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88 MMW-Fortschr. Med. Nr. 21 / 2012 (154. Jg.) PHARMAFORUM B.O.T. mit Insulindetemir Keine Angst vor Unterzuckerung und Gewichtszunahme _ Ängste vor Unterzuckerungen oder Ge- wichtszunahme sind bei einer basalunter- stützten oralen Therapie (B.O.T.) mit Insulin- detemir unbegründet. In der Anwendungs- beobachtung SOLVE bei mehr als 17 000 Typ-2-Diabetikern aus zehn Ländern (rund 2000 aus Deutschland) blieb die Rate von Hypoglykämien nach Beginn der Insulin- therapie fast konstant – bei deutlicher Ver- besserung der Blutzucker-(BZ-)einstellung. Das Körpergewicht der Behandelten nahm im Verlauf von 24 Wochen leicht ab. Die deutschen SOLVE-Daten sind be- züglich der Hypoglykämien nach abend- licher Gabe von Insulindetemir (Levemir®) noch etwas besser als in den übrigen Län- dern, berichtete Dr. Marcel Kaiser, Frank- furt/M. Der Anteil der Patienten mit leich- ten Hypoglykämien (Blutzucker < 57 mg/ dl) sank bei unter 65-Jährigen von 1,6% vor Insulintherapie auf 1,4% bei Studienende, bei Patienten ab 65 Jahre von 2,7% auf 1,5%. Auch die Rate nächtlicher Hypoglyk- ämien sank signifikant, von 0,19 auf 0,07 Ereignisse pro Patient und Jahr (Abb. 1). Schwere Hypoglykämien wurden nur zwei Mal registriert, berichtete Kaiser. In der Ge- samtgruppe war die Rate leichter Unterzu- ckerungen geringfügig gestiegen (von 1,58 auf 1,83 pro Patient und Jahr), die schwerer Hypoglykämien gefallen (von 0,04 auf 0,01). Der HbA 1c sank bei deutschen Patienten nach Beginn der B.O.T. von 8,5% auf 7,3% (Gesamtgruppe von 8,9% auf 7,5%), der Nüchtern-BZ fiel von 168 auf 122 mg/dl Se- rum. Die hohen BZ-Ausgangswerte verdeut- Abb. 1 Die Rate leichter Hypoglykämien nahm bei deutschen Pati- enten nach Beginn der Insulintherapie ab. lichen, dass in der Praxis noch deutlich zu spät mit der Insulintherapie be- gonnen wird, betonte Kaiser. 26% der deut- schen Studienteilnehmer (global 41%) hatten zu Beginn einen HbA 1c ≥ 9%, 11% (global 22%) einen Wert ≥ 10%. Das Körpergewicht der Behandelten nahm unter Insulindetemir signifikant ab, im Mittel um 0,9 kg (global 0,5 kg). Je grö- ßer das Ausgangsgewicht war, desto stär- ker war die Gewichtsabnahme. Roland Fath Quelle: Pressekonferenz „Im Blickpunkt SOLVE TM – eine Anwendungsbeobachtungs- studie kontrovers diskutiert“, Frankfurt am Main, Mai 2012 (Veranstalter: Novo Nordisk) Abbildung 1 Sinusitis Wichtiger Abwehrmechanismus: die mukoziliäre Clearance _ Die mukoziliäre Clearance (MCC) ist der wichtigste Abwehrmechanismus der obe- ren und unteren Atemwege, betonte Prof. Hans Behrbohm, Berlin. Bei akuten und chronischen Sinusitiden sowie Bronchitiden ist sie eingeschränkt. Die Schlagzahl der Zi- lien des Flimmerepithels ist verlangsamt. Es kommt zu einem Sekretstau in den oberen oder unteren Atemwegen, die eine einheit- liche morphologische Struktur und funktio- nelle Aktivität aufweisen (United Airways). Ziel der Therapie ist es, die reduzierte MCC durch Veränderungen der rheolo- gischen Eigenschaften des Mukus und Verbesserung der mukoziliären Transport- funktion zu normalisieren. Effektiv unter- stützt wird das durch pflanzliche Mukoly- tika wie Myrtol® (in GeloMyrtol® forte), einem Destillat aus rektifiziertem Eukalyp- tus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl. Die positiven Effekte wurden in experi- mentellen und klinischen Studien belegt, er- klärte Behrbohm. Eine pharmakodyna- mische sequenzszintigrafische Funktions- analyse hätte bei Gesunden nach Einnahme des Sekretolytikums einen deutlichen An- stieg der Sekretausscheidung und eine Zu- nahme der mukoziliären Transportgeschwin- digkeit im Sinus maxillaris gezeigt. Bei akuter unkomplizierter Rhinosinusitis kann das Mu- kolytikum Studien zufolge im Vergleich zu Placebo die typischen Symptome wie Ge- sichtsschmerzen beim Vorbeugen oder be- hinderte Nasenatmung verbessern. Auch bei chronischer Sinusitis, die durch ein Missverhältnis zwischen schleimprodu- zierenden Becherzellen und Flimmerepi- thelzellen gekennzeichnet ist, machen sich die sekretolytischen, sekretomotorischen und antiphlogistischen Eigenschaften be- merkbar. In Studien verbesserte sich unter der Therapie die Hyperplasie und Entzün- dung der Mukosa, und es wurde eine ver- besserte nasale Durchgängigkeit sowie ei- ne signifikant höhere mukoziliäre Trans- portgeschwindigkeit festgestellt. Dagmar Jäger-Becker Quelle: Internationales Symposium „Role of Mucociliary Clearance in United Airways”, Hohenlockstedt, September 2012 (Veranstal- ter: Pohl Boskamp) Gesamt n = 1965 Tagsüber n = 1961 1,588 0,880 1,379 SOLVE-Germany: nicht schwere Hypoglykämien 0,809 0,188 0,074 Nachts n = 1937 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Ereignisse pro Patientenjahr Abschluss *p < 0,01 **p < 0,05 Vor Insulintherapie ** * Nach Liebl A. et al. Diabetol Stoffw 2012; 7: S56

Keine Angst vor Unterzuckerung und Gewichtszunahme

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88 MMW-Fortschr. Med. Nr. 21 / 2012 (154. Jg.)

PHARMAFORUM

B.O.T. mit Insulindetemir

Keine Angst vor Unterzuckerung und Gewichtszunahme_ Ängste vor Unterzuckerungen oder Ge-wichtszunahme sind bei einer basalunter-stützten oralen Therapie (B.O.T.) mit Insulin-detemir unbegründet. In der Anwendungs-beobachtung SOLVE bei mehr als 17 000 Typ-2-Diabetikern aus zehn Ländern (rund 2000 aus Deutschland) blieb die Rate von Hypoglykämien nach Beginn der Insulin-therapie fast konstant – bei deutlicher Ver-besserung der Blutzucker- (BZ-)einstellung. Das Körpergewicht der Behandelten nahm im Verlauf von 24 Wochen leicht ab.

Die deutschen SOLVE-Daten sind be-züglich der Hypoglykämien nach abend-licher Gabe von Insulindetemir (Levemir®) noch etwas besser als in den übrigen Län-dern, berichtete Dr. Marcel Kaiser, Frank-furt/M. Der Anteil der Patienten mit leich-ten Hypoglykämien (Blutzucker < 57 mg/dl) sank bei unter 65-Jährigen von 1,6% vor Insulintherapie auf 1,4% bei Studienende, bei Patienten ab 65 Jahre von 2,7% auf 1,5%. Auch die Rate nächtlicher Hypoglyk-ämien sank signifikant, von 0,19 auf 0,07 Ereignisse pro Patient und Jahr (Abb. 1).

Schwere Hypoglykämien wurden nur zwei Mal registriert, berichtete Kaiser. In der Ge-samtgruppe war die Rate leichter Unterzu-ckerungen geringfügig gestiegen (von 1,58 auf 1,83 pro Patient und Jahr), die schwerer Hypoglykämien gefallen (von 0,04 auf 0,01).

Der HbA1c sank bei deutschen Patienten nach Beginn der B.O.T. von 8,5% auf 7,3% (Gesamtgruppe von 8,9% auf 7,5%), der Nüchtern-BZ fiel von 168 auf 122 mg/dl Se-rum. Die hohen BZ-Ausgangswerte verdeut-

Abb. 1 Die Rate leichter Hypoglykämien nahm bei deutschen Pati-enten nach Beginn der Insulintherapie ab.

lichen, dass in der Praxis noch deutlich zu spät mit der Insulintherapie be-gonnen wird, betonte Kaiser. 26% der deut-schen Studienteilnehmer (global 41%) hatten zu Beginn einen HbA1c

≥ 9%, 11% (global 22%) einen Wert ≥ 10%. Das Körpergewicht der Behandelten

nahm unter Insulindetemir signifikant ab, im Mittel um 0,9 kg (global 0,5 kg). Je grö-ßer das Ausgangsgewicht war, desto stär-ker war die Gewichtsabnahme.

■ Roland FathQuelle: Pressekonferenz „Im Blickpunkt SOLVETM – eine Anwendungsbeobachtungs-studie kontrovers diskutiert“, Frankfurt am Main, Mai 2012 (Veranstalter: Novo Nordisk)

Abbildung 1

Sinusitis

Wichtiger Abwehrmechanismus: die mukoziliäre Clearance _ Die mukoziliäre Clearance (MCC) ist der wichtigste Abwehrmechanismus der obe-ren und unteren Atemwege, betonte Prof. Hans Behrbohm, Berlin. Bei akuten und chronischen Sinusitiden sowie Bronchitiden ist sie eingeschränkt. Die Schlagzahl der Zi-lien des Flimmerepithels ist verlangsamt. Es kommt zu einem Sekretstau in den oberen oder unteren Atemwegen, die eine einheit-liche morphologische Struktur und funktio-nelle Aktivität aufweisen (United Airways).

Ziel der Therapie ist es, die reduzierte MCC durch Veränderungen der rheolo-gischen Eigenschaften des Mukus und Verbesserung der mukoziliären Transport-funktion zu normalisieren. Effektiv unter-stützt wird das durch pflanzliche Mukoly-

tika wie Myrtol® (in GeloMyrtol® forte), einem Destillat aus rektifiziertem Eukalyp-tus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl.

Die positiven Effekte wurden in experi-mentellen und klinischen Studien belegt, er-klärte Behrbohm. Eine pharmakodyna-mische sequenzszintigrafische Funktions-analyse hätte bei Gesunden nach Einnahme des Sekretolytikums einen deutlichen An-stieg der Sekretausscheidung und eine Zu-nahme der mukoziliären Transportgeschwin-digkeit im Sinus maxillaris gezeigt. Bei akuter unkomplizierter Rhinosinusitis kann das Mu-kolytikum Studien zufolge im Vergleich zu Placebo die typischen Symp tome wie Ge-sichtsschmerzen beim Vorbeugen oder be-hinderte Nasenatmung verbessern.

Auch bei chronischer Sinusitis, die durch ein Missverhältnis zwischen schleimprodu-zierenden Becherzellen und Flimmerepi-thelzellen gekennzeichnet ist, machen sich die sekretolytischen, sekretomotorischen und antiphlogistischen Eigenschaften be-merkbar. In Studien verbesserte sich unter der Therapie die Hyperplasie und Entzün-dung der Mukosa, und es wurde eine ver-besserte nasale Durchgängigkeit sowie ei-ne signifikant höhere mukoziliäre Trans-portgeschwindigkeit festgestellt.

■ Dagmar Jäger-Becker Quelle: Internationales Symposium „Role of Mucociliary Clearance in United Airways”, Hohenlockstedt, September 2012 (Veranstal-ter: Pohl Boskamp)

Gesamtn = 1965

Tagsübern = 1961

1,588

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SOLVE-Germany: nicht schwere Hypoglykämien

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