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Kleine Chronik der Protestanten in München

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Kleine Chronik der Protestanten in München

Kleine Chronik der Protestanten in München

Titelblatt der ältesten in München gedruckten Lutherschrift von 1519

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1517 Der Thesenanschlag in Wittenberg sowie die Schriften Luthers finden in ganz Bayern großen Widerhall. Unter den Anhängern Luthers ist auch der Münchner Bürgersohn Arsacius Seehofer, der später als Ketzer in Haft genommen wird. Johann von Staupitz, der „Vater der Reformation“, predigt in der Augustinerkirche.

1519 Der Drucker Hansen Schobser veröf-fentlicht zum ersten Mal eine Schrift Martin Luthers in München, die sich sehr gut verkauft. Der bayerische Herzog Herzog Wilhelm IV und seine mitregierenden Brüder stehen Luther und seinen Ideen zur Reform der Kirche zunächst positiv gegenüber.

1521 Mit dem Wormser Edikt wird die Reichsacht über Luther und seine Anhänger verhängt. Aus Angst vor einer sozialen Revolution verkehrt sich die Haltung des Herzogs ins Gegenteil.Schobser druckt Luthers Kampfschrift „An den christlichen Adel deutscher Nation“. Auf Befehl des Herzogs muss die gesamte Auflage vernichtet werden.

1522 Das erste Bayerische Religionsmandat verbietet die lutherische Lehre. Die Anhänger Luthers müssen mit Kerker-haft rechnen. Leonhard Beier, der Reisebegleiter Luthers, wird in Mün ch -en gefangen genommen.

1523 Die Haltung gegenüber den Lu the-rischen verschärft sich: Der Bäcker-geselle Fraunhofer wird wegen „Schmähung der Gottesmutter“ hingerichtet. Weitere Hinrichtungen und Repressalien folgen.

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Die Augustiner-Eremitenkirche in der Neuhauser Straße in München

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1554 Der Dichter Martin Balticus wird Leiter der Städtischen Poetenschule. 1559 muss er wegen seines protestantischen Glaubens die Stadt verlassen.

1556 Herzog Albrecht V. (1550 –1579) gibt mit Rücksicht auf innen- und außenpolitische Verhältnisse Teilen der reformatorischen Forderungen nach (Laienkelch, Priesterehe).

1558 In der Augustinerkirche in der Neu-hauser Straße singen Bürgerinnen und Bürger lutherische Psalmen und Lieder. Verhaftungen und Verhöre sind die Folge des zunehmenden „Gottesdienst-verfalls“.

1563 Die Hinwendung mächtiger Adliger zum protestantischen Glauben führt aufgrund von machtpolitischen Interessen zu einer erneuten Welle von Verhaftungen und Verhören. Die evangelische Auswanderungswelle – darunter auch viele wohlhabende Bürger – dauert an.

1575 Die protestantischen Bürger haben die Stadt verlassen oder sich in eine private Frömmigkeit zurückgezogen. Obwohl München nun offiziell ganz katholisch ist, muss sich der Stadtrat doch immer wieder mit einzelnen Protestanten oder ganzen Gruppen befassen, die diese katholische Einheitlichkeit bedrohen.

1621 Trotz aller Repressalien und Ver fol gungen halten sich immer noch Protestanten in München.

Die lutherische Prinzessin Friederike Wilhelmine Karoline von Baden, seit 1799 Kurfürstin und ab 1806 Königin von Bayern

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Kabinettsprediger Dr. Ludwig Friedrich Schmidt

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1631 Maria Ward, Stifterin der Jesuitinnen-Kongregation, kommt wegen des Verdachts der Ketzerei in Klosterhaft bei den Klarissinnen.

1632 Während des Dreißigjährigen Krieges zieht am 17. Mai der schwedische König Gustav Adolf in der Residenz-stadt München ein. Gegen eine hohe Kontribution verschont er die Stadt. Er unternimmt keinen Versuch, die Stadt zum Religionswechsel zu bewegen.

1799 Der bayerische Kurfürst Max IV. Joseph, ab 1806 König Max I., kommt nach München. Er hat 1797 die lutherische Prinzessin Karoline von Baden (1776 – 1841) geheiratet. Ihr werden im Ehe-vertrag das Recht auf Ausübung ihres Glaubens und ein eigener Kabi netts -prediger zugesichert. Der Kabinettsprediger Ludwig Friedrich Schmidt (1764 –1857) aus Baden ist neben Kurfürstin Karoline die ent-scheidende Persönlichkeit für die Entstehung einer Münchner evangel i - s chen Gemeinde. Im „Grünen Saal“ des Schlosses Nym-phenburg findet am 2. Juni 1799 der erste protestantische Gottesdienst statt.

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Rechnung der Stadt München für die Erteilung des Bürgerrechts an den ersten protestantischen Bürger Münchens: Johann Balthasar Michel, vom 30. Juli 1801

1800 Das ehemalige Ballhaus wird für die protestantische Kurfürstin Karoline von Baden und ihr Gefolge zum evangeli-schen Hofbethaus umgebaut und am 6. April 1800, Palmsonntag, eingeweiht. Auch der wachsenden protestantischen Bevölkerung Münchens wird der Besuch der Gottesdienste in der Residenz erlaubt.

1801 Der Weinwirt und Pferdehändler Johann Balthasar Michel (1755 –1818) erhält als erster Protestant das Bürger-recht in München. Seine Gastwirtschaft befindet sich in der Rosenstraße.

Auf seinem Grabstein auf dem Alten Südlichen Friedhof steht: „Ein treuer Vater Ein thätiger Bürger Ein verlässlicher Freund Er war der erste Protestant Dem Bayerns Hauptstadt Das Bürgerrecht verlieh.“

1803 Das Bayerische Religionsedikt sichert Protestanten, Reformierten und Katho-liken die gleichen Rechte zu. Es gibt bereits über 800 Protestanten in der Stadt, bei rund 45.000 Einwohnern. Neben den Hofbediensteten sind es auch Protestanten aus Baden, der Pfalz und dem Elsass, die sich im Münchner Umland ansiedeln.

1804 Die erste evangelische Schule wird in München gegründet.

1806 Kabinettsprediger Dr. Ludwig Friedrich Schmidt gelingt es, die erste protestan-tische Stadtpfarrei München als eine staatliche Behörde einzurichten. Er wird erster Gemeindepfarrer (bis 1818).

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Die evangelische Hofkirche in der Residenz Das ehemalige Ballhaus, das zwischen dem Brunnen- und Küchenhof in der Residenz lag, wurde für Kurfürstin Karoline zur evangelischen Hofkirche umgebaut. Es befand sich an der Stelle des heutigen Comité-Hofs und bot 900 Menschen Raum.

Bekanntmachung im Königlich-Baierischen Regierungsblatt am 30. Juli 1806

Handschriftlicher Eintrag des Kabinettspredigers Dr. Schmidt in das Matrikelbuch über die Errichtung einer evangelischen Pfarrei München am 5. Juli 1806

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Übertragung des Originals: Durch ein Königliches Reskript (…) München den 5. Julius 1806 wurde die hiesige Evangelische Gemeinde zur Pfarrei erklärt, der Nexus mit den kathol. Pfarreien aufgelöst, den Protestanten öffentliche, freie Religi-onsausübung gestattet, und dem evangelischen Pfarrer die Führung eigener Kirchenbücher befohlen. den 6. Jul. 1806, F. Schmidt, Kabinetsprediger 1

Das Hofbethaus in der Residenz dient der neuen Stadtpfarrei als Gotteshaus. Das bleibt es, bis 1833 die erste protes-tantische Kirche, die später den Namen St. Matthäus erhält, eingeweiht wird.

In München leben mittlerweile 1200 Protestanten. Die Protestanten bekom-men die Salvatorkirche geschenkt. Sie wird aber nie benutzt, weil sie zu klein ist.

1 In: Erste protestantische Tauf-, Trauungs- und Sterbematrikel, München, 1799 bis 1808

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St. Matthäus, Lithographie von Carl August Lebschée

1808 Konstitution u. a. mit Neueinteilung des Königreichs in zunächst 15 Kreise. München wird (Distrikt-)Dekanat für den Isarkreis (= Oberbayern) und Generaldekanat für den Isar-, Iller- und Salzachkreis.

1818 Die Bayerische Verfassung verpflichtet die Religionsgemeinschaften zu wech-selseitiger Achtung und gewährt voll-kommene Religions- und Gewissensfrei-heit. Die innerkirchlichen Verhältnisse werden durch das „Protestantenedikt“ geregelt: Lutheraner und Reformierte werden unter der Leitung eines Ober-konsistoriums zusammengeschlossen.

1827 In München gibt es bereits 4500 evangelische Gemeindeglieder.

1829 In Kemmoden wird ein Bet- und Schulhaus eingeweiht. Ähnliche Bauten entstehen auch für die protestantischen Siedler in Feldkirchen (1837) und Lanzenried (1840). Für Amtshandlun-gen müssen sie nach München fahren.

1830 Christian Friedrich Boeckh wird Stadt-pfarrer und Dekan in München.

1833 Die erste protestantische Kirche, die 1885 den Namen St. Matthäus erhält, wird am 25. August in München auf der Sonnenstraße eingeweiht.

1840 München hat 10.000 Protestanten (11% der Bevölkerung).

1848 Gründung des Evangelischen Handwerkervereins

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Die protestantische Erziehungs- und Rettungsanstalt Feldkirchen bei München, 1853

Pauluskirche in Perlach, Stich von 1849

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1849 Die fortschreitende Industrialisierung führt zu einer zunehmenden Verelen-dung großer Teile der arbeitenden Bevölkerung. Der Theologe Johann Heinrich Wichern, der Gründer des „Rauhen Hauses“ in Hamburg, einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche und einer Dia-konen-Anstalt, fordert während eines Münchner Aufenthalts die evangelische Kirche zu diakonischem Handeln auf. Seine Aufrufe und sein Anliegen einer „Inneren Mission“ bewirken die Schaf-fung vieler diakonischer Einrichtungen, z.B. die protestantische Erziehungs- und Rettungsanstalt Feldkirchen bei München (1853), die „Kinderbewahr-anstalt“ im Löhe-Haus in der Bluten-burgstraße, ein Heim für Waisen und verwahrloste Kinder, das Maria-Martha-Stift (1858), die Diakonissenanstalt des Magdalenen vereins (1867). Am 9. September wird die evangelische Kirche in Perlach eingeweiht. Die Pläne stammen von Georg Friedrich Ziebland, dem bekannten Baumeister Ludwig I.

1850 Erstes protestantisches Schulhaus in München

1854 Mit 100.000 Einwohnern ist München Großstadt geworden.

1876 Gründung des protestantischen „Lehrlingshortes“.

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St. Markus in der Maxvorstadt (vor dem 2. Weltkrieg)

1877 Die „II. Protestantische Kirche“, die später St. Markus genannt wird, wird eingeweiht. 1896 wird sie Dekanskirche. Die Kirche wird im 2. Weltkrieg schwer beschädigt und von Gustav Gsänger rundum erneuert. Heute befindet sich dort auch der Sitz des Prodekanats München-Mitte.

1884 Dekan Karl Buchrucker (1827 –1899) gründet am 26. März den „Verein für Innere Mission in München“

1886 Gründung des „CVJM – Christlicher Verein Junger Männer“, heute „Christlicher Verein Junger Menschen“

1892 Erste Ausgabe des evangelischen Gemeindeblatts, herausgegeben von Pfarrer (später Dekan) Adolf Kahl (1896 –1905) In der ersten Ausgabe für den Deka-natsbezirk München schrieb Pfarrer Kahl: „Wir möchten versuchen, in unse-rem Evangelischen Gemeindeblatt einen Sammelpunkt zu schaffen, wo Reiche und Arme, Glückliche und Unglückliche einander begegnen können (…) Von unseren Gottesdiensten, Vereinen und Anstalten wollen wir in übersichtlicher Weise Kunde geben (…)“ 2

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Dekan Karl Buchrucker

2 Aus: Das offene Tor – Aus der Geschichte der Protestanten in München, S.209

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St. Lukas im Lehel, erbaut von Albert Schmidt

Das „Evangelische Eck“ Münchens: An der Ecke Mathil-den- / Landwehrstraße residieren der Verein Innere Mission München und der Handwerkerverein.

1896 Die Gemeinde feiert den Einweihungs-gottesdienst von St. Lukas. St. Markus wird Dekanskirche.

1897 Die Münchner Bahnhofsmission wird gegründet. Sie ist die erste ökumeni-sche Bahnhofsmission des Deutschen Reichs, in Trägerschaft des „Mariani-schen Mädchenschutzvereins“ und der evangelischen „Freundinnen junger Mädchen“.

1901 Einweihung der Erlöserkirche in Schwabing

1905 Volkszählung: In München leben 76.000 Protestanten bei 500.000 Einwohnern (14 %).

1910 Die Christuskirche in Neuhausen wird eingeweiht. Sie ist heute der Sitz des Prodekanats München-West.

1916 St. Johannes in Haidhausen wird während des 1. Weltkriegs eingeweiht.

1920 Einweihung der Himmelfahrtskirche Sendling. Die Sendlinger Kirchenge-meinde erwarb das „Vergnügungsetab-lissement Elysium“, eine Großgaststätte im wilhelminischen Stil, zu einem Preis von 450.000 Reichsmark. In der poli-tisch und wirtschaftlich unsicheren Zeit nach Ende des 1. Weltkriegs sah sie sich gezwungen, ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Die Gaststätte wurde zur Kirche umgebaut und Himmelfahrts-kirche genannt.

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Die Nationalsozialisten lassen die Bahnhofsmission 1933 schließen. Seit dem Ende des 2. Weltkriegs ist sie wieder Anlaufstelle für Menschen in Not.

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Gründung der protestantischen Gesamtkirchengemeinde München, mit sieben selbständigen Kirchenge-meinden: St. Matthäus, St. Markus, St. Lukas, St. Johannes, Erlöserkirche, Christuskirche, Himmelfahrtskirche.

1933 Ab dem 22. März werden im Kon-zentrationslager Dachau die ersten Gefangenen interniert. Beim „Fest der nationalen Arbeit“ am 1. Mai sind die Münchner Kirchen mit Hakenkreuz-fahnen beflaggt.

1934 Landesbischof Hans Meiser wird unter Hausarrest gestellt. Dagegen demonst-rieren Tausende Bürger. Nach 14 Tagen darf die abgesetzte Kirchenleitung ihre Arbeit wieder aufnehmen. Am 11. Juni formulieren Theologen den „Ansbacher Ratschlag“, der einer theo-logischen Bejahung der nationalsozia-listischen Staatsordnung gleichkommt. Bischof Meiser opponiert während der gesamten Zeit des „Dritten Reichs“ gegen die Interessen des Nazi-Regimes, die Kirche „gleichzuschalten“. Am 31. Mai verabschiedet die erste Synode der „Bekennenden Kirche“ der NS-Zeit die „Barmer Theologische Erklärung“. Sie stellt das erste gemein-same Glaubenszeugnis evangelischer Christen aus lutherischen, reformierten und unierten Kirchen dar. Sie betont die Freiheit der Kirche gegenüber dem Staat in der Bindung an Jesus Christus und ruft die Christen zu ihrer politi-schen Verantwortung auf.

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St. Matthäus in der Sonnenstraße

1937 Der erste Gottesdienst in der Dreieinig-keitskirche findet am 19. September statt. Heute ist die Dreieinigkeitskirche Sitz des Prodekanats München-Ost.

Im November wird der Grundstein für die Jugend- und Freizeitkirche Eichenau gelegt. Nach der Eingliederung der kon-fessionellen Jugendverbände in die Hitler jugend verschärften sich die Repressa lien gegen die evangelische Jugendarbeit weiter. Der Jugend wird jede Betätigung, die nicht rein religös-christlicher Art ist, untersagt. Zudem durften religiöse Veranstal-tungen in der Öffentlichkeit nur noch in Kirchen stattfinden. Um das Verbot zu umgehen, wird ein Freizeit- und Feriengrundstück in Eichenau gekauft und eine Freizeit- und Jugendkirche errichtet. Aus dem Evangelischen Gemeindeblatt: „Der Altar ist so gebaut, dass er mit Flügeltüren geschlossen werden kann. Zwischen die Kirchenbänke können Tische eingeschoben werden, die Kanzel kann durch einen Vorhang verdeckt werden (…), so dass der Kirchenraum selbst jederzeit als Tages- und Aufent-haltsraum verwendbar ist.“ 3

1938 Die St.- Matthäuskirche in der Sonnen-straße wird am 14. Juni auf Betreiben der Nationalsozialisten aus angeblich verkehrstechnischen Gründen abgeris-sen. Der letzte Gottesdienst wird am 12. Juni gefeiert.

253 Quelle: Mit Kreuz und Hakenkreuz – Die Geschichte der Protestanten in München 1918-1945, S. 299

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Eine Ruine: Die Christuskirche in Neuhausen wurde im Krieg schwer beschädigt.

Abriss der Münchner Hauptsynagoge Nachdem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels im Alten Münchner Rathaus zur „Abrechnung“ mit den Juden aufgerufen hat, werden in der „Reichspogromnacht“ in München und ganz Deutschland jüdische Synagogen, Geschäfte und Wohnungen geplündert und zerstört.

1943 Die Geschwister Hans und Sophie Scholl gehören zur studentischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Die evangelischen Christen werden am 22. Februar wegen einer Flugblatt-aktion in der Münchner Universität zum Tode verurteilt und hingerichtet. Pfarrer Karl Alt, Gemeindepfarrer der Lutherkirche und Gefängnispfarrer, hatte die schwere Aufgabe, die Todes-kandidaten auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Im Hause des Verlegers Albert Lempp (Unterstützer der Bekennenden Kirche und Kirchenvorstand in St. Markus) treffen sich evangelische Christen zu Zusammenkünften. Was als christli-che Diskussionsrunde beginnt, wird während der NS-Zeit zu einem konspi-rativen Kreis, der sich aktiv um Ausreise von verfolgten Juden kümmerten. Der „Lempp’sche Kreis“ in München verfasst 1943 einen offenen Brief („Oster-botschaft“) an Landesbischof Meiser, in dem sie er von der Kirche fordert, öffentlich gegen die Judenverfolgung einzutreten.

Aus dem offenen Brief: „Als Christen können wir es nicht länger

ertragen, daß die Kirche in Deutschland zu den Judenverfolgungen schweigt.

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Konzert des Münchener Bach-Chors unter der Leitung von Karl Richter, Kantor an St. Markus

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In der Kirche des Evangeliums sind alle Gemeindeglieder mitverantwortlich für die rechte Ausübung des Predigtamtes (…) Das Zeugnis der Kirche gegen die Judenverfolgung in Deutschland wird so zu einem mit besonderem Gewicht ausgestatteten Sonderfall des der Kirche gebotenen Zeugnisses gegen alle Verletzung der Zehn Gebote durch die staatliche Obrigkeit (…) Dieses Zeugnis der Kirche muß öffentlich geschehen, sei es in der Predigt, sei es in einem besonderen Wort des bischöflichen Hirten- und Wächteramtes (...).“ 4

1945 Am 30. April rücken US-amerikanische Truppen in München ein. Die Stadt ist am Ende des Krieges fast zur Hälf-te zerstört. 6700 Münchner Bürger haben bei den Luftangriffen ihr Leben verloren, 15.800 sind verletzt, 300.000 Menschen obdachlos.

1948 Seit 31. März ist die Evangelische Jugend München wieder offiziell ein Jugendverband und Mitglied im Kreisjugendring München.

1950 Die Evangelische Akademie in Tutzing wird gegründet. Sie soll als Ort der Diskussion, einen Beitrag zum Aufbau demokratischer Lebensverhältnisse der deutschen Nachkriegsgesellschaft leisten.

1951 In der Markuskirche findet erstmals ein Konzert des Bach-Chors unter Leitung von Karl Richter statt.

1953 Mehrere zerstörte Kirchen werden wieder aufgebaut und zahlreiche neue Kirchen werden errichtet.

4 Quelle: Heinrich Hermelink, Hrsg. Kirche im Kampf, Tübingen 1950, S. 653f,

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Bischofskirche St. Matthäus am Sendlinger-Tor-Platz

Jugendgottesdienst auf dem Kirchentag 1959

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1955 Am 1. Avent wird die wiederaufgebaute St.-Matthäus-Kirche am neuen Standort Sendlinger-Tor-Platz eingeweiht, erbaut von Gustav Gsänger.

1959 Deutscher Evangelischer Kirchentag in München. 350.000 Gläubige sind bei der Schlussfeier auf der Theresienwiese.

1960 Der Münchner MotettenChor wird von Hans Rudolf Zöbeley gegründet.

1961 Einweihung der Apostelkirche in Solln. Die Kirche ist seit 2014 Sitz des Pro-dekanats München-Süd.

1962 Nach dem 2. Weltkrieg beginnt durch die Flüchtlingsströme eine explosions-artige Entwicklung der Bevölkerung im Münchner Norden. Der Grundstein für die Evangeliums kirche wird gelegt. Die Kirche ist heute der Sitz des Prodeka-nats München-Nord.

Die sozial-diakonische Betreuung der Menschen wird zunehmend vom „Sozialen Beratungsdienst e.V.“ übernommen, der heutigen „Diakonie Hasenbergl.

1964 Die Michaelskirche Ottobrunn wird eingeweiht. Sie ist heute Sitz des Prodekanats München-Südost.

1967 Errichtung einer evangelisch-theolo-gischen Fakultät in München.

Die Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau wird auf Initiative ehemaliger Häftlinge des KZ Dachaus 1967 gebaut. Getragen wird sie von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie ist ein Ort

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Großveranstaltung auf dem Kirchentag 1993

Jugendpartnerschaft mit Tansania

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der Erinnerung an die Verbrechen der NS-Diktatur, aber zugleich ein Ort der Versöhnung.

1968 Gliederung des Evangelisch-Lutheri-schen Dekanatsbezirks München in vier Prodekanatsbezirke.

1970 Grundsteinlegung für das erste öku-menische Kirchenzentrum in Bayern mit zwei Kirchen unter einem Dach im Olympiadorf (Einweihung 1974).

1971 Die Offene Behindertenarbeit (OBA) wird gegründet.

1972 Einweihung der ökumenischen „Münchner Insel“ im Untergeschoß Marienplatz, eine Einrichtung für kostenlose Krisen- und Lebensberatung

1990 In den 66 Gemeinden des Evangeli sch-Lutherischen Dekanatsbezirks München leben rund 280.000 evange lische Gemeindeglieder, knapp 18 % der Einwohner der Region München.

1991 Am 13. Dezember wird in der Kreuz-kirche die Vereinbarung zur Zusammen-arbeit der Innenstadtgemeinden und gesamtgemeindlicher Dienste unter-zeichnet.

1992 Partnerschaftsvertrag zwischen dem Evangelisch-Lutherisch Dekanatsbezirk München und El Salvador. Seit den 60er Jahren gibt es internationale Part-nerschaften zu Lutherischen Kirchen in Edinburgh, Kiew, Paris und Tansania.

Erstmals finden in München die „Evangelischen Kirchenmusiktage“, die Cantionale, statt.

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Sophienkirche, ökumenisches Kirchenzentrum in Riem

1993 Der Deutsche Evangelische Kirchentag findet in München statt. „Nehmet einander an“ lautet die Losung. Es ist der erste Kirchentag, der nach der europäischen Einigung veranstaltet wird.

1996 Gründung der diakonia, einer gemein-nützigen Gesellschaft des Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirks München und der Inneren Mission München e.V. zur Förderung beruflicher Integration und Beschäftigung.

1998 Zum ersten Mal findet die „Artionale – Tage für neue Musik und Gegen-wartskunst“ in evangelischen Kirchen und Einrichtungen statt.

1999 Neue Gliederung des Evangelisch- Lutherischen Dekanatsbezirks München: aus vier Prodekanaten werden sieben.

Zusammenschluss aller gemeinde-übergreifender Einrichtungen und Dienste sowie zielgruppenbezogene Seelsorgebereiche zu den „Evan-gelischen Diensten München“, wie beispielsweise die Offene Behinderten-arbeit, die Krankenhausseelsorge oder die Studentengemeinden.

2001 Gründung der Evangelischen Notfall-seelsorge im Dekanatsbezirk München

2004 Seit September ist Barbara Kittelberger Stadtdekanin. Sie ist die erste Frau in diesem Amt.

2005 Einweihung der Sophienkirche, ökume-nisches Kirchenzentrum Riem

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Vertreter aller Religionen beim „Gebet für München“ auf dem Marienplatz im Oktober 2008

Evangelische Kirchenmusik beim Abschlussgottesdienst auf der Theresienwiese, 2. Ökumenischer Kirchentag 2010 in München

2006 Umstrukturierung des Evangelisch- Lutherisch Dekanatsbezirks München: Die sieben Prodekanate werden auf sechs reduziert und neu zusammenge-stellt. Mit rund 270.000 Mitgliedern in 68 Gemeinden ist München der größte Dekanatsbezirk der bayerischen Lan-deskirche. Rund 13.900 Ehrenamtliche engagieren sich für die evangelische Kirche.

2008 Anlässlich der 850-Jahr-Feier der Stadt München findet am 26. Oktober auf dem Marienplatz ein „Gebet der Religionen für Dialog, Integration und Frieden“ statt.

2009 Die Innere Mission München e.V. feiert ihr 125 - jähriges Jubiläum. Der Verein ist auf über 100 Dienststellen und Ein-richtungen gewachsen.

2010 Zweiter Ökumenischer Kirchentag in München, mit der Losung „Damit Ihr Hoffnung habt“.

2015 Friedenskette der Religionen in München: Am 2. Februar 2015 verbin-det eine Lichterkette die fünf Gottes-häuser der abrahamitischen Religionen in der Innenstadt: die Salvatorkirche, St. Michael, Münchner Forum für Islam, Synagoge Ohel Jakob und St. Matthä-us. Damit soll ein Zeichen für Frieden, Toleranz und Versöhnung unter den Religionen gesetzt werden.

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Festveranstaltung auf dem Odeonsplatz: Evangelische Gemeinden, kirchliche und diakonische Einrichtungen feiern das 500. Reformationsjubiläum „Luther 2017“.

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2016 Gründung des Münchner „Rates der Religionen“. Christen, Juden, Musli-me, Aleviten und Buddhisten setzen gemeinsam ein Zeichen gegen Hass und Gewalt und treten für Frieden und Versöhnung ein. Einweihung der Segenskirche in Petershausen

2017 Unter dem Motto „Am Anfang war das Wort“ finden in ganz Deutschland zahlreiche Gottesdienste, Konzerte und Veranstaltungen zum 500. Reformationsjubiläum statt. Auch die Münchner Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen geden-ken mit zahlreichen Veranstaltungen des Reformators.

Anlässlich des Jubiläums wird am 5. April im Comité-Hof in der Residenz feierlich eine Tafel enthüllt, die an das erste protestantische Gotteshaus in München erinnert.

Der neu gestaltete Chor- und Altarbereich in St. Markus, 2009

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QuellenArmin Rudi Kitzmann, „Das offene Tor. Aus der Geschichte der Protestanten in München“. Claudius Verlag München, 1990 Armin Rudi Kitzmann, „Mit Kreuz und Hakenkreuz. Die Geschichte der Protestanten in München 1918 –1945“. Claudius Verlag München, 1999 Leonhard Bauer, „Münchner evangelische Chronik“, München 1965 Heinrich Hermelink, Kirche im Kampf. Wunderlich Verlag Tübingen & Stuttgart 1950 Ludwig Hollweck, „Was war wann in München?“, Verlag Unverhau München, 1982 Festschrift „125 Jahre Innere Mission München – 1884 – 2009, Menschen helfen – Netze knüpfen, 2009

Horst Jesse: Die Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden in München und Umgebung 1510 –1990. Freimund-Verlag Neuendettelsau 1994. Herausgeber Evang.- Luth. Dekanat München Presse- und Öffentlichkeitsreferat Gabelsbergerstraße 6, 80333 München Tel: 089 / 286619 -15 Fax: 089 / 286619 - 39 www.muenchen-evangelisch.de Redaktion Gabriele März

Graphik www.tastwest.de Druck Blueprint AG © Evang.- Luth. Dekanat München, Oktober 2017

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Abschlussgottesdienst auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München

Bildnachweis Umschlag: Landeskirchliches Archiv / Repro Foto Rammel; Friedrich Wiesender

Innenteil: Archiv Evang.- Luth. Dekanat München S. 4, 6, 9, 10, 12 o.,13,14, 16, 34, 36, 38, 42 (z. T. über Landeskirchliches Archiv Nürnberg, Stadtarchiv München); Archiv Innere Mission München S. 19, 20 u., 22; Bayerische Schlösserverwaltung S. 12 u.; Ingrid-Maria Bücher S. 28; Christus-kirche S. 26; Evangelische Jugend München S. 32 o.; Evangelisches Sonntagsblatt S. 24, 30 u., 32 u.; Regine Heiland, S. 40; Repro Foto Rammel S. 8; St. Lukas S. 20 o.; St. Markus S. 18; St. Matthäus S. 30 o. Hinweis Für den Fall, dass Rechtsinhaber nicht feststell-bar waren, werden diese gebeten, sich an das Öffentlichkeitsreferat zu wenden. Berechtigte Ansprüche werden im üblichen Rahmen abge-golten.

Evang.-Luth.Dekanatsbezirk

München