruktion Comme le prévoit 1969, die wie-
der Richtung Konzilsaussagen argumentiert und sogar von „Neuschöpfungen“91
liturgi-
scher Texte spricht, bleiben Probleme bei der Übertragung des römischen Kanons und
seiner vollständigen Wiedergabe bestehen. Deshalb erfolgte am 25. Oktober 1973 ein
weiterer gravierender Schritt des Papstes: Die liturgischen Texte der großen europäi-
schen Sprachen sollten in Zukunft von der Gottesdienstkongregation in Beratung mit
den Bischofskonferenzen übersetzt und anschließend vom Papst approbiert werden.
Damit wurde nur zehn Jahre nach der Verabschiedung der Liturgiekonstitution Sacro-
89
Vgl. SELLE, MONIKA (s. Anm. 12), 339. 90
STOCK, ALEX, Orationen übersetzen. Regeln und Vorschläge (in: WAHLE [Hg.], 419–427), 419. 91
AaO Art. 43.
26
sanctum Concilium die territoriale Autorität der Bischofskonferenz mit ihrem Approba-
tionsrecht extrem eingeschränkt.92
Schaut man weitere zehn Jahre später in den Codex
Iuris Canonici, so taucht dieses Approbationsrecht der Bischofskonferenz sogar gar
nicht mehr auf.93
Erst in der praktischen Erfahrung vor Ort zeigte sich in verschiedenen Stadien der Er-
neuerungsarbeit, welche Anpassungen nötig sein sollten, damit das Ergebnis des Kon-
zils in einem laufenden Prozess weiter fortgeführt werden konnte.94
Mit dem Apostolischen Schreiben von Papst Franziskus Magnum Principium vom
Herbst 2017 ist dieser Prozess weiterhin zu beobachten. Im Verhältnis zu den Verlaut-
barungen seiner Vorgänger und mit Blick auf SC 36 §2 ist hervorzuheben, dass Fran-
ziskus wieder deutlicher in Richtung des Konzils denkt und den Prozess der Zentralisie-
rung wieder im Begriff ist umzukehren oder wenigstens zu begrenzen.
Aus welchem Grund Franziskus sich zu diesem Schritt entschloss, und welche Einord-
nung c. 838 CIC/1983 vor und nach der Gesetzesänderung vorzunehmen ist, wird in
dem folgenden Kapitel 3 erläutert.
92
Vgl. KACZYNSKI, REINER, Allgemeine Grundsätze zur Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie.
(s. Anm. 11), 110. 93
Vgl. SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ (s. Anm. 7), 110. 94
Vgl. GERHARDS, ALBERT, Erneuerung kirchlichen Lebens aus dem Gottesdienst (s. Anm. 66), 54.
27
3. Rechtliche Zuständigkeit im c. 838 CIC/1983
Die Reform bezüglich einer liturgischen Erneuerung des Konzils schlug sich auch in
kirchenrechtlicher Perspektive nieder. Wie bereits im ersten Teil der Arbeit erläutert, ist
die Zeit seit dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils „durch eine Fülle litur-
gierechtlicher Normierungen bestimmt gewesen“95
. Zwei Ziele verfolgten die Konzils-
väter hierbei: Einerseits sollten durch Instruktionen wie Comme le prévoit konkrete Fra-
gestellungen und Interpretationsweisen beantwortet werden, andererseits ist die allge-
meine Erneuerung der Liturgie umgesetzt worden. Der Codex Iuris Canonici, welcher
1983 promulgiert wurde, steht in engstem Zusammenhang mit den Aussagen des Zwei-
ten Vatikanischen Konzils und ist stets im Lichte dessen zu lesen und auszulegen.96
Zu
Beginn des Buch IV des Codex, Heiligungsdienst der Kirche, stehen kirchenrechtliche
Aussagen zur Kirche und der heiligen Liturgie. Die Canones zum Heiligungsdienst der
Kirche beginnen mit c. 834, den man als Überschrift des Buches IV lesen kann:
„§1: Den Heiligungsdienst erfüllt die Kirche in besonderer Weise durch die heilige Liturgie, die als
Ausübung des priesterlichen Dienstes Jesu Christi zu betrachten ist; darin wird die Heiligung der
Menschen durch sinnenhafte Zeichen bezeichnet und in der diesen je eigenen Weise bewirkt sowie
von dem mystischen Leib Jesu Christi, von Haupt und Gliedern, der unverbrüchliche amtliche Gottes-
dienst vollzogen.“97
Die Kirche erfüllt durch die Feier der Liturgie in besonderer Weise den Heiligungs-
dienst Gottes. Darum ist es dem Gesetzgeber wichtig, Normen zu geordneten liturgi-
schen Feiern zu erlassen und genau festzulegen, wer über Inhalt und Form ebendieser zu
entscheiden hat.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit geht es besonders um c. 838/CIC 1983, der sich mit
den Regelungen und Zuständigkeiten der heiligen Liturgie befasst. Zunächst sei jedoch
vorangestellt, wer konkret Träger der Liturgie ist und worum es bei einer Ordnung der
Liturgie handelt.
Die liturgischen Feiern sind kirchenrechtlich gesehen die „vornehmste Weise der Aus-
übung des Heiligungsdienstes der Kirche, besonders in der Feier der Sakramente“98
. Es
gibt neben der Feier der Sakramente auch andere liturgische Handlungen wie Sakra-
95
OHLY, CHRISTOPH, Integer cultus Dei. Die Sorge des Apostolischen Stuhls um die Authentizität der
Liturgie der Kirche (in: A. EGLER / W. REES [Hg.], Dienst an Glaube und Recht. Festschrift für Georg
May zum 80. Geburtstag [Kanonistische Studien und Texte Band 52], 2011, 479–502), 486. 96
Vgl. Johannes Paul II., Apost. Konstitution Sacrae disciplinae legis vom 25. Januar 1983, dt. in: Kodex
des kanonischen Rechtes, Lateinisch-deutsche Ausgabe, München 62017, XVII-XIX.
97 PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 834 §1 CIC/1983.
98 SCHMITZ, HERIBERT, Liturgie (in: KASPER u.a. [Hg.]), 644–646.
28
mentalien, die Feier des Stundengebetes oder das kirchliche Begräbnis. Dogmatisch
betrachtet, ist die Liturgie Ausdruck des priesterlichen Amtes Jesu Christi, welches mit
den anderen beiden Ämtern des Prophetentums und Königtums Christi die drei munera
Christi bildet. Ihre wesentliche Prägung erfährt die Liturgie demnach in der Ausübung
des priesterlichen Dienstes Jesu Christi.99
Die Liturgie ist nicht nur ein Handeln der Kirche, und somit der Menschen, sondern sie
ist immer auch eine Darstellung des Handelns Gottes.100
Die Kirche wird als Träger der
Liturgie bezeichnet und meint damit, in Rückgriff auf Lumen gentium und die Lehre
von der Kirche als Wurzelsakrament, dass die Liturgie im Mittelpunkt kirchlicher
Rechtsordnung steht. Das tut sie sogar wortwörtlich, da die Regelungen über den Heili-
gungsdienst der Kirche im vierten Buch der insgesamt sieben Bücher des CIC stehen.
„In der liturgischen Feier von Wort und Sakrament vollzieht die Kirche ihr sakramenta-
les Wesen; von hier her erschließen sich auch Sinn und Legitimität rechtlicher Ordnung
in der Kirche.“101
Die im CIC enthaltenen Regelungen zur Liturgie sind somit notwen-
dig, um die Einheit der kirchlichen Ordnung zu gewährleisten.
Auf der einen Seite heiligt die Liturgie den Menschen durch „sinnhafte Zeichen“, wel-
che sich in Ritualen und Symbolen darstellt, auf der anderen Seite verehrt sie Gott durch
den „amtlichen Gottesdienst“.102
Im Gottesdienst wird daher das gemeinsame Priester-
tum aller Gläubigen praktiziert. Dadurch ergibt sich neben der Kirche, im Sinne von c.
204 §2, als Träger der Liturgie, die besondere Trägerschaft des Volkes Gottes. Die gan-
ze Kirche trägt die Liturgie und deshalb gehen liturgische Handlungen „den ganzen
Leib der Kirche an, stellen ihn dar und erfüllen ihn“ (c. 837 § 1). Alle Gläubigen üben
gemeinsam diese Tätigkeit aus und sollen ganz im Sinne der participatio actuosa aktiv
an der Liturgie mitwirken. Aus diesem Grund sind liturgische Feiern auch „nach Mög-
lichkeit unter zahlreicher und tätiger Beteiligung der Gläubigen zu vollziehen“ (c. 837 §
2). Dementsprechend ist Liturgie auch keine privates Privileg des Klerus, sondern eine
gemeinschaftliche Feier mit Beteiligung und tätiger Teilnahme aller Gläubigen. Kenn-
zeichen der Liturgie ist außerdem, dass die Gläubigen (Laien und Kleriker) auf je ihre
eigene Weise, getreu ihrer Berufung und Sendung zusammen mitwirken. Insofern be-
tont das Konzil auch, dass die gemeinschaftliche Feier jedweder Liturgie immer der
99
Vgl. SCHMITZ, HERIBERT (s. Anm. 98), 644–646. 100
Vgl. MÜLLER, LUDGER, Begriff, Träger und Ordnung der Liturgie. (in: S. HAERING / W. REES / H.
SCHMITZ [Hg.], Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 32015, 1086–1094), 1087f.
101 MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1088.
102 Vgl. ebd.
29
privaten vorzuziehen sei.103
„Liturgie ist nicht privates Tun, sondern Feier der Kirche
selbst, also kirchenamtlicher Gottesdienst, der im Namen der Kirche von dazu beauf-
tragten Personen und durch die von der kirchlichen Autorität gebilligten Handlungen
vollzogen wird (cc. 834-838 CIC).“104
Dass der Apostolische Stuhl die Aufsicht über liturgische Tätigkeiten hat, resultiert
auch aus der Sorge um die Wahrung der Authentizität und theologischen Einheit der
kirchlichen Liturgie, die nicht mit Uniformität zu verwechseln ist. Die durch das
Sakrament der Weihe dazu bestimmten Diakone, Priester und Bischöfe werden durch
das untilgbare Prägemal zu geistlichen Amtsträgern bestellt (vgl. c. 1008 CIC). Durch
die Weihe des Episkopates oder des Presbyterates erhalten sie die „Sendung und
Befähigung, in der Person Christi des Hauptes zu handeln“ und den Diakonen wird die
„rechtliche Gewalt, dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der
Liebe zu dienen“ (c. 1009 §3 CIC) zuteil.
In der Liturgie wird also durch den geweihten Amtsträger das Handeln des ersten Litur-
gen der Kirche, Christus, vergegenwärtigt und erfahrbar gemacht.105
Die Liturgie „muss
von ihrem Wesen her Christus als Ursprung, Weg und Ziel des universalen Heilssakra-
ments, das die Kirche ist (Art 48.2 VatII. LG), offenbaren.“106
Liturgische Handlungen
verweisen somit immer auf Christus selbst. In der authentisch gefeierten Liturgie kann
die Begegnung mit Christus stattfinden. Indem die Kirche die Authentizität der Liturgie
durch die rechtlichen Normen wahrt, wird auch die Treue gegenüber Christus zum Aus-
druck gebracht.107
Jeder Christgläubige – ob Laie oder Kleriker – besitzt gemäß c. 214
CIC einen Anspruch auf diese authentische Liturgie der Kirche. Dabei steht das Recht
„höher als jede Form individuell-liturgischer Kreativität, persönlicher Geschmacksrich-
tungen oder theologische Ignoranz.“108
Die Treue zur liturgischen Ordnung ist demnach
für alle Christgläubigen gleichermaßen einzuhalten und zu wahren. Deshalb finden sich
zum Schutz und zur Wahrung dieses Rechtes die liturgierechtlichen Bestimmungen im
CIC.109
Die Ordnung der Liturgie wird allerdings nur teilweise in diesen Canones fest-
gehalten, denn es gelten wie für alle kirchlichen Rechtsordnungen zwei Arten von
103
Vgl. MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1089. 104
SCHMITZ, HERIBERT (s. Anm. 98), 644–646. 105
Vgl. OHLY, CHRISTOPH (s. Anm. 95), 500. 106
AaO 488. 107
Vgl. aaO 501. 108
Ebd. 109
Vgl. aaO 500.
30
Rechtsquellen. Einerseits ist das Gesetzesrecht zu nennen und andererseits das Ge-
wohnheitsrecht.110
Dabei findet sich das liturgische Gesetzesrecht
„jedoch nur zu einem geringen Teil im kirchlichen Gesetzbuch, zum überwiegenden Teil dagegen in
eigenen liturgischen Gesetzen wie z. B. den Instruktionen zur ordnungsgemäßen Durchführung der
Konzilskonstitution über die Liturgie oder in den liturgischen Büchern (hier insbesondere in den Pra-
enotanda).“111
Die eigenen liturgischen Gesetze sind also nicht nur im CIC zu finden, sondern werden
hauptsächlich in verschiedenen Dokumententypen vom Apostolischen Stuhl erlassen.
Aus diesem Grund wurden auch im ersten Teil dieser Arbeit verschiedene Dokumente
zur volkssprachlichen Liturgie erläutert, auf welche die Betrachtung des c. 838
CIC/1983 nun aufbauen soll.
3.1. gestufte Zuständigkeit c. 838 § 1
Zu den bereits angeführten liturgierechtlichen Dokumenten Sacrosanctum Concilium,
Sacram liturgiam und Comme le prévoit sind „unter Anwendung von c. 838 § 1 CIC
seit geraumer Zeit Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls hinzugekommen, die sich
in besonderer Weise mit der Authentizität der Liturgie und dem damit zusammenhän-
genden Gemeinrecht der Christgläubigen befassen.“112
Eine nähere Auseinandersetzung
folgt im weiteren Verlauf dieser Arbeit mit Liturgiam authenticam und Magnum Prin-
cipium.
Zunächst soll jedoch der Canon selbst in seiner ursprünglichen Fassung von 1983 in
vier Paragraphen vorgestellt werden. Dies geschieht durch eine formalrechtliche Be-
trachtung der Zuständigkeiten des Apostolischen Stuhls, der Bischofskonferenz und des
Diözesanbischofs.
110
Vgl. MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1092. 111
Vgl. ebd. 112
OHLY, CHRISTOPH (s. Anm. 95), 487.
31
c. 838/CIC 1983
§ 1 Sacrae liturgiae moderatio ab Ecclesiae
auctoritate unice pendet: quae quidem est
penes Apostolicam Sedem et, ad normam
iuris, penes Episcopum dioecesanum.
Die Regelung der heiligen Liturgie steht
allein der kirchlichen Autorität zu: sie liegt
beim Apostolischen Stuhl und, nach Maß-
gabe des Rechts, beim Diözesanbischof.113
§ 2 Apostolicae Sedis est sacram liturgiam
Ecclesiae universae ordinare, libros litur-
gicos edere eorumque versiones in lin-
guas vernaculas recognoscere, necnon
advigilare ut ordinationes liturgicae ubique
fideliter observentur.
Sache des Apostolischen Stuhles ist es, die
heilige Liturgie der ganzen Kirche zu ord-
nen, die liturgischen Bücher herauszuge-
ben und ihre Übersetzungen in die
Volkssprachen zu überprüfen sowie
darüber zu wachen, dass die liturgischen
Ordnungen überall getreu eingehalten
werden.114
§ 3 Ad Episcoporum conferentias spectat ver-
siones librorum liturgicorum in linguas
vernaculas convenienter intra limites in
ipsis libris liturgicis definitos aptatas,
parare, easque edere, praevia recognitione
Sanctae Sedis.
Die Bischofskonferenzen haben die Über-
setzungen der liturgischen Bücher in die
Volkssprachen zu besorgen und sie dabei
innerhalb der in diesen liturgischen Bü-
chern festgelegten Grenzen in angemes-
sener Weise ihren Verhältnissen anzupas-
sen; diese Übersetzungen haben sie nach
vorgängiger Überprüfung durch den Hei-
ligen Stuhl herauszugeben.115
§ 4 Ad Episcopum dioecesanum in Ecclesia
sibi commissa pertinet, intra limites suae
competentiae, normas de re liturgica dare,
quibus omnes tenentur.
Dem Diözesanbischof steht es zu, in der
ihm anvertrauten Kirche innerhalb der
Grenzen seiner Zuständigkeit Normen für
den Bereich der Liturgie zu erlassen, an
die alle gebunden sind.116
In c. 838 finden sich die Prinzipien, die für die Regelungen der Liturgie gelten. „Hin-
sichtlich der Ordnung der Liturgie normiert 838 (Fassung 1983) in fast wörtlicher
Übernahme der Regelung der Liturgiekonstitution“117
, gemeint ist Sacrosanctum Con-
cilium Art. 22, und damit eine gestufte Zuständigkeit. Die Ordnung der Liturgie gestal-
tet sich mittels Instruktionen und Vorschriften und in besonderer Weise durch die Ver-
öffentlichung liturgischer Bücher.118
Liturgische Handlungen werden demnach durch
diese liturgischen Bücher festgelegt und vereinheitlicht. C. 846 §1 schreibt die verbind-
liche Verwendung jener Bücher vor: „Bei der Feier der Sakramente sind die von der
zuständigen Autorität gebilligten liturgischen Bücher getreu zu beachten; deshalb darf
113
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 § 1 CIC/1983. 114
AaO c. 838 §2 CIC/1983. 115
AaO c. 838 §3 CIC/1983. 116
AaO c. 838 §4 CIC/1983. 117
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/5. 118
Vgl. aaO 838/6.
32
niemand dabei eigenmächtig etwas hinzufügen, weglassen oder ändern."119
Die Treue
zu den Handlungen muss stets gewahrt bleiben.
In c. 838 § 1 ist die Zuständigkeit für die Ordnung der Liturgie zunächst der kirchlichen
Autorität zugesprochen, wobei „das Adverb ‚unice‘ die Ausschließlichkeit dieser Zu-
ständigkeit betont.“120
Anschließend wird in dem Paragraphen näher erläutert, wer diese
kirchliche Autorität besitzt, nämlich sowohl der Apostolische Stuhl als auch der Diöze-
sanbischof.121
In den nachfolgenden Unterkapiteln wird die gestufte Zuständigkeit auf drei Ebenen
dargestellt territorial und vom Zuständigkeitsbereich her vom höchsten zum niedrigsten
genannten Amt des c. 838 CIC in der Fassung von 1983. Dies dient als Grundlage für
die anschließend erläuterte Gesetzesänderung des c. 838 (Fassung 2017) durch Magnum
Principium.
Apostolischer Stuhl c. 838 § 2 3.1.1.
In den vergangenen Jahrhunderten wurden unter der Bezeichnung des Sedes Apostolica
(Apostolischer Stuhl) die von den Aposteln gegründeten Bischofssitze verstanden. Heu-
te verwendet man den Begriff nur noch für die Cathedra Romana, den Sitz der obersten
Hirtengewalt.122
Der sedes (Stuhl) steht hierbei für das Symbol der Herrschaftsmacht,
gleich einem Richtersitz, sowie einem Königsthron.123
Unter den Termini Sedes Apostolica oder Sancta Sedes (Heiliger Stuhl) versteht man im
CIC nicht nur das Amt des Papstes. Gemäß c. 361 wird außerdem das „Staatssekretariat,
der Rat für die öffentlichen Angelegenheiten der Kirche und andere Einrichtungen der
Römischen Kurie“124
genannt. Zum Sedes Apostolica gehören also erstens das Papstamt
als ständige Einrichtung der Kirche, zweitens der Träger des Amtes und drittens die
dem Papst zugeordnete Behördenorganisation. Unter dieser versteht man die „Römische
Kurie unter Einschluss der auswärtigen päpstlichen Vertretung“125
Die oberste Lei-
tungsgewalt potestas regiminis wird demnach stellvertretend vom Papst als obersten
Hirten ausgeübt.
119
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 846 §1 CIC/1983. 120
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/5. 121
Vgl. MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1092. 122
Vgl. SCHWENDENWEIN, HUGO, Der Papst. (in: HAERING / REES / SCHMITZ [Hg.], 447-468.), 465. 123
AaO 464. 124
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 381 §1 CIC/1983. 125
SCHWENDENWEIN, HUGO (s. Anm. 122), 465.
33
Dem Apostolischen Stuhl kommt in c. 838 § 1 „die Sorge für die Einheit der Kirche
auch im liturgischen Bereich und um die Unverfälschtheit der Liturgie zu.“126
Wie be-
reits oben angemerkt, verlagert sich dadurch das Gewicht der Kompetenz vom Diöze-
sanbischof zu Gunsten des Apostolischen Stuhls. In der lateinischen Kirche zeigt sich
deshalb ein deutlicher Vorrang des Apostolischen Stuhls in Bezug auf die liturgische
Ordnung. Diese ausdrückliche Kompetenz des Apostolischen Stuhls hat ihren Ursprung
in der historischen Entwicklung. In frühen Jahrhunderten waren vielfältige liturgische
Formen in Gebrauch, welche sich immer mehr zu einer einheitlichen Liturgie weiter-
entwickelten. Mit dem Konzil von Trient gipfelte diese angestrebte Einheit in einem
Zentralismus.127
Jedoch ist spätestens unter dem Pontifikat Franziskus‘ wieder eine De-
zentralisierung zu erkennen. Dazu folgen nähere Ausführungen in der abschließenden
Einordnung des Resümees.
c. 838/CIC 1983
§ 2 Apostolicae Sedis est sacram liturgiam
Ecclesiae universae ordinare, libros litur-
gicos edere eorumque versiones in lin-
guas vernaculas recognoscere, necnon
advigilare ut ordinationes liturgicae ubique
fideliter observentur.
Sache des Apostolischen Stuhles ist es, die
heilige Liturgie der ganzen Kirche zu ord-
nen, die liturgischen Bücher herauszuge-
ben und ihre Übersetzungen in die
Volkssprachen zu überprüfen sowie
darüber zu wachen, dass die liturgischen
Ordnungen überall getreu eingehalten
werden.128
Aus c. 838 § 2 lassen sich konkret mehrere Zuständigkeitsbereiche des Apostolischen
Stuhls herleiten. Diese werden auch in Art. 64 und 66 Pastor Bonus bei den Bestim-
mungen der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung geschil-
dert. Dort heißt es in Art. 64 § 2, dass die Kongregation für die Erstellung oder Heraus-
gabe liturgischer Texte sorgt, und in Art. 66, dass sie aufmerksam über die liturgische
Ordnung wacht.129
C. 838 § 2 lässt sich in vier Aspekte unterteilen:
1. Zunächst wird eine Normierungsbefugnis hinsichtlich der Liturgie in der ganzen rö-
misch-katholischen Kirche ausgesprochen. Dem Apostolischen Stuhl kommt es zu,
126
MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1093. 127
Vgl. MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1094. 128
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §2 CIC/1983. 129
Vgl. PAPST JOHANNES PAUL II, Pastor bonus. Constitutio Apostolica de romana curia. Joannes Paulus
episcopus servus servorum dei ad perpetuam rei memoriam, 1988, Art. 64 - Art. 66,
http://w2.vatican.va/content/john-paul-ii/de/apost_constitutions/documents/hf_jp-
ii_apc_19880628_pastor-bonus-index.html (16.8.2018).
34
die „heilige Liturgie der ganzen Kirche zu ordnen“.130
Die Liturgie für die gesamte
Kirche zu ordnen bedeutet zunächst, allgemeine Rechtsvorschriften für die Feier der
Liturgie und für die gültige, erlaubte liturgische Handlung zu erlassen. Daraus ergibt
sich, dass diese Vorschriften in den liturgischen Büchern oder anderen rechtlichen
Verlautbarungen niedergeschrieben werden. Zusätzlich zu den genannten Nieder-
schriften gibt es Verlautbarungen innerhalb des CIC selbst, wobei dieser die Liturgie
nicht direkt ordnet. Im Buch IV des Codex werden nachfolgende Punkte aufgezählt:
- c. 841: Maßgaben für die gültige und erlaubte Sakramentenspendung,
- c. 844 § 3: Urteil über die erlaubte Spendung der Sakramente für Angehörige anderer
Kirchen,
- c. 995, c. 997: Regelungen und Gewährungen von Ablässen,
- c. 1167: Einführung, Auslegung, Abschaffung und Veränderung von Sakramentalien,
- c. 1120: Prüfung eines Eheschließungsritus,
- c. 1190 §§ 2,3: Erlaubnis für die Übertragung bedeutsamer Reliquien und Bilder,
- c. 1231: Anerkennung eines internationalen Heiligtums,
- c. 1244 § 1: Einsetzung, Verschiebung und Außerkraftsetzung von Feier- und Bußta-
gen für die ganze Kirche.131
Die große Bandbreite an Regelungen lässt erkennen, dass der Apostolische Stuhl zu
inhaltlich sehr unterschiedlichen Themen grundsätzliche Kompetenzen aufweist.
2. Die nächste Bestimmung in c. 838 § 2 sagt aus, dass der Apostolische Stuhl die litur-
gischen Bücher herauszugeben hat. Mit der Herausgabe der liturgischen Bücher sind
die editiones typicae für die Gottesdienste in lateinischer Sprache gemeint. Beispiel-
haft zu nennen sind das „Ordo confirmationis, Missale Romanum, Pontificale Roma-
num, Caeremoniale episcoporum“132
. Die Herausgabe der liturgischen Bücher erfolgt
demnach zentral in Rom auf lateinischer Sprache und hat daher weltkirchlichen Cha-
rakter.
3. Anschließend an die Nennung der Herausgabe der liturgischen Bücher ist in c. 838 §
2 die Überprüfung ihrer volkssprachlichen Ausgaben aufgezählt: „eorumque versio-
130
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §2 CIC/1983. 131
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/6. 132
Ebd.
35
nes in linguas vernaculas recognoscere“133
. In der Fassung von 1983 legt der Ge-
setzgeber fest, dass der lateinische Text zunächst von der Bischofskonferenz in die
volkssprachliche Ausgabe übersetzt wird. Um diese Übersetzung allerdings in der Li-
turgie verwenden zu dürfen, bedarf es einer vorherigen Überprüfung (recognoscere)
durch den Apostolischen Stuhl. Dem Heiligen Stuhl kommt somit die höchste und
letzte Überprüfungskompetenz zu. Mit der Gesetzesänderung Magnum Principium
(2017) wird sich die Verwendung des Begriffs recognoscere im c. 838 an dieser Stel-
le verändern und damit die daraus resultierende Zuständigkeit für den Apostolischen
Stuhl.
4. Darauf folgt das Recht der Überwachung der liturgischen Ordnung. Jene Wächter-
funktion geschieht durch Eingaben der Gläubigen, sowie durch den sogenannten
Quinquenalbericht des Diözesanbischofs – der, wie der Name sagt, alle fünf Jahre zu
erfolgen hat – über den Stand seiner Diözese (c. 399 § 1 CIC/1983).134
Die Überwa-
chung beinhaltet auch„das Abstellen von Missständen anzumahnen, sei es durch Ver-
fügungen im Einzelfall oder durch Instruktionen“135
. Der Heilige Stuhl hat vor allem
durch die Gottesdienst- und Sakramentenkongregation zahlreicher solcher Instrukti-
onen erlassen. Im vorherigen Teil dieser Arbeit wurde bereits ausführlich darauf ein-
gegangen. Ergänzend sind von den jüngeren Dokumenten noch Redemptoris sacra-
mentum (2004) und Pastor bonus (1988) zu nennen.136
Bischofskonferenz c. 838 § 3 3.1.2.
Im Rückblick auf die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils lässt sich feststellen,
dass den Bischofskonferenzen im „Bereich der Liturgie erstmals das Recht der Gesetz-
gebung übertragen“137
wurde (vgl. SC Art. 22 § 2). Des Weiteren wurden grundlegende
Normen über die Aufgaben, Strukturen und Zielsetzungen sowie weitere Aspekte zum
Ausbau der Bischofskonferenzen festgelegt. Wichtig festzuhalten ist, dass zwar auch
schon der CIC/1917 Bischofskonferenzen kannte, allerdings „nur auf der Ebene einer
Kirchenprovinz, nicht aber eines ganzen Landes und zudem nur mit einer beratenden
133
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §2 CIC/1983. 134
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/7. 135
Ebd. 136
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/7 137
REES, WILHELM, Plenarkonzil und Bischofskonferenz (in: HAERING / REES / SCHMITZ [Hg.], 543–
576), 548.
36
Funktion.“138
Das Konzil versah die Bischofskonferenzen mit größeren Zuständigkeits-
bereichen und jurisdiktionellen Kompetenzen. So fügte das Zweite Vatikanische Konzil
durch den universalkirchlichen Ausbau nationaler Bischofskonferenzen gleichsam eine
neue Ebene zwischen dem Apostolischen Stuhl und dem Diözesanbischof ein.139
Der CIC beschreibt in Buch II De Populo Dei im Abschnitt De ecclesiarum particulari-
um coetibus (Teilkirchenverbände) im IV. Kapitel die Organisationsstruktur der Bi-
schofskonferenzen (cc. 447-459). Im ersten Canon des vierten Kapitels wird bereits der
Leitgedanke für die Bischofskonferenz ausgesprochen: „Die Bischofskonferenz, als
ständige Einrichtung, ist der Zusammenschluß der Bischöfe einer Nation oder eines
bestimmten Gebietes, die gewisse pastorale Aufgaben für die Gläubigen ihres Gebietes
nach Maßgabe des Rechts gemeinsam ausüben[...].“140
Die Aspekte der gemeinsamen
pastoralen Aufgaben für Menschen eines bestimmten Gebietes oder einer Nation sind
hierbei herauszustellen. Zu einer Bischofskonferenz zählen in der Regel die Vorsteher
aller Teilkirchen aus einer Nation (vgl. c. 448 § 1). Nach c. 450 § 1 umfasst diese Rege-
lung alle Diözesanbischöfe und die ihnen rechtlich Gleichgestellten, sowie alle Bi-
schofskoadjutoren, Auxiliarbischöfe und Titularbischöfe aus diesem Gebiet.
Als rechtliche Zuständigkeit kommt den Bischofskonferenzen in c. 455 § 1 zu „nur in
den Angelegenheiten allgemeine Dekrete [zu] erlassen, in denen das allgemeine Recht
es vorschreibt oder eine besondere Anordnung dies bestimmt, die der Apostolische
Stuhl [...] selbst erlassen hat.“141
Die Abhängigkeit vom Apostolischen Stuhl als höhere
Autorität wird nicht nur in diesem Paragraphen deutlich, sondern auch direkt im An-
schluss in c. 455 § 2, wo es heißt: Die genannten Dekrete „erhalten erst dann Rechts-
kraft, wenn sie nach Überprüfung [recognoscere] durch den Apostolischen Stuhl recht-
mäßig promulgiert worden sind.“142
Die recognitio soll die Einheit des römischen Ritus
in wesentlichen Dingen wahren. Formal betrachtet bedeutet sie lediglich eine „rechtser-
hebliche Unbedenklichkeitserklärung, doch kann sie auch an die Vornahme von Ände-
rungen geknüpft sein“.143
Wesentlich ist hierbei allerdings, dass sich die Herausgeber-
schaft durch die Überprüfung nicht verändert. Die Dekrete der deutschen Bischofskon-
ferenz bleiben geneauso nach der Überprüfung durch den Apostolischen Stuhl von ihr
138
REES, WILHELM (s. Anm. 137), 554. 139
Vgl. aaO 548. 140
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 447 CIC/1983. 141
AaO c. 455 §1 CIC/1983. 142
AaO c. 455 §2 CIC/1983. 143
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/7.
37
herausgegeben.144
Die hierarchische Ausrichtung der Bischofskonferenz auf die gesetz-
gebende Kraft des Heiligen Stuhles spielt auch bei der Übersetzung der liturgischen
Bücher eine ausschlaggebende Rolle.
c. 838/CIC 1983
§ 3 Ad Episcoporum conferentias spectat ver-
siones librorum liturgicorum in linguas
vernaculas convenienter intra limites in
ipsis libris liturgicis definitos aptatas,
parare, easque edere, praevia recognitione
Sanctae Sedis.
Die Bischofskonferenzen haben die Über-
setzungen der liturgischen Bücher in die
Volkssprachen zu besorgen und sie dabei
innerhalb der in diesen liturgischen Bü-
chern festgelegten Grenzen in angemes-
sener Weise ihren Verhältnissen anzupas-
sen; diese Übersetzungen haben sie nach
vorgängiger Überprüfung durch den Hei-
ligen Stuhl herauszugeben.145
Es fällt auf, dass die Bischofskonferenz in c. 838 § 1 nicht einmal erwähnt wird, obwohl
sie nach c. 838 § 3 die Vollmacht hat, einzelne liturgische Ordnungen zu regeln.146
Im
dritten Paragraphen wird diese Zuständigkeit der Bischofskonferenz näher erörtert (vgl.
c. 838 § 3). Zum einen ist die nationale Bischofskonferenz für die Vorbereitung und
Herausgabe der liturgischen Bücher zuständig. Zum anderen beinhaltet dies auch, die
Bücher vorher zu übersetzen und in angemessener Weise an die jeweiligen Verhältnisse
anzupassen.147
Die Grenzen solcher Anpassungen finden sich in den Praenotanda der einzelnen editio-
nes typicae, die eine Zusammenschau möglicher Anpassungen formuliert: „Auf diese
Bücher selbst hatte die Textfassung von 1983 ausdrücklich verwiesen.“148
Was die
praktische Umsetzung der landessprachlichen Ausgaben der Ritualien betrifft, werden
in der Vorarbeit Kommissionen und Arbeitsgruppen eingesetzt.149
Die erarbeiteten Re-
sultate benötigen dann genauso wie Generaldekrete eine Zweidrittelmehrheit der Bi-
schofskonferenz (vgl. 455 § 2).
Beachtenswert ist an dieser Stelle, dass der Bischofskonferenz in anderen Canones
durchaus Einzelkompetenzen zustehen, wobei sich in c. 838 § 3 die Zuständigkeit der
144
Ebd. 145
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §3 CIC/1983. 146
Vgl. MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1093. 147
Vgl. ebd. 148
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/8. 149
Ebd.
38
Bischofskonferenz auf die Beschaffung, Anpassung und Herausgabe der liturgischen
Bücher beschränkt. Der Gesetzgeber entspricht hierbei dem Vorgang der grundsätzli-
chen Regelung bezüglich der Bischofskonferenz im vorgestellten c. 455 § 1. Letztlich
gilt nämlich auch hier die Erstzuständigkeit von Papst und Diözesanbischof für die Li-
turgie.150
Durch das Motu Proprio Magnum Principium werden in diesem Punkt Verän-
derungen geltend gemacht.
Diözesanbischof c. 838 § 4 3.1.3.
In den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils wird die Kompetenz des Diöze-
sanbischofs durch Leitung, Förderung und Aufsicht des gesamten liturgischen Lebens in
dessen Diözese gekennzeichnet (vgl. CD Art. 15 Abs. 1). Zusätzlich kann er für die
Teilkirche, die ihm anvertraut ist, liturgische Gesetze der Kirche näher bestimmen (vgl.
LG Art 26 Abs. 2).151
Diese Vollmacht des Ortsordinarius ist ferner gemäß c. 381 § 1
grundsätzlich umfassend und gilt auch für die Ordnung der Liturgie: „Dem Diözesanbi-
schof kommt in der ihm anvertrauten Diözese alle ordentliche, eigenberechtigte und
unmittelbare Gewalt zu, die zur Ausübung seines Hirtendienstes erforderlich ist [...].“152
Mit diesem Hintergrund ist es umso auffälliger, dass dem Diözesanbischof hinsichtlich
liturgierechtlicher Ordnung „nur Einzelkompetenzen zustehen“153
. Dadurch wird eine
Verstärkung der Rechte des Apostolischen Stuhls deutlich. In Bezug auf die Entschei-
dungsbefugnis des Ortsordinarius wird in c. 838 § 1 „ad normam iuris“ hinzugefügt,
um deutlich zu machen, dass darüber hinaus weitere Bestimmungen folgen können.154
Für die Rechtsvorgaben des Diözesanbischofs sind also sowohl die Vorschriften des
Apostolischen Stuhles in c. 838 § 2 zu beachten als auch die der Bischofskonferenz (c.
838 §§ 2, 3). In Bezug auf die Ordnung der Liturgie ist festzuhalten, dass „anderen
kirchlichen Amtsträgern, Klerikern oder Laien, Patronen sowie weltlichen Autoritäten
keine Kompetenz“155
zukommt.ebd.
150
MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1093. 151
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/3. 152
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 381 §1 CIC/1983. 153
MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1093. 154
Vgl. ebd. 155
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/5.
39
c. 838/CIC 1983
§ 4 Ad Episcopum dioecesanum in Ecclesia
sibi commissa pertinet, intra limites suae
competentiae, normas de re liturgica dare,
quibus omnes tenentur.
Dem Diözesanbischof steht es zu, in der
ihm anvertrauten Kirche innerhalb der
Grenzen seiner Zuständigkeit Normen für
den Bereich der Liturgie zu erlassen, an
die alle gebunden sind.156
C. 838 § 4 verweist in doppelter Weise auf die Grenzen der Zuständigkeit des Diöze-
sanbischofs bezüglich seiner Normsetzungsfähigkeit. Zum einen wird seine Kompetenz
auf die ihm anvertraute Teilkirche begrenzt, diese Einschränkung ist allerdings selbst-
verständlich.157
Zum anderen wird auch auf die Begrenzung seiner Zuständigkeit im
Bereich der Liturgie aufmerksam gemacht. „Wenn mit diesen Worten die Normge-
bungskompetenz des Diözesanbischofs im Gegensatz zu c. 381 § 1 eingeschränkt wer-
den sollte, würde das allerdings nicht hinreichend deutlich.“158
Vielmehr wird durch die
Anmerkung an dieser Stelle auf den Vorrang der Zuständigkeit des Apostolischen
Stuhls sowie der Bischofskonferenz hingewiesen. Unter dieser Prämisse ist dem Diöze-
sanbischof also eine Normsetzungskompetenz zugesprochen.159
Zwischenfazit 3.1.4.
Die Liturgiereformen des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden auch aus kirchen-
rechtlicher Perspektive umgesetzt. Der Codex Iuris Canonici trifft zu Beginn des Bu-
ches IV, Heiligungsdienst der Kirche, Aussagen zur Kirche und der heiligen Liturgie.
Träger der Liturgie sind zum einen die Kirche, im Sinne von c. 204 § 2, und zum ande-
ren das Volk Gottes. Die Gläubigen sollen durch ihre tätige Teilnahme und unter zahl-
reicher Mitwirkung die liturgischen Feiern vollziehen (c. 837 § 2). Um die Einheit des
römischen Ritus und der liturgischen Feiern zu gewährleisten, hält der Gesetzgeber es
für notwendig, die Regelungen im CIC bezüglich der Liturgie festzuhalten. Dem Apos-
tolischen Stuhl kommt deshalb die Aufsicht über die liturgischen Tätigkeiten zu. In ei-
ner authentisch gefeierten Liturgie, in der die Treue zur liturgischen Ordnung eingehal-
ten wird, wird gleichzeitig die Treue gegenüber Christus zum Ausdruck gebracht.160
156
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §4 CIC/1983. 157
Vgl. MÜLLER, LUDGER (s. Anm. 100), 1094. 158
AaO 1094. 159
Vgl. ebd. 160
Vgl. OHLY, CHRISTOPH (s. Anm. 95), 501.
40
Die Regelungen der heiligen Liturgie werden in c. 838 den zuständigen Autoritäten des
Apostolischen Stuhls (c. 838 § 2), der Bischofskonferenz (c. 838 § 3) und dem Diöze-
sanbischof (c. 838 § 3) zugesprochen. Dabei gilt es zu beachten, dass die Zuständigkeit
stets in gestufter Form auftritt, sodass dem Apostolischen Stuhl als oberstem Gesetzge-
ber die größte Kompetenz zukommt und ihm sowohl die Bischofskonferenz als auch der
Diözesanbischof nachgeordnet werden.
Im c. 838 § 2 sind mehrere Zuständigkeitsbereiche des Apostolischen Stuhles aufge-
zählt. Zum einen kommt es ihm zu, die „heilige Liturgie der ganzen Kirche zu ord-
nen“161
. Zum anderen hat der Apostolische Stuhl die liturgischen Bücher in lateinischer
Sprache herauszugeben. Des Weiteren soll er die volkssprachlichen Fassungen der li-
turgischen Bücher zu überprüfen (recognoscere) und die liturgische Ordnung zu über-
wachen.
Die Bestimmungen in c. 838 § 3 befassen sich mit den Zuständigkeiten der Bischofs-
konferenzen. Diese haben demzufolge die Vorbereitung und Herausgabe der liturgi-
schen Übersetzungen zu verantworten. Eingegrenzt wird diese Zuständigkeit jedoch von
dem Recht des Apostolischen Stuhles, die letztlich zu approbierenden Ausgaben der
liturgischen Bücher vorher zu überprüfen.
Dem Diözesanbischof kommt in c. 838 § 4 die Kompetenz zu, Normen innerhalb der
Grenzen seiner Zuständigkeit im Bereich der Liturgie zu erlassen. Ihm steht somit ledig-
lich eine nachgeordnete Autorität bei der Herausgabe der liturgischen Bücher zu.
161
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §2 CIC/1983.
41
3.2. Die Instruktion Liturgiam authenticam (2001)
Am 28. März 2001 veröffentlichte die römische Kongregation für den Gottesdienst und
die Sakramentenordnung eine weitere, neue Übersetzerinstruktion: „Liturgiam authenti-
cam. Der Gebrauch der Volkssprachen bei der Herausgabe der Bücher der römischen
Liturgie“. Sie ist die fünfte Instruktion zur Durchführung der Liturgiereform, die mit der
Konstitution Sacrosanctum Concilium begonnen hatte (insbesondere zu Art. 36 SC).162
Die Übersetzerinstruktion entfaltet Leitlinien für die Übersetzung von biblischen und
liturgischen Texten in den verschiedenen Volkssprachen. 30 Jahre nach der Erscheinung
der ersten volkssprachlichen Ausgaben der liturgischen Bücher war eine Erneuerung
notwendig geworden, und es erscheint als logischer Schritt, neue Hinweise zur Überset-
zung zu veröffentlichen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung traten viele Spannungen
bei der Übersetzung auf, sodass Liturgiam authenticam als Konsequenz daraus eine
Kriteriologie für die Übersetzung entwarf. Zusätzlich regelt die Instruktion kanonisti-
sche Fragestellungen, die bei der Erstellung und Herausgabe liturgischer Bücher aufge-
kommen sind oder aufkommen können.163
Schon bei seiner Erscheinung war das Dokument umstritten, da es deutlich von den
vorherigen Leitsätzen wie in Comme le prévoit für die Übersetzung liturgischer Bücher
abweicht.164
Der mit Liturgiam authenticam einhergehende Paradigmenwechsel fordert
eine maximale Nähe zum lateinischen Text und eine Sprachweise, welche die authenti-
sche Einheit der Kirche zeigen soll. Eine Gegenüberstellung der beiden Instruktionen
erfolgt in einem Unterkapitel dieser Arbeit. Liturgiam authenticam wurde seit ihrer
Promulgation
„gleichzeitig hoch gepriesen und verurteilt. Es überrascht nicht, dass diejenigen, die von den soge-
nannten ‚liturgischen Kriegen‘ frustriert waren, entweder die Fünfte Instruktion als einen Sieg für die
Traditionalisten bejubelten, oder im anderen Fall als irrelevant, vielleicht auch schädlich, für die vom
Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) in Auftrag gegebene Liturgiereform ablehnten.“165
162
Vgl. GERHARDS, ALBERT, Liturgische Sprache, Alltagssprache und das Problem der Übersetzung (in:
M. KIRSCHNER / J. SCHMIEDL [Hg.], Liturgia. Die Feier des Glaubens zwischen Mysterium und Inkultura-
tion [Katholische Kirche im Dialog Bd. 2], 2014, 119–141), 129. 163
Vgl. BÖHLER, DIETER S. J., Anmerkungen eines Exegeten zur instructio quinta "Liturgiam authenti-
cam". (Liturgisches Jahrbuch 54, 2004, 205–222), 205. 164
Vgl. KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche
Begräbnisfeier. (s. Anm. 1), 187. 165
MCMANUS, DENNIS, Übersetzungstheorie in Liturgiam authenticam (in: M. HAUKE [Hg.], Papst Bene-
dikt XVI. und die Liturgie, 12014, 131–149), 131.
42
Die hervorgerufene Ambivalenz der Reaktionen auf Liturgiam authenticam wird zum
einen als Bestätigung der traditionell denkenden Katholiken betrachtet, zum anderen als
Widerspruch zu der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils gesehen.
Intention 3.2.1.
Nach mehr als 30 Jahren rief Liturgiam authenticam die Frage auf, „ob der inhaltliche
Reichtum der lateinischen Vorlagen in angemessener Weise in den Übersetzungen auf-
genommen ist"166
. Denn die liturgischen Bücher sollten sich gerade durch eine sorgfäl-
tig ausgewählte Sprache, „gesunde Lehre“ und Freiheit von jeder Ideologie auszeich-
nen.167
Offensichtlich wurden diese Maßstäbe in den bisherigen Übersetzungen nicht
zur Genüge angewandt, denn der Gesetzgeber hielt es für maßgeblich, noch deutlicher
die Zielvorgabe der Instruktion zu formulieren: „[Es wurde] erkannt, dass die Überset-
zungen der liturgischen Texte an verschiedenen Orten einer Verbesserung durch Kor-
rekturen oder durch eine neue Ausgabe bedürfen.“168
Das Dokument sieht also eine
Verbesserung der Übersetzung der liturgischen Texte als erforderlich an. Es brauchte
notwendigerweise eine neue Definition des Begriffs „liturgischer Übersetzung“, um die
Übersetzung in die Volkssprachen als authentische Stimme der Kirche Gottes wirken zu
lassen. Weiter heißt es in Art. 7:
„Diese Instruktion möchte dafür sorgen und Maßnahmen treffen, dass eine neue Zeit der Erneuerung
anbricht, die mit der Eigenart und der Tradition der Teilkirchen übereinstimmt, aber auch den Glauben
und die Einheit der gesamten Kirche Gottes sicherstellt.169
Um die Einheit des römischen Ritus und der Kirche auf authentische Weise zu gewähr-
leisten, stellt die Instruktion dessen Identität an erste Stelle. Es gilt jedoch festzuhalten,
dass die Instruktion sich weder gegen eine Übersetzung der liturgischen Texte in die
Volkssprachen ausspricht, noch die participatio actuosa, die tätige Teilnahme der
Gläubigen, zurückweist. Allerdings wird mehrfach betont, dass die Übersetzungen und
sogar allgemeine Einführungen zu den jeweiligen liturgischen Büchern ad litteram,
wortwörtlich, zu geschehen habe. Dadurch erweckt die fünfte Instruktion den Eindruck,
dass es ihr „weniger um die Einheit des Römischen Ritus als um dessen (theologisch
166
HAUNERLAND, WINFRIED, Bessere Texte! (s. Anm. 3), 433. 167
Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG, Liturgiam authenti-
cam. Der Gebrauch der Volkssprachen bei der Herausgabe der Bücher der römischen Liturgie, 2001, Nr.
3. 168
AaO Nr. 6. 169
AaO Nr. 7.
43
noch zu problematisierende) Einheitlichkeit geht.“170
Zusammenfassend lässt sich sa-
gen, dass Liturgiam authenticam wieder eine theologische Grundlage für den Diskurs
zwischen liturgischer Sprache und ihrer Interpretation schaffen will und dabei auf die
Notwendigkeit eines neuen Ansatzes bei der Übersetzung in die Volkssprachen hindeu-
tet: „Das allein ist schon ein relatives Novum im lateinischen Westen.“171
Struktur und Inhalt 3.2.2.
Die Instruktion nennt im zweiten Kapitel „Übersetzung liturgischer Texte in die Volks-
sprachen“ unter dem ersten Punkt die „Allgemeinen Prinzipien, die für jede Überset-
zung gelten“172
. Dort werden im 19. Artikel Gründe für die Neuheit einer Textausgabe
ausgeführt: Eine Übersetzung der Heiligen Schrift oder anderer Worte, die in den litur-
gischen Feiern vorgetragen werden, sollen nicht die „Verfassung der Gläubigen“ wider-
spiegeln, sondern „sie drücken Wahrheiten aus, welche die Grenzen von Zeit und Ort
überschreiten“173
. Somit geht es in erster Linie nicht um den inneren Zustand der Gläu-
bigen, sondern um die formulierte Glaubenswahrheit eines liturgischen oder biblischen
Textes. Das Heilshandeln Gottes, welches Grund und Anlass eines liturgischen Han-
delns ist, steht der Wichtigkeit nach vor der inneren Verfassung der Gemeinde, sodass
„ein Wiedererkennen des eigenen Lebens in den Texten der Liturgie keineswegs ausge-
schlossen, aber nachgeordnet"174
wird. Offenbar geht es um die „Rettung der Transsub-
jektivität der heiligen Texte“175
, die bei einer Übersetzung nicht auf die jeweiligen indi-
viduellen Empfindungen reduziert werden dürfen.
Eine der meist rezipierten Passagen folgt nun in Artikel 20 der Instruktion. Die Überset-
zung sei in erster Linie kein kreatives Werk, sondern erfordere vielmehr „die Original-
texte in die Volkssprache getreu und genau zu übertragen“176
. Dieser Grundsatz ist in
den letzten 30 Jahren vor Liturgiam authenticam nicht immer zur Genüge beachtet wor-
den. Die konkrete, schwierige, aber notwendige Forderung nach getreuer und genauer
170
STUFLESSER, MARTIN, "What, if we just…?". Das neue Roman Missal (2011) im angelsächsischen
Sprachraum als Testfall für die Suche nach einer angemessenen liturgischen Volkssprache (in: WAHLE
[Hg.], 449–485), 456. 171
MCMANUS, DENNIS (s. Anm. 165), 148. 172
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 19. 173
Ebd. 174
ODENTHAL, ANDREAS, Sich selbst und Züge seines Lebens wiedererkennen. Symboltheoretische Über-
legungen zur liturgischen Sprache anhand der Instructio "Liturgiam authenticam" (in: B. KRANEMANN /
S. WAHLE [Hg.], "… Ohren der Barmherzigkeit". Über angemessene Liturgiesprache [Theologie kontro-
vers], 2011, 125–133), 127f. 175
BÖHLER, DIETER S. J. (s. Anm. 163), 213. 176
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 20.
44
Übersetzung ist z. B. auch im deutschen Messbuch von 1975 nicht ausgeführt worden.
Verständlichkeit bedeutet in dieser Ausgabe des Messbuches zudem „sofortige Aus-
schöpfbarkeit“177
. Dabei ist der komplexe lateinische Text von mancher Oration durch
„Auslassungen und Zusätze, Paraphrasen oder Erklärungen“178
vereinfacht worden und
verlor dadurch an seinem Reichtum.179
Das Wortpaar fideliter et accurate spielt in diesem Zusammenhang eine besonders gro-
ße Rolle. Die Bandbreite der Durchführung scheint dabei zu bedeuten, dass man Wort-
neuschöpfungen und Formulierungen verwenden muss, die unter Umständen nicht zu
den Vorgaben der Volkssprache passen. Getreu und genau zu übersetzen, das ist eine
Anforderung, die grundsätzlich an jede Übersetzung gestellt wird, denn der Empfänger
einer Übersetzung möchte in „seiner Sprache einen verlässlichen Text erhalten, der dem
Urtext so weit wie eben möglich entspricht“180
. Liturgiam authenticam stellt diese ange-
strebte Genauigkeit einer jeden Übersetzung noch einmal bewusst in den Vordergrund.
Durch diese Schlüsselaussage des fideliter et accurate der Instruktion wird „die Über-
setzungshermeneutik der dynamischen Äquivalenz der Vorzug gegeben“181
.
Die Übersetzer-Instruktion untersagt außerdem etwaige Auslassungen und Hinzufügun-
gen, auch wenn sie der Erklärung und genaueren Erläuterung förderlich sein könnten.
Des Weiteren sind die Adaptionen der jeweiligen Eigenheiten der Sprachen bei der
Übersetzung mit Bedacht und Vorsicht zu erstellen.182
Außerdem wird in Liturgiam
authenticam Art. 20 daran erinnert, dass der römische Ritus „aus der Jahrhunderte lan-
gen kirchlichen Erfahrung in der Weitergabe des von den Vätern empfangenen Glau-
bens der Kirche“ schöpft. Um dieses gewaltige Erbe erhalten zu können, soll der ihm
eigene Stil des römischen Ritus gerade auch in den volkssprachigen Übersetzungen be-
wahrt werden.183
„Auf dieser Grundlage legt Liturgiam authenticam Richtlinien für eine
Revision der nachkonziliaren Übersetzungsarbeit vor, die trotz der Neuheit der Aufgabe
unter großem Zeitdruck erstellt werden musste und daher oft ohne genauere Prüfung
approbiert wurde.“184
Liturgiam authenticam versucht somit wieder direkt am Konzil
anzuknüpfen und die bereits lang verbreiteten Übersetzungen z. B. des deutschen Mis-
177
BÖHLER, DIETER S. J. (s. Anm. 163), 215. 178
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 20. 179
Ebd. 180
STOCK, ALEX, Orationen übersetzen. (s. Anm. 90), 422. 181
Vgl. LANG, UWE MICHAEL (s. Anm. 49), 445. 182
Vgl. STUFLESSER, MARTIN, "What, if we just…?" (s. Anm. 170), 455f. 183
Vgl. LANG, UWE MICHAEL (s. Anm. 49), 445. 184
Ebd.
45
sale Romanum wieder einzufangen und vom lateinischen Ursprung her neu zu betrach-
ten.
Diese Ausführungen der fünften Instruktion resultieren aus der Spannung, welche die
Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium selbst erzeugte. Die Differenz zwischen
„der norma patrum als Richtschnur der Reform einerseits und dem Axiom der tätigen
Teilnahme“185
andererseits kreierte einen Kontrast, der nur schwer aufzulösen war.
Dabei will Liturgiam authenticam Anpassungen nicht ausschließen, aber der kreative
Vorgang der Übersetzung wird nun durch Genauigkeit der Übereinstimmung mit dem
Originaltext ersetzt. Für die Übersetzungen bedeutet dies konkret, dass eine modische
Sprache vermieden, aber ein sakraler Stil sich etablieren soll. Des Weiteren sollen diese
Grundsätze „die Liturgie von der Notwendigkeit häufiger Überarbeitungen entlasten,
auch wenn es um verschiedene Ausdrucksweisen geht, die im Volk außer Gebrauch
kommen.“186
Eine regelmäßige Anpassung an die Sprache der Gesellschaft, welche die
Gemeinde formiert, ist demnach nicht mehr erwünscht. Vielmehr sollen nun die Über-
setzungen so gestaltet werden, dass sie auch von weniger gebildeten Menschen verstan-
den werden und für sie zugänglich ist.187
Für diese Zielgruppe sollen die liturgischen
Texte angepasst werden. Obwohl genauso zu bedenken gilt, dass man einen liturgischen
Text nicht beim ersten Hören bereits sinnhaft verstanden haben kann. Vielmehr kommt
der Homilie und Katechese die Aufgabe zu, die Bedeutung zu erschließen.188
Im Abschnitt 42 deutet Liturgiam authenticam auf die „Zuordnung menschlicher Le-
benswelten zum Glauben“189
hin:
„[...]Wenn ein Wort oder ein Ausdruck die Wahl zwischen mehreren Übersetzungsmöglichkeiten bie-
tet, soll man sich unter steter Wahrung der Treue gegenüber dem Originaltext darum bemühen, dass
die gewählte Variante den Zuhörer befähigt, sich selbst und Züge seines Lebens möglichst lebendig in
den Personen und Ereignissen des Textes wiederzuerkennen."190
Anhand dieser Aussage, dass die Zuhörer sich selbst und ihr Leben in den liturgischen
Texten wiedererkennen sollen, lässt sich zeigen, welchen Anspruch die Instruktion an
die Übersetzung stellt. „Trotz der bedenklichen Tendenzen der Instruktion wird man ihr
jedoch zugestehen müssen, um die Hebung der Qualität liturgischer Sprache nicht um
185
GERHARDS, ALBERT, Liturgische Sprache, Alltagssprache und das Problem der Übersetzung
(s. Anm. 162), 131. 186
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 27. 187
AaO Art. 25. 188
Vgl. aaO Nr. 29. 189
ODENTHAL, ANDREAS (s. Anm. 174), 126f. 190
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 42.
46
ihrer selbst willen, sondern um der Menschen willen bemüht zu sein.“191
Liturgiam au-
thenticam geht es keineswegs nur um formale Korrektheit gegenüber den kirchlichen
Vorgaben, sondern – wie der Titel schon sagt – um die Authentizität des heiligen Textes
in seiner Übersetzung. Für die Liturgie gilt insgesamt das, was für die Worte der Heili-
gen Schrift gilt und so auch für den gesamten Glaubensvollzug des Menschen192
: „Unter
‚steter Wahrung der Treue gegenüber dem Originaltext‘, mit anderen Worten, unter
Wahrung der Treue zu den Vorgaben des Glaubens, seinen Dogmen, Bekenntnissen und
deren ritueller Gestalt“193
, vollziehen die Christen ihren Glauben so, dass sie sich selbst
in den liturgischen Texten wiedererkennen.
Paradigmenwechsel 1969-2001 3.2.3.
Die erste Übersetzerinstruktion Comme le prévoit aus dem Jahr 1969 bildete die Grund-
lage für die Entstehung der ersten liturgischen Übersetzungen. Die Aussagen von Litur-
giam authenticam als der fünften nachfolgenden Instruktion stehen in einem erhebli-
chen Gegensatz zur ersten. Vergleicht man die beiden Dokumente von 1969 und 2001,
lässt sich ein deutlicher Paradigmenwechsel feststellen.194
Das Postulat der Textver-
ständlichkeit, welches 1969 vertreten wurde, stand nun gegen das der Texttreue. Litur-
giam authenticam fordert nämlich eine wörtliche Übersetzung ein, die vorher freier
formuliert wurde. Zusätzlich wird nun in Liturgiam authenticam ein sakraler Stil, den
Comme le prévoit ausdrücklich vermeiden wollte, empfohlen.195
Dies schließt auch die
„Verwendung veralteter Wörter aus dem jeweiligen Wortschatz ein“196
. Darüber hinaus
ergeben sich Vergleichspunkte bei den Anforderungsprofilen an die Übersetzung. Im
Unterschied zu der Instruktion von 1969 fordert Liturgiam authenticam eine Überset-
zung ad litteram ein,197
die in Comme le prévoit nicht nur deutlich abgelehnt wurde,
sondern auch ganz im Gegenteil Neuschöpfungen ermöglichte. Die fünfte Instruktion
formuliert überdies, dass sich die wörtliche Übersetzung so genau wie möglich am hy-
potaktischen Satzbau mit seinen komplexen Partizipialkonstruktionen der lateinischen
191
GERHARDS, ALBERT, Liturgische Sprache, Alltagssprache und das Problem der Übersetzung
(s. Anm. 162), 133. 192
ODENTHAL, ANDREAS (s. Anm. 174), 128. 193
Ebd. 194
HAUNERLAND, WINFRIED, Liturgie und Kirche. Studien zu Geschichte, Theologie und Praxis des Got-
tesdienstes (Studien zur Pastoralliturgie v.41), 12016, 194.
195 Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr.
27. 196
STUFLESSER, MARTIN, "What, if we just…?" (s. Anm. 170), 456. 197
AaO 457.
47
Vorlage zu orientieren hat.198
Hinzu kommt, dass Liturgiam authenticam nicht mehr
von der personalen Begegnung, sondern von objektiven Wahrheiten ausgeht, „welche
die Grenzen von Zeit und Ort überschreiten“199
. Es lässt sich durchaus fragen, „wie dies
mit dem christlichen Grunddogma der Inkarnation vereinbar ist, nach dem Gott in Raum
und Zeit eingegangen ist.“200
Die maximale Nähe zu der Ausgangssprache beinhaltet die
Übersetzung von Form und Inhalt, in diesem Fall vom lateinischen Original zur deut-
schen Übersetzung.
Nicht zuletzt aufgrund dieses Paradigmenwechsels zwischen 1969 und 2001 war die
Resonanz auf Liturgiam authenticam zum großen Teil ablehnend.
Oppositionelle Resonanz 3.2.4.
Wie bereits angesprochen, gab es in der ersten Zeit nach der Veröffentlichung auch viel
Kritik an Liturgiam authenticam. Aus Sicht der Ritenkongregation war es weltweit zu
einer Entfernung vom lateinischen Urtext gekommen, welche die Identität des römi-
schen Ritus bedrohte.201
Allerdings war die Art und Weise der Veröffentlichung dieser
Instruktion auf viel Widerstand gestoßen. Vor allem der Ton der Verlautbarung galt als
„nicht besonders freundlich.“202
Kritik erfuhr das Dokument auch von Theologen und
Philologen, denen ebenfalls an einer lateinnahen Übersetzung gelegen war:
„Das ist es, was den Philologen, den Liebhabern der Sprache, der deutschen wie der lateinischen in
diesem Falle, am meisten missfällt, dass nicht die Liebe zur Religion, zu ihrem Reichtum, ihrer
Schönheit, sondern doktrinale Herrschsucht die Atmosphäre bestimmt. So muss man sich aus dem
amtlich verursachten Pressionsgefüge erst befreien, um die Überlieferung für die Zukunft zu ret-
ten.“203
Das „amtlich verursachte Pressionsgefüge“ war durch Liturgiam authenticam noch ver-
stärkt worden und ihr wird vorgeworfen, nicht die Liebe zur Religion und zur lateini-
schen Sprache als übergeordnetes Ganzes im Blick zu haben, sondern von „doktrinaler
Herrschsucht“ geleitet zu sein.204 Es gab auch teilweise scharfe Reaktionen aus theologi-
scher Perspektive. Reiner Kaczynski überschrieb seine Gegenrede nach der Veröffentli-
198
AaO 456. 199
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 19. 200
GERHARDS, ALBERT, Liturgische Sprache, Alltagssprache und das Problem der Übersetzung
(s. Anm. 162), 130. 201
Vgl. STOCK, ALEX, Orationen übersetzen. (s. Anm. 90), 421. 202
Ebd. 203
STOCK, ALEX, Orationen. Die Tagesgebete im Jahreskreis neu übersetzt und erklärt, 2011, 14. 204
Ebd.
48
chung von Liturgiam authenticam mit „Angriff auf die Liturgiekonstitution?“205
. seine
Gegenrede nach der Veröffentlichung von Liturgiam authenticam. „Dieser provokante
Titel des ehemaligen Mitarbeiters der zuständigen Kongregation kann als symptoma-
tisch für die erste Reaktion der Liturgiewissenschaft auf die Instruktion gelten.“206
Kaczynskis jahrelange Arbeit der Übersetzung sollte mit Liturgiam authenticam ein
neues Regelwerk erhalten. Seine Kritik setzt an dem Begriff der Verständlichkeit für
liturgische Übersetzungen an. 207
Seiner Ansicht nach führe das Dokument „falsche Kri-
terien für die Übersetzung“208
ein. Weiter führt er folgendes aus:
„Wer je lateinische Orationen übersetzt hat, weiß dass ihre kurze und knappe Ausdrucksweise in den
lebenden Sprachen nicht nachgeahmt werden kann, wenn der volkssprachige Text einer Gemeinde,
die ihn hört, verständlich bleiben und geistlichen Gewinn bringen soll."209
Die Frage nach der Verständlichkeit der deutschen Übersetzung lateinischer Orationen,
ist eine komplexe.210
Die Texte und Gebete der liturgischen Feiern sollen einerseits
nicht direkt beim ersten Zuhören erschöpflich sein, sondern mehrere Erfassungs- und
Interpretationsebenen zulassen, andererseits dürfen sie auch nicht eine zu hohe Theolo-
gie sprachlich gestalten, die man nur nach intensiver Einweisung verstehen kann. Die
Erfahrungen mit der Instruktion haben allerdings gezeigt, dass das berechtigte Anliegen
einer genauen und getreuen Übersetzung mit den vorgeschriebenen Mitteln nicht zu
erfüllen ist.211
Aussagen zu c. 838 CIC/1983 3.2.5.
Liturgiam authenticam stellt nicht nur Kriterien für eine volkssprachige Übersetzung
auf, sondern äußert sich auch zum Rechtsgefüge aus c. 838 CIC/1983, welches bis zur
Erscheinung von Magnum Principium 2017 galt. Eine Verlagerung der Rechtszustän-
digkeit bei der Approbation liturgischer Bücher noch mehr hin zum Apostolischen Stuhl
ist die Konsequenz der Aussagen in Nr. 76: Demzufolge obliegt die
205
KACZYNSKI, REINER, Angriff auf die Liturgiekonstitution? Anmerkungen zu einer neuen Übersetzer-
Instruktion. (Stimmen der Zeit, 2001, 651–743), 651. 206
GERHARDS, ALBERT, Erneuerung kirchlichen Lebens aus dem Gottesdienst (s. Anm. 66), 120. 207
Vgl. BÖHLER, DIETER S. J. (s. Anm. 163), 214. 208
KACZYNSKI, REINER, Angriff auf die Liturgiekonstitution? Anmerkungen zu einer neuen Übersetzer-
Instruktion. (s. Anm. 205), 663. 209
Ebd. 210
Vgl. BÖHLER, DIETER S. J. (s. Anm. 163), 214. 211
Vgl. GERHARDS, ALBERT, Liturgische Sprache, Alltagssprache und das Problem der Übersetzung
(s. Anm. 162), 133.
49
„Sorge um die Übersetzungen der liturgischen Texte“ [...] „nicht nur den in den Teilkirchen regieren-
den Bischöfen [...] sondern auch dem Apostolischen Stuhl selbst, damit er die universale Sorge ge-
genüber den Christgläubigen in der Stadt Rom und weltweit wirksam wahrnimmt.“212
Mit der Begründung der „universalen Sorge“ wird dem Apostolischen Stuhl noch mehr
Kompetenz bei der Übersetzung der liturgischen Texte – die bisher ja die nationalen
Bischofskonferenzen erstellen sollten und von Rom anschließend überprüft wurden –
zugesprochen. Weitere Begründungen folgen im nächsten Absatz:
„Denn in der Diözese Rom, [...] werden die größeren Sprachen recht umfangreich und häufig ange-
wandt, auch in liturgischen Feiern. Daher hat sich gezeigt, dass künftig für die oben genannten größe-
ren Sprachen die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung beim Erarbeiten der
Übersetzungen deutlicher und eingehender beteiligt sein soll.“213
Die Beteiligung der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung
bei der Erarbeitung der Übersetzungen soll noch „deutlicher und eingehender“ von stat-
ten gehen. Dabei erfolgt die Überprüfung der liturgischen Texte durch den Apostoli-
schen Stuhl, der nun sogar eigene Übersetzungen liturgischer Texte anfertigen kann.
Zusätzlich benötigen Mitarbeiter in gemischten Kommissionen, d.h. wenn sie nicht zum
Bischofskollegium gehören, ein eigenes Nihil obstat.214
„Alle, einschließlich der Fach-
leute, müssen ihre Arbeit ohne Nennung des Namens ausführen und Stillschweigen be-
achten, wozu alle außer den Bischöfen durch einen Vertrag zu verpflichten sind.“215
Dem verpflichteten Stillschweigen aller Mitarbeiter steht ein offener wissenschaftlicher
Diskurs gegenüber, der so nicht mehr ausgeübt werden kann.
Das Approbationsrecht der liturgischen Bücher verlagert sich durch Liturgiam authenti-
cam von der Rechtsträgerschaft der Kommissionen von den Bischofskonferenzen auf
den Heiligen Stuhl. „Dies wurde offensichtlich von den Bischofskonferenzen ohne Ein-
spruch hingenommen. Gerade im Blick auf die Bibelübersetzung hätte man im Land der
Reformation eine eigene Position gegenüber der römischen Kurie formulieren müs-
sen.“216
Generell ist eine zentralistische Tendenz zu beobachten, die den Bischofskonfe-
renzen vor Ort mehr Rechte entzieht und diese auf den Apostolischen Stuhl verlagert.
Daraus ergibt sich ein Problem: Die Einheit aus der Perspektive einer römischen Ein-
heitsliturgie wird auf Kosten der legitimen regionalen Einheiten überakzentuiert.217
Seit
212
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 76. 213
Ebd. 214
AaO Nr. 100. 215
AaO Nr. 101. 216
GERHARDS, ALBERT, Erneuerung kirchlichen Lebens aus dem Gottesdienst (s. Anm. 66), 123. 217
Vgl. aaO 125.
50
Liturgiam authenticam scheint es keine ausgewogene Mischung aus Universalität und
Partikularität mehr zu geben.
Zwischenfazit 3.2.6.
Betrachtet man die Aussagen von Liturgiam authenticam mit weiteren 17 Jahren Ab-
stand, so erscheinen sie sehr konservativ. Sachlich wird eine fideliter et accurate Über-
setzung gefordert, welche nicht mehr auf den Klang oder die Darbietungsform der zu
übersetzenden Sprachen eingehen soll, sondern sich sogar syntaktisch an den Gegeben-
heiten des lateinischen Textes zu orientieren hat. Des Weiteren scheint die Adressa-
tenorientierung für die Übersetzung einseitig im Hinblick auf ein intellektuelles Milieu
formuliert worden zu sein. So sollen die liturgischen Texte auch für „weniger gebilde-
te“218
Menschen geschrieben werden, damit auch jeder noch so bildungsbedürftige Got-
tesdienstbesucher sie verstehen kann.
Die ersten Reaktionen nach der Veröffentlichung der Instruktion waren, sehr kritisch.
Im Vergleich mit Comme le prévoit von 1969 scheint Liturgiam authenticam allen ten-
denziell liberaleren Übersetzungshinweisen Einhalt zu gebieten. Die zentralisierte Ten-
denz gipfelt in der Aussage aus Nr. 76, welche dem Apostolischen Stuhl bei der Über-
setzung liturgischer Texte in die Volkssprache eine noch deutlichere Beteiligung zu-
spricht.219
Durch diese Aussagen wurde „auch eine zwölfjährige Arbeit an der Revision
des deutschen Messbuches von 1976 Makulatur.“220
Arbeitsgruppen der Internationalen
Arbeitsgemeinschaft der Liturgischen Kommissionen (IAG) im deutschen Sprachgebiet
hatten diese Überarbeitung an dem deutschen Messbuch vorgenommen. Die Überset-
zerkommission, welche zuvor von den deutschsprachigen Bischofskonferenzen einge-
richtet wurde, wurde nun von der römischen Kongregation gebildet und muss streng
nach der textgetreuen Übersetzung verfahren.221
Als Konsequenz dieser Zentralisierung
wurde die IAG aufgelöst.
Innerhalb von fünf Jahren sollten alle bereits vorhandenen und genehmigten Bücher
erneut übersetzt werden und dem Apostolischen Stuhl zur Überprüfung vorgelegt wer-
218
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Art. 25. 219
Vgl. aaO Nr. 76. 220
GERHARDS, ALBERT, Universalität und Partikularität. Zum Stand der liturgischen Erneuerung 50 Jahre
nach Sacrosanctum Concilium (in: D. ANSORGE [Hg.], Das Zweite Vatikanische Konzil. Impulse und
Perspektiven [Frankfurter theologische Studien Band 70], 2013, 349–374), 355f. 221
GERHARDS, ALBERT, Universalität und Partikularität. (s. Anm. 220), 355f.
51
den.222
Selbst vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es keine derartige Zentralisa-
tion des liturgischen Rechts.
Nach der Veröffentlichung der Instruktion wurden, wie vorgeschrieben, neue Texte ap-
probiert. „Viele Bischöfe hatten den Eindruck, dass die neuen Texte zwar anders, aber
nicht besser geworden waren.“223
Parallel dazu bestand die Sorge, dass die Texte nach
der Überprüfung durch den Heiligen Stuhl mit Verweis auf Liturgiam authenticam zum
Schlechteren verändert werden würden.224
Letztlich sollte die finale Überprüfung mit
möglichen korrigierenden Eingriffen nämlich durch den Apostolischen Stuhl geschehen.
Dem Heiligen Stuhl oblag es in letzter Instanz „die recognitio zu erteilen“.225
222
Vgl. KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr.
108. 223
HAUNERLAND, WINFRIED, Eine doppelte Korrektur. Zum Motu proprio Magnum Principium von Papst
Franziskus (Gottesdienst 51 Jahrgang, 2017, 169–171), 170. 224
Ebd. 225
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 73.
52
3.3. Das Motu Proprio Magnum Principium (2017)
Die Diskussion um die Liturgiesprache war seit Liturgiam authenticam (2001) nicht
erloschen, sondern entfachte erneut im Herbst letzten Jahres. Am 3. September 2017
veröffentlichte Papst Franziskus das Motu Proprio Magnum Principium, durch welches
er c. 838 des CIC 1983 veränderte. Der Papst entschied sich für die Dokumentenart ei-
nes Motu proprios, um eine schnelle Änderung des höheren Rechts zu erwirken. Be-
merkenswert an der Gesetzesänderung durch Magnum Principium ist die Tatsache, dass
die Bestimmungen aus Liturgiam authenticam (2001) neu bewertet werden.
Papst Franziskus äußert sich in relativ kurzer Form, welche ja auch charakteristisch für
ein Motu Proprio ist, auf vier Seiten zu den veränderten Zuständigkeiten in c. 838 §§ 2
und 3. Zunächst beginnt er mit einer etwas längeren Einleitung, in der er Grundprinzi-
pien seines liturgischen Verständnisses aufweist, um dann zur konkreten Gesetzesände-
rung des CIC zu kommen.
Franziskus legt in seinen einleitenden Sätzen einen Schwerpunkt auf die liturgische
Sprache als Kommunikationsgeschehen zwischen den Gläubigen. Er bezeichnet den
liturgischen Text als „rituelles Zeichen“ und „Mittel der mündlichen Kommunikati-
on“.226
Dieser Aspekt ist allerdings nur eine von zwei Anforderungen an die liturgischen
Texte. Gleichzeitig bilden die Worte nämlich auch das Mysterium Gottes ab.
„Denn in den vorgetragenen Worten, vor allem bei der Lesung der Heiligen Schrift, spricht Gott zu
den Menschen, spricht Christus selbst im Evangelium zu seinem Volk, das selbst oder durch den Ze-
lebranten dem Herrn im Heiligen Geist betend antwortet.“227
Das dialogische Kommunikationsgeschehen zwischen der Gemeinde und Gott bilden
für den Papst die Basis bei der Formulierung liturgischer Texte.
Franziskus nennt in diesem Zusammenhang das „Wohl der Gläubigen jedweden Alters
und jedweder Kultur sowie ihr Recht auf eine bewusste und tätige Teilnahme an den
liturgischen Feiern“.228
Er bezieht sich mit dieser Aussage direkt auf das Zweite Vatika-
nische Konzil und die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Art. 36. Die Ge-
betssprache soll gemäß den Bestimmungen von SC verständlich sein. Dabei liegt dem
Anspruch einer Übersetzung die Aussage „Liturgische Sprache muss verständlich sein,
226
Vgl. PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principi-
um" von Papst Franziskus. Durch das can. 838 des Kodex des kanonischen Rechts verändert wird, 2017,
2. 227
Ebd. 228
AaO 1.
53
aber nicht jedes Wort und jeder Satz muss mit dem Verstand begriffen werden“229
zu-
grunde. Gebetstexte können nicht beim ersten Hören vollständig erfasst werden. Mag-
num Principium sagt selbst im ersten Satz aus, dass die Gebetssprache dem „Auffas-
sungsvermögen des Volkes“230
entsprechen soll. Der Balanceakt zwischen der verständ-
lichen Auffassung der Gemeinde und der rechten Wortwahl, um das Mysterium Gottes
zu beschreiben, spielte auch schon zu Konzilszeiten eine große Rolle. Die Konzilsväter
forderten eine aktive und bewusste Teilnahme des Volkes (vgl. SC 14) aus der sich un-
mittelbar der Anspruch auf eine verständliche liturgische Sprache ableiten lässt.231
Das
Motu Proprio greift diesen Gedanken auf und stellt ihn in einen pastoralen Kontext. Die
Gebetssprache soll durch „Anpassungen“232
an das Verständnis der Gläubigen ange-
lehnt werden. Trotz dessen betont der Papst die „wesentliche Einheit des römischen
Ritus“233
, auf die er immer wieder zu sprechen kommt. Das Spannungsfeld zwischen
der volkssprachlichen Übersetzung und der Bewahrung der lateinischen, römischen Ur-
sprungstexte wird also zunächst auch nicht durch Magnum Principium aufgelöst.
Rückblickend auf einige Dokumente, die vor und nach der Konzilszeit entstanden,
zeichnet Franziskus das „Wohl der Gläubigen“234
als gemeinsames Ziel dieser liturgi-
schen Gesetze, Instruktionen, Zirkularschreiben und Leitlinien. Dadurch gibt er eine
Interpretationshilfe für die erneute Auslegung der bereits länger approbierten Dokumen-
te. Versteckt argumentiert er mit der bleibenden Nützlichkeit dieser Grundsätze:
„Hierauf zielten einige liturgische Gesetze, [...]. Die angegebenen Grundsätze waren nützlich und
bleiben es größtenteils weiterhin und sollen – soweit möglich – von den liturgischen Kommissionen
als geeignete Werkzeuge eingesetzt werden, damit in der überaus großen Sprachenvielfalt die liturgi-
sche Gemeinde ein geeignetes und den einzelnen Teilen entsprechendes sprachliches Gewand erlan-
gen kann, wobei die Zuverlässigkeit und sorgfältige Treue vor allem in der Übersetzung einiger Texte
zu wahren sind, die in jedem liturgischen Buch von besonderer Wichtigkeit sind.“235
Sie bleiben „größtenteils“ weiterhin nützlich und sollen nur „soweit möglich“ eingesetzt
werden. Es ist bemerkenswert, dass Papst Franziskus durch die Verwendung dieser
Wörter indirekt Kritik an den vorherigen Dokumenten ausübt, indem er die Nützlichkeit
der dort genannten Grundsätze einschränkt. Magnum Principium führt damit den Auf-
229
BRÜSKE, GUNDA, "Du bist der Schrei, der die Ruhe stört." Anmerkungen zur Sprache der Liturgie.
(Theologisch-Praktische Quartalsschrift 162. Jahrgang 2014, 2014, 40–48), 45. 230
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), 1. 231
Vgl. BRÜSKE, GUNDA (s. Anm. 229), 45. 232
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), 3. 233
AaO 2. 234
Ebd. 235
Ebd.
54
trag einer neuen Bewertung dieser Nützlichkeit ein. Dieser Bewertung sollen künftig die
„liturgischen Kommissionen“236
, also schließlich die Bischofskonferenzen, nachgehen.
Franziskus argumentiert deutlich zu Gunsten der Volkssprache in der Liturgie. Das
Wohl der Gläubigen und die Verständlichkeit liturgischer Texte stehen im Vordergrund.
Trotzdem äußert er sich auch zur lateinischen Liturgiesprache. Die volkssprachigen
Übersetzungen sollen als Teil der Riten selbst „zusammen mit der lateinischen Sprache
zur Stimme der die göttlichen Geheimnisse feiernden Kirche“237
werden. Die liturgische
Sprache soll zur Kommunikation beitragen, und habe genauso wie die lateinische Litur-
giesprache in „stilistischer Eleganz und Ernsthaftigkeit der Aussagen“238
zu glänzen.
Franziskus erinnert außerdem daran, dass „die Zuverlässigkeit und sorgfältige Treue vor
allem in der Übersetzung einiger Texte zu wahren sind, die in jedem liturgischen Buch
von besonderer Wichtigkeit sind.“239
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das
Motu Proprio die Relevanz liturgischer Übersetzungen anerkennt ohne genaue Vorga-
ben oder Leitlinien auszuführen.
Die Intention des Dokumentes zielt darauf ab, „die Zusammenarbeit zwischen dem
Apostolischen Stuhl und den Bischofskonferenzen leichter und fruchtbarer zu gestal-
ten“240
. Aus diesem Grund soll das Motu Proprio die in c. 838 CIC/1983 geltende ka-
nonische Disziplin „entsprechend der Absicht der Konstitution Sacrosanctum Concili-
um, [...]wie auch des als Motu proprio erlassenen Apostolischen Schreibens Sacram
liturgiam“ 241
deutlicher machen. Papst Franziskus erinnert deutlich an das „Recht und
die Aufgabe der Bischofskonferenzen“, die nicht „vergessen werden“242
sollen.
Die bisherigen Aussagen von Magnum Principium werden im letzten Abschnitt des
Dokumentes zusammengeführt. Dort erlässt Franziskus, kraft seiner anvertrauten Voll-
macht, die neuen Bestimmungen zu c. 838. Welche Worte und Aussagen er verändert,
wird in einer Gegenüberstellung im nächsten Unterkapitel erläutert.243
236
Ebd. 237
AaO 1. 238
Ebd. 239
AaO 2. 240
AaO 3. 241
Ebd. 242
AaO 2f. 243
HAUNERLAND, WINFRIED, Eine doppelte Korrektur. Zum Motu proprio Magnum Principium von Papst
Franziskus (s. Anm. 223), 171.
55
Analyse des c. 838 §§ 2, 3 CIC/1983 nach Magnum Principium 3.3.1.
c. 838 § 2 /CIC 1983 c. 838 MP Magnum Principium
Apostolicae Sedis est
sacram liturgiam
Ecclesiae universae
ordinare, libros litur-
gicos edere
Sache des Apostoli-
schen Stuhles ist es,
die heilige Liturgie
der ganzen Kirche
zu ordnen, die litur-
gischen Bücher her-
auszugeben
Apostolicae Sedis
est sacram liturgiam
Ecclesiae universae
ordinare, libros litur-
gicos edere,
Sache des Apostoli-
schen Stuhles ist es,
die heilige Liturgie
der ganzen Kirche zu
ordnen, die liturgi-
schen Bücher heraus-
zugeben,
eorumque versiones
in linguas vernacu-
las recognoscere,
und ihre Überset-
zungen in die
Volkssprachen zu
überprüfen
aptationes, ad nor-
mam iuris a Con-
ferentia Episcor-
porum approbatas,
recognoscere,
die von den Bi-
schofskonferenzen
nach Maßgabe des
Rechts approbierten
Anpassungen zu re-
kognoszieren
necnon advigilare ut
ordinationes liturgi-
cae ubique fideliter
observentur.
sowie darüber zu
wachen, dass die
liturgischen Ord-
nungen überall ge-
treu eingehalten
werden.244
necnon advigilare ut
ordinationes ligut-
gicae ubique fideliter
observentur.
sowie darüber zu wa-
chen, dass die liturgi-
schen Ordnungen
überall getreu einge-
halten werden.245
In c. 838 § 2 ändert das Motu Proprio die Aussagen zur recognitio des Heiligen Stuhls.
In der alten Fassung verweist die Überprüfung (recognitio) sowohl auf die von der Bi-
schofskonferenz approbierten Übersetzungen liturgischer Bücher als auch auf die An-
passungen. In der neuen Fassung „entfällt die recognitio des Apostolischen Stuhls für
die von der Bischofskonferenz approbierten Übersetzungen liturgischer Bücher“246
. Sie
wird in der neuen Fassung nur auf Anpassungen bezogen, die von der Bischofskonfe-
renz vorher approbiert wurden. Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass recognitio offi-
ziell mit dem Wort rekognoszieren übersetzt wird. Rückblickend auf die einleitenden
Worte des Papstes zugunsten der Volkssprache sollte es im deutschen Sprachgebrauch
eher „überprüfen“247
heißen. An dieser Stelle taucht also abermals das Problem der
Übersetzung auf, welches die Gesetzesänderung Magnum Principium eigentlich ent-
schärfen wollte.
244
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §2 CIC/1983. 245
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), c. 838 §2 (MP). 246
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS, Wer hat das letzte Wort? Das Motu Proprio "Magnum
Principium" (Herder Korrespondenz 72. Jahrgang, 2018, 31–34), 34. 247
KÖSTLER, RUDOLF, Wörterbuch zum Codex Iuris Canonici, 1927, 299.
56
c. 838 § 3 /CIC 1983 c. 838 MP Magnum Principium
Ad Episcoporum
conferentias spectat
versiones librorum
liturgicorum in lin-
guas vernaculas
Die Bischofskonfe-
renzen haben die
Übersetzungen der
liturigschen Bücher
in die Volksspra-
chen zu besorgen
Ad Episcoporum
Conferentias spectat
versiones librorum
liturgicorum in lingu-
as vernaculas fideli-
ter et
Die Bischofskonfe-
renzen haben die
innerhalb der festge-
setzten Grenzen an-
gepassten Überset-
zungen der li-
turigschen Bücher in
die Volkssprachen
getreu und
convenienter intra
limites in ipsis libris
liturgicis definitos
aptatas, parare,
und sie dabei inner-
halb der in diesen
liturgischen Bü-
chern festgelegten
Grenzen in ange-
messener Weise
ihren Verhältnissen
anzupassen;
convenienter intra
limites definitos ac-
comodatas parare et
approbare
angemessen zu be-
sorgen und zu ap-
probieren
easque edere, praevia
recognitione Sanctae
Sedis.
diese Übersetzungen
haben sie nach vor-
gängiger Überprü-
fung durch den Hei-
ligen Stuhl heraus-
zugeben.248
atque libros liturgi-
cos, pro regionibus ad
quas pertinent, post
confirmationem Ap-
ostolicae Sedis, edere.
sowie die liturgi-
schen Bücher für die
Regionen, für die sie
zuständig sind, nach
der Bestätigung
durch den Apostoli-
schen Stuhl heraus-
zugeben.249
Die Übersetzungen der liturgischen Bücher in die Volkssprache durch die Bischofskon-
ferenz haben gemäß c. 838 § 3 (MP) fideliter (getreulich, gewissenhaft250
) zu erfolgen.
Weiter heißt es in der Änderung von § 3, dass die Erstellung und Approbation allein
durch die Bischofskonferenz zu erfolgen hat. Die Approbation (approbare) ist im Ver-
gleich zur vorherigen Fassung des CIC/1983 wieder neu in den § 3 (MP) aufgenommen
worden. In Rückgriff auf SC Art. 34 § 3 wird das dort formulierte „Approbationsrecht
der Bischofskonferenz explizit in den Normtext aufgenommen, sodass nicht mehr nur
vom Besorgen der Übersetzung wie in der alten Fassung des c. 838 § 3 die Rede ist.“251
Neu ist also die Wiedereinführung der Approbation in § 3, die schon eine längere Revi-
sionsgeschichte aufweist.
248
PAULUS, JOHANNES / AYMANS, WINFRIED (s. Anm. 26), c. 838 §3 CIC/1983. 249
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), c. 838 §3 (MP). 250
KÖSTLER, RUDOLF (s. Anm. 247), 161. 251
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 34.
57
Bereits im Jahr 1977 legte die Studiengruppe De sacramentis eine Norm vor, die „be-
reits fast wörtlich dem späteren c. 838 (Fassung 1983 entsprach). [...] Man ersetzte aber
in den §§ 2 und 3 um der terminologischen Einheitlichkeit willen das Verb approbare
durch recognosere“.252
Der ursprünglich vorgesehen Begriff der approbatio wurde also
im Laufe der Codexrevisionsgeschichte bewusst durch den Begriff der recognitio er-
setzt.253
Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass die Wortbedeutung von approbare und
probare „zustimmen“ heißt: „Das Erfordernis der Approbatio besagt somit, dass jemand
zu bestimmten Handlungen anderer sein Einverständnis erklären muss, gewöhnlich der
kirchliche Vorgesetzte gegenüber Untergebenen [...]."254
Wäre die Approbatio in den c.
838 §§2 und 3 CIC/1983 vorgesehen gewesen, hätte dies die Zustimmung des Apostoli-
schen Stuhls zu den Übersetzungen der liturgischen Büchern bedeutet. Den Begriff der
Approbatio verwendet man z. B. bei der Zulassung von Büchern, Satzungen sowie Ka-
techismen; ebenfalls für diesen Zusammenhang wichtig: zur Genehmigung liturgischer
bzw. gottesdienstlicher Riten.255
Das Mitwirkungsrecht des hierarchisch Oberen bei den
Handlungen von Unterstellten äußert sich somit in diesem Fachausdruck. Ergebnis die-
ses Prüfvorgangs kann einerseits die Bewilligung des rechtsgeschäftlichen Handelns
sein, oder andererseits das Verwerfen von ebendiesem.256
Indem man die Approbatio 1983 nicht in den c. 838 §§2,3 aufnahm sondern durch
recognitio ersetzte, sollte „deutlicher werden, dass der Beschluss auf der Ebene der Bi-
schofskonferenz verbleibt.“257
Denn der CIC von 1983 hält fest, dass dem Apostoli-
schen Stuhl gemäß c. 838 § 2 die Herausgabe der liturgischen Bücher und die recognitio
der muttersprachlichen Übersetzung zukommt. Die Überprüfung (recognitio) des Heili-
gen Stuhls wird „bezüglich der von der Bischofskonferenz besorgten (parare) und her-
ausgegebenen (edere) muttersprachlichen Übersetzungen der liturgischen Bücher in c.
828 § 3 wieder aufgegriffen.“258
Durch die recognitio erhält das Zulassungsdekret der
Bischofskonferenz für ein liturgisches Buch die Wirksamkeit und gewährt eine darauf-
folgende Mitwirkung der höheren Autorität, also des Apostolischen Stuhls.259
Recogno-
252
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/4. 253
Vgl. BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 33. 254
MAY, GEORG, Approbation (in: HAERING / SCHMITZ [Hg.], 66–68), 66. 255
Vgl. ebd. 256
Vgl. aaO 67. 257
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 33. 258
AaO 33. 259
Vgl. ebd.
58
scere bezeichnet also den Akt einer zuständigen höheren Autorität, das Gesetz einer
untergeordneten Autorität zu bewilligen:
„dabei handle es sich nicht um eine bloße Formalität, sondern um einen Akt der potestas regiminis,
der für die Gültigkeit der Akte der untergeordneten Autorätin notwendig sei und durch den auch Mo-
difikationen auferlegt werden könnten; der Akt bleibe aber Akt der untergeordneten Autorität, die ihn
erlassen habe und promulgiere[...].“260
Die untergeordnete Autorität, die Bischofskonferenz, behält also ihr Promulgations-
recht, auch wenn der Sachverhalt durch den Apostolischen Stuhl vorher überprüft wird.
Das Verb recognitio kommt in unterschiedlichen Bedeutungen 21-mal im CIC vor. Es
bedeutet allgemein „Überprüfung, Anerkennung“ und wird im Zusammenhang mit der
Überprüfung eines Beschlusses oder beschlossenen Textes auf seine Recht- oder
Zweckmäßigkeit genannt.261
Die wichtigste Form der Recognitio wird im Sinn eines
Überarbeitungsrechtes einer höheren Autorität gegenüber einer untergeordneten Größe
verwendet. In diesem Fall stellt es allerdings „lediglich eine vorherige oder nachträgli-
che Nichtbeanstandung dar, keine inhaltliche Identifizierung des Oberen (wie bei einer
Approbation)“262
. Wenn die Rechtmäßigkeit und Unbedenklichkeit des zu überprüfen-
den Sachverhalts durch den Apostolischen Stuhl festgestellt wurde, wird er rechtsgültig.
„Recognitio ist damit als rechtsbekräftigender Akt der exekutiven Vollmacht ein condi-
tio iuris für die Gültigkeit und kann auch an die Vorgabe inhaltlicher Änderungen ge-
bunden werden.“263
Trotzdem geht aus den vorher erläuterten Angaben hervor, dass der Handlungsspiel-
raum für die höhere Autorität bei einer approbatio höher wäre als bei einer recognitio.
Die Änderungen von Magnum Principium betreffen nun genau diese Zuständigkeit:
Der Bischofskonferenz kommen in c. 838 § 3 nach Magnum Principium aufgrund der
Zuweisung durch den Apostolischen Stuhl verschiedene Kompetenzen zu, wie das Er-
stellen landessprachlicher liturgischer Bücher und deren Genehmigung (approbatio).264
Des Weiteren werden die Begriffe der Überprüfung (recognoscere) und Bestätigung
(confirmatio) in § 3 CIC/1983 (nach MP) eingeführt. Wem dabei welche Zuständigkeit
zukommt wird im Leseschlüssel ausgeführt: Zur Bewertung der Aussagen in Magnum
Principium erschien am 09. September 2017 ein Leseschlüssel von Erzbischof Arthur
260
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/4. 261
Vgl. GÜTHOFF, ELMAR, Recognitio (in: HAERING / SCHMITZ [Hg.]), 827. 262
Ebd. 263
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 33. 264
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/7.
59
Roche, dem Sekretär der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenord-
nung.
Dort wird näher aufgeschlüsselt, was es mit der Wortänderung der recognitio und con-
firmatio auf sich hat. Zunächst zur Recognitio:
„Die Recognitio, erwähnt im § 2 des Kanon 838, beinhaltet den Prozess der Anerkennung berechtigter
liturgischer Anpassungen durch den Apostolischen Stuhl und schließt auch „tiefer greifende“ (Sacro-
sanctum Concilium 40) ein, welche die Bischofskonferenzen, in den zulässigen Grenzen, für ihr Ge-
biet festlegen und approbieren. In der Begegnung zwischen Liturgie und Kultur ist der Apostolische
Stuhl demnach gerufen, zum Recognoscere, das heißt, diese Anpassungen durchzusehen und zu be-
werten, um die substantielle Einheit des römischen Ritus zu wahren.“265
Die Recognitio des Apostolischen Stuhls beinhaltet also, die Anpassungen durchzuse-
hen und zu bewerten. Der eigentliche Genehmigungscharakter bleibt demnach bei der
Bischofskonferenz, während der Heilige Stuhl (nach der Neufassung ausdrücklich) le-
diglich die Überprüfung (recognitio) der Anpassungen vornimmt:266
„Vom Hl. Stuhl in
Auftrag gegebene alternative Übersetzungen ganzer Ritualien dürften somit der Ver-
gangenheit angehören“267
. Die Übersetzungen der editiones typicae der römischen Ritu-
alien erfolgen nicht mehr nur angemessen (convenienter), sondern seit der Neufassung
auch treu (fideliter), wobei die Treue nicht rein positivistisch verstanden wird.268
Künf-
tig sollen also diese Bischofsvereinigungen „auch innerhalb der in der ‚editio typica‘ der
liturgischen Bücher bestimmten Grenzen Anpassungen vornehmen können.“269
Die Fassung von 2017 nennt nun ausdrücklich die Kompetenz der Bischofskonferenz,
die zuvor überprüften Anpassungen zu approbieren. „Der Gesetzestext verwendet für
das Handeln des Hl. Stuhles (bewusst) das Verb ‚recognoscere‘, während das liturgische
Recht [...] das stärkere ‚approbare‘ benutzt, das § 2 (neu) nun wieder expressis verbis
der Bischofskonferenz zuweist.“270
Auf der einen Seite wird die Aufgabe der Bischofskonferenz einer getreuen und ange-
messenen Übersetzung hervorgehoben und zum anderen wird der Begriff der recognitio
in Rezeption auf Sacrosanctum Concilium Art. 34 § 3 durch confirmatio ersetzt.
265
ROCHE, ARTHUR ERZBISCHOF, Das Motu proprio „Magnum principium“. Ein Leseschlüssel, 2017,
http://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2017/09/09/0574/01279.html#tedcomm
(24.6.2018). 266
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/8. 267
Ebd. 268
Vgl. ebd. 269
AaO 838/3. 270
AaO 838/7.
60
Confirmare bedeutet „Bestätigung“ und wird im CIC in drei verschiedenen Weisen ein-
gesetzt: erstens zur Erlangung von Rechtskraft (Geltung), zweitens zur Weitergeltung
und drittens zur Bestätigung.271
Auch dieser Begriff wurde in der Codexrevisionsge-
schichte bereits für c. 838 § 3 vorgeschlagen, allerdings fiel die Entscheidung zugunsten
des Begriffs der recognitio.272
In dem Fall von c. 838 § 3 stellt confirmatio „als Akt des
rechtsgeschäftlichen Handelns eine rechtliche Bekräftigung einer vorangehenden
Rechtshandlung beziehungsweise Rechtstatsache dar.“273
Erzbischof Roche äußert sich ebenfalls zum Begriff der Confirmatio in seinem Lese-
schlüssel zu Magnum Principium:
„Die Confirmatio – eine Terminologie, die schon im Motu proprio Sacram liturgiam Nr. IX (25 Janu-
ar 1964) aufgenommen ist – bezieht sich hingegen auf die Übersetzung der liturgischen Texte, die auf
der Basis von Sacrosanctum Concilium (Nr. 36 § 4) von den zuständigen Bischofskonferenzen erstellt
und approbiert werden.“274
Das Recht der Bischofskonferenz ist gleichzeitig auch eine große Verantwortung für die
Übersetzungen der liturgischen Bücher. Demzufolge bleibt dem Apostolischen Stuhl die
confirmatio (Bestätigung) dieser von der Bischofskonferenz erstellten Übersetzungen:
„Die Confirmatio des Apostolischen Stuhls ist mithin nicht als weiterer Eingriff in den Übersetzungs-
vorgang mittels alternativer Übersetzungen anzusehen, sondern eher als autoritativer Akt, mit dem das
zuständige Dikasterium die Approbation der Bischöfe ratifiziert.275
Roche sieht demnach in der confirmatio keinen nachfolgenden aktiven „Eingriff in den
Übersetzungsvorgang mittels alternativer Übersetzungen“276 durch die Gottesdienstkon-
gregation, aber dennoch ein „positives Urteil über die Treue und Übereinstimmung der
Texte mit dem Original“277
.
In c. 838 § 3 ergibt sich noch eine weitere Änderung: In der neuen Fassung fällt auf,
dass diese nicht mehr allein von den landessprachlichen Ausgaben spricht, sondern auch
von den „liturgischen Büchern für die Regionen, für die sie zuständig sind“.278
Der Ge-
setzgeber spricht nun eigens, getrennt durch das atque (sowie), von der Herausgabe li-
turgischer Bücher für die zuständigen Konferenzgebiete: Dies eröffnet „die Möglich-
271
Vgl. KÖSTLER, RUDOLF (s. Anm. 247), 84. 272
Vgl. BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 34. 273
Ebd. 274
ROCHE, ARTHUR ERZBISCHOF (s. Anm. 265). 275
DERS. (s. Anm. 265). 276
DERS. (s. Anm. 265). 277
AaO. 278
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), c. 838 §3 (MP).
61
keit, dass die Bischofskonferenz für solche Feiern ein Rituale ediert, für die es keine
römische Vorlage gibt.“ 279
Die Gesetzesänderung eröffnet somit weitreichende Möglichkeiten im Hinblick auf die
Übersetzung liturgischer Bücher. Wie groß die Veränderungen tatsächlich sind, wurde
erst innerhalb der ersten Monate nach der Veröffentlichung von Magnum Principium
deutlich. Ein Grund dafür war auch eine Debatte, die kurz nach dem Erscheinen öffent-
lich in den Medien stattfand.
Medialer Meinungskonflikt 3.3.2.
Kurz nach der Veröffentlichung von Magnum Principium am 3. September 2017 erregte
ein öffentlich ausgetragener Meinungsstreit zwischen Papst Franziskus und Kardinal
Sarah Aufsehen. Kardinal Robert Sarah, Präfekt der Gottesdienstkongregation und da-
mit einer der ranghöchsten Mitarbeiter des Papstes, kommentierte in einem öffentlichen
Brief das Motu Proprio Magnum Principium.280
Papst Franziskus reagierte seinerseits –
ebenfalls ungewöhnlich – mit einem weiteren öffentlichen Brief worin er Kardinal Sa-
rah zurechtweist. Doch was sind die Gründe für diesen medialen Meinungskonflikt?
Im November 2014 ernannte Papst Franziskus den neuen Präfekten der Kongregation
für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung Robert Kardinal Sarah:
„Nomina del Prefetto della Congregazione per il Culto Divino e la Disciplina dei Sacramenti
In data 23 novembre 2014, il Santo Padre ha nominato Prefetto della Congregazione per il Culto
Divino e la Disciplina dei Sacramenti l’Em.mo Card. Robert Sarah, finora Presidente del Pontificio
Consiglio "Cor Unum".281
Franziskus wählte Sarah also selbst für eines der ranghöchsten Ämter aus. Kardinal Sa-
rah orientierte sich in den vergangenen Jahren sehr an Papst Benedikt XVI. Seine rest-
riktive Interpretation der Theologie Franziskus‘ spitzte sich inhaltlich soweit zu, dass es
zu einer öffentlichen Debatte kam. Am 30. September 2017 veröffentlichte Kardinal
Sarah einen „Demütige[n] Beitrag für ein besseres Verständnis des Motu Proprio Mag-
num Principium - Die ‚recognitio‘ der Anpassungen und die ‚confirmatio‘ der Überset-
279
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/8. 280
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 31. 281
PAPST FRANZISKUS, Rinunce e Nomine, 24.11.2014, 2014,
https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2014/11/24/0882/01897.html
(15.7.2018).
62
zungen im can. 838.“282
In diesem Schreiben hatte Sarah Magnum Principium so inter-
pretiert, als gäbe es so gut wie keine Veränderungen gegenüber Liturgiam authenticam
(2001).283
Seine Argumentation stützte er auf die beiden Begriffe der recognitio und
confirmatio, die er als Synonyme verstand: „Die confirmatio ist keineswegs eine abge-
schwächte oder verminderte Form der recognitio, die Rechtskraft der confirmatio ist die
gleiche wie diejenige der recognitio des alten can. 838 § 3.“284
Weiter folgert Sarah,
dass sich deshalb keine Änderung in der Zuständigkeit des Apostolischen Stuhls ergibt,
sondern alles beim Alten bleibt:
„Es ist daher klar, dass die Änderung im Text des can. 838 § 3 (recognitio wird durch confirmatio er-
setzt) in keiner Weise etwas an der Verantwortung des Heiligen Stuhls und damit seiner Zuständigkeit
für Übersetzungen liturgischer Texte ändert: Der Apostolische Stuhl muss prüfen, ob die von den Bi-
schofskonferenzen erstellten Übersetzungen „getreu“ („fideliter“) der editio typica in lateinischer
Sprache erarbeitet sind, um die Gemeinschaft in der Kirche, d.h. ihre Einheit, zu gewährleisten, zu si-
chern und zu fördern.285
Seine restriktive Interpretation der Neufassung von Magnum Principium lehnt somit
eine inhaltliche Unterscheidung der Begriffe recognitio – approbatio – confirmatio ab
und verwendet Liturgiam authenticam weiterhin als maßgebende Instruktion.286
Daraus
folgerte Sarah, es gäbe keine Erweiterung der Zuständigkeit der Bischofskonferenz und
demnach keine Neuordnung der bisherigen Praxis.
Papst Franziskus reagierte bereits am 15. Oktober 2017 mit einem ebenfalls öffentlichen
Schreiben.287
Dort widersprach er den Ausführungen des Präfekten und erteilte ihm eine
klare Absage, welches „übrigens eine neue Form der ‚authentischen Interpretation‘ ei-
nes Gesetzestextes durch den kirchlichen Gesetzgeber persönlich“288
ist. Der Papst äu-
ßerte zu Beginn des Briefes, dass die Begriffe recognitio und confirmatio nicht als Sy-
nonyme zu verstehen sind. Außerdem betont er, dass es „nicht mehr Aufgabe der Got-
tesdienstkongregation sei, Wort für Wort die getreue Übersetzung zu prüfen“ 289
. Grund
dafür sei die Gesetzesänderung, da die Überprüfung bereits auf Ebene der Bischofskon-
282
SARAH, ROBERT KARDINAL, Demütiger Beitrag für ein besseres Verständnis des Motu Proprio Mag-
num Principium. Die 'recognitio' der Anpassungen und die 'confirmatio' der Übersetzungen im can. 838.,
2017, kath.net/news/61332 (24.6.2018). 283
Vgl. aaO Nr. 1. 284
AaO Nr. 7. 285
AaO Nr. 6. 286
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/5. 287
Vgl. PAPST FRANZISKUS, La lettera del Papa al cardinale Sarah. La Nuova Bussola Quotidiana, 2017.,
http://lanuovabq.it/it/la-lettera-del-papa-al-cardinale-sarah (16.4.2018.). 288
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/5. 289
Vgl. BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 34.
63
ferenz durchgeführt werde. Künftig solle die Kongregation „in spirito di dialogo“290
mit
der Bischofskonferenz zusammenarbeiten und nur bei sichtbaren Zweifeln an der Über-
setzung im Dialog miteinander eine Lösung suchen.291
So ungewöhnlich dieser öffentlich ausgetragene Konflikt auf höchster Ebene erscheint –
er zeigt die immense Relevanz der Thematik der Übersetzung und Herausgabe liturgi-
scher Bücher.
Zwischenfazit 3.3.3.
Papst Franziskus änderte mit dem Motu Proprio Magnum Principium vom September
2017 die Gesetzeskraft des c. 838 §§2 und 3. In Anlehnung an die Konzilsdokumente
und die nachkonziliare Instruktion Comme le prévoit verdeutlicht er die Kompetenz der
Bischofskonferenz. Dabei klärt er die Zuständigkeit des Apostolischen Stuhl und der
Bischofskonferenz und hebt deren wechselseitige Verwiesenheit hervor.
Ein eigens vom Sekretär der Gottesdienstkongregation, Kardinal Arthur Roche,
veröffentlichter Leseschlüssel zum Motu Proprio Magnum Principium erklärt die Be-
deutung der Änderungen:
„Durch die Änderung des Begriffs "recognitio" in "confirmatio" in c. 838 § 3 neuer Fassung und dem
Wegfall des Begriffs der "recognitio" bezüglich der muttersprachlichen Übersetzungen in c. 838 § 2
neuer Fassung wird [...] die Approbation der Bischofskonferenz ratifiziert.“292
Wie weitreichend diese zunächst klein erscheinende Begriffsänderung ist, zeigt sich in
den Formulierungen von Papst Franziskus in Magnum Principium. Dort werden immer
wieder die Einheit des römischen Ritus und damit der Verweis auf die lateinische Spra-
che hervorgehoben. Die Einheit des römischen Ritus gilt es auch weiterhin zu wahren,
allerdings erfordert das Recht der Gläubigen auf tätige Teilnahme, participatio actuosa,
Anpassungen in der Übersetzung.293
Damit wird die Grundaussage von Liturgiam au-
thenticam, die eine wortwörtliche und syntaktisch gleiche Übersetzung, ungeachtet der
kulturellen Eigenheiten einer Landessprache fordert, überholt. Gleichzeitig bietet dieser
Punkt eine immense Entlastung für die Gottesdienstkongregation, die mehrere hundert
Sprachen bzw. deren liturgische Übersetzungen zu kontrollieren hatte.
290
PAPST FRANZISKUS, La lettera del Papa al cardinale Sarah. (s. Anm. 287). 291
Vgl. BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 34. 292
AaO 34. 293
Vgl. ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/4.
64
Somit blieben mit der neuen Fassung von c. 838 die Übersetzungsprinzipien aus Litur-
giam authenticam prinzipiell in Kraft. Allerdings müssen sich die Bischöfe künftig un-
tereinander darüber verständigen „in welcher Weise Texttreue und Verständlichkeit
zugleich realisiert werden können.“294
Die Spannung, welche sich aus diesen beiden
Komponenten ergibt, kann Franziskus nicht auflösen, sondern legt sie bewusst in die
Verantwortung der einzelnen Bischofskonferenzen. Die Zusammenarbeit zwischen der
Gottesdienstkongregation und den Bischofskonferenzen soll in Zukunft konstruktiv und
im Dialog geschehen, ohne, dass Rom eine Korrektur der Übersetzung vornimmt. Die
Bischofskonferenzen werden letztlich in ihrer Verantwortung und Kompetenz einer
theologischen sowie volkszugewandten Übersetzung bestärkt.
Franziskus fordert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Apostolischen
Stuhl und den Bischofskonferenzen und verankert die jeweilige Zuständigkeit „insbe-
sondere mit Bezug auf SC Art. 36 §§ 3-4, 40 und 63 deutlicher in der Rechtsord-
nung“295
.
Nach Aussage des Motu Proprio Magnum Principium wird die Kongregation für den
Gottesdienst und die Sakramentenordnung aufgefordert, ihr Regolamento entsprechend
der neuen Disziplin umzuändern und die Bischofskonferenz in der Erfüllung ihrer Auf-
gabe zu unterstützen.296
Die Gesetzesänderung hebt auch Art. 64 § 3 der Apostolischen
Konstitution Pastor bonus auf, da sich sonst eine unlösbare Spannung ergeben würde.
Nach der neuen Rechtslage sind deshalb auch besonders die Dokumente wie Liturgiam
authenticam zu interpretieren, die Aussagen zu den liturgischen Büchern betreffen. In
seinem Brief vom 15. Oktober unterstreicht der Papst, „dass die Artikel 79-84 von ‚Li-
turgiam authenticam‘ nun im neuen Licht zu lesen seien und weist darauf hin, dass eini-
ge Nummern von ‘Liturgiam authenticam‘ nun auch abrogiert seien oder in diesen
Nummern Begriffe im Sinne des Motu Proprio Magnum Principium zu ersetzen sei-
en.“297
294
HAUNERLAND, WINFRIED, Eine doppelte Korrektur. Zum Motu proprio Magnum Principium von Papst
Franziskus (s. Anm. 223), 169. 295
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 33. 296
Vgl. PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principi-
um" von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), 3. 297
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 34.
65
Dem Gesamtziel der Kongregation „sich der Förderung des liturgischen Lebens der
Lateinischen Kirche täglich immer mehr zu widmen“298
ist Papst Franziskus mit der
Gesetzesänderung von 2017 ein ganzes Stück näher gekommen.
Gemäß dem Grundsatz des Zweiten Vatikanischen Konzils soll das liturgische Beten
dem Auffassungsvermögen des Volkes angepasst werden. Deshalb ist es nötig, die Lan-
dessprache in die Liturgie einzuführen und den Bischöfen die Aufgabe anzuvertrauen,
Übersetzungen der liturgischen Bücher zu besorgen und zu approbieren.299
Franziskus
betont, dass die Übersetzung nicht immer nach der wortwörtlichen Gestaltung zu beur-
teilen sei, sondern in gleicher Weise nach Zusammenhang und Aussageinhalt: „Vor
diesem Hintergrund sind nun auch die in der Vergangenheit mitunter restriktiv interpre-
tierten Vorgaben der Instr. Liturgiam authenticam zu verstehen.“300
Doch wie genau können liturgische Texte auf die Verständlichkeit der Gläubigen ange-
passt werden? Ein liturgisches Gebet kann beim ersten Hören wohl kaum vollständig
begriffen werden. Doch für Orationen gilt das gleiche wie für poetische Texte: „Sie sa-
gen mehr aus, als sie sagen können, wenn man nur die Wörter und Sätze hört“301
. Ver-
stehen erfolgt deshalb immer auf unterschiedlichen Ebenen.
Im folgenden Kapitel werden Kriterien für liturgische Übersetzungen skizziert, die für
die Übersetzung der liturgischen Bücher, gemäß c. 838, für die Bischofskonferenzen
Geltung haben könnten.
298
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), 3. 299
Vgl. BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 33. 300
ALTHAUS, RÜDIGER (s. Anm. 63), 838/5. 301
BRÜSKE, GUNDA (s. Anm. 229), 46.
66
3.4. Chancen und Herausforderungen einer deutschsprachigen Über-
setzung
Eine der Fragen, die es zu beantworten gilt, um eine Übersetzung herzustellen, lautet:
„Wie könnte liturgische Sprache heute aussehen, um sowohl der Tradition der Kirche
als auch dem Empfinden der Gottesdienstgemeinden zu entsprechen?“302
Daran an-
schließend könnte man fragen: Kann sich die Kirche eine Liturgie leisten, die nicht
mehr der lateinischen Sprache folgt?303
Papst Franziskus spricht in Magnum Principium
die Spannung zwischen der Bewahrung der römischen Tradition und der volkssprachli-
chen Übersetzung an. Betrachtet man liturgische Übersetzungen, ist dies unweigerlich
mit der Frage nach der Verständlichkeit verknüpft. Wie kann eine Übersetzung für das
Volk verständlich sein, obwohl es um das „göttliche Geheimnis“304
geht, welches kaum
in Worte zu fassen ist?
„Zunächst muss man eine gewisse Fremdheit gegenüber der Liturgie und ihrer Sprache eingeste-
hen“305
. Liturgiesprache ist und bleibt eine Sondersprache, deren Liturgiefähigkeit erst erworben wer-
den kann und muss. Nimmt man diesen Grundsatz an, dann ist weiter zu fragen, welche Verständlich-
keitskriterien sich ergeben.“
Die Verständlichkeit liturgischer Texte ist so zentral, dass damit alles steht und fällt.
Funktioniert das Verstehen nicht, so kann keine lebendige Liturgie gefeiert werden.
Deshalb bedarf es bezüglich der Kommunikationssituation in der Liturgie besondere
Beachtung. Die Wortwahl ist entscheidend, da die feiernde Gemeinde nur eine Chance
hat, nämlich beim einmaligen Hören, den Sinn des Gesprochenen zu verstehen. Darum
gilt es jeden Ausdruck zu vermeiden, der beim ersten Hören mehrdeutig verstanden
werden kann, oder dessen Sinn der Hörer nicht versteht.306
Daraus ergibt sich eine wei-
tere Aufgabe an die Übersetzung: Der Satzbau, die Syntax, muss grundsätzlich der Ver-
ständlichkeit dienen. „Die unterschiedlichen syntaktischen Strukturen der lateinischen
und der deutschen Sprache erlauben es nicht, immer in der Übersetzung die Struktur des
lateinischen Satzes zu bewahren.“307
Im Lateinischen lässt sich durch die Bildung syn-
taktisch komplexerer Strukturen ein Satz in großer Länge herstellen. Im Deutschen ist
302
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 32. 303
Vgl. ebd. 304
PAPST FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben in Form eines "Motu proprio" "Magnum Principium"
von Papst Franziskus. (s. Anm. 226), 1. 305
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 32. 306
Vgl. NAGEL, EDUARD, Ein Schritt zurück nach vorn. Ein Vorschlag für Regeln zur Übersetzung li-
turigscher Bücher (in: S. BÖNTERT [Hg.], Gemeinschaft im Danken. Grundfragen der Eucharistiefeier im
ökumenischen Gespräch [Studien zur Pastoralliturgie v.40], 12015, 188–201), 193.
307 DERS. (s. Anm. 306), 195.
67
es möglich, diese Strukturen ziemlich exakt nachzubauen, allerdings leiden bei allzu
großen Relativsätzen und Einschüben der Inhalt und das Verständnis.
Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es nicht möglich, näher auf Kriterien
einer volkssprachlichen Übersetzung einzugehen,308
dennoch soll der Blick vom Geset-
zestext des c. 838 noch einmal in die Praxis gelenkt werden, mögliche Herausforderun-
gen anzureißen:
Ein Beispiel zur Verdeutlichung dafür ist „Deus qui...“, welches grammatikalisch im
Deutschen zwar genau mit „Gott, der du...“ wiedergegeben werden kann309
, allerdings
ist diese Formel ungebräuchlich und wird nur verwendet, wenn die Aussage des Neben-
satzes hervorgehoben werden soll. Dies fällt zu Lasten des Hauptsatzes, der durch die
deutsche Übersetzung eher nebensächlich erscheint. Ein weiterer Grund wäre, dass der
„eingeschobene Nebensatz das Prädikat sehr weit vom Subjekt weg[rückt], was das
Verständnis des Hörens erheblich erschwert. Außerdem fällt die Betonung automatisch
auf die zweite Silbe, so dass ‚Gott‘ lediglich als Auftaktsilbe empfunden wird.“310
Die-
ses Beispiel zeigt die Problematik der Anforderungen aus Liturgiam authenticam auf,
welches eine exakte fideliter et accurate Übersetzung des lateinischen Textes forderte.
So groß der Nova-Effekt durch das Zweite Vatikanische Konzil und die Einführung der
Volkssprache war, so groß waren auch die Anforderungen an eine permanente Aufgabe
der Übersetzung. Diesem hohen Anspruch, das liturgische Feiern verständlich und
leicht zu gestalten, ist nicht immer zur Genüge gerecht geworden. In der erlebbaren
Praxis zeigen sich „immer wieder auch die erheblichen Defizite im Verständnis gottes-
dienstlicher Feiern und liturgischen Bildung.“311
Liturgiewissenschaftler appellieren
daher an eine Einführung liturgischer Katechese, verbunden mit einer künftigen Einfüh-
rung des deutschsprachigen Messbuchs.312
Eine weitere Frage, die sich stellt, betrifft die Aufgabe eines Übersetzers oder einer
Übersetzungskommission: Soll der Text so zu den Adressaten über-setzt (trans-ferre,
308
Die unterschiedlichen Positionen und Kriterien lassen sich in der Literatur finden. Vgl. die Beiträge in
KRANEMANN, BENEDIKT/ WAHLE, STEPHAN/ STOCK, ALEX [Hg.]"...Ohren der Barmherzigkeit" und die
verschiedenen Aufsätze im Sammelband WAHLE, STEPHAN u.a. [Hg.]: Römische Messe: STOCK, ALEX:
Orationen übersetzen, 419-427; HAUNERLAND, WINFRIED: Ein Plädoyer angesichts der Überlegungen
von Alex Stock, 428-434; PACIK, RUDOLF: Liturgie in heutiger Sprache, 435-441;. LANG, UWE. MICHA-
EL: Fremdheit und Vertrautheit der Liturgiesprache, 442-448; STUFLESSER, MARTIN:"What if we just...?",
449-485. 309
Vgl. Fußnote 28 in NAGEL, EDUARD (s. Anm. 306), 195. 310
Vgl. Fußnote 28 in aaO 195. 311
THÖNNES, DIETMAR, Das Wort zwischen Anspruch und Realität. Gedanken zur Qualität liturgischer
Sprache (in: BÖNTERT [Hg.], 178–187), 187. 312
Vgl. DERS. (s. Anm. 311), 187.
68
tra-ducere) werden, dass diese ihn sofort ganz verstehen und begreifen können? „Oder
muss nicht der Reichtum des Originals auch in der Übersetzung so vorhanden sein, dass
ein guter Text herauskommt, mit der ganzen Komplexität und Subtilität des Originals,
vor allem mit dem ganzen Reichtum der intertextuellen Bezüge?“313
Der Reichtum von liturgischen Texten und Messorationen gleiche Poesie.314
Die kom-
plexe Bedeutung und Ausdrucksweise des schier unbeschreiblich göttlichen Mysteriums
kann nicht in einer reinen Alltagssprache gezeigt werden. Wie genau die Volkssprache
jedoch genutzt werden kann, wird seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil diskutiert.
Liturgiam authenticam spricht sich deutlich für eine eigene sakrale Sprache aus: „Ja,
offensichtlich fördert das Befolgen der in dieser Instruktion dargelegten Grundsätze in
jeder Volkssprache die allmähliche Entwicklung eines sakralen Stils, der auch als spezi-
ell liturgische Redeweise anerkannt wird.“315
Damit hat die Instruktion Liturgiam au-
thenticam grundsätzlich Recht, denn wie notwendig eine Sakralsprache in der Liturgie
ist, zeigt sich bei Wörtern, die eben nicht im alltäglichen Gebrauch vorkommen. Dazu
zählen z. B. Wörter wie „Gnade", „Barmherzigkeit" sowie „Gottes Majestät". „Andere
Wörter haben im christlichen Gebrauch eine Bedeutung die über das hinausgeht, was im
Alltag darunter verstanden wird, oder weisen in eine andere Richtung, z. B.: ‚Heil‘,
‚Friede‘, ‚Gerechtigkeit‘, ‚König‘, ‚Sünde‘, ‚Buße‘, ‚Fasten‘.“316
Sie kommen also im
deutschen, alltäglichen Sprachgebrauch vor, fügen aber noch eine religiöse Komponente
hinzu. Daher ist es notwendig, einen Weg für die Nutzung sakraler Sprache zu verfol-
gen und sie nicht ganz auf die Alltagssprache zu reduzieren. Die Sakralsprache formt
sich einerseits aus der Bibel und andererseits aus der Tradition und definiert sich außer-
dem durch eine doxologische Struktur.317
Lobpreis und Anbetung gegenüber Gott sollen
in ihr ausgedrückt werden. Darum sind „bestimmte Wörter unverzichtbar, die der All-
tagssprache fremd sind oder deren Bedeutung in der Alltagssprache ambivalent ist.“318
Eine Anforderung an den liturgischen Text besteht also in der Etablierung einer Sakral-
sprache.
Des Weiteren ist die Herausforderung der liturgischen Übersetzung zu nennen, die „so-
wohl die Verbindung zur Quellsprache sichtbar“ macht, „als auch den Anforderungen
313
BÖHLER, DIETER S. J. (s. Anm. 163), 214. 314
BRÜSKE, GUNDA (s. Anm. 229), 46. 315
KONGREGATION FÜR DEN GOTTESDIENST UND DIE SAKRAMENTENORDNUNG (s. Anm. 167), Nr. 27. 316
NAGEL, EDUARD (s. Anm. 306), 193. 317
Vgl. ebd. 318
Ebd.
69
der Zielsprache“319
Genüge tut. Letztlich entzünden sich die „Kontroversen der vergan-
genen fünf Jahrzehnte [...] primär an der Frage, wie weit sich die muttersprachliche Li-
turgien vom Original freispielen dürfen.“320
Die Diskurse um die getreue und genaue Übersetzung in Liturgiam authenticam und
dem nachfolgenden Motu Proprio Magnum Principium widmen sich genau diesem
Kernproblem. Die liturgischen Bücher werden alle 25-30 Jahre an die sprachlichen Ver-
änderungen der Zeit angepasst, dies beinhaltet jedoch nicht zwingend eine grundlegende
Reform. Die Sprachentwicklung wird als besonderer Schwerpunkt gesehen, denn „Li-
turgie soll nicht „durch eine verquere Sprachgestalt den Zugang zur Feier des Christus-
geheimnisses verstellen.“321
Liturgie soll in der Tat auch in ihrer textlichen Gestalt den
Glauben der Kirche bezeugen. Dies muss sie aber in einer Art tun, in der es der Ge-
meinde möglich ist, sich die Worte und Gedanken der Kirche zu ihren eigenen zu ma-
chen.322
Dass es bei jeder Übertragung eines Textes von einer Sprache in eine andere
Schwierigkeiten gibt, ist vorhersehbar. Allerdings gelten die Übersetzungsprobleme
umso mehr für die klassischen Messorationen, welche eine hohe rhetorische Dichte und
Schönheit aufweisen.323
Dabei ist es äußerst schwierig, dem Original auch nur annä-
hernd gerecht zu werden. Grundsätzlich gilt es, mutig in diese Richtung weiterzudenken
und sich der Aufgabe der Weiterentwicklung zu stellen:
„Texttreue, Verständlichkeit und sprachliche Qualität dürfen nicht geringer werden, sondern müssen
verstärkt werden. Wir brauchen nicht einfach neue oder andere Texte, sondern - wo es notwendig und
möglich ist - bessere Texte. In diesem Sinn ist unsere Aufgabe die Weiterentwicklung der deutschen
Liturgiesprache im Allgemeinen und des Deutschen Messbuches im Besonderen."324
Die Herausforderungen an eine Übersetzung der liturgischen Texte vom Lateinischen
ins Deutsche, sowie in andere Sprachen, werden auch in Zukunft bleiben. Hier bleibt es
eine permanente Aufgabe für Liturgiewissenschaftler, Philologen, Dogmatiker und Ka-
nonisten, die Balance zwischen Tradition und Moderne immer wieder aufs Neue zu
untersuchen und sich mit ihrer je eigenen wissenschaftlichen Perspektive am Diskurs zu
beteiligen.
319
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 31. 320
Ebd. 321
KRANEMANN, BENEDIKT, Mangelnde Sensibilität. Das neue liturgische Buch für die kirchliche Be-
gräbnisfeier. (s. Anm. 1), 186. 322
Vgl. HAUNERLAND, WINFRIED, Bessere Texte! (s. Anm. 3), 433f. 323
Vgl. LANG, UWE MICHAEL (s. Anm. 49), 446. 324
MEISNER, JOACHIM KARDINAL, Der Auftrag: Übersetzung und Revision. Statement bei der Auftakt-
veranstaltung der Kommission Ecclesia celebrans zur Revision des Deutschen Messbuchs in Bensberg am
30. März 2005. (Gottesdienst 39. Jahr, 2005, 89–92), 92.
70
4. Resümee
Die Frage nach der Art und Weise der Gestaltung liturgischer Übersetzungen in die
Volkssprache wird in der aktuellen theologischen Debatte auf höchster Ebene diskutiert.
Letztlich geht es um die Frage nach der Macht: Wer hat das letzte Wort über die liturgi-
schen Texte und ihre volkssprachlichen Übersetzungen?325
„Nun ist die Übersetzung
von Büchern für den Gottesdienst keine Quisquilie. Die Frage zielt vielmehr ins Zent-
rum der Liturgiereform des Konzils.“326
Und genau an dieser Stelle setzten die Ausfüh-
rungen der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit an.
Zunächst wurde auf die Einführung der Volkssprache der Liturgie im Zweiten Vatikani-
schen Konzil eingegangen. Der Rezeption dieser konziliaren Vorgaben wurde sich über
die Rechtsbedeutung dreier ausgewählter kirchlichen Verlautbarungen genähert. An-
hand dieser Beispiele, in denen die Volkssprache besonders erwähnt wird, der Liturgie-
konstitution Sacrosanctum Concilium (1963), dem Motu Proprio Sacram liturgiam
(1964) und der Übersetzerinstruktion Comme le prévoit (1969) konnte aufgezeigt wer-
den, wie sich das Novum der Einführung der Liturgiesprache zur Konzilszeit ausprägte.
Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium wurde 1963 als erstes Dokument des
Zweiten Vatikanischen Konzils veröffentlicht. Das zentrale Prinzip der Konstitution
war das der participatio actuosa, der aktiven Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst.
Prinzipiell wollten die Konzilsväter die lateinische Sprache in der Liturgie erhalten,
führten aber dennoch eine Öffnung für die Volkssprache in manchen Teilen ein (vgl. SC
Art. 36).327
Anschließend an die Liturgiekonstitution lässt sich eine Veränderung der konziliaren
Aussagen feststellen. Es wurde herausgearbeitet, dass in Sacrosanctum Concilium in
Art. 36 § 4 der Bischofskonferenz noch eine wichtige Rolle bei der volkssprachlichen
Übersetzung zukam, allerdings änderte sich dies schon ein Jahr später in Sacram litur-
giam. Die zunächst der Bischofskonferenz zugesprochene Autorität wurde so einge-
schränkt, dass die liturgischen Bücher durch den Apostolischen Stuhl korrigiert und erst
anschließend veröffentlicht wurden.
Im Jahr 1969 folgte die Übersetzerinstruktion Comme le prévoit, welche jedoch wieder
in Richtung des Zweiten Vatikanischen Konzils argumentierte. Inhaltlich wurde dort die
Umsetzung der Liturgiereform näher ausgeführt sowie der Volkssprache in der Überset-
325
Vgl. BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 31. 326
Ebd. 327
Ebd.
71
zung größere Eigenständigkeit zugestanden. „Nicht die Nähe zum lateinischen Original,
sondern die Übertragung der im ursprünglichen Text formulierten Botschaft in die Lan-
dessprache sollte ausschlaggebend sein.“328
Comme le prévoit gestand eine erstaunliche
Freiheit bei der Übersetzung liturgischer Texte zu.329
Bemerkenswert ist außerdem, dass
die Instruktion auf Französisch veröffentlicht wurde, was schon zeigt, dass Latein als
Sprache kirchlicher Verlautbarungen nicht mehr die einzige Option darstellte.
Da die Liturgiereform ebenfalls in kanonistischer Hinsicht umgesetzt wurde, folgte eine
nähere Untersuchung der rechtlichen Zuständigkeit des c. 838 CIC/1983 in seinen vier
Paragraphen. Geordnet sind sie hierarchisch nach den zuständigen Autoritäten des
Apostolischen Stuhls (c. 838 § 2), der Bischofskonferenz (c. 838 § 3) und des Diöze-
sanbischofs (c. 838 § 3). Der Zuständigkeitsbereich des Apostolischen Stuhls umfasste
die Ordnung der heiligen Liturgie, sowie die Herausgabe der lateinischen liturgischen
Bücher. Außerdem kam ihm die recoginitio der volkssprachlichen Varianten der liturgi-
schen Bücher zu und die Aufsicht über die liturgische Ordnung im Ganzen. Die Bi-
schofskonferenz erhielt in c. 838 § 3 ihr Recht zur Vorbereitung und Herausgabe der
liturgischen Übersetzungen, allerdings erfolgte die Approbation erst nach vorheriger
Überprüfung des Heiligen Stuhls. C. 838 § 4 verlieh dem Diözesanbischof die Kompe-
tenz innerhalb seines Zuständigkeitsbereiches, Normen im liturgischen Bereich zu erlas-
sen.
Im Anschluss daran folgte eine ausführliche Betrachtung der Instruktion Liturgiam au-
thenticam (2001). Die sehr traditionellen Aussagen der Instruktion stützen sich auf den
Grundsatz der wortwörtlich getreuen und genauen Übersetzung (fideliter et accurate).
Nicht verwunderlich waren daher die ersten kritisch ausgefallenen Reaktionen nach der
Veröffentlichung der Instruktion. Ein Vergleich zwischen Liturgiam authenticam und
Comme le prévoit stellte heraus, dass es starke Zentralisations- und Rückwärtstendenzen
mit der Instruktion von 2001 gab. Außerdem wurde dem Apostolischen Stuhl für die
Übersetzung liturgischer Texte eine noch größere Zuständigkeit eingeräumt.
Darauf folgend wurde die Gesetzesänderung des c. 838 §§ 2 und 3 durch das Motu
Proprio Magnum Principium (2017) analysiert. Papst Franziskus stellt die Kompetenz
der Bischofskonferenz wieder stärker heraus und nimmt dadurch einen Rückgriff auf
die nachkonziliare Übersetzerinstruktion Comme le prévoit vor. Die Änderungen der
beiden Begriffe recognitio und confirmatio wurden an dieser Stelle genauer gegenüber-
328
AaO 31. 329
Vgl. HAUNERLAND, WINFRIED, Liturgie und Kirche (s. Anm. 194), 183f.
72
gestellt. Die Veränderungen des Motu Proprios reichen sehr weit: Der Papst unter-
streicht die Wichtigkeit der angepassten Volkssprache für die participatio actuosa der
Gläubigen. Liturgiam authenticam wird damit in seiner Grundaussage, nämlich der
wörtlichen Übersetzung, überholt. „Liturgiam authenticam muss – darauf macht der
Papst aufmerksam – nun im Licht des Motu proprio Magnum principium und des neuen
c. 838 gelesen werden.“330
Der Frage nach möglichen Gestaltungshinweisen für eine deutschsprachige Übersetzung
wurde im anschließenden Kapitel nachgegangen. Hierfür wurde ein Perspektivenwech-
sel vom Gesetzestext, der sich auf Grundsätzliches bezieht, hin zu konkreten Praxisbei-
spielen vorgenommen. Als Essenz daraus lässt sich festhalten, dass die Herausforderun-
gen für eine deutschsprachige Übersetzung liturgischer Texte immens sind, dennoch
bilden sie auch die Chance in Verbindung mit Katechese ein erneuertes Verständnis der
Liturgie den Gläubigen näherzubringen.
Diese Chance ermöglichte Papst Franziskus, indem er die Änderung der Zuständigkeit
in c. 838 /1983 (MP) durchführte. Da die liturgischen Bücher jeweils nach einer Gene-
ration (ca. 25 Jahre) erneuert und an den sich weiterentwickelten Sprachgebrauch ange-
passt werden müssen, stellt sich die Frage nach der Übersetzung seit dem Zweiten Vati-
kanischen Konzil ständig. Eine aktuelle Brisanz des Themas entwickelte sich jedoch aus
der Diskussion um die gestufte Zuständigkeit in c. 838 durch die Gesetzesänderung
Magnum Principium 2017. Papst Franziskus legte sowohl die Verantwortung für die
Texttreue gegenüber des lateinischen Ursprungstextes, als auch für die Verständlichkeit
der volkssprachlichen Übersetzung wieder stärker in die Hand der Bischofskonferenzen.
Nun ist es die Aufgabe der Bischofskonferenzen herauszuarbeiten, wie die geforderte
Verständlichkeit und Texttreue umgesetzt werden können. Beide Richtlinien sind je-
doch auf das konziliare Prinzip der participatio actuosa auszurichten, damit die Ge-
meinde die liturgischen Texte verstehen kann. Diese Aufgabe bleibt auch nach Magnum
Principium bestehen und ermöglicht es den Bischofskonferenzen, wieder freier und
eigenständiger zu arbeiten.
Um noch einmal auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen: Kann die Gesetzes-
änderung des c. 838 helfen, die Herausforderungen der volkssprachlichen Übersetzung
zu lösen?
330
DERS., Eine doppelte Korrektur. Zum Motu proprio Magnum Principium von Papst Franziskus
(s. Anm. 223), 171.
73
Die Perspektive der Kompetenzverlagerung durch Magnum Principium bringt für die
Beantwortung dieser Frage entscheidend weiter. Papst Franziskus hat eine derart große
Veränderung in den Zuständigkeiten vorgenommen, dass die Übersetzungsschwierig-
keiten die sich aus der Kontrolle und Korrektur des Apostolischen Stuhls ergaben, künf-
tig ausgeblendet sein sollten.
Die Veränderungen des c. 838 aus dem Jahr 2017 folgen dem großen Prinzip (magnum
principium) der Selbstbestimmung über die liturgischen Texte, die den Bischöfen im
Konzil ursprünglich zugesprochen worden war.331
Leitend für die Gesetzesänderung durch Papst Franziskus ist das Prinzip der Subsidiari-
tät: Jeder Ebene der kirchlichen Hierarchie werden eigene Zuständigkeiten zugeordnet.
Indem Franziskus die Kompetenz der Bischofskonferenz wieder auf ebendiese zurück-
führt, wendet er eine Dezentralisierung an. Für die Zukunft fordert Franziskus eine kon-
struktive Zusammenarbeit zwischen dem Apostolischen Stuhl und den Bischofskonfe-
renzen vor Ort. Durch den expliziten Hinweis, dass die Kongregation künftig die Bi-
schofskonferenz zu unterstützen hat, unterstreicht der Papst sein Kirchenverständnis
einer dezentralisierten Kirche. Die Gesetzesänderung steht also in engem Zusammen-
hang mit dem Pontifikat Franziskus‘. In enger Linie zu seinen Aussagen der heilsamen
Dezentralisierung in Evangelii Gaudium lässt sich eine Brücke zu Magnum Principium
schlagen:
„Es ist nicht angebracht, dass der Papst die örtlichen Bischöfe in der Bewertung aller Problemkreise
ersetzt, die in ihren Gebieten auftauchen. In diesem Sinn spüre ich die Notwendigkeit, in einer heilsa-
men ‚Dezentralisierung‘ voranzuschreiten."332
331
BIERINGER, ANDREAS / MECKEL, THOMAS (s. Anm. 246), 34. 332
PAPST FRANZISKUS, Die frohe Botschaft Jesu. Aufbruch zu einer neuen Kirche - Das apostolische
Schreiben "Evangelii Gaudium - Freude am Evangelium" von Papst Franziskus, 2014, Nr. 16.
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STEPHAN/ SCHMITZ, HERIBERT, Freiburg im Breisgau 2004 [= Lexikon für Theologie
und Kirche kompakt].
WÄCHTER, LOTHAR, Motu Proprio, in: Lexikon für Theologie und Kirche. Kirchenge-
schichte bis Maximianus, hg. v. KASPER, WALTER/ BAUMGARTNER, KONRAD/ BÜRK-
LE, HORST/ GANZER, KLAUS U.A., Freiburg im Breisgau 2006.
WETTER, FRIEDRICH KARDINAL, Liturgiereform als Kirchenreform. Wo steht die Litur-
gie 45 Jahre nach dem Konzil?, in: Die Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen
Konzils. Eine Relecture nach 50 Jahren, hg. v. STUFLESSER, MARTIN, v.7, s.l. 2014
[= Theologie der Liturgie], S. 17–30.
6. Erklärung
gemäß § 17 Abs. 9 und § 20 Abss. 3 und 5
der Prüfungsordnung
für den Studiengang Katholische Theologie (Magister/Magistra Theologiae)
an der Katholisch-Theologischen Fakultät
der Johannes Gutenberg -Universität Mainz.
Hiermit erkläre ich, Julia Rettinghaus (Matr.-Nr.: 2704226), dass ich die vorliegende
Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen oder
Hilfsmittel (einschließlich elektronischer Medien und Online-Quellen) benutzt habe.
Mir ist bewusst, dass ein Täuschungsversuch oder ein Ordnungsverstoß vorliegt, wenn
sich diese Erklärung als unwahr erweist. § 20 Absatz 3 und 5 gelten in diesem Fall ent-
sprechend.
Mainz, 30.August 2018 Julia Rettinghaus