6
Ein Vortragekreuz aus Kappadokien Annegret Plontke-Lüning Im Museum für Morgenlandfahrer in Leutwitz-Göda, Kreis Bautzen, in der Oberlausitz befindet sich der rechte Arm eines bronzenen Vortragekreu- zes aus Kappadokien 1 , der mit diesem Beitrag in die Forschung eingeführt wird (Taf. 39). Der nach außen ausschwingende Kreuzarm aus dünnem, ge- triebenem Bronzeblech ist mit einem glatten Bronzeblech hinterlegt und mit diesem an einem massiven Bronzeband mit Nägeln befestigt. Die Schau- seite ist eingefasst von einem Perlband zwischen zwei Wellenbändern; sie zeigt zwei von Wellenband gerahmte Medaillons mit männlichen Büsten, die Heilige wiedergeben. Der rechte Heilige ist nimbiert, er hält in der linken Hand einen Codex, die rechte Hand ist im Redegestus erhoben. Sein Omo- phorion, die mit Kreuzen besetzte Stola, das Zeichen der Bischofswürde im Osten, ist gut zu erkennen. Die griechischen Buchstaben OANHK können im Zusammenhang mit den ikonographischen Charakteristika – reiches Haupt- haar und volle Wangen – nicht wie zunächst naheliegend zu Hagios Nikolaos aufgelöst werden, denn der Heilige aus Myra ist durch eine sehr hohe Stirn und schmale Wangen charakterisiert 2 . Es kann sich nur um Hagios Nike- phoros, den Hl. Nikephoros, handeln. Im Malerbuch ›Über die körper- lichen Merkmale der gottbeseelten Väter‹ des Ulpios Rhomaios, das in den ersten Jahrzehnten nach dem Ende des Bilderstreites (843) entstand 3 , wird der Abbildungsnachweis: Taf. 39, 1: Photo U. Lische. – Taf. 39, 2: Photo Verf. – Taf. 40, 1. 2: nach M. V. Ščepkina, Miniatury Chludovskoj Psaltyri. Grečeskij illjustrirovannyj kodeks IX veka (Moskau 1977) 23. 51. – Taf. 41, 1: nach J. Ebersolt, La miniature byzantine (Paris 1926) Taf. 26. – Taf. 41, 2: nach V. Tsamakda, The Illustrated Chronicle of Ioannes Skylitzes in Madrid (Leiden 2002) Abb. 497. 1 Sammlung Walter Inv. Nr. SW 1462; Maße: erhaltene L 14,5 cm, größte H 11 cm. F. Koch (Hrsg.), Ex Oriente Lux. Schätze aus Oberlausitzer Privatsammlungen. Aus- stellungskatalog Kamenz (Kamenz 2010) 146 Nr. 200 mit Abb. 200. 2 Der Hl. Nikolaus ist im Buch über die körperlichen Merkmale der gottbeseelten Vä- ter nicht erwähnt: Auf die alttestamentlichen Propheten folgt Christus, dann sind die Apostelfürsten Petrus und Paulus beschrieben, denen Kirchenväter des 4. Jhs. und die beiden Konstantinopler Patriarchen der bilderfreundlichen Phase von 787 bis 815, Tarasios (784–806) und eben Nikephoros, angeschlossen sind. 3 F. Winkelmann, Über die körperlichen Merkmale der gottbeseelten Väter. Zu einem Malerbuch aus der Zeit zwischen 836 und 913, in: G. Prinzing – D. Simon (Hrsg.), Fest und Alltag in Byzanz (München 1990) 108 datiert das Manuskript in die Zeit zwischen 836 und 913. Brought to you by | St. Petersburg State University Authenticated | 134.99.128.41 Download Date | 12/18/13 2:29 PM

Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

  • Upload
    mirko

  • View
    215

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

Annegret Plontke-Lüning

Im Museum für Morgenlandfahrer in Leutwitz-Göda, Kreis Bautzen, in der Oberlausitz befindet sich der rechte Arm eines bronzenen Vortragekreu-zes aus Kappadokien1, der mit diesem Beitrag in die Forschung eingeführt wird (Taf. 39). Der nach außen ausschwingende Kreuzarm aus dünnem, ge-triebenem Bronzeblech ist mit einem glatten Bronzeblech hinterlegt und mit diesem an einem massiven Bronzeband mit Nägeln befestigt. Die Schau-seite ist eingefasst von einem Perlband zwischen zwei Wellenbändern; sie zeigt zwei von Wellenband gerahmte Medaillons mit männlichen Büsten, die Heilige wiedergeben. Der rechte Heilige ist nimbiert, er hält in der linken Hand einen Codex, die rechte Hand ist im Redegestus erhoben. Sein Omo-phorion, die mit Kreuzen besetzte Stola, das Zeichen der Bischofswürde im Osten, ist gut zu erkennen. Die griechischen Buchstaben OANHK können im Zusammenhang mit den ikono graphischen Charakteristika – reiches Haupt-haar und volle Wangen – nicht wie zunächst naheliegend zu Hagios Nikolaos aufgelöst werden, denn der Heilige aus Myra ist durch eine sehr hohe Stirn und schmale Wangen charakterisiert2. Es kann sich nur um Hagios Nike-phoros, den Hl.  Nikephoros, handeln. Im Malerbuch ›Über die körper-lichen Merkmale der gottbeseelten Väter‹ des Ulpios Rhomaios, das in den ersten Jahrzehnten nach dem Ende des Bilderstreites (843) entstand3, wird der

Abbildungsnachweis: Taf. 39, 1: Photo U. Lische. – Taf. 39, 2: Photo Verf. – Taf. 40, 1. 2: nach M. V. Ščepkina, Miniatury Chludovskoj Psaltyri. Grečeskij illjustrirovannyj kodeks IX veka (Moskau 1977) 23. 51. – Taf. 41, 1: nach J. Ebersolt, La miniature byzantine (Paris 1926) Taf. 26. – Taf. 41, 2: nach V.  Tsamakda, The Illustrated Chronicle of Ioannes Skylitzes in Madrid (Leiden 2002) Abb. 497.

1 Sammlung Walter Inv. Nr. SW 1462; Maße: erhaltene L 14,5 cm, größte H 11 cm. F. Koch (Hrsg.), Ex Oriente Lux. Schätze aus Oberlausitzer Privatsammlungen. Aus-stellungskatalog Kamenz (Kamenz 2010) 146 Nr. 200 mit Abb. 200.

2 Der Hl. Nikolaus ist im Buch über die körperlichen Merkmale der gottbeseelten Vä-ter nicht erwähnt: Auf die alttestamentlichen Propheten folgt Christus, dann sind die Apostelfürsten Petrus und Paulus beschrieben, denen Kirchenväter des 4. Jhs. und die beiden Konstantinopler Patriarchen der bilderfreundlichen Phase von 787 bis 815, Tarasios (784–806) und eben Nikephoros, angeschlossen sind.

3 F. Winkelmann, Über die körperlichen Merkmale der gottbeseelten Väter. Zu einem Malerbuch aus der Zeit zwischen 836 und 913, in: G. Prinzing – D. Simon (Hrsg.), Fest und Alltag in Byzanz (München 1990) 108 datiert das Manuskript in die Zeit zwischen 836 und 913.

Brought to you by | St. Petersburg State UniversityAuthenticated | 134.99.128.41

Download Date | 12/18/13 2:29 PM

Page 2: Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

190 Annegret Plontke-Lüning

Hl. Nike phoros mit langen grauen Haaren, straffen Wangen und dichtem Bart beschrieben4. Nikephoros (757/58–828) war einer der bedeutendsten bilder-freundlichen Kleriker seiner Zeit. Er war Patriarch in Konstantinopel von 806 bis 815, in den letzten Jahren der bilderfreundlichen Phase (787–815) des byzantinischen Bilderstreites (730–843), in dem um die ›richtige‹ Verwen-dung und die Verehrung von Heiligenbildern im christlichen Kult gerungen wurde. Der den Bilderkult ablehnende und die zweite bilderfeindliche Phase in Konstanti nopel (815–843) auslösende Kaiser Leo V. verbannte ihn, wobei auch die strenge Haltung des Nikephoros gegenüber der Lebensweise des Kaisers eine Rolle spielte; Nikephoros zog sich zunächst in die Nähe von Chrysopolis in Bithynien zurück, dann lebte er in dem von ihm gegründeten Theodor-Kloster auf der asiatischen Seite des Bosporus, wo er Ostern 828 starb.

Nach dem Ende des Bilderstreites erfolgte die feierliche Translatio der Ge-beine des Nikephoros in die Apostelkirche zu Konstantinopel am 13.  März 847; diesen Tag begeht die Ostkirche neben dem 2. Juni bis heute als Festtag des Hl. Nikephoros. Der nun als einer der großen Ikonodulen verehrte Patri-arch ist nach dem Bilderstreit öfters dargestellt worden, in der Miniaturmale-rei vor allem im Kontext der Aufarbeitung des Ikonoklasmus: In dem um 850, unmittelbar nach dem Ende des Bilderstreites, geschaffenen Chludov-Psalter ist Nikephoros auf Blatt 23v (Taf. 40, 1) links neben der Textkolumne des Psalms 25 stehend, mit Christus bild in der verhüllten Linken dargestellt, auf das er mit der Rechten weist; unter der Kolumne sind Ikonoklasten zu sehen, die ein Christusbild übermalen5. Blatt 51v (Taf. 40, 2) zeigt unten Nikephoros, ein Christusbild in der Linken haltend, stehend auf dem am Boden liegenden Patriarchen Johannes  VII. Grammatikos (780–867). Um Johannes sind Goldmünzen verstreut, die er für seinen Verrat an den Bildern erhalten hat6: Johannes, der in seinen frühen Jahren selbst Ikonen malte, wurde 814 zum Iko-noklasten und war der letzte ikono klastische Patriarch (837–843). Als Präfigu-ration ist über dieser Szene der Apostel Petrus dargestellt, der über Simon Magus schreitet, vor welchem ein umgestürztes Gefäß mit ausgeschütteten Goldmünzen liegt: Simon Magus wird wegen seines Angebotes an Petrus und Johannes, von ihnen die Fähigkeit der Heilung durch Handauflegen zu kaufen, als Urheber des Ämterkaufes, der nach ihm benannten Simonie, angesehen (Apg 8, 9–24). In der im späten 12. Jh. geschaffenen Handschrift der die Jahre von 811 bis 1057 behandelnden Chronik des Johannes Skylitzes sind mehrere Episoden aus dem Leben des Nikephoros dargestellt: Blatt 20v gibt die See-

4 Nr. 45; vgl. Winkelmann a. O. (Anm. 3) 113. 125.5 Chludov-Psalter, Moskau, Historisches Museum Ms. 129 fol. 23v, s. M. V. Ščepkina,

Miniatury Chludovskoj Psaltyri. Grečeskij illjustrirovannyj kodeks IX veka (Moskau 1977) 23 ob.

6 Chludov-Psalter, Moskau, Historisches Museum Ms. 129 fol. 51v, s. Ščepkina a. O. (Anm. 5) 51 ob.

Brought to you by | St. Petersburg State UniversityAuthenticated | 134.99.128.41

Download Date | 12/18/13 2:29 PM

Page 3: Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

Ein Vortragekreuz aus Kappadokien 191

reise des Nikephoros ins Exil wieder, wobei der Patriarch hier irrtümlich vom Maler mit einer Krone ausgestattet ist7 wie auch in der folgenden Miniatur, die zeigt, wie Theophanes Confessor (um 760–818), ebenfalls ein Anhänger der bilderfreundlichen Richtung und Abt eines Klosters in Agros, dem vorbeifah-renden Nikephoros Kerzen und Weihrauch als ehrenden Gruß sendet8. In der Miniatur auf Blatt 28v ist der Briefwechsel zwischen dem verbannten Nikepho-ros und Kaiser Michael  II. Travlos (820–829) wiedergegeben, in dem Nike-phoros den Neugekrönten um die Wiedereinführung der Bildverehrung bittet: Der Bischof sitzt links auf einer Kathedra unter einem Baldachin in bitten-der Haltung, der Kaiser thront rechts vor einem übergiebelten Gebäude, die Hände in einer abwehrenden Geste erhoben; zwischen beiden befinden sich mehrere Würdenträger, die den Briefwechsel vermitteln9. Der Barberini- Psalter aus dem 11. Jh. gibt ebenfalls eine Darstellung des Patriarchen Nike-phoros10.

Auch in der Wandmalerei haben sich Wiedergaben des Nikephoros er-halten: In der um 900 entstandenen Wandmalerei in der Kılıçlar Kilisesi in Göreme/Kappadokien befindet sich sein Porträt auf der Ostseite des süd-lichen Bemabogens11, auf dessen Westseite der Heilige Cyprian von Karthago zu sehen ist, während auf dem nördlichen Bemabogen Proklos († 446), der or-thodoxe Konstantinopler Patriarch und Freund des Johannes Chrysostomos, und Ignatius, Verteidiger der Bilder und Patriarch Konstantinopels (847–858 und 867–877), abgebildet sind. Im Südpastophorium der um 1208/09 ausge-malten Gottesmutterkirche von Studenica in Serbien befinden sich gemalte Porträtmedaillons des Nikephoros und der ikonodulen Patriarchen Tarasios (784–806) und Germanos (815–830)12; letzterer kritisierte die bilderfeind-liche Religionspolitik Kaiser Leos  III. und musste deshalb schließlich sein Amt niederlegen.

Die Figur im linken Medaillon des Kreuzarmes (Taf. 39, 1) ist bekleidet mit einem Loros, dem kaiserlichen, edelsteinbesetzten Gewand, und hält ein Kreuzzepter in der linken Hand. Zu seiten des Kopfes sind die Ligaturen MX eingraviert. Es handelt sich um den Erzengel Michael, der auf Kreuzen ähnlicher Funktion mehrfach dem Erzengel Gabriel gegenübergestellt ist. So zeigt die Vorderseite eines silbernen Prozessionskreuzes aus Adrianopel

7 Scyl. Matr. Fol. 20v, vgl. V. Tsamakda, The Illustrated Chronicle of Ioannes Skylitzes in Madrid (Leiden 2002) 59 Abb. 33.

8 Scyl. Matr. Fol. 21r, vgl. Tsamakda a. O. (Anm. 7) 60 Abb. 349 Scyl. Matr. Fol. 28v oben, vgl. Tsamakda a. O. (Anm. 7) 68 f. Abb. 54.10 Psalter Vat. Barb. gr. 372 fol. 85v, Abb.: I. Ševčenko, The Anti-Iconoclastic Poem in

the Pantocrator Psalter, CArch 15, 1965, 39–60 Abb. 4.11 M. Restle, Die byzantinische Wandmalerei in Kleinasien II (Recklinghausen 1967)

Abb. 260.12 R.  Hamann-MacLean – H.  Hallensleben, Die Monumentalmalerei in Serbien und

Makedonien (Gießen 1963) Plan 9.

Brought to you by | St. Petersburg State UniversityAuthenticated | 134.99.128.41

Download Date | 12/18/13 2:29 PM

Page 4: Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

192 Annegret Plontke-Lüning

auf den seitlichen Kreuzarmen die beiden Erzengel in Medaillons13, während das silberne Prozessionskreuz in Genf die beiden Erzengel auf dem oberen und unteren Kreuzstamm einander gegenüberstellt14. Möglicherweise war da-her der Erzengel Gabriel auch auf dem linken, jetzt fehlenden Kreuzarm prä-sent.

Noch mehr auf Vermutungen angewiesen sind wir für den Heiligen, der auf dem linken Kreuzarm dem ikonodulen Nikephoros gegenübergestellt ge-wesen sein könnte. Vielleicht war es der Heilige Theodor Studites (759–826), Abt des Studios-Klosters in Konstantinopel und wie Nikephoros ein Vor-kämpfer für die Darstellbarkeit Christi und der Heiligen im Bilde, der eben-falls von Kaiser Leo V. aus Konstantinopel verbannt wurde. In einer Psalter-handschrift von 1066 ist Theodor gemeinsam mit Nikephoros, ein Bild der Gottesmutter haltend, dargestellt (Taf. 41, 1)15 – ihre bedeutsame Rolle für die Bildverehrung wurde hier besonders hervorgehoben. Allerdings fanden die beiden großen Kleriker, die auch Konkurrenten um den Patriarchenthron ge-wesen waren, erst während ihrer Verbannung zu einem entspannten Verhält-nis: Theodor besuchte Nikephoros im Herbst 821 in Chalkedon, wo die bei-den längere Gespräche führten16.

Am Sonntag der Orthodoxie, dem ersten Sonntag der österlichen Fasten-zeit, wird noch heute der Wiederherstellung der Bilderverehrung und ihrer Vorkämpfer gedacht. Erstmals gefeiert wurde der Festtag am 2.  März 844, nachdem im März 843 in Konstantinopel eine Synode unter der Leitung des Patriarchen Methodios den ersten Sonntag der Großen Fasten dafür bestimmt hatte. Das im Gottesdienst zwischen Orthros und Basilios-Liturgie verlesene ›Synodikon der Orthodoxie‹ mit einer Liste der wegen ihrer ikonoklastischen Haltung oder anderer Irrlehren dem Anathema verfallenen Kleriker einerseits und einer Liste der Bekenner und Märtyrer der Orthodoxie andererseits, dar-unter Patriarch Nikephoros I. und Theodor Studites, ist in der Folgezeit re-gional und diachron stark differenziert worden. Mit dem Vortrag des Syno-dikon verbunden sind bis heute eine Prozession der Ikonen und ihr Ablegen auf ein Pult (Proskynetarion), Gebete und das Singen eines dem Theodor Stu-dites zugeschriebenen Kanons, der aber wahrscheinlich erst von Methodios (843–847) stammt.

Eine Prozession, Litē genannt, wurde in Byzanz stets angeführt von einem oder mehreren Vortrage- oder Prozessionskreuzen, wie es eine Miniatur in der im späten 12. Jh. geschaffenen Handschrift der Chronik des Johannes Skylitzes

13 Athen, Benaki Museum: J. A. Cotsonis, Byzantine Figural Processional Crosses (Washington 1994) Abb. 21 a.

14 Cotsonis a. O. (Anm. 13) Abb. 20 a. wie eben15 Psalter British Museum Add. 19352 fol. 27v, J. Ebersolt, La miniature byzantine

(Paris 1926) Taf. 26. 16 Th. Pratsch, Nikephoros I. (806–815), in: R.-J. Lilie (Hrsg.), Die Patriarchen der iko-

noklastischen Zeit. Germanos I. – Methodios I. (715–847) (Frankfurt a. M. 1999) 145.

Brought to you by | St. Petersburg State UniversityAuthenticated | 134.99.128.41

Download Date | 12/18/13 2:29 PM

Page 5: Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

Ein Vortragekreuz aus Kappadokien 193

zeigt, welche eine besondere Bittprozession um Regen während einer langen Trockenheit 1036/37 illustriert (Taf. 41, 2): Zwei Diakone tragen Kreuze voran, es folgen die Brüder des Kaisers Michael IV. (1034–1042) mit kostbaren Reli-quienschreinen, die sie auf verhüllten Händen tragen, zwei Bischöfe und eine Gruppe von Würdenträgern17. Ähnlich darf man sich auch die Litai zu den Festen des Kirchenjahres vorstellen. In vielen Kirchen gab es mehrere stauroi litanikoi, von denen einige für Hochfeste wie Ostern oder das Fest des namen-gebenden Heiligen der Kirche oder des Klosters bestimmt waren18. Unser Kreuz aus Kappadokien dürfte besonders am Sonntag der Orthodoxie, einem hohen Fest im Kirchenjahr, zum Einsatz gekommen sein: Der Heilige Patri-arch Nikephoros – und mit ihm vielleicht der Heilige Theodor Studites – führte die Prozession der Ikonen feierlich an.

Die leider durch die Patina teilweise bedeckten Ornamente des Fragmen-tes – die Einfassung mit Perlband zwischen Wellenbändern und das Wellen-band der Medaillon rahmungen – ähneln denen an viel kostbareren Vortrage-kreuzen, die ins späte 10. bis 11. Jh. datiert werden: So zeigen Fragmente von Silberkreuzen in der Dumbarton Oaks Collection, die ins späte 10. bis 11. Jh. datiert werden19, ein Perlband, das auf beiden Seiten von Wellenornament ge-rahmt ist, und die Medaillons auf den Kreuz armen sind mit einem Wellenband gerahmt. Das Kreuz mit Niello und Vergoldung im Cleveland Museum of Art20 hat an Rand und seitlichen Medaillons ebensolche Ornamente, während das zentrale Christusmedaillon mit einem aufwendigeren Rahmen versehen ist. Vergleichbar sind auch die Rahmenornamente des silbernen Prozessionskreu-zes in Genf , das ins 11. Jh. datiert wird21. Die genannten Kreuze sind nicht nur von kostbarerem Material, sondern auch in ihrer plastischen Ausführung viel sorgfältiger gearbeitet, doch kann ihnen unser bescheidenes Bronzekreuz, das wohl einer kleineren Kirche in Kappadokien gehört hat, zeitlich angeschlossen werden. Da Kappadokien mit seiner Hauptstadt Kaisareia in den sechziger und frühen siebziger Jahren von seldschukischen Abteilungen mehrfach schwer geplündert und zerstört wurde22 und längere Zeit zur Rekreation benötigte, dürfte unser Kreuz spätestens in der Mitte des 11. Jhs. entstanden sein. Sorgfäl-tig poliert und golden glänzend, wurde es bei der Prozession der Ikonen zum Sonntag der Orthodoxie und wohl auch weiteren Prozessionen vorangetragen.

17 Scyl. Matr. Fol. 210v, vgl. dazu Cotsonis a. O. (Anm. 13) 21 f.; Tsamakda a. O. (Anm. 7) 236 Abb. 497.

18 Cotsonis a. O. (Anm. 13) 14 f. 20–24.19 M. V. Ross, Catalogue of the Byzantine and Early Medieval Antiquities in the Dum-

barton Oaks Collection. Metalwork, Ceramics, Glass, Glyptics, Painting (Washing-ton 1962) Nr. 21. 22. 24; vgl. Cotsonis a. O. (Anm. 13) Nr. 3 Abb. 27

20 Cotsonis a. O. (Anm. 13) Nr. 2 Abb. 26 b. c.21 Cotsonis a. O. (Anm. 13) Abb. 20 a.22 F. Hild – M. Restle, Kappadokien, Tabula Imperii Byzantini 2 (Wien 1981) 84–105.

195 f.

Brought to you by | St. Petersburg State UniversityAuthenticated | 134.99.128.41

Download Date | 12/18/13 2:29 PM

Page 6: Keraunia (Beiträge zu Mythos, Kult und Heiligtum in der Antike) || Ein Vortragekreuz aus Kappadokien

Brought to you by | St. Petersburg State UniversityAuthenticated | 134.99.128.41

Download Date | 12/18/13 2:29 PM