Upload
buimien
View
251
Download
1
Embed Size (px)
KOMPENDIUM 2013
Dermatologie
■ Atopische Dermatitis ■ Akne ■ Psoriasis ■ Allergologie ■ Dermatologische Onkologie ■ Trichologie ■ Mykologie ■ Wundmanagement ■ Ästhetische Dermatologie und Anti-Aging
News & Standards
19. Jahrgang April 20131–44
U1-U2.indd 1 09/04/13 09:15
Bleiben Sie auf dem Laufenden!www.contactmeda.de/updates-erhalten
Das Mittel der Wahlbei AllergischerRhinitis1,2
PZN 02834904
Dymista® Nasenspray. Wirkstoffe: Azelastinhydrochlorid und Fluticasonpropionat. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandt.: Ein Sprühstoß (0,14 g) enth. 137 µg Azelastinhydrochlorid u. 50 µg Fluticasonpropionat. Sonst. Bestandt.: Natriumedetat, Glycerol, Mikrokristalline Cellulose und Carmellose-Natrium (84:16), Polysorbat 80, Benzalkoniumchlorid, 2-Phenylethan-1-ol, Gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur Linderung d. Sympt. der mittelschweren bis schweren saisonalen u. perennialen allerg. Rhinitis, wenn eine Monotherapie entw. mit einem intranasalen Antihistaminikum od. einem Glukokortikoid nicht als ausreichend erachtet wird. Gegenanzeigen: Überempfi ndlichkeit gegen den/die Wirkstoff(e) oder einen der sonst. Bestandteile. Warnhinweise: Enth. Benzalkoniumchlorid. Dies kann Reizungen d. Nasenschleimhaut u. Bronchospasmen verursachen. Bei längerer Anwend. eine Schwellung d. Nasenschleimhaut hervorrufen. Nebenwirkungen: Sehr häufi g: Nasenbluten. Häufi g: Kopfschmerzen, Dysgeusie, unangenehmer Geruch. Gelegentlich: Beschwerden an d. Nase (einschließl. Nasenreizung, Brennen, Jucken), Niesen, trockene Nasenschleimhaut, Husten, Halstrockenheit, Rachenreizung. Selten: Mundtrockenheit. Sehr selten: Überempfi ndlichkeitsreaktionen einschließl. anaphylaktische Reaktionen, Angioödem, Bronchospasmus, Schwindel, Somnolenz, Glaukom, Erhöhung des Augeninnendrucks, Katarakt, Perforation d. Nasenscheidewand, Schleimhauterosion, Übelkeit, Hautausschlag, Pruritus, Urtikaria, Abgeschlagenheit, Schwächegefühl. Weitere Einzelheiten u. Hinweise: s. Fach- u. Gebrauchsinformation. Verschreibungspfl ichtig.Stand: Januar 2013, MEDA Pharma GmbH & Co. KG, 61352 Bad Homburg, www.medapharma.de
Literatur: 1. Carr et al. A novel intranasal therapy of azelastine with fl uticasone for the treatment of allergic rhinitis. J Allergy Clin Immunol. 2012; 129(5): 1282-1289. 2. Leung et al. MP29 -02: A major advancement in the treatment of allergic rhinitis. J Allergy Clin Immunol. 2012; 129(5): 1216.
NEU
U1-U2.indd 2 09/04/13 09:15
ImpressumVerlag: Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart www.thieme.deRedaktion: Anna Trawicka Tel.: 07 11 / 89 31281 Fax: 07 11 / 89 31107 [email protected] Andreas Schweigerleitung: Tel.: 07 11 / 89 31245 Fax: 07 11 / 89 31624 [email protected]: Digital Access, FriolzheimLayout, Satz: F.M. Stephan, StuttgartDruck: Kliemo AG, Eupen / BelgienErscheinungsweise: Das Kompendium Dermatologie erscheint un re gel mäßig, jedoch mit mindestens einer Ausgabe jähr lich. ISSN 18600565Beilage in der Zeitschrift Aktuelle Dermato-logie, vereinigt mit „Zeitschrift für Dermatologie, gegr. 1882.Diese Beilage erscheint außerhalb des Verantwortungsbereiches der Herausgeber der Zeitschrift.Mit dem Abdruck des Beitrags erwirbt der Verlag das alleinige und ausschließliche Recht für die Veröffentlichung in sämtlichen Publikumsmedien sowie Übersetzungen in fremde Sprachen. Nachdruck, fotomechanische Wiedergabe und Speicherung in den Datenverarbeitungsanlagen, auch auszugsweise, nur nach schriftlicher Genehmigung des Verlags.
Dieses Kompendium enthält Beiträge, die auf Unternehmensinformationen basieren. Einzelne Beiträge sind ganz oder teilweise von einem Unternehmen gesponsert und separat gekennzeichnet.
Wichtiger HinweisWie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnis, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Heft eine Dosierung und Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung der Beilage entspricht.Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und ggf. nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Beilage abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.
© 2013 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
rechtzeitig zur 47. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) vom 1.–4. Mai in Dresden präsentieren wir Ihnen das Kompendium Dermatologie 2013. Im diesjährigen Programmheft der Tagung sind erstmals thematisch verwandte Symposien entlang des Zeitplans als farblich hinterlegte „Tracks“ (z. B. zu den Themen Onkologie oder Infektiologie) aneinandergereiht, um hier einen konsekutiven Besuch ohne terminliche Überschneidungen zu ermöglichen.
Auch wir möchten Ihnen mit dem diesjährigen Kompendium eine Anleitung dazu geben, was sich im letzten Jahr von der Ästhetischen Dermatologie, über neue Methoden in der Mykologie bis hin zum Wundmanagement im Fachbereich getan hat: Anfang des Jahres wurde die neue S3Leitlinie „Diagnose, Therapie und Nachsorge des Melanoms“ veröffentlicht. Mehr zu den aktuellen Forschungsergebnissen unter anderem zur Kombinationstherapie aus BRAF und MEKInhibitoren beim Melanom lesen Sie in diesem Heft ab S. 12. Auch auf dem Gebiet der Allergologie gibt es viele Neuentwicklungen. In den letzten 1,5 Jahren haben Medikamenten Neuzulassungen zu einer erheblichen Verbesserung des potenziell tödlichen Verlaufs des hereditären Angioödems geführt. In Deutschland stehen derzeit 5 Medikamente zur Akutversorgung zur Verfügung. Näheres erfahren Sie im StateoftheArtBeitrag „Allergologie“ ab S. 19.
Wir freuen uns, Ihnen auch dieses Jahr wieder eine anregende und informative Lektüre – abgerundet mit neuen Entwicklungen aus der Industrie – bieten zu können.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Ihre
Anna Trawicka
Titelbilder: © Pixland; Moll I, Duale Reihe Dermatologie, Thieme 2010
3Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 3 08.04.13 17:05
KOMPENDIUM 2013
Dermatologie Editorial 3 Kompendium Dermatologie 2013
Atopische Dermatitis 6 State of the Art
Akne 9 State of the Art
Dermatologische Onkologie12 State of the Art
15 Therapie aktinischer Keratosen: Vielfältige Behandlungsoptionen erfordern praktikable Therapiealgorithmen
18 Hautkrebs-Diagnostik: Konfokale Laserscanmikroskopie bietet optische Biopsie in Echtzeit
Allergologie19 State of the Art
24 Angioödeme können gefährlich werden
Ästhetische Dermatologie26 State of the Art
28 Rosazea-Therapie mit Rosaliac AR Intense:Studienergebnisse belegen Wirksamkeit beim Einsatz
29 Flüssigstickstoff in der Dermatologie – sichere Anwendung mit CRYOSPEED® MED
Psoriasis30 State of the Art
Trichologie33 State of the Art
Mykologie 36 State of the Art
Wundmanagement 40 State of the Art
4 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
Inhalt
KompDerm2013.indb 4 08.04.13 17:05
ü mildert die Sichtbarkeit erweiterter Äderchenü mindert Rötungenü stärkt die Haut
Dermatologische Pfl egeserie bei empfi ndlicher und zu Couperose neigender Haut.
Dr. Theiss Naturwaren GmbH | 66424 Homburg | www.medipharma.de
Apothekenexklusiv!
Unsere Anwender bestätigen:*
55% Reduziert Hautrötungen
50% Kleine Äderchen scheinen gemildert
55% Bildung neuer Hautrötungen wird vorgebeugt
80% Beruhigt die Haut
* Haut in Balance Coupeliac Beruhigende Tagespfl ege, Anwendungsstudie über 6 Wochen mit 20 Probanden
� ohne Konservierungsstoffe� ohne Para� n- und Silikonöle� ohne allergene Duftstoffe
Atopische Dermatitis – State of the Art Dr. Christiane Rödiger, Prof. Dr. Johannes Norgauer, Jena
Die atopische Dermatitis ist v. a. in den Industriestaaten weit verbreitet:
Je nach statistischer Untersuchung sind 5–20 % der Kinder und bis zu
3 % der Erwachsenen betroffen. Die Hauterkrankung tritt bei ca. 60 % der Betroffenen im 1. Lebensjahr und bei ca. 90 % erstmals bis zum 5. Lebens-
jahr auf. Meist reduzieren sich die Symptome deutlich mit Beginn der
Adoleszenz [1].
TerminologieDie atopische Dermatitis, auch als Neurodermitis oder endogenes Ekzem bezeichnet, ist, wie der Fachbegriff bereits beschreibt, eine entzündliche Hauterkrankung aus dem atopischen Formenkreis.
Bereits in der Antike finden sich erste Beschreibungen zur atopischen Dermatitis. Der römische Schriftsteller und Gelehrte Gaius Suetonis Tranquillus (ca. 70 – 122 n. Chr.) beschrieb in seinen Biografien typische Ekzemsymptome bei Kaiser Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.). Im ersten Dermatologiebuch „De morbis cutaneis“ aus dem Jahre 1572 stellte der italienische Arzt Girolamo Mercuriale (1530–1606) Symptome dar, die dem atopischen Ekzem entsprechen könnten [2].
Anfang des 19. Jh. wurde die Ekzemerkrankung von Robert Willan (1808) und Ferdinand von Hebra (1844) erstmals als eigenständiges Krankheitsbild beschrieben [3]. Es waren fortan verschiedene Begriffe in der Verwendung: Disseminierte Neurodermitis (1891 Louis A. Brocq und L. Jacquet), Dermatitis multifor
Bild
: © M
oll,
Dua
le R
eihe
Der
mat
olog
ie. T
hiem
e 20
05
mis pruriginosa (1892 Ernest Henri Besnier) sowie Prurigo Besnier.
Der Begriff Atopie wurde von den amerikanischen Allergologen Arthur Fernandez Coca (1875–1959) und Robert A. Cooke (1890–1960) als neuer medizinischer Terminus 1923 eingeführt [4]. 1933 definierten Fred Wise und Marion B. Sulzberger schließlich den Begriff atopische Dermatitis [3], der sich seit dem weltweit durchsetzt. Synonym werden v. a. im deutschsprachigen Raum immer noch die Begriffe Neurodermitis oder endogenes bzw. atopisches Ekzem verwendet.
AtopieDer Terminus „Atopie“ kommt
aus dem Griechischen und bedeutet „falscher Ort“ (atopos) und meint das Ungewöhnliche. Man versteht darunter die vererbte Neigung zu einer empfindlichen Haut und / oder Schleimhaut und die daraus folgende Wahrscheinlichkeit, atopische Erkrankungen wie atopische Dermatitis, allergische Rhinokonjunktivitis oder allergisches Asthma bronchiale entwickeln zu können.
State of the Art
6 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 6 08.04.13 17:05
Abb. 1 Der atopische Marsch.
Nur die Bereitschaft, eine atopische Haut und / oder Schleimhaut zu bekommen, wird vererbt, nicht die einzelne Erkrankung. Es ist möglich, dass mehrere atopische Erkrankungen gleichzeitig oder nacheinander auftreten können, dann spricht man vom sogenannten atopischen Marsch (siehe Abb. 1).
Klinik Die atopische Dermatitis zeigt abhängig vom Stadium der Erkrankung und dem Alter der Patienten verschiedene klinische Symptome. Im akuten Stadium finden sich meist exsudative Ekzeme mit erythematösen Papeln, Bläschen, Erosionen und flächigen Erythemen. Bei längerem Verlauf sind hingegen vorrangig Zeichen der chronischen Hautentzündung wie Lichenifikation mit Verdickung der Haut und Vergröberung der Hautfelderung zu sehen.
Im Säuglings und Kleinkindalter überwiegen die Zeichen der akuten Hautentzündung. Die Hautveränderungen finden sich typischerweise im Gesicht, am Kapillitium und an den Streckseiten der Extremitäten. Meist erst im Jugend und Erwachsenenalter ist die atopische Dermatitis im Wesentlichen auf die Beugeseiten der Extremitäten, aber auch
an Hals und Stamm konzentriert. In allen Stadien und Altersgruppen dominiert der Pruritus der oft sehr trockenen Haut.
Nicht immer ist die atopische Dermatitis vollständig ausgeprägt. Es gibt zahlreiche atopische Minimalvarianten bei vielen Menschen, die nur selten in ihrem Leben oder auch gar nicht typische Ekzemeffloreszenzen ausbilden (Tab. 1).
Außerdem kann man gehäuft bei Menschen mit atopischer Haut und / oder Schleimhautdiathese verschiedene Stigmata bzw. körperliche Merkmale finden, die relativ gut zur Diagnosesicherung geeignet sind (Tab. 2)
TherapieDrei große Säulen bilden die Grundlage der Therapie der atopischen Dermatitis.
ProvokationsfaktorenAls erstes gilt es, die Provokati
onsfaktoren aus der Umwelt als solche zu erkennen und wenn möglich zu meiden oder zumindest zu reduzieren. Zu diesen Provokationsfaktoren zählen die Allergene, hier besonders die Aeroallergene wie Hausstaubmilben, Pollen oder Tierhaare aber auch bestimmte Nahrungsmit
telallergene, z. B. Milch, Hühnerei oder Weizenmehl. Daneben spielen Irritanzien aus der Umwelt eine große Rolle. Feuchtigkeit und Kontakt zu alkalischen Seifen sollten soweit möglich gemieden werden. Klimatische Bedingungen, bestimmte Kleidung (Wolle, synthetische Stoffe) und manche Nahrungsmittel gelten ebenso als Reizstoffe der Haut. Nicht zuletzt zählen auch psychische Umstände zu diesen Provokationsfaktoren. Es ist bekannt, dass sowohl positiver als auch negativer Stress den Hautbefund deutliche beeinflussen kann.
Symptomatische TherapieDie 2. große Säule umfasst die
symptomatische Therapie. Grundlage und unabdingbar erforderlich ist eine regelmäßige und konsequente Basistherapie in Form von Pflegeanwendungen an der Haut. Zudem sind je nach Stadium und Ausprägung der Hautentzündung oft antiinflammatorische und antipruriginöse Therapien entsprechend des Stufenplans der S2Leitlinie [5] notwendig (Tab. 3). Zusätzlich ist die UVBehandlung zur Interventionstherapie der atopischen Dermatitis
AtopischeDermatitis
Asthmabronchiale
AllergischeRhinitis
0 ½ 1 3 7 15 Alter inJahren
Präv
alen
z
Tab. 1 Atopische Minimalformen.
●Xerosis cutis ●Pityriasis alba ●Ohrrhagaden / -ekzem ●Perlèche (Mundwinkelrhagaden) ●Dyshidrosiformes Handekzem ●Pulpitis sicca (sog. Winterfuß) ●Mamillenekzem
Tab. 2 Atopische Stigmata.
●Dermographismus albus (weiße Hautzeichnung durch Vasokonst-riktion) ●palmare Hyperlinearität ●Hertoghe’sches Zeichen (Ausfall der seitlichen Augenbrauen) ●Dirty neck ●Keratosis pilaris ●Denni-Morgan-Falte (doppelte untere Lidfalte) ●periorbitale Verschattung ●pelzmützenförmiger Haaransatz ●Akrozyanose
State of the Art
7Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 7 08.04.13 17:05
sehr gut geeignet. Entsprechend des Schweregrades kann UVB (Breit oder Schmalspektrum) oder UVAStrahlung (in Kombination mit UVB, als Hochdosistherapie UVA1 oder als PUVATherapie) zur Anwendung kommen.
SchulungsmaßnahmenIn den letzten Jahren haben
Schulungsmaßnahmen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie bilden neben der Bestimmung der Provokationsfaktoren und der symptomatischen Therapie die 3. Säule der Behandlungsmaßnahmen. Es konnte gezeigt werden, dass geschulte Patienten einen besseren Verlauf der atopischen Dermatitis aufweisen [6]. In den Schulungen werden neue Erkenntnisse aus den Bereichen Medi zin, Pädagogik, Psychologie und Ernährungswissenschaften in koordinierter Form an Hand des Konzeptes der Arbeitsgemeinschaft Neuro dermitis schulung e. V. (AGNES) den Patienten bzw. deren Angehörigen dargeboten. Bereits seit 2007 empfehlen die Spitzenverbände der Krankenkassen die Kostenübernahme für Schulungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern. Derzeit laufen Untersuchun
Tab. 3 Stufenplan der Therapie entsprechend der S2-Leitlinie [5].
Stufe Klinik Therapie
Stufe 1 trockene Haut topische Basistherapie zur Hydratation der Haut mittels Emollientien
Stufe 2 leichte Ekzeme Stufe 1 + antipruriginöse und antiseptische Wirkstoffetopische Steroide der Klasse 1/2und / oder topische Calcineurin-Inhibitoren
Stufe 3 moderate Ekzeme Stufe 2 + topische Steroide (Klasse 2/3)und / oder topische Calcineurin-Inhibitoren
Stufe 4 peristierende, schwer ausgeprägte Ekzeme
Stufe 3 + systemische Therapien (Kurzzeitbehandlung mit Steroiden, Langzeittherapie mit Ciclosporin)
gen zur Wirksamkeit solcher Studien an Erwachsenen. Die Ergebnisse und v. a. die Reaktionen der Krankenkassen werden gespannt erwartet.
Literatur1. Fritsch P. Dermatologie Venerologie. 2.
Aufl. Berlin: Springer; 2004 2. Ring J. The History of Atopic Eczema / Der-
matitis. In: Ring J, Przybilla B, Ruzicka T, eds. Handbook of atopic eczema. 2nd ed. Berlin / Heidelberg / New York: Springer; 2006: 10–20
3. Zollner T, Boehncke WH, Kaufmann R, Hrsg. Atopische Dermatitis. Berlin / Wien: Blackwell, 2002
4. Matthys H, Seeger W, Hrsg. Klinische Pneumologie. 3. Aufl. Heidelberg / Berlin: Springer, 2001
5. Leitliniengruppe, Werfel T, Aberer W, Au-gustin M et al. Neurodermitis S2 Leitlinie. J Dtsch Dermatol Ges 2009; 7 (Suppl. 1): S1–S46
6. Kupfer J, Gieler U, Diepgen TL. Structured education program improves the coping with atopic dermatitis in children and their parents – a multicenter, randomized controlled trial. J Psychosom Res 2010; 68: 353–358
Korrespondenz:Dr. Christiane RödigerKlinik für Dermatologie und AllergologieUniversitätsklinikum JenaErfurter Str. 3507743 [email protected]
Seite 8Anzeige 1/3 hoch, links
Thieme.de
KompDerm2013.indb 8 08.04.13 17:05
www.thieme.de
Der offi zielleOnline-ShopDie komplette Thieme-Auswahl,auch bei Ihnen zu Hause.
Einfach aussuchen undbequem bestellen.
.de_55x248_4c 1 14.09.11 0
Sans titre-1 1 09/04/13 09:31
Akne – State of the ArtAikaterini I. Liakou, Prof. Dr. Christos C. Zouboulis, Dessau
Akne ist die häufigste dermatologi-sche Erkrankung und manifestiert sich mit verschiedenen klinischen Bildern und in unterschiedlichem Lebensalter jedoch überwiegend bei
ca. 70–95 % aller Jugendlichen im Alter von 15–18 Jahren. Akne-Läsionen
treten besonders im Gesicht und am oberen Stammbereich auf. Die Mehr-
zahl der Patienten weist nach der Pu-bertät eine spontane Rückbildung auf; in 10 % der Fälle persistiert allerdings die Erkrankung über das 25. Lebens-
jahr hinaus.
Akne wird abhängig vom klinischen Bild, vom Alter des Auftretens und vom Schweregrad
klassifiziert (Tab. 1). Für die Pathogenese der Erkrankung wurden verschiedene Theorien entwickelt. Traditionell wird behauptet, dass Seborrhoe, gestörte follikuläre Differenzierung mit verstärkter Verhornung, mikrobielle Hyperkolonisation und eine begleitende Entzündung zur Entstehung der Akne führen. Aktuelle Befunde stellen jedoch die Entzündung des Talgdrüsenfollikels in den Vordergrund und geben u. a. der genetischen Disposition sowie proinflammatorischen Lipiden im
Bild
: © O
cska
y Be
nce
/ Fot
olia
.com
Sebum eine pathogenetische Bedeutung. Auch die Entwicklung eines bakteriellen Biofilms und bakterielle Proteine, Neuropeptidsignalwege und bestimmte Ernährungsformen werden verdächtigt, zur Entstehung der Akne beizutragen.
In diesem Beitrag werden die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten und die therapeutischen Schemata nach den deutschen S2kLeitlinien (Abb. 1) zusammengefasst.
Topische AntibiotikaEine topische antimikrobielle
Monotherapie ist nicht empfehlenswert. Eine topische Therapie mit Anti biotika sollte nur bei leichter bis mittelschwerer Akne in Kombinationen mit topischen Retinoiden, Benzoylperoxid (BPO) oder Azelainsäure angewendet werden. Bei Frauen mit mittelschweren Formen der Akne wird zusätzlich die Kombination mit systemischen hormonellen Antiandrogenen empfohlen. Kontraindiziert sind Erythromyzin bei bekannten Lebererkrankungen, Clindamycin bei Schwangerschaft und Stillzeit sowie Tetrazykline bei Schwangerschaft, Stillzeit, schweren Leberfunktionsstörungen und Niereninsuffizienz. Die topische antimi
Tab. 1 Klassifikation der Akne.
Nach dem klinischen Bild
●Acne comedonica ●Acne papulopustulosa ●Acne papulopustulosa / nodosa ●Acne conglobata ●Acne fulminans
Nach demAlter des Auftretens
●Acne neonatorum ●Acne infantum ●Acne praecox ●Acne vulgaris ●Acne tarda
Nach demSchwere-grad
● leichte Akne ●mittelschwere Akne ● schwere Akne
State of the Art
9Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 9 08.04.13 17:05
Abb. 1 Therapie der Akne nach der deutschen S2k-Leitlinie. © 2010 Blackwell Verlag GmbH, Berlin [Nast A, Bayerl C, Borelli C et al. S2k-Leitlinie zur Therapie der Akne. J Dtsch Dermatol Ges 2010; 8 (Suppl. 2): S1–S59].
Therapiealgorithmus „Deutsche S2k-Akne-Leitlinie 2010“
leicht mittelschwer schwer
A. comedonica1,2 A. pap. pust.1 A. pap. pust.1 A. pap. pust. nodosa1,3
A. congoblata
1. Wahl top. Retinoid BT4,5
oderKombination der BT4
oderBT4 + top. AB
Kombination der BT4
oderBT4 + top. ABoder
orales AB + BT4
orales AB+ ein oder zwei BToder
orales AB+ Azelainsäure
orales AB+ BPO+ top. Retinoidoder
orales AB+ Azelainsäure
Alternativen Azelainsäure Azelainsäure(allein5, oder Kombi. mit top. BT / AB)
Azelainsäure + BToder
orales AB + Azelainsäure
orales Isotretinoin orales Isotretinoin
Bei Frauen siehe oben siehe oben orales antiandrogenes Kontrazeptivum+ siehe 1. Wahl
orales antiandroge-nes Kontrazeptivum+ siehe 1. Wahl
orales antiandroge-nes Kontrazeptivum+ siehe 1. Wahl
Im Falle von Schwanger- schaft
Azelainsäure Azelainsäure + BPOoder
top. Erythromyzin + BPO
orales Erythromyzin+ Azelainsäureoder
+ BPO
orales Erythromyzin+ Azelainsäure+ BPO
orales Erythromyzin+ Azelainsäure + BPOevt. orales Predni-solon kurzfristig
Erhaltungs- therapie
top. Retinoid top. Retinoid top. Retinoid + BPO
1 zusätzlich mechan. Komedonenentfernung;2 bei starker Ausprägung kann eine A. comedonica auch als eine mittelgradige bzw. schwere Akne bewertet werden;3 A. pap. pust. mit Knötchen (0,5–1 cm); 4 Basistherapeutikum = topisches Retinoid oder Benzoylperoxid (BPO);5 bei leichten Formen; BT = Basistherapeutikum; AB = Antibiotikum; top. = topisch
krobielle Therapie wird 1–2mal täglich angewendet und sollte 2–12 Wochen dauern. Eine längere Behandlung ist nicht sinnvoll, da keine deutliche Besserung des erzielten therapeutischen Ergebnisses zu erwarten ist. Auch die erhöhte Prävalenz von Resistenzbildung von P. acnes gegenüber dem applizierten Antibiotikum spricht gegen eine längere Therapiedauer.
Benzoylperoxid (BPO)Eine topische Therapie mit BPO
wird bei leichter Acne papulopustulosa als Basistherapie empfohlen. Bei mittelschweren und schweren Akneformen ist eine Kombination
mit topischen Retinoiden, Antibiotika, Azelainsäure und / oder systemischen Antibiotika angeraten. Eine bekannte Sensibilisierung gegen BPO ist die einzige Anwendungseinschränkung. BPO wird 1–2mal täglich appliziert und sollte über einen Zeitraum von 8–12 Wochen angewendet werden.
Topische RetinoideEine topische Therapie mit Reti
noiden wird bei Acne comedonica und leichter Acne papulopustulosa als Basistherapie (Adapalen > Isotretinoin, Tretinoin), bei mittelschweren und schweren Akneformen mit bzw. in topischen Kombinationen
mit BPO, Antibiotika, Azelainsäure und / oder systemischen Antibiotika empfohlen. Die wesentlichen Kontraindikationen sind, wegen des dosisunabhängigen teratogenen Risikos, Schwangerschaft und Stillzeit. Für topische Retinoide wird eine externe Anwendung von 1–2mal täglich empfohlen, die Therapiedauer beträgt meistens 8–12 Wochen. Die fixe Kombination aus Adapalen und BPO kann bis zu 12 Monaten lang angewendet werden.
AzelainsäureEine topische Therapie mit Az
elain säure kann bei Acne comedonica und leichter Acne papulopustulosa
State of the Art
10 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 10 08.04.13 17:05
bzw. bei mittelschweren und schweren Akneformen in Kombinationen mit BPO, Antibiotika, Retinoiden und / oder systemischen Antibiotika empfohlen werden. Die topische Therapie mit Azelainsäure wird 2mal täglich appliziert und soll länger als 12 Wochen dauern.
Systemische AntibiotikaEine systemische Therapie mit
Antibiotika (Doxyzyklin > Minozyklin, Tetrazyklin) wird bei mittelschwerer bis schwerer entzündlicher Akne als Basistherapie sowie bei jeder Form entzündlicher Akne empfohlen, die nicht ausreichend auf eine topische Therapie anspricht. Systemische Antibiotika werden nicht als Monotherapie empfohlen, sondern in Kombination mit topischen Retinoiden, BPO, Azelainsäure und bei Frauen mit oralen hormonellen Antiandrogenen. Die täglichen Dosisempfehlungen sind in Tab. 2 aufgelistet.
Die Therapiedauer liegt bei 1–3 Monaten. Wenn keine Lebervorerkrankung besteht, sind Laborkontrollen während dieser kurzen Antibiotikatherapie nicht erforderlich. Je nach Jahreszeit und individueller UVExposition ist bei Doxyzyklin, Minozyklin und Tetrazyklinen ein Lichtschutz gegen UVAStrahlung erforderlich.
Systemische RetinoideEine systemische Therapie mit
Isotretinoin wird als Basistherapie bei schwerer Akne (Acne papulopustulosa / nodosa oder conglobata) empfohlen, die nicht auf topische und systemische Antibiotikatherapie anspricht. Die Tagesdosisempfehlung liegt bei Acne papulopustulosa / no
dosa bei mindestens 0,3 mg/kg KG als Initialdosis und bei Acne conglobata bei mindestens 0,5 mg/kg KG. Die Therapiedauer beträgt bei der oben genannten Tagesdosis mindestens 6 Monate. Zu Beginn der Therapie, einen Monat nach Therapiebeginn und alle 3 Monate während der Therapie sollen die Leberenzyme und die Fettwerte (Cholesterin, Triglyzeride) im Serum überprüft werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor der Isotretinointherapie eine Einverständniserklärung unterschreiben. Ein Schwangerschaftstest muss 2mal vor, jeden Monat während der Therapie und 5 Wochen nach dem Therapieende durchgeführt werden.
Hormonelle antiandrogene TherapieDie hormonelle antiandrogene
Therapie (Ethinylestradiol in Kombination mit Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat, Dienogest, Desogestrel, Drospirenon) wird nicht als primäre Monotherapie einer unkomplizierten Akne empfohlen. Sie wird bei weiblichen Patienten mit mittelschwerer Acne papulopustulosa bis Acne conglobata und bei jungen Frauen im reproduktiven Alter mit Zeichen eines peripheren
Hyperandrogenismus mit / ohne Hyperandrogenämie empfohlen. Auch bei Frauen mit Acne tarda als Zeichen eines peripheren Hyperandrogenismus, bei erwachsenen Frauen mit persistierender Akne trotz durchgeführter klassischer Therapie und bei Patientinnen mit SAHASyndrom (Seborrhoe, Akne, Hirsutismus, androgenetische Alopezie) wird diese Therapie ebenfalls empfohlen. Ein erhöhtes Thrombophilierisiko ist bei der Einleitung einer Therapie mit hormonellen Antiandrogenen zu berücksichtigen; die Therapie sollte mindestens 12 Monate dauern.
GlukokortikoideSystemische Glukokortikoide
werden für den standardmäßigen Einsatz bei Akne nicht empfohlen, sondern nur in Sonderfällen wie z. B. bei systemischen entzündlichen Komplikationen (z. B. Acne fulminans) oder bei Exazerbation unter systemischer Isotretinointherapie.
Zusammenfassend ist Akne eine komplizierte dermatologische Erkrankung mit multifaktorieller Pathogenese und verschiedenen Therapiemöglichkeiten, die heute vom Dermatologen evidenzbasiert eingesetzt werden sollten.
Korrespondenz:Prof. Dr. Christos C. ZouboulisKlinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie Immunologisches Zentrum Städtisches Klinikum DessauAuenweg 3806847 [email protected]
Tab. 2 Dosierung bei systemischer Antibiotikagabe.
Antibiotikum Dosierung
Doxyzyklin 2 × 50 mg bzw. 1 × 100 mg
Minozyklin 2 × 50 mg
Tetrazyklin-HCl 2 × 500 mg
Erythromyzin 2 × 500 mg
State of the Art
11Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 11 08.04.13 17:05
Dermatologische Onkologie – State of the ArtDr. Dirk Debus, Nürnberg
Die Zulassungen von Ipilimumab im Juli 2011 und Vemurafenib im Februar 2012 haben die Therapie des metas-
tasierten Melanoms maßgeblich verändert. Insbesondere auf den Jah-
reskongressen von ASCO und ESMO wurden im Jahr 2012 vielverspre-
chende Studienergebnisse weiterer Substanzen präsentiert, die das the-
rapeutische Arsenal erweitern und die Überlebensrate der Patienten
hoffentlich noch weiter verlängern werden. Aufgrund der zahlreichen Neuentwicklungen beim Melanom
fokussiert die vorliegende Übersichts-arbeit auf ebendiese. Zusätzlich wer-
den therapeutische Neuerungen beim Basalzellkarzinom und bei den akti-nischen Präkanzerosen besprochen.
Zielgerichtete Therapie beim MelanomVemurafenib (BRIM-3-Update)In einem DatenUpdate der Zu
lassungsstudie Vemurafenib vs. Dacarbazin [1] bestätigte sich der deutliche Vorteil für Vemurafenib, einen Inhibitor des Protoonkogens BRAF, für das mediane progressionsfreie Überleben (PFS: progression free survival, 6,9 vs. 1,6 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,38). Aufgrund der ausreichend langen Nachbeobachtung konnte dieser nun auch für das mediane Gesamtüberleben (OS: overall survival, 13,6 vs. 9,7 Monate; HR 0,70) gezeigt werden. Die Gesamtansprechrate (ORR: overall response rate; Summe aus kompletter und partieller Remission) betrug 57 % unter Vemurafenib vs. 8,6 % unter Dacarbazin. Im Sicherheitsprofil ergaben sich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse.
Dabrafenib (BREAK-3)Dieser weitere BRAFInhibitor
wurde in einer PhaseIIIStudie [2] firstline gegen Dacarbazin getestet. Es wurden 250 Patienten eingeschlossen und 3:1 in die Behandlungsarme Dabrafenib 150 mg 2mal täglich peroral vs. Dacarbazin 1000 mg i. v. alle 3 Wochen randomisiert. Bei Progress unter Dacarbazin war ein Crossover erlaubt. Es zeigte sich ein medianes PFS von 6,7 vs. 2,9 Monaten in der unabhängigen BeurBild: © Benice / Fotolia.com
teilung (HR 0,30). Die ORR lag bei 50 % vs. 6 %. An schwerwiegenden Nebenwirkungen (Grad 3–4 nach CTCAE) traten unter Dabrafenib insbesondere Plattenepithelkarzinome / Keratoakanthome (5 %) und Fieber (4 %) auf. Bei nur 3 % der mit Dabrafenib behandelten Patienten musste die Therapie abgebrochen werden. Dabrafenib konnte somit nach Vemurafenib als zweiter BRAFInhibitor eine sehr gute Wirksamkeit und Verträglichkeit zeigen. Daten zum medianen Gesamtüberleben stehen allerdings aus.
Trametinib (METRIC)In vorausgegangenen Studien
konnte auch die Inhibition der Proteinkinase MEK (im MAPKinaseSignalweg dem BRAFMolekül nachgelagert) bei BRAFmutierten metastasierten Melanomen vielversprechende Ergebnisse zeigen. Erstmals wurde der MEKInhibitor Trametinib nun in einer PhaseIIIStudie [3] ebenfalls firstline gegen eine Chemotherapie mit Dacarbazin oder Paclitaxel getestet. Es wurden 322 Patienten eingeschlossen und 2:1 randomisiert, bei Progress unter Chemotherapie war ein Crossover möglich. Das mediane PFS betrug 4,8 vs. 1,5 Monate (HR 0,45), die ORR lag bei 78 % (Trametinib) vs. 39 % unter Chemotherapie.
Das mediane OS konnte aufgrund der kurzen Nachbeobachtungszeit
State of the Art
12 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 12 08.04.13 17:05
noch nicht ermittelt werden. Nach 6 Monaten unter Trametinib waren noch 74 %, unter Chemotherapie nur noch 56 % der Patienten am Leben (HR 0,54), obwohl 47 % der ChemotherapieGruppe nach Progress in den TrametinibArm wechselten.
Die häufigste und dosislimitierende Nebenwirkung waren akneiforme Hautveränderungen. Schwerwiegende Nebenwirkungen unter Trametinib waren v. a. arterielle Hypertonie (12 %), Hautausschläge (8 %) und Fatigue (4 %). Beobachtet wurden außerdem eine Abnahme der linksventrikulären Ejektionsfraktion (7 %) und eine Chorioretinopathie (< 1 %) unter MEKInhibition. Interessanterweise wurde die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen nicht beobachtet.
Kombination von BRAF- und MEK-InhibitorenAufgrund verschiedener Resis
tenzmechanismen (vgl. Abb. 1) kommt es bei BRAFInhibitoren nach einigen Monaten häufig zum Wirkverlust. Die additive MEKBlockade
zur Vermeidung bzw. Verzögerung dieser Resistenz und die verstärkte Blockade des Signalwegs stellt die Rationale zur Kombination von BRAF und MEKInhibitoren dar.
Dabrafenib/TrametinibDie Kombination aus den BRAF
und MEKInhibitoren Dabrafenib und Trametinib hat in einer PhaseI/IIStudie [4, 5] vielversprechende Ergebnisse erbracht, was die Rate und Dauer des Ansprechens und das Nebenwirkungsprofil angeht. In der Dosierung Dabrafenib 150 mg 2mal täglich und Trametinib 2 mg 1mal täglich konnte ein PFS von 9,4 Monaten vs. 5,8 Monaten unter DabrafenibMonotherapie erreicht werden (HR 0,39). Das mediane Gesamtüberleben war im Oktober 2012 noch nicht erreicht. Nach 12 Monaten lebten jedoch noch 79 % der Patienten im Kombinationsarm vs. 70 % unter Dabrafenib. Die objektive Ansprechrate betrug 76 % vs. 54 %, die mittlere Ansprechdauer 10,5 vs. 5,6 Monate. Diese gute Wirksamkeit war nicht mit stärkeren Nebenwir
kungen verbunden, im Gegenteil war die Kombinationstherapie sogar besser verträglich. Insbesondere sekundäre Hauttumoren traten seltener auf als unter DabrafenibMonotherapie: Plattenepithelkarzinome (7 % vs. 19 %), Papillome (4 % vs. 15 %), Hyperkeratosen (9 % vs. 30 %). Dagegen waren Fieber und Schüttelfrost, Neutropenie oder Hyponatriämie im Kombinationsarm häufiger. Akneiforme Hautveränderungen mit Grad 3–4 traten unter der Kombinationstherapie gar nicht auf. Inzwischen sind 2 PhaseIIIStudien mit dieser Kombinationstherapie angelaufen, die Studie COMBId (vs. Dabrafenib monotherapeutisch) ist bereits vollständig rekrutiert, die COMBIv (vs. Vemurafenib) wurde kürzlich initiiert.
Vemurafenib/GDC-0973In einer PhaseIbDosisfindungs
studie [6] mit der Kombination der BRAF und MEKInhibitoren Vemurafenib und GDC0973 bei 44 Patienten mit BRAFmutiertem Melanom wurden zunächst in 10 Kohorten verschiedene Dosierungen und Verabreichungsintervalle getestet. Die häufigsten Nebenwirkungen (alle Grade) waren Durchfälle (54,5 %), kutane Nebenwirkungen (50 %), Übelkeit (38,6 %), Fatigue / Schwäche (34,1 %), Transaminasenanstieg (25 %) und Photosensitivität (25 %). Die weitere Untersuchung wurde mit 2 Dosierungen durchgeführt: Vemurafenib 720 mg bzw. 960 mg 2mal täglich und GDC0973 60 mg 1mal täglich – 21 Tage on / 7 Tage off. Präliminäre Daten zeigen bei den bisher evaluierbaren Patienten eine Tumorverkleinerung.
ImmuntherapieNach langen Jahren des Stillstands
erlebt die Immuntherapie beim metastasierten Melanom aktuell eine Renaissance. Für Ipilimumab liegen inzwischen längere Nachbeobachtungsdaten vor, für ein weiteres Wirkprinzip, die Blockade des PD1Signals (programmed death1), wurden 2012 vielversprechende Daten vorgestellt.
Abb. 1 Unter BRAF-Inhibition führen Mutationen im Protoonkogen RAS oder im MEK-Gen sowie eine Überexpression von COT zu einer MEK-abhängigen Tumorprogression. Daneben existieren MEK-unabhängige Resistenzmecha-nismen wie der Verlust des Tumorsuppressors PTEN mit einer resultierenden Überaktivierung des PI3K-AKT-Signalwegs.
Bild
: © K
irste
n Bo
chm
ann
PTEN: Phosphatase and Tensin Homolog
PI3K: Phosphoinositid-3-Kinase AKT3: v-Akt murine Thymoma viral
Oncogene Homolog 3 MEK: MAP- / ERK-Kinase RAS: Rat Sarcoma COT: Cancer Osaka Thyroid BRAF: v-Raf murine Sarcoma viral
Oncogene Homolog B1 ERK: Extracellular-signal regulated
Kinase : Mutationen
State of the Art
13Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 13 08.04.13 17:05
IpilimumabDas 4JahresUpdate der Phase
IIIStudie CA184024 [7], welche bei nicht vorbehandelten Patienten (Dacarbazin + Ipilimumab 10 mg / kg KG vs. Dacarbazin alleine) eine statistisch signifikante mediane Überlebensverlängerung nachwies, zeigte nun eine Überlebensrate von 19 % im Vergleich zu 9,6 % unter alleiniger Chemotherapie (HR 0,72). Die Zugabe von Ipilimumab konnte also das 4JahresÜberleben verdoppeln und macht Hoffnung auf ein Langzeitüberleben.
PD-1-Antikörper BMS-936558Die Blockade von PD1, einem von
TZellen exprimierten inhibierenden Rezeptor, kann die Immunresistenz von Tumorzellen überwinden. Der PD1Antikörper BMS936558 zeigte in einer PhaseIStudie [8, 9] den Nachweis einer klinischen Wirksamkeit für das fortgeschrittene Melanom und ein milderes Toxizitätsprofil als Ipilimumab. Ein objektives Ansprechen wurde in allen Dosiskohorten (0,1–10 mg/kg) beobachtet, das PFS der Patienten lag nach 24 Monaten bei 42 %. Grad 3–4 Nebenwirkungen traten in 21 % auf, insbesondere Lymphopenie, Fatigue, Diarrhoe, Bauchschmerzen und Lipaseanstieg. Die bisherigen Daten sprechen dafür, dass die PD1Expression in vortherapeutisch entnommenen Tumorproben mit dem klinischen Outcome deutlich korreliert. Somit wäre (bei bioptisch zugänglichen Metastasen) ein prädiktiver therapeutischer Marker verfügbar, was im Vergleich zu Ipilimumab einen wichtigen Fortschritt darstellt. Eine PhaseIIIStudie [10] mit BMS936558 firstline gegen Dacarbazin wird aktuell initiiert, auch 8 deutsche Zentren nehmen an der weltweiten Studie teil.
PD-L1-Antikörper BMS-936559In einer weiteren PhaseIStudie
[11] mit dem Antikörper BMS
936559 gegen PDLigand1 ergaben sich ebenfalls ermutigende Resultate, bei 9 von 52 Melanompatienten zeigte sich ein objektives Ansprechen.
PD1Antikörper anderer Pharmahersteller befinden sich ebenfalls in der klinischen Erprobung. Aufgrund der unterschiedlichen Angriffspunkte in der zellulären Immunantwort sind auch Kombinationstherapien zwischen CTLA4 und PD1Inhibitoren (CTLA4: Cytotoxic Tlymphocytic Antigen 4) bereits Gegenstand klinischer Stu dien in der Hoffnung, synergistische Effekte erzielen zu können.
AusblickWeitere Studien, auch Kombina
tionen zwischen zielgerichteter Therapie und Immuntherapie sowie Kombinationen mit Chemotherapie werden folgen. Chemotherapien werden insbesondere für Patienten mit BRAFWildtyp (50–60 % der metastasierten Melanome) weiterhin eine Rolle spielen. Gerade für diese Patientengruppe ist die Entwicklung weiterer Therapieoptionen wie z. B. der metronomischen Chemotherapie oder Multikinaseinhibitoren von großer Bedeutung.
Die Auswahl der verschiedenen Behandlungsoptionen wird uns dem Ziel der individualisierten Therapie weiter näherbringen und uns gleichzeitig vor die Herausforderung stellen, geeignete Therapiealgorithmen zu entwickeln.
S3-LeitlinieHierzu bietet die erste S3Leit linie
zu „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms“ Unterstützung, die im Januar 2013 erschienen ist. Die Leitlinie kann auf der jeweiligen Homepage der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie (ADO) sowie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) eingesehen werden [12].
BasalzellkarzinomAktuell kann bei Patienten mit
inoperablen, fortgeschrittenen oder metastasierten Basalzellkarzinomen, bei denen eine Strahlentherapie erfolglos war oder kontra indiziert ist, in einem Expanded AccessProgramm der SmoothenedInhibitor Vismodegib eingesetzt werden. Für das zweite Quartal 2013 wird mit der Zulassung auch in Europa gerechnet, nachdem die Zulassung in den USA bereits im Januar 2012 erfolgte.
Ein weiterer SmoothenedInhibitor, Erismodegib, wird derzeit in einer PhaseIIStudie (BOLT) geprüft.
Aktinische KeratoseÜber die Zulassung von Ingen
olmebutat in den USA im Januar 2012 sowie über Wirkmechanismus und Wirksamkeitsdaten des WolfsmilchExtraktes wurde bereits im letzt jährigen Kompendium Dermatologie berichtet. Die Ergebnisse der 4 zur Zulassung führenden Studien wurden im März 2012 im New England Journal of Medicine veröffentlicht [13]. Im November 2012 wurde das Präparat zur topischen Behandlung nicht hyperkeratotischer, nicht hypertropher aktinischer Keratosen bei Erwachsenen auch in Europa zugelassen. Läsionen an Gesicht und Kopfhaut werden 1mal täglich an 3 aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Konzentration von 150 µg/g behandelt, Areale am Stamm und den Ex tremi täten für nur 2 Tage, dafür mit einer höheren Konzentration von 500 µg/g. Die Nebenwirkungen bestehen aus lokalen Hautreaktionen, welche innerhalb von 2–4 Wochen abheilen.
Literatur beim Autor.
Korrespondenz:Dr. Dirk Debus Hautklinik, Klinikum Nürnberg Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1 90419 Nürnberg [email protected]
State of the Art
14 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 14 08.04.13 17:05
Therapie aktinischer Keratosen
Vielfältige Behandlungsoptionen erfordern praktikable TherapiealgorithmenAktinische Keratosen (AK) stellen mittlerweile eines der häufigsten Krankheits-bilder in der dermatologischen Praxis dar und repräsentieren mit weitem Abstand das häufigste dermatoonkologische Problem. Jüngste Untersuchungen zeigen, dass in Deutschland die Prävalenz aktinischer Keratosen in der Alters-gruppe der 60–70-Jährigen bei 11,5 % liegt; insgesamt wird geschätzt, dass jährlich ca. 1,7 Millionen aktinische Keratosen in Deutschland diagnostiziert werden. Für diese Entwicklung müssen eine steigende Lebenserwartung und veränderte Freizeitgewohnheiten mit hoher kumulativer ultravioletter Belastung verantwortlich gemacht werden. Die Therapie aktinischer Keratosen in der dermatologischen Praxis weist in Anbetracht der vielen zur Verfügung stehenden verschiedenen Therapieverfahren eine hohe Variabilität auf. Die Therapieent-scheidung hängt von persönlichen Erfahrungen und Vorlieben der Dermatologen, technischen Voraussetzungen in der Praxis sowie der persönlichen Situation und den Wünschen der Patienten ab.
Wurden AK lange Zeit als mehr oder minder kosmetisches
Problem angesehen, hat sich seit ca. 10 Jahren eine pathogenetische Sicht etabliert, die AK als (frühes) insitu Plattenepithelkarzinom der Haut mit einem Entwicklungskontinuum in Richtung eines invasiven Tumorgeschehens interpretiert. 60 % aller kutanen invasiven Plattenepithelkarzinome entstehen auf dem Boden präexistenter AK und es wird geschätzt, dass 6–16 % aller AK binnen 10 Jahren in ein invasives Plattenepithelkarzinom übergehen. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei immunsupprimierten Patienten zukommen (z. B. Organtransplantierten), da in dieser Gruppe etwa 30 % der AK in invasive Plattenepithelkarzinome übergehen und Hautkrebs allmählich zur häufigsten Todesursache organtransplantierter Menschen wird. Des Weiteren wird das Risiko der Tumorprogression durch hyperkeratotisches Wachstum und disseminierte Ausdehnung von AK erhöht. Es lässt sich bislang hingegen nicht genau vorhersagen, welche AK an welcher Lokalisation in welchem Zeitraum einen Tumorprogress aufweisen wird. Deshalb muss eine möglichst frühzeitige und effektive Behandlung aller AK angestrebt werden. AK sind damit auch zu einer relevanten
gesundheitsökonomischen Größe geworden.
AK lassen sich heute sehr variabel unterteilen (Tab. 1). Der Stellenwert derartiger Einteilungen im klinischen Alltag besitzt jedoch nur
Tab. 1 Mögliche Einteilungen aktinischer Keratosen.
Histologische Klassifikation (I) ● hyperkeratotische AK ● atrophe AK ● akantholytische AK ● bowenoide AK ● pigmentierte AK
Histologische Klassifikation (II) nach Röwert-Huber et al., Br J Dermatol 2007; 156 (Suppl. 3): 8–12
● AK I (early in situ-SCC Typ AKI) ● AK II (early in situ-SCC Typ AK II) ● AK III (in situ SCC Typ AK III)
Klinische Klassifikation (I) ● atrophe AK ● hypertrophe AK ● lichenoide AK ● pigmentierte AK ● Cornu cutaneum-artige AK
Klinische Klassifikation (II) nach Olsen et al. J Am Acad Dermatol 1991; 24: 738–743
● Olsen °I ● Olsen °II ● Olsen °III
Klassifikation nach Lokalisationen ● Kopfhaut ● Gesicht ● Ohren ● Lippen ● Dekolleté ● Hände / Arme ● Beine
Klassifikation nach Mutationsstatus ● p-53 ● p16 ● BCL-2 ● PTCH ● ras
eine begrenzte Aussagekraft hinsichtlich klinischer Parameter wie Progression, Rezidivverhalten und Ansprechen auf verschiedene Therapiemodalitäten.
TherapieverfahrenDie Etablierung von Therapieal
gorithmen, die die verschiedenen klinischen Formen, Ausprägungen und Ausdehnungstypen aktinischer Keratosen mit den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmodalitäten sinnvoll verknüpfen, könnte zur Vereinheitlichung und besseren Vergleichbarkeit der Therapie beitragen.
Unter klinischen Gesichtspunkten muss ein derartiger Algorithmus leicht im praktischen Alltag umsetzbar sein. Es hat sich deshalb grundsätzlich bewährt, isolierte, einzelne AK (sogenannte „Läsionen“) von einer flächigen Ausdehnung (so genanntes „Feld“) zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang wurde auch
Aktinische Keratosen
15Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 15 08.04.13 17:05
Abb. 1 a) Aktinische Keratose im Bereich der Stirn. Olsen III°, histologisch AK II.b) Optische Kohärenztomographie der Aktinischen Keratose. Deutliche Hyperkeratose der AK im rechten Bildabschnitt erkennbar, normale Epidermis im linken Bildausschnitt.
der Begriff der „Feldkanzerisierung“ eingeführt.
Einzelne Läsionen werden mit läsionsgerichteten Therapien („lesion directed“), Felder mit feldgerichteten Therapien („field directed“) behandelt. Diese einfache Einteilung besitzt jedoch deutliche Unschärfen und erlaubt nicht ohne Weiteres eine Zuordnung jeder klinischen Situation.
Läsionsgerichtete Therapie Für Einzelläsionen stehen läsions
gerichtete Therapien zur Verfügung. AK mit ausgeprägter Hyperkeratose (Olsen Grad III) können per Exzision, Kürettage oder Laserablation behandelt werden (Abb. 1). Alle anderen Therapiemodalitäten erfordern zunächst eine keratolytische Vorbehandlung; für die Indikation AK zu
gelassene Arzneimittel besitzen eine Anwendungsbeschränkung auf AK, Olsen Grad I und II (Alacare®Pflaster: nur Olsen Grad I).
Der Therapieeffekt sollte spätestens 6 Wochen nach Therapieende überprüft werden. Im Falle einer Abhei lung („complete response“) erfolgen Kontrolluntersuchungen in 6monatigen Intervallen. Bei Rezidiven oder partieller Abheilung („partial response“) kann die gewählte Therapie wiederholt oder eine andere geeignete läsionsgerichtete Therapie eingesetzt werden. Im Falle von Frührezidiven (Rezidiv nach < 6 Wochen) oder eines fehlenden therapeutischen Ansprechens („no response“), muss ein anderes Therapieverfahren oder eine Kombinationstherapie (ggf. auch eine Kombination
mit einer feldgerichtete Therapie) gewählt werden.
Treten unter Therapie neue Läsionen auf, wird die Durchführung einer feldgerichtete Therapie empfohlen.
Feldgerichtete TherapieMultiple Einzelläsionen oder
eine sogenannte „Feldkanzerisierung“ erfordern eine feldgerichtete Therapie. Auch hier gilt, dass hyperkeratotische Läsionen vom Typ Olsen III zunächst keratolytisch vorbehandelt werden müssen. Therapieeffekte sollten gleichsam spätestens 6 Wochen nach Therapieende beurteilt werden. „Partial response“, und Rezidive erfordern die Therapiewiederholung oder den Therapiewechsel. Frührezidive und „no response“ erfordern den Therapiewechsel oder die Kombinationstherapie.
Bestehen nach erfolgter feldgerichteter Therapie noch Einzelläsionen, so können diese mittels einer läsionsgerichteten Therapie behandelt werden.
Hochrisiko-PatientenBesondere Bedeutung kommt
HochrisikoPatienten zu, die immunologisch kompromittiert sind, z. B. Organtransplantierten, Rheumapatienten oder Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Das besondere Risiko dieser Patientengruppe, Plattenepithelkarzinome zu entwickeln, erfordert zukünftig neue Therapiestrategien. Unter anderem ist eine proaktive Therapie der Hautpartien denkbar, auf denen sich verstärkt AK bilden. Die Vorstel
Tab. 2 Läsionsgerichtete Therapien.
Therapieverfahren (läsionsgerichtet)
Bemerkungen
Kryotherapie ● weit verbreitet ● meistens im offenen Sprayverfahren eingesetzt ● sehr variable Abheilquoten publiziert (32 %–88 %) ● schlecht standardisiertes Verfahren im Hinblick auf Gefrierzeit, Gefrier- und Auftauzyklus
Lasertherapie ● CO2- und Erbiumlaser ● schwache Studienlage, geringe Vergleichbarkeit der Studien
0,5 % 5-FU, 10 % Salizyl-säure (Actikerall®)
● leicht bis moderat hyperkeratotische Einzel-läsionen (Olsen Grad I und II) ● histologische Clearance nach 12 Wochen Therapie und 8 Wochen Nachbeobachtungszeit: 72 %
Pflaster-Fotodynamische Therapie (PDT) (Alacare®)
● für bis zu 6 Einzelläsionen ● Beschränkung auf leicht hyperkeratotische Läsionen (Olsen Grad I) ● Abheilquote: 62 % (Studie AK 3) / 67 % (Studie AK 4)
a b
Bilder: © Prof. Dr. Thomas Dirschka, Wuppertal
Aktinische Keratosen
16 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 16 08.04.13 17:05
lung, dass bei diesen Patienten nach klinischer Abheilung subklinische AK einen besonderen Risikofaktor darstellen, erfordert wiederholte Behand lungen auch dann, wenn keine klinischen Zeichen für AK bestehen.
LichtschutzberatungDas Risiko für die Entstehung
von AK wird wesentlich von der kumulativen ultravioletten Strahlung bestimmt. Ein Schutz vor UVStrahlung durch eine adaptierte Lichtschutzberatung in der dermatologischen Praxis bildet deshalb einen entscheidenden Faktor des Behandlungserfolgs. Dabei ist das Zusammenwirken von UVVermeidung, textilem und topischem Lichtschutz sowie zunehmend oralem Lichtschutz wichtig. Das ärztliche Gespräch mit den Patienten verfolgt dabei u. a. das Ziel, die für den einzelnen Patienten am besten angepasste Therapie auszuwählen. Darüber hinaus soll es auch das Verständnis zur Entstehung von AK und damit die Einsicht in erforderliche, mitunter vielschichtige Therapie und Präventionsmaßnahmen stärken.
KombinationsbehandlungenDa AK in zunehmendem Maße
als chronischer Prozess angesehen werden, ist das Ziel der Behandlung, eine möglichst lange Erscheinungsfreiheit oder „timetorelapse“ zu erreichen. Sinnvoll erscheinen in speziellen klinische Situationen (z. B. „early relapse“ oder „partial response“) Kombinationstherapien, um das
Tab. 3 Feldgerichtete Therapien.
Therapieverfahren (feldgerichtet)
Bemerkungen
3 % Diclofenac, 2,5 % Hyaluronsäure (Solaraze®)
● keine Begrenzung der Behandlungsfläche ● histologische Clearance nach 12 Wochen Therapie und 8 Wochen Nachbeobachtungszeit: 59,1 %, ● histologisches „Down-grading“ bestehender AK unter Therapie
Imiquimod 3,75 % (Zyclara®)
● keine Begrenzung der Behandlungsfläche ● Abheilquote: 25,9–45,6 %
Imiquimod 5 % (Aldara®)
● Begrenzung der Behandlungsfläche auf 25 cm2
● starke Lokalreaktionen möglich ● Abheilquote: ca. 55 %
5-Fluorourazil (Efudix®)
● starke Lokalreaktion möglich ● sehr selten toxische Agranulozytose möglich ● Abheilquote in Publikationen sehr variabel: 30–84 %
Ingenol-Mebutat (Picato®)
● Begrenzung der Therapiefläche auf 25 cm2 pro Behandlungstag ● Kurzzeittherapie aktinischer Keratosen ● starke Lokalreaktion ● Abheilquote in Gesicht und auf Kopfhaut: 42,2 %
Fotodynamische Therapie (PDT) mit ALA / Methyl-ALA (Ameluz® / Metvix®)
● starke Schmerzen unter der Behandlung möglich ● entzündliche Abheilreaktion für 1–2 Wochen ● Abheilquote in Gesicht und auf Kopfhaut: 85 % (Ameluz®); 68 % (Metvix®)
rezidivfreie Intervall zu verlängern bzw. die Wirksamkeit der Therapie zu erhöhen. Leider liegen zu solchen Kombinationstherapien bislang nur wenige klinische Daten vor.
FazitAK werden zukünftig eine noch
größere Rolle im Alltag des Dermatologen spielen. Die präzise Beschreibung klinischer Formen, Ausdehnungen, Lokalisationen und letztlich auch des Rezidivverhaltens und des immunologischen Status des Patienten (z. B. Immunsuppression bei Organtransplantierten) muss durch
praktikable Therapiealgorithmen den inzwischen vielfältigen Behandlungsoptionen zugeordnet werden.
Prof. Dr. Thomas Dirschka, WuppertalDr. Lutz Schmitz, Wuppertal
Literatur beim Verfasser.
Mit freundlicher Unterstützung der Almirall Hermal GmbH, Reinbek.
Prof. Dr. Dirschka ist nieder- gelas se ner FA für Dermatologie und Venero logie. Dr. Lutz Schmitz ist Mitarbeiter in der Praxis von Prof. Dr. Dirschka.
Aktinische Keratosen
17Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 17 08.04.13 17:05
Hautkrebs-Diagnostik
Konfokale Laserscanmikroskopie bietet optische Biopsie in EchtzeitDie frühe Diagnostik des malignen Melanoms kann die Mortalität dieses lebens-bedrohlichen Tumors senken. Die konfokale Laserscanmikroskopie (KLSM) ermöglicht Dermatologen in der Hautkrebs-Diagnostik eine optische Biopsie in Echtzeit – die Haut kann am lebenden Gewebe ohne pathologische Probe beur-teilt werden. Die Vorteile für Arzt und Patient liegen auf der Hand: Die KLSM bietet eine schnelle, schmerzfreie und zuverlässige Befundung bösartiger Haut-tumore. Studien belegen zudem, dass die KLSM eine noch höhere Spezifität als die Dermatoskopie aufweist [1].
Durch die KLSM lassen sich Schichten der Epidermis bis zur oberen Dermis in zellulärer Auflösung Ebene für Ebene horizontal abbilden. Die konfokale Anordnung ermöglicht ein scharfes Bild der Fokusebene ohne störende Effekte der darüber liegenden Schichten. Für die Bildgebung werden die unterschiedlichen Reflexionseigenschaften des Gewebes ausgenutzt, das mit einem Infra
rotlaser (830 nm) abgetastet wird. Untersuchte Hautareale können falls notwendig zu einem späteren Zeitpunkt unverändert standardhistologischen Methoden zugeführt werden. Analog zum Standardgerät kann für besonders differenzierte Fragestellungen ein MultilaserGerät hinzugezogen werden, das reflektierende und fluoreszierende KLSM miteinander kombiniert.
> Optische Biopsie > Nicht-invasiv und schmerzfrei > Untersuchungsdauer: ca. 10 min > Schneller Start durch effi zientes
Trainingsprogramm an renommierten Einrichtungen
VivaScope© 1500
Sofortige Gewissheit: Konfokale Laserscanmikroskopie ermöglicht praxistaugliche Diagnostik auf höchstem Niveau!
Detaillierte Infos und eine Referenzliste mit bereits ausgestatteten Praxen und Kliniken: www.vivascope.de
>>>> Trainingsprogramm an renommierten Einrichtungen
VivaScope
Detaillierte Infos und eine Referenzliste mit bereits ausgestatteten Praxen und Kliniken:
Vivascope_RZ_210x140+3.indd 1 30.05.11 15:08
Mit dem Basisgerät VivaScope 1500 und dem Handgerät VivaScope 3000 bietet die MAVIG GmbH moderne KLSM für den InvivoEinsatz an. VivaScopes werden bereits in 15 dermatologischen Praxen und 7 Kliniken in Deutschland eingesetzt. Anwender erhalten zusätzlich in einem kostenlosen, modular aufgebauten Trainingsprogramm Einführungstrainings, Module für das Training in Eigen regie, OnlineSchulungen sowie ergänzende Studienmaterialien. Die 360 bisher erschienenen Abstracts zur KLSM wurden in einem Online Booklet unter www.vivascopepub.com zusammengestellt.
Stephanie Kunz, Frankfurt a. M.Literatur1. Guitera P et al. J Invest Dermatol 2009;
129: 131–138
Mit freundlicher Unterstützung der MAVIG GmbH, München. Die Autorin ist Mitarbeiterin der Hill + Knowlton Strategies GmbH, Frankfurt a. M.
KompDerm2013.indb 18 08.04.13 17:05
Allergologie – State of the ArtProf. Dr. Torsten Zuberbier, Berlin
Nach wie vor auf Platz 1 aller chronischen Erkrankungen stehen in
Deutschland, Europa und allen anderen industrialisierten Ländern
die allergischen Erkrankungen. Noch immer ist die Allergie auch diejenige
chronische Erkrankung, welche die höchsten sozioökonomischen Kosten
verursacht. Nicht dadurch, dass direkte Medikamenten-, sowie Arzt-
und Betreuungskosten entstehen, sondern durch die indirekten Kosten im Rahmen der Leistungsminderung
bei unbehandelten allergischen Erkrankungen.
Bereits bei Schülern liegt das Risiko, eine Note in der schulischen Leistungsbeurteilung ab
zufallen, während der Pollensaison, bei einem unbehandelten Heuschnupfen bei 40 %. Die hohen sozioökonomischen Kosten entstehen jedoch auch schlichtweg durch die demografische Verteilung der Erkrankung. Wie keine andere der häufigen chronischen Volkskrankheiten ist von der Allergie in hohem Maße die junge Bevölkerung betroffen, die sich in Ausbildung und Berufsleben befindet. Die Rate an TypISensibilisierungen hat in Europa in den meisten Ländern bereits bei der jüngeren Bevölkerung die 50 %Marke überschritten. In der Altersgruppe der 20–40Jährigen leiden mehr als 40 % unter klinisch relevanten atemwegsallergischen Symptomen.
Wichtige Entwicklungen in der Forschung Die Ursache für den hohen Prä
valenzgrad der Allergien ist nach wie vor nicht sicher geklärt. Unklar
Bild
: © Lo
chst
ampf
er / F
otol
ia.c
om
ist damit nicht nur, warum allergische Erkrankungen mittlerweile zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in allen industrialisierten Ländern zählen. Es bleibt ebenfalls die Frage, warum sie auch in den Schwellenländern rapide zunehmen.
Als bekannteste Thesen gelten noch immer die Folgen des west lichen Lebensstils in industrialisierten Ländern. Dazu gehören die Hygienethese, sowie Veränderungen bei der Umweltverschmutzung. Inzwischen sind hier mehrere Zusammenhänge eindeutig belegt. Um nur einige zu nennen: Kinder, die auf Bauernhöfen einer hohen frühkindlichen Belastung mit teils hoch pathogenen Keimen ausgesetzt sind, entwickeln deutlich weniger Allergien, als Kinder aus Vergleichsgruppen, die in städtischer Umgebung aufwachsen. Kinder in städtischen Umgebungen entwickeln allerdings heute auch deutlich mehr Allergien als vor 100 Jahren. Es ist gezeigt worden, dass insbesondere Rußpartikel aus Dieselabgasen auf Pollen an Straßenbäu
State of the Art
19Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 19 08.04.13 17:05
men haften bleiben und diese für das Immunsystem deutlich immunogener machen.
Andererseits hat sich die Erkenntnis verfestigt, dass die genetische Prädisposition zur TypIAllergie nicht plötzlich in der Bevölkerung entstanden sein kann. Dies ist sehr anschaulich in Studien an Kindern aus der ehemaligen DDR direkt nach der Wende nachgewiesen worden. Diese Kinder entwickelten unter einer Veränderung der Lebensbedingungen eine höhere Rate an Allergien.
Die aktuelle Forschung konzentriert sich daher in der Epidemiologie auf die Epigenetik, d. h. auf die Aktivierung von Genen unter bestimmten Umwelt und Lebensbedingungen, die während des Lebens erfolgen kann, allerdings auch vererbbar ist. Das aus dem EUNetzwerk GA²LEN („Global Allergy and Asthma European Network“) hervorgegangene Forschungsprogramm MeDALL („Mechanisms of the Development of ALLergy“) fasst in der Arbeitsgruppe „Geburtenkohortenstudie“ die europaweit verfügbaren Daten aus Geburtskohorten zusammen. Seit 2011 wurde in dieser Arbeitsgruppe eine klare Definition der klassischen Phänotypen allergischer Erkrankungen, ein harmonisierter Fragebogen sowie eine Datenbank entwickelt, die aktuell laufende LangzeitGeburtenkohorten über allergiebezogene Phänotypen zusammenfasst. Die Datenbank basiert auf historischen Daten von 14 europaweiten Geburtenkohorten, die mit MeDALL vernetzt sind. Ziel ist es, frühkindliche Prädiktoren für die Entwicklung allergischer Erkrankungen, sowie geschlechtsspezifische Unterschiede im Krankheitsverlauf festzustellen. Aktuell werden neue Phänotypen allergischer Erkrankungen identifiziert und mit den klassischen Phänotypen verglichen.
Die EpigenetikForschung konnte mittlerweile zeigen, dass Nikotinkonsum in der Großelterngeneration
noch Auswirkungen auf die Suszeptibilität für Asthma bei den Enkeln hat [1].
Neues aus den Leitlinien zur klinischen Versorgung2012 wurden mehrere aktuali
sierte Leitlinien veröffentlicht, sowie Konferenzen wie das UrtikariaMeeting 2012 in Berlin abgehalten. Deren Ergebnisse werden 2013 zum Teil veröffentlicht. Die deutschsprachigen Leitlinien aus 2012 betreffen das hereditäre Angioödem (HAE) und die Histaminintoleranz. Das
HAE ist die Erkrankung in der Allergologie, bei der MedikamentenNeuzulassungen in den letzten 1,5 Jahren zu einer erheblichen Verbesserung des potenziell tödlichen Verlaufs geführt haben. In Deutschland stehen jetzt 5 Medikamente zur Akutversorgung zur Verfügung (Tab. 1).
Der Leitlinie zufolge sind alle 5 Substanzen zur Behandlung akuter Attacken im Erwachsenenalter geeignet. Eine Gewichtung ist aufgrund der bisherigen Datenlage nicht möglich. Frisches Gefrierplasma sollte jedoch nur verwendet werden, wenn im Notfall die C1INHPräparate (C1INH: C1EsteraseInhibitor) oder Icatibant nicht verfügbar sind. Androgene und Tranexamsäure sind nach der Leitlinie für die Behandlung akuter Attacken aufgrund ihres verzögerten Wirkungseintritts nicht geeignet [2].
Kritisch festgestellt werden muss hier jedoch, dass vom ersten Auftreten von Angioödemen bis hin zur Diagnosesicherung im Schnitt noch immer Jahre vergehen. Die Verdachtsdiagnose besteht insbesondere bei Patienten mit Angioödemen ohne begleitende Quaddeln, aber mit positiver Familienanamnese. Oft wird vergessen, dass die meisten Patienten auch Angioödeme im MagenDarmTrakt entwickeln, die aufgrund krampfartiger Schmerzen zum Hauptanlass für den Arztbesuch werden. In der Leitlinie werden neben der detaillierten Darstellung der Diagnostik und Therapie auch eine Reihe praxisnaher Empfehlungen gegeben (Tab. 2).
Die Leitlinie zur Histaminintoleranz fasst den aktuellen Wissensstand zusammen. Sie betont vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse insbesondere die Feststellung, dass Histaminintoleranz, anders als in früheren Empfehlungen dargestellt, bei vielen Patienten durchaus passager auftreten kann, z. B. im Zusammenhang mit entzündlichen Darmerkrankungen. Neu ist auch die Empfehlung, nicht die DAOAktivität (DAO: Di amino oxidase) bevorzugt in
Tab. 1 Medikamente zur Akut-versorgung bei hereditärem Angio-ödem und Histaminintoleranz.
●C1-INH-Konzentrat ●nanofiltriertes C1-INH-Konzentrat ●Conestat alpha (rekombinater humaner C1-INH) ● Icatibant ● frisches Gefrierplasma
Tab. 2 Praxisnahe Empfehlungen bei Angioödemen [2].
● Jeder Patient mit einem HAE durch C1-INH-Mangel sollte mit einem mehrsprachigen Notfallausweis ausgestattet sein, erhältlich u. a. bei der Fa. CSL Behring GmbH, Philipp-Reis-Str. 2, 65795 Hatters-heim. ●Patienten mit einem HAE durch C1-INH-Mangel sollten als Notfall-medikament C1-INH-Konzentrat oder Icatibant ausreichend für 2 Dosierungen zu Hause vorrätig halten, sowie bei Reisen mit sich führen. Patient und Krankheit sollten im nächstgelegenen Kran-kenhaus bekannt sein. ●Lehrer betroffener Schulkinder sollten darüber informiert sein, dass akute Attacken auftreten können. ●Vor zahnärztlichen Operationen, auch Zahnextraktionen, sowie anderen Operationen im Mund- Rachen-Bereich sollten Patienten mit HAE durch C1-INH-Mangel 1 Stunde vor dem Eingriff 500–1000 U C1-INH-Konzentrat erhalten [3]. Für die Kurzzeitpro-phylaxe ist seit Juni 2011 ebenfalls nanofiltriertes C1-INH-Konzentrat zugelassen.
State of the Art
20 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 20 08.04.13 17:05
Abb. 1 Diagnostischer Algorithmus für Patienten mit: ausschließlich Quaddeln, Quaddeln und Angioödem sowie ausschließlich Angioödem [5]. AAE: erworbenes Angioödem aufgrund von C1-Inhibitor-Mangel; ACE-Inh: Angiotensin-umwandelnder Enzym-Hemmstoff; AE: Angioödem; AH: Antihistamin; AID: autoinflammatorische Erkrankung; HAE: hereditäres Angioödem.
Quaddeln Angioödem
Anzeichen von Vaskulitis
in Biopsie? 7
SindSymptome
induzierbar? 8
Provokations-test 9
erworbene /hereditäre
AID 10
Urtikaria-Vaskulitis
chronischespontane
Urtikaria 11
chronischeinduzierbare
Urtikaria
HAE I–IIIAAE
Interleukin-1 Histamin und andere Mastzellenmediatoren Bradykinin
Verdacht auf auto-inflammatorische
Erkrankung? 2,3
Durchschnittliche Dauer der Quaddel-erscheinung > 24 h? 4
unerklärtes, wiederkehrendes Fieber?Gelenk / Knochenschmerzen? Malaise?
Verdacht auf HAE 2,5
oder AAE ? 2,5
Remissionnach Stop? 6
ACE-Hemmer-Behandlung?1
ACE-Inhinduziertes
AE
1 Andere (neue) Medikamente könnten bradykininvermitteltes Angioödem auslösen.
2 Patienten sollten nach einer detaillierten Familienanamnese gefragt werden sowie nach ihrem Lebensalter bei Ausbruch der Erkrankung.
3 Test für erhöhte Entzündungsmarker (C-reaktives Protein, Erythro-zyten- Sedimentationsrate), Untersuchung auf Paraproteinämie bei Erwachsenen, Überprüfung auf Anzeichen für neutrophilen-reiche Infiltration in Biopsie, Durchführung einer Genmutations-analyse bei periodischen hereditären Fiebersyndromen (z. B. cryopyrinassoziiertem periodischem Syndrom), wenn dringender Verdacht besteht.
4 Patienten sollten gefragt werden: „Wie lange dauern die Quaddeln an?”
5 Test auf Komplementfaktor C4, C1-INH-Stufenwerte und Funktion, zusätzlich Test auf C1q- und C1INH-Antikörper bei Verdacht auf AAE; Vornehmen einer Genmutationsanalyse, wenn vorherige Tests unauffällig sind, aber die Patientenanamnese hereditäres Angioödem nahelegt.
6 Bis zu 6 Monate Remission abwarten; zusätzlicher Diagnosetest auf C1-Inhibitor-Mangel sollte nur dann vorgenommen werden, wenn die Familienanamnese hereditäres Angioödem nahelegt.
7 Zeigt die Biopsie der erkrankten Haut Schädigung kleiner Blut-gefäße in der papillären und retikulären Haut und/oder fibrinöse Ablagerungen an perivaskulären und interstitiellen Orten, die auf Urtikaria-Vaskulitis schließen lassen?
8 Patienten sollten gefragt werden: „Können Sie einen Quaddel-ausbruch selbst provozieren?”
9 Bei Patienten mit einer Krankengeschichte, die auf induzierbare Urtikaria schließen lässt, sollte eine standardisierte Provokations-testung entsprechend der internationalen Konsens-Empfehlungen durchgeführt werden.
10 Erworbene AIDs umfassen das Schnitzler-Syndrom sowie die systemisch beginnende Form der juvenilen idiopathischen Arth-ritis (sJIA) und das Still-Syndrom im Erwachsenenalter (AOSD); hereditäre AIDs beinhalten cryopyrinassoziierte periodische Syndrome (CAPS) wie familiäres autoinflammatorisches Kältesyn-drom (FCAS), Muckle-Welles Syndrom (MWS) und Neonatal onset multi-systemic inflammatory disorder (NOMID), seltener das Hyperimmunglobulin-D-Syndrom (HIDS) und das tumorrezeptor-assoziierte periodische Syndrom (TRAPS).
11 In einigen seltenen Fällen ist das periodisch auftretende Angio-ödem weder mastzellenmediatorvermittelt, noch bradykinin-vermittelt und der dahinter liegende Pathomechanismus bleibt unbekannt. Diese seltenen Fälle werden von einigen Autoren als „idiopathisches Angioödem“ bezeichnet.
State of the Art
21Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 21 08.04.13 17:05
der Diagnostik einzusetzen, da deren Ergebnisse einen zu geringen prädiktiven Vorhersagewert haben. Stattdessen sollte bei begründetem Verdacht eine 3stufige Ernährungsumstellung vorgenommen werden (Tab. 3), gegebenenfalls gefolgt von einer integrierten Provokation, um den Schwellenwert festzulegen.
Auf der Leitlinienkonferenz zur Urtikaria im November 2012 in Berlin, haben erstmals die allergologischen Gesellschaften aus Europa, Nord und Südamerika sowie Asien gemeinsam mit dem Europäischen Dermatologieforum (EDF) auf Einladung von GA²LEN einen internationalen Konsens auf Ebene einer S3Leitlinie erarbeitet. Diese Leitlinie wird voraussichtlich im Sommer 2013 publiziert werden. Ein wesentliches Ergebnis dieser öffentlichen
Veranstaltung ist die Abstimmung eines neuen Diagnostikalgorithmus (Abb. 1).
Literatur1. Rehan VK, Liu J, Naeem E et al. Perinatal
nicotine exposure induces asthma in second generation offspring. BMC Med 2012; 10: 129
2. Bork K , Maurer M, Bas M et al. Hereditäre Angioödem durch C1-Inhibitor-Mangel. Deutschen Gesellschaft für Angioödeme (DGA), der Deutschen Gesellschaft für In-nere Medizin (DGIM), der Deutschen Ge-sellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkun-de, der Deutschen Gesellschaft für Aller-gologie und klinische Immunologie (DG-AKI), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, der Deut-schen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Gesellschaft für Pädiatri-sche Allergologie und Umweltmedizin (GPA). Allergo J 2012; 21: 109–118
3. Bork K, Hardt J, Staubach-Renz P, Witzke G. Risk of laryngeal edema and facial swellings after tooth extraction in pa-tients with hereditary angioedema with and without prophylaxis with C1 inhibitor
concentrate: a retrospective study. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol En-dod 2011; 112: 58–64
4. Reese I, Ballmer-Weber B, Beyer K et al. Vor-gehen bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Hista-min. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI), der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) und des Ärzteverbandes Deutscher Aller-gologen (ÄDA). Allergo J 2012; 21: 22–28
5. Modifiziert nach dem Leitliniensympo-sium 4th International Consensus Meeting on Urticaria (28–29 November 2012 in Berlin). Die Leitlinie wird voraussichtlich im September 2013 publiziert.
Korrespondenz:Prof. Dr. Torsten ZuberbierCharité – Universitätsmedizin BerlinKlinik für Dermatologie, Venerologie und AllergologieCharitéplatz 110117 [email protected]
Tab. 3 Phasen der 3-stufigen Ernährungsumstellung [4].
Phase Ziel Empfehlung Dauer
1: Karenz weitestgehende Beschwerde-reduktion
histaminarme Kost durch Beschränkung der Zufuhr an biogenen Aminen, insbesondere der Histaminzufuhr; Nährstoffoptimierung; Veränderung der Mahlzeiten-zusammensetzung; Prinzipien der leichten Kost
10–14 Tage
2: Testphase Erweiterung der Nahrungsmittel-auswahl unter Berücksichtigung individueller Einflussfaktoren (Stress, Menstruation, Medikamen-teneinnahme etc.)
gezielte Wiedereinführung histaminreicherer Nah-rungsmittel unter Beachtung der individuellen Kostvorgaben des Patienten; strikte Diätvorgaben „aufweichen“; Ermittlung der individuellen Histamin-verträglichkeit
bis zu 6 Wochen
3: Dauer- ernährung
dauerhafte bedarfsdeckende Nähr-stoffzufuhr; hohe Lebensqualität
individuelle Ernährungsempfehlungen, die sich an der individuellen Histaminverträglichkeit unter der Berück-sichtigung exogener Einflussfaktoren orientieren
State of the Art
22 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 22 08.04.13 17:05
Jetzt NEU!Imlan® Lotion Pur
Die einzigartige Hautpflege mit Betulin aus der weißen Birkenrinde bietet Schutz und Pflege ohne jegliche Zusatzstoffe.
Ideal für empfind liche, trockene und zu Allergien neigende Haut.
Für Birkenpollenallergiker unbedenklich.
"
Imlan® Creme Pur /PZN: 07019238Imlan® Lotion Pur /PZN: 09711725
www.imlan.de
Jetzttesten!
Exklusiv in der Apotheke
Medizinische Hautpfl egeganz ohne Zusatzstoffe!
Imlan Creme Pur
KOMPAKT Babypflege,Ausgabe 2007
sehr gut
Bestellen Sie für Ihre Patienten Gratis-Proben bei der Birken AG unter der Telefonnummer: 07233 97 49-200.
130322_098_Fach_AZ_AktuelleDerm_210x280.indd 1 22.03.13 10:28
Angioödeme können gefährlich werdenAkute Schwellungen der Haut und Schleimhäute können allergisch bedingt sein oder nicht allergische Ursachen haben. Unter den nicht allergischen Ursachen kommt das hereditäre Angioödem (HAE: hereditary Angioedema) in Betracht. HAE-bedingte Angioödemattacken werden als Hautschwellungen zumeist im Bereich von Gesicht und Extremitäten beobachtet. Schleimhautschwellun-gen treten im Magen-Darm-Trakt und im Bereich der oberen Luftwege auf. Angioödeme im Kopf- und Halsbereich können aufgrund der Erstickungsgefahr lebensgefährlich werden. Dabei sind HAE-Attacken jedoch gut und sogar in Selbstbehandlung durch den Patienten zu therapieren.
Die ersten Symptome des HAE zeigen sich in der Regel vor dem
20. Lebensjahr. Die Erkrankung wird dennoch meist erst viele Jahre später diagnostiziert. In Deutschland schätzt man die Zahl der HAEErkrankten auf 1600. Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher liegen, da die Symptome denjenigen anderer Erkrankungen ähneln.
Die Hautschwellungen des HAE sind oft entstellend und schränken die Lebensqualität des Patienten ein (siehe Abb. 1). Sie treten meist im Gesicht, aber auch an den Extremitäten und nicht selten im Urogenitalbereich auf.
Bei Angioödemen der Haut handelt es sich um umschriebene episodische Schwellungen, die nicht eindrückbar und nicht mit Juckreiz oder Erythem verbunden sind.
Die gefährlichste Manifestation des HAE ist das potenziell lebensgefährliche Angioödem im KopfHalsBereich. Es stellt eine medizinische Notfallsituation dar und kann zum Tod durch Ersticken führen. Eine der häufigsten Manifestationen hingegen sind Angioödeme im MagenDarmTrakt. Starke kolik oder krampfartige abdominelle Schmerzen mit Erbrechen und Durchfall sind das Kennzeichen dieser Attacken. Neben Zeichen eines akuten Abdomens zeigen sich häufig auch Aszites und Blutdruckabfall. Eine nicht erkannte HAEAttacke kann erfahrungsgemäß zu nicht notwendigen Operationen, wie Laparoskopie oder Appendektomie, führen.
Allergisches oder nicht allergisches Angioödem?Die richtige Diagnose entschei
det über eine effektive Therapie akuter Angioödeme. Grundsätzlich unterscheidet man allergische und nicht allergische Angioödemformen. Sie werden von unterschiedlichen vasoaktiven Mediatoren ausgelöst, welche für die Wahl der Therapie von entscheidender Bedeutung sind.
Allergische und Urtikariaassoziierte Angioödeme werden durch Mastzellen und deren Mediatoren (z. B. Histamin) vermittelt. Hier sind Kortikosteroide und Antihistaminika wirksam, während diese in der Therapie nicht allergischer, bradykininvermittelter Angioödeme nicht effektiv sind. Das allergische Ödem tritt oft im Rahmen einer akuten Urtikaria oder einer Anaphylaxie auf und bildet sich üblicherweise innerhalb von 24–48 Stunden zurück. Charakteristisch für das allergische Angioödem sind Juckreiz und ein Hauterythem, spezifische Auslöser
sowie das Ansprechen auf Antihistaminika oder Steroide. Bestimmte Ödemcharakteristika wie das Fehlen von Juckreiz und Erythem, eine Schwellungsdauer bis zu mehreren Tagen sowie das Fehlen einer urtikariellen Hautreaktion und Vorliegen von Prodromal symptomen, wie Erythema marginatum, legen den Verdacht auf ein bradykininvermitteltes Angioödem nahe.
Zu den nicht allergischen, bradykininvermittelten Angioödemen gehören das ACEHemmerinduzierte Angioödem, der erworbene und hereditäre C1InhibitorMangel, auch bezeichnet als AAE (acquired Angioedema) bzw. HAE Typ I und II, sowie wahrscheinlich auch das hereditäre Angioödem ohne C1InhibitorMangel (HAE Typ III).
Bradykinin führt über die Aktivierung von BradykininB2Rezeptoren in den Blutgefäßen zur Vasodilatation und einer erhöhten vaskulären Permeabilität. Erhöhte Bradykininkonzentrationen können so zu einem interstitiellen Ödem führen. ACEHemmer behindern den Abbau des Mediators und erhöhen auf diesem Wege dessen Konzentration. Der C1Inhibitor (C1INH) reguliert dagegen die Bradykiningeneration. Ein quantitativer oder funktioneller Mangel an C1INH, der hereditär bedingt sein kann (HAE Typ I und II) oder im Laufe des Lebens erworben wird (AAE), kann daher in einer erhöhten Bradykiningeneration resultieren.
Warum und unter welchen Umständen lokal vermehrt Bradykinin generiert wird, ist ungeklärt. Viele Attacken beginnen ohne eine für die Patienten identifizierbare Ursache. Oftmals entstehen Attacken jedoch im Rahmen bestimmter Situationen wie Infektionen, Operationen und Stress oder unter Einfluss von Östrogenen und ACEHemmern.
Angioödem-Diagnostik Anamnestische Angaben zur
Erstmanifestation (vor dem 20. Lebensjahr?) und eine positive Fami
Abb. 1 Schwellung eines hereditären Angioödems der linken Hand.
Hereditäres Angioödem
24 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 24 08.04.13 17:05
lien anamnese können auf ein HAE hinweisen. Medikamentöse Ursachen von Angioödemen, wie ACEHemmer, sollten zunächst ausgeschlossen werden.
Nur ein Labortest kann die Diagnose eines HAE mit C1INHMangel sichern. Die Bestimmung der C1INHKonzentration und Aktivität sowie der C4Komplement und C1qKonzentration ermöglicht die Diagnose und Klassifikation des Angioödemtyps (siehe Tab. 1).
Etwa 80–85 % der HAEPatienten zeigen ein HAE Typ I, das HAE Typ II liegt bei 10–15 % der Patienten vor. Der seltene Typ III ist bei normaler C1INHKonzentration und Aktivität an einer positiven Familienanamnese erkennbar.
HAE-Diagnose kann Leben rettenNicht diagnostizierte HAEPa
tienten sterben häufiger an Kehlkopfattacken als Patienten mit bekannter HAEDiagnose [1]. Die Diagnose eines HAE kann daher einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, das Mortalitätsrisiko der Betroffenen zu senken. Kehlkopfattacken treten beim HAE im Vergleich z. B. zum ACEinduzierten Angioödem zwar seltener auf, es erleiden jedoch 50 % der HAEPatienten mindestens einmal in ihrem Leben eine solche Attacke. Die Schwellung kann in weniger als 4 Stunden die Atemwege verschließen. In späten Stadien eines Kehlkopfödems müssen die Luftwege durch mechanische Maßnahmen wie Intubation, Tracheo oder Koniotomie, offengehalten werden.
Bei bekannter HAEDiagnose kann hingegen eine frühzeitige The
rapie eines Kehlkopfödems erfolgen und damit lebensrettend sein. Insbesondere die Selbsttherapie durch den Patienten oder nahe Angehörige ermöglicht eine sehr rasche Initialtherapie. Anschließend sollte eine klinische Überwachung des Patienten folgen.
Akuttherapie des hereditären AngioödemsZur Akuttherapie von Angioödem
attacken stehen 2 unterschiedliche Wirkprinzipien zur Verfügung: Der BradykininB2RezeptorAntagonist Icatibant (Firazyr®) sowie C1INHKonzentrate, welche aus Blutplasma gewonnen und virusinaktiviert werden (Berinert®, Cinryze®) oder durch rekombinante Technologie (Ruconest®) hergestellt werden. Mit C1INHKonzentraten wird der quantitative oder funktionelle Mangel an C1INH substituiert. Icatibant setzt hingegen am B2Rezeptor für Brady
kinin an. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Icatibant bei HAE Typ I und II wurde in den 3 randomisierten klinischen Studien FAST 1, 2 und 3 (FAST: For Angioedema Subcutaneous Treatment) nachgewiesen [2, 3].
Selbstanwendung durchden PatientenSowohl Icatibant als auch die
plasmatischen C1INHKonzentrate sind zur selbständigen Anwendung durch den Patienten zugelassen. Die Voraussetzung hierfür ist die vorherige Schulung durch medizinisches Fachpersonal. Laut Konsensusempfehlung der HAWKGruppe (HAWK: Hereditary Angioedema International Working Group) sollten Behandler ihre HAEPatienten zur Selbstanwendung ermutigen [4]. Dadurch ist es möglich, Attacken früher und damit effektiver zu behandeln, denn in frühen Stadien entwickeln sich Angioödeme leichter zurück [5].
Die C1INHKonzentrate werden lyophilisiert geliefert und intra venös appliziert. Icatibant wird als Fertigspritze in einer Dosierung von 30 mg subkutan injiziert. Die sub kutane Darreichungsform kann in vielen Fällen die Selbstadministration erleichtern. Gerade in Notfällen ist eine rasche Applikation von Bedeutung.
Dr. Emel Aygören-Pürsün, Frankfurt a. M.
Quellen1 Bork K et al. J Allergy Clin Immunol 2012;
130: 692–6972 Cicardi M et al. N Engl J Med 2010; 363:
532–5413 Lumry W et al. Ann Allergy Asthma Immu-
nol 2011; 107: 529–5374 Cicardi M et al. Allergy 2012; 76: 147–1575 Maurer M et al. PLoS ONE 2013; 8: e53773
Mehr Informationen für Dermatologen zum hereditären Angioödem beimLunch-Symposium der Shire Deutschland GmbH im Rahmen der 47. DDG-Tagung
Akutes Angioödem: eine der gefährlichsten Erkrankungen in der Dermatologie Samstag, 4. Mai 2013, 12:30–13:30 Uhr, Internationales Congress Center Dresden, Saal 5
Moderation: Prof. Dr. Marcus Maurer, Berlin
Allergisches oder nicht allergisches An-gioödem – was muss ich dazu wissen? Dr. Emel Aygören-Pürsün, Frankfurt
Mortalität beim hereditären Angioödem Prof. Dr. Konrad Bork, Mainz
Was tun beim hereditären Angioödem? Prof. Dr. Werner Aberer, Graz
Tab. 1 Labordiagnostik HAE und erworbenem C1-INH-Mangel.
HAE Typ I HAE Typ II HAE Typ III erworbener C1-INH-Mangel
C1-INH- Konzentration
niedrig normal / hoch
normal niedrig
C1-INH-Funktion niedrig niedrig normal niedrig
C4-Konzentration niedrig niedrig normal niedrig
C1q-Konzentration normal normal normal niedrig / normal
Mit freundlicher Unterstützung der Shire Deutschland GmbH, Berlin. Die Autorin ist Fachärztin für Innere Medizin an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Angioödem ambulanz, des Uni- versitätsklinikums Frankfurt, [email protected].
Hereditäres Angioödem
25Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 25 08.04.13 17:05
Ästhetische Dermatologie – State of the ArtAknetherapie in der Schwangerschaft
Prof. Dr. Christiane Bayerl, Wiesbaden
Diese Übersicht widmet sich der Aknetherapie in der Schwanger-
schaft und der Frage, ob Akne eine Indikation für begleitende ästhetisch rekonstruktive und
kosmetologische Behandlung ist.
Eine topische Aknetherapie soll auch in der Schwangerschaft zum Wohlbefinden der Mutter
durchgeführt werden, um eine Verschlechterung zu verhindern und Narben zu vermeiden. Die Notwendigkeit der Sicherheit der Produkte in Schwangerschaft und Stillzeit steht dabei im Vordergrund. Die medikamentöse Therapie in der Schwangerschaft ist eine besondere Herausforderung, da sich physiologische Vorgänge zwischen dem erwachsenen und dem Säuglingsorganismus unterscheiden. Die topische Therapie ist aber mindestens genauso anspruchsvoll, da durch die Aufnahme über die Haut systemische Wirkungen oder unerwünschte Effekte ausgelöst werden können. Zudem ist die transdermale Penetration und die nachfolgende systemische Bioverfügbarkeit der verschiedenen topischen Aknezubereitungen wenig untersucht.
Bild
: © P
hoto
Alto
Die ärztliche Aufgabe ist dann, zwei Organismen, Mutter und ungeborenem Kind / Säugling in Schwangerschaft und Stillzeit zu nützen oder zu helfen ohne einem der beiden zu schaden.
TherapieVor allem muss eine Patientin zu
Beginn einer Aknetherapie darauf hingewiesen werden, dass Sie dem behandelnden Arzt die Planung oder den Eintritt einer Schwangerschaft mitteilt. So können entsprechende Produkte ausgewählt bzw. Tetrazykline, Doxyzyklin, Minozyklin oder Isotretinoin erst gar nicht gestartet werden. Benzoylperoxid und Azelainsäure sind sichere topische Therapiemöglichkeiten. Bei Laser und Lichttherapien ist wegen etwaiger Schmerzen, die zu einer orthostatischen Dysregulation führen, Zurückhaltung geboten. Nach der Schwanger
State of the Art
26 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 26 08.04.13 17:05
schaft stehen diese Therapieoptionen jedoch wieder zur Verfügung. Eine systemische Therapie kann bei ausgeprägter schwerer Akne nach den Leitlinien auch während der Schwangerschaft mit Glukokortikoiden ab dem 2. Trimenon in Zusammenarbeit mit dem Gynäkologen durchgeführt werden. Auch die Gabe von Erythromyzin ist ab diesem Zeitpunkt zu vertreten, jedoch nicht in der Stillzeit. Zink kann falls nötig oral gegeben werden.
KosmetikErgänzende kosmetologische
Maßnahmen zur medizinisch dermatologischen Aknetherapie sind gerade in der Schwangerschaft sinnvoll, wenn die Indikation dermatologisch gestellt und die Maßnahme dermatologisch begleitet wird. Zu diesen ergänzenden Maßnahmen zählen die Reinigung und Pflege der zu Akne neigenden Haut und das manuelle Ausreinigen, auch in Ergänzung zur medikamentös behandelten Aknehaut. Unter den PeelingMaßnahmen ist ein mechanisches Peeling mit Rubbelpartikeln oder ein chemisches Peeling mit Fruchtsäuren möglich. Dagegen sollten Salizylsäure, Trichloressigsäure oder PhenolPeels in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. Entsprechend gilt, dass aufhellende Haut
präparate, die etwa für den Einsatz bei postentzündlich hyperpigmentierten Akneherden oder bei Melasma (Chloasma) Anwendung finden, nicht in der Schwangerschaft eingesetzt werden sollen. Zumeist ist Tretinoin als teratogene Substanz, Salizylsäure als fetotoxische Substanz oder Hydrochinon, das systemische Spiegel entwickelt, in den Zubereitungen enthalten – eine Pause in der Anwendung ist unbedingt anzuraten. Für topisches Resorcinol ist bei systemischer Einnahme Toxizität in der Schwangerschaft in einer Kasuistik beschrieben, sodass sich die Anwendung auch topisch verbietet.
Camouflage kann die psychische Belastung seitens der Haut deutlich reduzieren, die dabei eingesetzten Externa sind auch in der Schwangerschaft möglich.
Literatur bei der Autorin.
Korrespondenz:Prof. Dr. Christiane BayerlKlinik für Dermatologie und Allergologie Hauttumorzentrum WiesbadenDr. Horst Schmidt KlinikenAukammallee 3965191 [email protected]
Auch während der Schwangerschaft sollte ine topische Aknetherapie durch-geführt werden.
Bild
: © Fr
iday
/ Fot
olia
.com
State of the Art
27Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 27 08.04.13 17:05
Rosazea-Therapie mit Rosaliac AR Intense
Studienergebnisse belegen Wirksamkeit beim Einsatz
? Frau Dr. Scheler, wie lässt sich das Intensiv-Serum in der Thera-pie einsetzen?Dr. Scheler: Das Präparat eignet sich für die Monotherapie (RosazeaStadien I–II) und für die Kombination mit Antibiotika (z. B. Doxyzyklin) oder einer IPLTherapie (IPL: Intense Pulsed Light). Während der 8wöchigen Studiendauer erhielten viele unserer Patienten IPLBehandlungen. Aufgrund der sehr guten Verträglichkeit des IntensivSerums konnten sie es sofort am Abend nach der IPLBehandlung anwenden.
„Als Mono- oder in der adjuvanten Therapie sehr gut einsetzbar“
? Für welche Patienten ist das Produkt besonders gut geeignet?Dr. Scheler: Das IntensivSerum fördert die Compliance und ist stadienunabhängig einsetzbar. Viele Patienten mit mildem Befund erhalten leider häufig ein Antibiotikum wie Metronidazol mit undefinierter Anwendungsdauer. Auf die Erytheme
hat dies jedoch kaum Wirkung. Unsere Studienerfahrung hat gezeigt, dass sich hier der Einsatz von Rosa liac AR Intense IntensivSerum auszahlt. So nahm die Intensität der Erytheme ab, die Flushreaktionen reduzierten sich. Gemeinsam mit Teleangiektasien und empfindlicher Gesichtshaut sind dies Symptome, die erfahrungsgemäß oft nur unzureichend auf eine medikamentöse Therapie ansprechen.
? Bei welchen Studienteilneh-mern gab es die überraschendsten Ergebnisse?Dr. Scheler: Wie erwartet waren die größten Erfolge bei denen sichtbar, die das IntensivSerum zusätzlich zur ärztlichen Behandlung erhielten. Es gab aber auch Patienten, die keine IPL oder medikamentöse Behandlung wünschten. Hierunter war etwa eine Patientin mit ausgeprägtem Befund, bei der sich nach Studienende eine deutliche Besserung mit einer rückläufigen Rötung zeigte.
„Durchweg positive Rückmeldungen, auch von männlichen Teilnehmern“
? Wie war die Reaktion der Pa-tienten auf das Intensiv-Serum?Dr. Scheler: Bemerkenswert fand ich, dass viele männliche Patienten, die sich sonst mit der Anwendung von Pflegeprodukten schwer tun, positive Rückmeldungen gaben. Allgemein waren alle Patienten mit der Verträglichkeit und der Konsistenz des IntensivSerums sehr zufrieden. Es kühle gut, ziehe sofort ein und fühle sich nicht fettig an. Vor allem Patienten, die ihrer eigenen Einschätzung nach eine sehr empfindliche Haut haben, bewerteten diese Eigenschaften positiv.
? Wie lautet Ihr persönliches Fazit?Dr. Scheler: Viele RosazeaPatienten leiden unter ihrer Erkrankung. Gerade junge Patientinnen, etwa mit Teleangiektasien, fühlen sich in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Das IntensivSerum ist daher eine sinnvolle, compliancefördernde Maßnahme in der adjuvanten RosazeaTherapie.
Mehr zur multizentrischen Studie
DDG-Mittagsseminar „Neue Wege in der Rosazea-Therapie“ 2. Mai 2013, 12:30–13:30 Uhr (M12)
PD Dr. Jansen PD Dr. Schauber Prof. Dr. Fratila Dr. Scheler
Sara Damirchi, Köln
Mit freundlicher Unterstützung von La Roche-Posay, Düsseldorf. Quelle: Die Beitragsinhalte stam-men aus einem Interview mit Dr. Marina Scheler, Bonn. Die Autorin ist Mitarbeiterin der signum pr GmbH, Köln.
Rosaliac AR Intense Intensiv-Serum ist wirksam bei klinischen Erscheinungsformen der Rosazea, die auf eine Pharmako-therapie oftmals nur unzureichend ansprechen: Erytheme, Teleangiektasien und empfindliche Haut. Das Präparat unterstützt die adjuvante Therapie aller Rosazea-Stadien und ist zudem für die Rezidivprophylaxe geeignet. Zum Einsatz und Nutzen des Intensiv-Serums bei bestehenden Behand-lungsschemata fand im letzten Jahr eine internationale mul-tizentrische Studie statt. In Deutschland nahmen 210 Rosazea-Patienten daran teil, 60 davon an der Jungbrunnenklinik Bonn. Von ihren dortigen Erfahrungen berichtet Dr. Marina Scheler.
Ambophénol® ● hemmt die Cathelicidin-Genexpression ● inhibiert Angiogenese- & Entzündungs faktoren
Neurosensine® ● wird an den Empfindlichkeitsrezeptoren wirksam ● setzt Neuromediatoren frei ● hat einen Einfluss auf die neurogene Entzündung
Thermal wasser aus La Roche-Posay
● wirkt mit einem hohen Selengehalt hautberuhigend & reizmildernd
Rosazea
28 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 28 08.04.13 17:05
Flüssigstickstoff in der Dermatologie – sichere Anwendung mit CRYOSPEED® MEDSeit September 2012 ist das neue Medizinprodukt CRYOSPEED® MED (medizi-nischer Stickstoff N2 flüssig) von Linde Healthcare zur vielseitigen Anwendung in Cryochirurgie, Cryotherapie und Cryokonservierung in Deutschland erhältlich.
Flüssigstickstoff ist in der Dermatologie das am weitesten verbrei
tete Kältemittel zur Behandlung von Hauterkrankungen wie aktinische Keratosen, Basaliome, Mollusken, hypertrophe Narben sowie Keloide und hat sich in den verschiedenen Anwendungsgebieten vor allem durch seine schnelle und hohe Wirksamkeit sowie seine gute Verträglichkeit etabliert. Insbesondere bei der Behandlung von Warzen hat sich Flüssigstickstoff als einfach anzuwendendes und nebenwirkungsarmes Verfahren bewährt [1]. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) empfiehlt Flüssigstickstoff als Mittel der Wahl bei der Cryotherapie [2].
Mit dem europaweit zugelassenen Medizinprodukt CRYOSPEED® MED wird durch seine hohe Abkühlgeschwindigkeit bereits bei kurzer Behandlung eine sehr hohe Wirksamkeit erreicht. Das System ist apparativ einfach und sicher anzuwenden, was einen reibungslosen und effektiven Behandlungsablauf gewährleistet.
In der Praxis der Münchener Dermatologin Prof. Dr. Sabine Plötz gehört medizinischer Flüssigstickstoff seit vielen Jahren zur Routine. Ihre Erfahrungen sind sehr gut. Neben der hohen Effektivität und dem guten PreisLeistungsVerhältnis – häufig ist eine Erstattung über Sprechstundenbedarf möglich – schätzt Prof. Plötz die hohe Akzeptanz des Verfahrens bei ihren Patienten: „Das Therapieverfahren kann ohne Lokalanästhesie und ohne großen Zeitaufwand angewendet werden. Zudem gefallen mir besonders die guten Ergebnisse dieser Behandlungsoption bei aktinischen Keratosen und Warzen, wodurch aufwen
digere, nebenwirkungsreichere und kostenintensivere Therapien oft verhindert werden können. Auch das in der Regel sehr gute kosmetische Ergebnis und die Patientenakzeptanz sind große Vorteile.“ Und noch etwas ist ihr wichtig: Mit dem Medizinprodukt CRYOSPEED® MED ist sie auch rechtlich auf der sicheren Seite.
Rechtssicherheit für die Anwender„Für behandelnde Ärzte ist es
wichtig, bei der Therapie ein zugelassenes Medizinprodukt zu verwenden. Technischer Flüssigstickstoff, der nicht als Medizinprodukt zugelassen ist, bedeutet „OffLabel Use“ und bietet dem Therapeuten keine Rechtssicherheit“, betont Prof. Plötz. CRYOSPEED® MED ist ein nach dem neuesten Stand der Richtlinie 93/42/EWG und dem Medizinproduktegesetz (MPG) zertifiziertes und CEgekennzeichnetes Medizinprodukt. Damit erhält der Anwender eine hohe medizinische Qualität und die maximale therapeutische Sicherheit für sich und seine Patienten.
Angewendet wird der Flüssigstickstoff, je nach Indikation, auf
zwei Arten: entweder als offenes Verfahren (SprayVerfahren), welches direkt auf die Haut wirkt, oder als geschlossenes KontaktVerfahren, indirekt über Cryosonden.
Zusätzliche Services vonLinde HealthcareLinde Healthcare bietet ergän
zend umfangreiche Services in einem bundesweit dichten Liefernetz an. Die Services können auch für Kleinmengen in Anspruch genommen werden. Je nach Vereinbarung füllen Servicefahrer die jeweiligen Vorratsbehälter nach Bedarf oder regel mäßig in einem festgelegten Rhythmus vor Ort wieder auf. Passende Lager und Transportbehälter für Flüssigstickstoff werden ebenfalls angeboten. Für die sichere Anwendung und Handhabung nach MPBetreibV gibt es eine OnlineSchulung in der Mediathek unter http://emedia.lindegastherapeutics.de.
Für den speziellen Kundenservice der Sprechstundenbedarfsabrechnung sowie eine umfassende Beratung zu Themen wie Schutzmaßnahmen, Lagerung und Sauerstoff-Monitoring, können sich Anwender und Interes-sierte an die CRYOSPEED® MED-Medizinprodukteberater wenden: Servicenummer 089-37000-177 E-Mail: medizinische.gase@ de.linde-gas.com
Sonja Winterholler, München
Quellen:1. Plötz SG, Ring J. Warzenpaste oder Wur-
zeltod, Beschwörung bei Mondlicht oder Lasertherapie. Was hilft wirklich gegen Warzen? MMW-Fortschritte der Medizin 2011; 12: 1–4
2. Kryotherapie in der Dermatologie: Emp-fehlungen der Deutschen Dermatologi-schen Gesellschaft (2008). Im Internet: http://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Die_AWMF/Service/Gesamtarchiv/QS-Empfehlung/Kryochirurgie_in_der_Dermatologie.pdf; Stand: 12.03.2013
Mit freundlicher Unterstützung der Linde Healthcare / Linde Gas Thera-peutics GmbH, Unterschleißheim.
Die Autorin ist Mitarbeiterin der TBWA \ + Healthcare Communi-cation, München.
Prof. Dr. Sabine G. Plötz, München.
Kryotherapie
29Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 29 08.04.13 17:05
Psoriasis – State of the Art Aktuelle Entwicklungen und Trends bei der Therapie
Prof. Dr. Thomas Dirschka, Wuppertal
Die Aufklärung grundlegender Patho-mechanismen der Psoriasis hat in
den vergangenen 10 Jahren die thera-peutischen Möglichkeiten dieser
chronischen Hautkrankheit erheblich erweitert. Eine Kausaltherapie ist
zwar bis heute nicht verfügbar, doch profitieren gerade Patienten mit
mittelschwerer- bis schwerer Plaque-Psoriasis von modernen Entwicklun-
gen, die selektiv als rekombinante Antikörper oder Fusionsproteine
(sogenannte Biologics) in diese Patho-mechanismen eingreifen. Ziel der vor-
liegenden Übersicht ist es, die aktu-ellen Über legungen zur Psoriasis-therapie zusammenzufassen. Eine
vollständige Darstellung der lokalen und systemtherapeutischen Möglich-keiten bei der Behandlung der Psoria-sis und ihrer Sonderformen liegt als
S3-Leitlinie vor [1].
Eine wichtige Vorüberlegung zur Psoriasis ist, dass diese als Systemkrankheit verstanden
werden muss, bei der die Hautveränderungen Ausdruck eines übergeordneten Entzündungsgeschehens sind. Umfangreiche Untersuchungen zu Komorbiditäten konnten dabei bei mittelschwer bis schwer betroffenen Psoriasispatienten besondere Risikoprofile unter anderem für HerzKreislaufErkrankungen aufzeigen [2]. Ein wichtiges Ziel der Systemtherapie der Psoriasis ist es deshalb, auch die zum Teil lebensbedrohlichen Komorbiditäten günstig zu beeinflussen. Ferner beeinträchtigt die Psoriasis nachhaltig die Lebensqualität [3].
SchweregradeAusgangspunkt aller Überlegun
gen zur Psoriasistherapie ist die Festlegung des Schweregrades. Gemäß eines europäischen Konsensuspapiers wurde eine sogenannte „Rule of Tens“ formuliert, mit deren Hilfe die leich
Bild: © Christine Langer-Püschel / Fotolia.com
te Psoriasis von mittelschweren bis schweren Formen, die eine Indikation zur Systemtherapie darstellen, abgegrenzt wird. Demgemäß ist bei einem Körperoberflächenbefall (BSA) von ≥ 10 %, oder einem PASI- oder DLQI-Wert ≥ 10 % / Punkten die Psoriasis als mittelschwer bis schwer zu werten. Darüber hinaus können folgende Kriterien die Therapieauswahl beeinflussen:
● besondere Lokalisationen der Psoriasis (z. B. Gesicht, Hände, Nägel, Füße, Genitalbereich), besondere Symptome der Psoriasis (z. B. quälender Juckreiz),
● besonderer Behandlungsbedarf (z. B. hohe Frequenz an Arztbesuchen),
● Arbeitsunfähigkeit wegen Psoriasis, stationäre / teilstationäre Behandlungen, Rehabilitationsbehandlungen,
● Behinderungsgrad wegen Psoriasis,
● Pflegebedürftigkeit wegen Psoriasis.
State of the Art
30 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 30 08.04.13 17:05
Schließlich ist die individuelle Einschätzung des behandelnden Arztes (PGA: „physicians global assessment“) für die Therapieentscheidung wichtig. Dabei können die aufgeführten Bewertungskriterien hilfreich sein und argumentativ die Entscheidung des Arztes hinsichtlich der Schwere der Psoriasis unterstützen [4, 5].
TherapieLeichte PsoriasisBei der Lokaltherapie der Plaque
Psoriasis haben sich VitaminDAnaloga durchgesetzt. Dabei besteht für Calcipotriol die höchste Evidenz. Eine keratolytische Therapie ist insbesondere bei moderner Galenik (z. B. Gelform) nicht mehr erforder
lich. In der Induktionsphase der Therapie aber auch als intermittierende Lokaltherapie haben sich fixe Kombinationen aus Calcipotriol und Betamethason als besonders wirksam herausgestellt [6].
Einzelne Lokalisationen erweisen sich oft als besonders therapierefraktär und benötigen ein spezielles therapeutisches Vorgehen: Zum Teil werden in der aktuellen S3Leitlinie offlabel Therapien empfohlen [1]; die Patienten müssen diesbezüglich besonders über den Zulassungsstatus, die Anwendung und die fehlende Erstattungsfähigkeit informiert werden.
Besondere lokalisationsabhängige Therapiemaßnahmen sind in Tab. 1 dargestellt.
SystemtherapieWährend die Lokaltherapie auf
eine möglichst effektive Beseitigung der klinisch sichtbaren Psoriasis abzielt, werden mit einer systemischen Therapie weitergehende Effekte beabsichtigt. Insbesondere soll die erhöhte entzündliche Grundaktivität bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis reduziert und damit das Risiko für Komorbiditäten gesenkt werden. Bezüglich der Hautveränderungen wird eine 75 %ige Reduktion des PASI (PASI 75) und des DLQI auf 1–2 während der Induktionsphase angestrebt; Mindestziel ist das Erreichen eines PASI 50 und eines DLQI von 5.
Bei der chronischen PlaquePsoriasis, stellen Fumarsäureester und Methotrexat Therapien der ersten Wahl dar. Cyclosporin A stellt eine Option zur Akutintervention bei klinischen Schüben dar. Es sollte jedoch nur über maximal 6 Monate eingesetzt werden. Zahlreiche Wechselwirkungen und im Laufe der Therapie oftmals zunehmende Nebenwirkungen limitieren hier den Einsatz; eine ausschleichende Therapie mit allmählichem Umsetzen auf Methotrexat oder Fumarsäureester wird empfohlen.
Ist eine konventionelle Systemtherapie kontraindiziert, weist sie relevante Wechselwirkungen mit erforderlichen bestehenden Medikationen oder Nebenwirkungen auf oder wird nicht mindestens ein PASI 50 während der Induktionsphase erreicht, sind Biologics indiziert. Beste Wirkungen werden dabei mit Adalimumab und Ustekinumab erzielt; Infliximab zeichnet sich durch einen schnellen Wirkeintritt aus, muss jedoch intravenös appliziert werden. Etanercept zeigte in klinischen Studien eine etwas schwächere Wirkung als die vorgenannten Substanzen [1, 4] (Tab. 2).
Im Falle entzündlicher Schübe unter ansonsten erfolgreicher Krankheitskontrolle unter Biologics kann Methotrexat als potenzieller Kombinationspartner eingesetzt werden.
Tab. 1 Lokaltherapie der Psoriasis an besonderen Lokalisationen (nach [1, 4, 6]).
Lokalisation Therapie
Gesicht kurzzeitiger Einsatz eines Steroides der Klasse II, z. B. Prednicarbat; anschließend Therapie mit TacalcitolOff-Label-Use von Calcineurin-Inhibitoren
Kopfhaut In der Induktionsphase clobetasolpropionathaltige Präparate: Clobetasolpropionat (Shampoo oder Schaum); anschließend fixe Calcipotriol / Betamethason-Kombination 1–2 × /Woche als Erhaltungstherapie
Genital-bereich
Initialtherapie mit steroidal / antimykotischem Kombinationspräparat (z. B. Flupredniden / Miconazol Creme), anschließend Kombination von Vitamin-D-Analoga (z. B. Tacalcitol) in Kombination mit Off-Label- Anwendung von Calcineurin-Inhibitoren;Behandlung der Rima ani mit nystatinhaltiger Paste
Nägel Versuch der Lokaltherapie mit potentem Lokaltsteroid (z. B. Clobeta-solLösung) in Kombination mit Vitamin-D-Analogon (z. B. Calsipotriol-Lösung); bei DLQI > 10 und Nagelmatrixbefall Systemtherapie
Tab. 2 Biologics zur Therapie der Plaque-Psoriasis; Dosierungen und Wirk-samkeit nach der Induktionsphase (nach [1, 4]).
Substanz Dosierung Mittlere Ansprechrate (PASI 75) (Induktionsphase)
Ustekinumab 45/90 mg (gewichtsadaptiert) in Woche 0 und 4, danach alle 12 Wochen
67–74 % (12 Wochen)
Adalimumab initial 80 mg, dann nach einer Woche 40mg s. c. alle 2 Wochen
71 % (16 Wochen)
Infliximab 5 mg/kg KGinitial Infusion an Tag 0, Woche 2 und Woche 6; Erhaltungstherapie alle 8 Wochen
80 % (10 Wochen)
Etanercept 2 × 25 mg/Woche1 × 50 mg/Woche2 × 50 mg/Woche
34 % (12 Wochen)38 % (12 Wochen)49 % (12 Wochen)
State of the Art
31Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 31 08.04.13 17:05
AusblickDie moderne Therapie der
PlaquePsoriasis verdeutlichet den Wandel, der sich in der Dermatologie der letzten 2 Dekaden vollzogen hat: Von einem eher morphologisch geprägten Fach der isolierten Betrachtung des Organs Haut und weitgehend topisch geprägten Therapieansätzen hin zu einem auf modernen, klar definierten Pathomechanismen fußendem Fach, das sich zunehmend systemischer Therapieansätze bedient. Auch wenn eine endgültige Heilung der Psoriasis bislang nicht in Sicht ist, kann diese psychosozial erheblich stigmatisierende Hautkrankheit langzeit
kontrolliert werden mit positiven Rückwirkungen auf bestehende Komorbiditäten.
Literatur1. Nast A, Boehncke WH, Mrowietz U et al.
S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vul-garis Update 2011. J Dtsch Dermatol Ges 2011; 9 (Suppl. S2): S1–S1042
2 Boehncke WH, Sterry W. Psoriasis – a s ystemic infalmmatory disorder: clinic, pathogenesis and therapeutic perspec-tives. J Dtsch Dermatol Ges 2009; 7: 946–952
3. Krüger G, Koo J, Lebwohl M et al. The im-pact of psoriasis on quality of life: results of a 1998 National Psoriasis Foundation patient-membership survey. Arch Derma-tol 2001; 137: 280–284
4. Von Kiedrowski R, Dirschka T, Kirchesch H et al. Psoriasis vulgaris – ein praxisnaher Behandlungspfad. Der Deutsche Derma-tologe 2011; 9: 1–8
5. Mrowietz U, Kragballe K, Reich K et al. Definition of treatment goals for moder-ate to severe psoriasis: a European con-sensus. Arch Dermatol Res 2011; 303: 1–10
6. Reich K, Shakery K, Dirschka T, Hartwig R, Oster-Schmidt C. Erythematöse, erythe-matosquamöse und pustulöse Erkrankun-gen. In: Dirschka T, Hartwig R, Oster-Schmidt C, Hrsg. Klinikleitfaden Dermato-logie. 3. Aufl. München: Elsevier; 2011: 561–614
Korrespondenz:Prof. Dr. Thomas DirschkaDermatologische Praxis WuppertalSchuchardstr. 1542275 [email protected]
Seite 32
Anzeige
1/2 Seite quer, unten
Garbe_11EJ36_175x120_4cState of the Art
KompDerm2013.indb 32 08.04.13 17:05
Telefonbestellung:0711/ 89 31-900
Kundenservice @thieme.de
Faxbestellung:0711/ 89 31-901 www.thieme.de
Jetzt bestellen:
Prei
sänd
erun
gen
und
Irrtü
mer
vor
beha
lten.
Lie
feru
ng z
zgl.
Vers
andk
oste
n. B
ei L
iefe
rung
en
in [D
] bet
rage
n di
ese
3,95
€ p
ro B
este
llung
. Ab
50 €
Bes
tellw
ert e
rfol
gt d
ie L
iefe
rung
ve
rsan
d kos
tenf
rei.
Bei L
iefe
rung
en a
ußer
halb
[D] w
erde
n di
e an
falle
nden
Ver
sand
kost
en
wei
ter b
erec
hnet
. Sch
wei
zer P
reis
e si
nd u
nver
bind
liche
Pre
isem
pfeh
lung
en. 1
1EJ3
6
mit standardisierter SicherheitIndividuelle Therapie
Dermatologische RezepturenGarbe/Reimann2., vollst. neu bearb. Aufl. 2005 320 S., 10 Abb. ISBN 978 3 13 107292 4
39,95 € [D] 41,10 € [A]/67,90 CHF
Für Dermatologen und Apotheker• Die wichtigsten offiziellen Grundlagen in konzentrierter Form• Vorstellung der Wirkstoffe und Hilfsstoffe• Praxisnahe Darstellung der Rezepturen nach medizinischen
und wirtschaftlichen Gesichtspunkten• Zahlreiche Tabellen zu Kompatibilität und
Haltbarkeit inkl. Preisvergleichen
Anz_Garbe_11EJ36_175x120_4c.indd 1 02.01.2012 15:50:43
Sans titre-1 2 09/04/13 09:31
Trichologie – State of the ArtVernarbende Alopezien
Prof. Dr. Hans Wolff, München
Vernarbende und atrophisierende Alopezien sind eine heterogene Gruppe von Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie [1, 2]. Sie sind zwar relativ selten, aber extrem chronisch. Daher
ist die Wahrscheinlichkeit, als nieder-gelassener Hautarzt hierzu konsultiert
zu werden, relativ groß. Des wegen sollen im Folgenden die häufigsten
vernarbenden oder atrophisierenden Alopezien besprochen werden.
Folliculitis decalvansDie Folliculitis decalvans kann
sowohl Männer als auch Frauen betreffen [3]. Es handelt sich um eine granulozytär geprägte Entzündung mit Destruktion der Haarfollikel und der Kopfhaut. Pathogenetisch relevant ist ein Zusammenspiel zwischen inflammatorisch wirkenden Staphylokokken und einer überschießenden Entzündungsantwort. Am geröteten Rand narbigatrophischer Areale finden sich stark entzündete Papeln, Pusteln und Krusten (Abb. 1). Fast alle Betroffenen haben sehr kräftige Haare. Bei Ausbildung einer androgenetischen Alopezie verschwindet die Folliculitis decalvans in den haarlosen Arealen. Bei fortschreitender Entzündung und Vernarbung kann es zur Ausbildung von Büschel oder Pinselhaaren kommen. Dabei treten 5–10 Haare aus einer gemeinsamen Öffnung aus. Sie stellen eine ideale Eintrittspforte für Staphylokokken dar und führen so zur weiteren Verschlimmerung der Entzündung.
Bilder: © Prof. Dr. Hans Wolff
Die Behandlung der Folliculitis decalvans ist langwierig und schwierig. Als Basistherapie steht die Verminderung der Staphylokokken im Vordergrund. Wichtig ist die tägliche Kopfwäsche mit keimvermindernden Schampoos mit Wirkstoffen wie z. B. Ciclopiroxolamin oder einem SchwefelSalizylsäureKomplex. Danach muss die Kopfhaut trocken gefönt werden, damit den Staphylokokken der Boden zur Vermehrung entzogen wird. Systemische Antibiotikatherapien über 4–8 Wochen mit Clarithromycin oder Doxycyclin können Besserung erzielen, oft treten jedoch wieder Rezidive auf. Einer Publikation von Powell et al. [3] folgend, wird folgendes AntibiotikaSchema bevorzugt: Clindamycin (300 – 0 – 300 mg) und Rifampicin (300 – 0 – 300 mg) über einen Zeitraum von 6–12 Wochen. Danach sind alle Patienten erscheinungsfrei, zum Teil über viele Monate hinweg [3, 4]. Bei etwa der Hälfte der Behandelten kommt es zu Rezidiven, die erneuter Therapie bedürfen. Ein Teil
State of the Art
33Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 33 08.04.13 17:05
der Patienten muss die Therapie wegen gastrointestinaler Nebenwirkungen abbrechen [4].
Um Rezidive zu vermeiden, müssen möglichst alle Büschelhaarfollikel operativ aus der Kopfhaut entfernt werden, da sie wie ein Docht Staphylokokken in die Kopfhaut ziehen.
Lichen ruber follicularisBeim Lichen ruber der Kopfhaut
kommt es unterhalb der epidermalen und follikulären Basalmembranzone zur dichten Ansammlung von TLymphozyten, die vor allem dem CD4positiven THelferTyp angehören [5, 6]. In dem subepidermalen Infiltrat finden sich außerdem noch Histiozyten. Eine Hypothese zur Pathogenese ist, dass der Lichen ruber eine fehlgesteuerte zelluläre Immunantwort auf ein unbekanntes Antigen in der Basalmembranzone ist. Fatalerweise neigen die TLymphozyten des Lichen ruber dazu, die follikulären Stammzellen in der WulstRegion des Haarfollikels zu zerstören, was den Untergang des gesamten Haarfollikels zur Folge hat [5].
Klinisch typisch ist eine kleinfleckige, narbige Alopezie mit randständigen follikulären Hyperkeratosen. Es scheint, als trügen die Haare am Rand eines betroffenen Areals eine eng sitzende, weiße Halskrause (peripiläre Schuppenkrause). Oft zeigt sich in der unmittelbaren Umgebung des Haarfollikels ein lividentzündliches Erythem (Abb. 2).
Im Gegensatz zum stark juckenden Lichen ruber des Integuments, ist der Lichen planopilaris meist asymptomatisch und besteht oft bereits seit Jahren, ehe er bemerkt wird. Der Verlauf ist chronisch. Nur selten zeigen sich am übrigen Integument weitere Ausprägungen des Lichen ruber wie z. B. die intensiv juckenden, polygonalen Papeln und Knötchen am Handgelenk. Vom GrahamLasseurLittleSyndrom spricht man, wenn neben einem follikulären Lichen ruber am Integument und der Kopfhaut auch dystrophische Veränderungen der Finger und Fußnägel vorliegen.
Insgesamt sind die therapeutischen Erfolge beim Lichen ruber follicularis selbst bei Verwendung starker topischer Kortikosteroide unbefriedigend. Die gelegentlich beschriebene Therapie mit dem systemischen Retinoid Acitretin muss meist aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen werden; selbst bei längerer
Gabe stellte sich keine befriedigende Wirkung ein. Dies gilt leider auch für den individuellen Heilversuch mit Pioglitazon, das kasuistisch als wirksam beschrieben worden ist [7].
Frontal fibrosierende AlopezieDer Australier Steven Kossard
beschrieb 1994 ein Krankheitsbild, das er postmenopausal frontal fibrosing alopecia nannte [8]. Die fast nur bei älteren Frauen vorkommende Erkrankung wird als Variante des Lichen ruber follicularis angesehen [9]. Pathogenetisch relevant ist auch hier eine Zerstörung von Haarfollikeln der Kopfhaut und Augenbrauen durch TLymphozyten.
Schleichend über Jahre kommt es zu einem symmetrischen Zurückweichen der StirnHaarGrenze sowie des seitlichen Haaransatzes in der Schläfenregion [10]. Die freigelegte Haut ist blassatrophisch und grenzt sich meist klar von der lichtgealterten Stirnhaut ab (Abb. 3).
Auf den ersten Blick erinnert der Haarverlust an eine androgenetische Alopezie des Mannes. Am Haaransatz zeigen sich oft perifollikuläre Erytheme. Fast immer findet man eine Rarefizierung der Augenbrauen.
Eine sicher wirksame Therapie ist nicht bekannt. Allerdings erscheint ein Therapieversuch mit örtlich angewendeten Kortikosteroiden und CalcineurinInhibitoren gerechtfertigt, um die Haare in der entzündlichen Progressionszone zu schützen.
Abb. 2 Lichen ruber follicularis: Atrophisierende Alopezie mit peri-pilärer Rötung und halskrausen-artiger Schup-pung.
Abb. 1 Folli-culitis decalvans: Narbige Alopezie mit entzünd-lichen Papeln, Pusteln und Krusten, sowie Büschelhaaren.
State of the Art
34 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 34 08.04.13 17:05
Fazit für die PraxisVernarbende Alopezien lassen
sich meist bereits klinisch klar differenzieren:
● Die Folliculitis decalvans zeigt vernarbte, haarlose Kopfhautareale mit entzündlichen Papeln, Pusteln und Krusten im Randbereich.
● Der Lichen ruber weist peripiläre Rötung und Schuppenkrause auf.
● Die postmenopausale frontal fibro sierende Alopezie (Kossard) zeigt eine typische bandartige Alopezie am Haaransatz und den Velust der Augenbrauen.
Die Behandlung der vernarbenden Alopezien ist schwierig bei der Folliculitis decalvans, sehr schwierig beim Lichen ruber und meist frustran bei der frontal fibrosierenden Alopezie Kossard.
Literatur 1. Sperling LC, Solomon AR, Whiting DA.
A new look at scarring alopecia. Arch Dermatol 2000; 136: 235–242
2. Hermes B, Paus R. “Vernarbende” Alope-zien. Hautarzt 1998; 49: 462–472
3. Powell JJ, Dawber RP, Gatter K. Folliculitis decalvans including tufted folliculitis: clin-ical, histological and therapeutic findings. Br J Dermatol 1999; 140: 328–333
4 Stockmeier M, Kunte C, Feldmann G et al. Folliculitis decalvans – Behandlung mit einer systemischen Rifampicin- Clin da my-cin-Kombinationstherapie bei 17 Patien-ten. Akt Dermatol 2001; 27: 361–363
5. Mehregan DA, Van Hale HM, Muller SA. Lichen planopilaris: clinical and patho-logic study of forty-five patients. J Am Acad Dermatol 1992; 27: 935–942
6. Tan E, Martinka M, Ball N et al. Primary cicatricial alopecias: clinicopathology of 112 cases. J Am Acad Dermatol 2004; 50: 25–32
7. Mirmirani P,Karnik P. Lichen planopilaris treated with a peroxisome proliferator-activated receptor gamma agonist. Arch Dermatol 2009; 145: 1363–1366
8. Kossard S. Postmenopausal frontal fibro-sing alopecia. Scarring alopecia in a pat-tern distribution. Arch Dermatol 1994; 130: 770–774
9. Kossard S, Lee MS, Wilkinson B. Post-menopausal frontal fibrosing alopecia: a frontal variant of lichen planopilaris. J Am Acad Dermatol 1997; 36: 59–66
10. MacDonald A, Clark C, Holmes S. Frontal fibrosing alopecia: a review of 60 c ases. J Am Acad Dermatol 2012; 67: 955–961
Korrespondenz:Prof. Dr. Hans WolffKlinik und Poliklinik für Dermatologie und AllergologieLudwig-Maximilians-Universität MünchenFrauenlobstr. 9–1180337 Mü[email protected]
Abb. 3 Post-menopausale fron-tal fibrosierende Alopezie (Kossard): Bandartige frontale und temporale Alopezie mit irre-versiblem Verlust der Augenbrauen.
Seite 35
Anzeige 1/3 hoch, rechts
Image_E-Books_55x248_4c
KompDerm2013.indb 35 08.04.13 17:05
PC Laptop Smartphone
Tablet Reader
Viele Bücher gibt es jetzt auch als E-Book, sowohl als PDF wie auch als ePub.
Informieren Sie sich einfach unter
www.thieme.de/ shop
… jetzt auch für
Ihre Fachbücher …
Image_E-Books_55x248_4c.indd 1 13.11.2012 10:42:19
Sans titre-1 3 09/04/13 09:33
Mykologie –State of the ArtProf. Dr. Pietro Nenoff, Mölbis
Die Dermatomykologie beschäftigt sich im Jahr 2013 mit dem Pro und Kontra des Lasers zur Behandlung
der Onychomykose. Es besteht eine Diskrepanz zwischen In-vitro- und
In-vivo-Ergebnissen der Laseran-wendung am Pilz und am Nagel. Eine endgültige Bewertung steht noch aus.
Moderne molekulare Methoden des Direktnachweises von Dermato-
phyten im klinischen Material mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) sind auf dem Vormarsch, ebenso appara-
tive Identifizierungsmethoden von Pilzen, z. B. die MALDI-TOF-Massen-
spektroskopie. In der täglichen Praxis stößt der Dermatologe heute wieder auf Microsporum audouinii, besorg-niserregend sind schwer zu beherr-
schende Kleinraum-Ausbrüche in Kindergärten und Schulen. Auf die
Zunahme zoophiler Dermatophytose-Erreger, an erster Stelle Arthroderma benhamiae, muss unbedingt verwie-
sen werden.
Laser zur Behandlung der Onychomykose?Kaum ein Thema in der Myko
logie und Dermatologie wird aktuell so kontrovers diskutiert, wie der Einsatz von Lasern zur Behandlung der Onychomykose. Das Spektrum reicht von totaler Ablehnung [1], bis zur Darstellung als neue hoffnungsvolle Therapieform, die „alte“ nebenwirkungsreiche Behandlungsschemata wie systemische Antimykotika ersetzen kann [2]. Sicher liegt – wie oft – die Wahrheit in der Mitte. Das Prinzip besteht in der Erwärmung des Nagelbetts. Die erreichte Temperatur beträgt nicht mehr als 40 °C (besser wären eigentlich 45 °C), da bei höheren Temperaturen Schmerzen auftreten, die für den Patienten nicht mehr akzeptabel sind. Es liegen bisher wenige publizierte Ergebnisse von klinischen Untersuchungen vor [3]. Kritikpunkt scheint u. a. zu sein, dass der Nachbeobachtungszeitraum sehr kurz ist.
Zhang et al. [4, 5] aus China berichteten auf dem Weltkongress der Mykologie (ISHAM) 2012 in Berlin über Ergebnisse des Einsatzes eines
Bild
: © P
rof.
Dr.
Piet
ro N
enof
f
lang gepulsten Nd:YAG1064nmLasers bei der Onychomykose. 33 Patienten (154 unterschiedlich be fallene Zehennägel) wurden mit dem Laser behandelt: Gruppe 1 1mal wöchentlich über 8 Wochen, Gruppe 2 1mal wöchentlich über 4 Wochen. In Gruppe 1 betrug die Wirksamkeit in Woche 8, 16 und 24 jeweils 63 %, 62 % und 51 %, in Gruppe 2 68 %, 67 % und 53 %. Zwischen den Gruppen bestand kein statistisch signifikanter Unterschied. Inwieweit sich diese akzeptablen Ergebnisse in größeren Studien mit einem längeren Nachbeobachtungszeitraum bestätigen lassen, muss abgewartet werden.
Dem steht entgegen, dass es in vitro offensichtlich keinen pilzabtötenden oder wachstumshemmenden Effekt der Lasertherapie gibt. Hees et al. [6] aus der Laserklinik Karlsruhe behandelten TrichophytonrubrumKolonien auf Agarplatten mit einem langgepulsten Nd:YAGLaser (1064 nm, 45 J/cm² und 100 J/cm²) sowie einem gütegeschalteten Nd:YAGLaser (1064 nm, 4 J/cm² und 8 J/cm²; 532 nm, 8 J/cm²). Interessanterweise zeigte keine der Platten
State of the Art
36 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 36 08.04.13 17:05
eine Einschränkung des Pilzwachstums infolge der Lasertherapie.
Problematisch könnten bleibende Schädigungen der Nagelmatrix infolge der Lasertherapie sein. Es gibt die Empfehlung, dass zwar die Lunala mit Laser behandelt werden kann, nicht jedoch die Nagelmatrix. Dem steht entgegen, dass Vertreiber von Lasergeräten auch die Behandlung der Nagelmatrix empfehlen (1064 nm Diodenlaser). In der Praxis sollte man, solange keine eindeutigen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, insbesondere mit höheren Energiedichten im Bereich der Nagelmatrix eher zurückhaltend sein.
Die immer wieder genannte Zulassung der OnychomykoseLasertherapie in den USA durch die Food and Drug Administration (FDA) ist nicht gleichzusetzen mit nachgewiesener Wirksamkeit, sondern steht nur für die Sicherheit der Behandlung. Darüber hinaus sagt die FDA lediglich, dass mit Lasertherapie eine zeitweilige Besserung der Onychomykose erzielt werden kann („temporary improvement in nail appearance” oder „temporary increase in clear nails”), nicht jedoch eine Heilung.
Prof. Theodore Rosen, Houston, USA, fragte während seiner Präsentation „Laser Therapy of Onychomycosis” auf dem Kongress der American Academy of Dermatology (März 2012) rhetorisch: „Is laser therapy the future of onychomycosis therapy?” [7]. Seiner Meinung nach wäre dies sehr schön, im Moment ist jedoch allen falls von einer hoffnungsvollen Möglichkeit auszugehen. Es fehlen noch Daten, insbesondere LangzeitFollowupStudien zur Wirksamkeit der OnychomykoseLasertherapie.
Paronychie und Onychomykose durch Fusarium oxysporum Infektionen der Nägel und des
Nagelapparats durch Schimmelpilze gelten als zunehmendes Problem. Fusarium spp. sind per se „emerging
pathogens“ in der Dermatomykologie; auch in Deutschland [8]. Ein interessanter Therapieansatz wurde von Brasch & Wohlfeil aus Kiel vorgestellt [9]. Eine 51jährige Patientin mit eitriger Paronychie und Onychodystrophie eines Fingernagels wurde vorab unter diversen Verdachtsdiagnosen (bakterielle Paronychie, Kandidose, Acrodermatitis, Tinea unguium) erfolglos lokal und systemisch mit diversen Antibiotika und Antimykotika behandelt. Bei der mykologischen Diagnostik fanden sich keine Dermatophyten, auch nicht mittels PCR. Kulturell war jedoch Fusarium oxysporum nachweisbar. Das Isolat war in vitro resistent gegen Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol und Caspofungin, jedoch empfindlich gegen Amphotericin B. Die Therapie mit atraumatischer Nagelablösung (Harnstoff) und Anwendung einer topischen Amphotericin BSuspension war erfolgreich. Fünf Monate später wuchs die Nagelplatte wieder gesund aus der Nagelmatrix heraus.
Real-Time-PCR zum Dermatophyten-NachweisEine Studie aus Frankreich, vor
gestellt ebenfalls auf dem ISHAMKongress 2012 in Berlin, verglich den Wert einer neuen, molekularbiologischen Methode – die RealTimePCR zum direkten Nachweis von Dermatophyten aus klinischem Material – mit den konventionellen mikroskopischen und kulturellen Methoden [10]. Die RealTimePCR ist zwar apparativ aufwendig; einmal etabliert, stellt sie jedoch eine vergleichsweise schnell durchführbare, hochspezifische und empfindliche molekulare Methode der Amplifizierung und gleichzeitigen Quantifizierung der DNS dar. Die Untersuchung aus Frankreich zeigte, dass trotzdem auch kritisch mit den Ergebnissen der RealTimePCR umgegangen werden muss. Falschnegative Ergebnisse sind möglich, v. a. infolge einer inhomogenen Verteilung der DermatophytenDNS im Haut oder Nagelmaterial. Das Fazit der
Studie lautete deshalb, dass im Moment auf die konventionelle Diagnostik nicht verzichtet werden sollte. Nach wie vor sind Nativpräparat (am besten als fluoreszenzoptisches Präparat mit Blankophor / Calcofluor oder die preiswerte Variante mit Acridinium orange) und kultureller Pilznachweis die Grundlage der dermatomykologischen Diagnostik. Sie können ergänzt werden durch molekulare Methoden, z. B. mit der RealTimePCR zum DermatophytenDNSNachweis.
Neue molekulare Methoden zur Dermatophyten-DifferenzierungNeben dem Direktnachweis von
Pilzen in klinischem Material mit molekularen Techniken, wie z. B. der PCR, ist die MatrixAssistedLaserDesorption/IonisationTimeOfFlightMassSpectrometry (MALDITOFMS) als Kulturbestätigungstest zur Differenzierung von Fadenpilzen mittlerweile etabliert [11, 12]. Der Zeitvorteil ist immens, es lassen sich bis zu 64 DermatophytenStämme gleichzeitig identifizieren, das Ergebnis liegt innerhalb von Minuten vor. In allen mittelgroßen und großen Laboren in Deutschland sind Großgeräte für die MALDITOFMS verfügbar. Die Spezifität der Bestimmung – anhand des ProteinMassenFingerprintabdrucks bzw. Massenspektrums – ist hoch. Trotzdem sollte immer die Plausibilität der differenzierten Spezies geprüft werden. Wenn beispielsweise die MALDITOFMSAnalyse die Spezies Trichophyton tonsurans ergibt, das Isolat aber aus Nagelspänen einer 62jährigen Patientin stammt, dann ist eine kritische Betrachtung angebracht. Im konkreten Fall erbrachte die einfache mikroskopische Untersuchung im LactophenolBaumwollblauPräparat eindeutige Merkmale von Trichophyton inter digitale, insbesondere massenhaft Spiralhyphen. Hier ist der mykologisch tätige Hautarzt aufgrund seiner klinischen Erfahrung eindeutig im Vorteil.
State of the Art
37Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 37 08.04.13 17:05
Renaissance des „Waisenhauspilzes“ in DeutschlandMicrosporum audouinii ist ein
besonders für Kinder hochansteckender anthropophiler Dermatophyt (Abb. 1). Bis in die 1950erJahre war der auch als „Waisenhauspilz“ bezeichnete Dermatophyt in Schulen sehr verbreitet. Man fand diesen TineacapitisErreger dann jahrzehntelang so gut wie nicht mehr in Deutschland. Seit 2–3 Jahren hat dieser Pilz hierzulande jedoch eine Renaissance erlebt. Wahrscheinlich durch infizierte Eingereiste aus Afrika nach Deutschland eingeschleppt, kam es zu kleineren und größeren Endemien in Kindergärten und Schulen. Das Befallsmuster von Microsporum audouinii an der Haarwurzel ist vom EndoEktothrixTyp. Es bildet sich ein mosaikähnlicher Sporenmantel um das Haar, welches Elastizität verliert und abbricht. Die Herde fluoreszieren grün unter WoodLicht [13].
Aktuell werden aus München, Wittlich (RheinlandPfalz), Berlin und Hannover Ausbrüche in Kindereinrichtungen registriert. Insbesondere in München und Hannover war das Ausmaß dergestalt, dass das Referat für Gesundheit und Umwelt eingeschaltet werden musste [14, 15]. Die Infektion wird vorzugsweise von Mensch zu Mensch übertragen. Zeitgleich kam es auch in der Schweiz zu einem gut dokumentierten Ausbruch von MicrosporumaudouiniiInfektionen [16]. Weder Terbinafin, noch Fluconazol hatten einen Effekt auf die Tinea capitis. Zwei Kinder wurden erst nach Wechsel zu Griseofulvin geheilt, das dritte Kind mit Itraconazol. Um symptomlose Träger des anthropophilen Dermatophyten zu identifizieren, wurden die Familien der Kinder sowie 3 Schulklassen einem Screening mit der „Zahnbürstentechnik“ unterzogen. Alternativ wird in Deutschland zum Screening auf Tinea capitis die „Haarbürstenmethode“ eingesetzt. Drei Familienangehörige und 5 Klassenkameraden waren Träger von
Microsporum audouinii. Alle wurden konsequent behandelt (Familienmitglieder mit Griseofulvin oral, Klassenkameraden mit KetoconazolShampoo), um eine Reinfektion zu verhindern.
Immer wieder wird nach der Notwendigkeit der Isolierung der betroffenen Kinder gefragt. Im Falle der beiden Ausbrüche der MicrosporumaudouiniiInfektionen in München 2011 und 2012 wurden die Kinder 6 Wochen lang isoliert [17]. Das erscheint jedoch für die betroffenen Familien kaum praktikabel. Eine Grundregel besagt, dass Kinder mit Befall durch zoophile DermatophytoseErreger sofort nach Initiierung der topischen und systemischen antimykotischen Behandlung die Kindereinrichtung wieder aufsuchen können. Höher ansteckende anthropophile DermatophytoseErreger, z. B. Microsporum audouinii und Trichophyton tonsurans, bedürfen einer allenfalls 1wöchigen Isolierung zu Hause.
Mykosen durch HaustiereIm Jahr 2011 ging man in deut
schen Haushalten von 22 Mio. Heimtieren (ohne Zierfische und Terrarientiere) aus, davon ca. 8,2 Mio. Kat
zen, 5,4 Mio. Hunden und 5,1 Mio. Kleintieren [18]. Betroffen von zoophilen Dermatophytosen sind häufig Kinder und Jugendliche infolge direkter Übertragung vom Tier oder durch Ansteckung im Rahmen von Ausbrüchen innerhalb einer Familie oder Kindereinrichtung. Die meist hochentzündlichen Dermatophytosen der freien Haut und Kopfhaut werden durch Microsporum canis verursacht. Aufgrund fehlender Meldepflicht in Deutschland hat sich ein nahezu unbemerkter Erregerwandel vollzogen, hin zu Infektionen durch zoophile Stämme von Trichophyton interdigitale (früher Trichophyton mentagrophytes) sowie neuerdings auch zu Trichophyton spec. von Arthro derma benhamiae [19]. Bei letzterem Dermatophyten handelt es sich um die anamorphe Spezies der teleomorphen Art Arthroderma benhamiae, welche ursprünglich in Japan beschrieben wurde. Infektionsquelle für diese Hautpilze sind kleine Nagetiere (insbesondere Meerschweinchen).
Die Wahrnehmung seitens der Kinder und Hausärzte für durch Kontakt zu Haustieren erworbenen Dermatomykosen ist im Gegensatz zu den bakteriellen Infektionen eher
Abb. 1 Microsporum audouinii bei Tinea capitis: typische leicht ockerfarbene bis beige Kolonien eines Isolats aus Uganda, Ostafrika.
State of the Art
38 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 38 08.04.13 17:05
marginal bis fehlend. Hier hat der Hautarzt aufgrund seiner klinischen Erfahrung mit den Pilzinfektionen durch Haustiere, aber auch durch die in der eigenen Praxis durchgeführte effektive mykologische Diagnostik einen eindeutigen Vorteil.
Neue kulturbasierte Methode zur Identifizierung von Arthroderma benhamiae in der PraxisMayser und Budihardja [20] ha
ben kürzlich eine verblüffend einfache Methode für die Differenzierung von Arthroderma benhamiaeStämmen veröffentlicht. Arthroderma benhamiae wird aufgrund der gelben Koloniefärbung oft nicht erkannt, sondern fälschlicherweise mit Microsporum canis, Trichophyton erinacei oder Trichophyton tonsurans (Variatio sulphureum) verwechselt. Den mykologisch versierten Kollegen aus Gießen ist es gelungen, unter Einsatz einer Subkultur der Isolate auf einem Chromagar (Differenzierungsmedium für Hefepilze) Arthroderma benhamiae schon makroskopisch darzustellen. Alle MicrosporumcanisStämme entwickelten eine rosa bis violette Färbung der Kolonien, dagegen waren ArthrodermabenhamiaeKolonien türkis gefärbt (5 von 6 Stämmen).
Die eindeutige Artidentifizierung ist insbesondere bei Dermatomykosen von Kindern bedeutsam, hier v. a. bei Tinea capitis. Abhängig vom Erreger ist bei Kindern zu
entscheiden, welches systemische Antimykotikum bei welcher DermatophytenSpezies zum Einsatz kommt.
Literatur 1. Tietz HJ, Nenoff P. Die Onychomykose –
ein Kronjuwel der Dermatologie. Haut-arzt 2012; 63: 842–847
2. Ledon JA, Savas J, Franca K et al. Laser and light therapy for onychomycosis: a systematic review. Lasers Med Sci 2012; DOI: 10.1007/s10103-012-1232-y
3. Tchernev G, Penev P, Nenoff P et al. Onychomycosis – modern diagnostic and treatment approaches. WMW Wien Med Wochenschr 2013; 163: 1–12
4. Zhang RN, Zhuo FL, Zhao JY. Long-pulse Nd: YAG 1064 nm laser treatment for Onychomycosis. Poster-Abstract P516, Mycoses 2012; 55 (Suppl. 4): 257–258
5. Zhang RN, Wang DK, Zhuo FL et al. Long-pulse Nd:YAG 1064-nm laser treat-ment for onychomycosis. Chin Med J (Engl) 2012; 125: 3288–3291
6. Hees H, Raulin C, Bäumler W. Der Laser in der Behandlung der Onychomykose: eine In-vitro-Pilotstudie. J Dtsch Derma-tol Ges 2012; 10: 913–917
7. American Academy of Dermatology. FDA approval of laser therapy for onych-omycosis does not equate to proven ef-ficacy (18.3.2012). Im Internet: http://dermatologistsblog.com/aad-american-academy-dermatology/fda-approval-of-laser-therapy-for-onychomycosis-does-not-equate-to-proven-efficacy/; Stand: 8. 1. 2013
8. Brasch J. Dermatomykosen durch Fusa-rien. Hautarzt 2012; 63: 872–876
9. Brasch J, Wohlfeil E. Recalcitrant puru-lent paronychia and onychomycosis caused by Fusarium oxysporum. Poster-Abstract P550, ISHAM-Congress 2012, Mycoses 2012; 55 (Suppl. 4): 267–268
10. Paugam A, L’Ollivier C, Viguié C et al. Comparison of real-time PCR with con-ventional methods to detect dermato-phytes in samples from patients with suspected dermatophytosis. Poster-Ab-stract P537, ISHAM-Congress 2012, My-coses 2012; 55 (Suppl. 4): 264
11. Nenoff P, Erhard M, Simon JC et al. MALDI-TOF mass spectrometry – a rapid meth od for identification of dermato-phyte species. Med Mycol 2013; 51: 17–24
12. de Respinis S, Tonolla M, Pranghofer S et al. Identification of dermatophytes by matrix-assisted laser desorption/ioniza-tion time-of-flight mass spectrometry. Med Mycol 2012; DOI: 10.3109/13693786. 2012.746476
13. Seeliger HRP, Heymer T. Diagnostik pa-thogener Pilze des Menschen und seiner Umwelt. Lehrbuch und Atlas. Stuttgart: Thieme; 1981
14. Stingl W. Kehrt der Kopfpilz M. audouinii zurück? Ärzte Zeitung, 8. 12. 2011
15. Gessner C. Nachweis mit Bürste, viele Träger symptomfrei. Waisenhaus-Pilz breitet sich in Kindergärten aus. Medical Tribune 2012; 47: 9
16. Donghi D, Hauser V, Bosshard PP. Micro-sporum audouinii tinea capitis in a Swiss school: assessment and management of patients and asymptomatic carriers. Med Mycol 2011; 49: 324–328
17. Traidl-Hoffmann C, Grosber M. Tinea capitis durch Microsporum audouinii – Klinisches Management epidemisch auf-tretender Infektionen. 17. Biedersteiner Symposium, München, 11. 2. 2012
18. Industrieverband Heimtierbedarf e.V. Deutscher Heimtiermarkt 2011 behaup-tet sich auf hohem Niveau. Im Internet: http://www.ivh-online.de/de/home/der-verband/daten-fakten.html; Stand: 8. 1. 2013
19. Nenoff P, Handrick W, Krüger C et al. Dermatomykosen durch Haus- und Nutz-tiere – vernachlässigte Infektionen? Haut-arzt 2012; 63: 848–858
20. Mayser P, Budihardja D. A simple and rapid method to differentiate Arthroder-ma benhamiae from Microsporum canis. J Dtsch Dermatol Ges 2012; DOI: 10.1111/ j.1610-0387.2012.08057.x.
Korrespondenz:Prof. Dr. Pietro NenoffLabor für medizinische Mikrobiologie Straße des Friedens 8 04579 Mölbis
State of the Art
39Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 39 08.04.13 17:05
Wundmanagement – State of the ArtProf. Dr. Joachim Dissemond, Essen
Bislang existierte kein einheitlich ak-zeptierter Konsens über die Definition
chronischer Wunden. Probleme berei-teten hier neben der Berücksichtigung der Zeitdauer, insbesondere die sehr unterschiedlichen pathophysiologi-
schen Faktoren, die zu einer Behinde-rung der physiologischen Wundhei-lungsprozesse führen. In der im Juni
2012 erstmalig erschienenen S3-Leit-linie der Deutschen Gesellschaft für
Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW) wurde nun festgehalten, dass eine Wunde als chronisch bezeichnet
werden kann, wenn diese seit min-destens 8 Wochen besteht.
Physiologisch läuft der sehr komplexe und bislang noch nicht vollständig verstandene
Wundheilungsprozess in verschiedenen Stadien ab. In den Fokus der grundlagenwissenschaftlichen Forschung ist in den letzten Jahren zunehmend die zentrale Bedeutung der Makrophagen gerückt. Makrophagen spielen bei der Wundheilung eine große Rolle in der Immunabwehr, in der Infektionskontrolle, der Entfernung apoptotischer Zellen und in der Förderung der Zellproliferation. Auch wenn in der physiologischen Wundheilung Makrophagen notwendig sind, können sie bei unkontrollierter Aktivierung die Wundheilung behindern. Das zunehmende Verständnis der komplexen Rolle von Makrophagen in der Wundheilung ermöglicht neue Interventionsoptionen wie beispielsweise den Einsatz von Eisenchelatoren oder TNFalphaInhi bi toren.
Bild
: © T
hiem
e Ve
rlags
grup
pe
BakterienMRSAAuch wenn die Bedeutung von
Bakterien in chronischen Wunden in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Wundtherapie gerückt ist, bleibt es weiterhin wissenschaftlich umstritten, inwieweit Bakterien obligat zu einer Verzögerung der Wundheilung führen. Es ist jedoch unbestritten, dass chronische Wunden eine persistierende Eintrittspforte für Bakterien darstellen, die zu klinisch relevanten Infektionskrankheiten wie beispielsweise Erysipelen oder Phlegmonen bis hin zu einer Sepsis führen können. Ein weiteres Problem, das sich insbesondere für die medizinischen Institutionen ergibt, resultiert aus dem Nachweis von sogenannten Problemkeimen wie dem Methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA), der derzeit in Deutschland bei etwa 10 % aller Patienten mit einer chronischen Wunde gefunden werden kann. Obwohl es sich bei den meisten Patienten lediglich um eine kli
State of the Art
40 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 40 08.04.13 17:05
nisch unproblematische Kolonisation handelt, ist es notwendig, die Patienten isoliert in separaten Räumlichkeiten zu behandeln.
Pseudomonas aeruginosaDer derzeit bei Patienten mit
chronischen Wunden nach Staphylococcus aureus am zweithäufigsten nachgewiesene Keim ist Pseudomonas aeruginosa. Die klinische Relevanz von Pseudomonaden als eigenständiger, die Wundheilung behindernder Faktor konnte in verschiedenen klinischen Untersuchungen bereits aufgezeigt werden. In Bezug auf die Abheilrate der Wunden dieser Patienten konnte eine deutliche Korrelation lediglich zwischen dem Nachweis von Pseudomonas aeruginosa und pathologisch erhöhten CRPSpiegeln gefunden werden.
Bei Patienten, die Spalthauttransplantate erhalten haben, konnte gezeigt werden, dass bei zwei Drittel der Patienten, auf deren Wunden Pseudomonas aeruginosa präoperativ nachgewiesen wurde, die Hauttransplantate nicht angewachsen sind. Dahingegen waren in dem gleichen Nachbeobachtungsintervall von 12 Wochen bei 73 % der Patienten, bei denen kein Pseudomonas aeruginosa gefunden wurde die Transplantate vital. Als klinische Konsequenz wurde empfohlen, einen elektiven Eingriff wie beispielsweise eine Spalthauttransplantation erst nach Eradikation von Pseudomonas aeruginosa durchzuführen.
NeoplasienBiopsien haben in der dermato
logischen Diagnostik einen sehr hohen Stellenwert. Lediglich in der Diagnostik von Patienten mit chronischen Wunden werden Biopsien selten durchgeführt. Aktuell konnte gezeigt werden, dass bei 10 % der Patien ten, die unter der Diagnose Ulcus cruris venosum oder mixtum behandelt wurden und sich über mehrere Monate bzw. teilweise über viele Jahre therapierefraktär zeigten, bei Entnahme einer Biopsie eine
Neoplasie zugrunde lag. Es wurde daher empfohlen, bei allen Patienten mit therapierefraktären Wunden nach 3 Monaten mindestens eine Biopsie zu entnehmen.
WundreinigungDie von Expertengremien aktuell
empfohlenen Wundspüllösungen sind sterile Ringer oder physiologische Kochsalzlösung. Nach Anbruch ist die Sterilität nicht mehr gewährleistet, sodass nicht konservierte Spüllösungen für Wunden entsprechend den Empfehlungen des Europäischen Arzneibuchs für den sofortigen Verbrauch bestimmt sind und Reste verworfen werden sollen. Insbesondere im ambulanten Sektor kommt aber weiterhin Leitungswasser zum Einsatz, was in den verschiedenen Expertengremien aktuell sehr kontrovers diskutiert wird. So existiert eine Cochrane Metaanalyse, die kein erhöhtes Infektionsrisiko durch die Wundreinigung mit Leitungswasser zeigt. Ein Kritikpunkt dieser Publikation ist, dass viele dieser Untersuchungen in Ländern mit Leitungswasser durchgeführt wurden, dem Chlorverbindungen als Desinfektionsmittel zugesetzt waren. Insofern ist ein direkter Vergleich mit dem trinkbaren Leitungswasser in Deutschland nur unzureichend möglich. Der Vorstand der Initiative Chronische Wunde e. V. hat daher in einer aktuellen Stellungnahme zum Einsatz von Leitungswasser für die Wundsäuberung noch einmal die rechtlichen und hygienischen Aspekte zusammengefasst. So müssen entsprechend dem § 23 Abs. 23 des Infektionsschutzgesetzes medizinische Einrichtungen ihre Hygienepläne nach dem aktuellen Stand der Technik ausrichten. Dieser aktuelle Stand basiert wesentlich auf den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RobertKochInstitut. Hier wird aktuell festgelegt, dass für „offene Wunden Verbandwechsel nur unter aseptischen Vor
sichtsmaßnahmen durchgeführt werden. Auch jede Spülflüssigkeit muss steril sein“. Der Einsatz von Leitungswasser ist entsprechend der Empfehlungen dieser Kommission nur statthaft, wenn es mit einem Filter mit einer Porengröße von max. 0,2 µm filtriert wird. Wenn nun also Sterilfilter eingesetzt werden, ist der Einsatz von Leitungswasser für die Wundbehandlung insbesondere auch in Hinblick auf die weitere Verbreitung von Pseudomonaden unproblematisch.
AntibiotikaIn der aktualisierten Version ei
ner Cochrane Metaanalyse zum Einsatz systemischer Antibiotika und lokal applizierter Antiseptika konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem chronischen Ulcus cruris venosum ohne das Vorliegen von systemischen Entzündungszeichen keine Beschleunigung der Wundheilung durch die Behandlung mit Antibiotika erzielt werden kann. Es wird daher klar herausgestellt, dass die routinemäßige Gabe von Antibiotika bei diesen Patienten nicht sinnvoll ist und nur dann erfolgen sollte, wenn auch klinische Zeichen einer systemischen Infektion nachgewiesen worden sind.
DébridementEs existieren verschiedene Opti
onen für die Durchführung eines Débridements, sodass die Auswahl individuell adaptiert an den Patienten und die praktischen Möglichkeiten der medizinischen Institution erfolgen sollte. Das chirurgische Débridement stellt meist die Methode der ersten Wahl dar, um möglichst rasch auch Patienten mit größeren Wunden zu behandeln. Insbesondere bei Patienten mit langjährig bestehendem Ulcus cruris venosum besteht oft eine sehr ausgeprägte Dermatoliposklerose, die im Rahmen eines chirurgischen Débridements abgetragen werden sollte. Bei dieser als ShaveTherapie bezeichneten Methode wird meist in Voll oder Teil
State of the Art
41Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 41 08.04.13 17:05
narkose das bradytrophe Gewebe mit einem Handdermatom soweit abgetragen, bis der Wundgrund zumindest mit punktförmigen Blutungen vital erscheint. Der wesentliche Vorteil bei der Durchführung eines chirurgischen Débridements gegenüber sämtlichen anderen Optionen ist die Zeitersparnis. Allerdings steht demgegenüber die Invasivität und insbesondere die Schmerzhaftigkeit, sodass diese Option nicht bei allen Patienten genutzt werden kann. Eine neue sehr schmerzarme Alternative, zumindest für die Abtragung von nicht festhaftenden Belägen wie beispielsweise Fibrin, stellt ein neu entwickeltes MonofilamentPad dar. Das Produkt besteht bei einer Größe von 10 × 10 cm aus einem dichten Verbund von 18 Mio. Polyesterfasern mit abgeschrägten Spitzen. Dieses Produkt schließt eine Lücke in der Behandlung von Patienten mit schmerzhaften Wunden, bei denen eine Abtragung von Fibrinbelägen etc. mit einer sterilen Kompresse zu schmerzhaft und ein chirurgisches Débridement nicht möglich oder nicht gewollt ist.
SchmerzenSchmerzen verschlechtern die
Lebensqualität, wirken ungünstig auf die Compliance der Patienten und verzögern als eigenständiger Risikofaktor die Abheilung von Wunden. Neben Bewegungseinschränkungen können Wundschmerzen zu einer sozialen Isolation und zu Depressionen führen. Insgesamt 60 % aller Patienten mit chronischen Wunden geben an, zumindest temporär durch die Wunden bedingte Schmerzen zu haben. Für die Erfassung und Beurteilung von Schmer
zen von Patienten mit chronischen Wunden existiert eine Reihe von Hilfsmitteln. Für die Beurteilung der Schmerzintensität im klinischen Alltag haben sich verschiedene Skalen etabliert. Neben der in Deutschland sehr weit verbreiteten visuellen Analogskala (VAS) kann ebenfalls eine numerische Analogskala (NRS) oder eine mit Wörtern beschreibende verbale Rating Skala (VRS) eingesetzt werden. Für die Wundtherapie gilt es insbesondere auf eine Vermeidung zusätzlich entstehender Schmerzen durch adäquate, möglichst atraumatische Wundbehandlung zu achten.
LokalanästhetikaSeit einigen Jahren sind Wund
auflagen erhältlich, die Schmerzmittel freisetzen. Hier waren es insbesondere Schaumstoffe, die Ibuprofen freisetzen, die zunehmend in der Wundbehandlung eingesetzt wurden. In einer Cochrane Metaanalyse wurde aber festgestellt, dass mit den derzeitigen Studien keine Schmerzreduktion für die Ibuprofenfreisetzenden Wundauflagen belegt werden konnte. Im Gegensatz hierzu fand sich für den Einsatz einer Lidocain und PrilocainCreme eine ausreichende Evidenz für eine effektive Senkung der Schmerzen bei Patienten mit Ulcus cruris venosum. Lokalanästhetika in Form einer Creme werden seit vielen Jahren erfolgreich insbesondere vor der Durchführung von schmerzhaften Prozeduren wie beispielsweise einem chirurgischen Débridement auf die Wundoberflächen aufgebracht. Wichtig ist es hierbei, eine ausreichende Penetration, die frühestens nach 30–60 Minuten erreicht ist, abzuwarten. Eine
bereits erstmalig vor mehreren Jahrzehnten beschriebene, dann aber wenig eingesetzte weitere lokale analgetische Behandlungsoption ist der Einsatz von Magistralrezepturen, die Morphinderivate enthalten. Die seit vielen Jahren beschriebene aber noch wenig verbreitete NRFMagistralrezeptur (NRF: Neues RezepturFormularium) für ein Morphingel beinhaltet u. a. als Konservierungsstoff Propylenglycol. Es ist jedoch zu beachten, dass bis zu 14 % aller Patienten mit einem chronischen Ulcus cruris eine Kontaktsensibilisierung auf Propylenglycol aufweisen. Am Universitätsklinikum Essen wurde daher eine modifizierte Rezeptur entwickelt, bei der das Morphingel mit dem Antiseptikum Polihexanid statt Propylenglycol konserviert wird (Tab. 1).
Tab. 1 Rezeptur eines Morphingels.
Morphinhydrochlorid- Trihydrat
0,1 g
Na-edetat 0,1 g
Hydroxyethylcellulose 400 4,5 g
Polihexanid-Konzentrat 20 % 0,2 ml
gereinigtes Wasser EuAB ad 100 g
In einer Pilotstudie konnte gezeigt werden, dass durch die Anwendung dieses Morphingels für 24 Stunden eine deutliche Schmerzreduktion erzielt werden konnte.
Korrespondenz:Prof. Dr. Joachim DissemondUniversitätsklinikum EssenKlinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und AllergologieHufelandstraße 5545122 [email protected]
State of the Art
42 Kompendium Dermatologie 9. Jahrg. 2013, Nr. 1
KompDerm2013.indb 42 08.04.13 17:05
Geo
rg T
hiem
e Ve
rlag
KG, S
itz u
. Han
dels
regi
ster
Stu
ttga
rt,
HRA
349
9 ph
G: D
r. A.
Hau
ff. P
reis
ände
rung
en u
nd Ir
rtüm
er v
orbe
halte
n.
13EJ
27
Erscheint 12-mal in 10 Ausgaben. Persönlicher Jahresbezugspreis 2013: 258,- € Preis für Mitglieder der DGG 2013: 108,- € Preis für Ärzte in Weiterbildung 2013: 140,- € inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten (Deutschland 29,90 €, Auslandspreise auf Anfrage)
Informationen zum institutionellen Bezugspreis* finden Sie unter www.thieme.de/derma *Gilt für Institutionen und Unternehmen (ausgenommen Einzelarztpraxen)
• aktuelle Informationen von den Experten des Fachgebiets
• Neues aus Diagnose und Therapie auf einen Blick
• beispielhafte Kasuistiken und Ergebnisse kritischer Therapie- prüfungen
• relevante Originalarbeiten lesefreundlich aufbereitet
• Zugriff auf das Online-Archiv für private Abonnenten kostenlos
• zertifizierte Fortbildung bequem online unter CME.thieme.de
Das ganze Spektrum Ihres Fachs
Mitglieder
der DGG sparen
150,– Euro!
Jetzt abonnieren:www.thieme.de/derma
Akt_Derma_Abo_13EJ27_210x280_4c.indd 1 02.01.2013 13:35:06
1 Hodi FS et al. 2010 N Engl J Med 2010;363(8):711-23, 2 YERVOY®-Fachinformation, Stand Juni 2012
Y E R V O Y ® I S T Z U R B E H A N D L U N G F O R T G E S C H R I T T E N E R
( N I C H T R E S E Z I E R B A R E R O D E R M E T A S T A S I E R T E R )
M E L A N O M E B E I V O R B E H A N D E L T E N E R W A C H S E N E N I N D I Z I E R T . 2
F O R T G E S C H R I T T E N E S M E L A N O M : Y E R V O Y ®
verlängern1
LebenImmunsystemmobilisieren
w w w . y e r v o y . d e
YERVOY® beim fortgeschrittenen Melanom:
• die erste Therapieoption mit signifi kantemVorteil beim Gesamtüberleben.1
• Steigerung des 1-Jahres-Überlebensvon 25 % auf 46 %.1
YERVOY® 5 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Wirkstoff: Ipilimumab. Sonst. Bestandteile: Trometamolhydrochlorid, Natriumchlorid, Mannitol, Pentetsäure, Polysorbat 80, Natrium hydroxid, Salzsäure und Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Behandlung von fortgeschrittenen (nicht resezierbaren oder metastasierten) Melanomen bei vorbehandelten Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfi ndlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Weitere Hinweise: YERVOY® wird mit entzündlichen Nebenwirkungen aufgrund einer erhöhten oder übermäßigen Immunaktivi-tät, die schwerwiegend bis lebensbedrohlich sein können,in Verbindung gebracht. Eine frühzeitige Diagnose und adäquate Behandlung sind zur Verhinderung lebensbedrohlicher Komplikationen entscheidend.Nebenwirkungen: sehr häufi g: Diarrhö, Erbrechen, Übelkeit, Hautausschlag, Juckreiz, Müdigkeit, Schwäche, Reaktion an der Injektionsstelle, Fieber, verminderter Appetit. häufi g: Tumorschmerzen, Anämie, Lym-phopenie, Hypothyreose, Hypopituitarismus, Hypophysitis, Dehydratation, Hypokaliämie, Verwirrtheit, Schwindel, Kopfschmerzen, Lethargie, periphere sensorische Neuropathie, verschwommenes Sehen, Augen-schmerzen, Hypotonie, Hautrötungen, Hitzewallungen, Dyspnoe, Husten, gastrointestinale Blutungen, Kolitis, Verstopfung, gastroösophagealer Refl ux, Bauchschmerzen, Leberfunktionsstörungen, Dermatitis, Erythem, Vitiligo, Urtikaria, Alopezie, Nachtschweiß, trockene Haut, Muskel-, Gelenk- und Skelettschmerzen, Muskelspasmus, Schüttelfrost, Asthenie, Ödeme, Schmerzen, erhöhte Leberwerte, Gewichtsabnahme. gelegentlich: Sepsis, septischer Schock, Infektionen der Harnwege und Atemwege, Meningitis, Gastroenteritis, Divertikulitis, paraneoplastisches Syndrom, Hyper sensitivität, Nebenniereninsuffi zienz, Hyperthyreose, Hypogonadismus, Hyponatriämie, Alkalose, Hypophosphatämie, Tumorlysesyndrom, Veränderung der psychischen Verfassung, Depression, verminderte Libido, Guillain-Barré-Syndrom, Synkope, kraniale Neuropathie, Gehirnödeme, periphere Neuropathie, Ataxie, Tremor, Myoklonie, Dysarthrie, Uveitis, Glaskörperblutun-gen, Iritis, verringerte Sehkraft, Gefühl eines Fremdkörpers im Auge, Konjunktivitis, Arrhythmie, Vorhoffl immern, Vaskulitis, Angiopathie, periphere Ischämie, or-thostatische Hypotonie, respiratorische Insuffi zienz, akutes respiratorisches Distress-Syndrom, Lungeninfi ltration, Lungenödeme, Pneumonitis, allergische Rhi-nitis, gastrointestinale Perforation, Dickdarmperforation, Peritonitis, Pankreatitis, Enterokolitis, Magen-, Dickdarmgeschwür, Ösophagitis, Ileus, Leberversagen, Hepatitis, Hepatomegalie, Gelbsucht, toxische epidermale Nekrolyse, leukozytoklastische Vaskulitis, Hautabschälung, rheumatische Polymyalgie, Arthritis, Nieren-versagen, Glomerulonephritis, Nierentubulusazidose, Amenorrhoe, multiples Organversagen, infusionsbedingte Reaktionen, erhöhte Werte von Kreatinin, thyre-otropem Hormon, Lipase, Amylase, verminderte Werte von Cortisol, Corticotropin, Testosteron. < 1%: Meningismus, Myokarditis, Kardiomyopathie, autoimmune Hepatitis, Erythema multiforme, autoimmune Nephritis, Myasthenia gravis-ähnliche Symptome, autoimmune Thyroiditis, Hyperpituitarismus, sekundäre Ne-
bennierenrindeninsuffi zienz, Hypoparathyroidismus, Thyroiditis, Episkleritis, Blepharitis, Augen ödem, Skleritis, Arteriitis temporalis, Raynaud-Syndrom, Proktitis, palmar-planta-res Erythrodysästhesie-Syndrom, Psoriasis, Hämaturie, Proteinurie, Verminderung des thyreo tropen Hormons, des Gonadotropinspiegels, des Thyroxinspiegels, Leukopenie, Po-lyzythämie. Weitere Hinweise siehe Fachinformation. Verschreibungspfl ichtig. Pharma-zeutischer Unternehmer: Bristol-Myers Squibb Pharma EEIG, Uxbridge Business Park, Sanderson Road, Uxbridge, Middlesex UB8 1DH Vereinigtes Königreich. Stand: 07/2011
BMS-13-1009_AZ_YERVOY_210x280+3mm_rz.indd 1 19.02.13 12:19