31
Katrin Hegewald & Anna Schmitt 1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

Katrin Hegewald & Anna Schmitt 1

Spezifische kognitive Fähigkeiten

Page 2: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

2

Gliederung

1. Forschergruppe

2. Netherlands Twin Register (NTR) → Stichprobe

3. Intelligenztest - RAKIT

4. Studien:

4.1 Die Einflüsse von Anlage und Umwelt auf die Intelligenzentwicklung

→ Fazit

4.2 Eine Zwillingsstudie zur Differenzierung kognitiver Fähigkeiten in der Kindheit

→ Fazit

5. Literaturangabe

Page 3: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

3

1. Forschergruppe

M. Bartels; G. C. M. Van Baal; D. I. Boomsma; M. J. H. Rietveld; C. V. Dolan

Arbeitsbereiche:

- Verhaltensgenetik

- Quantitative Genetik

- Physiologische Psychologie

- Zwillingsforschung

Page 4: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

4

2. Niederländisches Zwillingsregister

Page 5: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

5

209 Zwillingspaare des Niederländischen Zwillingsregisters, davon: 47 MZ ♀ und 37 DZ ♀ 42 MZ ♂ und 44 DZ ♂ sowie 39 DZ ♀+♂ (= verschiedenen Geschlechts)

durchschnittliches Alter: 1. Messung: 5,3 Jahre, 2. Messung: 6,8 Jahre, 3. Messung: 10 Jahre, (4. Messung: 12 Jahre)

Intelligenztest mit allen 209 Zwillingspaaren im Alter von 5 Jahren

im Laufe der Zeit "dropout“ → hinterbliebene Stichprobe von 176 Zwillingspaaren mit einem kompletten Datensatz zu allen 4 Messzeitpunkten (über 90%)

→ Stichprobe

Page 6: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

6

Intelligenztest

Gekürzte Version des Revised Amsterdam Children Intelligence Test

Exclusion Gemessen wird das Verständnis von Figurenkategorien

Discs

Ein Maß zum räumlichen Vorstellungsvermögen

Hidden Figures

Dieser Test erfordert visuelle Analyse, Bildgedächtnis und die Fähigkeit, irrelevante Stimuli zu ignorieren.

Page 7: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

7

Hidden Figures Dieser Test erfordert visuelle Analyse, Bildgedächtnis und die Fähigkeit, irrelevante Stimuli zu ignorieren.

Verbal Meaning Dieser Test erfasst das Wissen über Begriffe (Begriffsvorstellung und Begriffsbildung) und das Strukturieren nach übergeordneten Begriffen.

Learning Names Dieser Test ist ein verbaler Gedächtnistest. Er wird benutzt, die Fähigkeit Namen und Bilder zu lernen, zu testen.

Idea Produktion Ein Maß zur Wortflüssigkeit.

Page 8: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

8

4.1. Die Einflüsse von Anlage und Umwelt auf die Intelligenzentwicklung

Ergebnisse zahlreicher früherer Studien:

50% der beobachteten Variabilität kognitiver Fähigkeiten sind durch genetische Unterschiede bestimmt

Genetische Einflüsse auf kognitive Prozesse nehmen im Laufe der Entwicklung zu und geteilte Umwelteinflüsse nehmen ab

Längsschnittstudien mit Zwillingen:

ermöglichen die Untersuchung von Kontinuität und Veränderung bezüglich genetischer, geteilter und nichtgeteilter Umwelteinflüsse

dabei gibt es folgende mögliche Mechanismen

Page 9: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

9

Generell mögliche Mechanismen (1)

IQ 7IQ 5 IQ 10 IQ 12

Anlage

Umwelt

Gemeinsamer Faktor (common factor) für Anlage- und Umwelteinflüsse

Page 10: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

10

Generell mögliche Mechanismen (2)

Simplex Modell und zeitspezifische Einflüsse durch E

Page 11: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

11

Gefundene Effekte früherer Studien

FS-IQ 5 FS-IQ 7 FS-IQ 10 FS-IQ 12

A 5 A 7 A 10 A 12

Innovation ξ Innovation ξ Innovation ξ Innovation ξ

ξ = Neuheitseffekte (Innovation); β = Übertragungseffekte; U = zeitspezifische Einflüsse (E)

β β β

U U U U

C

Page 12: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

12

Aktuelle Studie

Team: M. Bartels, M. J. H. Rietveld, G. C. M. Van Baal, D. I. Boomsma

Ziel: Replikationsstudie entsprechend der oben genannten Ergebnisse

Methoden:

Univariate Modellanpassung zur Schätzung der genetischen und Umwelteinflüsse zu jedem Alterszeitpunkt

→ Zerlegung in A, C, E

Multivariate Modellanpassung zur Untersuchung des Entwicklungsmusters von A, C und E über die Zeit hinweg

→ Gesamtvarianz-/ Kovarianz-Strukturen werden betrachtet

→ Parameterschätzung durch die Maximum-likelihood-Methode unter Verwendung des Programmes Mx

Page 13: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

13

Ergebnisse: Zwillingskorrelationen

MZ-Korrelationen sind höher als DZ-Korrelationen → genetische Einflüsse!

Page 14: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

14

Alter Modell A C E

5 ACE .26 .50 .24

7 ACE

AE

.39

.70

.30 .31

.30

10 ACE

AE

.54

.80

.25 .21

.20

12 ACE

AE

.64

.85 +

.21

-

.15

.15

Ergebnisse: univariate Modellanpassung

→ Zunahme genetischer Einflüsse auf kognitive Leistungen über die Lebensspanne und Abnahme geteilter Umwelteinflüsse im Laufe der Kindheit (werden nach Adoleszens unbedeutend!)

Page 15: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

15

Ergebnisse: phänotypische Kreuzkorrelationen

Page 16: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

16

Modellanpassung

1) Simplex-Modell ohne Einschränkungen als Referenzmodell

2) Reduktion des Modells entsprechend dem Parsimonitätsprinzip (sparsamstes Modell = bestes Modell)

3) nach Herausnehmen der altersspezifischen Faktoren für A ergab sich das folgende, am besten passendste Modell

Page 17: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

17

.27

.26 .47 .69 .64

.23 .19 .15

.04.09 .02 .10

.47 .17 .10 .11

Bestpassendes Modell

Page 18: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

18

zusammenfassend: Ergebnisse dieser Studie

A: zunehmender genetischer Einfluss über die Lebensspanne

- repräsentiert durch einen gemeinsamen Faktor, der den IQ aller Altersstufen beeinflusst (common factor)

→ erklärt Stabilität kognitiver Leistungen

C: abnehmende geteilte Umwelteinflüsse über die Zeit

- ebenfalls repräsentiert durch einen gemeinsamen Faktor, der den IQ aller Altersstufen beeinflusst (common factor) UND durch altersspezifische Einflüsse

→ erklärt Stabilität und Veränderung gleichermaßen

E: nichtgeteilte Umwelteinflüsse

- erklären ≈ ¼ der Gesamtvarianz zu jeder Altersstufe aber sie tragen nur minimal zur Aufklärung der Varianz über die Altersstufen hinweg bei

-repräsentiert durch zeit- (alters-) spezifische Einflüsse

→ erklärt Veränderung

Page 19: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

19

Vermutungen/ Erklärungen/ Hintergründe

A:

das Auffinden von genetischen Innovationseffekten in früheren Studien mag auf Messungsprobleme zurückzuführen sein (wahre Veränderung oder Veränderung aufgrund verschiedener Messinstrumente?)

in dieser Langzeitstudie: Verwendung des RAKIT bei allen 3 Messungen und vierte Messung mit zu RAKIT hochvalidem IQ-Test → obige Probleme entfallen

C:

der gemeinsame Faktor geteilter Umwelteinflüsse könnte durch den Sozioökonomischen Status und die Erziehung der Eltern erklärt werden, darüber hinaus könnten gemeinsame Freunde und z. Bsp. die Mitgliedschaft in einem Sportverein zu Ähnlichkeiten innerhalb eines Zwillingspaares beitragen

altersspezifische Einflüsse auf C könnten durch den Wechsel des Lehrers mit jedem neuen Schuljahr (üblich für das niederländische Schulsystem!) zustandekommen, wobei die Zwillinge dennoch dieselbe Klasse besuchen

E:

alle denkbaren Faktoren, die Zwillingspaare nicht teilen, scheinen zu Veränderungen untereinander zu führen

Page 20: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

20

Fazit

Forschung bisher stark auf genetische Aspekte fokussiert → weitere Informationen über geteilte und nichtgeteilte Umwelteinflüsse nötig um wirklich konkrete Aussagen treffen zu können

Fortsetzung der Studie im Gange → u. a. Untersuchung der Auswirkungen hormoneller Aspekte während der Pubertät auf die Veränderung kognitiver Fähigkeiten

Page 21: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

21

4.2. Eine Zwillingsstudie zur Differenzierung kognitiver Fähigkeiten in der Kindheit

Team: M.J.H.Rietveld, C.V.Dolan, G.C.M. van Baal, D.I.Boomsma

Die Differenzierungshypothese:

•Die Differenzierungshypothese in der kognitiven Entwicklung behauptet, dass kognitive Fähigkeiten über das Alter hinweg mehr und mehr unabhängig werden.

•Statistische Bedeutung: die Korrelationen zwischen den spezifischen kognitiven Fähigkeiten würden immer geringer, je älter man wird.

•Phänotypische Studien konnten bisher kaum Unterstützung für diese Hypothese finden.

•Das Anliegen der hier vorliegenden Studie ist es nun, die Differenzierungshypothese auf der genetischen- und Umweltebene zu untersuchen.

Page 22: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

22

Modellbildung

•Ein übliches Genetisches -Varianzmodell für Zwillingsdaten wurde gebildet und damit die Struktur der Genetischen- und Umwelteinflüsse geschätzt:

Pij = aAij + cCij + eEij

A = additive genetische Effekte

C = geteilte Umwelt

E = nichtgeteilte Umwelt

P = Phänotyp

ij = die einzelnen Vpnen

a, c, e = Faktorenladungen

•Die unterschiedliche genetische Ähnlichkeit zwischen den monozygoten (MZ) und dizygoten (DZ) Zwillingspaaren erlaubt eine Schätzung des Beitrags der latenten Faktoren zur phänotypischen Varianz der kognitiven Fähigkeiten.

Page 23: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

23

Modellanpassung

•Die Modellanpassung wurde vorgenommen mit Hilfe des Programms MX

•Die genetische Kovarianzstruktur wurde als eine korrelierte 2- Faktoren- Struktur

mit untertestspezifischen Faktoren identifiziert.

•Die nichtgeteilte Umwelt - Kovarianzstruktur wurde als untertestspezifischer Faktor

entwickelt.

•Die geteilte Umwelt - Kovarianzstruktur wurde als ein genereller Faktor mit

untertestspezifischen Faktoren entwickelt.

Page 24: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

24

.25 .28.30

.28 .24.08 .37 .30 .29

.11 .49 .08 .09 .23 .02 .25 .58 .11

.10 .04 .50 .10 .16.56

.17 .18 .49

.55 .29 .39

.10 .22 .40 .03 .28 .08 .03 .15 .12

.99 .94

.99 .94

Page 25: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

25

Der Umweltteil des Simplexmodells

.82 .97

.19 .03 .11 .05 .05 .14 .07 .04 .08

.39 .17 .05 .17 .32 .04 .32 .04 .04

.40 .30 .37 .64 .29 .38 .26 .22 .36

.43 .51 .41 .55 .37 .49 .35 .52 .44

Page 26: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

26

-+

Korrelationen zwischen MZ und DZ

Page 27: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

27

Zusammenfassend:

• In Übereinstimmung mit vielen anderen Studien zeigt die hier vorliegende Studie , dass zwischen 2 und 5 Jahren Gene immer mehr Einfluss gewinnen bei der Erklärung der Varianz verbaler und nonverbaler Fähigkeiten

• Gene erklären nicht nur mehr und mehr die Differenzen zwischen Menschen, sie erklären auch die Stabilität über die Zeit (Commen Faktors und Übertragungseffekte)

• Geteilte Umwelteffekte bleiben recht stabil über die Zeit, verlieren aber an Wichtigkeit – mit 10 Jahren ist der relative Einfluss der Familienumwelt nur noch 10%

Page 28: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

28

• Das Wesentliche der Differenzierungshypothese betrifft die Korrelationen zwischen den Untertests. Hinsichtlich der Korrelationen kann auf der Genomebene wenig Unterstützung für diese Hypothese gefunden werden

• Auf der Umweltebene kann auch keine Unterstützung für diese Hypothese gefunden werden → Umwelteffekte verlieren über die Zeit an Einfluss und können so kaum zur Ausdifferenzierung der spezifischen kognitiven Fähigkeiten beitragen

Differenzierungshypothese ?

Page 29: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

29

Fazit

Page 30: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

30

5. Literaturangabe

- R. Plomin; J. C. DeFries et al. (1999). Gene, Umwelt und Verhalten. Bern: Huber

- H. O. Häcker & Kurt-H Stapf; (Hrsg.), 14. Auflage (2004). Dorsch. Psychologisches Wörterbuch. Bern: Huber

- M. Bartels; M. J. H. Rietveld; G. C. M. Van Baal; D. I. Boomsma (2002). Genetic and Environmental Influences on the Development of Intelligence. Behavior Genetics, Vol. 32, No. 4, July 2002 (237-249)

- M. J. H. Rietveld; C. V. Dolan; G. C. M. Van Baal; D. I. Boomsma (2003). A Twin Study of Differentiation of Cognitive Abilities in Childhood. Behavior Genetics, Vol. 33, No. 4, July 2003 (367-381)

Page 31: Katrin Hegewald & Anna Schmitt1 Spezifische kognitive Fähigkeiten

31