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Klinische Frage Bei der weiteren Abklärung der Patientin ergibt die Laboranalytik folgendes Bild: Norm LH 15 mIU/ml (2-10) FSH 7 mIU/ml (2-10) E-2 33 pg/ml (> 40) Prolaktin 15 ng/ml (100-450) Testosteron 1.4 ng/ml (0.2-0.5) DHEAS 4.22 g/ml (0.8-3.6) SHBG 62 nmol/l (30-90) TSH 0.61 IU/ml (0.4-3.0) fT4 18.1 pmol/l (10-25) Wie interpretieren Sie die Befunde? Ist für Sie jetzt ein PCO-Syndrom gesichert?

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Klinische Frage

Bei der weiteren Abklärung der Patientin ergibt die Laboranalytik folgendes Bild:

NormLH 15 mIU/ml (2-10)FSH 7 mIU/ml (2-10)E-2 33 pg/ml (> 40)

Prolaktin 15 ng/ml (100-450)Testosteron 1.4 ng/ml (0.2-0.5)DHEAS 4.22 g/ml (0.8-3.6)SHBG 62 nmol/l (30-90)TSH 0.61 IU/ml (0.4-3.0)fT4 18.1 pmol/l (10-25)

Wie interpretieren Sie die Befunde?Ist für Sie jetzt ein PCO-Syndrom gesichert?

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PCO-Syndrom

Chronische Anovulation Sonographisch polyzystische

Ovarien Klinische und biochemische

Hinweise auf Hyperandrogenämie Erhöhte Serum-Androgene (T, AD,

DHEAS) Androgenisierungserscheinungen,

androide Adipositas Insulinresistenz

Symptomentrias des PCO-Syndroms: Mindestens 2 von 3 Kriterien erfüllt

Rotterdamer Konsensuskonferenz 2003

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PCO-Syndrom:Sonomorphologie der

Ovarien

Fibrotische Verdickung des Cortex Multiple atretische Follikel Verdicktes Stroma ovarii

Sono-Morphologie der Ovarien

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PCO-Syndrom

Zusammenfassung der hormonellen Merkmale

Androgenexzeß (freies und gesamtes Testosteron erhöht) hoher LH-Spiegel, normaler FSH-Spiegel hoher LH/FSH-Quotient exzessive LH-Sekretion nach GnRH-Applikation relative Insulinresistenz, Hyperinsulinämie Evtl. begleitende Hyperprolaktinämie

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PCO-Syndrom

Endokrinologische Hinweise: 8 % aller Frauen im fertilen Alter (NIH-Kriterien,

Yen 1990) Sonographische Ovarveränderungen: 22 % aller Frauen im fertilen Alter

(NIH-Kriterien, Franks, 1992) Nach Rotterdam-Klassifikation

10-25 % aller Frauen im fertilen Alter(Norman et al. 2007)

Prävalenz der Erkrankung

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Ursachen des PCO-Syndroms Komplexe, heterogene Erkrankung durch genetische

und Umweltfaktoren

Mehrere genetische Polymorphismen(Aromataseaktivität, Insulinsensitivität)

„Fetal Programming“ Ovarielle Übersekretion

z.B. Hyperthecosis ovarii Adrenale Übersekretion von Androgenen (AGS) Übergewicht Einnahme bestimmter Medikamente Lebensstilvariablen

Norman et al. Lancet 2007

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Ursachen des PCO-Syndroms

Hohe Insulinspiegel sind mitverantwortlich für die Erhöhung der Serumandrogene.

Bis zu zwei Drittel der Frauen mit PCOS sind übergewichtig.

Lord JM, et al. Cochrane Review. In: The Cochrane Library, Issue 3, 2003. Oxford: Update Software.

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PCOS und Übergewicht

Frauen mit PCOS haben ein signifikant erhöhtes Risiko für:

» Exzessive Gewichtszunahme » Schwangerschaftsdiabetes » Schwangerschaftshochdruck» Präeklampsie

– Meher S, Duley L. Exercise or other physical activity for preventing preeclampsia and its complications. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 2. Art. No.: CD005942..

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Adipositas und metabolisches Syndrom

Risikofaktoren für metabolischesSyndrom und PCO-Syndrom:

- Genetische Disposition- Defekte in der Insulin-Sensitivität- (Androide) Adipositas!

25 % der PCO-Frauen sind übergewichtig 42 % der PCO-Frauen sind adipös

Norman et al. Lancet 2007

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Adipositas und metabolisches Syndrom im

Jugendalter

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Kurz gefasst

Das PCO-Syndrom ist

nicht nur eine gynäkologische Erkrankung mit chronischer Anovulation und Sterilität

sondern auch ein prädisponierender Faktor für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms

Umgekehrt: Das metabolische Syndrom ist einer der höchsten Risikofaktoren für die Entwicklung eines PCO-Syndroms

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Langzeitkonsequenzen eines PCO-Syndrom

Auswirkungen Adoleszenz Fertile Jahre Menopause

Gynäkologisch Prämature Adrenarche Zyklusstörungen VerzögerteFrühe Menarche Hirsutismus, Akne Menopause?

Sterilität, AborteEndometrium-KarzinomSchwangerschafts-komplikationen

Metabolisch Adipositas Adipositas AdipositasMet. Syndrom Met. SyndromTyp II Diabetes Typ II DiabetesDyslipidämie Dyslipidämie

Andere Schlaf-Apnoe Kardiovask.Fettleber KomplikationenOrthopädische Probleme

nach Rosenfield, JCEM 2007 Depressionen

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Folgen eines PCO-Syndroms

Bis zum Zeitpunkt des Klimakteriums und danach weisen Frauen mit PCO-Syndrom eine vielfach höhere Inzidenz an

- Hypertension- Diabetes mellitus- gynäkologischen Malignomen- ein höheres Risiko an

kardiovaskulären Erkrankungen auf. Hadziomerovic et al. Gynäkologe 2007

Einbuße an Lebensqualität und Lebenserwartung!

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Warum Prävention des PCO-Syndroms?

Ziel aller Präventionsmaßnahmen muss sein, dass die PCO-Patientin einen Vorteil für ihre

» Gesundheit » Lebensqualität» Verhinderung der Langzeitkonsequenzen» Lebensverlängerung?

erhält!

McTigue et al. Screening and Interventions for Obesity in Adults: Summary of the Evidence for the U.S. Preventive Services Task Force. Annals 2003. 139(11):933-49

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Fragen: Prävention des PCO-

Syndroms?

Welche Mädchen oder Frauen haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines PCO-Syndroms?

Gibt es körperliche, sonografische oder endokrinologische Auffälligkeiten, die Mädchen oder Frauen für die Entwicklung eines PCO-Syndroms prädisponieren?

Woran können wir Frauen mit hohem Risiko identifizieren, welche Untersuchungen sind dazu notwendig und sinnvoll?

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Risikofaktoren für PCO-Syndrom

Antenatal Kindheit Adoleszenz Erwachsen

Hohes Geburtsgewichtbei übergewichtiger MutterKonnat. AndrogenisierungNiedriges Geburtsgewicht

Prämature PubarchePrämature AdrenarcheÜbergewicht

ÜbergewichtAcanthosis nigricansMetabolisches Syndrom Übergewicht

Metabolisches SyndromAkneHirsutismus

nach Rosenfield, JCEM 2007 Anovulation

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Sonomorphologie der Ovarien während der Pubertät: Unsicher!

Erhöhte Serum-Werte des Testosterons bei Töchtern von PCO-Müttern: >50 % Korrelation!

Metabolisches Syndrom bei Vater oder Mutter: Hohe Korrelation!

Exzessive Sekretion von 17 OH-Progesteron auf GnRH-Stimulation (Ovarielle Dysfunktion)

Prädiktivfaktoren für PCO?

Rosenfield JCEM 2007

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Früherkennung des PCO-Syndrom

Erkennen von Übergewicht und Verteilungstyp: Gewichtskontrolle, BMI, Waist-Hip-Ratio, Taillenumfang

Erkennen von Androgenisierungserscheinungen Endokrine Diagnostik bei

Vorliegen klinischer Stigmata (Hirsutismus, Adipositas)

Endokrine und sonographische Diagnostik bei persistierenden Zyklusstörungen

Bestimmen von Risikoindikatoren: Triglyzeride, HDL Glukosetoleranz und Insulinresistenz testen bei Vorliegen hoher

Testosteron-Serumwerte

Screening auf das Vorliegen polyzystischer Ovarien (Cave: Normale Pubertätsentwicklung!)

Welche Untersuchungen sind sinnvoll?

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oGGT mit Insulinbestimmung

Oraler Glucosetrunk mit Zuckerbestimmungen nach 1 und 2 Stunden

Blutzucker und Insulin nüchtern Blutzucker und Insulin 1 und 2 Stunden nach OGT

Merke: Die Diagnostik der Insulinresistenz ist nicht nach Klasse I bewiesen, da nicht belegt ist, dass der früh Getestete einen Gesundheitsvorteil erreicht.

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Interpretation des oGGT

Die gestörte Glukosetoleranz ist bei ca. 20% der Übergewichtigen zu finden. Dies gilt bereits für Kinder und Heranwachsende.

Gestörte Glukosetoleranz (2 Stundenwert des Blutzuckers zwischen 140 und 199 mg/dl) ist sensitiver als gestörter Nüchternwert (110 [100]-126 mg/dl).

Bei gestörter Glukosetoleranz wird in randomisierten kontrollierten Studien ein Progressionsrisiko zum Diabetes von 10% jährlich gefunden.

ESC & EASD, Istanbul 09/2006

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Prävention des PCO-Syndroms

keine kausale Therapie des PCO-Syndroms sondern durchbricht zeitlich befristet die

klinische Symptomatik polyzystischer Ovarien

Die Einnahme von Ovulationshemmer ist

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PCO-Syndrom

Gewichtsreduktion Bewegung / Sport Hormonale Suppressionsbehandlung

(Ovulationshemmer, Kortikosteroide) Insulin-Sensitivierung

Prävention analog Behandlung des PCO-Syndroms:

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Zusammenfassung

Es ist möglich, eine Gruppe von präpuberalen oder puberalen Mädchen zu definieren, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines PCO-Syndroms haben

Je früher die Intervention beginnt, desto sicherer ist eine mögliche Prävention des PCO- und metabolischen Syndroms

Hauptrisikofaktoren für ein PCO-Syndrom sind Adipositas, frühe Androgenisierung und chronische Anovulation

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Zusammenfassung Eine Prävention soll so früh wie möglich

beginnen: Denn sie soll sowohl die Etablierung des PCO-Syndroms wie seine gynäkologischen, metabolische und anderen Langzeitkonze-quenzen verhindern!

Als wichtigste Präventivmaßnahme gilt die Lebensstiländerung (Bewegung, Gewichts-reduktion, Ernährung)

Zusätzliche Präventivschritte sind die Einnahme von Ovulationshemmer sowie Anwendung von Antiandrogenen und Insulinsensitizern (Metformin)

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Zusammenfassung

Es fehlt jedoch an ausreichender Evidenz, ob Präventivmaßnahmen die

- Ausbildung eines PCO-Syndroms oder - seine Langzeitkonsequenzen

effektiv verhindern!