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KöNNEN INNOVATIONEN GRENZEN SPRENGEN? Der Erfolg der Elektromobilität hängt entscheidend davon ab, ob sich leichte, leistungsfähige und kostengünstige Batterien entwickeln lassen werden. Unter physikalischen und chemischen Aspekten scheint vieles denkbar. LuK-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Reik fragt: Ist es aber auch machbar? ANTRIEBSMIX DER ZUKUNFT 74 BILD © babimu I Fotolia

Können Innovationen Grenzen Sprengen?

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Können InnovatIonen Grenzen sprenGen?Der Erfolg der Elektromobilität hängt entscheidend davon ab, ob sich leichte, leistungsfähige

und kostengünstige Batterien entwickeln lassen werden. Unter physikalischen und chemischen

Aspekten scheint vieles denkbar. LuK-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Reik fragt: Ist es aber auch

machbar?

Antriebsmix der Zukunft

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Die Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen, denn der sich abzeichnende Klimawan-

del, die langsam zu Ende gehenden Erdöl-vorräte und der schlechte Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren – nur circa 20 Prozent des verbrannten Kraftstoffs wird an den Rädern tatsächlich in Antriebsleis-tung umgesetzt – lassen Alternativen zu fossilen Brennstoffen immer attraktiver werden. Neben Kraftstoffen aus nach-wachsenden Rohstoffen kommt dabei der E-Mobilität eine besonders wichtige Rolle zu, denn die Vorstellung, unsere Autos durch Strom zu bewegen, der emissions-frei durch Sonnen- und Windenergie gewonnen wird, ist einleuchtend und verlockend.

Auf dem Weg dorthin gibt es mehr oder weniger große Hindernisse zu überwin-den. Am einfachsten wird sich der eigent-liche elektrische Antrieb realisieren las-sen, denn seit langem werden Elektromo-toren in vielen Bereichen und Branchen eingesetzt. Die zugrunde liegende Techno-logie ist ausgereift, und sie ist, wenn man die Anzahl einzelner Bauteile betrachtet, sogar weniger komplex als bei Verbren-nungsmotoren.

Jedoch: Wie kann elektrische Energie in großer Menge und zu akzeptablen Kosten gespeichert werden, damit ein Fahrzeug damit eine möglichst lange Strecke zurück-legen kann? Diese Frage ist entscheidend, und somit erweist sich die Batterie als die Komponente, die über die Zukunft der E-Mobilität entscheiden wird. Heutige Kon-zepte sind zu teuer, zu schwer und brau-chen zu viel Platz. Reichweiten, wie man sie von Benzin- oder Dieselmotoren kennt,

lassen sich damit nicht zurücklegen, obgleich Autofahrer genau das erwarten, heute und in Zukunft.

Es scheint sich hier eine Barriere aufzu-tun, die nur schwer zu durchbrechen ist und niemand weiß, was sich hinter dieser Barriere verbirgt. In diesem Beitrag soll trotzdem der Versuch gewagt werden, einen Blick hinter diese Grenze zu wer-fen. Dazu werden einige Betrachtungen angestellt, die sich dem Thema Batterie aus zwei ungewöhnlichen Blickwinkeln nähern: einmal aus Sicht der technologi-schen Komponenten, zum anderen ent-lang der Frage, wie sich überhaupt tech-nologische Innovationen erzeugen und umsetzen lassen

die energiedichte von krAftstoffen

Als großer Vorteil von konventionellen Kraftstoffen wird immer wieder deren hohe Energiedichte gepriesen. Dabei kann dieser Vorteil durchaus etwas diffe-renziert betrachtet werden. 1 zeigt die Reaktion eines Kohlenwasserstoffs mit Sauerstoff aus der Luft und die zugehöri-gen Gewichtsverhältnisse der Reaktions-partner.

Bei der Verbrennung von 50 Kilogramm Benzin im Motor wird jene Menge an Sau-erstoff benötigt, die in etwa in einer drei-viertel Tonne Luft enthalten ist. Es entste-hen dabei 155 Kilogramm CO2 (also etwa dreimal so viel wie das Gewicht des Kraft-stoffs) und ein relativ geringer Anteil Was-ser. Die vermeintlich hohe Energiedichte des Kraftstoffs ist also der Tatsache zu verdanken, dass der schwerere Reaktions-

dr. WolfgAng reikist Geschäftsführer bei der

Schaeffler Gruppe Automotive LuK und verantwortlich für die

Vorentwicklung.

AUtoR

❶ Reaktionsgleichung der Verbrennung eines typischen Kohlenwasserstoffs, wie er in Kraftstoffen enthalten ist

75oktober 2012

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partner einfach aus der Umgebungsluft geholt wird.

Ein Fahrzeug für den Mond müsste zu den 50 Kilogramm Benzin noch etwa 160 Kilogramm reinen Sauerstoff tanken, um die nötige Menge an Reaktionspartnern bereitstellen zu können. Könnten Batte-rien nicht ebenfalls die Umgebung mit einbeziehen? Die Antwort lautet eindeutig ja. Zink-Luft-Batterien, wie sie für Hörge-räte Verwendung finden, zeigen dies bereits. Sie sind zwar (noch nicht) auflad-bar, aber sie beziehen den Sauerstoff, der für die elektrochemische Reaktion bezie-hungsweise Oxidation gebraucht wird, aus der Luft. Damit erreichen die Zink-Luft-Batterien mit die höchsten Energie-dichten aller heute üblichen Batterien.

Was geschieht eigentlich bei einer Ver-brennung oder Oxidation? Vereinfacht lässt sich das so ausdrücken: Der Sauer-stoff „entreißt“ dem Wasserstoff und Koh-lenstoff Elektronen und wird dadurch selbst zu einem negativ geladenen Teil-chen. Durch diesen Übergang der Elektro-nen wird genau die Energie frei, die bei Brenn- und Kraftstoffen normalerweise als Heizwert oder Energieinhalt bezeichnet wird. Interessant ist, dass eine Verbren-nung so gesehen bereits ein elektrochemi-scher Vorgang ist und wir deshalb der Elektromobilität näher sind als viele den-ken. Allerdings wird der Elektronenfluss nicht direkt als elektrischer Storm genutzt. Erst die Brennstoffzelle mit ihrer kalten Verbrennung macht von dieser Erkenntnis Gebrauch.

Beim Verbrennungsmotor wird die durch den Elektronenfluss frei werdende Energie in Wärme umgewandelt. Dies ähnelt einer Batterie, die kurzgeschlossen wird und deren Energie dann durch den Innenwider-stand in Wärme verwandelt wird. Es ist genau dieser unglückliche Umweg über die Wärme, der dem Verbrennungsmotor dann am Ende den schlechten Wirkungsgrad gibt.

Wie könnte eine Zukünftige bAtterie Aussehen?

Wie bereits oben gezeigt wurde, haben Systeme, die die Umwelt mit einbeziehen, einen Gewichtsvorteil. Batterien für Hörge-räte nutzen diesen Effekt. Sämtliche visio-nären Batteriesysteme auf Metall-Luft-Basis wollen es ihnen gleich tun. Es sind dann nur noch relativ kleine Mengen an Metall für die Reaktion notwendig. Als Beispiel soll die Lithium-Luft-Batterie herangezogen werden. Sie verspricht höchste Energie-dichten. Aber auch andere Metall-Luft-Sys-teme sind denkbar und werden deshalb erforscht, zum Beispiel Zink-Luft.

Zunächst wollen wir der Frage nach-gehen, wie viel Energie für die Fortbewe-gung überhaupt gebraucht wird, 2.

Dazu wird ein Fahrzeug betrachtet, das fünf Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht. Auf 1.000 Kilometer sind dazu dann 50 Liter Benzin notwendig. Dies entspricht etwa 38 Kilogramm Benzin mit einen Brenn wert von 450 Kilowatt-stunden. Bei einem Wirkungsgrad von

22 Prozent kommen dann am Rad etwa 100 Kilowattstunden als mechanische Arbeit an, die dann eben genau für die 1.000 Kilometer reichen.

Unter der Annahme, dass ein Elektro-fahrzeug genau soviel Leistung für den Antrieb braucht, lässt sich dann die erfor-derliche Energie zurückrechnen. Ange-nommen wurde ein Wirkungsgrad für Elektromotor und Batterieentladung von 80 Prozent. Werte in dieser Größenord-nung scheinen erreichbar zu sein. Dann wäre eine Energie von 125 Kilowattstun-den notwendig, die in der Batterie gespei-chert werden müsste. Um diese elektri-sche Energie zu erhalten, müssten ledig-lich circa 10,5 Kilogramm Lithium zu Li

2O2 (Lithiumperoxid) oxidiert werden.Diese geringe Menge erstaunt zunächst.

Lässt sich aber auch über einen anderen Herleitungsweg verifizieren. Wenn jedes Li-Atom ein Elektron bei einer Spannung von circa drei Volt abgibt, kommt man auf die gleiche geringe Menge an erforderli-chem Lithium, welches dann zu 25 Kilo-gramm Li2O2 reagiert. Alles in allem recht überschaubare Mengen und Gewichte.

Dies ist die Sicht aus der reinen Lehre der Chemie und Physik, die uns zeigt, dass es durchaus Batterien mit extrem hohen Reichweiten geben dürfte. Die große Frage wird sein, wie viel an Infra-struktur benötigt wird, um eine funktions-fähige Batterie zu realisieren. Dazu gehö-ren Gehäuse, Kühlung, Stromleitung, Überwachung, Elektroden – um nur einige zu nennen. Diese Betrachtungen sind selbstverständlich kein Beweis dafür, dass es in den nächsten Jahrzehnten ext-rem leistungsfähige und bezahlbare Batte-rien geben wird. Andererseits zeigt die Erfahrung der Technik- und Physikge-schichte, dass fast alles, was nicht aus-drücklich Naturgesetzen widerspricht, auch realisiert wurde – häufig auch zu vertretbarem Aufwand.

Aber wie kommt man an diesen Punkt? Reicht es aus, heutige Antriebssysteme nach und nach zu optimieren? Oder sind größere technologische Sprünge notwendig, um solch ehrgeizige Ziele zu erreichen? Das führt uns zum zweiten Teil dieses Beitrags.

der ingenieur Als künstler

1852 formulierte Ferdinand Jacob Redten-bacher, der Begründer des wissenschaftli-chen Ingenieurwesens, einen bemerkens-

2 Energieverbrauch für 1.000 Kilometer Reichweite

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werten Satz: „Das Erfinden und Machen des Technikers beruht nicht bloß auf Wis-senschaft und Handwerk, sondern gerade auf Geistestätigkeiten, die künstlerisch genannt werden müssen.“ Er hatte erkannt, dass nicht allein Wissen oder eine bestimmte wissenschaftliche Fähig-keit, sondern gerade auch die Kreativität des künstlerisch tätigen Menschen ein wesentlicher Teil des Gestaltens von neuen Lösungen und damit von Innovati-onen ist.

Was aber ist der wesentliche Inhalt künstlerischer Tätigkeit und wie unter-scheidet sich diese von gewöhnlichen Tätigkeiten? Folgende Definition hilft wei-ter: „Dabei kann der Grad der Originalität einer künstlerischen Idee, eines Entwurfs, einer Ausführung oder einer Darstellung entscheidend sein“. Der Wert der Kunst entfernt sich dabei mit zunehmender Ori-ginalität immer weiter von den materiel-len Entstehungskosten. Bei den großen Kunstwerken unserer Zeit wird das klar. Man muss einen Picasso nicht unbedingt schön finden, aber eine gehörige Portion von Originalität ist unverkennbar. Und der Preis von über 95 Millionen US-Dollar, der zum Beispiel Mitte der Neunzigerjahre bei einer Versteigerung für das Bild „Dora Maar au chat“ erzielt wurde, ist auf alle Fälle beeindruckend.

Die Bedeutung solcher Werke hat jedenfalls nichts mit Menge und Kosten von Farbe oder der tatsächlich angefalle-nen Arbeitszeit zu tun. Der Wert orientiert sich daran, für wie originell das Kunst-werk gehalten wird. Im Sinne von Redten-bacher müsste so etwas Ähnliches auch für die Ingenieurskunst gelten. Tatsächlich sind es die „originellen“ und innovativen Beiträge, die die Welt verändern. Solche, die überraschende Verbindungen herstel-len zwischen Bereichen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Und es war schon immer ein Merkmal von Intelli-genz, Muster und Ähnlichkeiten zu erken-nen, und von jeher zeichnete es kreative Menschen aus, daraus etwas Unerwarte-tes zu gestalten.

Auf eine einfach Fragen wie: „Was haben Telefon und Kamera miteinander gemein?“, hätte man vor wenigen Jahren ohne zu zögern mit „Nichts“ geantwortet. Es gab diese Kombinationen schlicht nicht und es schien auch kein Bedarf dafür zu existieren. Die Verbindung von Telefon und Kamera in einem einzigen Gerät hat nicht nur einfach deren Eigenschaften addiert, sondern darüber hinaus etwas geschaffen, das es vorher noch gar nicht gab: die Möglichkeit, Bilder quasi mit der Aufnahme zu versenden. So kann die Geschichte des Mobiltelefons als Parade-beispiel für ein wahres Feuerwerk an Innovationen angesehen werden. Ausge-hend vom Telefonieren wurden nach und nach viele andere Bereiche integriert, wie Kamera, Navigationssystem, Organisator, Rechner etc. Das meiste davon wurde der Allgemeinheit angeboten und erst dann ist der Bedarf entstanden. So läuft wahres Trendsetting. Nicht reagieren, sondern agieren. Und wie dieses Beispiel zeigt, muss mehr Funktion nicht unbedingt höhere Kosten bedeuten, 3.

Wer als erstes in der Lage ist, eine ver-meintliche Grenze in Frage zu stellen, sie zu überschreiten und neue Ziele ins Zentrum seines Tuns zu rücken, kann die Industrielandschaft verändern. Bei Inno-vationen über Industriegrenzen hinweg muss stets damit gerechnet werden, dass die nächste Herausforderung völlig uner-wartet aus einer unbekannten Ecke kommt. Neue Spieler treten auf, Geschäftsmodelle werden neu definiert. In der Automobilin-dustrie bahnt sich dies zur Zeit im Blick auf die E-Mobilität an, mit noch ungewis-sem Ausgang.

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oktober 2012

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Wenn man im Bereich der Entwicklung von Frontloading spricht, dann sollte auch eine ausreichende Portion Originali-tät enthalten sein. Denn die ist unbedingt erforderlich, wenn man sich von Wettbe-werbern abheben will. Und das ist eben noch mal um einiges mehr wert, als aus einem Produkt nur Kosten herauszuneh-men. Der Entwickler, oder häufig der Ent-wicklungsdienstleister, muss dazu all seine Erfahrung und Expertise einbringen und mit Hilfe seines Überblicks zu kreati-ven Lösungen kommen, die die Fachwelt in Erstaunen versetzen und einen beson-deren Kundennutzen erzeugen. Dieser kreative Teil der Arbeit lässt sich, ähnlich wie bei der Schaffung eines Kunstwerks, nicht einfach berechnen und schon gar nicht in Stundensätze zwängen. Es ist nicht bekannt, dass Picasso jemals Bilder im Accord oder gegen Stundenlohn gemalt hätte.

In diesem Zusammenhang ist interes-sant, wo und wann kreative Geistesblitze entstehen, nämlich in 75 Prozent der Fälle außerhalb eines Unternehmens. Und wird noch der Anteil dazu genom-men, der in langweiligen Meetings ent-steht, so ist der Schluss erlaubt, fast alle (guten) Ideen werden abseits des Tages-geschäfts kreiert. Offensichtlich ist es genau dieser Übergang, bei dem die Ingenieurtagesprobleme noch nicht ganz aus dem Speicher verdrängt wurden und schon bereits viel von anderen Themen und Freizeitaktivitäten hochgeladen

wurde, der diesen Mix entstehen lässt, aus dem die beschriebenen unerwarteten Verknüpfungen entstehen können. Umge-kehrt kann geschlossen werden, nur Frei-zeit alleine lässt diesen nützlichen Mix nicht entstehen, 4.

Wenn es so ist, dass der schöpferische und kreative, also der eigentliche wert-volle Anteil der Ingenieursarbeit in der Übergangsphase geleistet wird, also am Rande der Arbeitszeit, dann müssen manche Entlohnungsmodelle auf den Prüfstand gestellt werden. Gleiches gilt für die Beauftragung von Entwicklungs-leistungen. Die Frage, die gestellt werden muss, lautet: Ist eine Abarbeitung der technischen Aufgabe nach den Stan-dardregeln des Ingenieurwesens gefordert oder darüber hinaus auch noch der Anspruch auf Kreativität, Alleinstellungs-merkmale, neue Verknüpfungen, neue Funktionen, an die bis jetzt noch keiner gedacht hat und die deshalb auch nicht im Lastenheft stehen?

Ähnlich wie in der Kunst gibt es einen fließenden Übergang von einfacher, soli-der Ingenieursarbeit, die von vielen geleistet werden kann, zu der schöpferi-schen, erfinderischen Kreativität. Es ist auch ein Trugschluss zu glauben, große Erfindungen müssten kompliziert sein oder komplexe Systeme umfassen. Die wahrhaft großen Erfindungen zeichnen sich oft durch verblüffende Einfachheit aus bei der sich jeder fragt: “Warum bin ich nicht darauf gekommen?“

Nicht die Komplexität bestimmt den Level an Kreativität, sondern im Gegen-teil: gerade verblüffend einfache Lösun-gen lassen oft ein ganz besonderes Pro-dukt entstehen. Solche Produkte haben meist Alleinstellungsmerkmale und tra-gen zu einem außergewöhnlichen Erfolg bei. Allerdings ist der Aufwand in der Entwicklungsphase teilweise erheblich größer. Aber nicht nur der reine zusätz-liche Ingenieursaufwand während der Entwicklungsphase muss erhöht werden. Besonderes Augenmerk sollte auf jene entscheidenden Geistesblitze gelegt wer-den, die das Produkt von anderen Pro-dukten am Markt positiv abhebt. Und hier schließt sich wieder der Kreis zur Kunst: Während der Entstehung braucht es Meister, die ein eigenständiges Ingeni-eurkunstwerk schaffen können. In der Regel werden solche Anstrengungen belohnt, die Kunden fragen ausgezeich-nete Produkte verstärkt nach.

Wenn wirklich gute Ideen in die Ent-wicklungsarbeit einfließen sollen, muss das Umfeld entsprechend geschaffen sein. Eine Einwicklungsarbeit unter Zeitdruck, mit streng vordefinierten Arbeitspaketen und ohne die nötige Freiheit, querdenken zu dürfen, wird die künstlerische Ingeni-eursarbeit zuverlässig verhindern. Sparen an der Entwicklung nach dem Motto „Cheap is cool“ ist für anspruchsvolle Produkte eindeutig nicht der richtige Weg – erst Recht nicht, wenn es um die (Elektro-)Mobilität der Zukunft geht.

4 Wo Ideen entstehen

Antriebsmix der Zukunft

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