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TITELTHEMA unternehmensjurist SYNDICI IN EUROPA KNACKPUNKT UNABHÄNGIGKEIT Das Berufsrecht für Rechtsanwälte ist in Europa sehr unterschiedlich geregelt. Für die Position von Unternehmensjuristen gilt das Gleiche: In manchen Ländern sind sie ganz einfach Rechtsanwälte. In anderen Ländern lediglich Juristen, die für Unternehmen arbeiten. Mal gilt für sie das Berufsgeheimnis, mal müssen sie Unterlagen und Kommunikation für Gerichtsverfahren herausgeben. Ein europäischer Vergleich. 14-22_Titelstory_Syndici_Europa.indd 14 30.03.15 12:22

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SYNDICI IN EUROPA

KNACKPUNKT UNABHÄNGIGKEIT

Das Berufsrecht für Rechtsanwälte ist in Europa sehr unterschiedlich geregelt. Für die Position von Unternehmensjuristen gilt das Gleiche: In manchen Ländern sind sie ganz einfach Rechtsanwälte. In anderen Ländern lediglich Juristen, die für Unter nehmen arbeiten. Mal gilt für sie das Berufsgeheimnis, mal müssen sie Unterlagen und Kommunikation für Gerichtsverfahren herausgeben. Ein europäischer Vergleich.

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lassen: Unternehmensjuristen können in Frankreich keine Rechtsanwälte sein. Zwar gab es eine Gesetzesinitiative, die den Status von Unternehmensjuristen und die Besonder-heiten ihrer Arbeit hätte neu regeln sollen. Doch dieses Gesetz scheiterte. Für die in Frankreich tätige General Counsel ist die Gleichstel-lung von Unternehmensjuristen und Anwälten ein wichtiges Thema. Immer noch gibt es in der französischen Anwalt-schaft starke Vorbehalte gegen die Unternehmensjuristen. „Vor allem außerhalb von Paris befürchten viele Anwälte eine mögliche Konkurrenz durch Unternehmensjuristen, sollten sie etwa vor Gericht auftreten dürfen“, sagt Chaussat-Augustin. Gleichzeitig ist das Standesdenken in Frankreich stark ausgeprägt. In Frankreich sind die unterschiedlichen Karrieren meist schon im Studium und in der Ausbildung angelegt. Nach dem Universitätsabschluss besuchen die Juristen entweder die An-walts- oder die Richterschule. Wer sich für keinen dieser Wege entscheidet, geht meist direkt ins Unternehmen. Es ist also gar nicht einmal typisch, dass Juristen in Unternehmen zuerst als Anwälte gearbeitet haben – wenn auch nicht ungewöhnlich. Der wichtigste Grund, weshalb Unternehmensjuristen in Frankreich verwehrt wird, Rechtsanwälte zu sein, ist die an-gebliche fehlende Unabhängigkeit. Amrei Chaussat- Augustin hat sich hierzu ihre eigenen Gedanken gemacht: „Als Anwalt ist man wirtschaftlich dem Mandanten verpflichtet, in seiner rechtlichen Einschätzung jedoch unabhängig. Ich sehe da durchaus Parallelen zu Unternehmensjuristen“, sagt Chaussat-Augustin. Schließlich sei man als Unternehmensjurist eben-falls wirtschaftlich seinem Arbeitgeber verpflichtet, müsse allerdings aus seiner Rolle im Unternehmen einen rechtlich unabhängigen Standpunkt einnehmen. Auch, wenn er gegen-über dem Unternehmen weisungsgebunden ist: „Der Jurist im Unternehmen trägt nicht das Business auf den Schultern. Er muss auf Risiken hinweisen. Was genau umgesetzt wird, wird an anderer Stelle entschieden.“

In dreizehn Punkten möchte Justizminister Heiko Maas (SPD) das Berufsrecht der Rechtsanwälte ändern. Und so in Deutschland endlich einen einheitlichen Berufsbegriff

schaffen. Noch ist das Ideal des deutschen Berufsrechts der Einzelanwalt, der frei und unabhängig nur im Dienste seines Mandanten handelt. Dass dies an der Realität vorbeigeht, zeigt sich schon seit Jahren. Es fängt bei angestellten Rechtsanwäl-ten an, die natürlich ebenso einem Weisungsrecht gegenüber ihrem Dienstherrn unterliegen wie ein angestellter Jurist bei einem Unternehmen. Und es endet bei der fachlichen Expertise, bei der sich Unternehmensjuristen in keiner Weise hinter ihren Pendants aus den Kanzleien verstecken müssen. Umso sinnvoller ist es, dass Justizminister Maas das Thema anpackt. Die Doppelberufstheorie soll dafür aufgegeben wer-den. Vorbei sollen also die Zeiten sein, in denen sich Unter-nehmensjuristen ein kleines Kanzleischild an die Tür hängten, um Rechtsanwalt zu sein. Vorbei auch die unrealistische Regel von der Tätigkeit im Unternehmen als „Nebenberuf“. Unter-nehmensjuristen sollen Rechtsanwälte sein, genauso wie ihre Kollegen aus den Kanzleien.

Es kann nie schaden, sich jenseits des nationalen Horizonts umzuschauen, wie dort vergleichbare Fragen geregelt werden. Ein Blick in unsere Nachbarländer zeigt: Zum Teil ist die Si-tuation der Unternehmensjuristen deutlich besser, zum Teil kämpfen sie mit denselben Schwierigkeiten wie in Deutsch-land. Eines ist schnell klar: Das Berufsrecht, wie wir es kennen, ist nicht universell in Stein gemeißelt, sondern unterscheidet sich teils stark – selbst innerhalb Europas. Aber der Blick nach Europa hilft, Impulse zu finden.Acht Jahre hatte Amrei Chaussat-Augustin bereits als Anwältin gearbeitet. Als sie in der Rechtsabteilung von IT-Dienstleister Atos anfing, musste Chaussat-Augustin ihre Zulassung ruhen

Stellenweise ist die Situation der Unternehmensjuristen deutlich besser

„Als Anwalt ist man wirtschaftlich

dem Mandanten verpflichtet, in

seiner rechtlichen Einschätzung jedoch

unabhängig.“

Amrei Chaussat-Augustin, General Counsel, Atos SE, Frankreich

„Wir unterscheiden nicht zwischen Unternehmensjuristen und Rechtsanwälten, sondern sehen uns als eine Einheit.“

Sonia Gumpert Melgosa, Präsidentin, Anwaltskammer Madrid, Spanien

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„Wir unterscheiden nicht zwischen Unternehmensjuristen und Rechtsanwälten, sondern sehen uns als eine Einheit“, sagt Avogada Sonia Gumpert Melgosa, die Präsidentin der Anwaltskammer von Madrid. Seit dem Akzo-Nobel-Urteil gibt es aber auch in Spanien die Diskussion: Kann ein bei einem Unternehmen angestellter Jurist Rechtsanwalt sein? Bis jetzt lautete die Antwort immer gleichbleibend: Ja. Dennoch erwartet Sonia Gumpert Melgosa, dass sich lang-fristig die berufsrechtlichen Regeln in der EU angleichen werden, genauso wie es bei vielen anderen europäischen Regelungen bis heute der Fall war. „Man muss aber sehr vor-sichtig sein. Die Regeln sind in Europa sehr unterschiedlich. Das hat auch etwas mit der jeweiligen Geschichte und der Mentalität der Länder zu tun“, sagt Gumpert Melgosa. „Für uns in Spanien ist es kaum vorstellbar, dass man etwa in Schweden nicht Anwalt sein muss, um andere Menschen vor Gericht zu vertreten.“ Wer am Berufsrecht der Rechtsanwälte rüttele, der könne leicht auch das darauf aufgebaute System ins Wanken bringen. Zum Beispiel das System der Rechtshilfe, das in Spanien bei den Anwaltskammern angesiedelt ist. Wer beim Berufsbegriff ansetzt, muss auch diese Konsequenzen im Blick behalten.

Während in Spanien die Einheit des Berufs gilt, ist man in Italien restriktiv. Unternehmensjuristen können nicht als Rechtsanwälte tätig sein. Die italienische Berufsordnung für Rechtsanwälte bestimmt, dass Rechtsanwalt ein zu den freien Berufen gehörender Selbstständiger ist, dessen Beruf somit mit jeglicher unselbstständiger Arbeitstätigkeit unvereinbar ist. „Der Syndikusanwalt, der als solcher seiner beruflichen Tätig-keit in einem durch Dienstvertrag geregelten Beschäftigungs-verhältnis nachgeht, darf demnach – trotz etwaiger Erfüllung aller anderen für die Eintragung in der Rechtsanwaltskammer notwendigen Anforderungen – nicht in der Anwaltskammer eingetragen sein“, sagt Rechtsanwalt und Avvocato Dr. Ste-phan Grigolli, Vorsitzender des Deutschen Anwaltvereins Italien (DAV Italien). Nach italienischem Verständnis gründet sich der Rechtsan-waltsberuf vor allem auf der Autonomie und Unabhängigkeit der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts. „Was die Unab-hängigkeit der Syndikusanwälte angeht, ist der Gesetzgeber der Auffassung, dass das Bestehen eines Beschäftigungsver-hältnisses zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Man-danten mit dem Erfordernis der Unabhängigkeit unvereinbar ist“, erläutert Grigolli eine bekannte Position. Daraus folgt: Wer kein Anwalt ist, kann für sich auch nicht die damit verbundenen Rechte geltend machen. Die rechtliche Vertretung und Betreuung vor Gericht steht grundsätzlich nur den in der Kammer eingetragenen Rechtsanwälten zu: „Syndi-kusanwälte können Rechtsberatung sowie außergerichtliche

Die General Counsel glaubt, dass eine einheitliche Lösung für das Berufsbild des Anwalts auf europäischer Ebene wichtig wäre. „International dominiert das anglo-amerikanische Mo-dell“, sagt Chaussat-Augustin. „Und Europa stellt dem nicht eine Lösung entgegen, sondern gleich ein paar Dutzend.“ Dennoch, bis es soweit ist, sei es ein langwieriger Prozess. Ginge es nach ihr, könnte ein solches europäisches Berufsbild auch bedeuten, dass dem Unternehmensjuristen ein eigener Status zugeordnet wird, der die Besonderheiten des Berufs mit berücksichtigt. Der EuGH hat mit seinem Akzo-Nobel-Urteil bereits Weichen hierfür gesetzt. Wenn auch anders, als es sich viele Unterneh-mensjuristen gewünscht hätten. Der Gerichtshof hat deutlich gemacht: Die Unabhängigkeit ist seiner Meinung nach eine grundlegende Voraussetzung für die anwaltliche Tätigkeit. Diese Unabhängigkeit könne nicht in einem Beschäftigungs-verhältnis zwischen dem Mandanten und einem Syndikus-anwalt bestehen. Spannungen zwischen den Berufspflichten und den Zielen des Mandanten könne ein Syndikusanwalt weniger leicht ausräumen als ein externer Anwalt.

In Frankreich würde man dies so unterschreiben. Doch nicht in Spanien.Mit 77.000 Anwälten ist die Rechtsanwaltskammer in Madrid eine der größten in Europa. Und gleichermaßen zählt sie zu ihren Mitgliedern Anwälte in Kanzleien und Anwälte in Unter-nehmen. Unternehmensjuristen können sich als praktizieren-de oder nicht praktizierende Rechtsanwälte eintragen. Wenn sie nicht praktizieren, dürfen sie nicht vor Gericht auftreten, sondern müssen sich auf rechtliche Beratung beschränken. Doch darüber hinaus existieren praktisch keine Unterschiede: Weder vom sozialrechtlichen Status noch vom berufsrecht-lichen. Auch für Unternehmensjuristen gilt das Legal Privilege.

In Spanien bestehen bei Anwälten berufs- und sozialrechtlich praktisch keine Unterschiede

„Syndikusanwälte können Rechts be ra tung sowie außer gericht liche Vertretung im aus-schließlichen Interesse des Arbeit gebers leisten.“

Dr. Stephan Grigolli, Vorsitzender, Deutscher Anwaltverein Italien

Italien ist noch restriktiver als Deutschland: Ein Syndikus kann nicht als Rechtsanwalt tätig sein

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verständlich. Unternehmensjuristen können hier gleichzeitig Solicitor sein. Erforderlich ist hierfür ein Practising Certificate, sagt Dr. Sybille Steiner, Partner Solicitor & Rechtsanwältin bei Thomas Eggar LLP. „Die Tätigkeit als rechtlicher Berater spielt eine zentrale Rolle, weil sie eine privilegierte Form der Kommunikation ermög-licht“, sagt die Rechtsanwältin. Im Recht des Vereinigten Kö-nigreichs ist die Kommunikation zwischen Unternehmen und Unternehmensjurist in diesem Fall besonders geschützt und muss im Rahmen einer ‚disclosure‘ in Gerichtsverfahren nicht offengelegt werden. Dies gilt für Unternehmensjuristen dann, wenn die Kommunikation der rechtlichen Beratung dient.Syndikusanwälte, die etwa in der Unternehmensleitung tätig sind, genießen diese Privilegien nicht für Kommunikation, die sich auf ihre Funktion im Management oder ihre admini-strative Rolle bezieht. „Daher sollten sie rechtliche Beratung mit derartigen Tätigkeiten nicht vermischen, da unter Umstän-den sonst die Privilegierung ganz wegfällt“, sagt Dr. Sybille Steiner.Auch in Holland ist es ganz selbstverständlich, dass ein Un-ternehmensjurist auch Rechtsanwalt sein kann. „Der Syndi-kusanwalt hat grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie Rechtsanwälte in Kanzleien“, sagt Arjen Paardekooper, Rechtsanwalt bei Blenheim Advocaten und Mitglied der Deutsch-Niederländischen Rechtsanwaltsvereinigung. Unternehmensjuristen können Mitglied der niederländi-schen Rechtsanwaltskammer sein. Voraussetzung ist hier-für, dass der Arbeitgeber das „professioneel statuut“ unter-schreibt. In dieser Vereinbarung wird die Unabhängigkeit des Syndikusanwalts vereinbart. Damit soll ein Verhältnis ähnlich dem von Mandant und Rechtsanwalt geklärt sein. Sind Unternehmensjuristen Rechtsanwälte, müssen sie sich regelmäßig fortbilden und benötigen eine Berufshaftpflicht-versicherung. Innerhalb ihres Arbeitsverhältnisses können sie den eigenen Arbeitgeber und mit diesem verbundene Unternehmen vertreten.

Vertretung im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers leisten“, fasst Grigolli zusammen.Auch in der Schweiz ist die Unterscheidung zwischen An-wälten und Unternehmensjuristen rigoros. Dr. Christopher King ist als Group General Counsel der Hunter Douglas NV in der Schweiz tätig. Als EU-Anwalt hat er eine Zulassung – für seine freiberufliche Tätigkeit in einer Kanzlei in der Schweiz. Eine Zulassung hingegen nach Schweizer Recht wurde ihm verwehrt. Die Begründung: In seiner freiberuflichen Tätigkeit fehle die forensische Erfahrung. „Das stelle man sich vor: Man gestaltet komplizierte Börsengänge und Fusionen – und dann wird einem vor Gericht gesagt, das spiele keine Rolle. Wenn man forensische Erfahrung mit ein paar Scheidungen oder Bagatellstrafverfahren gesammelt hätte, wäre die Lage anders“, bilanziert Dr. King ironisch.In seiner Eigenschaft als EU-Anwalt hat er bestimmte anwalt-liche Privilegien – die aber nicht für seine Arbeit im Unterneh-men gelten. Vor allem in ausländischen Verfahren – etwa der Discovery in den USA – könne dies eine Rolle spielen. „Es wür-de meine Arbeit natürlich erleichtern, wenn es diese Privilegien auch für Unternehmensjuristen gäbe.“ Aus fachlicher Sicht lässt sich die Unterscheidung kaum begründen. Die Juristen in den Rechtsabteilungen in der Schweiz brauchen ihre Arbeit nicht vor den Kollegen in den Kanzleien zu verstecken. Auch Dr. King legt sehr viel Wert auf eigenständige wissenschaftliche Arbeit in seiner Rechtsabteilung, und auf die Fähigkeit, rechtliche Fragen selbst klären zu können. „Wir wollen in den wichtigsten Ländern und Rechtsgebieten rechtliche Probleme selbst lösen können und nicht bei jeder Frage nur zum Telefon greifen und einen Anwalt anrufen, wenn eine rechtliche Frage auftaucht.“

Während in vielen Ländern Unternehmensjuristen keine Rechtsanwälte sind, ist dies in England und Wales fast selbst-

Unternehmensjurist und Rechtsanwalt? In England und Wales selbstverständlich!

„Die Tätigkeit als recht-licher Berater spielt eine zentrale Rolle, weil sie eine privi le gierte Form

der Kommunikation ermöglicht.“

Dr. Sybille Steiner, Partner Solicitor & Rechtsanwältin,

Thomas Eggar LLP, England

„Wir wollen in den wichtigsten Ländern und Rechtsgebieten recht liche Probleme selbst lösen können.“

Dr. Christopher King, Group General Counsel, Hunter Douglas NV, Schweiz

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Rechtsberater haben diese Beschränkung nicht. In der Regel sind also Juristen, die für Unternehmen in Polen arbeiten, Rechtsberater. Sowohl für Adwokaten als auch Rechtsberater gelten dieselben ethischen Prinzipien: „Zuerst gilt: Sie müssen ihre Aufgaben im besten Interesse ihrer Mandanten erfüllen.“Rechtsberater müssen Mitglied der Rechtsberaterkammer sein. Damit haben sie auch das volle Legal Privilege. Wichtig ist allerdings, dass sie möglichst direkt dem Management berichten – das soll ihre Unabhängigkeit garantieren. Wenn ein Rechtsberater hingegen auf einem anderen Posten im Unternehmen eingesetzt wird, kann es sein, dass er kein Legal Privilege hat, da er technisch gesehen nicht als Rechtsberater arbeitet.Wenn es darum geht, dass Unternehmensjuristen ihren Ar-beitgeber vor Gericht vertreten, haben sie im Wesentlichen dieselben Rechte wie jeder andere Nicht-Jurist, der Angestellter des Unternehmens ist. „Jeder Angestellte kann von seinem Arbeitgeber mit der Befugnis ausgestattet werden, ihn vor einem Zivilgericht zu vertreten. Der einzige Unterschied be-steht darin, dass die Rechtsberater auch vor dem Obersten Gerichtshof vertreten dürfen“, sagt Oskar Filipowski.

Ob sich in den kommenden Jahren ein einheitliches Berufsbild auf europäischer Ebene entwickeln wird, das Unternehmens-juristen und Anwälte gleichermaßen umfasst? Filipowski ist sich da nicht sicher. „Ich glaube, dass in manchen Ländern wie Deutschland diese Idee vorangetrieben wird, allerdings wird man auf einige Widerstände treffen“, sagt der Unter-nehmensjurist. „Man muss im Hinterkopf haben, dass wir es in Europa mit mehr als 20 verschiedenen Rechtssystemen zu tun haben, mit unterschiedlichem historischen Hinter-grund – und diese Rechtssysteme müssen eine gemeinsame universelle Lösung finden.“ Klar ist, dass die Bedeutung der Unabhängigkeit als zentrales Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit international neu disku-tiert wird. So ist es seit dem Jahr 2012 in England und Wales möglich, dass sich auch Konzerne an Kanzleien beteiligen können. Versicherungen und sogar die britische Telekom BT haben schon davon Gebrauch gemacht und bieten über Tochtergesellschaften anwaltliche Beratung an. Durch diese Liberalisierung steht die Stellung und die Be-stimmung des anwaltlichen Berufes neu zur Debatte. Denn wo greift das Argument der Unabhängigkeit noch, wenn die Kanzlei, für die der Rechtsanwalt arbeitet, gleichzeitig Ei-gentum eines Unternehmens ist? Auch in Italien hat sich das Modell der Alternative Business Structures (ABS) durch-gesetzt; es wurde im Jahre 2011 ermöglicht. Nach Protesten der Anwaltschaft wurde es zwar angepasst und verlangt nun, dass Rechtsanwälte zu zwei Dritteln nach Köpfen und Stimm-

Als Rechtsanwälte konnten sich Unternehmensjuristen lange Zeit in Prozessen auf ihr Berufsgeheimnis berufen. Seit dem Akzo-Nobel-Urteil ist dieses Privileg allerdings umstritten. In dem besagten Fall war einer der Unternehmensjuristen Rechtsanwalt nach niederländischem Recht. Der EuGH stellte fest, dass es sich bei der Zulassung zur Anwaltskammer in den Niederlanden vor allem um einen formalen Akt handele. Dies ändere nichts an der ökonomischen Abhängigkeit und der Verbindung mit dem Unternehmen in einem Arbeitsver-hältnis. Das Bezirksgericht Groningen hatte daraufhin mit Blick auf Akzo-Nobel ein Legal Privilege für niederländische in-house Counsel verneint. Der Hohe Rat der Niederlande, der oberste niederländische Gerichtshof, hat hingegen in einem aktuellen Urteil das Legal Privilege für Unternehmensjuristen bestätigt. Zum einen hat er dies damit begründet, dass sich die Rechtsprechung des EuGH nur auf EU-Wettbewerbsrecht beziehe. Zum anderen sei die Unabhängigkeit der Syndikusanwälte in den Niederlan-den durch professionelle und ethische Standards gesichert. Es gebe deshalb keinen Grund, den Syndikusanwälten das Legal Privilege zu verweigern.

In Polen wird zwischen zwei verschiedenen qualifizierten Juristen unterschieden: zum einen dem Adwokat und zum anderen dem Radca prawny, dem Rechtsberater. „Die Unter-scheidung geht auf die 1970er Jahre zurück, als die Adwo-katen Bürger vor Gericht vertraten und die Rechtsberater für Unternehmen gearbeitet haben“, sagt Dr. Oskar Filipowski, Rechtsberater und Chief Compliance Officer bei der KGHM Polska Mied S.A.. Inzwischen haben sich die beiden Berufs-zweige stark angeglichen.Dennoch gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Unabhän-gigkeit. Adwokaten dürfen kein Arbeitsverhältnis eingehen. Fortsetzung auf Seite 22

Die Liberalisierung wird weitergehen, mit ihr ändert sich das Berufsbild des Anwalts

„Der Syndikusanwalt hat grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie Rechtsanwälte in Kanzleien.“

Arjen Paardekooper, Rechtsanwalt, Blenheim Advocaten, Niederlande

Egal in welcher Funktion: Es gilt, Aufgaben im besten Interesse der Mandanten zu erfüllen

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Land Gibt es ein einheitliches Berufsbild von Rechts -anwälten – egal ob sie für Kanzleien arbeiten oder in Unternehmen?

Kann ein Syndikus Mitglied der Anwaltskammer sein? Ergeben sich daraus Privilegien?

Ist „Unabhängigkeit“ wichtig für den Status des Anwalts?

Darf ein Syndikusanwalt seinen Arbeitgeber vor Gericht vertreten? Wenn ja, vor welchen Gerichten?

Können sich Syndikus anwälte zu Fachanwälten qualifizieren?

Gibt es einen Schutz der anwaltlichen Vertraulichkeit, Legal Privilege?

Spanien

Rechtsanwälte in Kanzleien und die Rechtsanwälte in Unternehmen haben dieselben Rechte.

Wer als Syndikusanwalt oder Anwalt einer Kanzlei vor Gericht tätig sein möchte, muss Mitglied einer Anwaltskammer sein.

Nein. Ja, wer als praktizierender Rechts­anwalt (egal ob Syndikus oder Kanzleianwalt) eingetragen ist, darf vor allen Gerichten auftreten.

Anwälte spezialisieren sich auf bestimmte Rechtsgebiete, aber ohne einen formellen Titel oder Qualifikation.

Ja.

Niederlande

Unternehmensjuristen können Rechtsanwälte sein. Voraussetzung ist das „Professioneel Statuut“, mit dem der Arbeitgeber Unabhängigkeit garantiert.

Unternehmensjuristen können Mitglied der Anwaltskammer sein. Sind sie Anwalt, ergeben sich daraus die Pflichten des Berufsstandes.

Auf Grund des Rechtsanwalts­gesetzes (advocatenwet) hat ein Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten, Dritten und Angelegen heiten, in denen er als Rechts anwalt auftritt, unabhängig zu sein.

Ein Syndikusrechtsanwalt ist auf Grund der Rechtsanwaltschafts­verordnung verpflichtet, stets für Dritte erkennbar als Rechtsanwalt aufzutreten.

Ein Syndikusanwalt kann innerhalb seines Arbeitsverhältnisses aus­schließ lich den eigenen Arbeitgeber und daran verbundene Unternehmen vertreten; bei den Gerichten gibt es im Vergleich zu Kanzleianwälten keinerlei Einschränkungen.

Die Qualifikation „Fachanwalt“ gibt es in diesem Sinne in den Niederlanden nicht.

Seit Akzo-Nobel ist das Legal Privilege für Syndikusanwälte umstritten, wird aber vom obersten Gerichtshof bejaht.

England

Üblicherweise sind Unternehmensjuristen gleichzeitig Solicitor.

Unternehmensjuristen sind als Solicitor Mitglied der Anwalts­kammer. Als Solicitor haben sie dieselben Rechte und Pflichten wie die Kollegen aus den Kanzleien.

Grundsätzlich ist Unabhängigkeit wichtig für den Status als Anwalt; auch Syndikusanwälten wird diese zugestanden.

Ob Syndici vor Gericht auftreten können, richtet sich nach ihrer Qualifikation, hier gibt es keine Unterschiede zwischen Syndikus­anwälten und ihren Kollegen in der Solicitor Kanzlei.

Ein System der Fachanwaltschaften im deutschen Sinne existiert in dieser Form in England nicht.

Ja, aber nur für die rechtliche Arbeit. Syndikusanwälte, die im Management tätig sind, haben dieses Privileg nicht.

Polen

In der Praxis gibt es keine Unter-schiede. Unternehmensjuristen können gleich zeitig Rechtsberater nach polnischem Recht sein.

Rechtsberater sind in der Rechts­beraterkammer organisiert.

Die Unabhängigkeit ist für die Un ter scheidung zwischen dem polnischen Adwokat und dem Rechts berater wichtig. Der Adwokat darf kein Beschäf ti­gungsverhältnis eingehen, der Rechtsberater hin gegen schon.

Rechtsberater können ihren Arbeitgeber bis hin zum Obersten Gerichtshof vor Gericht vertreten.

Eine Fachanwaltsausbildung nach deutschem Verständnis gibt es nicht.

Unternehmensjuristen, die Rechtsberater sind, genießen für diese Tätigkeit das Legal Privilege. Wenn sie jedoch in einer anderen Funktion tätig sind, entfällt dieses Privileg.

Frankreich

Anwälte, die als Juristen im Unter neh men arbeiten, müssen ihre Zulassung ruhen lassen.

Nein. Ja, für Unternehmensjuristen wird sie verneint.

Nein, der Arbeitgeber kann nur vertreten werden, wenn kein Anwaltszwang besteht.

Nein. Unternehmensjuristen werden nicht als Rechtsanwälte zugelassen. Sie genießen deshalb kein Legal Privilege.

Italien

Unternehmensjuristen können keine Rechtsanwälte sein.

Nein. Ja. Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten ist undenkbar und mit der Unabhängigkeit unvereinbar.

Nein, die rechtliche Vertretung und Betreuung vor Gericht steht nur den in der Kammer eingetragenen Rechts anwälten zu.

Nein. Nein.

Schweiz

Unternehmensjuristen können in der Schweiz keine Rechtsanwälte sein.

Nein. Ja, nach Schweizer Auffassung kann ein Syndikusanwalt nicht selbstständig sein.

Syndikusanwälte dürfen nicht als Anwalt vor Gericht erscheinen, sondern nur als Vertreter der Organisation, für die sie arbeiten.

Nein, sie müssen als Anwalt registriert sein.

Nein.

ANWALT UND UNTERNEHMENSJURIST? DAS GEHT!

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Land Gibt es ein einheitliches Berufsbild von Rechts -anwälten – egal ob sie für Kanzleien arbeiten oder in Unternehmen?

Kann ein Syndikus Mitglied der Anwaltskammer sein? Ergeben sich daraus Privilegien?

Ist „Unabhängigkeit“ wichtig für den Status des Anwalts?

Darf ein Syndikusanwalt seinen Arbeitgeber vor Gericht vertreten? Wenn ja, vor welchen Gerichten?

Können sich Syndikus anwälte zu Fachanwälten qualifizieren?

Gibt es einen Schutz der anwaltlichen Vertraulichkeit, Legal Privilege?

Spanien

Rechtsanwälte in Kanzleien und die Rechtsanwälte in Unternehmen haben dieselben Rechte.

Wer als Syndikusanwalt oder Anwalt einer Kanzlei vor Gericht tätig sein möchte, muss Mitglied einer Anwaltskammer sein.

Nein. Ja, wer als praktizierender Rechts­anwalt (egal ob Syndikus oder Kanzleianwalt) eingetragen ist, darf vor allen Gerichten auftreten.

Anwälte spezialisieren sich auf bestimmte Rechtsgebiete, aber ohne einen formellen Titel oder Qualifikation.

Ja.

Niederlande

Unternehmensjuristen können Rechtsanwälte sein. Voraussetzung ist das „Professioneel Statuut“, mit dem der Arbeitgeber Unabhängigkeit garantiert.

Unternehmensjuristen können Mitglied der Anwaltskammer sein. Sind sie Anwalt, ergeben sich daraus die Pflichten des Berufsstandes.

Auf Grund des Rechtsanwalts­gesetzes (advocatenwet) hat ein Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten, Dritten und Angelegen heiten, in denen er als Rechts anwalt auftritt, unabhängig zu sein.

Ein Syndikusrechtsanwalt ist auf Grund der Rechtsanwaltschafts­verordnung verpflichtet, stets für Dritte erkennbar als Rechtsanwalt aufzutreten.

Ein Syndikusanwalt kann innerhalb seines Arbeitsverhältnisses aus­schließ lich den eigenen Arbeitgeber und daran verbundene Unternehmen vertreten; bei den Gerichten gibt es im Vergleich zu Kanzleianwälten keinerlei Einschränkungen.

Die Qualifikation „Fachanwalt“ gibt es in diesem Sinne in den Niederlanden nicht.

Seit Akzo-Nobel ist das Legal Privilege für Syndikusanwälte umstritten, wird aber vom obersten Gerichtshof bejaht.

England

Üblicherweise sind Unternehmensjuristen gleichzeitig Solicitor.

Unternehmensjuristen sind als Solicitor Mitglied der Anwalts­kammer. Als Solicitor haben sie dieselben Rechte und Pflichten wie die Kollegen aus den Kanzleien.

Grundsätzlich ist Unabhängigkeit wichtig für den Status als Anwalt; auch Syndikusanwälten wird diese zugestanden.

Ob Syndici vor Gericht auftreten können, richtet sich nach ihrer Qualifikation, hier gibt es keine Unterschiede zwischen Syndikus­anwälten und ihren Kollegen in der Solicitor Kanzlei.

Ein System der Fachanwaltschaften im deutschen Sinne existiert in dieser Form in England nicht.

Ja, aber nur für die rechtliche Arbeit. Syndikusanwälte, die im Management tätig sind, haben dieses Privileg nicht.

Polen

In der Praxis gibt es keine Unter-schiede. Unternehmensjuristen können gleich zeitig Rechtsberater nach polnischem Recht sein.

Rechtsberater sind in der Rechts­beraterkammer organisiert.

Die Unabhängigkeit ist für die Un ter scheidung zwischen dem polnischen Adwokat und dem Rechts berater wichtig. Der Adwokat darf kein Beschäf ti­gungsverhältnis eingehen, der Rechtsberater hin gegen schon.

Rechtsberater können ihren Arbeitgeber bis hin zum Obersten Gerichtshof vor Gericht vertreten.

Eine Fachanwaltsausbildung nach deutschem Verständnis gibt es nicht.

Unternehmensjuristen, die Rechtsberater sind, genießen für diese Tätigkeit das Legal Privilege. Wenn sie jedoch in einer anderen Funktion tätig sind, entfällt dieses Privileg.

Frankreich

Anwälte, die als Juristen im Unter neh men arbeiten, müssen ihre Zulassung ruhen lassen.

Nein. Ja, für Unternehmensjuristen wird sie verneint.

Nein, der Arbeitgeber kann nur vertreten werden, wenn kein Anwaltszwang besteht.

Nein. Unternehmensjuristen werden nicht als Rechtsanwälte zugelassen. Sie genießen deshalb kein Legal Privilege.

Italien

Unternehmensjuristen können keine Rechtsanwälte sein.

Nein. Ja. Ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten ist undenkbar und mit der Unabhängigkeit unvereinbar.

Nein, die rechtliche Vertretung und Betreuung vor Gericht steht nur den in der Kammer eingetragenen Rechts anwälten zu.

Nein. Nein.

Schweiz

Unternehmensjuristen können in der Schweiz keine Rechtsanwälte sein.

Nein. Ja, nach Schweizer Auffassung kann ein Syndikusanwalt nicht selbstständig sein.

Syndikusanwälte dürfen nicht als Anwalt vor Gericht erscheinen, sondern nur als Vertreter der Organisation, für die sie arbeiten.

Nein, sie müssen als Anwalt registriert sein.

Nein.

ANWALT UND UNTERNEHMENSJURIST? DAS GEHT!

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Fortsetzung von Seite 18

rechten beteiligt sein müssen. Doch das neue Konstrukt der ABS ist da und steht nun davor, sich zu bewähren. Für die Association of Corporate Counsel (ACC), einem in-ternationalen Verband von Unternehmensjuristen, ist es klar, dass die Situation international nicht haltbar ist. „Ohne einen realen Grund behandeln viele Rechtssysteme Juristen, die in-house arbeiten, anders als Juristen, die außerhalb arbeiten. Dieser Status zweiter Klasse beschädigt die Fähigkeit von Unternehmen, starke juristische Strukturen aufzubauen“, sagt Stathis Mihos, Legal Director bei Pfizer Hellas S.A. und Präsident der ACC Europe. Indem dieser Berufsgruppe der Schutz etwa durch das Legal Privilege verwehrt werde, wür-den Unternehmen als Mandanten geschädigt, die sich aktiv mit rechtlichen Fragestellungen auseinandersetzen müssen.

„Eine gestärkte Stellung der Rechtsabteilung im Unterneh-men verbessert die Unternehmens-Compliance“, ist Amar D. Sarwal, Vizepräsident und Chief Legal Strategist der ACC, überzeugt. „Eine solche Funktion braucht Schutz, um einen Austausch auch über die sensibelsten Themen zu ermuti-gen.“ Das Fehlen eines solchen Schutzes sei insbesondere für europäische Unternehmen, die in den USA Geschäfte machen, ein Problem. So würden Klägeranwälte in den USA inzwischen dazu übergehen, an amerikanischen Gerichten die Offenbarung der Kommunikation von Syndikusanwälten in Europa zu beantragen und durchzusetzen. Dass die Diskussion über die vermeintlich fehlende Unab-hängigkeit angestellter Rechtsanwälte etwas Bigottes hat, beschrieb der Strafrechtler Professor Rainer Hamm auf dem Unternehmensjuristen-Kongress in Berlin. Es sei schon seit Jahrzehnten so, dass auch innerhalb von Kanzleien Anwälte

Eine gestärkte Stellung der Rechtsabteilung verbessert die Unternehmens-Compliance

„Dieser Status zweiter Klasse (von

Unternehmensjuristen) beschädigt die Fähig-

keit von Unternehmen, starke juristische Struk-

turen aufzubauen.“

Stathis Mihos, Präsident, ACC Europe

nicht gänzlich unabhängig agieren könnten. So habe er als junger Anwalt in Vertretung der Kanzleiinhaber zwar Verein-barungen mit Mandanten schließen können, die von ihm ver-fassten Schriftsätze aber seien von Namenspartnern überprüft worden. Doch obwohl er abhängig beschäftigt gewesen sei, habe er immer unabhängig juristischen Rat erteilt. Professor Hamm schlägt vor, die geforderte Unabhängigkeit neu zu de-finieren. Denn schließlich gehe es darum, „dass eine allein an Gesetz und Recht orientierte Berufsausübung – die Beratung der Mandanten in deren Interesse – nur dann sachgerecht möglich ist, wenn sie frei von staatlichen Einflüssen ist, also in diesem Sinne unabhängig und unter dem Schutz der Ge-heimhaltung stattfinden kann“.Es ist eine Definition, die den Schutz der Interessen des Man-danten ins Zentrum rückt. Und die sich nicht in formalen Abgrenzungen verliert. Vielleicht drückt sich gerade in ihr aus, was einen Anwalt zum Anwalt macht und was er dazu braucht, um seinen Beruf auszuüben. In ganz Europa. Henning Zander

„Jeder Angestellte kann von seinem Arbeit-geber mit der Befugnis ausgestattet werden, ihn vor einem Zivil-gericht zu vertreten.“

Dr. Oskar Filipowski, Rechtsberater und Chief Compliance Officer, KGHM Polska Miedz S.A.

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