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Kompakte Indiziermesstechnik in der Verbrennungsentwicklung Die Basis der Abgasemissions-, Geräusch- und Kraftstoffverbrauchsoptimierung des Dieselmotors im Fahrzeug wird durch die stationäre Abstimmung am Motorenprüfstand gelegt. Nur hier können alle relevanten Messgrößen genau erfasst und alle Parameter unabhängig von Antriebsstrang- und Umwelteinflüssen optimal eingestellt wer- den. Erst danach geht die Entwicklung im Fahrzeug weiter, bei der dann vor allem Aspekte wie Fahrbarkeit, Dynamik, Akustik und Volllast neben dem Emissionsverhalten optimiert werden. Dabei ist die Messtechnik- ausrüstung im Fahrzeug meist weniger umfangreich als am Prüfstand. Dadurch ist es nicht immer leicht, die Aus- wirkung von Maßnahmen, die beispielsweise der Fahrbarkeit dienen, auf die Emissionen zu bewerten. Der Beitrag von der AVL List GmbH soll zeigen, wie mit Hilfe von kompakter Messtechnik und der Nutzung von modellbasierten Informationen vom Motorenprüfstand die Entwicklung des Fahrzeugs verbessert werden kann. ENTWICKLUNG MTZ 05I2008 Jahrgang 69 420 Mess- und Prüftechnik

Kompakte Indiziermesstechnik in der Verbrennungsentwicklung

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Kompakte Indiziermesstechnik in

der Verbrennungsentwicklung

Die Basis der Abgasemissions-, Geräusch- und Kraftstoffverbrauchsoptimierung des Dieselmotors im Fahrzeug wird durch die stationäre Abstimmung am Motorenprüfstand gelegt. Nur hier können alle relevanten Messgrößen genau erfasst und alle Parameter unabhängig von Antriebsstrang- und Umwelteinflüssen optimal eingestellt wer-den. Erst danach geht die Entwicklung im Fahrzeug weiter, bei der dann vor allem Aspekte wie Fahrbarkeit, Dynamik, Akustik und Volllast neben dem Emissionsverhalten optimiert werden. Dabei ist die Messtechnik-ausrüstung im Fahrzeug meist weniger umfangreich als am Prüfstand. Dadurch ist es nicht immer leicht, die Aus-wirkung von Maßnahmen, die beispielsweise der Fahrbarkeit dienen, auf die Emissionen zu bewerten. Der Beitrag von der AVL List GmbH soll zeigen, wie mit Hilfe von kompakter Messtechnik und der Nutzung von modellbasierten Informationen vom Motorenprüfstand die Entwicklung des Fahrzeugs verbessert werden kann.

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1 Modellerstellung am Motorenprüfstand

Moderne Dieselmotoren zeichnen sich durch eine hohe Anzahl an Aktuatoren und variablen Einspritzsystemen aus. Zu-dem kommen immer häufiger aufwän-dige Regelstrategien und unterschied-liche Betriebszustände (zum Beispiel Partikelfilterregeneration) des Motors hinzu. Dies führt zu einer sehr hohen Anzahl an Freiheitsgraden, die optimal eingestellt werden müssen. Aus diesem Grund werden immer öfter modell-basierte Methoden zur meist automati-sierten Vermessung der Abhängigkeiten von den entsprechenden Parametern herangezogen. Aufgrund der ermittelten Modelle wird dann die Basisbedatung der Steuergeräte vorgenommen.

Um solche Modelle ermitteln zu kön-nen, werden zunächst die Variationspa-rameter sowie ihr Verstellbereich defi-niert. Dann wird basierend auf der Para-meteranzahl und der gewünschten Mo-dellgenauigkeit ein Versuchsplan erstellt. Im Beispiel von Bild 1 wurde ein Space Filling Design mit etwa hundert Mess-punkten gewählt. Das Design, also die systematische Anordnung der Mess-

punkte, wird nach den Prinzipien der statistischen Versuchsplanung (Design of Experiments oder DoE) gebildet. Diese Anordnung der Messpunkte im Space Fil-ling Design wird so gewählt, dass die Messpunkte möglichst gleichmäßig im Parameterraum verteilt sind. Damit wird eine hohe Modellqualität bei einer belie-bigen Messpunkteanzahl erreicht. Die Bildung dieses Versuchsdesigns erfolgt über rechnergestützte Algorithmen. Die Vermessung der einzelnen Parameter-variationen erfolgt danach am Motoren-prüfstand.

Ausgehend von einer innerhalb der Motorbetriebsgrenzen fahrbaren Einstel-lung wird automatisiert mittels einer Optimierungssoftware (zum Beispiel: AVL Cameo) jeder dieser Punkte unter ständiger Überwachung aller Limits am Prüfstand gemessen. Nach der Vermes-sung wird die Datenqualität hinsichtlich Plausibilität und Reproduzierbarkeit kontrolliert und eventuell nachbereitet. Die Motormodellerstellung erfolgt mit-tels AVL Cameo FNN (fast neural net-works). Hierbei werden die Werte der Systemantworten, wie beispielsweise Ver-brauch, Emissionen oder Geräusch, einem Modell zugeführt. Dieses Modell

Die Autoren

Dipl.-Ing. Stefan Brugger ist Entwicklungs-

ingenieur Firmware-

entwicklung Verbren-

nungsmesstechnik bei

der AVL List GmbH in

Graz (Österreich).

Bild 1: Auswertung 14 Mode Double Pilot bei 2670/min und 148 Nm

Dipl.-Ing. (FH) Gernot Fernitz ist Entwicklungs-

ingenieur Hardware-

entwicklung Verbren-

nungsmesstechnik bei

der AVL List GmbH in

Graz (Österreich).

Dipl.-Ing. Peter Gutmann ist Fachteamleiter Ent-

wicklung Pkw-Diesel-

motoren bei der AVL

List GmbH in Graz

(Österreich).

Dipl.-Ing. Josef Moik ist Entwicklungsleiter

Verbrennungsmess-

technik bei der AVL

List GmbH in Graz

(Österreich).

Dipl.-Ing. Peter Mathis ist Entwicklungs-

ingenieur Pkw-Diesel-

motoren bei der AVL

List GmbH in Graz

(Österreich).

Dipl.-Ing. (FH) Martin Rzehorska ist Produktmanager

Verbrennungsmess-

technik bei der AVL

List GmbH in Graz

(Österreich).

MTZ 05I2008 Jahrgang 69 421

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beschreibt diese Systemantworten in Ab-hängigkeit von den verstellten Parame-tern. Es gibt dabei verschiedene Ansätze, die Praxis hat jedoch gezeigt, dass die FNN-Modellbildung bei stationären Mo-tormodellen derzeit am besten geeignet ist. Das FNN ist ein Modell, das aus meh-reren Polynomen zusammengesetzt ist. In verschieden Bereichen des Versuchs-raums gelten unterschiedliche Poly-nome, so dass auch ausgeprägte Nichtli-nearitäten gut abgebildet werden kön-nen. Ein glatter, stetiger Verlauf des Mo-dells wird durch die Verwendung von Übergangsfunktionen erzielt.

In Bild 1 ist beispielhaft an einem Be-triebspunkt – hier in der Nähe des 120-km/h-Punkts im NEFZ-Zyklus – darge-stellt, wie sich Verbrauch, NOx-Emission, Rauch und das Verbrennungsgeräusch in Abhängigkeit von Haupteinspritzzeit-punkt, Abstand der beiden Piloteinsprit-zungen, Raildruck, Luftmasse und VNT-Stellung verhalten. Dieses Verhalten wird durch ein auf den Messergebnissen basierendes Modell abgebildet. In den Diagrammen wird dies durch die rote durchgezogene Linie dargestellt. Die grünen, gepunkteten Linien stehen für den 95-%-Vertrauensbereich, innerhalb dessen das Modell mit einer statisti-schen Wahrscheinlichkeit von 95 % zu liegen kommt. Mit Hilfe dieser Dia-gramme kann nun eine optimale Ein-stellung gewählt werden, wobei auf-grund von praktischen Erfahrungen mit ähnlichen Motoren berücksichtigt werden muss, inwieweit diese Einstel-

lung im Fahrzeug auch tatsächlich rea-lisierbar ist. Die Bewertung des Zylin-derdruckverlaufs sowie des Abstands zur Aussetzergrenze sind dabei wichtige Hilfen.

Dieser Vorgang muss für alle Betriebs-punkte wiederholt werden. Auf diese Weise erhält man schließlich einen ers-ten Datensatz, der die Basis für eine erste transiente Abstimmung im Fahrzeug darstellt.

2 Abstimmung im Fahrzeug

Basierend auf dieser aus stationären Tests abgeleiteten ersten Kalibrierung werden weitere Optimierungen direkt im Fahrzeug durchgeführt, wobei transi-ente Daten erfasst werden. Neben der Ab-stimmung von emissionsrelevanten Pa-rametern auf dem Fahrzeugrollenprüf-stand, auf der Straße oder der Teststrecke werden Aspekte wie Fahrbarkeit, transi-ente Übergänge, Komfort, Reglerqualität, subjektives Geräuschempfinden etc. be-trachtet. Hier ist die Messtechnikausrüs-tung im Fahrzeug in der Regel nicht so umfangreich wie am Prüfstand. Bisher wurde daher bei der Fahrzeugabstim-mung das Verbrennungsgeräusch meist nicht berücksichtigt. Dies führte aber oft zu notwendigen Iterationen, die eine große Anzahl an zusätzlichen Rollentests erforderte. Durch den Einsatz eines Ge-räuschmessgerätes im Versuchsfahrzeug kann dieser Parameter in der Applikati-on während der Rollentests oder bei Stra-

ßenfahrten zusammen mit den anderen Messgrößen erfasst werden.

Nebenbei ist zu erwähnen, dass die Ausrüstung des Fahrzeugs mit Zylinder-drucksensorik und Auswerteeinheit noch in einigen anderen Anwendungen erfolgreich eingesetzt wurde. Es seien hier nur beispielhaft zwei erwähnt:– Volllastapplikation: Unter verschie-

denen klimatischen Bedingungen (Hitze, Höhe und Kälte) wird die Voll-last des Motors im Fahrzeug durch die Bedatung von Korrekturfunktionen eingestellt. Dabei ist eine Zylinderspit-zendruckmessung für den Entwickler Vorraussetzung zur Erreichung eines optimalen Ergebnisses.

– Kaltstartverhalten: Eine wichtige Ein-flussgröße für eine Kaltstartoptimie-rung ist der Raildruck. Die Druckvari-ation hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Verbrennungsge-räuschbildung. Um Veränderungen der Akustik zu vermeiden, sollte bei solchen Optimierungen das Verbren-nungsgeräusch gemessen werden.

Das Beispiel der stationären Abstim-mung in Abschnitt 1 zeigt nur einen de-finierten Betriebspunkt, Bild 2. Durch ei-ne spezielle Art der Modellbildung kön-nen aber mehrere so genannte lokale Betriebspunkte zu einem globalen Mo-tormodell zusammengeführt werden. Diese globale Modellbildung erfolgt in einem definierten Drehzahl- und Last-bereich des Motors, in dem das Modell in späterer Folge bei der Abstimmung ein-gesetzt werden soll. Nach dem Rollentest wird die Geräuschspur nach eventuell auftretenden Peaks durchsucht. Wird ein zu hoher Peak detektiert, ist diesem eindeutig ein Lastpunkt zuordenbar. Durch die Auswertung des Modells kann unter Einhaltung des gleichen NOx-Ni-veaus und möglichst wenig zusätzlichem Rauch und Verbrauch eine Verringerung des Geräuschpegels erzielt werden.

3 Fahrzeugmesskette

Die typische Messkette, Bild 3, zur Geräu-scherfassung besteht aus einem piezoe-lektrischen Drucksensor im Verbren-nungsmotor, einer Verstärker- und Aus-werteeinheit „AVL FlexIFEM Advanced“ sowie einem Applikationssystem. Das Ge-rät ist dabei das zentrale Glied, das aus

Bild 2: Transiente Geräuschmessung im NEFZ-Zyklus

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dem Druckverlauf relevante Kennwerte ermitteln und diese über verschiedene Schnittstellen ausgeben kann. Es enthält einen Ladungsverstärker, einen Analog-Digitalwandler sowie eine leistungsfähi-ge Recheneinheit zur echtzeitfähigen Datenauswertung.

Die Einheit kann sowohl als konventi-oneller Ladungsverstärker als auch als kompakte Messeinheit für verschiedene Kenngrößen (zum Beispiel: Spitzendruck oder Verbrennungsgeräusch) verwendet werden. Das flexible Konzept erlaubt es, Modifikationen der Algorithmen (zum Beispiel: kundenspezifische Filterkurven) oder überhaupt auch weitere, neue Algo-rithmen von einem über USB Schnittstel-le angeschlossenen PC zu laden und im internen Flash-Speicher abzulegen.

Die Parametrierung des Geräts erfolgt ebenfalls über die USB- beziehungsweise eine RS232-Schnittstelle. Die wichtigsten Parameter können aber auch direkt am Gerät mit Hilfe des integrierten LCD und in die Frontplatte integrierten Tasten edi-tiert werden.Bild 3: Messkette zur Geräuscherfassung

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Resultatwerte werden einerseits am Display angezeigt und andererseits über die integrierte CAN-Busschnittstelle sowie über Analogausgänge anderen Systemen,

wie zum Beispiel einem Applikationssys-tem in Echtzeit zur Verfügung gestellt. Weiters sind digitale I/Os (TTL und Relais) vorhanden, die für das Melden von Ereig-

nissen verwendet werden können. Solche Ereignisse sind typischerweise Grenzwer-tüberschreitungen, wobei entweder ein-zelne Arbeitsspiele oder auch ein gleiten-des Kollektiv von Arbeitsspielen statistisch ausgewertet werden können. Durch den weiten Versorgungsspannungsbereich von 9,5 bis 36 V Gleichspannung und die flexiblen Aufstellmöglichkeiten ist das Gerät sowohl für den Betrieb im Fahr-zeug als auch für Messungen im Prüf-stand sowie im Labor geeignet.

3.1 Interne StrukturDer prinzipielle interne Aufbau besteht aus einem Analogteil mit zwei Ladungs-verstärkern sowie einem nachgeschalte-ten Digitalteil zur Berechnung der Re-sultatwerte. Zur Vermeidung von Beein-flussungen des Messsignals ist der Ana-logteil vom Digitalteil elektrisch ent-koppelt, Bild 4.

Bild 5: Drehungleichförmigkeit am Beispiel eines Sechszylindermotors

Bild 4: Funktionsblockdiagramm

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Bild 6: Ablaufdiagramm

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3.1.1 AnalogteilDer Verstärkerteil besteht aus einem In-tegrator, der die vom Drucksensor abge-gebene Ladung in eine dem Druck pro-portionale Spannung umwandelt. Einer allfälligen Drift, die durch Isolations-ströme und thermische Effekte entste-hen kann, wird mit einem digital be-rechneten Kompensationsstrom entge-gengewirkt. Anschließend folgt eine va-riable Verstärkerstufe zur Anpassung des Messsignals an die nachfolgende Schaltung. Der Verstärkungsfaktor wird dabei automatisch aus der eingestellten Sensorempfindlichkeit und dem gewähl-ten Messbereich ermittelt. Ein nachfol-gender Tiefpass ermöglicht das Bedämp-fen hoher Frequenzen mit einstellbaren Filtereckfrequenzen (–3 dB) zwischen 2 und 100 kHz. Die Ausgangsstufe entkop-pelt die schutzleiterbezogene Ausgangs-buchse von der Messmasse.

3.1.2 DigitalteilDer Analog-Digital-Umsetzer wandelt das analoge Signal vom Ladungsverstär-kerausgang in einen digitalen Daten-strom. Ein digitaler Tiefpass filtert hohe Störfrequenzen aus dem Signal, wodurch das Signal-Rausch-Verhältnis verbessert wird und Anti-Aliasing-Effekte des nach-geschalteten Abtastraten-Konverters ver-mieden werden. Der Konverter stellt die für den jeweiligen Auswertealgorithmus notwendige Datenrate zur Verfügung. Die Daten werden durch einen Memory Controller in den Messwertspeicher ge-schrieben, so dass der Prozessor wahlfrei darauf zugreifen kann.

Kennzeichnend für die Auswertung ist, dass diese arbeitsspielbezogen er-folgt. Aus diesem Grund ist vor Anwen-dung des eigentlichen Kennwert-Algo-rithmus eine Identifikation der Zyklus-grenzen erforderlich. Dies wird durch einen Schnitt des Kompressionsverlaufs des Zylinderdrucks mit einer konstanten Schwelle durchgeführt. Auf diese Weise können zusätzliche Signale zur Detek-tion der Position von Kurbel- beziehungs-weise Nockenwelle vermieden werden.

Der eigentliche Auswertealgorith-mus – zur Verbrennungsgeräusch- und Spitzendruckberechnung – kann somit genau auf einen in dem letzten Arbeits-spiel entsprechenden Ausschnitt des zeitlich erfassten Datenstroms ange-wendet werden.

4 Geräuschanalyse

Als Geräusch werden aus physikalischer Sicht sich wellenförmig ausbreitende Druckschwankungen der Luft oder an-derer Medien bezeichnet, die unter be-stimmten Voraussetzungen hinsichtlich Frequenz und Pegel vom menschlichen Gehör wahrgenommen werden. Als Ver-brennungsgeräusch wird jenes Geräusch bezeichnet, welches durch die Verbren-nung des Gasgemisches in den Zylin-dern eines Motors entsteht. Diese Ver-brennung resultiert in einem raschen Druckanstieg im Brennraum, welcher gedämpft durch die Motorstruktur an die Umgebungsluft übertragen und dort vom Menschen als Verbrennungsge-räusch wahrgenommen wird.

4.1 Anforderungen an die MessdatenDa das zu verarbeitende Frequenzspekt-rum sich am menschlichen Gehör orien-tiert und somit vorgegeben ist, können die Daten mit einer konstanten Abtast-rate erfasst werden. Dem Shannon Theo-rem entsprechend muss diese mindes-tens doppelt so hoch wie die maximale verarbeitete Signalfrequenz sein. Aller-dings muss die Auswertung trotzdem arbeitsspielbezogen erfolgen. Das bedeu-tet, dass sich je nach aktueller Drehzahl auch unterschiedlich lange Datenaus-schnitte zu verarbeiten sind. Vor allem bei niedrigen Drehzahlen ergeben sich damit große Datenpuffer, weshalb die Minimaldrehzahl für den Algorithmus auf 100/min festgelegt wurde. Variable Datenpuffer könnten nur durch eine winkelsynchrone Erfassung vermieden werden. Allerdings wäre dann die Zu-fuhr von hoch aufgelösten Winkelmar-ken (0,1°) erforderlich. Bei der Datenvor-bereitung für die folgende FFT-Analyse muss bei kurbelwinkelbasierter Erfas-sung die Momentandrehzahl, Bild 5, be-rückichtigt werden.

4.2 Rechenablauf für das VerbrennungsgeräuschBild 6 zeigt den schematischen Ablauf des Rechenvorgangs bei der Geräuscha-nalyse. Das Zylinderdrucksignal wird mittels einer Fouriertransformation in seine harmonischen Schwingungsan-teile zerlegt, wobei die Leistungen der Schwingungsanteile ermittelt werden („Power Spectrum“). Dieses Spektrum

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wird in weiterer Folge durch Zusammen-fassen von Spektrallinien in ein Terzspekt-rum, Bild 7, umgewandelt. Es besteht aus Frequenzbändern, welche zu den höheren Frequenzen hin entsprechend der loga-rithmischen Wahrnehmung des Gehörs exponentiell breiter werden. Von 100 Hz bis 10 kHz sind dies 21 aneinander an-schließende Frequenzbänder. Die Breite eines Frequenzbandes entspricht in der Musik einer Terz. Diese wird durch ihre

Mittenfrequenz und ihre untere und obe-re Grenzfrequenz bestimmt, innerhalb derer die Leistungsamplituden der Schwingungsanteile kumuliert werden. Durch Bezug auf einen Referenzschall-druck wird ein Pegelverlauf in dB ermit-telt.

Auf das solchermaßen ermittelte Terz-spektrum werden nun zwei Filter ange-wendet, die über Terzmittenfrequenzen definiert sind. Dies ist einerseits das so

genannte MFFR-Filter (Mean Freefield Re-sponse), welches die Schallübertragung vom Druck im Brennraum über die Mo-tormasse an die Umgebungsluft charak-terisiert, Bild 8. Diese Übertragungsfunk-tion wurde in der Literatur [1] definiert und stellt die Abbildung mehrerer signi-fikanter Motorstrukturen in einer Kurve dar. Diese Übertragungsfunktion ist für verschiedene Motoren sehr ähnlich, so dass im Allgemeinen eine einzelne aus-

Bild 9: MFFR-Kurve Bild 10: A-Kurve

Bild 8: Strukturübertragung

Bild 7: Terzpegelspektrum mit markierten Terzmittenfrequenzen

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Mess- und Prüftechnik

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reicht, um das Verbrennungsgeräusch zu charakterisieren, Bild 9.

Um neue, typischerweise steifere Mo-torstrukturen in Ihrer Übertragungs-funktion besser bewerten zu können, wird die MFFR-Kurve derzeit bei AVL überarbeitet, wobei eine stärkere Bewer-tung höherer Frequenzen eingeführt wird. Das AVL FlexIFEM Advanced erlaubt ein freies Anpassen der MFFR-Kurve, so dass neben der hinterlegten MFFR-Kurve auch kundenspezifische Übertragungs-funktionen verwendet werden können.

Die zweite Filterkurve ist die so ge-nannte A-Kurve, Bild 10. Diese repräsen-tiert das subjektive Lärmempfinden des menschlichen Gehörorgans. Zwei Ge-räusche derselben Amplitude, aber un-terschiedlicher Frequenz, werden mit unterschiedlicher Intensität empfunden. So erscheinen zum Beispiel Frequenzen zwischen 1000 bis 4000 Hz viel lauter als höhere oder tiefere Frequenzen.

Um diesem Verhalten Rechnung zu tragen, wird das Terzspektrum nach Fil-terung mit der MMFR-Kurve auch mit der A-Kurve gedämpft. Nach diesen Filte-rungen wird aus dem resultierenden Terzspektrum ein logarithmischer Mit-telwert gerechnet, der dann einen Kenn-wert für das Verbrennungsgeräusch (in dB oder genauer dB(A)) darstellt.

Dieser Rechenvorgang wird für jedes Arbeitsspiel wiederholt und dieser Kenn-wert in Echtzeit ausgegeben, wobei alter-nativ zu Einzelzykluswerten auch eine gleitende Mittelwertbildung über eine de-finierbare Anzahl von Zyklen möglich ist. Dieser Kennwert kann anschließend zur gemeinsamen Aufzeichnung mit anderen Messwerten an ein Applikationssystem übertragen werden und steht somit als Applikationsparameter zur Verfügung.

5 Zusammenfassung

Bei der Entwicklung aktueller Motor- und Antriebsstrangkonzepte wird nicht nur ein Fokus auf Emissionsbildung, Kraftstoffverbrauch und Fahrbarkeit ge-legt, auch der auftretenden Geräuschent-wicklung wird zunehmend mehr Ge-wicht beigemessen. Dabei ist vor allem die Bewertung von Interaktionen zwi-schen den applikativen Maßnahmen, die zur Zielerreichung der Grenzwerte not-wendig sind, und deren Auswirkungen

auf die Geräuschbildung für den Ent-wickler essentiell.

Um diese Forderungen in der Motoren- und Fahrzeugentwicklung vor allem auch in den zunehmend für den Abgastest rele-vanten transienten Betriebsarten präzise erfüllen zu können, werden Messgeräte benötigt, die solche Entwicklungs- und Kalibrieraufgaben unterstützen. Dazu wurde in diesem Beitrag von AVL ein Ge-rät vorgestellt, das eine robuste, Echtzeit-Ermittlung und Ausgabe von Kennwerten wie dem Verbrennungsgeräusch bietet

und für Prüfstand und Fahrzeug gleicher-maßen geeignet ist.

Literaturhinweis[1] Russel M. F.; Young, C. D.: Measurement of Diesel

Combustion Noise. In: Proc. I Mech E Autotech 85,

Seminar, 1985

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