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Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 29. November bis 10. Dezember 2010 COP 16 in Cancun www.global2000.at Ein Beitrag von Johannes Wahlmüller KLIMA Hintergrundpapier

KLIMA - GLOBAL 2000 · 2014. 2. 3. · • Die Wirtschaftskrise hilft dem Klima kaum: Im Jahr 2009 sind die Treibhausgasemissionen um 1,3 Pro-zent gesunken. Sie überschreiten damit

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Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 29. November bis 10. Dezember 2010

COP 16 in Cancun

www.global2000.atEin Beitrag von Johannes Wahlmüller

KLIMAH intergrundpapier

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 2

InHALTSverZeICHnIS

Highlights 3

BenchmarksfürdieösterreichischeKlimapolitikinCancun 4

Teil1:Klimawandel–DieFakten 5

KlimawandelüberholtPrognosen 5

Das2°C-Ziel:WobeginntgefährlicherKlimawandel? 8

KlimawandelinÖsterreich 10

Teil2:Klimapolitik–dieHerausforderung 12

DrastischeReduktionderTreibhausgasemissionen 12

HistorischeVerantwortungderIndustriestaaten 13

AnforderungenandieWeltklimakonferenzinCancun 15

KlimapolitikinÖsterreich 16

Teil3:Exkurs:KlimawandelundindigeneMenschenrechte 18

AuswirkungendesKlimawandelsaufInselkleinstaatenimPazifikraum 19

KlimawandelinLateinamerika 20

AuswirkungendesKlimawandelsaufdieBewohnerInnendesPolarkreises 21

AuswirkungendesKlimawandelsaufdieindigeneBevölkerungAfrikas 22

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 3

HIgHLIgHTS

• DerKlimawandelfindetvielschnellerstattalsbisherangenommen.DiePrognosendesIPCCwerdenvonderRealitätvielfachüberholt.

• DasarktischeMeereiswar2007aufeinemNiveau,daslautIPCC-Prognosenerst2050erreichtwerdensollte.

• DerMeeresspiegelanstiegfindetum80Prozentschnel-lerstattalsbishererwartet,einAnstiegumbiszuzweiMeter bis Endedes Jahrhunderts ist nichtmehr aus-zuschließen. 160Mio.Menschen leben in Gebieten,diewenigeralseinenMeterüberdemMeeresspiegelliegen.

• Auch die globalen Treibhausgasemissionen steigenstärkeralsprognostiziertundliegenüberdenWorst-Case-SzenariendesIPCC.

• DieWirtschaftskrise hilft demKlima kaum: Im Jahr2009 sind die Treibhausgasemissionen um 1,3 Pro-zent gesunken. Sie überschreiten damit den Wertvon2007.DieWirtschaftskrisehat somitkaumZeitgebracht.

• Die Risiken des Klimawandels werden heute nochernstereingeschätztalsvordreiJahren.

• Schon bei einer Erwärmung um 1°C werden dieHurricanes der Kategorie 4 und 5 global um 30Prozentzunehmen.

• Das arktische Meereis und das grönländische Eis-schild könnten bereits bei einer Erwärmung von 1bis2°Cunwiederbringlichabschmelzen.DannwürdederMeeresspiegelumca.siebenMeteransteigen.

• DasRisikovonabrupten,großflächigenKlimaverände-rungen,wiederZusammenbruchdesGolfstroms,wirdheutevielhöhereingeschätztalsvordreiJahren.

• In Österreich werden die Landwirtschaft und dieEnergiewirtschaft von den Folgen veränderter Nie-derschlagsmengen betroffen. Gesundheitliche Aus-wirkungenwerden durch häufigere Hitzewellen er-wartet,Extremereignissewerdenzunehmen.

• DamitdasZiel,dieglobaleErwärmungauf2°Cein-zudämmen,erreichtwerdenkann,müssendieTreib-hausgasemissionen der Industrienationen bis 2020ummindestens40Prozent,bis2050um95Prozentreduziertwerden.

• Betroffen von den Folgen des Klimawandels sindvorallemLänderdesSüdens.Für indigeneVölker–BewohnerInnen kleiner Inselstaaten, die Völker amPolarkreisoder in Lateinamerkika - stellt derKlima-wandel eine Bedrohung ihrer Lebensgrundlage undKulturdar.

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 4

BenCHMArKS für DIe öSTerreICHISCHe KLIMApoLITIK

InCancunwirdvon29.Novemberbis10.DezemberdieCOP-16, die 16.Weltklimakonferenz, abgehalten.Nachdem Scheitern von Kopenhagen sind die Erwartungenzwar gedämpft, dennoch werden bei der KonferenzThemen behandelt, die für die zukünftige Klimapolitikund für Millionen von Menschen von Bedeutung sind.ÖsterreichkannimRahmenseinerMöglichkeitenpositiveAkzentebeiderKonferenzsetzen:

1. Angemessene Reduktionsziele bis 2020 vereinba-ren: Die EU-Klimaziele müssen in einem ersten Schritt auf minus 30 Prozent aufgestockt werden. Eine Reduktion der Treibhausgase in der EU um 40Prozent ist notwendig, um die globale Erwärmungaufunter2°Czubegrenzen. ÖsterreichmussoffizielleineAnhebungderEU-Zieleunterstützenundsolleineäquivalente Anhebung der Ziele im Inland vorneh-men.

2. Zweite Periode des Kyoto-Protokolls fixieren. Ös-terreichmuss sich öffentlich dafür aussprechen, dasssichdieEUimRahmeneineszweitenKyoto-Protokollszu verbindlichen Emissionsreduktionszielen (als erster

Schritt mindestens 30 Prozent) auf internationalerEbene verpflichtet. Dabei kann es keine Bedingungsein,dassEntwicklungs-undSchwellenländersichzumjetzigen Zeitpunkt zu verbindlichen Reduktionszielenbereiterklären.

3. Klimafinanzierung sicherstellen: Österreich muss seine in Kopenhagen gemachten Zusagen einhal-ten und zusätzlicheMittel für Klimafinanzierung inEntwicklungsländern bereitstellen über die transpa-rentberichtetwird.DamitverbundenistdieErstellungeiner Baseline,wie bisher gemachte Zusagen erfülltwerden sollen (gemäß der UN-Milleniumsziele). Nurdie Gelder, die darüber hinausgehen, können dannauchalszusätzlicheGelderdeklariertwerden.

4. Waldschutz: Österreich muss sich dafür einsetzen,dass inKopenhageneinProgrammzumSchutzderglobalenWälder samt entsprechender Finanzierungbeschlossenwird. In diesemAbkommen sollen Re-geln zum Erhalt der globalen Wälder geschaffenwerden und soziale Standards und Leitlinien gesi-chert, die die Rechte indigener Völker wahren undderen Mitbestimmung auch bei der Planung undUmsetzungvonMaßnahmenzumWalderhaltexplizitsicherstellen.

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TeIL 1: Der KLIMAwAnDeL - DIe fAKTen

Klimawandel überholt prognosen

Der IPCC-Bericht 2007 hat dieWeltöffentlichkeit auf-gerüttelt.SeitherhatdieKlimaforschungweitereFort-schritte gemacht, die Berichte lassen aufhorchen: DiedramatischenPrognosendesviertenSachstandberichtesdes IPCC dürften noch zu konservativ eingeschätztworden sein. Der Klimawandel schreitet viel schnellervoran als erwartet und die Risiken von gefährlichen,abruptenundunkontrollierbarenEffektennehmenzu.Eindrucksvoll zeigt sich das amAbschmelzen des ark-tischenMeereises.DerWert,der2007erreichtwurde,

solltenachdenPrognosendesIPCCerst2050erreichtwerden(sieheAbb.1)Ähnlich dramatisch veränderten sich die Prognosendes Meeresspiegelanstiegs: Derzeit steigt er um 3,4mmproJahr–80ProzentschnelleralsderIPCC2007erwartete.AuchderprognostizierteAnstiegdesMee-resspiegels wird deshalb bis Ende des Jahrhundertsstärkerausfallenalserwartet:RechnetederIPCC2007nochmiteinemAnstiegumca.60cmimschlimmstenFall, gehen nun Klimaforscher davon aus, dass aucheinAnstiegumzweiMeternichtmehrausgeschlossenwerdenkann.Etwa160MillionenMenschen leben inGebieten,diewenigeralseinenMeterüberdemMee-resspiegelliegen.1

1Vgl.UNSWClimateResearchCenter(2009):CopenhagenDiagnosisS.37

Abb. 1: rückgang des arktischen Meereises und IpCC-prognosen. Quelle: UNSW Climate Research Center (2009): Copenhagen Diagnosis. S. 30

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Abb. 2: Meeresspiegelanstieg Beobachtungen und prognosen. Quelle: UNSW Climate Research Center S. 37

DieKonzentrationvonCO2inderAtmosphärehatstarkzugenommen und erreicht mittlerweile knapp 385ppm.DerAnstieg,derjetztverzeichnetwird,zeichneteinenEmissionspfad,derüberdenWorst-Case-Szena-riendesIPCCliegt(sieheAbb.3).

Verantwortlich dafür sind zum Großteil Emissionenaus der Verbrennung von fossilen Energieträgern undzu einem geringeren Teil LandnutzungsänderungenundEntwaldung.Landnutzungsänderungenentstehen,wenn zum Beispiel für die Produktion von Agrardie-selRegenwälder inAckerbödenumgewandeltwerdenunddabeiWälder vernichtetwerden,die zuvorgroße

MengenCO2gespeicherthatten.Etwa17ProzentderweltweitenCO2-EmissionenwerdenaufLandnutzungs-änderungenzurückgeführt.

Die Biosphäre und die Ozeane sind die zwei großenCO2-SenkendesPlaneten,sienehmenzusammenetwa50ProzentderCO2-Emissionenauf.OhnediesenEffektwürde die Konzentration von CO2 bei etwa 500 ppmweit höher liegen. In derVergangenheit hat sich abergezeigt,dassdieSenkenzunehmendanKapazitätver-lieren.HältdieserTrendan,müsstendieTreibhausgas-reduktionenalsonochdramatischerausfallen.

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Abb. 3: globaler Treibhausgasausstoß über IpCC-Szenarien Quelle: University of Copenhagen (2009): Climate change. Synthesis Report S. 11

Abb. 4: UnSw Climate research Centre (2009): Copenhagen Diagnosis S. 50

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Das 2°C-Ziel: wo beginnt gefährlicher Klimawandel?

Die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) von 1992 ver-pflichtet die unterzeichnenden Staaten dazu die Treib-hausgasemissionen auf einem Niveau zu stabilisieren,dasgefährlicheglobaleErwärmungvermeidet.DochwobeginntgefährlicherKlimawandel?WelcheSchädensindwirbereitzutolerierenundwievielRisikosindwirbereiteinzugehen? Klimaschutzpolitik ist mit diesen Fragenimmer verbunden. Im „Copenhagen Accord“ hat sichdieWeltgemeinschaft darauf geeinigt, dass die globaleErwärmungauf unter 2°Cbegrenztwerden soll.DieserWert ist ein Kompromiss und bedeutet nicht, dass dieglobale Erwärmung bis zu diesem Niveau ohne Konse-quenzenbleibt:

• SchonbeiderbisherigenErwärmungum0,7°Cnah-menHitzewellen,ExtremereignisseundStressfaktorenfürÖkosystemestarkzu.

• Die Wasserversorgung für Millionen von MenschenwirdzunehmendzumProblem.

• Extremereignisse nehmen zu und werden intensiver.SchonbeieinerErwärmungum1°C–diebalderreichtseinwird-werdenweltweitHurricanesderschwerstenStufen4bis5um30Prozentzunehmen.3

• Durch die sich verschlechternden Lebensumständekönnten nach konservativen Schätzungen mehr als200MillionenMenschenzuKlimaflüchtlingenwerden.4

• DassdieOzeaneeineSenke fürCO2sind,wirkt sichnegativ als dasMeer als Lebensraum aus: Durch dieAufnahme vonCO2 sinkt der PH-Wert – dieOzeaneversauern.DadurchwerdendieMeerezurlebensfeind-lichenZone–sogenannte„Todeszonen“,indeneneskeinenSauerstoffmehrgibt,nehmenzu.

• Als wichtiges Kriterium für die Schwelle zu „gefähr-lichemKlimawandel“wirddieVermeidungdesÜber-schreitensvon„TippingPoints“erachtet.DieseKipp-elemente können zu unkontrollierbaren, irreversiblenVeränderungenführen,mitunabsehbarenFolgen.DasRisiko,dassdieseKippelementeauchbeieinerErwär-mung um 2°C überschrittenwerden, hat sich bisherdeutlicherhöht.5

• Zwei dieser Kippelemente – das grönländische Eis-schildunddasarktischeMeereis,könntenbereitsbeieiner Erwärmung von 1 bis 2°C unwiederbringlichabschmelzen. Das alleine würde einen Meeresspie-gelanstiegumsiebenMeterbedeuten.

• DieRisikenderErderwärmungwerdenheutevielhöhereingeschätzt als zu dem Zeitpunkt, zu demdie 2°C-Leitplanke vereinbartwurde. Insbesondere das Risikovon abrupten, großflächigen und unkontrollierbarenKlimaveränderungenwird heute als viel höher ange-sehen. Um das Risiko gegenüber der Einschätzung2001gleichzuhalten,müsstemanheutedieglobaleErwärmungaufunter1,5°Cdeckeln.6

3Vgl.UNSWClimateChangeResearchCentre(2009):CopenhagenDiagnosis4Vgl.NormanMyers(2001):EnvironmentalRefugees.Agrowingphenomenonofthe21stcentury5Vgl.UNSWClimateChangeResearchCentre(2009):CopenhagenDiagnosis6Vgl.PNAS(2009):AssessingdangerousclimatechangetthroughanupdateoftheIntergovernmentalPanelonClimateChange(IPCC)„reasonsof

concern“

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Abb. 5: Kipp-elemente des Klimasystems. Quelle: UNSW Climate Research Center (2009): Copenhagen Diagnosis. S. 40

Abb. 6: pnAS (2009): Assessing dangerous climate change through an update of the Intergovernmental panel on Climage Change (IpCC) „reasons of concern“

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Klimawandel in österreich

• InÖsterreichfieldieglobaleErwärmungbisherüber-durchschnittlichstarkaus.WährendaufglobalerEbe-ne eine Zunahme der Temperatur von etwa 0,8 °Cbeobachtete wurde, waren es hierzulande 1,8 °C.ÖsterreichischeKlimaforscherschätzen,dassderAn-stieg der Temperatur in Österreich zwischen 4 und5°C betragen wird (siehe Abb. 7). Derzeit befindenwir uns auf einem globalen Emissionspfad, der dieErwartungenabernochübertrifft.7

• Eswirdzudemerwartet,dassdieNiederschlagsmen-geetwasabnehmenundsichvomSommerhalbjahrinsWinterhalbjahr verlagernwird.Dadurch bedingtwird eine niedrigereWasserführung und damit ne-gativeAuswirkungenaufdieProduktion vonStromaus Wasserkraft erwartet. Auch Wärmekraftwerkemüssen dann heruntergefahren werden, wenn derKühlbedarf nicht mehr über die Flüsse abgedecktwerdenkann.

• Diewichtigsten landwirtschaftlichen ZentrenÖster-reichs werden unter steigenden Temperaturen undhäufigerauftretendenDürreperiodenleiden.

• DieForstwirtschaftkannsichdurchdieLanglebigkeitvonBäumennurschweranKlimaveränderungenan-passen.ZudenVerlierernindenheimischenWälderngehörtdie Fichte,die etwa56Prozentder Ertrags-

waldfläche einnimmt.Dabeiwird sich insbesonderedasvermehrteAuftretenvonSchädlingenauswirken.So wird ein Anstieg der Borkenkäferpopulation er-wartet,diesich inwärmeremKlimabesservermeh-renkönnen.

• Der Alpenraum zählt zu den verwundbarsten Ge-bietengegenüberdemKlimawandel.DasAuftauendes Permafrostes kann zu Destabilisierung des Un-tergrundesbeitragen,häufigereSteinstürzesinddieFolge.EingeändertesAbflussverhaltenderGletscherhat auch massive Auswirkungen auf Speicherkraft-werke und das Alpenvorland, wo sich die Wass-erführung der Flüsse verändern wird. So war dieGletscherspendeimJahr2003dafürverantwortlich,dassRheinundPoüberhauptnochWasser führten– schmelzen die Gletscher ab, kann es daher auchin Mitteleuropa zum Auftreten von ausgetrockne-ten Flussbetten kommen. Ab einer Erwärmung um5°C wird erwartet, dass die Gletscher in Österreichvöllig abschmelzenwerden– ein Szenario,dasbeimaktuellenglobalenEmissionstrendsogarnochüber-troffenwerden könnte. Auch Flora und Fauna sindinsbesondere im Alpenraum besonders betroffen,weilsichdorthochspezialisierteArtenansiedeln,dienichtabwandernkönnen,wennsichdienatürlichenBedingungenraschändern.

7HerbertFormayeretal.(2008):VorSichtKlima!KlimawandelinÖsterreichregionalbetrachtet.StudieimAuftragvonGLOBAL2000.

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Abb. 7: Szenarien für die erwärmung in österreich. Quelle: Herbert Formayer et al (2008): Vor Sicht Klima S. 39

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TeIL 2: KLIMApoLITIK ALS HerAUSfor-DerUng

Drastische reduktion der Treibhausgase-missionen

Damit die 2°C-Leitplanke eingehalten werden kann,müssendieglobalenEmissionen2015 ihrenHöhepunkterreichenunddannbis2050um50bis85Prozentab-nehmen.JespäterdieEmissionenihrenHöhepunkterrei-chen,destodrastischermüssendieReduktionendanachausfallen:WirdderPeakerst2020erreicht,müsstendieEmissionenschonumneunProzentpro Jahr fallen, eindrastischer Einschnitt, der auchwirtschaftliche Folgennachsichziehenwürde(sieheAbb.8).

Hilft die Wirtschaftskrise dem Klimaschutz? DieWirtschaftskrisehilft demKlimaschutz leider kaum.

Gemäß einer Hochrechnung des Internationalen Wirt-schaftsforumsRegenerativeEnergiewirtschaft(IWR)sinddie Emissionen von Treibhausgasen im Jahr 2009 ge-genüber2008um1,3Prozentgefallen–eineminimaleKurskorrektur.8 In Europa fiel dieser Rückgang mit 6,9Prozentzwardeutlicheraus,derGroßteildavonfandaberim Emissionshandelssektor (-11,3 Prozent) statt, damitwerden die Emissionen nur aufgeschoben: In der KrisehäuftenUnternehmenCO2-Zertifikatean,diesievondenRegierungen gratis zugeteilt bekamen. Diese Zertifikateverfallen jedochnicht, sondernkönnenauch in zukünf-tigenPeriodeneingesetztwerden(banking).DieIndustriehatdieEmissionenalsonuraufeinenspäterenZeitpunktverschoben – auch die Reduktionen in Europa helfendamitdemKlimaschutznicht.

Abb. 8: Co2-reduktionspfade bis 2050. Quelle: UNSW Climate Research Center (2009): Copenhagen Diagnosis. S. 51

8Vgl.InternationalesWirtschaftsforumErneuerbareEnergien(IWR)(2010):WirtschaftskrisebremstweltweiteCO2-Emissionen.

Url.:http://www.iwr.de/news.php?id=16610(download23.November2010)

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Historische verantwortung der Industrie-staaten

DenIndustrieländernkommtbesondereVerantwortungzu, da sie hauptverantwortlich für die globale Erwär-

mung sind und auch die Kapazitäten haben etwasgegen den Klimawandel zu unternehmen. SiemüssenlautUN-Vorgabenbis2050ihreEmissionenum95Pro-zent reduzieren, bis 2020 müssen die Emissionen ummindestens40Prozentreduziertwerden(sieheAbb.9).

DerzeitwirddieEUdiesenAnforderungennichtgerecht:Sie hat sich zu einer Reduktion der Treibhausgasemis-sionenum20Prozentgegenüber1990bis2020bereiterklärt.EineReduktionummindestens40Prozentwäreabernotwendig,umdas2°C-Ziel einzuhalten.BeidenKlimaverhandlungensolltedieEUzumindest30ProzentalsVorleistunganbieten,daswäreaucheineAnpassungan die Realität, denn die Treibhausgasemissionen sindbereitsaktuell–auchkrisenbedingt -um17,3Prozentgesunken, die Ziele für 2020 sind also bereits jetzt ingreifbareNähegerückt.

Wieviel Öl dürfen wir noch verbrauchen?EineStudievonMeinshausen et al. (2009) untersuchte die Frage,wieviel fossile Energie wir noch verbrauchen dürfen,wenn wir das 2°C-Ziel erreichen wollen: Die Studiekommt zum Ergebnis, dasswirweniger als die Hälfte

der derzeit bekannten Öl-, Gas- und Kohlevorräte ver-brennendürfen,oder ca.750GtCO2produzierendür-fen.9BeiambitionierterKlimapolitikwirdesdaherauchinZukunftkeinenMangelanÖlundGasgeben.

Europa kann Führungsrolle in der Klimapolitik wieder zurückgewinnenDiegescheiterteKlimakonferenzinKopenhagenmarkierteinen Tiefpunkt der EU-Klimapolitik. So wurde der Ko-penhagenAccordunterAusschlussderEU-VertreterInnenverfasst,dieEUstandzudiesemZeitpunktschonimAb-seits.Auchdie20:20:20-ZielederEUkönnenmittlerweilenichtmehrüberzeugen:SostechendieEU-ZieleimLän-dervergleichkaummehrhervor.AuchwasdieAmbitionderZieleangeht,hatdieEUdieFührungsrolleabgegeben(sieheAbb.10).

Abb. 9: Quelle: IpCC (2007): fAr Synthesis report. S. 67

9Vgl.Meinshausenetal.(2009):Greenhouse-gasemissiontargetsforlimitingglobalwarmingto2°C

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Abb. 10: Quelle: IpCC (2007): fAr Synthesis report. S. 67

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Anforderungen an die weltklimakon-ferenz in Cancun – Benchmarks für die österreichische Klimapolitik

InCancunwirdvon29.Novemberbis10.DezemberdieCOP-16,die16.Weltklimakonferenzabgehalten.NachdemScheiternvonKopenhagensinddieErwartungenzwar gedämpft, dennoch werden bei der KonferenzThemenbehandelt,die fürdiezukünftigeKlimapolitikund fürMillionenvonMenschenvonBedeutungsind.Europahat dieMöglichkeit, klar Leadership zu zeigenundwiederdieFührungsrolleinderglobalenKlimapo-litikzuübernehmen.

1. Angemessene Reduktionsziele bis 2020 vereinba-ren: Die EU-Klimaziele müssen in einem ersten Schritt auf minus 30 Prozent aufgestockt werden. Eine Reduktion der Treibhausgase in der EU um 40Prozentistnotwendig,umdieglobaleErwärmungaufunter2°Czubegrenzen. DamitnähertmansichnichtnurdenAnforderungengemäßderUN-Berichte,esstellt auch einewichtigeAnpassungandieRealitätdar: Bis dato sind die Treibhausgasemissionen EU-weitbereitsum17,3Prozentgefallen.Das20Prozent-Ziel istdaherkeineambitionierteZielvorgabemehr.ÖsterreichmussoffizielleineAnhebungderEU-ZieleunterstützenundsolleineäquivalenteAnhebungderZieleimInlandvornehmen.

2. Zweite Periode des Kyoto-Protokolls fixieren. CancunkanneinMeilensteinaufdemWegzueinemneueninternationalenKlimaabkommenwerden.Da-beikanneskeineBedingungsein,dassEntwicklungs-und Schwellenländer sich zum jetzigen Zeitpunktzu verbindlichen Reduktionszielen bereit erklären.Österreich muss sich öffentlich dafür aussprechen,

dass sich die EU im Rahmen eines zweiten Kyoto-Protokolls zu verbindlichen Emissionsreduktionszie-len(mindestens30Prozent)aufinternationalerEbe-neverpflichtet.

3. Klimafinanzierung sicherstellen: Österreich musssich dafür einsetzen, dass die Klima-Anschubfi-nanzierung (Fast Start Finace) und die langfristigeKlimafinanzierung für Entwicklungsländer sicherge-stellt werden. In Kopenhagen haben sich die Indus-trienationen bereit erklärt, 30 Mrd. US-Dollar zwi-schen 2010 und 2012 zur Verfügung zu stellen. Österreich muss seine in Kopenhagen gemach-ten Zusagen einhalten und zusätzliche Mittel fürKlimafinanzierunginEntwicklungsländernbereitstel-len,überdietransparentberichtetwird.Transparentbedeutet,dasseineBaselineerstelltwird,wiebishergemachteZusagenerfülltwerdensollen(gemäßderUN-Milleniumsziele),nurdieGelder,diedarüberhi-nausgehen,könnendannauchalszusätzlicheGelderdeklariert werden. Bisher wurden diese Kriteriennichterfüllt.

4. Waldschutz: Österreich erklärt sich bereit seine Blockadehaltung von Kopenhagen aufzugebenund setzt sich dafür ein, dass ein Programm zumSchutz der Wälder beschlossen werden kann unddie Finanzierung fürdieseProgrammesichergestelltwird. DieMittel sollen von UN-Organisationen ver-waltetwerden.DabeimüssensozialeStandardsfest-geschriebenwerden,diedieRechteindigenerVölkerundGemeindeninextremerArmutwahrenundde-renMitsprachebeiderPlanungundUmsetzungvonMaßnahmenzumWaldschutzgewährleisten.

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 16

Finanzierung von Anpassungs- und Klimaschutz-maßnahmen in EntwicklungsländernWährend die Industrieländer hauptverantwortlich fürden Anstieg der Treibhausgasemissionen sind, sinddieAuswirkungenungleichverteilt:BetroffenvondenFolgen der globalen Erwärmung sind vor allem Ent-wicklungsländer im Süden. Die Industrieländer müs-sen deshalb ihrer Verantwortung auch gegenüberEntwicklungsländern nachkommen und Anpassungs-maßnahmeninjenenLändernfinanzieren,diesichnichtselbstvordenFolgenschützenkönnen.

Fast Start Finance (Anschubfinanzierung): Die EUhat zugesagt, dass zwischen 2010und 2012pro Jahr2,4Mrd. Euro pro Jahr für „Fast Start Finance“ - dieAnschubfinanzierung fürKlimaschtuz inEntwicklungs-ländern– zur Verfügung gestellt wird, in Summe 7,2Mrd. Euro10.DamitdasProgrammwirksam seinkann,müsseneinigeBedingungenerfülltsein:

• Zusätzlichkeit der Mittel: Die Mittel, die Entwick-lungsländererhalten,müssen zusätzlich zuandereninternationalenZusagenaufgebrachtwerden.

• Einrichtung eines globalen Fonds unter der Schirm-herrschaftdesUNFCCC.

• TransparenteBerichterstattung• Die Unterstützung soll in Form von nicht-rückzahl-baren Förderungen stattfinden und nicht in FormvonKrediten.

Langfristige Klimafinanzierung:NebenderAnschub-finanzierung als Soforthilfepaket muss aber auch dielangfristige Finanzierung von Anpassungs- und Kli-mavermeidungsmaßnahmen in Entwicklungsländernsichergestelltwerden.FürdieErreichungdes2°C-Zielsmüssen laut EU-Kommission etwa 110 Mrd. Euro anneuen Finanzmitteln in Schwellen- und Entwicklungs-ländernaufgebrachtwerden.GemäßdemhistorischenAnteilmussdieEU35Mrd.EurozurVerfügungstellen.

Klimapolitik in österreich: Teuer und wir-kungslos

Österreich ist über zahlreiche Abkommen und inter-nationale Richtlinien dazu verpflichtet, im Inland Kli-maschutzmaßnahmenaufzuzeigen,diewichtigsten sinddasKyoto-ProtokollunddasEU-KlimaundEnergiepaket.

1. Kyoto-Ziel

• ImKyoto-ProtokollausdemJahr1997hatsichÖster-reichverpflichtet,imDurchschnittzwischen2008und2012 seine Treibhausgasemissionen gegenüber 1990um13Prozentzureduzieren. ImJahr2008,demer-stenJahrdesProtokolls,liegendieEmissioneninÖster-reichaberum10,9ProzentüberdemWertvon1990.11

• LauteineraktuellenStudiederEEA(2010)12istÖster-reichmittlerweiledasKlimaschlusslichtinderEU(sieheauchOTS vonGLOBAL2000zumThema).Währendin der EU, auch krisenbedingt, die THG-Emissionenum 17,3 Prozent gesunken sind, bleibt in ÖsterreichauchnachderBerücksichtigungdesZukaufsvonCO2-ZertifikatenundWaldzuwachseineZielverfehlungvonachtProzent,mitAbstandderschlechtesteWertinderEU.DieEUhatdamit2010dasReduktionszielfür2020(20Prozent)bereitsfasterreicht.

• Bisher wurden über das JI/CDM-Programm bereitsCO2-Zertifikate imAusmaß von530Mio. Euro zuge-kauft.13Eswirderwartet,dassbaldweitere„Strafzah-lungen“überdiesesProgrammzuleistensind.

• Klimaschutzgesetzbeschließen:ObwohlimJahr2002eineKlimastrategievomMinisterratbeschlossenwur-de und es eine Anpassung zur Klimastrategie 2007gibt, zeigt die drastische Zielverfehlung Österreichs,dass sich niemand für Klimaschutzpolitik zuständigfühlt. Mit einem Klimaschutzgesetz im Verfassungs-rang,daseinenlangfristigenReduktionspfadbis2050vorgibtunddieUmsetzungvonheimischenMaßnah-mensicherstellt,solldasgeändertwerden.

10Vgl.CouncilConclusionsonclimatefinanceof18.May201011Vgl.Umweltbundesamt(2010):Klimaschutzbericht2010.12Vgl.EEA(2010):TrackingProgresstowardsKyotoand2020targetsinEurope13Vgl.SilvaHermann,StefanMoidl(2009):DerZertifikateschwindel.EineStudieimAuftragvonGLOBAL2000.

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 17

2. EU Klimapaket: Ein Rückschritt für Österreich

Europa hat sich mit dem Klima- und Energiepaket bis2020ZieleinderKlimapolitikgesteckt.DieZiele,dieÖs-terreich innerhalb dieses Pakets anstrebt, sind allerdingssehrbescheiden:SiekönnenvermutlichselbstohnegroßeKraftanstrengungseitensderPolitikerreichtwerden.

SohatsichÖsterreichdazuverpflichtet,dieTreib-haus-gase (außerhalb des Europäischen Emissionshandels)um16Prozentgegenüber2005zureduzierenunddenAnteilerneuerbarerEnergienauf34Prozentzuheben.Wasnachvielklingt,istbeigenauererBetrachtungsehrwenig:

• Gegenüber 1990 bedeutet das Reduktionsziel fürÖsterreich eine Verminderung der Emissionen um3,4 Prozent. Das bedeutet, das Kyoto-Ziel bis 2012(-13Prozent)warbereits sehr viel ambitionierter als

dieEU-Zielebis2020.WürdedasKyoto-Zielerreichtwerden, dürfte Österreich in den nächsten Jahrenalso wieder mehr emittieren. Österreich setzt sichauchinternationaldamitsehrschwacheZiele:Minde-stens40ProzentmüssenIndustriestaatenreduzieren,damitdas2°C-Zielerreichtwerdenkann.

• Ähnlich unambitioniert das Ausbauziel für erneuer-bareEnergie:IndenfünfJahrenvon2005bis2010stieg der Anteil erneuerbarer Energie von 24,4 auf30,9Prozent.14 IndennächstenzehnJahrensollderAnteil jetzt umweitere 3,3 Prozent auf 34 Prozentsteigen.DerAusbauerneuerbarerEnergiemussalsoverlangsamtwerden, um die EU-Ziele zu erreichen.Ernsthaft in Frage gestellt wird die Zielerreichungnur durch den Bau einer Vielzahl von überdimen-sionierten Gaskraftwerken, die den fossilen Anteilam österreichischen Energiemix vermutlich deutlichansteigenlassenwerden.

14Vgl.BMWFJ(2010):NationalerAktionsplanfürerneuerbareEnergien2010

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 18

TeIL 3: KLIMAwAnDeL UnD InDIgene MenSCHenreCHTe

Die globale Erwärmung, die wir heute beobachten,wurde vor allemvom industrialisiertenNorden verurs-acht,dieFolgentragenzueinemgroßenTeilaberan-dere: Entwicklungsländer des Südens (sieheAbb. 11).Eine Nische in dieser „Gerechtigkeitslücke“ nehmenindigeneVölkerein,derenLebensgrundlageundKulturdurchdieFolgendesKlimawandelszuerodierendroht.Sie lebenmeist an der Peripherie der globalenWelt-wirtschaft und können sich alsAußenstehende kaumGehör verschaffen. Eine Ausnahme bilden Klimaver-handlungen,woauchindigeneVertreterInnenanreisenund medienwirksam auf ihre Probleme aufmerksam

machenkönnen.AberauchSozial-undUmweltschutz-organisationen haben die Problemlage erkannt undden Schutz indigener Menschenrechte in ihre Positi-onspapiereaufgenommen.DieKlimapolitkkanndabeiweitreichendeAuswirkungenaufdasLeben indigenerVölker haben: Einerseits stellt der Klimawandel eineGefahr dar, andererseits könnenmanche Lösungsvor-schlägeeineBedrohungfürdieLebensräumeindigenerVölkerdarstellen:WerdenWälderalsRessourceabge-holzt, oder im Zuge verstärkter Agrospritproduktionin Äcker gepflügt, verlieren indigene Völker ihren Le-bensraum.EsgiltdaheraufallenEbenenRücksichtzunehmen. In den folgenden vier Beiträgen haben sichBernhard Csengel, Stella Haller und Ruth Rohrmosermit jeweilsspezifischenProblemlagenindigenerVölkerauseinandergesetzt,diedurchdenKlimawandelausge-löstwerden.

Abb. 11: Brennpunkte des Klimawandels. Quelle: WBGU (2007): Sicherheitsrisiko Klimawandel

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 19

Auswirkungen des Klimawandels auf Inselklein-staaten im PazifikraumEinTextvonBernhardCsengel

Ozeanien ist ein geographischer und kultureller Raumvon kleinen Inseln im Pazifik, der sowohl eine hohekulturelle,ethnischeundbiologischeDiversitätalsauchTendenzen für katastrophale ökologische Verände-rungenindenkommendenJahrzehntenaufweist.Ge-genwärtigleben10,5Mio.MenschenaufsogenanntenSmallIslandDevelopingStatesinOzeanien,vondenensichbaldmehrereTausendalsKlimaflüchtlingebezeich-nenkönnen.15DieseMenschenmüsseneinemSchwundvonTrinkwasserundNahrungsversorgung,einemVer-lust ihrer traditionellenWohnräume inKüstengebietenund eine damit verbundenen Identitätsverlust entge-genblicken.

Neben diesen klimatischen Bedingungen ist OzeaniendurchProzessedesgesellschaftspolitischenUmbruchesgeprägt. Vor allem in den Regionen Polynesien undMikronesienkommtesnebendergeographischenbzw.infrastrukturellen Isolation zu erhöhtenMigrationsver-haltenhininurbaneRäumeundaufgrößereInseln.16

Die lokalen und indigenen Gruppen der Small IslandStateszeichnensichbesondersfürihrekomplexenVer-wandtschaftssysteme,starkeIdentitätundGruppenzu-sammenhalt sowie den kreativen Umgang mit nach-haltiger Nutzung von Ressourcen aus.17 Als massivste

FolgewirkungkannsomitderVerlusteinerdurchtradi-tionellesTerritoriumbedingtekulturelle,ökonomische,sozialeundspirituelleIdentitätangesehenwerden.18

Einem Draft-Report der Vereinten Nationen sind Kern-problemfelder zu entnehmen, wie unter anderem (a)die Häufung von Küstenerosionen, bedingt durchWas-serspiegelanstieg, Flut und stärkeren Stürmen. IndigeneGruppenandenKüstenregionensindsomitgezwungenKernökonomienaufzugebenundinsLandesinnerezuzie-hen,dafüreineAufstockungdesKüstenwallsmeistkeinefinanziellenMittel zurVerfügung stehen. (b)DurchdenAnstiegderTemperaturdesOzeansundderKüstenregi-onwerdeneinemGroßteildermarin-ökonomischleben-denGruppendurchdasAusterbenvonFischpopulationendieNahrungs-undEinkommensquelleentzogen.(c)EinedamitnötigeerweitertelandwirtschaftlicheNutzungderTerritorien im Landesinnerenwird zum einen durch ex-tremeWetterbedingungenundDürreerschwert (d)undzum Anderen durch eine Infiltrierung von Seewasserin Süßwasserreservoirs zunehmend unmöglich. Traditio-nellesWissenumSüßwasserreservoirswirdsomitteurenkünstlichenBeckenweichen.19

DieseBeispielewerdenmithoherWahrscheinlichkeiteinerapide Landflucht in urbane Räume, den potentiellenVerlust von Spracheund kultureller Identität unddamitverbundene Genderungleichheit und illegaler Ressour-cenraubmitsichführen.20

15GerundeteZahlaufgrundderDatenvonhttp://www.un.org/esa/sustdev/sids/sidslist.htm16Sh.HermannMücklerEinführungindieEthnologieOzeaniens.Facultas,Wien.2009S.63.17Sh.Kelman,Ilan;West,JenniferJ.2009ClimateChangeandSmallIslandDevelopingStates:ACriticalReview.EcologicalandEnvironmentalAn-thropology.Vol.5,No.1(2009).19Sh.Art.25.UnitedNationsDeclarationontheRightsofIndigenousPeoples.2008.20Sh.U.N.UNEP.2007.DraftReportonIndigenousandLocalCommunitiesHighlyVulnurabletoClimateCahnge.ConventiononBiologicalDiversity.UNEP/CBD/WG8J/AG/2/3.16April2007.

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Klimawandel in Lateinamerika EinTextvonKarinScholz

„EsgibtVeränderungenbeimRegen.Es istzuheißundes gibtmehrWind als früher. Es gibt durch diese Ver-änderungen mehr Armut als früher. Die Hitze ist nichtauszuhalten, die Menschen leiden an Hautproblemen,Austrocknung und Kopfschmerzen. Es gibt weniger zuessen, weil wir keine Orte haben um Nahrungsmittelanzubauen.“ Candida RosaMaradiaga,Mutter von neunKindernausTegucigalpa,Honduras

Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon langekeine bloße Bedrohungmehr, sondern traurige RealitätanvielenOrtenderWelt.EinBerichtderUNOzeigt,dassmittlerweileweitmehrMenschen durch die ZerstörungderUmweltvertriebenwerdenalsdurchKonflikte.DassessichdabeizumeistumMenschendesglobalenSüdensundindigeneVölkerhandelt,istlängstalsTatsachebestä-tigtundwirddurchdiestarkeVerbundenheitundAbhän-gigkeit ihrer Subsistenzstrategien zur Natur begründet.IhreLebensgrundlageistaufgrundderUmweltzerstörungreicherStaatenstarkgefährdet.

LautdemUN IPCCBerichtwerdendieTemperaturen inLateinamerikaansteigenunddieBödentrockenerwerden–tropischeWälderwerdensichzumTeilinSavannenver-wandelnunddieNahrungsmittelproduktion erschwerenbisunmöglichmachen.DietropischenGletscher inPeruwerden innerhalb der nächsten 15 Jahre aufgrund derglobalenErwärmungabschmelzen.

Außerdem gibt es dem Bericht zufolge bereits ausrei-chendHinweiseaufdenAnstiegderHäufigkeitextremerWetterereignisse wie z.B. extremen Frost,WirbelstürmeundÜberschwemmungen. Ein solches Ereignispassierte2004 in Brasilien. Zyklon Catarina verursachte enormeSchäden und hinterließ bei den Menschen ein GefühlderAngstundUnsicherheit.DieFrage,obertatsächlichdurchdenKlimawandel verursachtwurde, ist zwarwis-senschaftlich noch umstritten, fest steht aber, dass dasKlimainLateinamerikaextremerundchaotischerwerdenwird,was ähnlich katastrophale FolgenhabenwirdwieCatarina.

DjalmaSantosNilemeint,dassesvorherkeineHurrikanesimSüdatlantikgab,siejetztaberniesicherseinkönnten,dass sienichtdochplötzlichwiederüberraschtwerden:„JedesMal,wenneinstarkerWindaufkommt,rufendieMenschenbeiunsan(…).DieMenscheninunsererGe-meindesindpsychischsehrstarkbetroffen.WirbrauchenirgendeinBeobachtungssystem–wirhabennichteinmaleinemeteorologische Station.“ Der Landwirt Luis Isma-eldeCarargoLemeausSantaCatarinaberichtetüberdieFolgenvonCatarina:„EsgibtdieZeitvordemHurrikanunddieZeitnachdemHurrikan…vieleTierestarben(…)undauchdieVegetationerlittstarkeSchäden.FeldfrüchtewieManiok,MaisundReiswurdenstarkbeschädigtunddieMenschen konnten sie nicht ernten.“Die Klimafor-schungbestätigtdas:TropischeWirbelstürmekönnennurdortauftreten,wodieWassertemperaturüber30°Cliegt.Durch die Erwärmung der Ozeane wird nun erwartet,dassWirbelstümeinGebietenauftretenkönnen,wodieszuvornochunmöglichwar.

Das extremere Wetter trifft vor allem Gemeinschaften,dievonSubsistenzlandwirtschaftabhängigsind,daruntersind oft die ärmsten und exkludiertesten Schichten derBevölkerung.EulogioCapitanColeto,PräsidentdesUm-weltkommiteesinPerustelltedazufest:„NormalerweisekommtderFrostvordem8. Jänner.HeuerkamerzumerstenMalimFebruar;niemanddachteandieseMöglich-keit. Sehr viele verloren ihre Ernte…fast alle Familien inunseremTalwarenbetroffen.“AuchAureliaLuriaCeferi-naausPeruhatdieklimatischenVeränderungenbemerkt:„Früherwusstenwir,wannderFrostkommenwürdeundkonntenunsereSaatdavorrechtzeitigbeschützen.Heutewissenwirnichtmehr,wannesregnenwirdoderwannderFrostkommt.“

UnserUmgangmitderNaturindenletztenJahrzehntenstellt einen enormen Eingriff in die natürlichenAbläufederÖkosystemedar.DieAuswirkungensindlängstalltäg-licheRealität geworden. Sie sindglobal, doch trotzdemleidenvorallemdieArmenundMarginalisierten–nichtdieeigentlichenVerursacherdesKlimawandels.EsisteineFragederGerechtigkeit, obdie reichen IndustriestaatenihreKlimarechnungzahlenundernsthaftanfangenwer-den,ihrHandelnzuüberdenken.21

21FriendsoftheEarthInternational(2007):ClimateChange.Voicesfromcommunitiesaffectedbyclimatechange.http://www.foei.org/en/resources/

publications/climate-justice-and-energy/2000-2007/climate-testimonies/view(Stand13.11.10)

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Auswirkungen des Klimawandels auf die BewohnerInnen des PolarkreisesEinTextvonRuthRohrmoser

Die arktische Region ist sehr stark vom Klimawandelbetroffen.DaszeigtsichamAbschmelzendesSee-undLandeises, der Erosion der Strände durch Sturmflutenund das Abschmelzen der Permafrostböden. In denletzten 30 Jahren wurde ein Rückgang der jährlichenMeereisbedeckung um acht Prozent beobachtet, waseinerFlächevoneinerMio.km²gleichkommt.BiszumJahr2100wirdeinezusätzlicheAbnahmederjährlichenEisbedeckung um bis zu 50 Prozent projiziert. “AmEnde dieses Jahrhundertswird es im Sommer kein Eismehr am Nordpol geben“, prognostiziert auch OlaJohannsen vom Nansen-Forschungsinstitut im norwe-gischenBergen(ACIABericht).DurchdasAbschmelzender Permafrostböden wird der Klimawandel weltweitbeschleunigt, da auch Treibhausgase freigesetzt wer-den, außerdem führt das Schmelzen des Meereseiseszu einer geringeren Reflexion der SonneneinstrahlungzurückinsAll.

Die indigenen Völker der Arktis sind von den Auswir-kungen des Klimawandels bereits in ihrem täglichenLeben betroffen. Veränderungen der Schneequalität,durcherhöhteNiederschläge,dasSchmelzenvonTeilendes Meereises, eine Verdünnung der Eisschicht, wiesie Inuit-Jägerz.B. imkanadischenNunavut-Territoriumverzeichnet haben und starke Stürme erschweren das

Reisen,JagenunddenTransportwichtigerVersorgungs-güter. Veränderungen der Schmelzrate des MeereisesimFrühjahrzusammenmitdenunvorhersagbarenWet-terbedingungenbeeinflussendenZugangzudenNah-rungsressourcen, wie z.B. zu Jagd- und Fischgründen.HinzukommtderRückgangvonSeerobbenundandererJagdtiere.DieInuithabenüberdieJahrhundertehinwegdie Wetter-, Schnee- und Eisverhältnisse, sowie dieBeschaffenheit ihrer Jagd- und Wohngebiete studiertund das Wissen über die Generationen weitergege-ben-einederwichtigstenEigenschaften,umindieserGegendüberlebenzukönnen.DieVeränderungenderWetterbedingungen,inderVegetationundinderTier-weltdurchkreuzendaslangangesammelteWissenundmachenVorhersagenschwierigoderunmöglich.

AußerdemstellenerhöhteTemperaturendesPermafrost-bodenseinewesentlicheHerausforderungfürInfrastruk-tur,GebäudeundIndustrieanlagendar.InNordrusslandz.B. sindbereitsBahnschienendeformiert,LandepistenvonFlughäfenvielerStädteineinemschlechtenZustandund Öl- und Gaspipelines brechen und verschmutzendenBoden,wasganzeLandflächenunbrauchbarmacht.In der russischen Stadt Yakutsk in Zentralsibirien, dieaufPermafrostbodengebautwurde, sindbereitsmehrals300GebäudedurchdasTauenbeschädigtworden.ZusätzlichzudenFolgendesTauwetterswirddieInfra-strukturvonProblemenwieÜberflutung,Schlammlawi-nen,SteinschlägenundLawinenbedroht.22

22Vgl.ArcticClimateImpactAssessment(ACIA)(2004):Impactsofawarmingarctic.

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Auswirkungen des Klimawandels auf die indi-gene Bevölkerung AfrikasEinTextvonStellaHaller

„DieafrikanischeBevölkerungunddieafrikanischenÖko-systeme mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna sindamschwerstenvonderglobalenErwärmungbetroffen.Gleichzeitig tragen die afrikanischen Staaten am we-nigstenzurErderwärmungbei.“DieseAussagewirdvonderUN-KlimastudieausdemJahr2007bestätigt.23

In Afrika,wie in vielen anderen Regionen der Erde, istes die indigene Bevölkerung, die besonders unter demKlimawandelunddendamiteinhergehendenNaturphä-nomenen leidet. Diese Menschen werden durch dieVeränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt ihrer Exi-stenzgrundlageberaubtundzur Fluchtgezwungen.Sieverlieren damit das (Menschen)Recht auf Selbstbestim-mung; die Möglichkeit zur „ökonomische[n], soziale[n]undkulturelle[n]Entfaltung“.24

Schätzungen aus der UN-Klimastudie zufolge werdenzwischen 75 und 250 Millionen Menschen auf demAfrikanischen Kontinent unter der zunehmenden Was-serknappheitleiden.25DiewohlamstärkstenbetroffeneRegion befindet sich in der südlichen Sahel-Zone, woimmerwiederDürre-Katastrophenwüten.Während sich die Gletscher auf den höchsten BergenAfrikas rapide zurückbilden undWasserläufe versiegen,werdengroßeLandstricheindenKüstenregionen(biszu30Prozent)überflutetwerden.MetropolenwieKapstadtoder Maputo sind hiervon ebenso bedroht wie kleineFischerdörfer.Bis2080könntenaufdieseWeiseinetwa70Mio.MenscheninAfrikaihreHeimatverlieren.26

Der Klimawandel und unvorhersehbare klimatische Be-dingungen in Afrika wirken sich insbesondere auf die

Landwirtschaft aus, was enorme Ernteeinbussen unddamit einhergehend eklatante Unterernährungmit sichbringt.DieNahrungsmittelknappheitverstärktsichnochdurchdasDezimierenderFischbestände,diebeierhöhterWassertemperaturnichtüberleben.27DieHungersnöteinweitenRegionendesKontinentsgehenmitgewaltsamenKonfliktenumLandundRessourceneinher,welcheoft-mals zwischen nomadischen und sesshaften Bevölke-rungsgruppenausgetragenwerden.28

AuchwenndieTemperatureninAfrikalautIPCCimak-tuellen21.Jahrhundertzwischen2°Cund5°Cansteigensollen,bedeutetdasnicht,dassesamgesamtenKonti-nentzuDürre-Katastrophenkommenwird.GanzimGe-genteil,ineinigenTeilenAfrikaswiez.B.inZentralafrikaistmit erhöhtenNiederschlagsmengen zu rechnen.Dasfeucht-heißeKlimabieteteinenperfektenBrutkastenfürdieMalaria-Mücke,wodurchmiteinerstarkenZunahmederMalaria-Erkrankungenzurechnenseinwird.DasViruswirdsichzudem inhöhergelegeneGebieteausbreiten,die bisher nicht von dieser Krankheit betroffen waren.GroßeTeiledesAfrikanischenKontinentsverfügennichtausreichend über medizinische Versorgung und Medi-kamentumeinabsehbaresMassensterbenaufzuhalten.DieZahlderdurchMalariagefordertenTodesopferistsoenorm,dassganzeSozial-undDorfstrukturen inAfrikazerstörtwerden.KinderverlierenihreEltern,SchulenihreLehrer.29

AufderSuchenacheinembesserenLebenmachensichdiese Menschen auf den mühsamen Weg nach Eur-opa oder anderswo – ein unvorstellbarer Strom anKli-maflüchtlingen,diedurchDürre,Krankheit,HungerundgeographischewiekulturelleEntwurzelungihrerExistenzberaubtwerden.

23http://www.ipcc.ch/publications_and_data/ar4/wg2/en/ch9s9-es.html24http://gfbvberlin.wordpress.com/2009/07/15/klimafluchtlinge-und-menschenrechte-von-benjamin-werner/25http://cmsdata.iucn.org/downloads/indigenous_peoples_climate_change.pdf26http://www.independent.co.uk/environment/climate-change/africa-will-be-worst-hit-by-climate-change-423143.html27http://cmsdata.iucn.org/downloads/indigenous_peoples_climate_change.pdf28http://gfbvberlin.wordpress.com/2009/07/15/klimafluchtlinge-und-menschenrechte-von-benjamin-werner/29http://www.foei.org/en/what-we-do/affected-peoples/grassroots-highlights/archive/2007/impacts/malaria.html

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ArcticClimateImpactAssessment(ACIA)(2004):Impactsofawarmingarctic.BMWFJ(2010):NationalerAktionsplanfürerneuerbareEnergien2010EcofysandClimateAnalytics(2009):ClimateActionTracker.Url.:http://www.climateactiontracker.org/country.php(download23.Novem-ber2010).EEA(2010):TrackingProgresstowardsKyotoand2020targetsinEuropeFriendsoftheEarthInternational(2007):ClimateChange.Voicesfromcommunitiesaffectedbyclimatechange.http://www.foei.org/en/resources/publications/climate-justice-and-energy/2000-2007/climate-testimonies/view(download13.11.10)HerbertFormayretal.(2008):VorSichtKlima!KlimawandelinÖsterreichregionalbetrachtet.StudieimAuftragvonGLOBAL2000.HermannMücklerEinführungindieEthnologieOzeaniens.InternationalesWirtschaftsforumErneuerbareEnergien(IWR)(2010):WirtschaftskrisebremstweltweiteCO2-Emissionen.Url.:http://www.iwr.de/news.php?id=16610(download23.November2010)IPCC(2007):ClimateChange2007.SynthesisReport.FourthAssessmentReportoftheIPCCKelman,Ilan;West,JenniferJ.2009ClimateChangeandSmallIslandDevelopingStates:ACriticalReview.Meinshausenetal.(2009):Greenhouse-gasemissiontargetsforlimitingglobalwarmingto2°CNormanMyers(2001):EnvironmentalRefugees.Agrowingphenomenonofthe21stcenturyPNAS(2009):AssessingdangerousclimatechnagethroughanupdateoftheIntergovernmentalPanelonClimateChange(IPCC)„reasonsofconcern“SilvaHermann,StefanMoidl(2009):DerZertifikateschwindel.EineStudieimAuftragvonGLOBAL2000.Umweltbundesamt(2010):Klimaschutzbericht2010.UNEP.2007.DraftReportonIndigenousandLocalCommunitiesHighlyVulnurabletoClimateCahnge.ConventiononBiologicalDiversity.UNSWClimateResearchCentre(2009):CopenhagenDiagnosisWBGU(2007):SicherheitsrisikoKlimawandel

QUELLENVERZEICHNIS

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KLIMASCHUTZ: Den Klimawandel stoppen – nicht die Klimapolitik. 24

ABBILDUngSverZeICHnIS

Abbildung1:RückgangdesarktischenMeereisesundIPCC-Prognosen.Quelle:UNSW ClimateResearchCenter(2009):CopenhagenDiagnosis.S.30 5Abbildung2:MeeresspiegelanstiegBeobachtungenundPrognosen.Quelle:UNSW ClimateResearchCenter.S.37 6Abbildung3:GlobalerTreibhausgasausstoßüberIPCC-Szenarien.Quelle:Universityof Copenhagen(2009):Climatechange.SynthesisReport.S.11 7Abbildung4:UNSWClimateResearchCentre(2009):CopenhagenDiagnosisS.50 7Abbildung5:Kipp-ElementedesKlimasystems.Quelle:UNSWClimate ResearchCenter(2009):CopenhagenDiagnosis.S.40 9Abbildung6:PNAS(2009):Assessingdangerousclimatechnagethrough anupdateoftheIntergovernmentalPanelonClimateChange(IPCC)„reasonsofconcern“ 9Abbildung7:SzenarienfürdieErwärmunginÖsterreich.Quelle:Herbert Formayeretal(2008):VorSichtKlima.S.39 11Abbildung8:CO2-Reduktionspfadebis2050.Quelle:UNSWClimate ResearchCenter(2009)CopenhagenDiagnosis.S.51 12Abbildung9:Quelle:IPCC(2007):FARSynthesisReport.S.67 13Abbildung10:AmbitionderKlimapolitikimVergleich. Quelle:http://www.climateactiontracker.org/country.php 14Abbildung11:BrennpunktedesKlimawandels.Quelle:WBGU(2007):SicherheitsrisikoKlimawandel 18

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