16
ZEITSCHRIFT VON KLIMABüNDNIS öSTERREICH 01/2012 Foto: Johann Kandler Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M Unsere Betriebe Klimabündnis-Betriebe Betriebe im Klima-Check ... S. 3 Betrieb am Rio Negro ... S. 5 Betriebe: Da, wo das gute Brot herkommt ... S. 7 anders Wirtschaften green economy: Worthülse oder Chance? ... S. 13

Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Zeitschrift des Klimabündnis Österreich. Mit Infos, Porträts und Berichten von und über Klimabündnis-Gemeinden, Klimabündnis-Kindergärten & Schulen sowie Klimabündnis-Betrieben.

Citation preview

Page 1: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

z e i t s c h r i f t v o n k l i m a b ü n d n i s ö s t e r r e i c h 01/2012

Foto

: Joh

ann

Kand

ler

Verl

agsp

osta

mt

1150

WIE

N –

P.B

.B. –

GZ0

2Z0

3198

6M

Unsere Betriebe

Klimabündnis-BetriebeBetriebe im Klima-Check ... S. 3Betrieb am Rio Negro ... S. 5Betriebe: Da, wo das gute Brot herkommt ... S. 7

anders Wirtschaftengreen economy: Worthülse oder Chance? ... S. 13

Page 2: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

2

mit langjähriger Erfahrung aus einer Interessenver-tretung auf nationaler und EU-Ebene ist beim Klima-bündnis für EU-Projekte zu Energieeffizienz und Ent-wicklung erneuerbarer Energiekonzepte für ländliche Regionen zuständig. Martina Nagl (r.), langjährige Kli-mabündnis-Mitarbeiterin, vormals Regionalstellenlei-terin in Niederösterreich und seit 2011 im Vorstand des Europäischen Bodenbündnis übernahm mit Beginn 2012 die Leitung der Regionalstelle im Burgenland.

klimaintro

Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65 / Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: [email protected] • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Dra-beck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Johann Kandler, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel • AutorInnen: Maria Hawle, Katharina Munk • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Elfriede Hecher • Druck: aPrint, Klagenfurt, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Recyclingpapier aus 100% Altpapier • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klima-bündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebiets-körperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2012 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.

Kindergärten und Schulen:• Niederösterreich: Kindergärten: Rabenstein/Augasse, St. Pölten Kupferbrunn, Tradigist, Kindergruppe Waldkinder Maria Anzbach. Hauptschulen: Allentsteig, Modellschule Kirchberg a. Wechsel. Volksschulen: Allentsteig, Echsen-bach, Gerersdorf bei St. Pölten, Göpfritz a.d. Wild, Groß-mugl, Höflein a.d. Hohen Wand, Kilb, Purkersdorf, St. Geor-gen a. Ybbsfelde und Schwarzenau. • Oberösterreich: Kindergärten: Krenglbach, Neuhofen i. Innkreis. Volksschulen: Neuhofen i. Innkreis, Kremsdorf, Pollham, St. Agatha/Bad Goisern und Wartburg o.d. Aist.

In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 920 Städte und Gemeinden, über 670 Betriebe und rund 290 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen.

Betriebe:• Niederösterreich: Druckhaus Schiner GmbH (Krems). • Oberösterreich: DHM Maschinenschlosserei Mitterhu-ber, Moser GmbH/Lüftungstechnik, Raiffeisenbank Wels Süd reg. Gen.m.b.H. Filiale Eberstalzell, Salon Kohler, Strasser Holzbau GesmbH (alle Eberstalzell), 4YOUgend, Bellaflora Gartencenter GmbH, k.uk. Hofbäckerei/Fritz Rath, Movie-mento Gaststätten- und Betriebs GesmbH (Gelbes Kroko-dil, Solaris), MÜBSL Gastro GmbH/Wirt am Graben, Xiling Natur und Seide (alle Linz), Bellaflora Gartencenter GmbH (Filialen Mauthausen und Steyr), Vendler & Partner GmbH, Druckstore Bernard GesmbH (Ried i. Innkreis), Moser GmbH (Ried i. Traunkreis), Team Gruber GmbH (Steinerkirchen a. d. Traun), EHS Einfinger, Franz Einzinger GmbH, Landwirt Hohensinn, Thebert Metallbau GmbH (alle Tumeltsham), Tourismusverband Inneres Salzkammergut (Zentrale und Geschäftsstellen Bad Goisern, Gosau, Hallstatt, Obertraun). • Steiermark: Schloss Thannegg (Gröbming-Moosheim). • Wien: Südwind Agentur / Verein für Entwicklungspolitik.

Gemeinden: • Niederösterreich: Enzenreith. • Oberösterreich: Kirchschlag bei Linz und Stadl-Paura.

Willkommen im Klimabündnis!

Neu im Klimabündnis: Neu bei Klimabündnis Oberösterreich und im Re-daktionsteam der Zeitschrift klimabündnis ist Sonja Wöhrenschimmel (l.). Die Modedesignerin, die schon bei der WearFair mitarbeitete, übernimmt in Oberö-sterreich die Öffentlichkeitsarbeit. Georg Priesner (m.) GREEN EcONOMY statt GREENING EcONOMY!

Green Economy – das ist eines der zwei Hauptthemen beim dritten World Sum-mit vom 20.-22. Juni dieses Jahres in Rio de Janeiro, Brasilien. Die erste „Welt-Konferenz“ in Rio vor 20 Jahren gilt als wichtiger Wegbereiter der internationa-len Umweltpolitik, da nicht nur erstmals weltweiter Umwelt- und Naturschutz

propagiert, sondern auch eine nachhaltige Entwicklung als Ziel formuliert wurde. Die Konferenz brachte au-ßerdem zwei bedeutsame globale Abkommen auf den Weg, die Klimarahmenkonvention und die Konvention über die biologische Vielfalt. Das Klimabündnis organi-siert, unterstützt von der ADA (Austrian Development Agency), die Initiative der österreichischen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen mit dem Titel „Rio+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“. Dabei sollen in

mehr als 40 Konferenzen, Workshops und Diskussionspanels die großen The-men auf konkrete österreichische Beispiele heruntergebrochen und „Mut zum Wandel“ gemacht werden (siehe www.rioplus20.at).

Erfreulicherweise bekennen sich in Österreich immer mehr Betriebe zum Kli-maschutz und nutzen das Know-how des Klimabündnis. Bereits 1997 haben wir unser Engagement zum umfassenden Klimaschutz von Gemeinden auf lokale Unternehmen ausgeweitet. Heute gibt es österreichweit bereits 675 Klimabündnis-Betriebe, die auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit setzen. Das Klimabündnis hat in allen Bereichen ExpertInnen, die mit den Klimabündnis-Betrieben Klimaschutzmaßnahmen ausarbeiten. Nach 2-3 Jahren wird die Umsetzung der Maßnahmen evaluiert. In dieser Ausgabe finden Sie dazu einige Beispiele.

Wir achten dabei sehr darauf, dass das Schlagwort Green Economy von gro-ßen Unternehmen und Konzernen nicht zu einem „Greening Economy“ wird. Dabei wird nur auf einzelne (sinnvolle) Initiativen des Konzerns hingewie-sen, während in großen Bereichen des Umweltschutzes, der sozialen Grund-rechte, einer fairen und gerechten Ressourcenverteilung weiterhin große De-fizite herrschen.

Wie man alte Techniken und Handwerk auch in modernen Zeiten nutzen kann, zeigt ein Blick zu unseren indigenen PartnerInnen am Rio Negro. Wariró heißt das Kunsthandwerk, das zeitlos und gewinnbringend zugleich ist (sie-he S. 5). Aus erster Hand berichten davon Maximiliano Menezes und camila Barra. Die beiden VertreterInnen unserer indigenen Partner vom Rio Negro werden uns von 16. April bis 5. Mai besuchen – wir laden Sie herzlich ein bei unseren Veranstaltungen dabei zu sein.

Viel Spaß beim Lesen!

Foto

: Gud

run

Stög

er

Foto

s: M

ona

Lore

nz /

Priv

at

Arch

iv K

limab

ündn

is

Titelfoto: Frau Gilda Barreto, leitet das Kunsthandwerksprojekt am Rio

Negro – sie hat es mit viel Enga-gement geschafft, Produktion und Verkauf gewinnbringend zu organi-sieren (s. Seite 5)

Peter MolnarGeschäftsführer Klimabündnis Österreich

Ihr

Page 3: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

Das Klimaschutz-Potential in Betrie-ben ist riesig. Egal in welcher Bran-

che“, weiß einer, der bereits über 115 Klimabündnis-Betriebe analysiert und evaluiert hat. Georg Spiekermann ist seit dreieinhalb Jahren Betriebeberater in Oberösterreich.

Am SchreibtischAm Anfang steht immer die Recherche. „Wir holen uns von den Betrieben die En-ergierechnungen und wenn möglich vom Energieversorger den Stromlastgang und werten beides aus. Damit bekommen wir schon einmal einen interessanten Über-blick“, so Spiekermann. „Je genauer die Angaben, desto mehr Einsparungungen finden wir.“ Erhoben wird auch das Mo-bilitätsverhalten der MitarbeiterInnen.

Im BetriebNach dem Grobcheck folgt die Begehung im Betrieb. „Der Blick hinter die Kulissen ist immer am interessantesten. Das kön-nen ganz einfache Sachen sein. Beim letz-ten Mal waren fast ein Drittel der Fenster gekippt – und das mitten im Winter.“ Der Start liegt dabei meist ganz oben, am Dach. Dort finden sich Anlagen, wie die Rückkühler von Klimaanlagen oder auch Dachrinnenheizungen. Ist der Feuchte- oder Temperatursensor falsch eingestellt, können schon einmal Ko-

Der Klima-Check in Betrieben

Betriebeberater des Klimabündnis: v.l.: Robert Pröll (Salzburg), Klaus Grininger (Oberösterreich), Benedikt Scheiber (Tirol) und Anja Stenglein (Steiermark).

sten von 1.000 Euro anfallen. Beson-ders aufmerksam wird der Betriebe-berater bei Getränkeautomaten: „Ein Kaltgetränkeautomat verbraucht fast so viel Strom wie ein Einfamilienhaus. Allein die Werbebeleuchtung eines Cola-Automaten benötigt bis zu 1.300 kWh im Jahr.“ Dann geht’s in die Details. Die Stromlastgänge werden besprochen und Einsparpotentiale gesichtet: „Ein Watt kostet einen Euro – das ist auch den wenigsten bekannt“. Der erste Blick im Außenbereich fällt auf den Fahrradständer. „Der gehört di-rekt zum Eingang. Dort sollte der Chef sein Rad abstellen – noch besser, gleich neben dem Betriebsfahrrad.“ Evaluiert werden im Rahmen des Klima-checks nicht nur die Emissionen aus En-ergie und Mobilität, sondern auch Akti-vitäten in den Bereichen Beschaffung, Produktdesign, Umweltmanagement, Motivation der MitarbeiterInnen sowie die Klimabündnis-Partnerschaft mit in-digenen Völkern im Amazonasgebiet.

Am ZielBasierend auf diesem Klima-check wird gemeinsam mit dem Betrieb ein Maß-nahmenkatalog erarbeitet. Spiekermann: „Das individuelle Klima-schutzziel jedes Klimabündnis-Betriebes wird auf seine Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, wie beispielsweise Branche und Größe abgestimmt und vereinbart.“ Hannes Höller

info! www.klimabuendnis.at

Wie Klimabündnis-Betriebe überprüft, beraten und begleitet werden.

Foto

: Lan

d O

Ö/K

aude

r

Ziel des Projekts • Betriebe im Klimabündnis ist ein maßgeschneidertes Programm für Be-triebe, die Energie sparen, Kosten senken und da-mit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wol-len. Jeder Betrieb, unabhängig von Branche und Größe, kann mitmachen. Klimabündnis-Betriebe werden genauso wie Klimabündnis-Schulen und Klimabündnis-Kindergärten in die Klimaschutz-Ziele der Gemeinde miteinbezogen.Start des Projekts • Im Juni 1997 startet das Projekt „Betriebe im Klimabündnis“ in Wien. Spä-ter folgen Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und schließlich Kärnten. 2004 gibt es bereits 250 Betriebe im Klimabündnis. Der älteste Klima-bündnis-Betrieb ist die Bäckerei Deiser – früher in Wien, heute in Baden (Niederösterreich).

Das Projekt Betriebe im Klimabündnis

Foto

:s H

anne

s Höl

ler

klimabündnis 3

Betriebeberater Bernhard Holzbauer (Wien/NÖ) und Georg Spiekermann (Oberösterreich).

Zahl der Betriebe • Immer mehr Betriebe be-kennen sich zum Klimaschutz. Mittlerweile gibt es in ganz Österreich über 670 Klimabündnis-Betriebe. Die meisten davon in Oberösterreich mit über 350, gefolgt von Salzburg mit über 150.Aufnahme • Die Aufnahme ins Klimabündnis erfolgt, wenn sich Betriebe dazu verpflichten, in-nerhalb von zwei Jahren 30 % und innerhalb von fünf Jahren 50 % der im Maßnahmenkatalog festgelegten Punkte zu erreichen.Evaluierung & Auszeichnung • Nach zwei bzw. fünf Jahren wird von unabhängiger Seite die Erreichung des Klimaschutzzieles überprüft. Diese Vorgangsweise stellt sicher, dass nicht nur einzelne technische Maßnahmen durchgeführt werden, sondern die Idee des vorsorgenden Um-weltschutzes in den Betrieb integriert wird.

Page 4: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

4 klimabündnis

900 km mit dem Boot am Rio NegroKürzlich aus dem Amazonas zurückgekehrt schildert Johann Kandler seine Eindrücke vom Besuch bei den indigenen Partnern der österreichischen Klimabünd-nismitglieder am Rio Negro.

Erstes Ziel der Reise ist die Stadt Bar-celos am unteren Rio Negro, etwa

400 km flussaufwärts von Manaus, die wir nach 13 Stunden beeindruckender Fahrt mit dem Schnellboot durch den nächtlichen Regenwald am frühen Morgen erreichen. Abrahão, der Prä-sident der FOIRN, berät sich hier mit zehn Frauen und Männern aus ver-schiedenen Dörfern über eine Strategie zum Erhalt der Fischbestände.„Die großen Fischerboote aus Manaus verwenden Schleppnetze und sortieren dann die besten Fische aus, billige Ware werfen sie weg“, berichtet Aprigio aus cauboris, „Laut Gesetz dürfte ein Boot maximal 600 kg Fisch fangen, tatsäch-lich werden bis zu 4 Tonnen in die Tief-kühlkammern gestopft.“ Sandoval aus canafé pflichtet ihm bei „... und weil es keine Kontrollen gibt, wird Fisch man-cherorts knapp!“ Die zunehmende „Sportfischerei“ ist – laut Marivelton aus Santa Isabel – ein weiteres Problem: „Viele Fische sterben, weil sie durch die Angelhaken verletzt werden oder zum Fotografieren zu lan-ge außerhalb des Wassers sind. Nächt-liche Grillpartys mit Alkohol, Drogen und Prostitution stören die Ruhe der Einheimischen. Wir haben den Schaden und die Tourismusunternehmen kas-

sieren ab.“ Genizés vom Rio Demeni berichtet zufrieden: „Vergangenen No-vember haben wir aus den Mitteln der Klimabündnispartnerschaft ein schnel-leres Boot erhalten, mit dem wir die Fischkutter und Touristen erreichen und sie zum Verlassen unseres Gebietes auf-fordern. Seither ist es besser geworden.“

Ein harter Kampf camila Barra von der Beratungsorga-nisation ISA (Institut für Soziales und Umwelt) präsentiert eine Landkarte der Region, in der Vorschläge für Schutz-gebiete eingetragen sind. „Wir haben das mit der lokalen Bevölkerung ausge-arbeitet“, erklärt Dilsa, die energische Indigenenvertreterin von Barcelos, „und werden nun mit den zuständigen Behör-den verhandeln. Einige von ihnen sehen das Anliegen positiv, aber angesichts der politischen und wirtschaftlichen Interessen werden wir hart kämpfen müssen!“ (s. News) Zwei Tage dauern die Gespräche, dann geht es mit dem kleinen Boot der FOIRN weiter flussauf-wärts. Eine Woche lang besuchen wir verschiedene Dörfer, nehmen an Ver-sammlungen teil und unterhalten uns mit den Einheimischen. Zufrieden be-richten sie über Verbesserungen. Diese gründen zum einen auf verbesserten Sozialleistungen (Renten, Kindergeld) der Regierung, durch die sichtbar mehr Geld in die Region fließt.

Indigene ErfolgsbilanzVor allem aber sind die Verbesserungen dem Kampf der FOIRN zu verdanken. Indigene Organisationen und ihre For-derungen erfahren mehr Respekt, die

Bevölkerung erhält Dokumente und kann Rechte in Anspruch nehmen, die gesundheitliche Betreuung wurde bes-ser und die indigenen Schulmodelle mit angepasstem Unterricht werden von den Behörden übernommen.Gleichzeitig mit dem Kampf um Aner-kennung weiterer indigener Gebiete und Naturschutzzonen arbeiten die Dörfer an der Verbesserung der Di-rektvermarktung ihrer Produkte aus der Landwirtschaft (Maniok) und der Sammeltätigkeit im Wald (Piacaba-fasern, Paranüsse u.a.) um ihre wirt-schaftliche Autonomie zu verbessern. Dabei spüren sie auch schon die Aus-wirkungen des Klimawandels. „Im Fe-bruar ist normalerweise Trockenzeit und wir bereiten unsere Felder vor, aber heu-er regnet es täglich und das bedeutet eine schlechte Ernte“, höre ich überall.

Beim Abschied in São Gabriel dankt Ab-rahão im Namen der FOIRN nochmals für die Unterstützung aus Österreich und drückt die Hoffnung aus, dass in der Klimapolitik wesentliche Schritte nach vorne gelingen. JoHann Kandler

info! www.klimabuendnis.at

Genizes im Gespräch mit Johann Kandler: „Wir kämpfen am unteren Rio Negro noch um die Anerkennung des Regenwaldgebietes.“ Seit kurzem verkehrt übrigens ein neues, aus Mitteln der Klimabündnis-Partnerschaft finanziertes, Boot am Rio Negro

Page 5: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

Seit langer Zeit fertigen die indi-genen Völker des Rio Negro ihre

Gebrauchsgegenstände aus Materi-alien, die sie der umgebenden Natur entnehmen. Dabei kombinieren sie Funktionalität mit künstlerischer Krea-tivität und schaffen Objekte von einer schlichten und zeitlosen Schönheit. In den letzten Jahrzehnten wurde vieles durch Plastik ersetzt und das handwerkliche Wissen geriet vielerorts in Vergessenheit. Im Zuge der kulturellen Wiederbele-bung fanden auch Kurse zum traditi-onellen Kunsthandwerk statt und die FOIRN eröffnete ein eigenes Geschäft Fo

tos:

Joha

nn K

andl

er, F

ranc

isco

Bor

ges (

FOIR

N)

Foto

s: Ca

rla D

ias/

ISA

• FO

IRN

• Al

fred

o Br

azão

Ein Betrieb im Regenwaldnamens Wariró für den Verkauf, um die Zwischenhändler auszuschalten.

Produkte der Natur mit KulturDie Projektleitung übernahm Frau Gilda Barreto, der es mit viel Engagement und Hartnäckigkeit gelungen ist, Produktion und Verkauf trotz vieler Schwierigkeiten gewinnbringend zu organisieren. Derzeit werden vor allem Korbwa-ren, Töpfe und Schmuck angeboten. Nachdem Rohstoffe und Produzenten nicht jederzeit zur Verfügung stehen und sowohl der Transport wie auch die Kommunikation in diesem abge-legenen Gebiet schwierig und zeit-aufwändig sind, ist es schwierig, grö-ßere Bestellungen abzuwickeln bzw. das Angebot zu erweitern. Trotzdem besteht die Absicht, durch das Kunst-handwerk wirtschaftlich unabhän-giger zu werden. JoHann Kandler

info! http://www.artebaniwa.org.br

Wariró – Musterbetriebunserer Partner und zugleich ein Modell für kulturelle und ökologische Ressourcennutzung.

Projekt Wariró: Indigenes Kunsthandwerk schafft Einkommen und sichert die Bewahrung von traditionellem Wissen.

Eine rote Karte • erhielt die Regierung Dil-ma in Brasilien von elf Umweltorganisationen. Vor der Rio+20 Konferenz im Juni hat sie die schlechteste Ökobilanz seit Ende der Militärdik-tatur 1988. Einige Gesetzesvorhaben weichen das Waldschutzgesetz (código florestal) auf. Sie erschweren die Anerkennung von indigenen Ter-ritorien und Naturschutzgebieten, erleichtern die Verkleinerung bestehender Schutzzonen (um Umweltauflagen für Großprojekte zu umgehen) und den Abbau von Bodenschätzen in indigenen Gebieten. Das Umweltministerium ist kaum ak-tiv, Genehmigungen für Großprojekte wurden erleichtert, der Klimaschutzliegt auf Eis. Für die Fußball-WM 2014 zugesagte Projekte in den Be-reichen Verkehr sowie Wasserver- und Abwas-serentsorgung werden nicht umgesetzt.Rote Karten gehen auch an europäische Regie-rungen: Seit langem beklagen Umweltorganisa-tionen die Beteiligung an Großprojekten, die Re-genwald- und Lebensraumzerstörung bedeuten. Schwer wiegt da auch die geplante Übernahme von Bürgschaften für den Bau eines AKW im Re-genwald seitens der deutschen Bundesregierung.

Kippt Amazonas-CO2-Bilanz? • Brandro-dung, Abholzung und die Ausweitung des großflächigen industriellen Futter- und Energie-pflanzenanbaus verschlechterten die Bilanz des Amazonasregenwaldes. Der Klimawandel trägt seinen Teil dazu bei. Intakte Regenwaldregionen überstehen saisonale und mäßige Dürrephasen,

Regenwald-News

Fortsetzung Seite 6

Page 6: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

6

Rio Negro-Delegation 2012

Auftakt zur Rio+20 Konferenzbei uns in Österreich-

Die UN-Konferenz 1992 in Rio war ein Meilenstein für die Integration

von Umwelt- und Entwicklungsbestre-bungen weltweit. Bei der Nachfolge-konferenz RIO+20 diesen Juni wird Bi-lanz gezogen. Denn so wie bisher kann es nicht wei-tergehen. Die vor 20 Jahren angespro-chenen Probleme haben sich in vielen Bereichen massiv verschärft. Das erken-nen immer mehr Personen, die sich welt-weit für eine „andere Welt“ engagieren. In Österreich bündeln jetzt über 30 Umwelt- und Entwicklungsorganisati-

onen ihre Aktivitäten. Das Klimabünd-nis koordiniert die von der Austrian Development Agency (ADA) geförderte Initiative „RIO+20 – Gerechtigkeit in ei-ner endlichen Welt“. In Österreich fin-den über 40 Veranstaltungen statt. „Wir zeigen auf, wie ein sozialer, ökolo-gischer und ökonomischer Wandel ge-lingen kann“, so Peter Molnar vom Kli-mabündnis. Die Aktivitäten reichen von Diskussionen über Ausstellungen, Film-tage bis zu Konferenzen. Hannes Höller

info! www.rioplus20.at

Foto

s: FO

IRN

Rio+20 Konferenz

Foto

: Kat

harin

a Sc

hiffl

Von 16. April bis 5. Mai kommen Ma-ximiliano Menezes, ein hochrangi-

ger Vertreter der indigenen Völker vom Rio Negro und der FOIRN, und camila Barra vom ISA Brasilien zu uns. Die Reise unter dem Motto „Rio+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“ dient dem Austausch über die Umset-zung gemeinsamer Ziele im Klima- und Regenwaldschutz.Bei der Klimabündnis-Jahreskonferenz in Hall/Tirol im April und zahlreichen Ver-anstaltungen in den Bundesländern kön-nen Sie die Gäste persönlich kennen ler-nen und mehr über die Situation und die Folgen des Klimawandels in Amazonien sowie die Arbeit am Rio Negro erfahren.

Klimabündnis-Partner vom Rio Negro in Österreich

Maximiliano Menezes, Tukano, seit 20 Jahren in der FOIRN aktiv, Vizepräsi-dent und für indigenes Bil-dungswesen und Gesund-heitsfragen zuständig.

Camila Barra ist Sozial-anthropologin und ar-beitet am Institut für So-ziales und Umwelt (ISA) als Beraterin indigener Völker am Rio Negro.

infos & Programm! www.klimabuendnis.at

in Regionen mit starker Abholzung jedoch ver-stärken sich die Auswirkungen und zugleich ver-längern sich hier die Zeiträume der Trockenheit. 8 www.nature.com • www.whrc.org

Illegaler Holzeinschlag • Der illegale Holz-einschlag bleibt laut Weltbankbericht „Justice for forests“ ein Riesengeschäft. Weltweit wer-den 10 bis 15 Milliarden damit verdient. Satte Gewinne ermöglichen Lobbying und Behörden-bestechung im großen Stil. Extrem hoch ist der Einschlag nach Zahlen von Greenpeace in Papua- Neuguinea (90%) und Indonesien (50%). In Bra-silien gelingt es, trotz Satelliten-Überwachung, gerade mal das Einschlag-Tempo zu vermindern. 8 www.issuu.com/world.bank.publications

Verheerende Biosprit-Bilanzen • Biodie-sel aus Raps, Palmöl, Jathropa und Soja belastet das Klima stärker als fossile Treibstoffe. Das be-stätigen neue Studien. Biodiesel setzt zwar bei der Verbrennung um 40 bis 70% weniger cO2 frei, über den gesamten Lebenszyklus betrach-tet, sieht es aber anders aus. Wenn etwa für Palmöl in Indonesien Tiefmoorwälder abholzt und abfackelt werden müssen, werden enorme Mengen cO2 frei. Dabei wurden andere As-pekte wie soziale Folgen – Großflächige Pflan-zungen für Agrotreibstoffe vertreiben in vielen Regionen kleine Landbesitzer – noch gar nicht berücksichtigt. Ebensowenig der Verlust an Anbauflächen für Nahrungsmittel. Die Fläche, die momentan für die Herstellung von Agro-treibstoffen in Afrika vom Westen genutzt wird, entspricht der Größe der Schweiz. 8 http://cifor.org • www.ecologyandsociety.org

Fortsetzung von Seite 5

Kandler | salMHofer | strasser

Foto

: Joh

ann

Kand

ler

Zuckerrohr wächst hier für Biosprit.

Ein Klimabündnis-Beitrag zur Diskussion der Gerechtigkeit in den unterschiedlichsten Fragen des Klimawandels erscheint im Mai 2012.

Das Dilemma mit der Klimagerechtigkeit

Page 7: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

7klimakommunal

Da, wo das gute Brot herkommt

rungsmittelindustrie kennen, die keine Lebensmittel mehr herstellt, sondern industrielle Produkte.

Sauerteig und ZeitDesillusioniert besann er sich auf sei-nen Jugendtraum und seine Bäcker-ausbildung – er wollte Brot backen, das diesen Namen verdient, das so beschaffen ist, wie es dies immer war. Mit einigen wenigen Zutaten, mit Sau-erteig und der dafür benötigten Zeit. Was ein einfach gutes Brot ausmacht, ist eigentlich kein Geheimnis und wer das Glück hat, noch eine backende Großmutter oder Nachbarin zu haben, der man über die Schulter schauen kann, weiß das.Bei Gragger verwendet man Bioge-treide aus der Region, Wasser, Hima-laya-Salz, Sauerteig und viel Zeit: Aus Roggenmehl und Wasser entstehen Tausende von Mikroorganismen wie Hefepilze und Milchsäurebakterien. Nach mindestens 48 Stunden ist der Sauerteig bereit zu seinem Einsatz und erzeugt aus einem Klumpen Teig ein luftiges von Poren durchsetztes Gebilde namens Brot, das gut verdau-lich ist und hervorragend schmeckt. Auch das Getreide braucht Zeit, um zu reifen. Etwa drei Wochen sollte es nach der Ernte rasten, bevor es ver-mahlen wird.

Name: Bäckerei GraggerInhaber: Helmut GraggerBundesland: OberösterreichStandorte: Ansfelden, Linz, Wien und auf Wochenmärkten.

Gründung: 1997Klimabündnis-Betrieb: seit 2002Mitglied bei Slowfood: seit 2008Gründung Gragger & Cie in Wien: 2010www.gragger-cie.at

Zum Betrieb

1997 startete Helmut Gragger seine Holzofenbäckerei im oberösterreichi-schen Ansfelden. Die Zeit davor ver-brachte er bei einem der größten Nah-rungsmittelkonzerne der Welt. Dort wurde ihm deutlich vor Augen geführt, was er nicht will. Als leidenschaftlicher Bäcker werde man in einem Konzern wie diesem nicht alt, meinte er un-längst in einem Interview – denn er lernte die Schattenseiten einer Nah-

Fortsetzung Seite 8

Brot und Gebäck, das schmeckt. Neben der Bäckerei Gragger setzen noch acht

weitere Bäckereien in Österreich auf die Kombination „guter Geschmack und Kli-maschutz“.Dazu zählt der 1. Klimabündnis-Betrieb Ös-terreichs: die Bäckerei Deiser in Baden (Nie-derösterreich). In Salzburg haben sich die Stiftsbäckerei St. Peter (Salzburg-Stadt) und die Bäckerei-Konditorei Erich Necker in Strobl dem Klima-bündnis angeschlossen. Seit vergangenem Jahr gibt es auch in Tirol eine Klimabündnis-Bäckerei: die Bäckerei Bichlbäck in Niederndorf. Eine größere Auswahl haben klimabewusste KundInnen in Oberösterreich: Die k.u.k. Hof-bäckerei Rath und Inges Biocafe in Linz, die Bäckerei-cafe-Konditorei Helmut Kern in Perg und die Konditorei cafe Vogl in Eferding.In Kärnten bereitet sich die Bäckerei Nadrag in Krumpendorf am Wörthersee auf den Ein-stieg ins Bündnis vor. Hannes Höller

Foto

s: G

ragg

er

Linz, Rathausgasse 1. Es duftet nach Holz und frischem Brot. Es duftet nach dem, was immer mehr Menschen suchen. „Die Suche nach dem verlorenen Brot“, nennt es Helmut Gragger. Es scheint, sie sind fündig geworden.

Die Klimabündnis-Bäckereien

Ein Holzofen, viel Zeit und Liebe für die Umwelt: In Helmut Graggers Brot kommen nur Produkte aus der Region ...

Page 8: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

8

klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden10 Jahre Klimarettung • Mitte Jänner feierte das Land Oberösterreich mit dem Klimabündnis das zehnjährige Bestehen des Landesprogramms Klimarettung. Orga-nisatorisch wächst dieses in Zukunft noch enger mit dem Klimabündnis zusammen: Ein neues Förderprogramm bietet Gemein-den, Betrieben, Schulen und Haushalten Information und Anreize, Aktivitäten zum Klimaschutz zu setzen. Ziel der Klimaret-tung sind strategische Partnerschaften mit Betrieben und Organisationen und deren Vernetzung mit dem Klimabündnis. 8 www.klimarettung.at www.klimabuendnis.at/oberoesterreich

Foto

s: L

and

/Kau

der

Fortsetzung von Seite 7

Mit Verzicht auf Plastik zum Stofftaschen-Sammel- Weltrekord.

Senior mobil • Trotz gutem öffentlichen Nahverkehrsangebot werden Bus und Bahn von SeniorInnen noch immer zu we-nig genutzt. Gründe dafür sind u.a. emoti-onale Barrieren und Informationsdefizite. Mit „Senior mobil“ und dem „Patenticket“ sollen Hemmschwellen beseitigt werden. Beide Angebote werden im Rahmen eines Interreg IV-A-Projekts Italien Österreich „Mobilität ohne Barrieren“ in enger Zusam-menarbeit mit den Verkehrsunternehmen ÖBB und ÖBB-Postbus in Tirol durchgeführt. 8 www.klimabuendnis.at/tirol

Auftakt zur größten Stofftaschenak-tion • Mitte November fand in Gratwein bei Graz die Weltrekordsfeier zur Stoffta-schenaktion „change bag“ statt. Über 400 BesucherInnen konnten sich in der mit Stofftaschen dekorierten Mehrzweckhalle von der Kreativität der teilnehmenden Kin-der und Jugendlichen überzeugen. Bis zwei Tage vor der Veranstaltung kamen 6.124 Stofftaschen zusammen. Fast 2.000 Stück sind gebrauchte Taschen, die bis jetzt in Haushalten brachlagen. Alle „change bag“- Taschen, stehen den BürgerInnen der Region kostenlos zur Verfügung. Nun gilt es „change bag“ im Alltag umzusetzen und gemäß dem Motto „Verwenden statt verschwenden“ sowohl alte als auch neue „change bag“ Ta-schen IMMER WIEDER zu verwenden! 8 www.klimabuendnis.at/steiermark [email protected]

Konventionelle Backfirmen nehmen sich diese Zeit nicht mehr. Sie verwen-den künstliche Backtriebmittel um den Teig in kürzester Zeit backen zu kön-nen, verwenden fertig gekaufte Back-mischungen und schaffen es auf ihren ausgedehnten „Backstraßen“ Tausen-de Kilo Teig maschinell zu verarbeiten. „Handwerk ohne Hände“ wird diese Art zu produzieren genannt.

Brot, wie es sein sollDem Bäcker aus Ansfelden, Helmut Gragger, liegt der achtsame Umgang mit der Natur, mit seinen über dreißig MitarbeiterInnen und dem Brot sehr am Herzen. Daneben hat der engagierte Bä-cker eine Initiative namens „Back ma‘s“ gegründet, in der in Zusammenarbeit mit der caritas zehn Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen das Bäcker-handwerk gelehrt wird. Dass einer wie er auch die Prinzipien des „Slow Food“, des langsamen, bewussten Genießens, für wichtig hält, zeigt sich nicht nur in seiner Mitgliedschaft ebendort, son-dern auch in nächtlichen Besuchen in einer Pariser Backstube oder wenn er zur Slowfood-Messe „Salone del Gusto“ in Turin mit einem fahrbaren Backofen anreist. Um dort aufzubacken.

Foto

s: La

nd Ti

rol/Ö

BB, G

ratw

ein

„Klimaretter“ Evelyn Sixtl, LR Anschober, Norbert Rainer und Andreas Drack.

Ökostrom-Umstieg in Enns • Seit Be-ginn des Jahres bezieht die oberösterrei-chische Klimabündnis-Gemeinde Enns als erste Stadt in Österreich für kommunale Einrichtungen Ökostrom. Den zertifizierte Strom liefert Naturkraft, ein mit dem öster-reichischen Umweltzeichen aus-gezeichne-tes Tochterunternehmen der EnergieAllianz Austria mit Standorten in Österreich (Wien, Linz) und Deutschland. Das Beispiel zeigt, dass nicht nur Betriebe und Haushalte, son-dern auch Gemeinden ein Zeichen für nach-haltige Energieversorgung setzen können. 8 www.enns.at

Climate Star • Be-reits zum fünften

Mal zeichnet das Klimabündnis Kli-maschutz-Projekte aus Gemeinden in

ganz Europa aus. 20 Gemeinden und

kommunale Netzwerke aus 9 Ländern erhalten am

26. April im Schloss Hof (NÖ) einen climate Star. Die Gala startet um 18.30 Uhr, das Ta-gesprogramm mit Schiffsfahrt in den Do-nauauen und Schlossbesichtigung beginnt bereits ab 12.30 Uhr. Anmeldung unter 8 www.klimabuendnis.at/climatestar

Page 9: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

9klimakommunal

Klima-Porträt Bernhard Holzbauer, Klimabündnis ÖsterreichDer gelernter Fernmeldemonteur war nach der Aus-bildung zum Energie- und Umweltberater u. a. beim Verein für Konsumenteninformation, der oekostrom AG und der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Ener-

gie tätig. Holzbauer war auch Bezirksrat und hatte in der Fachgruppe allgemeiner Handel der WKO ein Mandat als Ökostromhändler. Seit 2010 ist er für die Betriebe im Klimabündnis zuständig – ein Projekt, für das er schon von 2000 bis 2002 Erfahrungen sammelte.

Was ist für dich bei deiner Arbeit besonders wichtig? Die cO2-Reduktion. Unsere Analysen und Bilanzen zeigen, wo an-zusetzen ist. Viele Betriebe steigen durch unsere Beratung auf cO2-freien Strom um. Heizungsumstellungen werden oft erst an-gedacht, wenn die Anlage getauscht werden muss. Besser voran kommen wir durch Wärmedämmmaßnahmen oder Abwärmenut-zung aus dem Betrieb. Positives zeichnet sich auch beim bisherigen Sorgenkind, dem Verkehr ab. Die meisten Betriebe erklären sich be-reit, sobald die Alternativen wie z.B. das Elektroauto für ihre Zwecke einsetzbar sind, auch auf diese umzusteigen. Und dann gibt‘s da noch die sogenannten sonstigen Treibhausgase mit ihrem tausend-fachen cO2-Potential. Diese finden sich in Klima- und Kälteanlagen. Das ist für die Betriebe dann immer sehr überraschend, wenn ich ihnen vor Augen führe, dass durch Undichtheiten dieser Anlagen mehr an Treibhausgasen freigesetzt wird als im gesamten sonsti-gen Betrieb durch fossile Energieträger.Fo

tos:

priv

at, d

igiD

ruck

Ges

mbH

Bernhard Holzbauer mit der Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Michael Gitzi, Inhaber von digidruck.at, anlässlich der Auszeichnung zum Klimabündnis-Betrieb.

Setzt der „Betriebe-Prüfer“ auch privat strenge Maßstäbe?Seit zwölf Jahren wohne ich in einer autofreien Mustersiedlung in Wien-Floridsdorf – habe also kein Auto. Geheizt wird mit Fernwär-me. Dass da auch Gas dabei ist, darauf habe ich leider keinen Ein-fluss. Immerhin erreicht unsere Siedlung Niedrigenergiehausstan-dard. Mein Strom ist selbstverständlich oekostrom. Eingekauft wird bio, regional und fair.

Was macht dir bei deiner Arbeit besondere Freude? Dass immer mehr Unternehmen zu beachtlichen cO2-Reduktion kom-men. Wenn die Arbeit Früchte trägt, erzeugt das ein gutes Gefühl und die Gewissheit, einer sinnvollen Arbeit nachzugehen. Dazu kommt die selbstbestimmte Arbeit, ein chef mit dem ich gut kann und Kolle-gInnen, die ähnlich ticken wie ich selbst. Lauter „Ökos“ eben. a.s.

kontakt! [email protected]

Foto

s: G

ragg

er Seit 2002 ist die Bäckerei ein Klima-bündnisbetrieb. Was verbindet den Biobäcker mit dem Klimabündnis und seinen Werten?„ Um hochwertige Rohstoffe zu erhal-

ten, ist es ja auch notwendig, die Umwelt, in der diese Pflanzen heran-wachsen, zu schonen. Ich setze auf bi-ologische Rohstoffe, Heizen mit Holz, Ökostrom, Biodiesel beim Ausliefern, Recyclingpapier in der Verpackung –damit sich der Kreislauf schließt!“

Ökosoziales Bewusstsein und unter-nehmerischer Erfolg schließen sich nicht aus. So ist der Bäcker mit seinem Brot und dem Zwölf-Tonnen-Holzofen seit Sommer 2010 nicht nur in An-sfelden und Linz, sondern auch im 1.

Wiener Gemeindebezirk zu finden. Dort kann man ihn neben seinen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern beim täglichen Brotbacken erleben. Dass er eine derart renommierte Adresse ge-funden hat, liegt an einem Zufall. Der Besitzer des Hauses, Strumpffa-brikant christian Palmers, hatte sich schon länger eine Bäckerei im franzö-sischen Stil in seinem Haus gewünscht. Eine „Boulangerie“, die gleichzeitig Backstube und Verkaufsraum ist. Er suchte und fand den unkonventio-nellen Bäcker aus Ansfelden. Miteinan-der wurde „Gragger&cie“ gegründet.

Warteschlangen im 1. BezirkNun bilden sich in der Spiegelgasse 23 zwischen noblen Adressen gerne Schlangen von KundInnen, die gedul-dig auf ihren Laib Brot warten, der aus dem mit Mühlviertler Fichtenholz be-feuerten Ofen geholt wird. Dieser Ofen mit knapp zwölf Tonnen Eigengewicht ist eines von drei Exemplaren, die spezi-ell für Helmut Graggers Unternehmen angefertigt wurden. Er steht prominent im Geschäft und kann von zwei Seiten geöffnet und bestückt werden. So wer-den die Brotlaibe auf der Seite der Back-stube in den Ofen hineingeschoben und können vorne direkt vor den Augen der Kundschaft herausgeholt werden. Un-verfälschter kann man Brotbacken nicht erleben. Und selten schmeckt es so gut wie hier. sonJa WöHrenscHiMMel

Info! www.gragger.at

Page 10: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

10 klimabündnis

Mikroklima mitten im Siebenten: Bis 23. Mai können Klimaschutzprojekte zu diesem Thema eingereicht werden. Die besten werden mit dem KLIP 7 prämiert.

Vom Denken zum Handeln – in der VS Leithaprodersdorf findet Bildung auf unterschiedlichsten Ebenen statt.

Klimaschutz mit allen Sinnen

An der Volksschule Leithaproders-dorf sollen Achtung, Wertschät-

zung und Toleranz gegenüber den Mitmenschen selbstverständlich so-wie ein rücksichtsvoller Umgang mit der Umwelt und unseren Ressourcen erreicht werden. In diesem Sinne sind Regenwald, gesundes einheimisches Obst und Gemüse, Reinigungsmittel und ihre Umwelteinflüsse und Energie Themen an der Schule.Die 4. Stufe schreibt jeden Monat einen Klimatipp in das Klimaheft und heftet diesen an die Pinnwand. Außerdem werden Berichte, Zeitungsausschnitte und Bilder für das Klimaheft gesam-

melt und eingeklebt. Einen Monat lang arbeiteten die SchülerInnen mit dem Arbeitsheft: „Dem Klimaschutz auf der Spur“. Aus Anlass des Atomunfalls in Japan wurde auch über Atomkraft-werke und Japan gesprochen.

Begreifen und Anschauen ...… konnten die Kinder Natur und Umwelt bei Projekttagen im Südburgenland, bei einer Trekking-Tour durch‘s Moor in Rohr, beim Besuch einer Gärtnerei oder der Naturwerkstatt in Marz. 2011 wurde ein Schul-Lerngarten ange-legt. Aus der selbstgezogenen Zitronen-melisse stellten die Kinder einen eige-

Foto

s: P

VS Le

ithap

rode

rsdo

rf

nen Sirup her. Eltern und SchülerInnen setzten heimische Sträucher und versa-hen sie mit Namensschildern aus Holz. Zu Weihnachten wurde ein christbaum für die Vögel aufgestellt. Nistkästen, Kräuterspirale und Insektenhotels wer-den heuer folgen. Die Kinder studierten das Umweltmusical „Pablo, der kleine Wassertropfen“ ein und präsentierten dies beim Schulfest.Batterien und Druckerpatronen werden an der Schule gesammelt und Akkus bevorzugt. Beim heurigen Kreativtag ba-stelten die Kinder Schmuck aus Kaffee-Kapseln und Windräder aus alten Pla-stikflaschen. „Wir planen für den Autofreien Tag 2012 eine Aktion mit der Gemeinde, wo wir am Vormittag die Straße absperren und einen Teil davon bemalen“, so Direkto-rin Eveline Kinberger. Maria HaWle

info! www.klimabuendnis.at/schulen

Die Eine-Million-Marke allein für Österreich konnten wir 2011 noch nicht überspringen. Viel-leicht schaffen wir dies mit Ihrer Hilfe in einem zweiten Anlauf.Jeder zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmit-teln zurück gelegte Schul- bzw. Kindergartenweg zählt – und ist dazu noch gesund und schützt das Klima.Machen Sie mit und helfen Sie den Rekord zu erreichen. Die Kindermeilen-Kampagne startet im März und läuft bis 12. Novem-ber. Wir unterstützen mit den

bewährten Gratis-Materialien (Sammelalben, Klimameilen-Sticker), einem Aktionsheft, Elternbrief und Workshops.

INFO! www.klimabuendnis.at/kindermeilen

Kindermeilenkampagne 2012

VS LeithaprodersdorfSchulgasse 4, 2443 Leithaprodersdorf • Mitglied seit: 2009Klimabündnis-Koordinatorin: Verena Plattensteiner www.vs-leithaprodersdorf.at

Upcycling: Beim heurigen Kreativtag bastelten die Kinder Schmuck aus Kaffee-Kapseln und Windräder aus alten Plastikflaschen.

„Schulen mobil“ ist eine Vernetzungsplattform für Pä-dagogInnen zur Förderung klimafreundlicher Mobilität in Schulen. Mit Fortbildungsmaßnahmen, Informa-tionsangeboten, Unterrichtsmaterialien und einem Medienkoffer werden wichtige Themen wie Fuß- und Radverkehr, öffentlicher Verkehr und Verkehrssicherheit spielerisch und kindgerecht aufbereitet und vermittelt. Grenzüberschreitende VernetzungEine Projekt-Homepage (www.schulenmobil.at) infor-miert kontinuierlich über alles Wissenswerte zu Ange-bot und Aktivitäten und bietet Downloadmöglichkeiten für PädagogInnen. Für SchülerInnen finden grenzüber-greifende Schulprojekte sowie ein internetbasierter Austausch statt. Der Folder „Schulen mobil“ bietet einen Überblick über in Tirol und Südtirol verfügbare Schulan-gebote zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität.

Schulen mobil ...Interreg-Projekt zur Förderung klimafreund-licher Mobilität in Tirol und Südtirol

Page 11: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

11klimakommunal

Neubau ist der drittkleinste Bezirk in Wien, beim Klimaschutz zählt

er aber zu den größten: In keinem an-deren Bezirk kommen mehr Arbeitneh-merInnen umweltfreundlich zu ihrem Arbeitsplatz. „Wir fördern konsequent das Radfah-ren sowie Zu-Fuß-Gehen und gestalten auch die Öffi-Nutzung attraktiver“, so Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger. Konsequenz machte sich auch im Ener-giebereich bezahlt. Diesen März wurde ein langgehegter Plan realisiert: Das Amtshaus in der Hermannsgasse wur-

de mehr als sieben Jahre nach Antrag-stellung auf Ökostrom umgestellt.

BürgerInnen machen mitIn die Klimaschutzaktivitäten werden auch die BürgerInnen im Siebenten eingebunden – und für diese kann sich ein Engagement finanziell bezahlt ma-chen. Seit 2008 wird alle zwei Jahre der Neubauer Klimaschutzpreis KLIP 7 vergeben. Dieser ist ein gemeinsames Projekt aller politischen Fraktionen der Bezirksvorstehung in Kooperation mit dem Klimabündnis. Blimlinger:

Klimaschutz ist keine Frage der Größe. Bestes Beispiel ist der Klimabündnis-Bezirk Wien-Neubau.

Das Mikroklima im Siebenten

Mikroklima mitten im Siebenten: Bis 23. Mai können Klimaschutzprojekte zu diesem Thema eingereicht werden. Die besten werden mit dem KLIP 7 prämiert.

„ Wir wollen Klimaschutzprojekte im Be-zirk sichtbar machen und damit zeigen, dass Klimaschutz uns alle angeht.“

Klimaschutzpreis KLIP 7Beim Klimaschutzpreis KLIP 7 werden Projekte und Ideen mit insgesamt 7.000 Euro prämiert. Das diesjährige Motto passt zum Bezirk: Mikroklima. „ Jeder Beitrag zur Verbesserung des lo-

kalen Klimas soll belohnt werden und hat die Chance, ausgezeichnet zu wer-den: Vom Kräuterkisterl am Fenster-brett über den bepflanzten Innenhof bis zur großflächigen Fassadenbegrü-nung oder der Urban Farm am Dach“,

beschreibt Blimlinger den Rahmen für den dritten KLIP 7. Mitmachen können Personen, Unter-nehmen, Organisationen, Bildungs-einrichtungen sowie Arbeitsgruppen, die in Neubau bereits Klimaschutz-Projekte durchgeführt oder umgesetzt haben, gerade durchführen oder noch durchführen werden. Einsendeschluss ist der 23. Mai.

Klimabündnis-BezirkeWieden trat 2007 als erster Wiener Bezirk dem Klimabündnis bei. Ein Jahr später folgten Neubau und Hietzing. 2010 trat die Josefstadt bei. Die Stadt Wien ist bereits seit 21 Jahren Mitglied im Klimabündnis. Hannes Höller

info! www.klip7.at www.wien.gv.at/bezirke/neubau

Foto

: Klim

abün

dnis

Tiro

lFo

to: L

isa S

perb

er

Ein Schulangebot im Rahmen des Interreg-Projekts „Schulen mobil“ ist der Malwettbewerb „Crazy Bike“.

Das Projekt „Schulen mobil“ wurde im Sommer 2010 von Klimabündnis Tirol, dem Ökoinstitut Südtirol/Alto Adige, dem Kuratorium für Verkehrssicherheit/Landesstelle Tirol, der Gemeinde Valvasone/Lokale Agenda 21, dem Land Tirol und der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol gestartet und wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung – INTERREG IV-A-Projekte Italien Österreich gefördert.

INFO! www.schulenmobil.at • www.klimabuendnis.at/tirol

Name: 7. Bezirk, NeubauBundesland: WienLage: Neubau gehört zu den inneren Bezirken Wiens und ist mit einer Fläche von 1,6 km2 der drittkleinste Wiener Bezirk.

EinwohnerInnen: 30.392Klimabündnis-Bezirk: seit 2008Mitglied bei Slowfood: seit 2008Bezirksvorsteher: Thomas Blimlinger

Zum Bezirk

Page 12: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

12 klimanewsAb

bild

ung:

htt

p://

eart

hobs

erva

tory

.nas

a.go

v/IO

TD/v

iew

.php

?id=7

7465

Jahres-Bilanz 2011 • national Es war ein Winter extremer Unterschiede: Der Dezember war unge-wöhnlich warm und schneearm, der Jänner ebenso warm aber schneereich – der Febru-ar dagegen ungewöhnlich kalt. In Summe: ein fast normaler Winter. Der Blick aufs Detail zeigt anderes: Im Süden Österreichs schneite es weniger als die Hälfte eines durchschnittlichen Winters. An der Nordsei-te der Alpen gab es stellenweise doppelt so viel Schnee wie im langjährigen Mittel. 8 www.zamg.ac.at

• global 2011 war das elftwärmste Jahr seit Beginn regelmäßiger Messungen 1850. Seine mittlere Temperatur lag bei 14,4 Grad celsius – 0,4 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Dass 2011 relativ kühl ausfiel, lag an einem Wetterphäno-men im Pazifik, der so genannten La Niña. Sie bedingt kühleres Meerwasser, hatte unter anderem eine Dürre in Ostafrika und Überflutungen in Australien zur Folge und wirkte in der globalen Temperaturbilanz stark kühlend. 8www.wmo.int/pages/mediacentre/news

cHristian salMHofer | andreas strasser

Wald & Klimawandel • Wald spielt im Klimaschutz eine bedeutende Rolle und ist zugleich vom Klimawandel in besonderem Maß betroffen. Im Dossier „Waldwirtschaft im Klimawandel“ formuliert die cIPRA, das europäische Netzwerk für den Alpenschutz, Forderungen und zeigt vorbildliche Beispiele einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Naturnahe Wälder müssen die Antwort auf den Klimawandel sein. Download unter: 8 www.cipra.org

Sommer im Winter • Seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen 1872 gab es im Zentralraum und im Osten der USA im März keine so hohen Temperaturwerte. In einigen Regionen kletterte das Thermo-meter auf Tageshöchstwerte bis zu 30° celsius und sank auch in den Nachtstun-den nur auf 17° ab. Die Temperaturen lagen dabei um bis zu 15° über Normalwerten. Zwischen 13. und 20. März verzeichnete man an über 1.000 Messstellen neue Tem-peraturrekorde. Als Rekord gilt auch, dass Spitzenwerte noch nie über einen so lan-gen Zeitraum gemessen wurden.8 www.climatecentral.org

europäischen Seite der Arktis blieben 2011 bis lang in den Herbst eisfrei, zwi-schen Grönland und Kanada froren sie hingegen rasch zu. Dort entstand sich ein riesiger Kaltluftsee, an dessen Rän-dern sich bei Neufundland Tiefdruckge-biete bildeten. Diese gelangten über den

Extremwetter • Der Klimawandel än-dert vieles: Jahreszeiten verschieben sich, die Tornadoperiode beginnt früher, extre-me Wetterereignisse häufen sich und fallen stärker aus. Die Zahl der Naturkata-strophen, das zeigen Daten des weltweit größten Rückversicheres, der Munich Re, dem es v.a. um die finanziellen Folgen geht, hat sich allein in Deutschland in den letz-ten 4 Jahrzehnten mehr als verdreifacht. 2011, so die Rückversicherer, war das bisher teuerste Katastrophen Jahr, was auch von den Vereinten Nationen bestätigt wurde. 8 www.extremwetterkongress.de 8 www.munichre.com

Nordatlantik nach Europa und sorgten im Zuge von Nordwestwetterlagen ab Dezember in den Nordalpen für anhal-tende Schneefälle. Im Süden Österreichs fehlen dagegen seit November nieder-schlagsreiche Wetterlagen aus Südwest- bis Südost. cHristian salMHofer

info! www.uni-graz.at/geowww

Was der Eisschwund im Norden mit uns zu tun hat ...

Satellitenbilder zeigen den Eisschwund in der Arktis, den wir jetzt schon spüren – Kärnten und Steiermark trocknen aus.

0

50

100

150

190

Leib

nitz

Gra

z

Fürs

tenf

eld

Bad

Radk

ersb

urg

Zelt

weg

Niederschlagsmengen imlangjährigen Vergleich

Niederschlag in mm 2011/2012

Langjähriges Mittel in mm

Temperaturabweichungen in ° CelsiusHistorische Temperaturrekorde in den USA.

klima & wetter • News aus den Archivenklima & wetter • News aus den Archiven

2011 schmolz so viel Meereis der Arktis wie noch nie seit es Messungen gibt. Und weitere Rekorde stehen bevor, da die ältesten Eisschichten schneller schmelzen als jüngere. Während die mit einjährigem Eis be-deckte Fläche pro Jahrzehnt nur 13,5 Prozent einbüßte, verminderte sich jene mit mehrjährigem Eis um 17,2 Prozent. So wird die arktische Eiskappe noch ver-wundbarer – denn das mehrjährige Eis ist zugleich auch das dickste.Dadurch änderte sich auch die Ver-teilung der Kaltluft. Auf den eisfreien Flächen ist es wärmer als auf den eis-bedeckten. Dort bilden sich Kaltluft-seen, was auch das Wetter in Europa beeinflusst. Die Meeresflächen auf der

Abbi

ldun

gen:

htt

p://

eart

hobs

erva

tory

.nas

a.go

v - m

onta

ge: a

.s.Gr

afik

: a.st

rass

er -

Que

lle: w

ww

.uni

-gra

z.at/

geow

ww

Page 13: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

13

Zur Neuauflage der Konferenz von Rio 1992 Mitte Juni des Jahres wird von der UNEP (dem Umweltprogramm der Ver-einten Nationen) „green economy“ als DIE Lösung forciert. Kritiker sprechen von einer Leerformel und befürchten business as usual unter „grünem Mäntelchen“. Was erwarten Sie von Rio+20?Bei Etikettierungen ist Vorsicht gebo-ten. Das führt in der ohnehin schwie-rigen Diskussion zu Missverständnis-sen. Ganz persönlich denke ich, es geht darum, einen globalisierungsfähigen Wirtschaftsstil zu finden. Freilich, viel Neues ist nicht zu sehen – auch junge Industriestaaten, Südkorea etwa, ori-entieren sich an alten Modellen.

Das heißt Wachstum um jeden Preis?Auf einem Planeten mit in vielerlei Hinsicht über die gerade noch erträg-lichen Grenzen hinaus ausgebeuteten Ressourcen geht das natürlich nicht. Wir müssen in den Bereichen Energie

und Ernährung dringend wesentliche Schritte nach vorne machen. Das The-ma Wasser bekommt eine ganz funda-mentale Bedeutung, wie auch Fragen zum Thema Ernährung. Die FAO schlägt Allarm: In der aktuellen Situation sind größere Missernten nicht ohne weiteres zu verkraften.

Gerade im Bereich Energie geben die Trends den Kritikern recht: Nach Fukushi-ma sind Gasdampfkraftwerke en vogue, andererseits sollen AKWs fossile Energie-träger zurückdrängen und beim Beispiel der Agro-Treibstoffe ist das nicht anders.Es gibt in der Tat sehr viel Bewegung in falsche Richtungen. Grundsätzlich geht es darum, den Energieverbrauch zu re-duzieren – was machbar ist: allein im Bereich Gebäudesanierung, Bauwesen, Wohnbauförderung. Lösungen sind auch im Bereich Mobilität gefragt: dabei geht es nicht nur um Treibstoffverbrauch und -qualität. Da sind große Sprünge nötig. Die beginnen bei der Attraktivierung aller Bewegung, die mit Muskelkraft und mit Öffis möglich ist, aber auch bei Konzep-ten, die schon bei der Raumplanung an-setzen. Wie wir wohnen, wie wir uns be-wegen – das sind zwei Schlüsselbereiche.

Vielen Änderungswünschen stand zumin-dest bisher immer die Drohung „das kostet Arbeitsplätze!“ gegenüberEs ist die Frage, ob es z.B. sinnvoll und leistbar ist, weiterhin durch Subventi-on des Braunkohleabbaus Arbeitsplät-ze zu sichern oder „green jobs“ zu einer nachhaltigen Existenz zu verhelfen.

Und dann stellt sich die Frage, ist das angesichts der Krise überhaupt leistbar?Hier braucht es innovative Finanzierungs-mechanismen, die Zeit zum Aufbau und Wirksamwerden benötigen. Vergleichbar ist so etwas mit Wiederaufbauprogram-men nach dem Zweiten Weltkrieg.

Für die sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländer heißt es, könnte sich so der Druck enorm vergrößern.Das ist richtig. Zugleich muss man aber auch die chancen sehen. Denn die Mög-lichkeit, Umwege, die wir uns geleistet haben, überspringen zu können, kann wesentliche Vorteile und Effekte brin-gen. Eine Photovoltaikanlage eröffnet in einem Entwicklungsland quasi eine neue Welt.

Ihre Empfehlung für die NGOs, für das Klimabündnis in Richtung Rio+20?Das Klimabündnis kann mit seinen Part-nern einiges in Sachen Zukunftsfähig-keit vorweisen. Wichtig ist, sich bei allen Vorhaben der Frage zu stellen, inwieweit etwas in größere Zusammenhänge über-tragbar ist, welche Wirkungen es woan-ders und für andere hat oder auslöst. Wir haben nur einen Planeten ...

*) Mitarbeit: Emil Benesch, Hannes Höller

green economy: Worthülse oder Chance?Ökonom Stefan Schleicher im klimabündni-Gespräch mit Andreas Strasser*)klimabündnis

Stefan SchleicherÖkonom am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel an

der Universität Graz, Konsulent am Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Mitbe-gründer des Österr. Klimabeirates (Austrian council on climate change). INFO! stefan.schleicher.wifo.at www.uni-graz.at

Zur Person

Foto

: priv

at

Colla

ge: a

.stra

sser

• Q

uelle

n: h

ttp:

//ea

rtho

bser

vato

ry.n

asa.

gov –

UN

EP-S

ujet

gre

en e

cono

my

klimapolitik

Wichtige links: www.unep.org/greeneconomywww.green-economy.dewww.rioplus20.at

„ Wie wir wohnen, wie wir uns bewegen – das sind Schlüsselbereiche.“

Page 14: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

14

Beim Zusammenfluss von Donau und Drau, im Naturpark Kopački Rit

nahe der kroatischen Stadt Osijek liegt die wertvollste Auenlandschaft der ge-samten Donau. Hier hat der Seeadler sein größtes Vor-kommen in ganz Europa (70 Brutpaare) und wurde eine verschollen geglaubte Störart namens „Glattdick“ erst kürzlich wieder gefangen. Kroatien selbst hat das Kopački Rit als Kernzone des inter-nationalen UNEScO-Biosphärenparks „Mur-Drau-Donau“ vorgeschlagen, der 2013 eröffnet werden soll.

Donau droht RegulierungEin Fluss und seine Feuchtgebiete - als Wasserspeicher, Hochwasserschutz und Rettungsinsel der Artenvielfalt in Zeiten des Klimawandels unverzichtbar.

Eine Information der Europapartnerschaft, fi nanziert aus Mitteln der Europäischen Union.

Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, gehört zu werden.

Ab 1. April 2012 steht in Europa ein neues Instrument für direkte Demokratie zur Verfügung. EU-Bürgerinnen und -Bürger können von der EU-Kommission eine konkrete Gesetzesvorlage verlangen. Dafür braucht es in Zukunft:

• mindestens eine Million Unterschriften innerhalb eines Jahres• aus mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten und• je nach Einwohnerzahl eines Landes eine Mindestzahl an

Unterschriften (für Österreich z. B.: 14.250).

EUROPÄISCHEBÜRGERINITIATIVE

Neu ab AprilEine Information der Europapartnerschaft,

Werden Sie aktiv! Wir unterstützen Sie dabei: ebi.zukunfteuropa.at

50.000 Hektar einzigartige Fluss-landschaft stehen am „Amazonas Europas“ auf dem Spiel.

Dieser Donauabschnitt soll nun re-guliert und von der Au abgetrennt werden. Das würde den dynamischen Austausch des Wassers zwischen dem Fluss und seinen Auen verhindern. Arno Mohl, WWF-Flussexperte: „Die Auen trocknen aus, wenn die Donau re-guliert und in einen toten Schifffahrts-kanal verwandelt wird.“ Mittlerweile haben sich über 20.000 Menschen aus ganz Europa mittels Pe-tition an die kroatische Umweltmini-sterin gewandt. Sie hat im Rahmen der laufenden Umweltverträglichkeitsprü-fung das letzte Wort. eMil BenescH

INFO! www.amazon-of-europe.com/petition-de

www.wwf.at/mur-drau-donau-petitionFoto

: Mar

io R

omul

ic

Beza

hlte

Ein

scha

ltung

Die Klimabündnis-Gemeinde Wolkers-dorf (NÖ) hat einstimmig einen Be-

schluss gegen den geplanten Schiefergas-abbau auf Gemeindegebiet gefasst – „da Beeinträchtigungen für die Gesundheit der Menschen und der Umwelt nicht ausge-schlossen werden können“. Gleichzeitig wurde eine Resolution an die Finanzministerin, den Wirtschafts- und Umweltminister sowie alle Nati-onalratklubs verfasst, den Schiefergas-abbau im Weinviertel zu verbieten. „ Der Weg aus der Klimakrise führt über

Energieeffizienz und den Ausbau der Erneuerbaren, und nicht über die im-mer gefährlichere Ausbeutung fossiler Rohstoffe“, so Peter Molnar vom Kli-

mabündnis. Hannes Höller

INFO! www.weinviertelstattgasviertel.at

Gemeinde gegen Schiefergas

Foto

:Hel

ene

Wal

dner

Page 15: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

Eine Information der Europapartnerschaft, fi nanziert aus Mitteln der Europäischen Union.

Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, gehört zu werden.

Ab 1. April 2012 steht in Europa ein neues Instrument für direkte Demokratie zur Verfügung. EU-Bürgerinnen und -Bürger können von der EU-Kommission eine konkrete Gesetzesvorlage verlangen. Dafür braucht es in Zukunft:

• mindestens eine Million Unterschriften innerhalb eines Jahres• aus mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten und• je nach Einwohnerzahl eines Landes eine Mindestzahl an

Unterschriften (für Österreich z. B.: 14.250).

EUROPÄISCHEBÜRGERINITIATIVE

Neu ab AprilEine Information der Europapartnerschaft,

Werden Sie aktiv! Wir unterstützen Sie dabei: ebi.zukunfteuropa.at

klimatipps 15

Das Klimabündnis ist Partner im EU-Projekt NETcOM. Ziel des Pro-

jekts ist es, Städten und Gemeinden, die dem Bürgermeisterkonvent (co-venant of Mayors) beitreten, eine Platt-form zu Vernetzung und Erfahrungs-austausch zu bieten. Der Bürgermeisterkonvent ist seit 2008 zu einer großen europäischen Initiative mit über 3.700 BürgermeisterInnen he-rangewachsen. In Österreich sind bisher 12 Gemeinden beigetreten.

Die Auftaktveranstaltung zur cove-nant of Mayors Netzwerkplattform findet am 18. April im Rahmen der Kli-

mabündnis Jahres-Konferenz in Hall in Tirol statt. NETcOM bringt Netzwerke aus 12 Re-gionen Europas zusammen, die mit der Umsetzung des Konvents in ihren Ländern befasst sind. Das Projekt wird bis November 2013 aus Mitteln der Eu-ropäischen Kommission gefördert.

friedricH Hofer

INFO! www.klimabuendnis.at/netcom www.networkingcovenantofmayors.eu

NETCOM – Networking the Covenant of Mayors

INSTITUT FÜR ÖKOLOGISCHE

WIRTSCHAF TSFORSCHUNG

SCHWERPUNKT

STANDPUNKT

Wer bezahlt die Energiewende beiWohngebäuden?

AKTUELL

Wissenschaftsjahr2012: Wissen als Basisfür Innovationen

NEUE KONZEPTE

Re-Produktionsketten für eine zukunftsfähigeRegionalwirtschaft

Klimaschutz durchenergetische Gebäudesanierung

Ansätze und Instrumente fürklimafreundlicheGebäude

www.ioew.de | www.voew.deISSN 1430-8800 | B 14336

20121

Gier nach ÄckernSeit der Finanzkrise gilt die Investition in Ackerflä-chen als krisensicher. Energie-, Rohstoff- und Finanz-konzerne kaufen und pachten Land in Afrika, Asien, Osteuropa, Südamerika, wo Boden für Nahrungsmit-tel knapp wird. Wer Futtermittel, volle Supermarktre-gale aus industrieller Landwirtschaft und sogenann-ten „Bio“-Sprit braucht, unterstützt die Jagd.

Wilfried Bommert BodenrauschDie globale Jagd nach den Äckern der WeltEichborn Verlag, Köln 2012 368 Seiten • € 19,99 • ISBN 978-3847900054

Neue WegeUm die Abhängigkeit von der „Droge Wachstum“ zu über-winden, gelten grünes Wachstum und nachhaltiger Kon-sum als Königsweg. Umweltökonom Paech hält das für Augenauswischerei. Er fordert in seinem Gegenentwurf die Einschränkung industrieller Wertschöpfungsprozesse und die Stärkung regionaler Selbstversorgungsmuster – die wären stabiler und ökologisch verträglicher.

Niko PaechBefreiung vom ÜberflussAuf dem Weg in die Postwachstumsökonomieoekom Verlag, München 2012 • www.oekom.de 144 Seiten • € 14,95 • ISBN 978-3865811813

klimathek

Bewusster Konsum Immer mehr Verbraucher legen Wert auf nachhal-tige Produkte, die Einhaltung von Sozialstandards und faire handelsbeziehungen. Welche Bedeutung hat diese Verantwortung für die Entwicklung der Martwirtschaft und der Konsumgesellschaft? Die Autoren loten Grenzen des Business as usual und Chancen für eine nachhaltige Zukunft aus.

Heidbrink/Schmidt/Ahaus (Hrsgb.)Die Verantwortung des Konsumenten Über das Verhältnis von Markt, Moral und KonsumCampus Verlag 2011 • 329 Seiten • € 34,90 • isbn 978-3593395371

Besser Wirtschaften ...Wer mit Schlagworten nicht zufrieden ist und wissen will, wie Wirtschaft nachhaltig gestaltet werden kann, Neues aus ökologischer Wirtschaftsforschung sucht und aktuelle Entwicklungen verfolgen möchte, wird in der Zeitschrift Ökologisches Wirtschaften fündig. Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe ist der Klimaschutz durch Gebäudesanierung.

Ökologisches Wirtschaften 1-2012Klimaschutz durch energetische Gebäudesanierungoekom Verlag, München 2012 • www.oekom.de 64 Seiten • € 17,40 • ISBN 978-3865811813 • erscheint 4 mal jährlich

Beza

hlte

Ein

scha

ltung

17. - 18.04., Hall (Tirol)Klimabündnis-JahreskonferenzKlimabündnis Österreich-Jahreskonferenz. Die Zukunft der Gemeinde. Energieeffizienz – Mobilität – Bürgerbeteiligung.

18.04. Auftakt zur covenant of Mayors Netzwerkplattform

8 www.klimabuendnis.at

Foto

:Hel

ene

Wal

dner

04. - 05.05., BundesweitTag der Sonne8 www.tagdersonne.at

klimatermine

07. - 08.05., Kirchberg a.d. Pielach (NÖ) 13. - 14.06., Seeham (Salzburg)Lehrgang KommunaleR BodenschutzbeauftragteR8 www.klimabuendnis.at www.bodenbuendnis.or.at

23. - 26.05., St. Gallen (Schweiz)Klimabündnis-JahreskonferenzKlimabündnis Europa-Jahreskonferenz. Weg vom Wachstum Wege zur 2000-Watt-Gesellschaft

8 www.klimabuendnis.org

31.05., St.Pölten und01.06., Záhorská Ves (Slowakei)Bodenbündnis-Jahrestagung12. Jahrestagung des Europäischen Boden-bündnis (ELSA) und SONDAR-TagungFachtagung zum Thema Bodenerosion und Bodenqualität

8 www.unserboden.at

NIN

A O

BERB

UCH

ER |

CHRI

STIA

N S

ALM

HO

FER

| AN

DRE

AS S

TRAS

SER

Page 16: Klimabündnis Zeitschrift Frühjahr 2012

RETO

URE

N A

N P

OST

FACH

555

, 108

0 W

IEN

Foto

s: A

rchi

v Kl

imab

ündn

is Ö

ster

reic

h, A

ndi B

ruck

ner

Betriebe im Bündnis