1
Rechtsprechung 34 bbl 2008, Heft 1 Februar © Springer-Verlag 2008 dafür Sorge tragen müsse, dass eine vom Gastgarten ausgehende Lärmbelästigung vermieden werde: Der Amtsarzt sei im erstinstanzlichen Sachverstän- digengutachten bei seiner Beurteilung davon ausgegan- gen, dass beim Gastgarten entsprechend dem Geneh- migungsantrag vom Verhalten der Gäste, wie es in § 112 Abs 3 GewO umschrieben ist (dabei handelt es sich um lautes Sprechen, Singen und Musizieren) auszugehen sei, und dass der Gastgartenbetrieb im Sommer um 23.00 Uhr, sonst um 22.00 Uhr ende. Vor diesem Hin- tergrund und auf der Basis der vorgelegenen Messungen und Berechnungen des gewerbetechnischen Sachver- ständigen sei der Arzt im erstinstanzlichen Verfahren zum Ergebnis gelangt, es seien bei den Nachbarn Lär- mimmissionen zu erwarten, die die Grenze der Zu- mutbarkeit überschritten und zu Gesundheitsschädi- gungen führen könnten (Gutachten v 21.7.2006). Die bel Beh habe den angefochtenen Bescheid allerdings auf das ergänzend eingeholte medizinische Gutachten im Berufungsverfahren gestützt. In diesem Gutachten v 18.1.2007 habe der ärztliche Sachverständige die tags- über auſtretenden Lärmimmissionen auf ihre Eignung, die Gesundheit der Nachbarn zu gefährden, beurteilt und diese Frage verneint. Er habe sich jedoch nicht zur Frage geäußert, ob bzw inwieweit Nachbarn tagsüber durch betriebskausale Lärmimmissionen des hier zu beurteilenden Gastgartens belästigt werden (eine sol- che Beurteilung erfolgte bloß betreffend den – durch den angefochtenen Bescheid nunmehr ohnehin ausge- schlossenen – Betrieb des Gastgartens nach 22.00 Uhr). Die Frage, ob Nachbarn durch den Betrieb des gegen- ständlichen Gastgartens vor 22.00 Uhr belästigt wür- den und gegebenenfalls welches Ausmaß diese Belästi- gungen erreichen bzw welcher Art die belästigenden Geräusche seien, sei daher auf der Gutachtensebene unbeantwortet geblieben. Im letztgenannten Gutach- ten fänden sich allerdings gleichzeitig Anhaltspunkte dafür, dass Schallpegelwerte über 50 dB (diese werden nach dem Gesagten gegenständlich überschritten) grundsätzlich zu Störungen bei anspruchsvollen men- talen Tätigkeiten führen könnten. Diese Frage könne auch bei von einem gem § 112 Abs 3 GewO betriebenen Gastgarten nicht dahin gestellt bleiben. Die Genehmi- gung für einen unter § 112 Abs 3 GewO fallenden Gastgarten sei aber zu versagen, wenn er zu unzumut- baren Belästigungen bzw zur Gesundheitsgefährdung von Nachbarn führen würde. Dies werde gegenständ- lich im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein. Diese Aussagen des VwGH können grundsätzlich auch auf die baurechtliche Komponente des gegen- ständlichen Falles bezogen werden. Diese, vom VwGH hinsichtlich der gewerberechtlichen Beurteilung der Anlage geforderte Beurteilung, ob die Lärmbelästigung das ortsübliche Ausmaß angesichts der konkreten Situ- ierung des Vorhabens übersteigt, hätte die bel Beh auch bei der baurechtlichen Beurteilung im Grunde des § 8 BauG anstellen müssen, weil unzumutbare Belästigun- gen bzw Gesundheitsgefährdungen auch nach dieser Bestimmung vom Nachbarn nicht geduldet werden müssen. Sie hätte hiebei – allenfalls auch in Form von präzisierenden Auflagen – klarstellen müssen, ob und inwieweit die Türe zum Gastgarten geschlossen bleibt bzw geschlossen zu bleiben hat (vgl insofern einen ähn- lichen Fall des Erk v 27.6.2006, 2005/06/0179). (Auf- hebung) Wien Kfz-Pflichtstellplätze außerhalb des Bauplatzes DOI 10.1007/s00738-008-0332-3 § 37 wr GaragenG Kfz-Stellplätze in einer Entfernung von 940 m lie- gen nicht mehr im „Umkreis von zirka 500 m“. Auf  Besonderheiten  eines  Bezirkes  oder  Be- zirksteiles (hier: der Wiener Innenstadt) kann in  diesem  Zusammenhang  nicht  Bedacht  genom- men werden. VwGH 31.7.2007, 2006/05/0182 <19> Aus der Begründung: § 37 Wr GaragenG räumt dem Bauwerber die Möglichkeit ein, dieser Verpflichtung auf andere Weise zu entsprechen. Auch diese Alterna- tive dient aber dem Ziel, die durch die Bauführung erhöhte Verkehrsbelastung zu vermindern. Eine Ver- minderung der Verkehrsbelastung tritt aber nur dann ein, wenn eine räumliche Nahebeziehung zwischen dem Bauobjekt und den dazu gehörenden Stellplätzen vorhanden ist, weil bei einer zu großen Entfernung der Effekt der Verkehrsentlastung des ruhenden Verkehrs im Nahebereich des Bauplatzes verloren geht. Weil ein Zusammenhang zwischen der Nutzung der Stellplätze und der Nutzung des die Stellplatzverpflichtung aus- lösenden Bauwerkes besteht, sollen diese Stellplätze in einem räumlichen Naheverhältnis zum jeweiligen Bau- platz liegen. Vor diesem Hintergrund ist die in § 37 Wr GarargenG getroffene Beschränkung auf einen „Um- kreis von zirka 500 m“ zu verstehen. Dem Gesetzeswortlaut ist nun keinesfalls zu entneh- men, dass der Gesetzgeber auf die Besonderheiten eines Bezirkes oder Bezirksteiles (hier: der Wiener Innen- stadt) Bedacht nehmen wollte oder dass es darauf an- käme, ob die Ersatzstellplätze im selben Bezirk zur Verfügung stünden oder nicht. Das Gesetz spricht von einem „Umkreis von zirka 500 m“ vom Bauplatz, ohne dass auf Spezifika eines Bezirks oder Bezirksgrenzen Bedacht genommen würde. Damit wird ein verbind- licher Radius vorgegeben, der für die Bereitstellung von Stellplätzen einzuhalten ist. Die unscharfe Bezeichnung durch die Einfügung des Wortes „zirka“ scha ledig- lich die Möglichkeit, diesen Bereich geringfügig zu überschreiten. Dass eine solche geringfügige Überschreitung bei einer Entfernung von 940 m, also beinahe dem Doppel- ten der zulässigen Entfernung, nicht mehr vorliegt, be- darf keiner weiteren Begründung. (Abweisung)

Kfz-Pflichtstellplätze außerhalb des Bauplatzes

  • Upload
    k-giese

  • View
    216

  • Download
    3

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kfz-Pflichtstellplätze außerhalb des Bauplatzes

Rechtsprechung34bbl2008, Heft 1

Februar

© Springer-Verlag 2008

dafür Sorge tragen müsse, dass eine vom Gastgarten ausgehende Lärmbelästigung vermieden werde:

Der Amtsarzt sei im erstinstanzlichen Sachverstän-digengutachten bei seiner Beurteilung davon ausgegan-gen, dass beim Gastgarten entsprechend dem Geneh-migungsantrag vom Verhalten der Gäste, wie es in § 112 Abs 3 GewO umschrieben ist (dabei handelt es sich um lautes Sprechen, Singen und Musizieren) auszugehen sei, und dass der Gastgartenbetrieb im Sommer um 23.00 Uhr, sonst um 22.00 Uhr ende. Vor diesem Hin-tergrund und auf der Basis der vorgelegenen Messungen und Berechnungen des gewerbetechnischen Sachver-ständigen sei der Arzt im erstinstanzlichen Verfahren zum Ergebnis gelangt, es seien bei den Nachbarn Lär-mimmissionen zu erwarten, die die Grenze der Zu-mutbarkeit überschritten und zu Gesundheitsschädi-gungen führen könnten (Gutachten v 21.7.2006). Die bel Beh habe den angefochtenen Bescheid allerdings auf das ergänzend eingeholte medizinische Gutachten im Berufungsverfahren gestützt. In diesem Gutachten v 18.1.2007 habe der ärztliche Sachverständige die tags-über auftretenden Lärmimmissionen auf ihre Eignung, die Gesundheit der Nachbarn zu gefährden, beurteilt und diese Frage verneint. Er habe sich jedoch nicht zur Frage geäußert, ob bzw inwieweit Nachbarn tagsüber durch betriebskausale Lärmimmissionen des hier zu beurteilenden Gastgartens belästigt werden (eine sol-che Beurteilung erfolgte bloß betreffend den – durch den angefochtenen Bescheid nunmehr ohnehin ausge-schlossenen – Betrieb des Gastgartens nach 22.00 Uhr). Die Frage, ob Nachbarn durch den Betrieb des gegen-ständlichen Gastgartens vor 22.00 Uhr belästigt wür-den und gegebenenfalls welches Ausmaß diese Belästi-gungen erreichen bzw welcher Art die belästigenden Geräusche seien, sei daher auf der Gutachtensebene unbeantwortet geblieben. Im letztgenannten Gutach-ten fänden sich allerdings gleichzeitig Anhaltspunkte dafür, dass Schallpegelwerte über 50 dB (diese werden nach dem Gesagten gegenständlich überschritten) grundsätzlich zu Störungen bei anspruchsvollen men-talen Tätigkeiten führen könnten. Diese Frage könne auch bei von einem gem § 112 Abs 3 GewO betriebenen Gastgarten nicht dahin gestellt bleiben. Die Genehmi-gung für einen unter § 112 Abs 3 GewO fallenden Gastgarten sei aber zu versagen, wenn er zu unzumut-baren Belästigungen bzw zur Gesundheitsgefährdung von Nachbarn führen würde. Dies werde gegenständ-lich im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein.

Diese Aussagen des VwGH können grundsätzlich auch auf die baurechtliche Komponente des gegen-ständlichen Falles bezogen werden. Diese, vom VwGH hinsichtlich der gewerberechtlichen Beurteilung der Anlage geforderte Beurteilung, ob die Lärmbelästigung das ortsübliche Ausmaß angesichts der konkreten Situ-ierung des Vorhabens übersteigt, hätte die bel Beh auch bei der baurechtlichen Beurteilung im Grunde des § 8 BauG anstellen müssen, weil unzumutbare Belästigun-gen bzw Gesundheitsgefährdungen auch nach dieser Bestimmung vom Nachbarn nicht geduldet werden

müssen. Sie hätte hiebei – allenfalls auch in Form von präzisierenden Auflagen – klarstellen müssen, ob und inwieweit die Türe zum Gastgarten geschlossen bleibt bzw geschlossen zu bleiben hat (vgl insofern einen ähn-lichen Fall des Erk v 27.6.2006, 2005/06/0179). (Auf-hebung)

Wien

Kfz-Pflichtstellplätze außerhalb des Bauplatzes

DOI 10.1007/s00738-008-0332-3

§ 37 wr GaragenG

Kfz­Stellplätze in einer Entfernung von 940 m lie­gen nicht mehr im „Umkreis von zirka 500 m“.

Auf  Besonderheiten  eines  Bezirkes  oder  Be­zirksteiles (hier: der Wiener  Innenstadt) kann  in diesem  Zusammenhang  nicht  Bedacht  genom­men werden.

VwGH 31.7.2007, 2006/05/0182 <19>

Aus der Begründung: § 37 Wr GaragenG räumt dem Bauwerber die Möglichkeit ein, dieser Verpflichtung auf andere Weise zu entsprechen. Auch diese Alterna-tive dient aber dem Ziel, die durch die Bauführung erhöhte Verkehrsbelastung zu vermindern. Eine Ver-minderung der Verkehrsbelastung tritt aber nur dann ein, wenn eine räumliche Nahebeziehung zwischen dem Bauobjekt und den dazu gehörenden Stellplätzen vorhanden ist, weil bei einer zu großen Entfernung der Effekt der Verkehrsentlastung des ruhenden Verkehrs im Nahebereich des Bauplatzes verloren geht. Weil ein Zusammenhang zwischen der Nutzung der Stellplätze und der Nutzung des die Stellplatzverpflichtung aus-lösenden Bauwerkes besteht, sollen diese Stellplätze in einem räumlichen Naheverhältnis zum jeweiligen Bau-platz liegen. Vor diesem Hintergrund ist die in § 37 Wr GarargenG getroffene Beschränkung auf einen „Um-kreis von zirka 500 m“ zu verstehen.

Dem Gesetzeswortlaut ist nun keinesfalls zu entneh-men, dass der Gesetzgeber auf die Besonderheiten eines Bezirkes oder Bezirksteiles (hier: der Wiener Innen-stadt) Bedacht nehmen wollte oder dass es darauf an-käme, ob die Ersatzstellplätze im selben Bezirk zur Verfügung stünden oder nicht. Das Gesetz spricht von einem „Umkreis von zirka 500 m“ vom Bauplatz, ohne dass auf Spezifika eines Bezirks oder Bezirksgrenzen Bedacht genommen würde. Damit wird ein verbind-licher Radius vorgegeben, der für die Bereitstellung von Stellplätzen einzuhalten ist. Die unscharfe Bezeichnung durch die Einfügung des Wortes „zirka“ schafft ledig-lich die Möglichkeit, diesen Bereich geringfügig zu überschreiten.

Dass eine solche geringfügige Überschreitung bei einer Entfernung von 940 m, also beinahe dem Doppel-ten der zulässigen Entfernung, nicht mehr vorliegt, be-darf keiner weiteren Begründung. (Abweisung)