Kinder der Blauen Blume

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Band 51der Fernseh-Serie Raumpatrouille

H. G. Francis

Kinder derBlauen Blume

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Die ORION-Crew entdeckte in den Tiefen des Planeten Mars neben uralten, aber gut erhaltenen Anlagen der Invasoren auch einen Transmitter.Nach grndlichen berlegungen entschieden sich die Raumfahrer dafr, sich von dem noch immer funktionierenden Transmitter zur unbekannten Gegenstation befrdern zu lassen. Sie erlebten eine berraschung, denn sie kamen an einem Ort heraus, den sie alle noch gut aus einem Einsatz kannten, der vor langer Zeit stattfand: im sthlernen Turm der Dherrani auf dem Planeten Cassina.Da sie sich damals mit den Verhltnissen auf Cassina vertraut gemacht hatten, hielten sie es fr ungefhrlich, den Turm zu verlassen und die Auenwelt zu betreten. Sie erlebten eine zweite berraschung, die beinahe tdlich fr sie ausgegangen wre, denn die Pflanzen der Dschungelwelt Cassina griffen sie unerbittlich an und der sthlerne Turm hatte sich hinter ihnen geschlossen.Im letzten Augenblick tauchte ein fremdartiges Raumschiff auf und nahm die Todgeweihten an Bord. Doch damit fanden sich die Raumfahrer als Gefangene der Vorthanier wieder, die einst als Hilfsvolk dem Rudraja dienten, aber die Erinnerungen daran fast vergessen haben. Dafr werden sie von Unandat beherrscht, dem Elektronengehirn ihrer riesigen Raumstation, das seine ursprngliche Programmierung im Lauf vieler Jahrtausende verndern konnte. Die ORION-Crew wurde, mit Ausnahme von Atan Shubashi, der auf dem Mars zurckblieb, nach Vortha verschleppt. Man behandelt die Raumfahrer freundlich, doch man lt sie nicht gehen. Mario de Monti verliebt sich in die Vorthanierin Erethreja und erfhrt von ihr, welche Aktivitten die Vorthanier unter der Regierung Unandats entfalten.Sie erfahren auch von einer Gruppe Vorthanier, deren Mitglieder mit geheimnisvollen Krften ausgestattet sind und sich anschicken, diese Krfte anzuwenden: es sind DIE KINDER DER BLAUEN BLUME ...

Die Hauptpersonen des Romans:Assimladja und Usqueesid Zwei Kinder der Blauen Blume.Atan Shubashi Er wartet auf dem Mars auf die Rckkehr seiner Kameraden.Tunaka Katsuro Direktor des GSD.Morales Twal Ein verachteter Indianer wird zum Retter der Erde.Enrico Fardi Ein Mutant mit bsen Plnen.

1.

Assimladja trat als erste aus dem Transmitter.Sie blickte sich verwirrt in der Station um, die ihr fremd vorkam, obwohl sie sich nur in Details von der unterschied, die das Kind der Blauen Blume abgestrahlt hatte. Auf dem Boden lagen einige Gebrauchsgegenstnde herum, die irgend jemand achtlos weggeworfen hatte. Die Vorthanierin nahm einen Grtel auf und legte ihn auf ein Podest, nachdem sie ihn sorgfltig zusammengerollt hatte.In der Station war es hell. Alle Gerte waren in Ordnung. Assimladja sah die Lichtzeichen der Kontrollen und entdeckte nirgendwo ein Alarmlicht. Dennoch eilte sie kurz von Gert zu Gert und berprfte sie. Erst als sie festgestellt hatte, da wirklich alles in Ordnung war, strahlte sie das Signal ab.Sekunden spter traf Irisandija ein.Ist alles in Ordnung? fragte sie mit sanfter Stimme. Assimladja lchelte ber die naive Frage. Wenn irgend etwas nicht in Ordnung gewesen wre, htte sie das Signal nicht gegeben. Sie setzte zu einer tadelnden Entgegnung an, als Elvedurija kam. Sie fuhr sich mit beiden Hnden durch das blaue Haar, das ihren Kopf bedeckte, und ihre Augen schlossen sich zu schmalen Schlitzen.Was ist denn? fragte sie. Warum muten wir solange warten?Du solltest mich kennen, entgegnete Assimladja. Du solltest wissen, da ich sorgfltig und vorsichtig bin. Ich prfe lieber zweimal, bevor ich euer Leben gefhrde.Pah, machte Elvedurija. Sie fand stets alles bertrieben, was Assimladja unternahm. Wenn es nach ihr gegangen wre, dann wre alles schneller gegangen. Sie war bereit, etwas zu riskieren.Yllyrhadja lchelte, als sie aus dem Transmitter trat. Grazis ging sie zu einem Gert hinber und lehnte sich daran. Sie strich sich mit den Fingerspitzen ber die Wangen, um die samtartige Haut zu pflegen. Sie war nett und freundlich zu allen, nur wenn jemand behauptete, da sie nicht die schnste von allen war, konnte sie heftiges Temperament beweisen.Als erster Mann kam Omdhurid aus dem Transmitter. Auch er lchelte und verzichtete auf Fragen. Er schien berhaupt nicht auf den Gedanken zu kommen, da irgendwo Schwierigkeiten auftauchen knnten. So war sein Naturell. Anders Otsummid, der einen fast ngstlichen Eindruck machte. Er ging nicht so hochaufgerichtet und geschmeidig wie die anderen Vorthanier. Ein unbeteiligter Beobachter htte aus seiner Haltung schlieen knnen, da er sich allen anderen widerspruchslos unterordnete. Aber das tuschte. Otsummid verfgte ber ein gesundes Ma an Selbstvertrauen und Intelligenz.Usqueesid bildete den Abschlu. Ironisch lchelnd blickte er sich um.Ihr seid ja so ruhig, sagte er. Ohne mich kommt ihr wohl nicht klar? Oder irre ich mich?Ich glaube, da wir ohne dich weniger Schwierigkeiten htten, erwiderte Elvedurija angriffslustig.Ruhig jetzt, befahl Assimladja. Ich will nichts mehr hren. Wir wollen uns auf unsere Aufgabe konzentrieren. Das allein ist wichtig.Gern, sagte Usqueesid. Dagegen ist nichts einzuwenden. Wo fangen wir an?Assimladja schaltete den Transmitter aus und blockierte die Programmierung, so da niemand sie verndern konnte, bevor nicht sieben Objekte gleicher Masse hindurchgegangen waren. Es war uerst unwahrscheinlich, da berhaupt jemand diese Station entdeckte, und noch unwahrscheinlicher war, da dieser Entdecker dann den Transmitter anders programmierte, um ein anderes Ziel anzusteuern. Aber Assimladja dachte darber gar nicht nach. Es war selbstverstndlich fr sie, da sie eine derart berflssige Absicherung traf. Elvedurija beobachtete sie spttisch, sagte jedoch nichts. Sie wute, da sie Assimladja nicht mehr ndern wrde, obwohl sie beide erst 17 Jahre alt waren und sich damit in einem Alter befanden, in dem man sich noch ndern konnte, wenn man wollte.Usqueesid schaltete ein Fernbeobachtungsgert ein. Auf einem Bildschirm erschienen ein paar helle Punkte. Der Vorthanier drehte an einigen Knpfen. Die Punkte verwischten sich, und einer von ihnen wuchs rasch an, bis er zu einer groen Scheibe geworden war, die den ganzen Bildschirm ausfllte.Stell' doch mal scharf, forderte Omdhurid ungeduldig.Ich bin schon dabei, erwiderte Usqueesid.Du solltest ihn nicht stren, sagte Assimladja tadelnd. Er gibt sich Mhe.Das ist ja wohl auch das mindeste, was wir von ihm erwarten knnen, bemerkte Elvedurija.Hast du die Worte Unandats vergessen? fragte Assimladja. Sie fordern dich auf, freundlich, geduldig und sanft zu sein.Ich habe sie nicht vergessen, erklrte Elvedurija. Die Worte leben in mir.Das Bild wurde scharf. Es zeigte einen blauen Planeten vor einem tiefschwarzen Hintergrund. Die Erde.Wie schn, sagte Irisandija ergriffen.Fast so schn sie Ssassara Hjuul. Yllyrhadja stiegen die Trnen in die Augen.So habe ich mir diese Welt vorgestellt, behauptete Usqueesid.Wir wollen einen Kontaktblock bilden, damit wir die Gedanken der Bewohner dieses Planeten erfassen knnen, sagte Assimladja und streckte ihre Hnde aus. Kommt!Die anderen rckten nher zu ihr heran. Sie ergriffen sich bei den Hnden und schlossen die Augen, um sich ganz auf die ferne Welt zu konzentrieren, die das Beobachtungsgert erfat hatte. Ihre psionische Energie flo zu Assimladja, die ein parapsychisches Zentrum bildete. Assimladja wartete geduldig ab, bis sie sich stark genug fhlte. Dann ffnete sie ihre Sinne fr den Gedankenstrom, der von der Erde ausging.Assimladja hatte sich eigentlich noch gar nicht richtig mit den Menschen befat. Sie wute, da die Erde bewohnt war, und da die Menschen noch nichts von der Lehre Unandats ahnten. Das war aber auch so ziemlich alles, was ihr bekannt war.Eine Vorstellung davon, wieviel Menschen auf der Erde lebten, hatte sie ebenso wenig wie die anderen. Daher traf sie die Gedankenflut, die von der Erde ausging, wie ein Schock. Sie taumelte zurck. Ihre Augen weiteten sich, und sie begann am ganzen Krper zu zittern. Panikartig zog sie sich zurck und verschlo sich gegen alle auf sie einstrmenden Gedanken.Sie lie die Hnde der anderen los und eilte zu einem pontonfrmigen Gert, um sich zu setzen.Das habe ich nicht gewut, sagte sie stammelnd.Sie wiederholte ihre Worte noch einige Male. Das war ein deutliches Zeichen dafr, wie heftig sie der Schock getroffen hatte. Den anderen erging es kaum besser. Lediglich Usqueesid, der Sptter, zeigte sich relativ unbeeindruckt.Wir wuten ja, da sie nichts von Unandat wissen, sagte Elvedurija. Da sie deshalb aber so anders sind, damit habe ich nicht gerechnet.Damit drckte sie aus, was auch die anderen empfanden.Wir wollen es noch einmal versuchen, sagte Assimladja, als etwa eine halbe Stunde verstrichen war und sie sich wieder erholt hatten. Dieses Mal werden wir aber vorsichtiger sein.Wir sind besser vorbereitet, stellte Usqueesid sachlich fest. Dieses Mal wird es keinen Schock geben.Das glaube ich auch nicht. Assimladja kehrte zu den anderen zurck und streckte die Hnde auffordernd aus.Wieder konzentrierten sich die Vorthanier. Sie sammelten ihre psionischen Krfte, bis Assimladja endlich vorsichtig ihre Sinne ffnete und die aus der Ferne kommenden Gedanken der Milliarden Menschen der Erde auf sich einstrmen lie.Am meisten verwirrte und verunsicherte sie die Tatsache, da aus all diesen Gedanken kein gemeinsamer Grundgedanke und kein gemeinsames Hauptempfinden herausleuchtete. Da war nichts von der Lehre Unandats zu erkennen. Die Gedanken bildeten ein chaotisches Durcheinander. Eine Ordnung gab es nicht.Assimladja brach in Trnen aus. Sie lie die Hnde sinken und blickte die anderen an. Auch sie weinten vor Mitleid. Selbst Usqueesid hatte trnenfeuchte Augen.Sie kennen die Lehre Unandats wirklich nicht, sagte Elvedurija erschttert. Bis jetzt habe ich es nicht geglaubt. Ich habe es mir nicht einmal vorstellen knnen, da es so etwas gibt. Wie ist das mglich?Wie knnen sie berhaupt ohne Unandat leben? fragte Irisandija verstrt. Sie litt am meisten unter der Leere, die in dieser Gedankenflut gewesen war.Omdhurid legte ihr trstend den Arm um die Schultern.Wir mssen ihnen helfen, sagte er stockend. Er blickte Assimladja bittend an. Nicht wahr, Assimladja? Das werden wir doch tun?Sie tun mir so leid, sagte Otsummid erschttert. Ich knnte es mir nie verzeihen, wenn wir ihnen die Lehre Unandats nicht vermitteln wrden. Wir mssen es einfach tun.Wir werden es tun, versprach Assimladja. Sie lchelte unter Trnen. Sie streckte die Hnde aus. Ich freue mich, da ihr so denkt und fhlt. Es macht mich glcklich.

*

Morales Twal verzog keine Miene, als Jamy Bander den Quadulbehlter mit dem Fu umstie.Tut mir leid, sagte der Lichtspruchtechniker. Ehrlich.Er blickte auf Morales herab, der etwa vierzig Zentimeter kleiner war als er. Der Indianer kniete sich nieder und sammelte die ber den Boden verstreuten Teile auf, ohne zu protestieren oder Bander zurechtzuweisen.Ich glaube, du bildest dir ein, da ich das absichtlich getan habe, sagte der Lichtspruchtechniker. So ist es doch, oder?Morales antwortete nicht.Kannst du nicht den Mund aufmachen? fragte Bander gereizt.Der Indianer richtete sich auf, nachdem er das letzte Teil aufgenommen und in den Kasten gelegt hatte. Mit halbgeschlossenen Lidern stand er vor dem Techniker.Ich erflle meinen Vertrag, sagte er. Was strt dich daran?berhaupt nichts, behauptete Bander.Dann knntest du mich in Ruhe lassen, erwiderte der Brasilianer. Und wenn du das nchstemal Quadule ber den Boden verstreust, dann knntest du ruhig daran denken, da diese uerst empfindlich sind und da unser Vorrat so gut wie erschpft ist.Wir befinden uns bereits im Sonnensystem. In einer Stunde landen wir auf der Erde. Da gibt es genug Quadule.Ist das ein Grund, etwas absichtlich zu zerstren?Du behauptest also, ich htte es absichtlich getan, sagte Bander. Seine Faust fuhr blitzschnell vor. Der Indianer versuchte, ihr auszuweichen, aber er war nicht schnell genug. Der Lichtspruchtechniker traf ihn am Kinn und schleuderte ihn mit diesem Schlag gegen die Wand. Morales sackte zu Boden, richtete sich jedoch sogleich wieder auf. Doch nun hatte Bander Oberhand. Er schlug noch zweimal zu und traf entscheidend.Der Brasilianer blieb auf dem Boden liegen. Er war nicht bewutlos, aber doch so betubt, da er nicht mehr kmpfen konnte. Er blickte den Techniker aus halbgeschlossenen Augen an. In seinem braunen Gesicht zuckte kein Muskel.Jamy Bander stand breitbeinig ber ihm.Willst du nicht aufstehen? fragte er hhnisch.Morales Twal antwortete nicht. Bander konnte nicht erkennen, ob er diese Worte berhaupt gehrt hatte. Die stoische Ruhe des Brasilianers reizte ihn. Er hatte das Verlangen gehabt, Morales zu demtigen, nun aber sprte er, da er nicht wirklich an ihn herankam. Was er auch tat, es schien an ihm abzugleiten.Und was kommt jetzt? fragte er hitzig. Wirst du dir den Krper bemalen und die bsen Geister der Rache anrufen?Morales schwieg und blieb liegen. Als Bander jedoch versuchte, ihm in die Seite zu treten, rollte er sich rasch weg, richtete sich halb auf, blieb auf dem Boden sitzen und lehnte sich mit dem Rcken an die Wand. Er blickte den Techniker ausdruckslos an.Mann, schrie Bander. Warum bist du nicht einfach im Urwald bei deinen Stammesgenossen geblieben? Was hast du bei uns zu suchen? Das ist nicht deine Welt, Bananenfresser.Bist du nun endlich fertig? fragte Morales, als Bander seine Beschimpfung beendete. Oder hast du noch einige berzeugende Argumente mehr?Jamy Bander strich sich mit der Hand ber die Augen, drehte sich um und ging davon. Er schwankte leicht, als sei er betrunken. Doch das war er nicht. Morales wute, da er nie trank.Im Grunde genommen mochte er Jamy Bander ganz gern, auch wenn dieser hin und wieder aus der Rolle fiel und ihn dann schmhlich beleidigte. Doch spter tat es ihm dann stets leid, und bisher hatte der Lichtspruchtechniker sich noch immer bei ihm entschuldigt.So aber hatte Morales ihn noch nie gesehen.Er stand auf und folgte dem Techniker einige Meter weit. Dann blieb er stehen.Bander, rief er. Was ist mit dir los?Der Lichtspruchtechniker drehte sich nicht um. Er ging weiter, ffnete eine Tr und verschwand darin. Morales berlegte einige Sekunden lang, ob er ihm noch weiter folgen sollte, wandte sich dann jedoch ab. Er hatte keinen Grund, sich um Bander zu kmmern. Bander hatte ihn geschlagen und war damit weit ber alles hinausgegangen, was er sich bis dahin geleistet hatte.Der Brasilianer kehrte an seine Arbeit zurck. Er nahm die Quadule auf, entfernte die Verschalung einer Wand und tauschte einige nicht mehr voll funktionsfhige Quadule gegen neue aus.Eine Erschtterung ging durch das Schiff.Morales stutzte. Er rieb sich das schmerzende Kinn und blickte sich um. Er war allein in einem Gang neben dem Haupttriebwerk. Erschtterungen whrend des Anflugs bei Unterlichtgeschwindigkeit auf die Erde? So etwas hatte er noch nicht erlebt.Er fragte sich, was passiert sein konnte.War die MIROBE mit einem Meteoriten zusammengestoen?Unwahrscheinlich, sagte er sich. Der Frachtraumer war wie die meisten anderen Raumschiffe dieses Zeitalters auch gegen solche Zusammenste gesichert, so da sie so gut wie nie auftraten.Was aber konnte sonst das Raumschiff erschttern?Morales wute es nicht. Er war Quadultechniker und Mdchen fr alles an Bord der MIROBE. Als Raumfahrer war er jedoch nicht ausgebildet. Er wre nicht in der Lage gewesen, die MIROBE allein zu fliegen, einen Lichtspruch abzusetzen oder die Computerberwachung vorzunehmen.Er entschlo sich, Jamy Bander zu folgen und ihn zu fragen.Als er sich der Tr nherte, durch die der Lichtspruchtechniker verschwunden war, fhlte er, wie der Boden unter ihm schwankte. Er blieb stehen, schlo die Augen und konzentrierte sich. Er hatte sich nicht getuscht. Das Raumschiff flog unruhig und wurde stndig leicht erschttert. So war es noch nie gewesen.Er ffnete die Tr.Bander? rief er. Wo bist du?Im Werkzeugteileraum hielt Bander sich nicht auf. Morales betrat kurzentschlossen den Triebwerksraum, weil er hoffte, hier Chefingenieur Hannopan vorzufinden, aber auch Hannopan war nicht da.Morales fhlte, wie es ihn kalt berlief. Hatten die anderen Besatzungsmitglieder das Schiff verlassen, ohne ihn zu informieren? Er hielt es nicht fr ausgeschlossen. Ohne das geringste Gefhl von Bitterkeit stellte er fest, da er fr die meisten doch nur der Indianer war. Nicht gerade ein Tier, aber ein vollwertiger Mensch sicherlich nicht.Es war mglich, da sie gegangen waren, ohne an ihn zu denken.Er stieg in den zentralen Lift und fuhr nach oben. Sein Herz klopfte wild. Er wute, wie wtend Kommandant Lapoint reagieren konnte, wenn er in das Heiligtum der MIROBE eindrang, ohne gerufen worden zu sein.Er erinnerte sich noch recht gut daran, was geschehen war, als er vor zwei Jahren die Hauptleitzentrale betreten hatte. Lapoint htte ihn fast umgebracht. Hannopan hatte ihn daran gehindert. Er war es auch gewesen, der Lapoint veranlat hatte, ihn nur mit einer Geldbue zu belegen. Lapoint hatte ihm ein halbes Jahresgehalt gestrichen.Seitdem war Morales nicht mehr in der Zentrale gewesen.Jetzt blieb ihm keine andere Wahl. Er mute wissen, ob die anderen noch an Bord waren, oder ob er allein war.Die Tr ffnete sich.Der Brasilianer betrat die Zentrale. Kommandant Lapoint sa in seinem Sessel. Er hielt ein Blatt Papier auf den Knien. Er zeichnete eine Blume. Jamy Bander stand neben ihm. Er lchelte. Seine Augen glnzten.Chief Hannopan sa in einem anderen Sessel. Er war vllig entspannt. Sein Kopf ruhte auf der Rckenlehne. Er hielt die Augen geschlossen. Morales zweifelte nicht daran, da er schlief.Waffentechnikerin Mary O'Donnogan blickte auf ihre Hnde, die sie langsam drehte und wendete, als forme sie mit ihnen aus einer unsichtbaren Masse eine Skulptur. Sie lchelte ebenfalls. Computerspezialist Bond tippte immer wieder andere Buchstaben-Zahlenkombinationen in die Tastatur des Computers. Er lachte hin und wieder leise auf, wenn die Ergebnisse aufleuchteten, und stellte sogleich neue Berechnungen an.Morales eilte zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.Was tust du, Bond? fragte er. Bist du verrckt geworden?Der Computertechniker beachtete ihn nicht. Morales packte ihn mit beiden Hnden und schttelte ihn heftig.Ich habe zwar keine groe Ahnung davon, sagte er, aber ich wei immerhin, da der Computer 80 Prozent aller Funktionen an Bord steuert. Selbst ich kann sehen, da du mit diesen Manipulationen das Schiff gefhrdest. Nichts stimmt mehr. Sieh dich doch um. berall rote Lichter.Eine Alarmpfeife heulte auf. Morales lie die Hnde sinken. Sptestens jetzt htte einer von den verantwortlichen Offizieren in der Hauptleitzentrale reagieren mssen. Sie htten merken mssen, da etwas nicht in Ordnung war. Aber sie reagierten ganz anders, als Morales erwartet hatte.Chief Hannopan ging zum Steuerleitpult und schaltete die Alarmanlage kurzerhand aus. Es wurde still in der Zentrale.Der Indianer ging wortlos zum Hauptbildschirm. Er schaltete ihn ein. Das Raumschiff befand sich in der Nhe des Jupiter. Morales stellte mhelos fest, da es an dem Planeten vorbeifliegen wrde, sich ihm dabei jedoch so nherte, da es in die Mondbahnen geriet. Ein derartiger Kurs konnte unmglich vom Chefnavigator Barries programmiert worden sein.Morales wollte Barries fragen, doch er sah, da der Navigator nicht ansprechbar war. Er verhielt sich ebenso wie die anderen. Die realen Probleme des Raumschiffs interessierten ihn nicht. Er schien sie berhaupt nicht wahrzunehmen.Morales eilte zum Kommandanten. Entschlossen nahm er ihm das Blatt mit der Blumenzeichnung weg. Er hoffte, da Lapoint nun wtend reagieren wrde. Der Kommandant nahm jedoch eine Navigationskarte und begann erneut zu zeichnen. Morales nahm ihm auch diese weg. Lapoint lehnte sich zurck, verschrnkte die Arme vor der Brust und blickte glcklich lchelnd nach oben.Kommandant, das geht nicht gut, sagte Morales laut. Sie mssen etwas tun, oder wir rammen einen der Jupitermonde.Lapoint tat, als habe er ihn nicht gehrt.Morales blickte zum Hauptbildschirm. Ein Warnlicht leuchtete pulsierend im Zentrum des Schirmes auf. Das war ein absolut klares Zeichen, das auch Morales verstand. Ein groes Objekt befand sich vor ihnen. Das Raumschiff raste direkt darauf zu. Es konnte nur einer der Jupitermonde sein.Morales schlug wtend zu. Seine flache Hand klatschte Lapoint ins Gesicht. Der Kommandant rutschte fast aus dem Sessel, aber auch jetzt zeigte er kein Interesse fr das Schiff. Er setzte sich wieder bequemer im Sessel hin, lchelte zufrieden und schlo seufzend die Augen.Sagen Sie doch etwas, Lapoint, schrie der Indianer. Sagen Sie mir, wie ich das Schiff anhalten oder auf einen anderen Kurs bringen kann.Der Kommandant schwieg.In seiner Verzweiflung rannte Morales zum Steuerleitpult. Er ri alle Hebel in die Nullstellung zurck, drehte Knpfe, drckte Tasten und schaltete alles, was er eindeutig genug erkennen konnte, zurck. Alle Systeme stellten ihre Arbeit ein. Nur den Geschwindigkeitsmesser lie der Indianer weiterlaufen. Er zeigte an, da sich die MIROBE mit unverminderter Geschwindigkeit dem Kollisionsobjekt nherte.Damit war klar, da alles, was er getan hatte, wirkungslos geblieben war. Er htte das Raumschiff nur retten knnen, wenn er vollen Gegenschub gegeben oder die MIROBE auf einen anderen Kurs gebracht htte. Nun aber war es zu spt. Nur noch Minuten blieben, bis das Raumschiff mit dem Jupitermond zusammenprallte.Morales ballte die Fuste, als er begriff, da er nichts fr die Besatzung tun konnte. Ihm blieb nur noch eines. Er mute sich selbst retten. Er mute das Raumschiff verlassen.Mit einer LANCET konnte er umgehen. Ein derartiges Beiboot war die letzte Chance, die er hatte.Er verlie die Hauptleitzentrale. Zwanzig Sekunden spter war er bereits in der LANCET. Dann bentigte er noch einmal neunzig Sekunden, bis er das Beiboot starten konnte. Mit hoher Beschleunigung verlie es den Frachtraumer, unmittelbar bevor dieser mit dem achten Jupitermond kollidierte.

2.

Irisandija schrie entsetzt auf.Yllyrhadja rief schluchzend: Ich wute nicht, da es solche Menschen unter ihnen gibt.Und damit drckte sie genau aus, was die anderen dachten und empfanden. Alle Vorthanier waren malos berrascht. Keiner von ihnen hatte damit gerechnet, da es das Ende fr das Raumschiff bedeuten knnte, wenn sie sich mit der Besatzung befaten.Ich verstehe das einfach nicht, gestand Assimladja ein. Sie war die klgste und umsichtigste von allen. Da selbst sie nicht zu erklren wute, was geschehen war, verunsicherte die anderen.Wir haben so etwas noch nicht erlebt, sagte Usqueesid dennoch ruhig. Deshalb sind wir berrascht. Sollten wir uns aber nicht klar darber sein, da es immer Ausnahmen im Leben gibt? Nichts ist bis ins Detail hinein so, wie wir es uns vorstellen und wnschen.Ich kenne deine lose Zunge, entgegnete Assimladja streng, aber jetzt gehst du zu weit. Selbstverstndlich gibt es etwas, das keine Ausnahme kennt. Hast du das vergessen?Es gibt Unandat, sagte Elvedurija.Ich wollte nicht freveln, beteuerte Usqueesid.Dann sei lieber still, befahl Assimladja.Was machen wir denn nun? fragte Omdhurid. Ich meine, wir mssen uns doch entscheiden. Wie geht es weiter?Wir fliegen zur Erde. Das ist der blaue Planet dort, entschied Assimladja. Daran ndert sich nichts. Aber wir wissen, da es unangenehme Zwischenflle geben kann. Wir sind nun darauf vorbereitet und knnen uns entsprechend verhalten.Wir sind vorbereitet. Das ist richtig, sagte Elvedurija in einem Ton, der klarstellte, da fr sie noch lange nicht alles besprochen war. Was tun wir aber, wenn es wieder zu einem solchen Zwischenfall kommt?Ich wei es nicht, gestand Assimladja ein. Hat einer von euch eine Idee?Die anderen schwiegen, weil auch sie nicht wuten, was sie im Wiederholungsfall tun sollten.Rekonstruieren wir erst einmal, schlug Usqueesid vor, als einige Minuten verstrichen waren. Was war die Ursache dafr, da das Raumschiff auer Kurs gekommen und dann mit einem Mond dieses Planeten zusammengeprallt ist?Das ist einfach zu beantworten, erwiderte Elvedurija. Sie setzte sich auf ein Steuergert und schlug die schlanken Beine bereinander. Dieser Mensch, den sie Indianer nennen, hat uns nicht gehrt. Er ist taub.Das ist richtig, stimmte Usqueesid zu. Er lchelte anerkennend. Whrend alle anderen unserer Botschaft lauschten, hantierte er an den Gerten in der Hauptleitzentrale herum.Er war verantwortlich dafr, da der Raumer auer Kurs kam, bemerkte Irisandija. Fr sie war stets alles einfach. War aber tatschlich einmal irgend etwas wirklich kompliziert, dann pflegte sie es zu ignorieren.In diesem Fall widersprach ihr niemand, da alle der gleichen Ansicht waren.Was mich so entsetzt hat, ist die Tatsache, da ausgerechnet der an der Katastrophe Schuldige sich gerettet hat, sagte Assimladja.Du bist unlogisch, entgegnete Usqueesid, der die Chance nutzte, sich fr den Verweis, den er erhalten hatte, zu revanchieren. Ist der Indianer nicht der einzige, der sich Unandat noch verschliet? Whrend die anderen ihr Herz fr Unandat geffnet hatten, hat er sich ihm nicht zugewandt. Unandat hat ihn entkommen lassen, damit er Gelegenheit erhlt, sich spter in Demut vor ihm zu beugen.Assimladja war verblfft. Sie hatte nicht damit gerechnet, ausgerechnet von dieser Seite aus auf einen Denkfehler aufmerksam gemacht zu werden. Ihr Gesicht verfrbte sich und nahm eine dunkelblaue Tnung an.Verwirrt sagte sie: Wir wollen uns hier nicht lnger aufhalten. In dieser Station befindet sich ein Raumschiff. Das hat man uns jedenfalls gesagt. Wir werden damit starten und zur Erde fliegen, um dort die Lehre Unandats zu verbreiten. Das ist unsere Aufgabe.Je frher wir starten, desto lieber ist es mir, versetzte Usqueesid, der seinen Triumph nur mhsam verbarg. Hier finde ich es nmlich ziemlich langweilig.

*

Mein Name ist Morales Twal. Ich bin Brasilianer vom Stamm der Yanomam. Ich komme vom Rio Branco, sagte Morales. Er fuhr sich erschpft mit den Hnden ber das braune Gesicht. Unstet wanderten seine Blicke von einem der Offiziere zum anderen, die ihm gegenbersaen.Vor wenigen Minuten hatte ihn ein schneller Kreuzer der Raumstreitkrfte der Erde mit der LANCET aufgenommen, nachdem er ber Funk erklrt hatte, da er selbst nicht in der Lage war, das Beiboot auf der Erde zu landen.Was ist passiert? fragte der Kommandant. Er war ein schwergewichtiger Mann mit breitem Kinn und eng beieinanderstehenden Augen.Morales schilderte, was sich an Bord des Frachtraumers ereignet hatte. Er begann bei der Schlgerei, die er mit Jamy Bander gehabt hatte, und er endete mit seiner Flucht aus dem Raumschiff. Die Offiziere hrten ihm zu, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen.Ist das alles? fragte der Kommandant, als Morales verstummte.Das ist alles, besttigte der Indianer.Der Kommandant wandte sich an die anderen Offiziere in der Hauptleitzentrale des Kreuzers.Was sagt ihr dazu? fragte er.Klapsmhle, antwortete der Chefnavigator.Nein, rief Morales protestierend. Das war es nicht. Die Offiziere hatten den Verstand nicht verloren. Ich bin berzeugt davon, da sie unter einem fremden Einflu standen und keine Kontrolle mehr ber sich selbst hatten, whrend ich immun gegen diesen Einflu war.Das meine ich nicht, erklrte der Chefnavigator und verzog verchtlich die Lippen. Ich bin der Ansicht, da du in die Klapsmhle gehrst. Dort sollen die Psychiater erst einmal untersuchen, ob du berhaupt noch weit, wovon du redest. Und dann sollen sie herausfinden, wie du es fertiggebracht hast, die gesamte Mannschaft des Raumers auszuschalten, bevor du ...Morales versteifte sich. Sein Gesicht wurde ausdruckslos. Die Beschuldigungen glitten von ihm ab. Seine Augen blickten ins Leere. Er hrte nicht mehr, was die Offiziere sagten.Als das Raumschiff wenig spter auf der Erde landete, kamen zwei Mnner in die Hauptleitzentrale. Sie lchelten Morales freundlich zu.Kommen Sie, bat einer von ihnen. Wir werden Ihnen helfen.Ich bin vllig normal, sagte der Indianer ruhig. Mir fehlt nichts.Das wissen wir, antwortete der Arzt behutsam. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir bringen alles in Ordnung.Sie hrten ihm berhaupt nicht zu. Morales sprte, da er sagen konnte, was er wollte. Sie hatten ihn entmndigt und behandelten ihn wie ein Kind, dessen Worte ohnehin nichts zhlten. Er fhlte sich durch ihr Verhalten nicht gedemtigt, und er protestierte auch jetzt nicht. Er beugte sich ihnen nicht, aber er ging mit ihnen, weil er hoffte, da sich irgendwann spter die Gelegenheit ergeben wrde, vernnftig mit ihnen zu reden. Irgendwann einmal muten sie merken, da er nicht verrckt war.Als er im Gleiter zwischen den beiden rzten sa, lchelte er.Was werden Sie eigentlich tun, wenn es die Erde erreicht? fragte er erheitert.Wovon sprechen Sie? erkundigte sich der Mediziner, der hinter den Steuerleitelementen sa. Er war berhaupt der einzige, der etwas sagte.Ich meine das Fremde, das die Offiziere beeinflut hat. Was geschieht, wenn es zur Erde kommt und hier den gleichen Effekt hervorruft?Der Arzt blickte Morales an, und es schien, als sehe er ihn zum ersten Mal wirklich. Doch gleich darauf vernderte sich wieder etwas in den Augen des Arztes. Sie begannen zu strahlen, und ein trichtes Lcheln glitt ber die Lippen des Mediziners. Er hob die Hnde und drehte sich langsam hin und her.Sie sehen aus wie Blumen, die sich im Wind bewegen, sagte der Indianer.Der Arzt antwortete nicht. Auch sein Begleiter hatte alle Verbindungen zur Wirklichkeit verloren. Trumend sa er in den Polstern.Morales begriff.Er packte den Arzt, der am Steuer sa, bei den Armen.Hren Sie, rief er. Wachen Sie auf. Jetzt geschieht genau das, was ich. Ihnen angekndigt habe. Die Fremden brechen zur Erde durch. Dort drben in den Gebuden befindet sich die Raumberwachung. Begreifen Sie denn nicht? Man beeinflut uns mit parapsychischen Impulsen aus dem Weltraum heraus und macht sich dadurch den Weg durch die Radarberwachung frei.Die rzte reagierten nicht. Sie verhielten sich ebenso, wie die Offiziere der MIROBE es getan hatten. Sie hatten kein Gefhl mehr fr die Gefahr.Sie trumten von Blumen.Morales stieg aus dem Gleiter. Er zgerte kurz, dann rannte er zum Gebude der Raumberwachung hinber. Niemand hielt ihn auf. Die Offiziere, die das Gebude absichern sollten, lagen buchlings auf dem Rasen davor und betrachteten weltentrckt ein paar Sommerblumen. Der Indianer lief an ihnen vorbei. Er strmte eine Treppe hoch. Er wute, da die Hauptbeobachtungsstationen in den oberen Rumen waren. Das hatte er irgendwann einmal in einer Zeitschrift gelesen. Er ri eine Tr auf und blickte in einen groen Raum, in dem fnfzehn Mnner und acht Frauen an groen Radarschirmen saen.Selbst fr Morales zeichnete sich deutlich ein Objekt ab, das sich im Landeanflug befand. Es war lnglich und hatte die Form einer Zigarre.Die Radarberwachung aber trumte. Einige der Frauen zeichneten Blumen, so wie Kommandant Lapoint es getan hatte, andere saen mit geschlossenen Augen in den Sesseln, als ob sie schliefen. Die meisten Mnner lagen entspannt in den Sesseln und trumten mit offenen Augen vor sich hin.Morales eilte von einem zum anderen und versuchte, sie aus ihren Trumen zu reien. Es gelang ihm nicht.Schlielich blieb er resignierend stehen. Seine Arme sanken kraftlos herab.Es hat keinen Sinn, sagte er laut. Du schaffst es nicht.Alles war so, wie es in der Hauptleitzentrale der MIROBE gewesen war.Wrde es auch hier eine Katastrophe geben? Es sah so aus.Morales drehte sich einmal um sich selbst. Dann wurde ihm bewut, da die Folgen fr ihn noch weitaus gefhrlicher sein konnten, als jene, die das Ende des zerstrten Raumschiffes nach sich zog. Hatte man bisher angenommen, da er den Verstand verloren hatte, so mochte man nun vielleicht glauben, da er den Fremden half, die Hindernisse zu berwinden, die ihnen die terranische Raumabwehr entgegenstellte.Der Indianer zog sich langsam aus der Halle zurck.Es war besser, wenn man ihn hier nicht sah. Irgendein bereifriger Beamter konnte allzu leicht alles verdrehen.Die Radarbilder wurden elektromagnetisch aufgezeichnet. Wenn diese Phase der geistigen Beeinflussung vorber war, dann war einwandfrei feststellbar, da ein unbekanntes Flugobjekt in den Luftraum der Erde eingedrungen war.Morales beschlo, zu den rzten zurckzukehren.Er eilte durch die leeren Flure und verlie das Gebude. Die Offiziere lagen noch auf dem Rasen. Nichts hatte sich verndert. Die rzte waren noch nicht wieder Herr ihrer selbst.Morales setzte sich in den Gleiter und wartete.Eine halbe Stunde verstrich.Niemand wird zur Erde kommen und irgend jemanden hier beeinflussen, sagte der Arzt bergangslos.Morales wute zunchst nicht, was er meinte. Er grbelte ber diese Worte nach, whrend der Mediziner den Gleiter startete. Dann ging ihm auf, da der Arzt auf die Frage geantwortet hatte, die er ihm gestellt hatte, bevor das Fremde pltzlich ber ihn und seinen Kollegen gekommen war.Schauen Sie mal auf die Uhr, bat der Brasilianer.He, was ist das? fragte der Arzt berrascht. Haben Sie an der Uhr herumgespielt?Natrlich nicht, antwortete Morales. Sie wissen, da so etwas bei diesen Uhren gar nicht mglich ist. Sie haben getrumt. Fast eine Stunde lang. Whrend dieser Zeit standen Sie unter dem Einflu einer fremden Macht.Ja, ja, sagte der Arzt gelangweilt.Warum rufen Sie nicht die ffentliche Zeit ab? fragte Morales und tippte gegen das Videophon.Weil das nicht notwendig ist, antwortete der Arzt. Nur weil ich mich geirrt habe? Es ist schon spter als ich dachte. Na und?Morales lehnte sich seufzend zurck.Es hat keinen Sinn, sagte er. Sie werden es nie begreifen. Aber einen Gefallen knnten Sie mir noch tun.Welchen?Rufen Sie die Raumberwachung an und sagen Sie ihnen, da sie die Aufzeichnung der letzten Stunde berprfen sollen. Dabei werden sie feststellen, da ein unbekanntes Flugobjekt die Radarschranke durchbrochen hat.Nun reicht es aber, sagte der Arzt rgerlich. Ich habe keine Lust, mich mit denen da anzulegen. Machen Sie sich keine Sorgen. Es ist nichts passiert.Knnten Sie es nicht dennoch versuchen? fragte der Indianer. Vielleicht ist einer da, der sich die Aufzeichnungen ansieht. Das wrde schon gengen.Der Arzt schttelte den Kopf. Er glaubte, da Morales sich alles nur in seinem kranken Hirn eingebildet hatte.Das gehrt nicht zu meiner Therapie, erklrte er und beschleunigte voll.

*

Es ist alles ganz einfach, sagte Enrico Fardi. Man mu die Fragen nur auf die Gesetze der Natur reduzieren. Alle unsere Probleme scheinen unerhrt kompliziert zu sein, so da sie kaum noch zu bewltigen sind. Das ist alles verschrobener Unsinn, mit dem wir uns selbst belgen. Wir tun so, als seien wir so hochentwickelt, da fr uns die Gesetze der Natur nicht mehr gelten. Wir tun so, weil wir uns selbst schmeicheln wollen.Schmeicheln? fragte Teco schchtern. Das verstehe ich nicht.Enrico Fardi stopfte sich ein Stck gebratenes Fleisch in den Mund. Mit vollem Mund sprach er weiter.Natrlich wollen wir uns damit schmeicheln. Wir tun so, als seien wir hhere Wesen, dabei verhalten wir uns aber wie die Hengste und Stuten in einer Herde von Wildpferden.Verhalten wir uns denn so? fragte der Zwerg.Der Mutant zupfte eine Fleischfaser aus den Zhnen hervor, betrachtete sie und schob sie sich wieder in den Mund.Selbstverstndlich, antwortete er. Wir kmpfen stndig um eine Rangordnung. In jeder Gruppe Menschen versucht jeder, seine Rangordnung zu finden, so wie es unter den Hengsten und Stuten auch ist. Es gibt Kmpfe. Nun gut, sie werden bei uns Menschen nicht mehr mit Fen und Zhnen ausgefochten, sondern mit Worten. Oder auch schon die Sitzordnung, die wir am Tisch einnehmen.Das ist richtig, stimmte der zwergenhafte Teco zu und blickte sehnschtig auf das duftende Fleisch.Dieser Kampf um die Rangordnung setzt sich fort. Er charakterisiert unser ganzes Leben. Besonders deutlich wird es im Berufsleben. Einige kommen gar nicht erst auf den Gedanken, da sie etwas anderes sein knnten als Arbeiter. Andere kmpfen solange mit aller Kraft, bis sie Bo sind. Aber auch dann ist der Kampf um einen hheren Rang noch nicht zu Ende. Er geht weiter um mehr Macht, um mehr Einflu.Ich verstehe, flsterte Teco.Und so wie der einzelne um einen hheren Rang kmpft, so kmpfen auch die Vlker um eine Rangordnung. So war es frher, so ist es heute, und so wird es fr alle Zeiten sein. Und das nicht nur auf der Erde, sondern auch in der Galaxis. Siehst du, du Zwerg, das ist es, was ich meinte. Die Menschen der Erde drfen nicht mit dem zufrieden sein, was sie erreicht haben. Sie mssen versuchen, der Rangerste in der Galaxis zu werden. Und wenn sie das erreicht haben, mssen sie sich anderen Galaxien zuwenden und hier ihren naturgegebenen Anspruch auf den hchsten Rang unter den Vlkern geltend machen.Und danach? fragte Teco.Diese Frage knntest du dir selbst beantworten, wenn du zugehrt httest, sagte Enrico Fardi. Danach mu sich die Menschheit anderen Universen zuwenden. Aber was tut diese Menschheit? Sie gibt sich mit dem Rang eines Gleichen unter Gleichen zufrieden. Das ist eine Haltung, die mich als Mensch zutiefst beleidigt.Er wandte sich seinen Frauen zu, die in einem vertragslosen Zustand mit ihm zusammenlebten.Habt ihr mich verstanden? herrschte er sie an.Ja, Enrico, antworteten sie alle drei gleichzeitig in unterwrfigem Ton. Wir haben verstanden.Ihr drft gehen, sagte er und unterstrich mit einer Geste, da er allein mit Teco sein wollte. Die drei Frauen erhoben sich aus den Sesseln und eilten aus dem Raum. Siehst du, Teco, das ist es, was ich meinte.Der Zwerg nickte.Sie gehorchen Ihnen aufs Wort. Keine wrde es wagen, gegen Sie aufzubegehren.Sie haben die Rangordnung, die in diesem Haus herrscht, ein fr allemal akzeptiert. Und das ist gut so. Der Mutant strich sich selbstzufrieden lchelnd ber das brtige Kinn. Er stand auf und ging zu einem Fenster. Der zwergenhafte Teco blieb bei ihm. Er stellte sich auf hlzerne Stelzen, um ebenfalls aus dem Fenster sehen zu knnen.Der Blick glitt ber endlos weite Wlder. Der Palast des Vorsitzenden des Raumfahrerverbandes lag im Naturschutzgebiet, das nahezu das gesamte Amazonasbecken umfate. Im Zeitalter der Industrialisierung war das Amazonasbecken zum Teil erschlossen worden. Doch Landerschlieungen, Rodungen und Umweltverschmutzung hatten eine derart nachteilige Wirkung auf das kologische Gleichgewicht gehabt, da das Amazonasbecken unter Naturschutz gestellt worden war. Die Siedlungen waren wieder aufgegeben worden. Der zivilisierte Mensch hatte sich aus diesem Gebiet wieder zurckgezogen. Geblieben waren nur die Eingeborenen, die hier seit Jahrtausenden gelebt hatten die Indianer. Sie lebten grtenteils in Drfern unter einfachen Lebensbedingungen, da viele von ihnen alles abgelehnt hatten, was ihrem Wesen nicht entsprach.Einige Indianerstmme jedoch lebten unter Bedingungen, die durchaus mit denen der anderen Brasilianer zu vergleichen waren. Sie wohnten in eleganten Bungalows, wurden aus siedlungseigenen Kraftstationen mit Energie versorgt und pflegten enge kulturelle Verbindungen zu anderen Menschen auerhalb des Schutzgebiets. Sie bezogen ihr Einkommen aus Arbeiten, die mit dem regen Tourismus im Amazonasbecken zusammenhingen. Sie betreuten Forschungsexpeditionen, die vor allem von Biologen immer wieder unternommen wurden, oder sie arbeiteten im Dienste namhafter Naturforschungszentren.Enrico Fardis Palast stand, wie schon gesagt, im Naturschutzgebiet. Er hatte den Befehl gehabt, ihn abzureien, doch damit war die Naturschutzbehrde bei ihm nicht durchgekommen. Er hatte seine Verbindungen spielen lassen. Der Abbruchbefehl war aufgehoben worden.Teco raffte sich zu einer Frage auf, die weit ber das hinausging, was er bisher von sich gegeben hatte.Diese Theorien habe ich schon einige Male gehrt, sagte er. Und doch klingt heute etwas anderes in Ihren Worten mit. Was ist es? Was veranlat Sie, diese Dinge heute abermals zu betonen? Ist etwas passiert, wovon ich noch nichts wei?Enrico Fardi drehte sich um und blickte den Zwerg durchdringend an. Seine blauen Augen weiteten sich ein wenig. Tecos Lippen zuckten. Er wute, da Enrico Fardi ihn jetzt telepathisch bis auf den Grund seiner Seele durchleuchtete. Er sprte davon berhaupt nichts, aber es war ihm unangenehm. Dies war nicht das erste Mal, da der Mutant so etwas tat. Fr Fardi war es selbstverstndlich, die Menschen genau auszuloten, mit denen er es zu tun hatte. Dennoch versprte Teco heute ein besonderes Unbehagen.Der Mutant ging darber hinweg.Es ist etwas passiert, erklrte er. Eine fremde Macht nhert sich der Erde. Sie will uns eine neue Heilslehre bringen.Sie sieht sich also als ranghher an als wir?Unsinn, erwiderte der Mutant heftig. Sie ordnen sich selbst berhaupt nicht ein, sondern nur jenes Wesen, dessen Lehren sie uns bringen wollen, Unandat, ist fr sie der Hchste. Nach seinen Vorstellungen sollen alle leben.Teco lchelte.Die Menschen werden sie hinauswerfen. Sie haben nicht viel fr solche Dinge brig.Die Menschen werden sich nicht dagegen wehren. Das ist es ja. Die Fremden gehen mit parapsychischen Krften gegen die Menschheit vor. Oh, sie meinen es gut. Sie sind nicht bse, jedenfalls nicht in unserem Sinn. Sie sind todtraurig darber, da wir von Unandat noch nichts wissen.Sie werden unsere Abwehrstellungen nicht durchbrechen.Das haben sie lngst getan, denn sie machen die Menschen zu harmlosen Trumern. Enrico Fardi packte den Zwerg und hob ihn von den Stelzen herunter. Das ist meine Chance, Teco. Darauf habe ich gewartet. Ich werde die Stunde nutzen und meine Ziele durchsetzen. Die Menschheit wird zu trumen beginnen, aber ich werde handeln. Und wenn die Menschheit aus ihren Trumen erwacht, ist alles in meinem Sinn geregelt. Verla dich darauf. Morgen sieht die Erde anders aus.Er verlie die Halle. Sein Diener Teco schlo sich ihm an.Sie stiegen zum Dach des Gebudes empor, wo in versteckt angebrachten Nischen zahlreiche Gleiter parkten. Der Mutant whlte eine Maschine aus. Der Zwerg setzte sich hinter das Steuer.Wohin? fragte er.Dumpfkopf, sagte der Mutant rgerlich. Nach Brasilia natrlich. Wohin sonst?Teco startete, brachte die Maschine auf den richtigen Kurs und fragte: Was werden Sie dort tun?Enrico Fardi lchelte.Ich sehe die Entwicklung deutlich vor mir, sagte er. Die Fremden werden auch ber Brasilia erscheinen. Unter ihrem Einflu werden die Menschen vorbergehend vergessen, wer sie sind. Sie werden zu Trumern. So wird es auch in den verschiedenen Ministerien der Provinzverwaltung sein. Dort aber liegen ganze Berge von meinen nderungsvorschlgen und Vollmachtantrgen.Jetzt verstehe ich, entgegnete der Zwerg anerkennend.Enrico Fardi lehnte sich in den Polstern zurck. Er verschrnkte seine Arme vor der Brust.Sicherlich werden sich spter viele darber wundern, da meine Vorschlge und Antrge pltzlich abgezeichnet und damit genehmigt worden sind, aber dann ist es zu spt. Dann habe ich die Macht, die ich haben wollte, und ich bin im Besitz von zahllosen unterzeichneten und abgestempelten Dokumenten, die das besttigen. Ich sagte ja, es htte nicht besser kommen knnen.

3.

Das Raumschiff der Vorthanier passierte die verschiedenen Sicherheitsgrtel der terranischen Raumabwehr, ohne behindert zu werden oder irgendwo Alarm auszulsen.Ich sagte es euch ja, triumphierte Omdhurid, der Optimist unter ihnen. Sie sind friedlich, und das ist schlielich das einzige, was wichtig ist.Irisandija lenkte das Raumschiff in eine Umlaufbahn um die Erde, nachdem die verschiedenen Ortungssysteme in kybernetischer Zusammenarbeit mit den Bordcomputern die Positionen der zahllosen knstlichen Satelliten ausgemacht, aufgezeichnet und in den Kurscomputer eingegeben hatte, so da dieser den Autopiloten mit entsprechenden Daten versorgen konnte. Irisandija blieb als Pilotin nicht mehr viel zu tun als den allgemeinen Kurs zu bestimmen. Und das tat sie nach den Anweisungen, die Assimladja ihr gab.Wir wollen nacheinander alle Kontinente berfliegen, sagte die Anfhrerin der Vorthanier. Danach suchen wir uns ein Gebiet grter Vitalitt aus. Von dem aus werde ich operieren. Ich mchte euch bitten, euch selbst die Bereiche auszusuchen, die ihr bernehmen wollt.Ich werde bei dir bleiben, erklrte Usqueesid. Du brauchst einen Pragmatiker, der dafr sorgt, da du mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen bleibst.Ach, und dafr bist du gerade der richtige, wie? fragte Otsummid eiferschtig. Er war sonst stets still und zurckhaltend. Wenn es jedoch um Assimladja ging, die er verehrte, dann konnte er recht temperamentvoll sein.Ich denke schon, antwortete Usqueesid lssig. Oder solltest du der Ansicht sein, da du ... Nein. Das glaube ich nicht.Usqueesid bleibt bei mir, sagte Assimladja.Der stille Otsummid beugte sich widerspruchslos ihrer Entscheidung.Omdhurid zeigte auf die Bildschirme, auf denen die Umrisse des nordamerikanischen Kontinents zu sehen waren. Andere Schirme des Ortungssystems zeigten verschieden gefrbte Zonen vor allem an den Ksten.Das gefllt mir, sagte Omdhurid. Dort gibt es viele Menschen.Aber nur wenige Pflanzen, wandte Elvedurija spttisch ein.Das strt mich nicht, sagte Omdhurid. Dann werde ich die Menschen eben zu den Pflanzen fhren. Auch in diesem Land da unten gibt es gengend Pflanzen. Man mu sie nur sehen wollen. Also. Bis spter, meine Freunde.Er hob grend einen Arm. Seine samtblaue Haut verdunkelte sich, und er verschwand. Er teleportierte sich aus dem Raumschiff, um irgendwo auf dem nordamerikanischen Kontinent zu rematerialisieren.An den nchsten Kontinent gehe ich, erklrte Otsummid, der noch nicht verwunden hatte, da Assimladja ihn abgewiesen hatte.Einverstanden, sagte Assimladja mit einem versteckten Lcheln. Sie wute sehr wohl, was in ihm vorging, aber sie empfand nun einmal mehr fr den temperamentvolleren und stets etwas ironischen Usqueesid.Whrend das Raumschiff die Erde umrundete, verschwand einer der Vorthanier nach dem anderen aus der Hauptleitzentrale, bis Assimladja und Usqueesid allein waren. Der Raumer nherte sich dem sdamerikanischen Kontinent.Dort ist ein riesiges Waldgebiet, stellte Assimladja mit leicht belegter Stimme fest. Sie frchtete, Usqueesid knne die Situation zu einigen Bemerkungen nutzen, die nicht ganz im Sinn Unandats waren und auerdem nicht zu ihrem Einsatz paten. Ihr Gesicht verfrbte sich und wurde dunkelblau. Dort werden wir es leichter haben, als die anderen, die es mit groen Menschenmassen zu tun haben. Hoffentlich haben sie sich nicht berschtzt.Jetzt unterschtzt du dich und uns, erwiderte Usqueesid in der ihm eigenen, schleppenden Art. Wir erlitten einen Schock, als wir feststellen muten, da die Bewohner dieses Planeten keine Ahnung von Unandat haben. Ich gestehe, da selbst mich das Mitleid fast berwltigt hat. Mittlerweile aber haben wir uns gefangen. Wir wissen, wie schrecklich das alles fr die Menschen der Erde ist, aber das Mitleid wird uns nicht mehr behelligen. Im Gegenteil. Ich wei, da wir bald auf der Hut sein mssen, damit wir von dem auf uns eindringenden Glcksgefhl nicht erdrckt werden. Oder irre ich mich?Assimladja dachte ber seine Worte nach.Nein, du irrst dich nicht, antwortete sie nach einiger Zeit. Zu Anfang werden es nur wenige Menschen sein, die die Lehre Unandats kennen. Aber dann werden es immer mehr werden, bis endlich alle in Unandat aufgehen. Das Glcksgefhl, das die Menschen erfassen wird, wird den ganzen Planeten berschwemmen, und wir werden in der Tat aufpassen mssen, da wir darin nicht untergehen. Du bist ein kluger Mann, Usqueesid.La uns lieber teleportieren, bevor wir sentimental werden, sagte er spttisch. Oder?Sie erblaute erneut und streckte zgernd eine Hand aus. Er ergriff sie.Ich freue mich, sagte er. Wir haben eine schne Aufgabe.Hoffentlich gibt es nicht so viele gefhrliche Menschen wie jener, durch dessen Schuld das Raumschiff zerstrt wurde.Es gibt bestimmt nicht viele, erwiderte er trstend. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, denn das wre nicht im Sinn Unandats, der der Anfang und das Ende ist.Sie blickten sich an und teleportierten.Das Raumschiff flog weiter. Es blieb auf dem eingeschlagenen Kurs um die Erde, gelenkt vom Autopiloten. Assimladja wute, da keinerlei Gefahr fr das Raumschiff bestand. Es wrde bald niemanden mehr auf der Erde geben, der es bedrohen konnte.Die Vorthanier hatten keinerlei Bedenken, den Menschen die Lehre Unandats zu bringen. Keiner von ihnen dachte auch nur im entferntesten daran, da ihr Feldzug fr Unandat eine Versklavung der Menschheit bedeuten knnte. Sie alle waren fest davon berzeugt, da sie den Menschen das hchste Lebensglck brachten.

*

Morales sa zwischen den beiden rzten, die hin und wieder ein Wort miteinander wechselten. Sie verhielten sich in seinen Augen nrrisch, und je lnger er bei ihnen blieb, desto deutlicher wurde ihm bewut, da er verloren war, wenn sie erst einmal die Klinik erreicht hatten. Man wrde ihn in eine Zelle sperren, da man glaubte, er habe den Verstand verloren. Ein Roboter wrde ihn physisch versorgen, und ein Arzt wrde die Aufgabe erhalten, ihn zu behandeln. Da der Einflu der fremden Macht aber immer deutlicher wurde, stand fr Morales fest, da sich bald berhaupt kein Arzt mehr um ihn kmmern wrde. Dann wrde er in der Kabine festsitzen und es nur noch mit einem Roboter zu tun haben, der nicht in der Lage war, ihn daraus zu befreien.Vorsichtig beobachtete er die rzte. Er war sich nicht ganz klar darber, in welchem Zustand sie sich befanden. Waren sie wirklich Herr ihrer selbst oder standen sie unter dem fremden Einflu? War dieser Einflu stndig vorhanden, oder machte er sich nur hin und wieder fr einige Sekunden bemerkbar? Oder war es umgekehrt? Wurden die rzte hin und wieder fr einige Sekunden frei?Der Gleiter landete auf dem Dach der Klinik.Steigen Sie aus, bat einer der beiden rzte freundlich. Seine Augen waren vllig klar. Er zeigte wieder jenes Gebaren, mit dem er Morales von Anfang an begegnet war.Der Indianer gehorchte. Er verlie den Gleiter und wartete mit hngenden Armen, bis beide rzte ausgestiegen waren. Die Mediziner unterhielten sich ber ein Konzert, das sie in der Cosmophon-Anlage der Klinik gehrt hatten. Morales beachtete sie nur am Rande. Einer von ihnen tippte den Indianer an, um ihm zu bedeuten, da er losgehen sollte.In diesem Moment handelte Morales.Seine rechte Faust fuhr hoch. Sie schlug krachend gegen das Kinn eines der beiden Mediziner und fllte ihn. Der andere Arzt schreckte zurck.Machen Sie doch keinen Unsinn, bat er verstrt. Was tun Sie denn?Keine Ahnung, antwortete Morales. Woher soll ich das wissen? Ich bin doch verrckt.Er lachte und strzte sich auf den Mediziner, der ihn mit ungeschickten Armbewegungen abzuwehren versuchte. Mhelos durchbrach der Indianer diese Verteidigung. Seine Faust traf den Arzt in der Herzgegend. Der Mediziner verfrbte sich und sackte auf die Knie, so da der wesentlich kleinere Indianer ihn bequem mit einem zweiten Schlag besiegen konnte.Nun aber war der andere Arzt wieder auf den Beinen. Er umklammerte Morales von hinten und versuchte, ihm Mund und Nase zuzudrcken. Er war ein weit gefhrlicherer Kmpfer als sein jngerer Kollege. Der Indianer drehte sich in seinen Armen, lie sich berraschend auf die Knie fallen und brachte den Arzt auf diese Weise in eine Position, in der er um sein Gleichgewicht kmpfen mute.Geschickt kroch Morales rckwrts durch die Beine des Arztes hindurch. Er stie die Hnde von sich, die ihn gepackt hatten und griff nach den Beinen des Mediziners. Dieser erwartete, da er versuchen wrde, ihn nach vorn umzuwerfen. Das tat Morales jedoch nicht. Er wechselte eine Hand nach oben und krallte sie in den Stoff der Jacke des Arztes. Dann drckte er einen Fu gegen das freie Bein seines Gegners und warf diesen mit einem krftigen Ruck nach hinten zu Boden. Er rollte sich zur Seite, so da der Mediziner nicht auf ihn fallen konnte.Er hrte, wie der Arzt mit dem Kopf auf den Boden schlug. Langsam richtete er sich auf. Die beiden Mediziner lagen bewutlos auf dem Dach. Er sah ihnen jedoch an, da sie bald wieder zu sich kommen wrden.Er eilte zum Gleiter und ffnete den Koffer mit der Notausrstung. Wie erhofft, fand er darin einige Ampullen eines leichten Betubungsmittels, wie es bei Notoperationen nach Verkehrsunfllen benutzt wurde. Sie waren mit einer einfachen Injektionsnadel versehen, die auf Knopfdruck aus der Ampulle fuhr.Morales nahm zwei Ampullen und versetzte seinen beiden Gegnern eine leichte Narkose.Nun wute er, da sie fr wenigstens fnfzehn Minuten auer Gefecht waren. Das gengte ihm. In dieser Zeit konnte er sich weit von der Klinik entfernt haben.Er stieg in den Gleiter, startete und beschleunigte mit Hchstwerten. Er berlegte, wohin er sich wenden sollte. Die Zukunft sah dster aus fr ihn. Fraglos wrde bald eine Fahndung nach ihm beginnen. Sie wrde einem Geisteskranken gelten. Es bestand jedoch auch die Gefahr, da die Raumfahrtbehrde ihn beschuldigte, fr den Untergang der MIROBE verantwortlich zu sein.Morales wute nicht mehr, worauf er hoffen sollte. War es gut fr ihn, wenn die Fremden mit ihrem unbekannten Einflu die Verwirrung auf der Erde steigerten? Vielleicht geriet darber in Vergessenheit, was mit der MIROBE geschehen war. nderte sich dadurch sein Schicksal aber entscheidend? Was hatte er schon davon, wenn er frei blieb, die Menschheit aber von einer fremden Macht aus der Tiefe der Galaxis versklavt wurde?Er liebugelte mit dem Gedanken, zu seinen Stammesbrdern am Rio Branco zu fliegen. Doch er war sich dessen bewut, da man ihn bei den Yanomam zuerst suchen wrde.Er erinnerte sich allzu gut an die verchtlichen Worte Lapoints, des Kommandanten. Dieser hatte ihn einmal gefragt: Warum gehst du nicht zu deiner Mutter zurck?Die Mutter war fr ihn der Stamm der Yanomam. Die Mutter war fr ihn der Dschungel am Rio Branco, war fr ihn das einfache Leben unter Eingeborenen in der Wildnis. In diesen Worten lag auch die Behauptung, da er als Wilder nicht fr das Leben unter Zivilisierten geschaffen war. Mit ihnen hatte Lapoint erklrt, da er am falschen Platz lebte. Und hinter ihnen verbarg sich der ganze Hochmut jener, die in einem anderen Lebensbereich aufgewachsen waren.Morales wute, da bei weitem nicht alle so dachten. Er wute jedoch auch, da die Zahl derer, die so dachten, nicht gerade gering war. Und auf diese wrde man hren, wenn man darber diskutierte, wo man ihn suchen sollte.Er mute genau das Gegenteil von dem tun, was sie von ihm erwarteten. Er durfte nicht in den Urwald fliegen. Er mute in der Stadt untertauchen. War nicht auch die Stadt so etwas wie ein Dschungel?Morales tippte die Daten von Rio de Janeiro in die Tastatur des Autopiloten ein. Dann lehnte er sich in den Polstern zurck und schlo die Augen. Er war mde.Hoffentlich hat der Gleiter keine Rckrufautomatik, dachte er, bevor er einschlief.

*

Der Gleiter landete auf dem Parkdach der Raumfahrtunterbehrde von Brasilien in der Provinzhauptstadt Brasilia.Alles sieht normal aus, sagte Teco und blickte hinaus. Ist es nicht ein wenig zu frh fr einen Angriff?Enrico Fardi strich sich nachdenklich mit der Hand ber das Kinn. Dann schttelte er den Kopf.Das wird sich zeigen, sagte er. Ich habe das Gefhl, da sich schon in den nchsten Minuten alles verndern wird. Das Fremde ist da. Es hat sich aus dem Weltraum in diese Region teleportiert. Ich spre es deutlich. Warum sollte es noch lnger warten?Was wird aus mir? fragte der Zwerg ngstlich.Der Mutant lchelte beruhigend.Du stehst unter meinem Schutz, Kleiner, sagte er. Solange du in meiner Nhe bleibst, passiert dir nichts. Wenn du dich jedoch von mir entfernen solltest, wird es dir genauso ergehen wie den anderen.Sie stiegen aus. Enrico Fardi ging auf einige Beamten zu, die aus einer Tr kamen.In diesem Moment geschah es.Die eben noch ernst miteinander diskutierenden Beamten blieben stehen. Sie sahen pltzlich entspannt und gelst aus. Sie lchelten. Einer von ihnen ging auf einen Kasten mit Zierblumen zu und pflckte eine Blte ab. Verzckt drehte er sie vor dem Gesicht hin und her. Die anderen waren aufmerksam geworden. Mit geradezu kindischem Eifer eilten sie zu ihm, um sich ebenfalls Blumen zu pflcken.Was ist mit ihnen? fragte Teco. Haben sie den Verstand verloren?Es ist das Fremde, erklrte der Mutant. Es lt sie in den Blumen eine Art Gottheit sehen.Nicht schlecht, sagte Teco bewundernd. Wenn alle so denken und handeln, ist die Welt fr sie offen. Sie brauchen nur noch zu kassieren.Das wre eine Katastrophe, erwiderte Enrico Fardi. Die menschliche Zivilisation wrde zusammenbrechen und sich in nichts auflsen. Soweit darf es nicht kommen. Ich werde den Proze vorher abbrechen.Sind Sie sich dessen sicher, da Sie das auch knnen?Der Mutant schob die Oberlippe vor und wiegte den Kopf hin und her.Mir wre wohler, wenn ich das wte, sagte er. Komm. Wir wollen keine Zeit verlieren.Er zog Teco mit sich. Der Zwerg lief neben ihm her, whrend er mit weit ausgreifenden Schritten durch die Tr in das Gebude ging. Einige Mnner und Frauen kamen ihnen entgegen. Sie lchelten. Ihre Augen glnzten.Der Mutant trat zur Seite, um die Beeinfluten vorbeizulassen.Teco horchte in sich hinein. Ihm war, als vernehme er eine flsternde Stimme, die ihm einreden wollte, sich ganz auf Pflanzen zu konzentrieren. Ihm war, als sehe er eine blaue Blume vor sich, die sein ganzes Gesichtsfeld ausfllte.Trume nicht, sagte Enrico Fardi und stie ihn an. Teco schreckte auf. Im ersten Moment wute er nicht, wo er war.Was ist passiert? fragte er.Fardi grinste.Nichts. Das geht jetzt erst los. Er marschierte weiter. Schwerfllig schob er die Fe ber den Boden, bewegte sich aber dennoch schnell voran, so da der Zwerg Mhe hatte, bei ihm zu bleiben. Teco atmete auf, als sie endlich einen Antigravschacht erreicht hatten, der nach oben gepolt war. Zusammen mit dem Mutanten stieg er ein und lie sich in die Hhe tragen. Auer ihnen hielt sich niemand im Schacht auf.Sie verlieen ihn auf der Ministerialebene. Hier hatten jene Mnner und Frauen ihre Bros, mit denen Enrico Fardi es bei seinen Auseinandersetzungen, um mehr Vorteile fr die Raumfahrer herauszuschlagen, zu tun hatte.Fardi betrat ein grorumiges Bro, in dem sich nur ein Mann aufhielt. Ein Schild auf seinem Arbeitstisch wies ihn als den hchsten Beamten des sdamerikanischen Kontinents fr die Belange der Raumfahrt aus.Guten Morgen, Santana, sagte Enrico Fardi. Wie ich sehe, geht es Ihnen gut.Der Beamte lag buchlings auf dem Teppich und drehte verzckt ein paar Blumen in den Hnden, die er aus einer Vase genommen hatte. Die Vase war umgestrzt und zerbrochen. Wasser hatte sich ber den Teppich ergossen.Santana reagierte nicht. Lchelnd sprach er mit den Blumen in seinen Hnden. Teco hrte, da er etwas von Unandat sagte.Wer ist Unandat? fragte er, doch der Mutant gab ihm keine Antwort.Enrico Fardi ging zum Arbeitstisch des Beamten und setzte sich in den Sessel, der dahinter stand. Gelassen prfte er die Dokumente, die auf dem Tisch in einer Mappe lagen. Eines davon faltete er zusammen und steckte es ein.Was ist das? fragte der Zwerg. Er bewegte sich tnzelnd um den am Boden liegenden Beamten herum.Eine Verfgung des Raumfahrtministeriums. Sie pat mir nicht, antwortete der Mutant. Ebensowenig wie diese hier.Teco ging zu ihm und betrachtete das Dokument, das der Mutant ihm zeigte.Dabei gengt es jedoch nicht, es einfach verschwinden zu lassen. Ich mu mir etwas mehr Mhe damit geben.Was haben Sie vor?Ich werde es ein wenig verndern. Der Mutant beugte sich tief ber das Dokument. Er schlo die Augen.Teco beobachtete, wie sich die Buchstaben und Zahlen in dem unterzeichneten und abgestempelten Dokument vernderten. Neue Buchstaben und Worte formten sich. Neue Stze entstanden.Gengt das? fragte der Zwerg, als Enrico Fardi sich schlielich wieder aufrichtete. Ich meine, es gibt doch sicherlich Kopien davon. Sie sind so geblieben wie das Original.Der Mutant lchelte. Er blickte auf den Beamten, der noch immer auf dem Boden lag und mit den Blumen spielte.Na und? fragte er. Notfalls werde ich sie als Flschungen zurckweisen.Er legte seine Hand auf das vernderte Dokument.Dies hier ist das Original. Es ist mit einer Schreibmaschine geschrieben worden. Schreibmaschinen bringen aber nicht nur Farbe auf das Papier, sondern hinterlassen bei jedem Buchstaben auch einen feinen Eindruck im Papier. Flschungen kann man mhelos dadurch entlarven, indem man diese Spuren im Papier mit den Buchstaben vergleicht. Bei diesem Dokument hier stimmt alles berein. Ich habe nicht nur die Buchstaben ausgelscht und durch neue ersetzt, ich habe auch die Eindrcke im Papier entsprechend gendert. So kann niemand beweisen, da dies die Flschung ist.Er griff zu einem anderen Dokument.Sie sind erledigt, sagte er. Jetzt kann man mich nicht mehr aufhalten. Ich habe mich soeben zum Hauptbevollmchtigten des sdamerikanischen Kontinents ernannt. Aber das ist erst der Anfang. Danach werde ich Kontinent fr Kontinent erobern, bis ich Herr ber die Erde bin.Herr ber eine Erde, die aus allen Fugen geraten ist, bemerkte Teco mit einem Seitenblick auf den Beamten auf dem Fuboden.Das spielt keine Rolle. Das ist nur vorbergehend. Ich werde dieses Problem rechtzeitig lsen.Der Beamte erhob sich, drckte sich die Blumen verzckt gegen das Gesicht und verlie den Raum.Wohin geht er? fragte der Zwerg.In den Wald, vermute ich, antwortete der Mutant rtselhaft. Er macht es wie die anderen.Dann wandte er sich wieder den Papieren auf dem Arbeitstisch zu. Er schien vergessen zu haben, was um ihn herum passierte. Teco blieb noch einige Minuten bei ihm am Arbeitstisch. Dann wurde es ihm langweilig. Er ging zu dem groen Fenster, das eine Wand des Raumes einnahm. Durch die Scheiben konnte er auf Brasilia hinabsehen. Die Stadt, die einst die Hauptstadt von Brasilien gewesen war, hatte nichts mehr von ihrem ursprnglichen Aussehen an sich. Teco kannte das Bild, das Brasilia in der Vergangenheit einmal geboten hatte, aus den Geschichtsbchern.Doch er dachte nicht darber nach, warum sich alles verndert hatte.Er hatte nur Augen fr die Menschenmassen, die aus den verschiedenen Gebuden strmten. Auf den ersten Blick sah es so aus, als verlieen die Menschen ihre Arbeitssttten, um in ihre Wohnungen zurckzukehren. Doch das Bild tuschte.Niemand stieg in einen Gleiter, wie es normal gewesen wre. Die Menschen gingen alle zu Fu. Und alle bewegten sich in Richtung der Auenbezirke.Es war, wie Enrico Fardi gesagt hatte.Die Menschen verlieen die Stadt. Sie strmten in den Wald. Dieser war allerdings so weit von dem Bro entfernt, in dem Teco sich befand, da er ihn kaum noch sehen konnte. Aber er sah die endlos erscheinenden Schlangen, die die Menschen bei ihrem Marsch zum Wald bildeten.Teco drehte sich um.Was soll das? fragte er verwirrt. Ich verstehe das nicht. Was wollen sie im Wald?Der Mutant lehnte sich in seinem Sessel zurck. Es wurde still im Raum. Zunchst wute Teco nicht, was passiert war, bis Fardi auf das Gitter der Klimaanlage zeigte.Die Klimaanlage war ausgefallen.Teco griff sich an den Kopf. Jetzt ging ihm auf, was geschah. Der Ausfall der Klimaanlage signalisierte den Beginn einer Katastrophe.

4.

Morales fiel auf, da sich ber Rio de Janeiro keine Gleiter bewegten. Das war absolut ungewhnlich. Noch niemals zuvor hatte der Indianer so etwas gesehen. Er kannte berhaupt keine Stadt auf der Erde, ber der sich keine Gleiter in der Luft befanden. So machte Rio de Janeiro auf den ersten Blick den Eindruck einer ausgestorbenen, menschenleeren Stadt.Bald jedoch bemerkte Morales, da dieser erste Eindruck tuschte. In den Straen der Auenbezirke wimmelte es von Menschen. Die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Und alle Menschen drngten sich aus der Stadt heraus, als sei in ihr die Pest ausgebrochen.Morales fand keine Erklrung fr das Verhalten der Bewohner von Rio de Janeiro. Er lie den Gleiter tiefer sinken, bis er in einer Hhe von nur etwa zehn Metern ber die Kpfe der Menge hinwegflog. Niemand blickte zu ihm hoch. Niemand schien ihn zu bemerken.Der Indianer sah, da viele Menschen die Grten der Vorortvillen gestrmt hatten. Einige lagen auf dem Boden. Waren sie tot? Waren sie von der Menge zertrampelt worden?Einige klammerten sich an die Stmme der Bume. Sie zeigten das gleiche verklrte Aussehen, das ihm auch bei den rzten und beim Personal der Raumabwehr aufgefallen war.Er horchte in sich hinein, vernahm jedoch nichts.Er flog langsam weiter, wobei er stndig nach links und rechts blickte. Die sorgsam angelegten Grten waren zerstrt worden. Einige Male beobachtete er, da Mnner und Frauen Pflanzen ausrissen, um sie sich ins Haar zu winden. Blumenbeete waren restlos geplndert worden. Nicht einmal Unkraut war verschont worden, und die meisten Bume hatten keine Bltter mehr.Morales fhlte, wie es ihm kalt ber den Rcken lief.In diesem Chaos wrde es ihm leichtfallen, sich zu verstecken. Eine Ordnung gab es nicht mehr. Deshalb wrde es niemandem gelingen, ihn hier aufzuspren. Er war sich dessen bewut, da jemand, der noch frei von diesem Wahn war, ihn sofort mit seinem Gleiter entdecken wrde. Solange er in der Maschine blieb, mute er jedem auffallen, der noch klar denken konnte.Gab es aber noch jemanden in Rio de Janeiro, der frei war? Waren nicht alle bereits diesem unerklrlichen Wahn verfallen?Unweit von ihm explodierte etwas in einem kleinen Bungalow. Morales sah, wie das Dach des Hauses in die Luft flog und in viele Einzelteile zerbarst. Flammen schlugen aus den Fenstern, und zwei weitere Explosionen folgten, die zerstrten, was noch heilgeblieben war.Doch niemand kmmerte sich um das Haus. Die Menschen wanderten daran vorbei, als sei nichts geschehen. Niemand versuchte, den herabregnenden Trmmerstcken auszuweichen. Morales sah, da eine Frau von einer herabstrzenden Dachplatte an der Schulter getroffen und zu Boden geworfen wurde. Die Mnner und Frauen, die sich durch die Strae bewegten, kmmerten sich nicht um sie.Der Indianer konnte nicht zusehen, wie sie verblutete. Kurzentschlossen landete er in einem Vorgarten, der von Pflanzen restlos befreit worden war. Er sprang aus dem Gleiter und schob sich durch die Menschenmassen zu der Frau hin. Er beugte sich ber sie, um sie aufzuheben, als er bemerkte, da ihre Augen bereits gebrochen waren. Es war zu spt.Jemand stie ihm ein Knie in den Rcken. Er verlor das Gleichgewicht und strzte zu Boden. Bevor er sich erheben konnte, trat ihm jemand auf die Hand. Ein anderer setzte ihm den Fu auf den Rcken und ging ber ihn hinweg, als sei er ein totes Hindernis.Panik kam in ihm auf.Er versuchte, aufzustehen, aber immer wieder war da ein Fu, der ihn traf, so da er immer wieder strzte.Er kroch ber den Boden, und er schrie gellend auf, als ihm ein schwergewichtiger Mann auf die Fingerspitzen trampelte. Der Mann blieb stehen und blickte zu ihm herab, whrend Morales versuchte, seine Finger unter seinem Stiefel hervorzuziehen.Was ist denn? fragte der Mann. Seine Augen glnzten wie im Fieber. Sein Mund stand offen. Wirr hing ihm das Haar ins Gesicht.Meine Finger, schrie der Indianer, whrend andere Fe seinen Leib trafen.Was? Der Mann hob seinen Fu und ging weiter, ohne begriffen zu haben, was er getan hatte.Morales erkannte, da ihm nun nur noch nackte Gewalt half. Er schnellte sich mit aller Kraft hoch und schlug einem Mann die Faust in den Magen, bevor er ihn erneut umrennen konnte. Der Mann taumelte sthnend zurck, breitete die Arme haltsuchend aus und behinderte damit die Nachdrngenden.Morales nutzte die Chance, die sich ihm bot. Er rannte los und drngte sich rcksichtslos durch die Menge. Er stie und boxte jeden aus dem Weg, der ihn aufhalten wollte.Er hatte nur ein Bestreben. Er wollte in die sichere Kabine seines Gleiters zurck. Und er schwor sich, niemandem zu helfen, der durch das Verhalten der Menge in Gefahr geriet.Als er bis auf zehn Meter an seinen Gleiter herangekommen war, glaubte er, es geschafft zu haben.In diesem Moment tauchte ein riesiger Neger neben der Maschine auf. Ihm sah Morales sofort an, da er vllig klar und unbeeinflut war.Halt, schrie er. Weg von der Maschine.Der Neger blieb stehen, drehte sich um und blickte ihn berrascht an. Er schien nicht damit gerechnet zu haben, jemandem zu begegnen, der frei war. Als er sah, da ihn ein Indianer vom Gleiter zurckhalten wollte, setzte er ein verchtliches Lcheln auf.Was machst du hier? fragte er herablassend. Seit wann laufen Indianer auerhalb des Dschungels herum?Morales hatte es satt, sich als primitiven Wilden ansehen zu lassen. Er richtete sich stolz auf.Bueno, sagte er. Ich habe begriffen.Was hast du begriffen? fragte der Neger.Morales zeigte auf die Menschen, die an ihnen vorbeistrmten.Sie alle stehen unter dem parapsychischen Einflu einer fremden Macht, erklrte er. Diese Macht ist aus dem Kosmos gekommen. Das wei ich genau. Selbst ein Narr wie du sollte erkannt haben, da das Verhalten dieser Menschen anomal ist, und da ich mich vllig normal bewege. Statt mir Zusammenarbeit anzubieten, beschimpfst du mich.Der Neger lchelte.Ich wute, da du betteln wrdest. Geh in den Urwald, Kleiner. Aber la mich in Ruhe.Er wandte Morales den Rcken zu und wollte in den Gleiter steigen. Der Indianer rannte auf ihn zu, schnellte sich in die Hhe und sprang ihm mit den Fen in den Nacken.Der Neger strzte vornber in den Gleiter. Mhsam drehte er sich um, whrend Morales, der auf den Boden gefallen war, sich bereits wieder aufrichtete. Er packte den Kolo bei den Fen und ri ihn mit einem Rck aus der Kabine heraus. Dann sprang er ihm auf die Brust und hpfte von hier aus in den Gleiter hinein. Er schlug die Tr hinter sich zu, verriegelte sie und setzte sich hinter die Steuerelemente.Als der Neger sich neben der Maschine aufrichtete, startete Morales und flchtete. Fr ihn war jetzt klar, wohin er sich wenden mute. Dorthin, wo am wenigsten Menschen waren. Zum Stadtzentrum.

*

Wir sind noch nicht fertig hier, sagte Enrico Fardi, als Teco zur Tr ging. Wir haben noch mehr zu erledigen.Kann ich behilflich sein? fragte der Zwerg. Er wartete an der Tr. Der Mutant kam zu ihm.Das wird sich zeigen, sagte er. Komm.Sie eilten den Gang entlang zum Antigravschacht. Ein rotes Licht leuchtete darber. Es zeigte an, da der Schacht nicht benutzt werden konnte, da kein Antigravfeld mehr bestand.Das macht berhaupt nichts, sagte Fardi. Im Gegenteil. Das kommt meinen Plnen sehr entgegen.Sie liefen sechs Treppen hinunter.Hier ist das Sicherheitsministerium, stellte Teco fest. Was suchen wir hier?Jaco Fabiolo, erwiderte der Mutant und eilte mit schlurfenden Schritten weiter. Den obersten Anklger der Provinz. Ein Intimfeind, Teco. Du solltest es eigentlich wissen.Sie nherten sich einer Infrarotschranke. Enrico Fardi streckte eine Hand aus. Der Zwerg ergriff sie und fhrte den Mutanten, der die Augen schlo und sich auf die Infrarotschranke konzentrierte, um zu verhindern, da sie reagierte und eine Kontrollkamera einschaltete. Niemand durfte spter auf einem Film sehen, da er hiergewesen war.Die beiden ungleichen Mnner passierten die Kontrolle und erreichten die Tr am Ende des Ganges. Fardi ffnete sie. In einem Bro sa eine Frau in einem Sessel. Sie hielt die Augen geschlossen. Eine Orchidee lag ber ihrem Gesicht. Deutlich hrbar atmete die Frau durch die Nase ein und aus. Sie sog den Duft der Blume in sich hinein.Hallo, Annita, sagte der Mutant. Sie reagierte nicht.Fardi eilte schlurfend an ihr vorbei zu einer weiteren Tr und stie sie auf. An einem ausladenden Arbeitstisch sa ein korpulenter, dunkelhutiger Mann. Er blickte kurz auf, als der Mutant und der Zwerg eintraten, aber er erfate nicht, was geschah.Fardi blieb neben der Tr stehen. Er lehnte sich mit dem Rcken an die Wand. Seine Augen vergrerten sich, und sein Gesicht wurde bleich, als er sich auf Staatsanwalt Jaco Fabiolo konzentrierte.Dies ist das erstemal, da ich dich ohne Beschtzer erwische, sagte er triumphierend. Eine weitere Begegnung wird es fr uns nicht mehr geben.Fabiolo erhob sich mit marionettenhaften Bewegungen.Was soll ich tun? fragte er mit tonloser Stimme, ohne den Mutanten anzusehen.Geh hinaus, befahl Fardi leise.Der Beamte gehorchte. Mit seltsam ungelenken Bewegungen kam er hinter seinem Schreibtisch hervor und verlie das Zimmer. Er ging an seiner Sekretrin vorbei, ohne da diese etwas merkte. Enrico Fardi fhrte ihn auf den Gang hinaus.Und jetzt? fragte der Staatsanwalt.Geh weiter, befahl der Mutant. Immer weiter. Geradeaus.Sein Opfer gehorchte. Es ging weiter. Direkt auf den Antigravschacht zu. Einige Male verzgerte es seine Schritte, so als kmpfe es gegen den fremden Willen an, der es zwang, etwas zu tun, was es nicht wollte. Doch Enrico Fardi war strker.Der Mutant trieb Fabiolo mit seinen parapsychischen Sinnen in den Antigravschacht hinein. Dieses. Mal blockierte er die Infrarotbrcke nicht, so da sich die Kamera einschaltete. Das Objekt erfate jedoch nur den Staatsanwalt, der in den Antrigravschacht strzte. Jaco Fabiolo fiel in die Tiefe, ohne einen Laut von sich zu geben. Vermutlich erfate er noch nicht einmal, was geschah.Enrico Fardi kehrte ohne ueres Zeichen einer Gefhlsregung in das Bro des Staatsanwalts zurck. Die Sekretrin hatte ihren Platz verlassen. Mit verzckter Miene schritt sie aus ihrem Arbeitszimmer auf den Gang hinaus.Der Zwerg folgte ihr und blickte ihr nach.Er war versucht, sie zurckzurufen oder zu warnen, als er merkte, da auch sie das rote Licht nicht beachtete. Doch eine schwere Hand legte sich ber sein Gesicht und hinderte ihn daran. Durch zwei Finger hindurch beobachtete Teco, wie sie in den Antigravschacht ging und abstrzte, so wie zuvor ihr Vorgesetzter.Er erschauerte und zwang sich, an das Leben zu denken, was ihn erwartete, wenn Enrico Fardi sein Ziel erreichte.Der Mutant lie ihn los. Er lachte dunkel.Nur keine Nerven zeigen, sagte er und zeigte ihm damit deutlich an, da ihm nicht entgangen war, was Teco empfunden hatte.Komm, sagte der Mutant und kehrte in das Bro des Anklgers zurck. Mhelos ffnete er mit seinen parapsychischen Krften das komplizierte Schlo eines Panzerraums, der sich dem Arbeitszimmer anschlo. Ebenso berwand er die zustzlichen Sicherungen und berwachungsanlagen.Warum gehen wir nicht? fragte der Zwerg.Weil wir hier noch viel zu tun haben, antwortete Fardi. Er betrat den Raum, der in zwei Hauptabschnitte gegliedert war, in ein Archiv- und in ein Dokumententeil. Der Mutant interessierte sich zunchst nur fr das Archiv. Er bettigte die Tastatur des Computers telekinetisch, so da keine Spuren zurckblieben, und rief die von ihm gespeicherten Daten ab. Auf einem Bildschirm erschien alles, was dem obersten Anklger von ihm bekannt war.Unangenehm, sagte Fardi. Der Mensch hat sich systematisch darauf vorbereitet, mich zu vernichten.Teco blickte auf den Bildschirm, und er erfuhr mehr, als ihm in all den Jahren an der Seite des Mutanten bekanntgeworden war. Er erschauerte erneut. Enrico Fardi war skrupellos. Das hatte er immer gewut. Aber er hatte nicht gewut, mit welch beispielloser Hrte der Mutant seine Karriere aufgebaut hatte.Fardi lachte leise.Siehst du, Teco. Der Mensch hatte nur Vermutungen, aber keine klaren Beweise.Stimmt das alles, was da steht?Ich kann es nicht leugnen. Die Schrift verschwand vom Bildschirm. Enrico Fardi nahm Manipulationen direkt am Magnetband vor. Als wenig spter abermals der Auszug aus der Akte des Mutanten auf dem Bildschirm erschien, gab es darin fast nur noch positive Angaben.Teco war verblfft. Er hatte nicht fr mglich gehalten, da der Mutant derart komplizierte Eingriffe vornehmen konnte. Enrico Fardi war mit sich zufrieden. Lchelnd wandte er sich den Akten seiner Freunde und Helfer zu. Auch ber sie hatte der Anklger allerlei Daten gesammelt, die ein denkbar negatives Bild ergaben. Der Mutant nderte auch diese Aufzeichnungen, so da der Nachfolger des Getteten mit vllig falschen Informationen versehen wurde.Aber auch jetzt war Fardi noch nicht zufrieden. Er ffnete die Dokumententresore. Er war entschlossen, die Gunst der Stunde so gut wie nur mglich zu nutzen.

*

Die Innenstadt von Rio de Janeiro war so leer, wie Morales es erwartet hatte. Zahllose Gleiter parkten auf den Dchern und in den Straenschluchten. Die ffentlichen Verkehrsmittel lagen still. Ein riesiges Brogebude brannte. Die Flammen sprangen zu anderen Gebuden ber, da sich niemand bemhte, den Brand einzudmmen oder die anderen Huser zu schtzen. Von See her wehte eine steife Brise, die alles noch viel schlimmer machte. Wenn der Wind nicht drehte, wrde der grte Teil der Stadt in einigen Tagen in Schutt und Asche liegen.Das erkannte Morales ganz klar.Er umkreiste das brennende Brogebude in weitem Bogen und berlegte, was er tun konnte. Rio de Janeiro hatte, wie jede grere Stadt auf der Erde auch, eine weitgehend robotorisierte Feuerwehr. Diese arbeitete jedoch nicht selbstttig, sondern mute von einem sorgfltig geschulten Einsatzkommando geleitet werden. Dieses aber, so vermutete Morales, befand sich ebenfalls auf dem rtselhaften Marsch aus der Stadt heraus.Unwillkrlich fragte er sich, wie es in anderen Stdten Sdamerikas und der ganzen Welt aussah. Wanderten die Menschen berall auf der Erde aus den Stdten heraus?Morales entdeckte das Brogebude der MIROBE-Transportgesellschaft. Er landete auf dem Parkdach, ohne lange ber den Grund nachzudenken. Die MIROBE war ihm etwas Vertrautes, und er versuchte instinktiv, sich an ihr zu orientieren.Er verlie den Gleiter und eilte ber das Parkdach zur Eingangstr. Sie war unverschlossen. Auf dem Boden lagen Papierbecher, Asche und Speisenreste herum.Morales betrat das Gebude und berlegte, wohin er sich wenden sollte. Er kannte sich hier nicht aus. Er war in einem Zweigbro in Sao Paulo eingestellt worden.Zgernd stieg er in den Antigravschacht, lie sich darin absinken und entschlo sich dann kurzerhand, in der Direktionsetage auszusteigen. Er wanderte durch die luxuris eingerichteten Rume und Hallen, ohne auf einen Menschen zu stoen. Auch hier waren die Spuren eines allgemeinen Aufbruchs deutlich.Umgestrzte Blumentpfe, Kleidungsstcke und achtlos weggeworfene Kleinstcomputer lagen auf den Teppichen herum. Alle Tren standen offen. Einige Videogerte waren eingeschaltet. Auf den Bildschirmen war jedoch niemand zu sehen.Morales setzte sich in den gepolsterten Sessel in einem Bro, das ihm riesig erschien. Er wute nicht, wer hier gearbeitet hatte, schlo jedoch aus der erlesenen Einrichtung, da es ein besonders wichtiger Mann gewesen sein mute.Er forderte die wichtigsten Rufnummern von Montevideo an und rief eine ihm bekannte, groe Firma in dieser Stadt an. Die Verbindung kam augenblicklich zustande, brach jedoch sofort wieder zusammen.Morales versuchte es erneut. Dieses Mal meldete sich der Teilnehmer nicht. Auch alle weiteren Versuche, mit Montevideo zu sprechen, scheiterten.Der Indianer schlo daraus, da es in Montevideo hnlich aussah wie in Rio de Janeiro.Er rief nacheinander Lima, Bogota und Mexiko-City an, aber ohne Erfolg.Danach wandte er sich an die groen Stdte Nordamerikas und Kanadas.Niemand antwortete ihm.Er lehnte sich im Sessel zurck und fuhr sich mit beiden Hnden ber das schweinasse Gesicht.Bis zu diesen Minuten hatte er sich keine wahre Vorstellung von der Katastrophe gemacht, die ber die Erde gekommen war. Jetzt wagte er es nicht, Europa anzurufen, weil er frchtete, da auch dieser Kontinent schweigen wrde.Einer spontanen Eingebung folgend, wandte er sich an die Raumstationen, die sich in einer Kreisbahn um die Erde bewegten, weil er sich sagte, da die Menschen dort nicht weglaufen konnten. Sie hatten nicht die Mglichkeit, in die freie Natur hinauszuflchten.Er atmete erleichtert auf, als sich ein blondes Mdchen auf seinen Anruf meldete.Ich habe es schon nicht mehr fr mglich gehalten, da ich mit jemandem sprechen kann, sagte er und fuhr sich mit der Hand durch das blauschwarze Haar. Endlich. Sie ahnen nicht, wie froh ich bin.Sie lchelte nur.Ich brauche einen Rat, fuhr er fort. Hier auf der Erde ist der Teufel los. Nichts funktioniert mehr. Die Menschen verlassen die Stdte.Er stutzte.Sagen Sie, hren Sie mir berhaupt zu? fragte er.Sie blickte ihn freundlich lchelnd an. Ihre blauen Augen leuchteten in einem eigenartigen Licht.Lieben Sie Blumen?Er zgerte.Ja, antwortete er schlielich.Die blauen Blumen sind am schnsten, fuhr sie fort. Haben Sie die blauen Blumen gesehen?Mein Gott, sagte er. Ich glaube, ich werde wahnsinnig.Er richtete sich auf.Hren Sie mir doch zu, brllte er ins Mikrophon. Nehmen Sie sich zusammen und denken Sie nicht nur an Blumen. Es gibt wichtigere Dinge als Blumen.Sie schttelte den Kopf.Oh nein, erwiderte sie sanft tadelnd. Die Blumen sind allein wichtig.Geben Sie mir Ihren Bo, forderte er.Es gibt keinen Bo mehr, erklrte sie. Es gibt nur noch Unandat. Unter ihm sind wir alle gleich.Ich bin blo ein Indianer aus dem Dschungel. Er versuchte, sie zu provozieren und auf diese Weise aufzurtteln.Vor Unandat sind alle gleich, wiederholte sie. Aber wenn Sie Indianer sind, dann sind Sie der blauen Blume nher als wir. Sie Glcklicher.Er hielt es nicht mehr aus. Er schaltete ab.Verzweifelt blieb er im Sessel sitzen. Er wute, da die Menschheit verloren war. Es gab keinen Ausweg mehr. Wer sollte das Fremde noch aufhalten, das die Menschen beeinflute? Niemand konnte das. Auch er nicht, obwohl er immun gegen ihre parapsychischen Krfte war.Oder gab es doch eine Mglichkeit, ihnen zu widerstehen?Morales erhob sich. Es hielt ihn nicht mehr im Sessel. Er brauchte Bewegung. Nachdenklich ging er im Zimmer auf und ab.Was konnte er denn schon tun? Sollte er gegen eine Macht kmpfen, die sich irgendwo auf der Welt verbarg? Wo sollte er mit der Suche beginnen, und was sollte er tun, falls es ihm gelang, die Fremden tatschlich zu finden?Sollte er mit der Waffe in der Hand gegen sie vorgehen? Er hatte noch niemals im Leben eine Waffe in der Hand gehabt, ausgenommen Jagdgewehre, und er wute auch gar nicht, wie man damit umging. Woher, so fragte er sich, sollte er auch eine Waffe nehmen?Kaum hatte er sich diese Frage gestellt, als er sich dessen bewut war, wie wenig er begriffen hatte, wie es in der Stadt aussah. Er konnte alles haben, was er wollte. Er brauchte nur dorthin zu gehen, wo alles herumlag.Eine Waffe konnte er sich auf den Polizeistationen holen oder in den Unterknften der Militrs. Geld konnte er sich beschaffen, soviel er wollte. Er kannte sich mit dem Kreditsystem aus. Daher spielte er minutenlang mit dem Gedanken, die Daten bei den Banken zu manipulieren, bis er sich dessen bewut war, da diese Manahme vllig sinnlos war. Was half ihm ein Millionenkonto, wenn eine fremde Macht aus dem Kosmos bestimmte, was auf der Erde geschah?Er konnte sich einen Lastengleiter nehmen und ihn in den Warenhusern mit allem vollpacken, was er haben wollte. Aber was sollte er mit diesen Dingen, wenn es kein Versteck gab, in dem er leben konnte? Als Versteck kam fr ihn nur ein Schlupfwinkel im Dschungel des Amazonasbeckens in Frage. Wie aber sah es dort aus? Waren die Menschen dort auch schon versklavt? Und wrden die Fremden nicht nach einiger Zeit systematisch nach solchen Menschen suchen, die ihren geheimnisvollen Krften widerstanden?Sie muten es tun, wenn sie ihre Macht festigen und erhalten wollten.Morales setzte sich wieder.Vielleicht war es das beste, wenn er hier in der Stadt blieb und einfach nur abwartete. Hilfe konnte nur von auen kommen. Zum Imperium gehrten ber 400 Planeten, von denen die meisten allerdings nur dnn besiedelt waren. Immerhin verfgte das Imperium ber eine gewaltige Raumflotte. Diese mute frher oder spter aufmerksam werden. Und sie wrde eingreifen. Daran zweifelte Morales nicht.Er verlie das Bro. Nach einiger Zeit hatte er einen Esalon gefunden. In der dazugehrigen Kche entdeckte er erlesene Speisen, die in einer computergesteuerten Anrichte rasch zubereitet waren. Als er sie verzehrte, wurde ihm bewut, da auch von der Raumflotte keine Hilfe zu erwarten war.Sobald die Schiffe mit ihrer Besatzung in die Nhe der Erde kommen, geraten sie unter den Einflu der Fremden. Und dann ist es aus, sagte der Indianer laut.Er schob den Teller mit den gegrillten Filetspitzen von sich. Pltzlich hatte er keinen Appetit mehr.

5.

Das einzige Mitglied der ORION-Crew, das sich noch im Sonnensystem befand, war Atan Shubashi.Er wartete seit einigen Tagen in der ORION IX auf dem Mars auf die Rckkehr der Crew, die den Schnellen Raumkreuzer verlassen hatte, um eine der Bereitschaftsstellungen der Invasionsarmee der Rudraja zu untersuchen.Atan Shubashi hatte die Aufgabe, ber Funk Kontakt mit den Freunden und mit anderen Raumschiffen der terrestrischen Flotte sowie dem Hauptquartier auf der Erde zu halten. Cliff McLane und seine Begleiter waren auf einen Transmitter gestoen, der von TECOM als Ferntransmitter identifiziert worden war, nachdem entsprechende Informationen zur Erde gefunkt worden waren.Obwohl Atan Shubashi die Freunde eingehend davor gewarnt hatte, den Transmitter zu benutzen, waren Cliff McLane und seine Begleiter zu dem unbekannten Ziel aufgebrochen. Sie waren in den Transmitter gegangen.Von diesem Zeitpunkt an war die Verbindung abgebrochen.Atan Shubashi hatte einige Male Verbindung mit der Erde aufgenommen. Wesentliches hatte sich jedoch nicht ereignet. Da nun aber schon einige Tage verstrichen waren, ohne da Cliff McLane sich zurckgemeldet hatte, entschlo sich Atan, den Galaktischen Sicherheitsdienst zu verstndigen.Tunaka Katsuro, der Direktor des GSD, hatte sich entschlossen, zusammen mit einigen Assistenten selbst zum Mars zu fliegen.In der ORION IX wartete Atan Shubashi unruhig auf dieses Kommando, von dem er sich Hilfe erhoffte.Seit ber zwanzig Stunden hatte er keine Verbindung mehr zur Erde gehabt. Er wute nicht, was sich dort inzwischen ereignet hatte, und er sprte nichts von dem geistigen Einflu der Vorthanier. Auch Tunaka Katsuro und seine Mnner waren vllig ahnungslos, als sie in der Nhe der ORION IX landeten. Sie alle glaubten zu diesem Zeitpunkt noch, da auf der Erde alles normal sei.Atan Shubashi atmete auf, als Tunaka Katsuro endlich mit seinen Assistenten in der Nhe der ORION IX landete. Er legte einen Raumanzug an und verlie den Schnellen Raumkreuzer. Alles war besprochen. Nun brauchten nicht mehr viele Worte gewechselt zu werden.Katsuro hatte fnf Mnner bei sich. Sie alle waren perfekt ausgebildete Assistenten, die ein hervorragendes Einsatzkommando bildeten.Atan Shubashi begrte sie auerhalb der ORION und machte sich sofort zusammen mit ihnen auf den Weg in die 15 Kilometer tiefe Schlucht. Weil Cliff McLane und seine Begleiter ihn bei dem Abstieg in die Schlucht stndig informiert hatten, wute er recht gut Bescheid. So kamen er und die Mnner vom GSD wesentlich schneller voran, als zuvor die Freunde.Die ORION-Crew hatte alle Sicherheits- und Abwehrsysteme berwunden und unschdlich gemacht, so da Atan sich mit solchen Dingen nicht zu befassen brauchte.So erreichte das Kommando die verlassene Transmitterstation der Rudraja wesentlich schneller als die Crew, die einige Tage vorher abgestiegen war.Vorsichtig drangen sie in die Station ein. Sie waren stndig darauf gefat, angegriffen zu werden. Doch niemand stellte sich ihnen in den Weg. Ungehindert gelangten sie bis an den Transmitter, durch den Cliff McLane und seine Freunde verschwunden waren.Und was jetzt? fragte Shubashi.Abwarten, entgegnete der Direktor des GSD gelassen.Seine Assistenten untersuchten den Transmitter. Schon wenig spter meldete einer von ihnen: Das Gert ist umgepolt worden. Wir knnen McLane nicht folgen.Ist das sicher? fragte Atan Shubashi.Der Assistent, der die Auskunft gegeben hatte, hob die Arme.Sicher ist nichts, antwortete er. Wir knnen nur vermuten, da der Transmitter sich entweder selbst umgepolt, also auf Empfang geschaltet hat, oder da diese Umstellung von der Gegenstation aus vorgenommen worden ist. Tatsache aber ist, da wir McLane nicht folgen knnen.Atan Shubashi hatte die ganze Zeit ber befrchtet, da es so sein wrde, aber er hatte sich bisher gescheut, die Konsequenzen zu durchdenken. Ratlos fragte er nun: Und was machen wir jetzt?Wir kehren zur ORION zurck, entschied Tunaka Katsuro. Zwei von meinen Mnnern bleiben hier. Sie sollen auf die Rckkehr der Crew warten.Der Direktor des GSD bestimmte zwei seiner Assistenten fr diese Aufgabe, dann gab er den Befehl zum Aufbruch. Der mhsame Aufstieg aus der Schlucht begann.Einige Stunden spter nahm Tunaka Katsuro Verbindung mit seinen Assistenten auf, die im Raumschiff geblieben waren, um eine Nachricht an die Erde weitergeben zu lassen.Wir hatten soeben eine Verbindung mit der Erde, antwortete Dimi Kiapos, einer Assistenten. Die Verantwortlichen haben recht eigenartig reagiert.Was heit eigenartig? fragte Katsuro scharf.Sie zeigten keinerlei Interesse fr uns, entgegnete der Assistent.Das mssen Sie mir schon erklren.Man hrte mir zu, ging aber berhaupt nicht auf meine Worte ein, sagte der Assistent. Ich wei auch nicht, was da los ist. Wir haben den Eindruck, da da irgend jemand allzu krftig Geburtstag gefeiert hat.Es ist gut. Wir sind gleich oben, erwiderte Katsuro beunruhigt.So schnell, wie er es sich vorgestellt hatte, war der anstrengende Aufstieg allerdings nicht zu Ende. Erst vier Stunden spter erreichte das Kommando das Raumschiff. Atan Shubashi begleitete den Direktor des GSD an Bord des Raumers.Katsuro eilte sofort zum Funkgert, nachdem er den Raumanzug abgelegt hatte. Einer seiner Assistenten stellte die Verbindung zur Erde her.Nur das Ministerium fr Gesundheitswesen und Umweltschutz meldet sich, erklrte er. Alle anderen Abteilungen am Mount Isa Schweigen. Selbst Regierungschef Han Tsu-Gol ist nicht zu erreichen.Das gibt es doch gar nicht, erwiderte Katsuro kopfschttelnd.Der Bildschirm wurde hell. Die Ministerin fr Umweltschutz und Gesundheitswesen erschien im Bild.Katsuro sthnte leise, als er sie sah.Roberta Calvari trug Blumen im Haar und eine Blumenkette um den Hals. Ihr Blick wirkte entrckt.Katsuro verlor bei diesem Anblick die Nerven.Was ist auf der Erde eigentlich los? brllte er sie an.Roberta Calvari lchelte vertrumt.Diese Blumen sind wunderschn, sagte sie leise, aber die Blaue Blume ist noch viel schner.Ihre Hand kam ins Bild, als sie ihr Gert ausschaltete.Versuchen Sie es noch einmal, befahl Katsuro.Der Assistent bemhte sich, die Verbindung wiederherzustellen, doch es gelang ihm nicht. Roberta Calvari meldete sich nicht mehr, und auch die anderen Dienststellen schwiegen.Atan Shubashi, der Direktor des GSD und die Assistenten blickten sich betroffen an. Niemand konnte sich die Reaktion Roberta Calvaris erklren.Sind die auf der Erde denn alle verrckt g