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KONSTRUKTION VON S ONNENUHREN JAN HEYE BUSS MAT -NR.: 108 099 221 905 RUHR-UNIVERSITÄT-B OCHUM

Konstruktion von Sonnenuhren

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Page 1: Konstruktion von Sonnenuhren

KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

JAN HEYE BUSSMAT-NR.: 108 099 221 905

RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 5

2 Grundlegende Informationen 72.1 Das System aus Sonne & Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2 Wahre und Mittlere Ortszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.3 Das tropisches Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3 Sonnenuhren und Ziffernblätter 103.1 Äquatorial-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103.2 Horizontal-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3.2.1 Schattenkurve einer Horizontalen-Sonnenuhr . . . . . . . 113.3 Vertikale Ost-West-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.3.1 Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr . . . 15

4 Bestimmung der Zeitgleichung 194.1 Ermittlung der Zeitgleichung (klassisch) . . . . . . . . . . . . . . 19

4.1.1 Berechnung der Zeitgleichung in sieben Schritten . . . . . 194.2 Ermittlung der Zeitgleichung (numerisch) . . . . . . . . . . . . . 23

4.2.1 Bewegung von “Sonne & Erde” aufgrund der Gravitation . 234.2.2 Transformation aus dem Schwerpunktsystem ins eklipti-

kale heliozentrische System . . . . . . . . . . . . . . . . 244.2.3 Transformation aus dem ekliptikalen, heliozentrischen Sy-

stem ins äquatoriale, heliozentrische System . . . . . . . . 254.2.4 Transformation aus dem äquatorialen, heliozentrischen Sy-

stem ins äquatoriale, geozentrische System . . . . . . . . 274.2.5 Konstruktion des Systems der mittleren Sonne . . . . . . 284.2.6 Anbindung des geographischen Koordinatensystems . . . 29

5 Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum 315.1 Horizontales Ziffernblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345.2 Vertikales Ost-West Ziffernblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

6 Anhang 366.1 A: “Koordinatensyteme” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

6.1.1 Das ekliptikale und das äquatoriale System . . . . . . . . 366.1.2 Die heliozentrische und die geozentrische Blickweise . . . 366.1.3 Das Äquatorsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376.1.4 Das Horizontsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376.1.5 Das nautische Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

6.2 B: “Physikalische Grundlagen” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386.2.1 Das Zwei-Teilchen-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 386.2.2 Herleitung der Gauss’schen Formel . . . . . . . . . . . . 406.2.3 Herleitung der Keplergleichung . . . . . . . . . . . . . . 42

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3

6.3 Anhang C: “Maplesheet” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436.3.1 Maplesheet zur Lösung des Zwei-Teilchen-Problems und

Berechnung der Zeitgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 436.3.2 Maplesheet zur Berechnung der Zeitgleichung des Jahres

2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456.3.3 Maplesheet zur Berechnung der Deklinationen δ und der

Stundenwinkel t� am 20. Mai 2006 . . . . . . . . . . . . 486.4 Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Literaturverzeichnis 50

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1. EINLEITUNG 5

1 Einleitung

Gnomonik nennt sich die Lehre der Sonnenuhren, benannt nach dem Kernstückjeder Sonnenuhr, dem Gnomon - der Schattenstab -, dem griechischen Wort für“Erkenner der Zeit”. Bereits 2.500 v Chr. besaßen die Chinesen Sonnenuhren,bevor diese in etwa um 650 v. Chr. über dieBabylonier zu den Griechen gelangten. Schondie Griechen führten erste Berechnungen durch.So bestimmten sie zum Beispiel die Schiefeder Ekliptik aus dem längsten Mittagsschatten[5]. Ein Großteil dieser Uhren besaß nur einebedingte Genauigkeit, die allerdings zur täglichenNachmittagsverabredung im Thermalbad reichte.Ein größeres Problem stellte sich daher in derstark ortsgebundenen Zeitdefinition, welches imZeitalter der Industrialisierung gelöst werdenmußte. So war eine gemeinsame Zeitdefinition

Abbildung 1.1: Vertikale Sonnen-uhr

beim Erstellen der damals noch im Frühstadium befindlichen Eisenbahn unab-dingbar.Auch heute läßt sich die genaue Zeit1 mit Hilfe einer Sonnenuhr bestimmen.Hierzu sollen in dieser Arbeit die theoretischen Überlegungen zur Konstruktionvon Sonnenuhren angestellt werden. Es werden zunächst einige zum Verständnisvon Sonnenuhren grundlegende Informationen gegeben, um im anschließendenKapitel die einfacheren Sonnenuhrtypen, die äquatorialen und horizontalen Son-nenuhren, verstehen zu können. Es sollte im Anschluß jedermann möglich sein,die Schattenkurven einer horizontalen oder einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhrzu berechnen.Mittels des Computer-Algebra-Systems Maple wird das Zwei-Teilchen-Systemaus Sonne und Erde numerisch gelöst und über die angegebenen Koordinaten-transformationen exakte Positionen von Sonne und Erde bestimmt. Aus diesenkann anschließend die Zeitgleichung bestimmt werden.Den Abschluß bildet die Berechnung eines Ziffernblattes für den StandortBochum, Ruhr-Universität. Es werden ein horizontales und ein vertikales Ziffern-blatt für den 20. Mai 2006 erstellt. Die tägliche Berechnung des Ziffernblatteserhöht die Genauigkeit der Uhr, da so die täglichen Schwankungen (Deklinationder Sonne, Exzentrizität der Erdumlaufbahn) aufgefangen werden können.Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Seminars auf Grundlage des Buchs“Kugelgeometrie” von Hans-Günther Bigalke. Der Vortrag “Konstruktion vonSonnenuhren” beschäftigte sich generell mit Grundkonstruktionen von Sonnen-uhren. Die Ausweitung des Vortrages auf diese Arbeit bestand vornehmlich in derexakten Berechnung der Zeitgleichung und der Bestimmung der genauen Positionder Schattenspitze. Die Verknüpfung beider liefert, zumindest theoretisch, eine

1z.B. die mitteleuropäische Zeit (MEZ)

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6 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

präzise Sonnenuhr, die mitteleuropäische Zeit anzeigt.Die letzten Ungenauigkeiten einer Sonnenuhr zu beseitigen, liegt allerdings alleinim Geschick ihres Konstrukteurs.

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2. GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN 7

2 Grundlegende InformationenIn diesem Kapitel werden einige für das Verständnis von Sonnenuhren unabding-bare grundlegende Informationen gegeben. Es stellen sich folgende Fragen:

- In welchem System sollen die Sonnenuhren realisiert werden?

- Wie soll die Zeit definiert werden?

- Wie lange dauert ein Jahr?

2.1 Das System aus Sonne & Erde“Die Bahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonnesteht”- Erstes Kepler’sches Gesetz (Johannes Kepler (1571-1630)).

Abbildung 2.1: Sonne-Erd-System im Lauf der Jahreszeiten

Die Ellipse, in der die Erde die Sonne im Laufe eines Jahres umläuft, liegt in einerEbene, der sogenannten Ekliptik (gr. Halbachse a = 149, 5 ·106 km, kl. Halbachseb = 147, 4 · 106 km). Die Erde selbst besitzt eine Eigendrehung, die um die Nord-Süd-Achse der Pole erfolgt.Als Schiefe der Ekliptik bezeichnet man den Winkel ε, unter dem die Ebene desÄquators der Erde die Ekliptik schneidet. Diese Schräglage der Erde bestimmtvornehmlich die Jahreszeiten. Denkt man sich eine Gerade durch Sonnen- undErdmittelpunkt und betrachtet den Winkel γ zwischen dieser und der Polachse,so beträgt γ in den Äquinoktien (Frühlings- resp. Herbstanfang) 90◦. Zu diesen

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8 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Zeitpunkten “steht” die Sonne in der Äquatorebene. Entsprechend definiert manden nördlichen Winteranfang zu γ = 90◦ + ε und den nördlichen Sommeranfangzu γ = 90◦ − ε.Als Frühlingspunkt oder Widderpunkt � wird der Punkt am Himmel bezeich-net, vor dem die Sonne am Frühlingsanfang erscheint. Seine Verbindungslinie zurSonne bildet mit der großen Halbachse einen Winkel ω, den man als Perihelab-stand bezeichnet. Er beträgt zur Zeit (2006) ω = 102.0938294◦.

2.2 Wahre und Mittlere OrtszeitDie wahre Ortszeit WOZ wird über zwei obere Kulminationen der Sonne definiert,d.h. ein Sonnentag wird als der Zeitraum zweier aufeinander folgender Höchst-stände der Sonne erklärt. Dadurch ist die WOZ, wie der Name schon andeutet,ortsgebunden, hängt also vom jeweiligen Standort ab. Da der neue Tag nicht zurMittagszeit, sondern in der Nacht beginnen sollte, bestimmt man ihn zum Zeit-punkt der unteren Kulmination der Sonne und schreibt:

WOZ = t� + 12h mit 15◦ = 1h,

wobei t� den Ortsstundenwinkel der Sonne im Äquatorsystem (s. Anhang A)darstellt. Bei t� = 0◦ steht die Sonne genau über dem Beobachtungsort auf derErde, also in höchster Kulmination und nach obiger Definition ist es 12 Uhr.Es kann die übliche Zeiteinteilung in kleinere Zeitskalen vorgenommen werden:

1 Tag = 24 Stunden = 1440 Minuten = 86400 Sekunden

Aufgrund der Schiefe der Ekliptik und der ellipsenförmigen Umlaufbahn der Erdeum die Sonne ist die wahre Ortszeit nicht konstant. Diese beiden Effekte sorgenfür erhebliche Schwankungen in der Tageslänge. Daher hat schon Johannes Kep-ler eine mittlere Sonnenzeit definiert. Hierbei bewegt sich eine gedachte Sonnegleichmäßig bei konstanter Geschwindigkeit auf dem Himmelsäquator, so daß siefür einen kompletten Umlauf genau dieselbe Zeit benötigt wie die wirkliche Son-ne, - ein (tropisches) Jahr. Diese fiktive Sonne definiert die mittlere Ortszeit MOZ.Beide Sonnen durchlaufen zur selben Zeit das Perihel und Aphel. Die Differenzder beiden Zeiten wird als Zeitgleichung bezeichnet:

WOZ −MOZ = Zeitgleichung

2.3 Das tropisches JahrAls tropisches Jahr bezeichnet man die Zeitspanne zweier aufeinander folgenderDurchgänge der mittleren Sonne durch den Frühlingspunkt. Es beträgt 365, 2422mittlere Sonnentage. Da der gregorianische Kalender aus “nur” 365 Tagen be-steht, ist es notwenig, alle vier Jahre einen Tag hinzu zunehmen, die Schaltjahre.Dies wäre auf Dauer aber zuviel, daher werden alle Jahre mit voller Hunderter

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2. GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN 9

Jahreszahl ausgelassen und alle Jahre mit durch vier teilbarem Hunderter wiederhinzugenommen. So verbleibt ein Fehler von einem Tag in 3300 Jahren.[1]

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10 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

3 Sonnenuhren und Ziffernblätter”Mors certa, hora incerta“

Das an für sich simple Prinzip einer Sonnenuhr besteht meist aus einemStab, dessen durch die Sonne hervorgerufener, auf die Ziffernblattebene proji-zierter Schatten als Zeiger fungiert. Die Ausrichtung des Stabes sollte aufgrundder unterschiedlichen Deklination der Sonne im Laufe eines Jahres für alle Artenvon Sonnenuhren gleich sein. Er sollte daher immer parallel zur Himmelsachseausgerichtet werden, sonst weist er an verschiedenen Tagen zur selben Zeit inunterschiedliche Richtungen.Es bleiben also noch zwei räumliche Freiheitsgrade, die durch die Wahl einerZiffernblattebene in die der Schatten projiziert wird, festgelegt werden. Nach derLage ihrer Ziffernblattebenen werden die folgenden Sonnenuhren benannt.

3.1 Äquatorial-Sonnenuhr

Die äquatoriale Sonnenuhr ist die einfachste Version einer Sonnenuhr. Die Zif-fernblattebene (s. Abb. 3.1, E) liegt parallel zur Äquatorebene, weshalb sich derSchatten im Laufe eines Tages gleichmäßig um die Achse des Stabes dreht. AmMittag WOZ steht die Sonne in höchster Kulmination, der Stundenwinkel beträgtt� = 0◦, - es ist 12 Uhr (WOZ). Wandert die Sonne im Laufe des Tages weiter,so liegt der Schatten in der Ebene MSM ′′ und schließt mit der Nord-Süd-Achsedes wahren Mittags MR den Winkel t ein. Dieser entspricht bei der äquatorialenSonnenuhr aber gerade dem Stundenwinkel t� (s. Abb. 3.1). Also gilt:

t = t�

Die äquatoriale Sonnenuhr funktioniert allerdings nur für δ� > 0◦ oder bei durch-sichtiger Ziffernblattebene mit durchstoßendem Stab, ähnlich dem Stab M ′M ′′ inder Abbildung 3.1.

3.2 Horizontal-Sonnenuhr

Als horizontale Sonnenuhr bezeichnet man eine Sonnenuhr mit horizontaler Zif-fernblattebene (s. Abb. 3.1, E ′). Zur Zeit der höchsten Kulmination der Sonnebefindet sich der Schatten des Stabes in der Ebene M ′RM ′′. Zu einem späterenZeitpunkt möge er in der Ebene M ′SM ′′ liegen. Der zu diesem Zeitpunkt mit derNord-Süd-Achse gebildete Winkel t′ ist über die nachfolgenden Relationen mitdem Stundenwinkel t� verknüpft. Aus Abbildung 3.1 lassen sich die folgendenBeziehungen herleiten:

tan t′ =|RS||RM ′|

und |RS| = |RM | tan t�

Page 11: Konstruktion von Sonnenuhren

3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 11

Abbildung 3.1: Äquatorial-Sonnenuhr (E); Horizontal-Sonnenuhr (E′)

Der Winkel ϕ entspricht der geographischen Breite und mit |RM | = |RM ′| sin ϕfolgt:

tan t′ = sin ϕ tan t�

Durch diesen Zusammenhang kann also t′ aus dem Stundenwinkel der Sonne t�bestimmt werden. Diese Uhr funktioniert prinzipiell nur für ϕ 6= 0◦ und ist in derNähe des Äquators daher praktisch nicht einsetzbar.

3.2.1 Schattenkurve einer Horizontalen-Sonnenuhr

Für die Konstruktion einer Sonnenuhr ist es interessant, den Verlauf des Schat-

Page 12: Konstruktion von Sonnenuhren

12 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

tens im Laufe eines Tagesvorherzubestimmen. Dahersoll nun die Schattenkurveeiner Horizontal-Sonnenuhrbei bekannter geographischerBreite ϕ in Abhängigkeit desStundenwinkels der Sonnet� und ihrer Deklination δbestimmt werden.Zunächst wird der Abstanddes von der Stabspitze aufdie Horizontalebene gefäll-ten Lots als Längeneinheitdefiniert. Der Fußpunkt desLots sei mit O bezeichnetund bilde den Ursprung einesKoordinatensystems mitder x-Achse gen Nord und

y

x

O

Abbildung 3.2: “Lot-Fußpunkt-System” einer horizontalenSonnenuhr

entsprechender y-Achse inwestlicher Richtung (s. Abb. 3.2). Die Sonne sei allgemein beschrieben durch ihrAzimut a und Höhe h bzw. der Zenitdistanz z = 90◦−h. Wie man der Zeichnungentnimmt, ergibt sich dann der Abstand der Schattenkurve zum Ursprung O zutan z, somit folgen Abzsisse und Ordinate:

(3.1) x = tan z cos a und y = − tan z sin a

Um die Größen Azimut a und Höhe h durch Deklinations δ und Stundenwin-kel t� auszudrücken, wird das nautische Dreieck (NZS) (s. Anhang A u. Abb3.3), bestehend aus Nordpol N , Zenit Z und Sonne S zur Hilfe genommen. DasKomplement der geographischen Breite NZ = 90◦ − ϕ =: b und der PolabstandNS = 90◦ − δ =: p sind konstant und hängen nur von den gegebenen Grö-ßen ϕ und δ ab. Das Supplement des Azimuts ^(NZ,ZS) = 180◦ − a =: γ,die Zenitdistanz ZS = z, der parallaktische Winkel Θ und der Stundenwinkel^(NZ,NS) = t� sind hingegen veränderlich.Im folgenden sollen die in (3.1) gegebenen Gleichungen der Koordinaten x und ydurch t�, ϕ und δ ausgedrückt werden. Aus dem nautischen Dreieck ergibt sichder Reihe nach mit dem Sinussatz, Kosinussatz und dem Kotangenssatz:

sin a sin z = sin p sin t�(3.2)cos z = cos p cos b + sin p sin b cos t�(3.3)

− cos b cos a = sin b cot z − sin a cot t�(3.4)

Page 13: Konstruktion von Sonnenuhren

3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 13

Abbildung 3.3: Nautisches Dreieck und “Lot-Fußpunkt-System”

Mit (3.2) geteilt durch (3.3) folgt mit (b = 90◦ − ϕ)

y = − sin a tan z =− tan p sin t�sin ϕ + cos ϕ tan p cos t�

(p=90◦−δ)= − cot δ sin t�

sin ϕ + cos ϕ cot δ cos t�= y(ϕ, δ, t�)(3.5)

und multipliziert man (3.4) mit − tan z ergibt sich noch

x =1

sin ϕ

(tan p sin t�

sin ϕ + cos ϕ tan p cos t�

)cos t�sin t�

− cot ϕ

(p=90◦−δ)= − y(ϕ, δ, t�)

cot t�sin ϕ

− cot ϕ = x(ϕ, δ, t�).(3.6)

Die Schattenkurve Sh(x(ϕ, δ, t�), y(ϕ, δ, t�)) kann jetzt im “Lot-Fußpunkt-System” aufgetragen werden. In der nachfolgenden Abbildung sind die horizon-talen Schattenkurven zu den vier Jahreszeitanfängen, bei für den jeweiligen Tagkonstant gehaltener Deklination δ, aufgetragen.

Page 14: Konstruktion von Sonnenuhren

14 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Süden Norden

Westen

Osten

Abbildung 3.4: Horizontale Schattenkurven: Bei Sommeranfang δ = 23, 4385◦,Herbstanfang δ = 0◦, Winteranfang δ = −23, 4385◦ und Frühlingsanfang δ = 0◦

3.3 Vertikale Ost-West-SonnenuhrBei einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr steht die Ziffernblattebene senkrecht aufder Horizontalebene (s. Abb. 3.5, E ′′). Die Bezeichnung “Ost-West-Sonnenuhr”kommt von der ost-westlichen Ausrichtung der Ebene. Auch hier läßt sich einZusammenhang zwischen dem Stundenwinkel der Sonne t� und dem Äquivalentt′′ der vertikalen Ost-West-Sonnenuhr (t′′ = ^(M ′′R,M ′′S)) finden. Zunächstkann man aus der Abb. 3.5 die Beziehung

tan t′′ =|RS||RM ′′|

ablesen. Gesucht sind also |RS| und |RM ′′|. Aus

tan t� =|RS||RM |

⇒ |RS| = |RM | tan t�

und tan ϕ =|RM ′′||RM ′|

⇒ |RM ′′| = |RM ′| tan ϕ

sowie sin ϕ =|RM ||RM ′|

⇒ |RM ′| = |RM |sin ϕ

ergibt sich endlich die gesuchte Beziehung zu

tan t′′ =|RS||RM ′′|

=|RM | tan t�

|RM ′| tan ϕ=

tan t�tan ϕ

sin ϕ = tan t� cos ϕ.

Page 15: Konstruktion von Sonnenuhren

3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 15

E’’

Abbildung 3.5: Äquatorial-Sonnenuhr (E); Vertikal-Sonnenuhr (E′′)

Es steht hier sofort vor Augen, dass die Uhr für ϕ = 90◦ und in entsprechenderUmgebung am Pol nicht funktionieren kann, da dann der Stab in der Ziffernblat-tebene liegen würde.

3.3.1 Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr

Die Berechnung der Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr verläuftweitestgehend analog zur Berechnung der horizontalen. Im Folgenden seien diegleichen Bezeichnungen gewählt. Es ist zu beachten, dass der Fußpunkt des LotsO auf der vertikalen Ebene liegt und seine Länge erneut als Einheitslänge definiertwird, also p := 1.

Page 16: Konstruktion von Sonnenuhren

16 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

90°−

ϕ

Op=1

S

Horizontalebene

Vertikalebene

Ost Süd

West

Nord

x

yAzi

mut

z

h

h

z

a ar

s

t d

Höh

e h

Abbildung 3.6: “Lot-Fußpunkt-System” einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr

Die x-Achse des “Lot-Fußpunkt-Systems” zeige senkrecht nach unten und diey-Achse nach Osten, so dass ein Rechtssystem entsteht. Somit ergibt sich die x-Koordinate der Schattenkurve zu

x := t = d · cos z =r

sin zcos z =

cos z

cos a sin z=

cot z

cos a(s. Abb. 3.6)

und für die y-Komponente folgt entsprechend

y := s =s

r

r

1=

sin a

cos a= tan a (s. Abb. 3.6).

Auch hier wird das nautische Dreieck (NZS) zur Hilfe genommen, um die Grö-ßen Zenitdistanz z und Azimut a durch ϕ, δ und t� zu ersetzen. Zunächst für diex-Komponente. Mit dem Seiten-Kosinussatz erhält man wie zuvor

(3.7) cos z = cos b cos p + sin b sin p cos t�

Page 17: Konstruktion von Sonnenuhren

3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 17

und mit dem Sinus-Kosinus-Satz erhält man

(3.8) − cos a sin z = cos γ sin z = cos p sin b− sin p cos b cos t�.

Hieraus ergibt sich direkt

x(b, p, t�) =cos z

cos a sin z= −cos b cos p + sin b sin p cos t�

cos p sin b− sin p cos b cos t�

= −1 + tan p tan b cos t�tan b− tan p cos t�

= −tan δ tan ϕ + cos t�tan δ − tan ϕ cos t�

= x(ϕ, δ, t�).(3.9)

Zur Bestimmung der y-Koordinate werden zunächst der Sinussatz und der Winkel-Kosinussatz auf das nautische Dreieck (NZS) angewendet

sin(180◦ − a) =sin Θ sin p

sin b(3.10)

cos(180◦ − a) = − cos t� cos Θ + sin t� sin Θ cos p.(3.11)

Nun ergibt sich

y = tan a =sin a

cos a=

sin(180◦ − a)

− cos(180◦ − a)=

sin Θ sin p

sin b(cos t� cos Θ− sin t� sin Θ cos p)

=sin p

sin b

(1

cos t� cot Θ− sin t� cos p

).(3.12)

Mit dem Kotangenssatz ergibt sich cot Θ zu

(3.13) cot Θ =sin p cot b− cos p cos t�

sin t�.

Dies in (3.12) eingesetzt führt auf

y(b, p, t�) = tan a =sin p

sin b

(1

cos t�( sin p cot b−cos p cos t�sin t�

)− sin t� cos p

)=

sin p sin t�cos t� sin p cos b− cos p sin b

(p=90◦−δ)=

(b=90◦−ϕ)

cos δ sin t�cos t� cos δ sin ϕ− sin δ cos ϕ

=sin t�

sin ϕ cos t� − cos ϕ tan δ= y(ϕ, δ, t�).(3.14)

Nun kann die Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-SonnenuhrSv(x(ϕ, δ, t�), y(ϕ, δ, t�)) im “Lot-Fußpunkt-System” dargestellt werden.Diese wird im Abschnitt “Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum”explizit anhand der numerischen Lösung erstellt werden. In der nachfolgendenAbbildung sind die vertikalen Schattenkurven zu den vier Jahreszeitanfängen, beifür den jeweiligen Tag konstant gehaltener Deklination δ, aufgetragen.

Page 18: Konstruktion von Sonnenuhren

18 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Norden Süden

Osten

Westen

Abbildung 3.7: Vertikale Schattenkurven: Bei Sommeranfang δ = 23, 4385◦,Herbstanfang δ = 0◦, Winteranfang δ = −23, 4385◦ und Frühlingsanfang δ = 0◦

Es ist noch zu beachten, dass die auf diese Art und Weise bestimmte Schattenkur-ve für eine vertikale Sonnenuhr berechnet wurde, deren Schattenspitze die Hori-zontalebene “touchiert”. Es wäre aber nicht zielführend eine vertikale Sonnenuhrmit Stabspitze im Boden zu betreiben, denn ihr Schatten könnte nur innerhalb desErdbodens auf einer vertikalen Ebene abgelesen werden. Die Uhr sollte also einengewissen Abstand zur Horizontalebene, dem Boden, wahren. Da der Abstand zwi-schen Sonne und Erde aber sehr viel größer ist als der zwischen Sonnenuhr undHorizont, bleibt der daraus resultierende Fehler in der Schattenlänge klein undkann deshalb getrost vernachlässigt werden. [1][2]

Page 19: Konstruktion von Sonnenuhren

4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 19

4 Bestimmung der Zeitgleichung

In diesem Kapitel soll das Problem der Bestimmung der Zeitgleichung auf zweiunterschiedliche Weisen erfolgen. Zunächst soll der “klassische Weg” aufgezeigtwerden, in dem die Keplergleichung durch ein Iterationsverfahren gelöst wird.Um diese Iteration zu vermeiden, wird in einem zweiten “numerischen Weg” dieBewegungsgleichung des Kepler Problems direkt berechnet.

4.1 Ermittlung der Zeitgleichung (klassisch)

Um die Zeitgleichung zu bestimmen, müssen bei der klassischen Herangehens-weise Hilfsgrößen eingeführt werden. In Abb. 4.1 wird die Sachlage verdeutlicht.O ist der Mittelpunkt der Bahnellipse der “wahren Erde” P sowie der Kreisbahnder “mittleren Erde” PM . DerRadius der mittleren Sonne/Erde ist allerdings unerheblich.Da sie sich mit konstanter Ge-schwindigkeit bewegt, kommtes nur auf den Winkel an. Ineinem Brennpunkt der Ellipsebefindet sich die Sonne S. Q be-zeichnet das Perihel, a und b diegroße und die kleine Halbachse.Der Abstand OS = e ist dielineare Exzentrizität und ι = eadie Exzentrizität der Bahnel-lipse. T sei die Umlaufzeit derErde und t die Zeit, die seit demletzten Periheldurchgang bei Q Abbildung 4.1: Wahre und mittlere Erdbahn

verstrichen ist. Es werden nun noch die drei wesentlichen Anomalien erklärt:φ bezeichnet den Winkel im Polarkoordinatensystem mit Ursprung Sonne, erwird als wahre Anomalie bezeichnet. M nennt man die mittlere Anomalie.Sie entspricht dem Winkel, den der Brennstrahl des Planeten in der Zeit tbeschreiben würde, wenn er sich gleichmäßig um die Sonne bewegte. Es giltalso: M = 2π/T · t. Als exzentrische Anomalie E bezeichnet man den Winkel^(OQ, OP0), dieser wird später als vermittelnde Hilfsgröße zwischen M und φbenötigt.4.1.1 Berechnung der Zeitgleichung in sieben Schritten

Die Bestimmung der Zeitgleichung, also der Differenz zwischen wahrer und mitt-lerer Ortszeit (respektive der Reaktaszensionen2 α0 und α der mittleren und wah-

2s. Anhang A

Page 20: Konstruktion von Sonnenuhren

20 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

ren Sonne3) c = WOZ −MOZ = α0 − α, erfolgt in sieben Schritten:

1. Zunächst muss die Rektaszension α0 zu einem gegebenen Zeit-punkt aus der täglichen Zunahme der mittleren Sonne von360◦/365, 2422d = 0, 98565

◦/d = 3m56, 55536s und ihrem Wert zueinem festen Zeitpunkt4 bestimmt werden.

BEISPIEL: Es soll die Zeitgleichung für den 20. Mai 2006 um 12 Uhr (MGZ) bestimmtwerden. Per Definition beträgt die Rektaszension der mittleren Sonne am 01. Januar einesJahres um 0:00 Uhr (MGZ) α0 = 280◦. Es vergehen (31+28+31+30+20, 5 = 140, 5)Tage bis zum 20. Mai um 12:00 Uhr. Die Rektaszension nimmt jeden Tag um 0, 98565◦

zu. Somit ergibt sie sich am 20. Mai zu α0 = 58.48345◦.

2. Aus α0 kann die mittlere Anomalie M nach α0 = M + Ξ berechnetwerden, wobei Ξ die Länge der wahren Sonne im Perigäum bezeichnet(Ξ = ω + 180◦, mit ω als Perihelabstand).

BEISPIEL: Mittels Ξ = ω + 180◦ = 102, 09383◦ + 180◦ = 282, 09383◦ ergibtsich die mittlere Anomalie zu

M = α0 − Ξ = 58.48345◦ − 282, 09383◦ = 136.38962◦.

3. Da es nicht möglich ist, die wahre Anomalie φ direkt aus der mittleren An-omalie M zu berechnen, wird nun die exzentrische Anomalie E als Hilfs-größe benötigt. Es ist möglich E iterativ über die implizite Keplergleichung5

(4.1) f(E) = E − ι sin(E) = M

bei gegebenen M zu bestimmen. Dies ist lösbar, da f(E) injektiv ist (dieFunktion wächst streng monoton) und 0 ≤ ι ≤ 1. Die Größen in der Kepler-gleichung müssen im Bogenmaß gegeben sein. Es sei also M und ι bekannt.Als ersten Näherungswert wähle man

(4.2) E1 = M + ι sin M

Die sich ergebene Abweichung vom wahren Wert E ergibt sich zu

(4.3) E − E1 = ι(sin E − sin M)

und da

(4.4) | sin E − sin M | < |E −M | = |ι sin E| < ι

3Es ist zu beachten, dass an dieser Stelle die Rollen von Erde und Sonne vertauscht werden,das heißt, es findet ein Wechsel vom heliozentrischen ins geozentrische, äquatoriale System statt.Die mittlere Sonne entspricht nun der mittleren Erde!

4280◦ am 1. Januar eines Jahres, um 0 Uhr MGZ, per Definition5(Herleitung s. Anhang B)

Page 21: Konstruktion von Sonnenuhren

4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 21

ist, folgt

(4.5) |E − E1| < ι2.

Wählt man nun als zweiten Näherungswert

(4.6) E2 = M + ι sin E1

so ergibt sich die Abweichung von E zu

(4.7) E − E2 = ι(sin E − sin E1)

und da wiederum

(4.8) | sin E − sin E1| < |E − E1|

gilt, folgt direkt

(4.9) |E − E2| < ι3.

Für den nächsten Näherungswert ergibt sich eine Abweichung von E imBetrag von < ι4 usw...Für den nten Näherungswert ergibt sich also eine absolute Abweichungvon weniger als der (n + 1)ten Potenz der Exzentrizität ι, d. h. , dieIteration konvergiert um so schneller, je kleiner ι ist. Bei der Erdbahn ist dieExzentrizität mit ι = 0, 0167 sehr klein, wodurch eine schnelle Konvergenzfolgt. (In der zweiten Näherung schon auf die Sekunde genau.)

BEISPIEL: M = 136.38962◦ = 2, 38045rad und ι = 0, 0167. Der erste Iterati-onsschritt liefert

E1 = M + ι sinM = 2, 38045rad + 0, 0167 sin(2, 38045rad) = 2, 39197rad.

Der zweite Iterationsschritt ergibt

E2 = M + ι sinE1 = 2, 38045rad + 0, 0167 sin(2, 39197rad) = 2, 39183rad

und der dritte liefert das Ergebnis

E3 = M + ι sinE2 = 2, 38045rad + 0, 0167 sin(2, 39183rad) = 2, 39183rad.

4. Da nun E hinreichend genau bestimmt ist, kann die wahre Anomalie ausder Gaußschen Formel6

(4.10) tan

2

)=

√1 + ι

1− ιtan

(E

2

)berechnet werden.

BEISPIEL:

tan(

φ

2

)=

√1 + 0, 01671− 0, 0167

tan(

2, 39183rad

2

)= 2.58416

⇒ φ = 2, 40314rad = 137, 68981◦

6(Herleitung s. Anhang B)

Page 22: Konstruktion von Sonnenuhren

22 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

5. Es fehlt noch die Bestimmung der wahren Länge λ der Sonne, diese ergibtsich aus λ = Ξ + φ

BEISPIEL: λ = 282, 09383◦ + 137, 68981◦ = 59, 78364◦

6. Aus der Neperschen Regeltan α = cos ε tan λ kann jetzt die Rektaszensionder wahren Sonne α berechnet werden, wobei ε die Ekliptikschiefe darstellt.BEISPIEL:

tanα = cos(23, 4385◦) tan(59, 78364◦) = 1, 57537⇒ α = 57, 59372◦

7. Abschließend muss nur noch die Differenz α0 − α = c gebildet werden,um die Zeitgleichung c zu erhalten.[2]

BEISPIEL: c = α0 − α = 58.48345◦ − 57, 59372◦ = 0, 88973 ≈ 0, 9 = 3m36s

Page 23: Konstruktion von Sonnenuhren

4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 23

4.2 Ermittlung der Zeitgleichung (numerisch)Nach der klassischen Bestimmung soll nun dasselbe Problem, dieses Mal unterEinsatz des Computer Algebra Systems Maple, numerisch gelöst werden. Auchhier soll die Bestimmung der Zeitgleichung mittels der Differenz aus der Rektas-zension der mittleren und der wahren Sonne

c = WOZ −MOZ = α0 − α

erfolgen. Die Koordinaten der mittleren Sonne lassen sich per Definition sehr ein-fach berechnen; die Koordinaten der wahren Sonne respektive der wahren Erdekönnen allerdings nur numerisch bestimmt werden. Hierzu ist es zunächst einmalnotwendig, die Bewegungsgleichungen des “Sonne-Erde”-Systems aufzustellen.

4.2.1 Bewegung von “Sonne & Erde” aufgrund der Gravitation

Die Bewegungsbahnen von Sonne und Erde können ausgehend vom allgemeinenZwei-Teilchen-System bestimmt werden7.Im speziellen Fall des Sonne-Erd-Systems ergibt sich mit dem Gravitationsgesetz(Gravitationskonstante G = 6, 672591 · 10−11m3kg−1s−2, Erdenmasse: mE =5, 9736 · 1024 kg und Sonnenmasse: mS = 1, 9891 · 1030 kg):

mE r1 = −GmEmS

r2

r1 − r2

r= −G

mEmS

r2

r

r

(4.11) mS r2 = −GmEmS

r2

r2 − r1

r= G

mEmS

r2

r

r

Woraus die Bewegungsgleichungen in Relativ- und Schwerpunktskoordinaten fol-gen:

(4.12) −Gm1m2

r3r = µr und rS = 0

Wie im Anhang B beschrieben, genügt es, eine zweidimensionale Lösung desProblems zu betrachten. Die Kurve r der Relativkoordinate wird deshalb zu

(4.13) r(t) =

(x(t)y(t)

)gewählt. Wobei immer im Hinterkopf zu behalten ist, dass es sich nach wie vorum ein aus drei Raumdimensionen bestehendes System handelt, weil man die z-Komponente zu allen Zeiten t gleich Null gewählt hat (z(t) = 0,∀t). Die Lösungder Gleichung (4.12) soll numerisch mittels Maple erfolgen. Dazu sind noch An-fangsbedingungen zum Lösen der Differentialgleichung (4.12) notwendig. Aus

7(s. Anhang B)

Page 24: Konstruktion von Sonnenuhren

24 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

der Literatur kann man die Werte,

x(t0) = 147, 104 · 109m und y(t0) = 0m

sowie∂x(t0)

∂t= 0

m

sund

∂y(t0)

∂t= 30, 2876 · 103m

s

zur Zeit t0 des Periheldurchgangs, erhalten. Ein kommentiertes Maplesheet befin-det sich im Anhang C.

4.2.2 Transformation aus dem Schwerpunktsystem ins ekliptikale heliozen-trische System

Die “quasi”-dreidimensionale Lösungskurve r aus der numerischen Berechnungist im Schwerpunktsystem beschrieben. Im ekliptikalen, heliozentrischen Systemsteht aber die Sonne und nicht der Schwerpunkt im Ursprung. Um nun die Kurver in ein heliozentrisches System zu transformieren, ist nach (6.13) eine einfacheTranslation um den Abstand Sonne-Schwerpunkt ζ = mE

mE+mSx(0) nötig. Es ergibt

sich also

(4.14) r� =

x(t)y(t)

z(t) = 0

+

ζ00

=

x(t) + ζy(t)0

!=

xζ(t)y(t)0

,

wobei von nun an der Index � heliozentrische Koordinaten bezeichnet.

Das ekliptikale, heliozentrische System zeichnet sich durch die x-Achse durchSonne und Frühlingspunkt �aus, d. h. , dass es gegenüberdem reduzierten System umden Perihelabstand ω gedrehtist. Um den Vektor r� imekliptikalen, heliozentrischenSystem darzustellen, ist alsoeine Drehung um die z-Achse,um den Winkel ω notwendig.Hierbei wird allerdings nicht derOrtsvektor r� selbst gedreht,sondern das ihn beschreibendeKoordinatensystem (s. Abb. Abbildung 4.2: Erste Transformation

4.2).

Page 25: Konstruktion von Sonnenuhren

4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 25

Es gilt:

r�,ekl =

cos(ω) − sin(ω) 0sin(ω) cos(ω) 0

0 0 1

xζ(t)y(t)0

=

xζ(t) cos(ω)− y(t) sin(ω)xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)

0

=:

r cos b cos lr cos b sin l

r sin b

(4.15)

Die letzte Darstellung geht von Kugelkoordinaten mit der ekliptischen Breite bund Länge l aus, r gibt den Abstand zum betrachteten Objekt an, in diesem Fallden Abstand Sonne-Erde; |rSE| = r. Das numerische System kann jetzt im ek-liptikalen, heliozentrischen System durch die Koordinaten b, l und r beschriebenwerden.

4.2.3 Transformation aus dem ekliptikalen, heliozentrischen System insäquatoriale, heliozentrische System

Zur Berechnung der Zeitgleichung wird die Rektaszension α der wahren Sonnebenötigt. Hierzu muss eine weitere Transformation des ekliptikalen, heliozentri-schen Systems ins äquatoriale, heliozentrische System vorgenommen werden. ZuZeiten des Frühlings- bzw. desHerbstanfangs “steht” die Sonneexakt über dem Äquator. DieBahn, auf der sich die Erde umdie Sonne dreht, ist gegenüberdem Äquator um die Schiefe derEkliptik ε = 23, 4385◦ (2006)verdreht. Um das ekliptikale,heliozentrische System in daszunächst noch heliozentrische,äquatoriale System zu überfüh- Abbildung 4.3: Zweite Transformation

ren, muss erneut gedreht werden und zwar um die x′-Achse, um den Winkelε. Auch hier findet keine Drehung des Ortsvektors r�,ekl statt, sondern die desKoordinatensystems (s. Abb. 4.3), beschrieben durch:

Page 26: Konstruktion von Sonnenuhren

26 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

r�,aq =

1 0 00 cos(ε) − sin(ε)0 sin(ε) cos(ε)

xζ(t) cos(ω)− y(t) sin(ω)xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)

0

=

xζ(t) cos(ω)− y(t) sin(ω)cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]

=:

r cos δ cos αr cos δ sin α

r sin δ

(4.16)

Das neue System beschreibt also die Kurve r aus der Numerik in den GrößenRektaszension α, Deklination δ und erneut dem Abstand des beobachtetenObjekts r.

Page 27: Konstruktion von Sonnenuhren

4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 27

4.2.4 Transformation aus dem äquatorialen, heliozentrischen System insäquatoriale, geozentrische System

Bei dem Übergang ins geozentrische System ändert sich nur der Blickwinkel.Solange ein “externer” Himmelskörper, d. h. , nicht dieSonne oder Erde beobachtet werden soll, kann die Trans-formation durch eine einfache Vektoraddition dargestelltwerden (s. Abb. 4.4). rSE ist der Abstandsvektor zwischenSonne und Erde, r� der Abstand des Objekts zur Sonneund r• der Abstand vom Objekt zur Erde. Dann stellensich die Wechsel vom helio- ins geozentrische System undumgekehrt folgendermaßen dar:

Abbildung 4.4: DritteTransformation

(4.17) r• = r� + rSE und r� = rSE − r•

Im speziellen Fall des für Sonnenuhren relevanten Systems, welches “nur”aus Sonne und Erde besteht, ist die Transfor-mation noch einfacher (s. Abb. 4.5). Die imweiteren Verlauf interessanten Größen sind dieRektaszension α• und die Deklination δ• imgeozentrischen System. Bei einem Wechselvom helio- ins geozentrische System, ergibtsich:

Abbildung 4.5: Rektaszensions-transformation

(4.18) α• = α� + 180◦ und δ• = −δ�

Ist also nun der Vektor r aus der numerischen Lösung bekannt, kann die Rektas-zenion α• im geozentrischen, äquatorial System explizit angegeben werden, zu

α•(4.16)= arctan

(r cos δ sin α

r cos δ cos α

)+ 180◦

(4.16)= arctan

(cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]

xζ(t) cos(ω)− y(t) sin(ω)

)+ 180◦(4.19)

und entsprechend findet sich die Deklinaton δ• zu

δ•(4.16)= − arcsin

(z�,aq

r

), wobei r = |r�,aq| =

√x2�,aq + y2

�,aq + z2�,aq

(4.16)= − arcsin

(sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]

r

)(4.20)

mit r =

((xζ(t) cos(ω)− y(t) sin(ω))2 + (cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)])2

+ (sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)])2

) 12

Page 28: Konstruktion von Sonnenuhren

28 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

ANMERKUNG: Da der tan α• nur auf dem Intervall [−π2, π

2] und entsprechend

verschobenen Intervallen definiert ist, muss, dem Datum entsprechend, eine Win-kelkorrektur vorgenommen werden, um die richtige Rektaszension α• zu erhalten.Es gilt:(4.21)

α• = arctan

(cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]

xζ(t) cos(ω)− y(t) sin(ω)

)+180◦+

{0◦ Sommer- bis Winteranfang

180◦ Winter- bis Sommeranfang

4.2.5 Konstruktion des Systems der mittleren Sonne

Da nun die Rektaszension α• der wahren Sonne bestimmt werden kann, fehlt zurBerechnung der Zeitgleichung noch die Rektaszension α0

• der mittleren Sonne.Analog zu der klassischen Überlegung wird das System gemäß Abbildung 4.6betrachtet.Die mittlere Erde und die wahreErde durchlaufen zur selben Zeit dasPerihel. Beide Planeten benötigenfür einen vollständigen Umlauf dieZeitperiode T von 365, 2422 mittlerenTagen. Da sich die mittlere Erde aufeiner kreisförmigen Bahn um denMittelpunkt der Ellipse dreht, ist ihreGeschwindigkeit v vom Betrag herkonstant. Beschreibt man nun dieKoordinaten der mittleren Erde inPolarkoordinaten

Abbildung 4.6: Mittlere Erde bzw. Sonne

rξ(t) =

(xξ(t)yξ(t)

)=

(rξcos(M · t)rξ sin(M · t)

),

wobei M die mittlere Anomalie (t gemessen in Sekunden)

M =360◦

Tt =

360◦

365, 2422 · 86400t

darstellt und |rξ(t)| = rξ = a die große Halbachse der Bahnellipse ist, kannentsprechend der Abbildung 4.6, über das Skalarprodukt

(4.22) cos κ =rSE · ex

|rSE| · |ex|=

(rξ − e · ex) · ex

|(rξ − e · ex)| · |ex|,

auf die, analog benannte, wahre Anomalie κ geschlossen werden. Es ergibt sichdie Rektaszension der mittleren Sonne zu:

(4.23) α0•

(4.18)= α� + 180◦ = κ + ω + 180◦ , wobei ω der Perihelabstand ist.

Page 29: Konstruktion von Sonnenuhren

4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 29

ANMERKUNG: Das Skalarprodukt liefert den richtigen Winkel für κ vom Perihel-bis zum Apheldurchgang. Ab dem Durchgang durch den Aphel ist auch hier eineWinkelkorrektur vonnöten. Es gilt also für α0

• entsprechend:

(4.24) α0• = ω + 180◦ +

κ Perihel- bis Apheldurchgang

360◦ − κ Apheldurchgang bis Frühlingspunkt

−κ Frühlingspunkt bis Periheldurchgang

4.2.6 Anbindung des geographischen Koordinatensystems

Zu guter Letzt sollte es noch möglich sein, einen Standort auf der Erde im Laufeder Zeit mitzuverfolgen. Es muss also das geographische Erdkoordinatensystem,gegeben in geographischer Breite ϕ und Länge λ, mit dem System der mittle-ren Erde verknüpft werden. Dazu bietet es sich natürlicherweise an, den AbstandαGr(t) zwischen dem Frühlingspunkt � und dem Nullmeridian durch Greenwich,zu gegebenen Zeitpunkt t0 zu bestimmen. Aufgrund der Eigenrotation der Erdeergibt sich dann zu einem späteren Zeitpunkt t

(4.25) αGr(t) = αGr(t0) +

(360◦

86400s· t

)− φ,

wobei φ der wahren Anomalie der wahren Erde entspricht.Im Nautischen Jahrbuch läßt sich z.B. für den 1. Januar 2006, um 0:00 Uhr(MGZ), αGr = 100, 507◦ finden. 12 Stunden später hat sich die wahre Erde umden Winkel φ auf der ellipsenförmigen Erdbahn fortbewegt und sich dabei um(

360◦

86400s· 12 · 3600s

)= 180◦

um sich selbst gedreht. φ ergibt sich direkt aus der numerischen Lösung über dasSkalarprodukt

(4.26) cos φ =r(t) · ex

|r(t)| · |ex|=

x(t)√x(t)2 + y(t)2

.

Der Periheldurchgang erfolgte im Jahr 2006 am 3. Januar, um 15:30 (MGZ). Um0:00 Uhr am 1. Januar 2006 betrug φ(t0) = 357, 303353◦. 12 Stunden spätererhielt man ein φ(t0 + 12h) von 357, 8129465◦. Die Differenz der beiden liefertden wahren Winkel ∆φ = 0, 509◦, um den sich die Erde fortbewegt hat. Es ergibtsich insgesamt, für t = 12h = 43200s, die Rektaszension αGr von Greenwich zu

αGr(t) = 100, 507◦ + 180◦ − φ = 280, 507◦ − 0.509◦ = 279, 998◦ ≈ 280◦.

Aus Maple erhält man für die Rektaszension α• der wahren und α0• der mittleren

Sonne zum Zeitpunkt t = 43200s:

α•(t) = 280, 7777484◦ und α0•(t) = 279, 978795◦ ≈ αGr(t)

Page 30: Konstruktion von Sonnenuhren

30 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Es soll im folgenden in guter Näherung davon ausgegangen werden, dass die Rek-taszension der mittleren Sonne α0

• und die Rektaszension Greenwich(s) αGr, um12 Uhr (MGZ), zusammenfallen. Für die Zeitgleichung gewinnt man für den 1.Januar 2006 den Wert

ZGL = WOZ−MOZ = α0•−α• = 279, 978795◦−280, 7777484◦ = −0, 7989534◦.

Dies entspricht einer Zeitdifferenz von(86400s

360◦

)· (−0, 7989534◦) = −191, 75s = −3m11s,

die die wahre Sonne der mittleren vorauseilt. Mittels des im Anhang C gegebenenMaplesheets wurde die Zeitgleichung für das Jahr 2006 berechnet. In Abbildung4.7 ist ihr Verlauf wiedergegeben.

Abbildung 4.7: Zeitgleichung des Jahres 2006

Page 31: Konstruktion von Sonnenuhren

5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 31

5 Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-BochumIn diesem Kapitel sollen die zuvor angestellten Überlegungen praktisch umgesetztwerden. Es werden jeweils das Ziffernblatt einer horizontalen sowie einer verti-kalen Ost-West-Sonnenuhr an der Ruhr-Universität in Bochum berechnet. Dazubenötigt man zunächst die geographische Breite ϕ und Länge λ des Standortesder Uhr. Für die Ruhr-Universität findet sich (ϕ = 51◦27′ N) nördlicher Breiteund (λ = 7◦05′ O) östlicher Länge. Die Ziffernblätter sollen für den 20. Mai20068 berechnet werden.

Zur exakten Bestimmung fehlen also nur die geographische Breite ϕ, dieDeklination δ und der Stundenwinkel t�. Die Breite ist durch den Standort derUhr festgelegt. Aus der numerischen Lösung können die Deklination und derStundenwinkel bestimmt werden.Die Sonne kulminiert immer zur wahren Ortszeit am entsprechenden Ort um12 Uhr. Daher kann aus der Zeitgleichung die mittlere Ortszeit der höchstenKulmination bestimmt werden. Aus der numerischen Lösung erhält man zunächstdie Zeitgleichung. Für den 20. Mai 20069 ergibt sich

ZGL = WOZ−MOZ = α0•−α• = 57, 9488867◦−57, 0485088◦ ≈ 0, 9◦ ≈ 03m36s,

d. h. aber doch, dass die obere Kulmination um

MOZ = WOZ − ZGL = 12h − 03m36s = 11h56m24s

stattfindet. Für den Standort Bochum in MESZ heißt dies (1◦ = 4m)

MEZ = MOZ − λ + 1h

= 11h56m24s − 28m20s + 1h

= 12h28m04s

⇒ MESZ = MEZ + 1h = 13h28m04s

Die Sonne kulminiert also am 20. Mai 2006 in Bochum an der Ruhr Universitätum 13:28:04 Uhr.Aus Maple kann die zugehörige Rektaszension α• der wahren Sonne bestimmtwerden, indem man die Simulation bis zum Zeitpunkt t = 11h56m24s laufenläßt10. Hieraus ergibt sich

α•(11h56m24s) = 57, 0460100◦ = t13h28m04s

�!= 0◦.

8Sommerzeit.9Der Periheldurchgang fand am 03. Januar, um 15:30 Uhr MGZ statt, daher wurde die Laufzeit

der numerischen Rechnung ∆t (12:00 Uhr MGZ) bestimmt zu: ∆t = [(8, 5+12)h ∗3600+(28+28 + 30 + 31 + 20)d ∗ 86400]s = 11908800s.

10In der Simulation muss nach wie vor mit Winterzeit gerechnet werden. Die entsprechendeUmrechnung auf die Sommerzeit erfolgt immer im Anschluß.

Page 32: Konstruktion von Sonnenuhren

32 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Dieser Wert wird als Stundenwinkel t13h28m04s

� = 0◦ gewählt. Die zeitliche Dif-ferenz zur nächsten vollen Stunde, um 14 Uhr (MESZ), beträgt 31m56s. Somitergibt sich im numerischen System, zur Zeit

t = 11h56m24s + 31m56s = 12h28m20s11,

die Rektaszension der wahren Sonne zu

α•(12h28m20s) = 57, 0681756◦.

Da sich die Erde in der selben Zeit (31m56s) in die gleiche Richtung um 7, 98◦12

gedreht hat, ergibt sich somit der Stundenwinkel zu:

t14h

� = 7, 98◦ − [α•(12h28m20s)− α•(11

h56m24s)]

= 7, 98◦ − [57, 0681756◦ − 57, 0460100◦] = 7, 9578344◦(5.1)

Die entsprechenden Werte für die Deklination folgen direkt aus der numerischenLösung mittels (4.18) und (4.20).

In der nachfolgenden Tabelle sind die Werte für den 20. Mai 2006 in halbstündi-gen Abständen zwischen dem Sonnenaufgang um 5:41 Uhr und Sonnenuntergangum 21:16 Uhr bestimmt. Die Zeiten des Sonnenaufgangs bzw. Sonnenuntergangskönnen nach der folgenden Formel berechnet werden13:

cos ta,u = − tan ϕ tan δ mit der geographischen Breite ϕ und Deklination δ.

Die so berechneten Zeiten14 ta,u beziehen sich auf die WOZ und müssen wie obenauf MESZ15 umgerechnet werden.

11t = 12h28m20s=11910500s

121h=15◦13vgl. [1], Kapitel 6.6, hier wurde eine über den Tag konstante Deklination verwendet. Dies

führten zu leichten Abweichungen im Minutenbereich von den exakten Auf- und Untergangszei-ten.

14Maplesheet s. Anhang C15Es muss die Zeitumstellung von Sommer- und Winterzeit berücksichtigt werden.

Page 33: Konstruktion von Sonnenuhren

5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 33

MESZ t�/[◦] δ/[◦]

5h30m00s -119,1882965 19,929899116h00m00s -111,7091046 19,925526816h30m00s -104,2299135 19,929899117h00m00s -96,7507234 19,934268967h30m00s -89,2715343 19,938636358h00m00s -81,7923463 19,943001298h30m00s -74,3131591 19,947363769h00m00s -66,8339730 19,951723769h30m00s -59,3547878 19,9560813210h00m00s -51,8756037 19,9604364110h30m00s -44,3964205 19,9647890311h00m00s -36,9172383 19,9691392111h30m00s -29,4380570 19,9734869012h00m00s -21,9588768 19,9778321412h30m00s -14,4796975 19,9821749113h00m00s -7,0005192 19,9865152313h28m04s 0 19,9905736013h30m00s 0,4786581 19,9908530714h00m00s 7,9578344 19,9951884514h30m00s 15,4370098 19,9995213715h00m00s 22,9161841 20,0038518215h30m00s 30,3953576 20,0081797916h00m00s 37,8745299 20,0125053016h30m00s 45,3537014 20,0168283317h00m00s 52,8328718 20,0211489017h30m00s 60,3120413 20,0254670018h00m00s 67,7912098 20,0297826318h30m00s 75,2703774 20,0340957819h00m00s 82,7495439 20,0384064719h30m00s 90,2287095 20,0470204020h00m00s 97,7078741 20,0513236720h30m00s 105,1870377 20,0556244721h00m00s 112,6662003 20,05992277

Tabelle 1: Stundenwinkel t� und Deklination δ

Page 34: Konstruktion von Sonnenuhren

34 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

5.1 Horizontales ZiffernblattWie bereits in 3.2.1 gezeigt wurde, ist die Schattenkurve einer horizontalen Son-nenuhr Sh(x(ϕ, δ, t�), y(ϕ, δ, t�)), gegeben durch

x(ϕ, δ, t�) = −y(ϕ, δ, t�)cot t�sin ϕ

− cot ϕ

y(ϕ, δ, t�) = − cot δ sin t�sin ϕ + cos ϕ cot δ cos t�

.

Trägt man nun die in der Tabelle 1 gegebenen Werte in obige Darstellung ein, soerhält man das Ziffernblatt einer horizontalen Sonnenuhr für den 20. Mai 2006.

Westen

Süden Norden

Osten

Abbildung 5.1: Horizontales Ziffernblatt für den 20. Mai 2006

Page 35: Konstruktion von Sonnenuhren

5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 35

5.2 Vertikales Ost-West ZiffernblattDie Schattenkurve einer vertikalen Sonnenuhr wird nach 3.3.1 durch die FunktionSv(x(ϕ, δ, t�), y(ϕ, δ, t�)) gegeben, wobei die x− und y−Komponenten gegebensind durch

x(ϕ, δ, t�) = −tan δ tan ϕ + cos t�tan δ − tan ϕ cos t�

y(ϕ, δ, t�) =sin t�

sin ϕ cos t� − cos ϕ tan δ.

Trägt man nun auch hier die in der Tabelle 1 gegebenen Werte in obige Darstel-lung ein, so erhält man das Ziffernblatt einer vertikalen Sonnenuhr für den 20.Mai 2006.

Norden Süden

Westen

Osten

Abbildung 5.2: Vertikales Ziffernblatt für den 20. Mai 2006

Page 36: Konstruktion von Sonnenuhren

36 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

6 Anhang

6.1 A: “Koordinatensyteme”

Zur Beschreibung des Sonnensystems sind Koordinatensysteme unerlässlich. Inden folgenden Abschnitten werden das ekliptikale und äquatoriale System erläu-tert, sowie auf die helio- und geozentrische Blickweise eingegangen. Zur Vollstän-digkeit werden das Äquator- und Horizontsystem vorgestellt und das für wechsel-seitige Transformationen unabdingbare nautische Dreieck eingeführt.

6.1.1 Das ekliptikale und das äquatoriale System

Das ekliptikale System liegt, wie der Name schon sagt, in der Ekliptik. Die x-Achse wird durch die Verbindungslinie Sonne-Frühlingspunkt charakterisiert. y−und z-Achse liegen entsprechend. In Kugelkoordinaten schreibt sich das eklipti-kale System:

(6.1) rekl =

xyz

=

r cos b cos lr cos b sin l

r sin b

Man bezeichnet b als die ekliptikale Breite und l als die ekliptikale Länge. r gibtdie Distanz zwischen Sonne und Erde an.Das äquatoriale System liegt in der den Äquator der Erde schneidenden Ebene.Die x′-Achse des Systems soll mit der x-Achse des ekliptikalen Systems zusam-menfallen. Somit ist das äquatoriale System, gegenüber dem ekliptikalen System,um die Schiefe der Ekliptik ε, in der x′-Achse respektive x-Achse, verkippt (s.auch Abb. 4.3). In Kugelkoordinaten schreibt sich:

(6.2) raq =

x′

y′

z′

=

r cos δ cos αr cos δ sin α

r sin δ

α wird Rektaszension genannt und ab dem Frühlingspunkt in 0◦ − 360◦-Schritten(oder 0h−24h) gegen Ost gezählt. Die Deklination δ wird vom Äquator aus für dennördlichen Teil der Himmelskugel positiv gezählt. Die Entfernung Sonne-Erde rist dieselbe wie in den eklitptikalen Koordinaten.

6.1.2 Die heliozentrische und die geozentrische Blickweise

In beiden Systemen kann man sowohl die Sonne als auch die Erde in den Ursprunglegen. Je nachdem bezeichnet man dann das System als heliozentrisch oder geo-zentrisch. Dies sei durch die Indizes � bzw. • an den Vektoren angegeben.

Page 37: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 37

6.1.3 Das Äquatorsystem

Das Äquatorsystem ist eine Projektion des geographischen Erdsystems auf dieHimmelskugel. Dementsprechend wird es durch den Himmelsäquator und dieHimmelspole bestimmt. Der Nullpunkt des Systems wird durch den Schnittpunktdes Ortsmeridians des Beobachters mit dem Himmelsäquator definiert. Die Par-allelkreise zum Äquator werden als Deklinationskreise und die Großkreise durchdie Pole als Stundenkreise bezeichnet.Ausgehend vom Nullpunkt kann der Stundenwinkel t über Westen in 0◦ bis 360◦

oder 0h bis 24h gemessen werden. Die Deklination δ wird entsprechend der geo-graphischen Breite in positiver Zählweise gen Nordpol gezählt.[1]

6.1.4 Das Horizontsystem

Die Pole des Horizontsystems werden als Zenit Z und Nadir Z bezeichnet. DerZenit ist der Punkt auf der Himmelskugel direkt senkrecht über dem Beobach-tungsort. Der Nadir ist der entsprechend komplementäre Pol. Die Großkreisedurch Zenit und Nadir bezeichnet man als Scheitelkreise. Die Parallelkreise zumHorizont nennt man Höhenparallelen. Der Deklination entspricht nun die Höhe hund dem Stundenwinkel das Azimut A. Der Nullpunkt des Horizontsystems wirddurch den Südpunkt definiert. Das Azimut wird analog zum Stundenwinkel überWest gemessen. Die Höhe h analog der Deklination positiv gen Nord.[1]

6.1.5 Das nautische Dreieck

Das nautische Dreieck gibt die Möglichkeit, die Koordinaten eines GestirnsG vom Äquator- ins Horizontsystem undumgekehrt zu berechnen. Es wird durchdie Lage des Gestirns G, dem Zenit Zund einem Pol P des Äquatorsystemsgebildet (s. Abb. 6.1). Durch die Sätzeder sphärischen Trigonometrie, Sinussatz,Seiten-Kosinussatz, Sinus-Kosinussatz, Win-kelkosinussatz und den Neperschen Regelnist es möglich alle Größen zu ermitteln.Sind z.B. durch eine Messung Höhe hund Azimut a bekannt, so erhält man dieDeklination zu:

Abbildung 6.1: Nautisches DreieckGZP

sin δ = cos z sin ϕ− sin z cos ϕ cos a,

wobei z = 90◦ − h die Zenitdistanz bezeichnet.Den Stundenwinkel t erhält man aus

cot t = sin ϕ cot a +cos ϕ cot z

sin a.

Page 38: Konstruktion von Sonnenuhren

38 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

6.2 B: “Physikalische Grundlagen”6.2.1 Das Zwei-Teilchen-Problem

Es sei der Fall zweier Punktteilchen in ihren Koordinaten r1 und r2 und Massenm1, m2 betrachtet. Die gegenseitige Wechselwirkung sei durch die Kräfte F21 undF12 dargestellt. Die Summe ihrer Kräfte ist im potentialfreien System zu allenZeiten gleich Null.

m1r1 = F21; m2r2 = F12 = −F21

(6.3) ⇒ F21 + F12 = m1r1 + m2r2 = 0.

Das System kann durch die Einführung von neuen Koordinaten in den Schwer-punkt überführt werden. Für die Schwerpunktskoordinaten schreibt man

(6.4) rS =

∑i miri∑i mi

=1

m1 + m2

(m1r1 + m2r2).

Es gilt also rS = 0 nach (6.3) und (6.4). Der Schwerpunkt bewegt sich somitgeradlinig und gleichförmig. Der interessierende Anteil der Bewegung bestehtalso in der Relativbewegung der beiden Teilchen. Es wird nun noch eine relativeKoordinate r eingeführt:

(6.5) r := r1 − r2.

Mit (6.4) und (6.5) folgt:

(6.6) r1 = rS +m2

m1 + m2

r resp. r2 = rS +m1

m1 + m2

r.

Setzt man (6.6) in das Kraftgesetz (6.3) ein und definiert noch die reduzierte Mas-se µ, schreibt sich das Zwei-Teilchen-Problem im Schwerpunktssystem als Bewe-gung eines Teilchens mit der Masse µ:

(6.7) F21 = µr ; wobei µ =m1m2

m1 + m2

“reduzierte Masse”

Die durch das Gravitationspotential gegebene Zentralkraft ist zum Ursprung aus-gerichtet. Für allgemeine Zentralkräfte ist der Drehimpuls erhalten, denn es gilt

` = µr× r

d

dt` = µr× r + µr× r = 0 , da r||r und r||r;

daher verläuft die Bewegung der Erde um die Sonne in einer Ebene senkrecht zu`. In dieser liegen natürlich r und r. Zur weiteren Beschreibung der Bewegungbieten sich deshalb Polarkoordinaten an,

x(t) = r(t) cos φ(t) und y(t) = r(t) sin φ(t).

Page 39: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 39

Für den Drehimpuls folgt entsprechend `x = `y = 0 und `z = µr2φ!= ` = const.

Nimmt man die Energieerhaltung hinzu

E =1

2µr2 + U(r) =

µ

2(r2 + r2φ2) + U(r) = const

(6.8)d

dtE =

d

dt

(1

2µr2 + U(r)

)= 0,

1

2µr2 + U(r) = const

und stellt die rechte Seite der Gleichung (6.8) unter Berücksichtigung von φ =`/µr2 nach r um, folgt:

r =

√2(E − U(r))

µ− `2

µ2r2=

`

µ

√2µ(E − U(r))

`2− 1

r2

⇔ 1

r2

dr

dt=

`2

r2µ

√2µ(E − U(r))

`2− 1

r2

⇔ 1

r2

dr

dφ=

√2µ(E − U(r))

`2− 1

r2, wobei dr/dφ = (dr/dt)/(dφ/dt).

Setzt man U(r) = −A/r als Zentralpotential an und führt noch die Substitutionσ(φ) := 1/r(φ) durch, wobei dσ/dφ = −1/r2(dr/dφ), ergibt sich:

(6.9) − dσ

dφ=

√2µ(E − U(r))

`2− σ2 ⇒

(dσ

)2

=2µ(E − U(r))

`2− σ2.

Definiert man noch die folgenden Konstanten

p :=`2

Aµund ι :=

√1 +

2E`2

µA2,

so ergibt sich aus (6.9) die Differentialgleichung

(6.10)(

)2

+

(σ − 1

p

)2

=ι2

p2,

welche durch den Ansatz σ − 1/p = (ι/p) cos(φ − φ0) gelöst wird. Man erhältschließlich nach Rücksubstitution von σ = 1/r(φ) die “Kegelschnittgleichung”,welche das erste Kepler’sche Gesetz (Die Umlaufbahn eines Planeten ist eineEllipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.) beschreibt [4] :

(6.11) r(φ) =p

1 + ι cos(φ− φ0)“Kegelschnittgleichung”.

Das System (6.11) kann in kartesische Koordinaten zurücküberführt werden,

(6.12) x = r(φ) cos(φ) + ζ und y = r(φ) sin(φ).

Page 40: Konstruktion von Sonnenuhren

40 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Hierbei muß die Konstante ζ so gewählt werden, dass sie den Abstand desBrennpunktes der Ellipse, in dem sich der Ursprung des Polarkoordinatensystemsim Schwerpunktsystem befindet, zum Koordinatenursprungs des kartesischenSystems16, darstellt. Es gilt die folgende Relation:

ζ =m1

m1 + m2

r(φ = 0) =m1

m1 + m2

p

1 + ι.

Da das System bisher in Relativkoordinaten beschrieben ist, müssen diese wiederin die natürlichen Koordinaten (6.6) übersetzt werden,

x(φ) =m2

m1 + m2

p

1 + ι cos φcos φ +

m1

m1 + m2

p

1 + ι

y(φ) =m2

m1 + m2

p

1 + ι cos φsin φ.(6.13)

6.2.2 Herleitung der Gauss’schen Formel

Die Bahnellipse wird nach (6.11) (Kegelschnittsgleichung) in den Konstanten p(Halbparameter) und ι (numerische Exzentrizität) beschrieben. Der Winkel φ ent-spricht der wahren Anomalie. Aus der Geometrie einer Ellipse ergeben sich diefolgenden Zusammenhänge zwischen p, ι und der großen und kleinen Halbachsea und b der Ellipse:

a =p

1− ι2, b =

p√1− ι2

,

p =b2

a, ι =

√1− b2

a2.(6.14)

Anstelle der Exzentrizität ι kann man auch den Exzentrizitätswinkel ϑ benutzen,dann gilt

(6.15) ι = sin ϑ und√

1− ι2 = cos ϑ.

Die Gleichungen (6.14) schreiben sich somit

(6.16) p = a cos2 ϑ und b = a cos ϑ.

Während der Ort zu einem Zeitpunkt t durch das erste Keplersche Gesetz be-schrieben wird, kann die Geschwindigkeit eines Planeten in den verschiedenenPhasen seines Umlaufs durch den Flächensatz (zweites Keplersches Gesetz) be-schrieben werden,

(6.17) r2dφ

dt= c = const.

Führt man wieder kartesische Koordinaten ein

(6.18) x = r cos φ, y = r sin φ, mit r =√

x2 + y2 und tan φ =y

x,

16Der Koordinatenursprung soll hier in der Sonne liegen.

Page 41: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 41

und differenziert den letzten Ausdruck nach der Zeit t

(6.19)d

dttan φ =

φ

cos2 φ=

xy − yx

x2,

erhält man mit cos φ = x/r und (6.17) den Flächensatz in kartesischen Koordina-ten

(6.20) xy − yx = c = const.

Die Konstante c bezeichnet man als Flächengeschwindigkeitskonstante. Stellt mansich die Ellipse in N flächengleiche Stücke zerteilt vor und ist T die Umlaufzeitder Erde, so ergibt sich

(6.21) ∆t =T

N.

Der Flächeninhalt des in der Zeit ∆t vom Radiusvektor überstrichenen Sektors ist

(6.22) ∆A =abπ

N=

1

2c∆t =

1

2cT

N,

und somit folgt

(6.23) c =2π

Tab = nab , wobei n = 2π/T.

Mit den in (6.14) angegebenen Relationen läßt sich (6.23) auch schreiben als

(6.24) c = n√

pa3 = na2√

1− ι2 =nap√1− ι2

.

Wird im Flächensatz nun r durch die Kegelschnittgleichung (6.11) ausgedrückt,erhält man die folgende Differentialgleichung für die wahre Anomalie φ

(6.25)dφ

(1 + ι cos φ)2=

c

p2dt = n

(a

p

) 32

dt,

und ihre Integration liefert

(6.26)1

n

(a

p

) 32∫ φ

0

(1 + ι cos φ)2= t− t0.

Zur Zeit t0 befindet sich die Erde im Perihel der Bahnellipse. Daher wird t0 auchals Periheldurchgangszeit bezeichnet. Das Integral (6.26) läßt sich leicht lösen,wenn statt der wahren Anomalie φ auf die exzentrische Anomalie E zurückge-griffen wird. Während der elliptischen Bewegung der Erde schwankt der Radius-vektor r zwischen dem Minimum bei a(1− ι) im Perihel und dem Maximum beia(1 + ι) im Aphel periodisch. Da die Erdbewegung symmetrisch zu den Apsiden

Page 42: Konstruktion von Sonnenuhren

42 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

erfolgt, kann der folgende Zusammenhang zwischen dem Radius der Bahnellipseund der exzentrischen Anomalie hergestellt werden,

(6.27) r = a(1− ι cos E).

Mit der Kegelschnittgleichung (6.11) folgt nun

rι cos φ = p− r = a(1− ι2)− a(1− ι cos E)

⇔ r cos φ = a(cos E − ι),(6.28)

desweiteren ergibt sich direkt

(r sin φ)2 = r2 − (r cos φ)2 = a2(1− ι2) sin2 E

r sin φ = a√

1− ι2 sin E.(6.29)

Durch Subtraktion und Addition erhält man aus (6.27) und (6.28)

r(1− cos φ) = a(1 + ι)(1− ι cos E)(6.30)r(1 + cos φ) = a(1− ι)(1 + ι cos E)(6.31)

und durch anschließende Division von (6.30) durch (6.31) unter Anwendung derIdentität

1− cos α

1 + cos α= tan2 α

2,

folgt schließlich die Gauss’sche Formel zu

(6.32) tan

2

)=

√1 + ι

1− ιtan

(E

2

). [3]

6.2.3 Herleitung der Keplergleichung

Differenziert man die Kegelschnittgleichung (6.11) und r = a(1 − ι cos E) be-züglich der wahren bzw. der exzentrischen Anomalie, so erhält man

dr = aι sin EdE(6.33)

dr =pι sin φ

(1 + ι cos φ)2dv = r2 ι

psin φdφ

(6.17),(6.24)=

naι√1− ι2

sin φdt.(6.34)

Das Gleichsetzen beider Gleichungen ergibt

(6.35)√

1− ι2(

sin E

sin φ

)dE = ndt,

und mit (6.27) und (6.29)

(6.36)r

adE = (1− ι cos E)dE = ndt.

Integriert man nun Gleichung (6.36) und berücksichtigt noch das die mittlere An-omalie M = n(t− t0) ist, so ergibt sich die Keplergleichung zu

(6.37) E − ι sin E = n(t− t0) = M. [3]

Page 43: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 43

6.3 Anhang C: “Maplesheet”

6.3.1 Maplesheet zur Lösung des Zwei-Teilchen-Problems und Berechnungder Zeitgleichung

> restart:

> with(LinearAlgebra):with(student):with(plots):

Warning, the name changecoords has been redefinedDarstellung der Relativkoordinate in der Abhängigkeit von der Zeit t

> r := t -> Vector([x(t),y(t)]):

Definiere den Betrag:> Abs:=v->sqrt(DotProduct(v,v)):

Bestimmung weiterer Parameter, wie Erdenmasse mE, Sonnenmasse mS, GravitationskonstanteG und Zeitpunkt TO.> mS:=1.9891E30:mE:=5.9736E24:G:=6.672591E-11:TU:=0:TO:=86400*365.2422:

Aufstellung der Differentialgleichung (xyz a):> dgl:=mE*mS/(mE+mS)*(map(diff,r(t),t,t))=-G*mE*mS/(Abs(r(t))^3)*(r(t)):

Separation der einzelnen Komponenten:> dgl_x1:= lhs(dgl)[1]=rhs(dgl)[1]:

> dgl_x2:= lhs(dgl)[2]=rhs(dgl)[2]:

Zusammenfassen zu einem DGL-System:> dglsys:=dgl_x1,dgl_x2:

Zusammenstellung der Funktionen:> functions:= x(t),y(t):

Anfangsbedingungen:> init:=x(0)=147.104E9,y(0)=0,D(x)(0)=0,D(y)(0)=30.286999999E3:

Lösung des Systems und Bestimmung der komponentenweisen Lösung:> sol:=dsolve({dglsys,init},{functions},numeric,method=rkf45):

> solx:=s->subs(sol(s),x(t)):

> soly:=s->subs(sol(s),y(t)):

Graphen der Lösungskurve:> setoptions(view=[-155E9..155E9,-155E9..155E9],scaling=constrained,axes=

normal):

> plotR:=plot([’solx(t)’,’soly(t)’,t=TU..TO],color=blue):

> pointR:=plot([[solx(TO),soly(TO)]],style=point,symbol=diamond

,symbolsize=10,color=green):

> display([plotR,pointR]):

Koordinaten im Schwerpunktsystem:> xx:=t->solx(t):yy:=t->soly(t):

Koordinaten im heliozentrischen System, x-Achse durch Sonne und Perihel, y-Achse entspre-chend:> xxh:=t->mE/(mS+mE)*xx(0)+xx(t):yyh:=t->yy(t):

Angabe der Schiefe der Ekliptik ε und des Perihelabstands ω:> eps:=3.141592654/180*23.4385:w:=3.141592654/180*102.0938294:

Page 44: Konstruktion von Sonnenuhren

44 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

Berechnung der Deklination:> deklination:=-(180/3.141592654)*arcsin(((sin(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))

/sqrt((xxh(TO)*cos(w)-yyh(TO)*sin(w))^2

+(cos(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))^2

+(sin(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))^2))):

Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))

/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):

all:=t->180+alpha(t)+180:

Einrichtung des Systems der mittleren Sonne mit kreisförmiger Umlaufbahn:> a:=(xxh(0)-xxh(86400*365.2422/2))/2:

> xk:=t->a*cos(3.141592654*2/365.2422/86400*t):

> yk:=t->a*sin(2*3.141592654/365.2422/86400*t):

Berechnung der Rektaszension α0• der mittleren Sonne:

> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)

/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):

> allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t):

Bestimmung der Zeitgleichung:> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):

> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:

Page 45: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 45

6.3.2 Maplesheet zur Berechnung der Zeitgleichung des Jahres 2006

Berechnung für die Tage (1-169) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006).Also vom Periheldurchgang bis Sommeranfang.

Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))

/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):

all:=t->180+alpha(t)+180:

Berechnung der Rektaszension α0• der mittleren Sonne:

> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)

/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):

> allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t):

Bestimmung der Zeitgleichung:> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):

> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:

> map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [1,2,3,4,5,6,7,8,9,10

,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20

,21,22,23,24,25,26,27,28,29,30

,31,32,33,34,35,36,37,38,39,40

,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50

,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60

,61,62,63,64,65,66,67,68,69,70

,71,72,73,74,75,76,77,78,79,80

,81,82,83,84,85,86,87,88,89,90

,91,92,93,94,95,96,97,98,99,100

,101,102,103,104,105,106,107,108,109,110

,111,112,113,114,115,116,117,118,119,120

,121,122,123,124,125,126,127,128,129,130

,131,132,133,134,135,136,137,138,139,140

,141,142,143,144,145,146,147,148,149,150

,151,152,153,154,155,156,157,158,159,160

,161,162,163,164,165,166,167,168,169]):

Berechnung für die Tage (170-182) seit dem Periheldurchgang (3. Januar2006). Ab Sommeranfang bis Apheldurchgang.

Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))

/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):

all:=t->180+alpha(t)+360:

Berechnung der Rektaszension α0• der mittleren Sonne:

> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)

/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):

Page 46: Konstruktion von Sonnenuhren

46 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

> allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t):

Bestimmung der Zeitgleichung:> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):

> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:

>map(proc(x) delta(86400*x) end proc,[170,171,172,173,174,175,176

,177,178,179,180,181,182]):

Berechnung für die Tage (183-353) seit dem Periheldurchgang (3. Januar2006). Ab Apheldurchgang bis Winteranfang.

Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))

/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):

all:=t->180+alpha(t):

Berechnung der Rektaszension α0• der mittleren Sonne:

> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)

/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):

> allNull:=t->102.0938294+180-alphaNull(t):

Bestimmung der Zeitgleichung:> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):

> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:

> map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [183,184,185,186,187,188,189,190

,191,192,193,194,195,196,197,198,199,200

,201,202,203,204,205,206,207,208,209,210

,211,212,213,214,215,216,217,218,219,220

,221,222,223,224,225,226,227,228,229,230

,231,232,233,234,235,236,237,238,239,240

,241,242,243,244,245,246,247,248,249,250

,251,252,253,254,255,256,257,258,259,260

,261,262,263,264,265,266,267,268,269,270

,271,272,273,274,275,276,277,278,279,280

,281,282,283,284,285,286,287,288,289,290

,291,292,293,294,295,296,297,298,299,300

,301,302,303,304,305,306,307,308,309,310

,311,312,313,314,315,316,317,318,319,320

,321,322,323,324,325,326,327,328,329,330

,331,331,333,334,335,336,337,338,339,340

,341,342,343,344,345,346,347,348,349,350,351,352,353]):

Page 47: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 47

Berechnung für die Tage (354-365) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006).Ab Winteranfang bis Periheldurchgang.

Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))

/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):

all:=t->180+alpha(t)+180:

Berechnung der Rektaszension α0• der mittleren Sonne:

> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)

/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):

> allNull:=t->102.0938294+180-alphaNull(t):

Bestimmung der Zeitgleichung:> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):

> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:

> map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [354,355,356,357,358,359

,360,361,362,363,364,365]):

Page 48: Konstruktion von Sonnenuhren

48 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN

6.3.3 Maplesheet zur Berechnung der Deklinationen δ und der Stunden-winkel t� am 20. Mai 2006

Berechnung für den 20. Mai 2006. Der Zeitpunkt t = 11910500s entspricht 13Uhr MESZ.

Berechnung der Deklinationen δ• der wahren Sonne in Halbstunden-Schritten ausgehendvon 14 Uhr MESZ:dd:=x->deklination(11910500+1800*x):

map(proc(x) dd(x) end proc, [-14,-13,-12,-11,-10,-9,-8,-7,-6,-5,-4

,-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14]):

Berechnung der Stundenwinkel t� der wahren Sonne nach (5.1) in Halbstunden-Schrittenausgehend von 13 Uhr MESZ:tt:=x->(7.98+7.5*x)-(all(11910500 +1800*x)-360-57.04601):

map(proc(x) tt(x) end proc, [-16,-15,-14,-13,-12,-11,-10,-9,-8,-7,-6

,-5,-4,-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,16]):

Page 49: Konstruktion von Sonnenuhren

6. ANHANG 49

6.4 DatenMasse der Sonne mS: 1, 989 · 1030kgMasse der Erde mE: 5, 974 · 1024kgRadius der Erde RE (am Äquator): 6, 378140 · 106mGroße Halbachse der Bahnellipse a: 149, 5 · 109mKeine Halbachse der Bahnellipse b: 147, 4 · 109mSchiefe der Ekliptik ε: 23, 4385◦

Perihelabstand ω: 102, 0938294◦

Tropisches Jahr: 365, 2422 TageErdgeschwindigkeit im Perihel vp: ≈ 30, 29 · 103 m

s

Gravitationskonstanteγ: 6, 672591 · 10−11 m3

kg·sExzentrizität der Bahnellipse ι: 0, 0167

Page 50: Konstruktion von Sonnenuhren

50 LITERATUR

Literatur[1] Hans-Günther Bigalke: Kugelgeometrie, 1. Auflage. Otto Salle Verlag,

1984

[2] Hermann Dörrie: Triumph der Mathematik, 2. Auflage. Ferdinand Hirt inBreslau, 1940

[3] Karl Stumpff: Himmelsmechanik Band 1, 1. Auflage. VEB Deutscher Ver-lag der Wissenschaften, 1959

[4] Florian Scheck: Theoretische Physik 1 Mechanik, 7. Auflage. Springer Ver-lag, 2003

[5] Christine Mildeberger: Sonnenuhren im Wandel der Zeit. Helios Astrono-mische Uhren, 2005