Upload
stefan-warnat
View
219
Download
2
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Eine Ausarbeitung von Sylvia Heiland über die Kirche und Kirchenfenster in Hohndorf
Citation preview
Die Kirchenfenster
der
Lutherkirche
in
Hohndorf
bei Stollberg in Sachsen
2
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Aus der Geschichte des Ortes Hohndorf
2.1. Die Entstehung des Ortes
2.2. Die Lutherkirche Hohndorf
2.2.1. Die Vorgeschichte
2.2.2. Der Bau der Kirche
2.2.3. Die Ausstattung der Kirche
3. Die Kirchenfenster
3.1. Die Geschichte der Kirchenfenster
3.2. Die farbigen Bleiglasfenster
3.2.1. Allgemeines
3.2.2. Die Bezeichnung von Fenstern und Feldern in Gebäuden
3.3. Die Bleiglasfenster im Chor der Kirche
3.3.1. Gemeinsamkeiten der drei mittleren Chorfenster
3.3.2. Die Beschreibung der Darstellung der mittleren Chorfenster
3.3.2.1.Das linke Fenster
3.3.2.2.Das mittlere Fenster
3.3.2.3.Das rechte Fenster
4. Bilder der Lutherkirche heute
5. Schlusswort
6. Verwendete Literatur
3
1. Vorwort
Die Präsentation wurde als Hausarbeit im Fach Kirchengeschichte im Rahmen einer berufsbegleitenden
Weiterbildung für das Lehramt im Fach Evangelische Religion angefertigt und von Sylvia Heiland zur Verfügung
gestellt.
In der Lutherkirche Hohndorf finden sich heute noch viele Ausstattungsgegenstände ihrer Gründungszeit, so z.B. dieKirchenbänke, der Altar oder der Taufstein.Die großen bunt verglasten Fenster im Chorbereich, im Kirchenschiff und die kleineren Fenster in der Sakristei, in derTaufkapelle und in verschiedenen Türen der Kirche sind eine bauliche Besonderheit. Durch ihre Farbenpracht fallensie dem Besucher der Kirche als Erstes ins Auge und bestimmen wesentlich das Erleben des Raumes. Auf denzweiten Blick nimmt man den Inhalt der einzelnen religiösen Darstellungen wahr.
Was hat sich der Künstler bei der Anfertigung dieser bildhaften Darstellungen aus dem Lebensweg Jesu gedacht?Was will er dem Betrachter mit diesen Szenen sagen?Im Archiv der Kirche gibt es dazu keine Unterlagen.
4
2. Aus der Geschichte des Ortes Hohndorf
2.1. Die Entstehung des OrtesHohndorf ist ein ehemaliges Waldhufendorf1, das sich heute an der von Stollberg nach Zwickau führendenHauptverkehrsstraße in südöstlich-nordwestliche Richtung ausbreitet. Die Entstehung des Ortes reichtwahrscheinlich bis ins 12. Jahrhundert zurück, wird urkundlich jedoch erstmals 1460 im Terminierbuch derFranziskaner in Zwickau erwähnt.
Die Rodung des Waldes begann mit großer Wahrscheinlichkeit im Tal des Hohndorfbaches. Von dort, also ausRichtung Rödlitz, erfolgte die Besiedlung. Von diesem Standpunkt her gesehen, war es ein „Dorf auf der Höhe“.Es erhielt den Namen Hoendorff. Der Name des Ortes änderte sich im Laufe der Jahre mehrmals. Dasgerodete Land gehörte der Herrschaft Schönburg-Waldenburg in Lichtenstein. Es blieb bis zum 19.Jahrhundert ein kleines Amtsdorf dieser Herrschaft. Noch im 16. Jahrhundert, so der Chronist, werden nichtmehr als 18 Bauernfamilien gezählt. Sie hatten sich zu beiden Seiten des Dorfbaches angesiedelt. Den Grundund Boden erhielten die Bauern als Lehen und mussten dafür jährlich einen „ewigen Zins“ von 12 bis 18Groschen sowie je zwei Scheffel Korn und Hafer an die Herrschaft entrichten. Zu jedem Bauerngehöft gehörtenein Flurstreifen und ein Feldweg, auf dem sie zu ihrem Hof gelangten.
Im Dreißigjährigen Krieg plünderten Heerhaufen verschiedener Kriegsparteien den Ort. 1633 starben 30Hohndorfer Einwohner an der Pest. Drückende Frondienste nach dem Dreißigjährigen Krieg, die die Bauernder Umgebung durch die Herrschaft von Lichtenstein auferlegt bekamen, führten zu Aufständen, an denen sichauch die Bauern aus Hohndorf aktiv beteiligten. Hohndorf entwickelte sich weiter, Handwerker undGewerbetreibende siedelten sich hier an. Mitte des 19. Jahrhunderts bestand der Ort aus ungefähr 400Bewohnern.
Mit dem Bau der Eisenbahnstrecke St. Egidien - Stollberg und dem Beginn des Steinkohlebergbaus in densiebziger Jahren des 19. Jahrhunderts kamen Fremde aus Tschechien und Italien in den Ort. Diese wurdensehr schnell sesshaft und die Bevölkerungszahl stieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf ca. 3400 Einwohneran. Durch den Bergbau traten Veränderungen im Laufe der Jahre im Landschaftsbild und in derWirtschaftsstruktur ein, die Bevölkerung wuchs weiter und erreichte in den Dreißiger Jahren des 20.Jahrhunderts rund 7000 Einwohner.
Weitere Veränderungen in Hohndorf, betreffend der Einwohnerzahlen und der sozialen Struktur, waren nachdem Zweiten Weltkrieg durch den Zuzug aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches und aus Böhmen zuverzeichnen.
5
Hohndorf
6
Hohndorf – ein ehemaliges Waldhufendorf
Die Siedler des 12.
Jahrhunderts erhielten jeweils
eine Hufe als Wirtschaftsform
zugewiesen.
Das entsprechende Gelände
wurde allmählich gerodet und
für die Landwirtschaft nutzbar
gemacht. Die Hufen lagen
nebeneinander, und die
dazugehörigen Gehöfte im Tal
nahe des Dorfbaches bildeten
eine aufgereihte Siedlung.
Dörfer im Hochmittelalter liegen
abseits von großen Straßen.3
Hauptverkehrsstraße von Stollberg nach Zwickau
7
Rödlitz
Hohndorf
8
Juchhöh
Hohndorf
9
Eisenbahnstrecke
St. Egidien - Stollberg
Hohndorf
10
Die Lage des Ortes
11
Kopie aus dem Terminierbuch der Zwickauer Franziskaner
Hoendorff
12
Der Wandel des Ortsnamens im Laufe der Jahre 2
Jahr Schreibweise Quelle/Aufbewahrungsort
1460 Hoendorff Terminierbuch der Zwickauer Franziskaner, Stadtarchiv Zwickau
1493 Hondorff Erbzinsbuch der Schönburgischen Ortschaften, Landeshauptarchiv Dresden
1497 Hondurff Erbzinsbuch der Schönburgischen Ortschaften, Landeshauptarchiv Dresden
1546 Hondorff Musterregister der Herrschaft Schönburg, Landesarchiv Glauchau
1547 Hönndorf Capitalbuch der Schlösser Rechnungen, Landesarchiv Glauchau
1720 Hohndorf Geographische Beschreibung derer Schönburgischen Reichsafterlehns
Herrschaften Waldenburg, Glauchau, Hartenstein, Lichtenstein und Stein,
Anno 1720.
Sächsische Landesbibliothek Dresden, Handschrift von Paul Trenkmann
1839 Hohendorf, Handbuch der Geographie,
Hohndorf Statistik und Topographie des Königreiches Sachsen – Schiffner
13
2.2. Die Lutherkirche in Hohndorf
2.2.1. Die Vorgeschichte
Der Ort Hoendorff (Schreibweise um 1460) gehörte kirchlich ursprünglich nach Rödlitz.
In der Zeit der Kirchenreformation in Sachsen fühlten sich die Bewohner von Hondorff (Schreibweise um 1546) zu der
neuen Bewegung hingezogen. Die erste evangelische Predigt wurde im Oktober 1542 in Glauchau gehalten. Im
gleichen Jahr löste sich die kirchliche Gemeinde von der Kirchgemeinde Rödlitz, welche bei der katholischen Kirche
blieb, und schloss sich der Kirchgemeinde in Lichtenstein an. Die Kinder aus Hohndorf mussten nun zwar in Rödlitz zur
Schule, aber zum Konfirmandenunterricht gingen sie nach Lichtenstein.
Beerdigungen waren in dieser Zeit sehr mühsam, Hohndorf hatte keinen eigenen Friedhof. Der Sarg musste nach
Lichtenstein gebracht, im Winter sogar getragen werden. Der Weg führte von Hohndorf über die „Juchhö“ nach
Lichtenstein. Der Chor der Schulkinder begleitete den Sarg bis an den jetzigen Ortsausgang. An der sogenannten
"Altmannkurve" übernahmen die Lichtensteiner Chorsänger diesen Dienst.
Durch den Steinkohlenbergbau und den Bau der Eisenbahnstrecke St. Egidien-Stollberg vor ca. 130 Jahren stieg nicht
nur die Einwohnerzahl, sondern es stiegen auch die Todesfälle in Hohndorf, und das Tragen der Toten nach
Lichtenstein war fast nicht mehr durchführbar. Der Gemeinderat von Hohndorf beschloss deshalb im Jahre 1888 die
Anlage eines eigenen Friedhofs. Dafür wurde ein Stück Land gekauft. Der Lichtensteiner Kirchenvorstand lehnte wegen
der ausfallenden Bestattungskosten den Beschluss zum Anlegen eines Friedhofs ab. Nun war der Hohndorfer
Gemeinderat, denn einen eigenen Kirchenvorstand gab es noch nicht, in die Pflicht genommen, und er beantragte die
Gründung einer eigenen Kirchgemeinde.
Am 29. März 1889 besiegelten der Kirchenvorstand von Lichtenstein und der Gemeinderat von Hohndorf den Beschluss
zur Gründung einer eigenen Kirchgemeinde, nachdem das Landeskonsistorium in Dresden dazu seine Zustimmung
gegeben hatte. Sechs Wochen später wurden die ersten Hohndorfer Kirchenvorsteher in der "Lutherkirche" von
Callnberg bei Lichtenstein in ihr Amt eingewiesen.
Das Patronatsrecht über die neue Hohndorfer Kirchgemeinde erhielt der Fürst von Schönburg-Waldenburg.
14
2.2.2. Der Bau der Kirche
Bereits im Lutherjahr 1883, also lange vor dem Beschluss eine eigene Kirche bauen zu wollen, spendete der
Gemeindevorsteher und Baumeister Wilhelm Friedrich Reinhold (geboren am 28.12.1861, gestorben am
23.05.1938) 36,- Mark für einen eventuellen Kirchenbau in Hohndorf. In die eigens dafür angelegte
"Lutherstiftung" kamen nun jährlich 1% der Gemeindeeinnahmen hinzu.
Hohndorf hatte eine eigene Kirchgemeinde, der Kirchenvorstand war gewählt und so beschloss dieser am 27.
Mai 1889 den Bau einer neugotischen Hallenkirche ohne freistehende Pfeiler mit 700 Sitzplätzen. Der Architekt
Christian Friedrich Schramm aus Dresden, geboren 1857 in Flensburg, auf dessen Rat hin noch Land gekauft
wurde, damit Kirche, Pfarrhaus und Friedhof auf einem Gelände angelegt werden konnten, bekam den Auftrag
für die Planung und den Bau der Kirche und eines Pfarrhauses. Laut seinem Vorschlag sollte die Kirche 800
Plätze erhalten. Die Kosten für den Bau veranschlagte er mit ca. 150 000 Mark. Der Bau wurde allerdings teurer.
Am 19. Juli 1889 wurde der Vertrag zum Bau der Kirche und des Pfarrhauses unterzeichnet. Die Bauoberleitung
übernahm Architekt Christian Friedrich Schramm,geboren 1857 in Flensburg; Baumeister waren Karl
Reichenbach aus Lichtenstein (1827–1896), Gustav Richard Simon (1861–1949) aus Stollberg und der
Architekt Hugo Louis aus Hamburg. Die Grundsteinlegung erfolgte am 24. Oktober des gleichen Jahres, 21
Monate später konnte das Richtfest gefeiert werden.
Für die Finanzierung des Baues wurde der Kirchgemeinde Hohndorf vom landwirtschaftlichen Kreditverein im
Königreich Sachsen ein Kredit in Höhe von 285 000 Mark gewährt. Dieser Kredit sollte in Raten von 10 000
Mark ausgezahlt werden. Bereits zum Ende des Kalenderjahres 1891 war das Darlehen ausgeschöpft. Für die
Begleichung der noch ausstehenden Rechnungen erhielt die Hohndorfer Kirchgemeinde in den Jahren 1892 und
1893 zwei Darlehen aus der Gemeindekasse.
15
Die Lutherkirche in Hohndorf im Jahre 1892
16
2.2.3. Die Ausstattung der Kirche
Am 14. Februar 1892 wurde die im neugotischen Stil errichtete Kirche, ein Klinkerbau, geweiht. Sie erhielt den Namen
des Reformators Martin Luther. Auf Innenpfeiler wurde verzichtet, so dass sich eine architektonisch auffällig weite
Gewölbespannung ergibt. Der Altar hat Tischform, sein Unterbau besteht aus Sandstein, und er ist mit einem
geschnitzten und farbig gefassten Aufbau ausgestattet. Die Kanzel besteht ebenfalls aus Holz und ist kunstvoll
geschnitzt. Der Taufstein, zu dessen Fuß verschiedene Steinsorten verwendet wurden, hat ein achteckiges
Taufbecken mit einer eingelassenen kupfernen Schale. Der mit Zierrat versehene glockenförmige Deckel aus
gleichem Material ist mit einem Achatknopf geschmückt. Die Kirche besitzt wertvolle Paramente in Rot, Grün und
Schwarz. Das Innere des Gotteshauses konnte bereits damals elektrisch beleuchtet werden. Die Warmluftheizung
wurde von der Firma Kelling in Dresden gebaut. Das prachtvolle Orgelwerk stammte von dem Orgelbaumeister
Hermann Eule in Bautzen und wurde mit der Kirche geweiht.
Blick vom Altarraum ins Kirchenschiff und zur
Orgel.
Blick von der Orgel ins Kirchenschiff und zum
Altar.
17
Fußboden Fliesen mit ornamentalem Muster
Taufstein
- Taufbecken achteckig mit eingelassener Kupferschale
- Fuß verschiedene Steinsorten
- Deckel glockenförmig, aus Kupfer mit Achatknopf
18
Orgel
- Orgelbaumeister Hermann Eule
Bautzen
19
Altar in Tischform
- Tisch: Sandstein
- Aufbau: Holz, dreiflügelig, geschnitzt
geschnitztes neugotisches
Zierrat
Agnus Dei (Lamm Gottes)
Ausschnitt des linken Altarflügels
Rechter Flügel : Trauben und Weinstock, als Sinnbild für
das Blut Christi
Linker Flügel: Ähren als Symbol für die Erlösung durch
Christus
20Kanzelkonsole: verschiedene Steinsorten,
analog zum Taufstein
Kanzelkorb: Holz, geschnitzt, mit dem Bild Christi und den
Zeichen Α und Ω auf einem aufgeschlagenem
Buch in den Händen – symbolische Selbstbezeichnung
sowohl Gottvater als auch Christi im Sinne von „der
Erste und der Letzte“ (Offb 1,8)
21
3. Die Kirchenfenster
3.1. Die Geschichte der Bleiglasfenster
Um die Herstellung der Bleiglasfenster bewarben sich im Jahre 1889 mehrere Firmen, u.a. die bekannte Firma C.L.
Türcke, Königlich-sächsischen Hofglasmalerei in Zittau, außerdem Dr. Heinrich Oidtmann & Co, Linnich/Westfalen,
sowie Bruno Urban, Institut für Glasmalerei und Kunstglaserei, in Dresden.
Letzterer reichte den günstigsten Kostenvoranschlag ein und erhielt daraufhin den Auftrag. Er fertigte drei
Altarfenster mit je zwei Figurengruppen im Werte von 3300 Mark an. Außerdem lieferte er zwei seitliche Altarfenster
mit radiertem Teppichmuster und acht Fenster mit Teppichmuster im Kirchenschiff. Hinzu kamen weitere
Verglasungen in Sakristei, Taufkapelle, im Turm, den Treppenaufgängen in den verschiedenen Türen. Im August
1894 erhielt Bruno Urban dafür einen Arbeitslohn von insgesamt 7494,84 Mark.
Bei einem Bombenangriff am 7. Oktober 1944 wurden die Fenster an der Ostseite und im Chorraum der Kirche
teilweise oder ganz zerstört. Nach Kriegsende konnte die Kirchgemeinde unter großen Opfern die Fenster im Chor
durch Teilergänzungen von Antikglas in Ordnung bringen lassen. Die Fenster auf der Westseite des Kirchenschiffes
wurden aus den Resten der Ostseite repariert und zeigten sich danach in alter Schönheit, die Ostseite erhielt eine
einfache Verglasung, ebenfalls aus Antikglas.
In den achtziger Jahren wiesen die Kirchenfenster erneut ernsthafte Schäden auf. Bedingt durch sauren Regen und
Überschall der Flugzeuge wurde die Bleiverglasung brüchig. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR war es damals
nicht möglich, das nötige Kathedralglas zu erlangen. So beschloss der Kirchenvorstand, einen Antrag auf
Übernahme der Kirche in den Denkmalschutz zu stellen. Die Kirche zu Hohndorf wurde im Mai 1985 in die
Denkmalliste aufgenommen. Mit dieser Würdigung war es möglich, schneller und günstiger an materielle Mittel für
die Fenstererneuerung heranzukommen.
Dr. Erhard Drachenberg, Leiter der Abteilung für Glasmalerei im Institut für staatliche Denkmalpflege, begutachtete
im Jahre 1988 die Fenster und gab wertvolle Hinweise für die Restaurierung bzw. Erneuerung der Fenster. Im Jahre
1992 konnten die Chorfenster fertig gestellt werden.
22
3.2. Farbige Bleiglasfenster
3.2.1. Allgemeines
In unserem Sprachgebrauch wird mit farbigen Fenstern sehr oft das Wort ‚Glasmalerei‘ verbunden. Glasmalerei gibt
es bereits seit dem frühen Mittelalter.4 Zunächst hatten sie im Kirchenbereich eine große Bedeutung. Ein bekanntes
Beispiel sind die ältesten Glasfenster im Augsburger Dom. Am Ende des Mittelalters hielten solche schmückenden
Scheiben auch in profanen Gebäuden ihren Einzug.
Es handelt sich um Malen auf Glas, und außerdem um ein Zusammensetzen von vielen kleinen gefärbten Gläsern.
Bleiruten mit einer doppelten Nut halten die Gläser zusammen.
Als Malfarbe dient das sogenannte Schwarzlot, ein grauschwarzer oder bräunlicher Glasfluss, dessen Bestandteile
meist Bleisilikat-Glaspulver sowie als Farbkomponente, Eisen- oder Kupferoxid enthalten. Das Anfertigen von farbigen
Bleiverglasungen ist sehr aufwändig und verlangt künstlerisches und handwerkliches Können.
Farbige Bleiglasfenster sind architektonisch in den Raum eingebunden und besitzen eine Mehrfachfunktion. Sie
dienen als wetterabweisender Fensterverschluss, und sie sind Lichtspender, sie vermitteln Bildaussagen und zeigen
Ornamente oder Symbole. Die wechselnde Tageszeit lässt das Durchscheinen des Lichtes und damit die Wirkung der
Darstellungen immer anders erscheinen.
Farbige Bleiverglasungen sind stark gefährdet. Sie zerbrechen leicht, die Bemalung ist empfindlich, sie sind der
schadstoffhaltigen Umwelt und organischen Ablagerungen ausgesetzt. Die Ausbesserung schadhafter Stellen, die
Pflege der Fenster gestalten sich sehr kostspielig und werden deshalb oft vernachlässigt. Der Denkmalschutz stellt
inzwischen hohe Forderungen an die Maßnahmen zur Erhaltung bleiverglaster Fenster. Es dürfen nur noch Mittel und
Methoden angewendet werden, die in ihrer Langzeitwirkung die Erhaltung der Substanz nicht gefährden.
23
Kostenvoranschlag von
Bruno Urban aus
Dresden (links)
und
die Auftragserteilung
des Kirchenvorstandes
von Hohndorf
für die drei mittleren
Chorfenster (rechts)
1891
24
Die drei mittleren
Chorfenster aus der
Werkstatt von
Bruno Urban aus
Dresden
25
Die nach dem Zweiten Weltkrieg restaurierten Chorfenster
26
Die 1992 restaurierten
Chorfenster aus der Werkstatt
der Firma Wolfgang Kämpfe
aus Hohenstein-Ernstthal
27
Die 1992 restaurierten
Chorfenster aus der Werkstatt
der Firma Wolfgang Kämpfe
aus Hohenstein-Ernstthal
28
3.2.2. Die Bezeichnung von Fenstern und Feldern
Die Kennzeichnung von Fenstern und Feldern
„Die Kennzeichnung der Fenster und Felder innerhalb
eines Gebäudes erfolgt nach den für das internationale
Corpus Vitrearum Medii Aevi verbindlichen Richtlinien“.5
Mit diesem System ist es möglich, Fenster und Felder
eindeutig zu bestimmen, ohne dass genaue Kenntnis der
räumlichen Verhältnisse vorhanden ist.
Bezeichnung der Fenster
„Die Zählung geht von dem östlichen Fenster in der
Längsachse des Kirchengebäudes aus. Es erhält die
römische Zahl I. Alle weiteren Fenster auf der Nord- und
Südseite werden in entsprechender Weise fortlaufend
nach Westen gezählt, z.B. n II, n III... oder s II, s III...
u.s.w. „6
29
„Die Bezeichnung der Felder innerhalb eines Fensters erfolgt in den
senkrechten Bahnen durch kleine Buchstaben und in den waagerechten
Zeilen durch arabische Ziffern. Die Maßwerkformen werden nach
gedachten Zeilen und nach ihrem Sitz über den senkrechten Bahnen des
Fensters mit arabischen Ziffern und großen Buchstaben gekennzeichnet.
Die Zählung beginnt unten links und endet rechts.7
Kennzeichnung der Fenster und Felder in der Hohndorfer
Kirche
Die Bezeichnung der Fenster der Hohndorfer Kirche entspricht im
Wesentlichen der Abbildung im Punkt 3.2.1. Unterschiede sind in der
Anzahl der Bahnen und Zeilen zu finden.
Die drei mittleren Fenster bestehen aus jeweils zwei Bahnen und fünf
Zeilen.
Die seitlichen Chorfenster (n III und s III) sind auf drei Zeilen verkürzt.
30
3.3. Die Buntglasfenster im Chor der Kirche
Betritt man die Hohndorfer Kirche durch den Haupteingang, dann fallen dem Besucher als Erstes die großen
farbigen Glasfenster im Chor auf. Die szenenreichen Erzählungen faszinieren den Betrachter und ziehen ihn in ihren
Bann.
Diese Fenster werden jeweils von einem Rundfenster, gestaltet durch einen Acht-Pass mit ornamentaler Malerei,
bekrönt. Da sie keine bildlichen Darstellungen besitzen, sind sie hier nicht weiter berücksichtigt. Mehr interessiert
dagegen der Gesamteindruck der Fenster und das mitgeteilte Bildprogramm.
In der Literatur heißt es beispielsweise:
„Die Lutherkirche in Hohndorf weist heute noch die vollständige Ausstattung mit farbigen Bleiglasfenstern aus der
Erbauungszeit der Kirche auf. Sie ist damit eines der wenigen Beispiele in Sachsen, in denen nicht nur die neu-
gotische Ausstattung des Kirchenraums, sondern auch die zugehörige Gestaltung der Fenster erhalten sind. Die
farbenprächtig mit Glasmalerei ausgestatteten Fenster tragen wesentlich zur Wirkung des Raumes bei.
Die großflächig gegliederten Fenster fallen bereits am äußeren Kirchenbau auf, vor allem durch die großen
Rundscheiben, die sich jeweils über den Fensterbahnen erheben. Aber auch die bereits hier zweifarbig gemusterte
Rahmung der Backsteinwand betont die Fenster.“8
„... Die großen Buntglasfenster im Chor zeigen in der Mitte Christus im Garten Gethsemane und den
kreuztragenden Christus, links Christus und die Samariterin am Brunnen Jacobs und die Heilung des
mondsüchtigen Knaben, rechts Auferstehung und Himmelfahrt Christi, ...“9
In den drei mittleren Chorfenstern ist ein komprimiertes aussagekräftiges Bildprogramm zu finden, in je einem
Fenster sind zwei Szenen in Bild- und Textaussage miteinander verknüpft. Die zweibahnigen Fenster im Chor
zeigen Szenen aus der Lebensgeschichte Jesu.
31
3.3.1. Gemeinsamkeiten der drei mittleren Chorfenster
Die Bildszenen werden von gotischen Baldachinenbekrönt. Solche Bauteile dienten in der gotischenKathedrale zur geschützten Aufstellung fürKultgegenstände oder Statuen. Schmale Säulen mitKapitellen in jeder Fensterbahn bilden dieVerbindung zwischen dem gemauerten Sockel(Zeile 1) und der pyramidenförmigenMaßwerkbekrönung (Zeile 5), die mit Krabben undKreuzblumen verziert ist.Der restliche Hintergrund ist mit einem blauen, immittleren Fenster mit einem violetten Rautenmustermit kreuzförmiger Blüte ausgefüllt. Die Bildszenenspielen sich vor einem in die Tiefe reichendenLandschaftshintergrund ab und sind durch dasextrem schmale Hochformat der Fensterbahnendefiniert. Um die in den Landschaften dargestelltenBegebenheiten von den althergebrachtenArchitekturrahmungen zu trennen, werden sie vonseitlich hereinragenden Ästen mit einer großenBlüte abgegrenzt. Der mit Blendmaßwerkversehene Sockel (Zeile 1) ist jeweils mit einemerklärenden Bibelzitat versehen. Die Herkunft derInschriften auf den Tafeln wird durch dieLutherrose, die sich am oberen Rand in der Mittebefindet, verdeutlicht.In einem Fenster sind jeweils zwei Bibelstellenbildlich dargestellt, die auf den folgenden Seitennäher beschrieben werden sollen.
32
3.3.2. Die Beschreibung der Darstellung der drei mittleren Chorfenster
3.3.2.1. Das linke Fenster
Das Fenster (n II) enthält die Darstellungen
„Christus und die Samariterin am Brunnen Jacobs“ (n II, 2a-4a)
„Heilung des besessenen Knaben“ (n II, 2b-4b).
Beide Bildszenen zeigen sehr deutlich, dass Kinder, Kranke, Schwache, Ausländer,
Ausgestoßene usw. eine besondere Zuwendung durch Jesus erfahren. Diesen
Randgruppen war zur Zeit des Wirkens Jesu der Zutritt ins Heiligtum verwehrt. Da sie
den Tempel nicht betreten konnten, suchte Jesus, den Überlieferungen zufolge, auf die
vielfältigste Weise den Weg zu ihnen.
In der Lutherkirche zu Hohndorf sind diese Außenseiter vom Architekten ganz nah an
den Altar, also ganz nah zu Jesus gestellt worden. Das für die Bildgestaltung
Verantwortung tragende Institut verwendete ausdrucksstarke Farben. So ist
beispielsweise die Kleidung der Vertreter der Randgruppen erdfarben. Das Gewand
Jesu hingegen enthält unter anderem die Farbe Blau. Die Verwendung der Farben
lässt unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten zu.
Farbige Kirchenfenster geben dem Raum eine ganz bestimmte Wirkung. In der
christlichen Kunst hat es vermutlich für die Verwendung von Farben keine allgemeinen
Verbindlichkeiten gegeben. Trotzdem setzten sich bestimmte Regeln, welche jedoch
nicht ohne Ausnahme blieben, durch. Wollte der Künstler diese Regeln beachten?
Die Farbe Blau im Gewand Jesu steht für die Farbe des Himmels, des Himmlischen,
der Wahrheit und der Treue. Die Kleidung der Außenseiter ist erdfarben. Zu vermuten
ist, das der Künstler damit ihre Niedrigkeit und ihren Willen zur Buße demonstrieren
wollte.
33
In dieser Fensterbahn ist die Geschichte aus dem Leben Jesu nach dem
Johannesevangelium (Joh 4,1-42), dargestellt. Sie erzählt von der Begegnung Christi
mit der Samariterin am Jakobsbrunnen. Jesus ist auf dem Weg von Jerusalem nach
Galiläa. Die kürzeste Strecke führt ihn durch Samaria. Die Wahl dieses Weges ist
jedoch sehr ungewöhnlich, da zwischen den Juden und den Samaritern aus religiösen
Gründen strenge Trennung herrscht.
Jesus ist müde, sicher auch hungrig und durstig, und eröffnet das Gespräch. Er bittet
die zum Brunnen kommende Samariterin um Wasser. Während ihrer Unterhaltung
macht Jesus ihr klar, dass ihre eigentliche Not geistlicher Art ist. Aus der Bitte Jesu um
frisches Wasser zum Trinken entwickelt sich die Verkündigung des wahren
Lebenswassers. Jesus gibt der Frau zu verstehen, dass der, der von seinem Wasser -
vom Wasser als lebendiges Wort Gottes - trinkt, nie wieder dürsten wird. Da bittet die
Frau: „Herr gib mir solches Wasser“ (Joh 4,15), wie die Inschrift auf der Tafel im
Fenster (n II, 1a) steht. In der Geschichte geht es auch um den Lebenswandel der
Frau und darum, dass durch diese unerwartete Begegnung andere Menschen des
Landes zum Glauben kommen.
Die Frau, den Wasserkrug in der Hand, richtet ihren fragenden Blick auf Jesus. Er, der
Jude, wendet sich einer gemiedenen Volksgruppe zu und noch dazu – eigentlich
unüblich - einer Frau. Seine linke Hand weist verkündigend nach oben und zeigt damit,
dass das ewige Wort Gottes vom Vater kommt.
Jesu trägt in seinem Gewand die Farben Rot, Blau und Grün. Diese Farben
symbolisieren in der christlichen Kunst die heilige Dreifaltigkeit. Wollte der Künstler
damit auf die Trinität hinweisen?
Die linke Fensterbahn des Chorfensters n II
34
Die rechte Bildbahn stellt die Geschichte der Heilung des besessenen Knaben (Mk 9,
14-29) als eine der Wundertaten Jesu dar.
Im Hintergrund sind Berge und Felsen, als Symbol der Festigkeit im Glauben, zu
erkennen. Vor diesen stehen die Jünger Petrus, Jakobus und Johannes. Letzterer wird
oft in einem grünen Gewand dargestellt. Grün ist das Symbol der Auserwählten.
Die Jünger kommen mit Jesus vom Berg der Verklärung. Dort hatten sie eine
Begegnung mit Moses und Elia, den Männern des Alten Testaments, erfahren. Sie
durften eine Zeit der Herrlichkeit Gottes erleben, die ihrem eigenen Alltag fremd war.
Nun kehren sie wieder zurück in ihre Welt. Als sie vom Vater des mondsüchtigen
Knaben um Heilung desselben gebeten werden, erleben sie ihre eigene Ohnmacht.
Sie können ihm nicht helfen, weil sie nicht fest genug glaubten. Sie überlassen den
Jungen Jesus, der Herr über die tiefe Not der Menschen ist.
Vor Jesus kniet in demütiger Haltung mit zum Gebet gefalteten Händen flehend der
Vater des kranken Kindes. Jesus weist mit seiner rechten Hand die Richtung des
Glaubens.
Das Bibelzitat im Fenster (n II, 1b) „Ich glaube; hilf meinem Unglauben“ (Mk 9, 24) gibt
den aufkeimenden Glauben des Vaters wieder. Damit ist Jesus zufrieden, und er
verspricht die Heilung, denn alles ist möglich, wenn man glaubt.
In diesem Bild kommt die Bitte um ewige Geborgenheit, die Bitte um lebendigen
Glauben zum Ausdruck.
Die rechte Fensterbahn des Chorfensters n II
35
3.3.2.2. Das mittlere Fenster
Das Thema des Fensters (I) im Chorscheitel zeigt
„Christus am Ölberg“ (I, 2a-4b)
„Kreuztragung“ (I, 2b-4b).
Der untere Teil des Bildes ist leider nicht gut zu erkennen, da der Altaraufbau ein
wenig von der bildhaften Szene verdeckt.
Beide Bildszenen kommen in der Kunst sehr häufig vor, jedoch sind sie in den
meisten Fällen im Querformat dargestellt.
Auf Grund des Hochformates der Fensterbahnen musste für die Motive eine in
die Tiefe gehende Staffelung vorgenommen werden.
36
Jesus, der sein nahes Ende voraussah, ging nach dem Abendmahl mit seinen Jüngern
zum Garten Gethsemane am Ölberg.
Den Evangelien nach Markus (Mk 14, 32-33)und Matthäus (Mt 26, 36-37) zufolge ließ
Jesus den großen Teil der Jünger am Eingang des Gartens zurück und nahm nur
seine Lieblingsjünger Petrus, Jakobus und Johannes in den Garten mit hinein.
Die Bildszene zeigt die drei Jünger in der unteren Hälfte des Fensters (I, 2a–3a) dicht
zusammengedrängt vor einem Felsen sitzen. Obwohl Jesu dreimal mahnt „Wachet
und betet“, wie auf der Bildtafel (I, 1a) zu lesen steht, übermannt sie der Schlaf immer
wieder.
Erhöht in Richtung zum Vater sucht er die Zuflucht neben dem Felsblock, dort kniet er
mit aufrechtem Oberkörper und empfängt mit zum Gebet gefalteten Händen den
Willen Gottes. Die Wolke links neben ihm steht für die Nähe Gottes. In dieser Wolke
schwebt ein Engel, der Bote Gottes, welcher ihm das Kreuz beinahe in die Hände legt.
Das Kreuz, die Antwort Gottes, weist auf den kommenden Leidensweg Jesu hin. Aber
der Engel, der Jesus nach den Worten „...;doch nicht mein, sondern dein Wille
geschehe!“ (Lk 22, 42) erscheint, stärkt und erquickt Jesus in seinen Ängsten und
Gebeten.
Deutlich zu erkennen ist die Distanz zu den Jüngern, er ist schon hier allein, verlassen
von den Jüngern, aber nicht verlassen vom Vater. Das blaue Gewand deutet auf die
Farbe der Unendlichkeit, des Himmlischen. Zusammen mit dem Grün des Umhangs
gibt es den Hinweis auf Christus. Nach der Erde zu ist jedoch das Kleid rot,
möglicherweise ein Zeichen dafür, dass der Tod, sein Sterben von den Menschen, von
der Erde kommt.
Die linke Fensterbahn des Chorfensters I
37
Den Mittelpunkt der Bildszene bildet der von seiner Last tief gebeugte Jesus. Er
musste, wie auch alle anderen zum Kreuzestod Verurteilten, sein Kreuz selbst zur
Hinrichtungsstätte tragen. Ohne Widerstand geht er seinen vorgeschriebenen Weg im
Gehorsam zu Gott und aus Liebe zu uns.
Die Szene zeigt einen Soldaten, der mit erhobener Hand den am Weg stehenden
Simon von Kyrene zwingt das Kreuz zu tragen (Mt 27, 32; Mk 15, 21). Als dieser das
Kreuz mit beiden Händen packt, ist Christus durch seine Last schon tief gebeugt.
Christus, der unschuldig und voller Reinheit für die Sünden der Welt den Weg zur
Kreuzigung geht, trägt als Zeichen dieser Eigenschaften ein weißes Kleid.
Das Motiv im unteren Teil des Fensters stammt aus dem Lukasevangelium (Lk 23, 27).
In ihm wird von Frauen berichtet, die Jesus auf dem Weg zum Kreuz nachfolgen.
Dargestellt ist unten links der Lieblingsjünger Johannes, in der Mitte die klagende
Maria, die von Maria Magdalena getröstet wird. Möglicherweise ist es aber auch, dass
Veronika, die nach späterer Legende Jesus ihr Tuch den Schweiß abzuwischen gab,
abgebildet ist.
Die auf der Tafel (I, 1b) stehende Bibelstelle bezieht sich auf die nachfolgende
Kreuzigung Christi auf Golgatha. Er hing bereits am Kreuz als er die Worte für das
jüdische Volk und die römischen Soldaten „Vater, vergib ihnen“ (Lk 23,34) sprach.
In den Stunden am Kreuz leidet Jesus in völliger Einsamkeit.
Die rechte Fensterbahn des Chorfensters I
38
3.3.2.3. Das rechte Fenster
Im dritten Fenster (s II) sind
„Auferstehung“ (s II, 2a-4a)
und „ Himmelfahrt“ (s II, 2b-4b)
dargestellt.
Diese szenischen Darstellungen waren, ebenso wie das Pfingstfest, in der
Glasmalerei der damaligen Zeit beliebte Themen.
39
Die linke Fensterbahn zeigt Jesus, wie er triumphierend mit Segensgeste der
erhobenen rechten Hand und der Kreuzfahne, dem Siegeszeichen des auferstandenen
Christus, in der linken Hand dem Grab entsteigt. Keiner der Evangelisten beschreibt
die Auferstehung selbst oder das Aussehen des Auferstandenen. Sie berichten jedoch
in in unterschiedlicher Art und Weise vom leeren Grab und den Erscheinungen Jesus
nach Ostern.
Das Lukasevangelium erzählt von den Jüngern, die nach Emmaus wanderten, zu
denen sich Jesus gesellte. Sie erkannten ihn erst beim Brechen des Brotes zum
gemeinsamen Mahl am Abend (Lk 24, 30-31). Sie kehrten daraufhin zu den Anderen
nach Jerusalem zurück und diese sprachen die Worte des Bibelzitats „Der Herr ist
wahrhaftig auferstanden“ (Lk 24,34), welches in der Tafel (s II, 1b) zu finden ist.
Passend zu diesem Bibelwort zeigt der Glasmaler die Wundmale an Füßen, an der mit
Segensgruß erhobenen Hand und an der Seite.
Über dem Auferstandenen schweben zwei Engel als Boten Gottes. Einer von ihnen
hält einen Palmzweig als Zeichen des Sieges über den Tod und des Einzugs in das
Paradies in der Hand.
Später zeigt sich der Auferstandene verschiedenen Personen, die ihn erst an
typischen Zeichen und Handlungen erkennen. Er ist da und auch wieder nicht da. Er
kann sich von der Erde zum Himmel erheben ohne an Gesetze von Raum und Zeit
gebunden zu sein. Dies zeigt das Verlassen eines verschlossenen Grabes aber auch
die Szene im nächsten Fenster.
Die linke Fensterbahn des Chorfensters s II
40
Von der Himmelfahrt Christi wird in der Apostelgeschichte des Lukas berichtet (Apg 1,9).
Vierzig Tage verbrachte Jesus mit seinen Jüngern und redete mit ihnen vom Reich
Gottes. Christus hatte die Jünger gebeten mit ihm auf die Verheißung des Vaters zu
warten. Zeit und Stunde ist nicht vorherbestimmt.
Er versammelte alle Apostel, um ihnen ihren Auftrag zu erteilen. Er gab ihnen den
Missionsbefehl, der die ganze Welt umfassen wird.
„Ihr werdet meine Zeugen sein“ (Apg 1,8) bezieht sich auf die Erscheinung Christi bei den
Jüngern unmittelbar zuvor (Lk 24,36-49).
„Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben und eine Wolke nahm ihn
auf vor ihren Augen weg.“ (Apg 1,9)
Christus wird im Beisein der Jünger von einer Wolke entrückt. Im Bild bereits erhöht
dargestellt, hält er segnend seine Hände über die zurückbleibenden Jünger. Diese
schauen ehrerbietig zu ihrem Herren.
Die Wolke ist kein meteorologisches Phänomen, sondern Sinnbild für die göttliche
Herrlichkeit des auffahrenden Christus.
Jesus hat die Jünger zugerüstet. Nun aber verlässt er sie, aber er lässt ihnen für ihre
Aufgabe die Kraft des Heiligen Geistes zurück.
Im Feld 1b des Fensters s II ist dem Glasmaler ein Fehler unterlaufen. Er fügte im
Bibelzitat (Apg 1,8) das Wort ‚alle‘ ein, so dass nun auf der Tafel im Feld 1b steht „Ihr
werdet alle meine Zeugen sein“. Aber ist dieser Auftrag nicht sogar treffender? Hat Jesus
nicht auch uns zur Nachfolge und als seine Zeugen zur Mission berufen?
Die rechte Fensterbahn des Chorfensters s II
41
4. Die Lutherkirche von außen - heute
42
Blick vom Altarraum ins Kirchenschiff und
zur Orgel.
Blick von der Orgel ins Kirchenschiff und
zum Altar.
Die Lutherkirche von innen - heute
43
Lutherrose
Die Lutherrose ist das Wappen Martin Luther (1483 – 1546).
Das Herz des Christen wandert zwischen
Rosen, auch wenn es unter dem Kreuz
lebt...
Das Kreuz steht für die Prüfungen vor
der Auferstehung.10
44
5. Schlusswort
Der Besucher bemerkt beim Betreten der Kirche zunächst den Altar, das Kreuz und das dahinter befindliche
farbige Glasfenster. Dieses möchte daran erinnern, dass Jesus für alle unsere Sünden gelitten hat.
Während der weiteren Betrachtung jedoch ist festzustellen, dass auch die anderen Bildfenster nicht weniger
wichtige Aussage für jeden Einzelnen besitzen.
Gottesdienstbesucher sehen dies sehr unterschiedlich, aber eindrücklich. Jesus ist der Mittelpunkt aller
szenenhaften Darstellungen, und er will auch Mittelpunkt in unserem Leben sein.
Das Licht bricht durch die Fenster in den Innenraum der Kirche, Jesus will als Licht auch in das Leben der
Menschen kommen.
Über die Bibelzitate erhalten wir die Zusage, dass Jesus Kraftquelle für unser Leben sein will, und wenn wir
einen lebendigen und festen Glauben haben und nicht müde werden beim Bau des Reiches Gottes, dann
werden wir es erleben.
Wir werden in den Zeugendienst in dieser Welt durch Wort und Tat und zur Nachfolge aufgerufen.
Jesus schenkt Frieden mit Gott, einen Frieden, den die Welt nicht geben kann.
Es ist eine sehr reizvolle Aufgabe darüber nachzudenken, was uns der Künstler mit diesen Glasfenstern
ausdrücken will. Glasmalereien sind faszinierende Zeugnisse der Kunst und verdienen es, bewahrt und
geschützt zu werden.
Deshalb grüße ich alle, die sich an anderem Ort oder ähnlicher Weise ebenfalls mit dieser Aufgabe
beschäftigen.
45
6. Verwendete Literatur
Annette HÖRIG: Die Glasmalerei in der Ev. Lutherkirche in Hohndorf (Lkr. Stollberg) aus der Glasmalerei Bruno Urban, Dresden, freischaffende Kunsthistorikerin, Leipzig, 3 S.
Hannelore SACHS, Ernst BADSTÜBNER, Helga NEUMANN: Christliche Ikonographie in Stichworten, München 1998, 391 S.
DIE GROSSEN WELTRELIGIONEN: Islam, Judentum, Christentum; Hinduismus, Buddhismus;Lizenzausgabe, Ravensburger Buchverlag, 2001, 261 S.
Dtv-ATLAS BAUKUNST: 2 Bände, hrsg. von Werner Müller und Gunther Vogel. München 2002, 600 S.
Georg DEHIO: Handbuch der dt. Kunstdenkmäler Sachsen II, Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz,München, 1998, 1172 S.
GLASMALEREI DES 19. JAHRHUNDERTS IN DEUTSCHLAND: Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung des CMVA Potsdam, Leipzig 1993, 256 S.
GLASMALEREI DES 19. JAHRHUNDERTS IN DEUTSCHLAND: Sachsen-Anhalt, Die Kirchen, hrsg. von der
Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung des CMVA Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig 2003, 535 S.
46
GLASMALEREI AUS ACHT JAHRHUNDERTEN: Meisterwerke in Deutschland,Österreich und der Schweiz-ihre Gefährdung und Erhaltung/ hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. In Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundesdenkmalamt Wien und dem Schweizerischen Zentrum für Forschung und Information zur Glasmalerei in Romont. Leipzig 1999, 122 S.
GLASMALEREI DES 19. JAHRHUNDERTS IN DEUTSCHLAND: Mecklenburg-Vorpommern, Die Kirchen, hrsg. von der Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung des CMVA Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Leipzig 2000, 247 S.
HERSTELLUNG EINER GLASMALEREI: Glasmalerei Mona Föcking, http://home.main-rheiner.de/foecking/sf-herst1.htm
HOHNDORF: Einst und Jetzt, hrsg. Von der Gemeindeverwaltung Hohndorf (Erzgeb.), Kunst und Verlagsbuchbinderei GmbH Leipzig, 1993, 120 S.
Karl-Heinz HENGST: Die Ortsnamen der Kreise Glauchau, Hohenstein-Ernstthal und Stollberg , Zwickau 1964,S.49
HISTORISCHES ORTSVERZEICHNIS VON SACHSEN: 3. Teil Erzgebirge und Vogtland, hrsg. von KarlheinzBlaschke, Leipzig,1957, S VIII – IX
Karlheinz BLASCHKE: Geschichte Sachsens im Mittelalter: Berlin, 1990, 397 S.
47
Anmerkungen
1 Karl-Heinz HENGST: Die Ortsnamen der Kreise ..., S. 49.
2 HISTORISCHES ORTSVERZEICHNIS ...,III, S. VIII – IX.
3 Karlheinz BLASCHKE: Geschichte Sachsens..., S. 95 f
4 HERSTELLUNG EINER GLASMALEREI: Glasmalerei Mona Föcking, http://home.main-rheiner.de/foecking/sf-herst1.htm.
5 GLASMALEREI AUS ACHT JAHRHUNDERTEN: Meisterwerke in Deutschland..., S. 8.
6 Ebd., S. 8.
7 Ebd.,S. 8.
8 Annette HÖRIG: Die Glasmalerei in der ... , S. 1
9 Georg DEHIO: Handbuch der dt. ...., S. 406.
10 DIE GROSSEN WELTRELIGIONEN: Islam, Judentum..., S. 168
48
Fotonachweis
Archiv der Kirche
Archiv der Gemeinde Hohndorf
Stefan Colditz
Kartenmaterial
Faltplan der Gemeinde Hohndorf
Sonstiges Material
Archivmaterial der Kirchgemeinde