8
Onkologe 2010 · 16:274–281 DOI 10.1007/s00761-010-1796-8 Online publiziert: 3. März 2010 © Springer-Verlag 2010 H. Ludwig · N. Zojer 1. Medizinische Abteilung, Zentrum für Onkologie und Hämatologie, Wilhelminenspital, Wien Konventionelle Behand- lung von Patienten mit multiplem Myelom Leitthema Das multiple Myelom (MM) ist eine Er- krankung des höheren Lebensalters, wobei das mediane Manifestationsal- ter bei 72 Jahren liegt und etwa zwei Drittel der Patienten über 60 Jah- re alt sind. Somit kommt bei einem beträchtlichen Teil der Patienten ei- ne Hochdosistherapie mit autolo- ger Stammzelltransplantation nicht in Frage. Mit den neuen Substanzen haben sich die therapeutischen Op- tionen aber deutlich verbessert und vorläufige Ergebnisse weisen darauf- hin, dass sich dies auch im Sinne ei- ner Verlängerung der Gesamtüber- lebenszeit manifestiert. Auch tumor- spezifische Faktoren, wie z. B. zytoge- netische Risikofaktoren, können bei der Wahl der individuell besten The- rapie hilfreich sein. Indikation zur Therapieeinleitung Die Indikation für den Beginn einer Be- handlung ergibt sich erst bei Vorliegen eines oder mehrerer der sogenannten CRAB-Kriterien (Hyperkalzämie, mye- lombedingte eingeschränkte Nierenfunk- tion, Anämie oder Knochenläsionen). Ein frühzeitiger Therapiebeginn bereits im asymptomatischen Stadium erbringt – zwei prospektiven Studien zufolge – kei- nen Überlebensvorteil. Allerdings wur- den diese Ergebnisse mit konventioneller Chemotherapie noch vor Einführung der neuen Substanzen Thalidomid, Bortezo- mib und Lenalidomid erarbeitet. In einer rezenten Studie konnte bei Patienten mit einem „smouldering“ Myelom und ho- hem Risiko für eine Progression in ein aktives Myelom mittels Gabe von Lena- lidomid/Dexamethason die Progression der Erkrankung verhindert und eine ho- he Remissionsrate erzielt werden, wäh- rend in der Kontrollgruppe bei 20% der Patienten über 65 Jahre bzw. keine Kandidaten für eine ASCT Spezielle Komorbidität/Risikofaktoren Nein Ja IMiD-basiert MPT CTD Len/dex MPR PNP: Lenalidomid-basiert Ungünstige Zytogenetik: Bortezomib- oder Lenalidomid-basiert Thromboembolische Komplikationen: Bortezomib-basiert Niereninsuffizienz: Bortezomib-, IMiD- basiert Niedrig dosierte Behandlung mit MPT, Bortezomib, MP, Dex Len/dex CDT Cyc/Pred Risikofaktoren Hohes Alter/reduzierter Performance-Status VMP VDT VMPT VD Bortezomib-basiert Abb. 1 8 Behandlungsalgorithmus bei älteren Patienten mit multiplem Myelon. MPT Melphalan/Prednison/Thalidomid. CTD Cyclophosphamid/Thalidomid/Dexamethason, Len/dex Lenalidomid/niedrig dosiertes Dexamethason, MPR Melphalan/ Prednison/Revlimid, VMP Velcade/Melphalan/Prednison, VMPT Velcade/Melphalan/Prednison/Thalidomid, VD Velcade/Dexa- methason, IMiD immunmodulatorische Substanzen (Lenalidomid, Thalidomid), MP Melphalan/Prednison, Cyc/Pred Cyclo- phosphamid/Prednison 274 |  Der Onkologe 3 · 2010

Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

Onkologe 2010 · 16:274–281DOI 10.1007/s00761-010-1796-8Online publiziert: 3. März 2010© Springer-Verlag 2010

H. Ludwig · N. Zojer1. Medizinische Abteilung, Zentrum für Onkologie und Hämatologie, Wilhelminenspital, Wien

Konventionelle Behand-lung von Patienten mit multiplem Myelom

Leitthema

Das multiple Myelom (MM) ist eine Er-krankung des höheren Lebensalters, wobei das mediane Manifestationsal-ter bei 72 Jahren liegt und etwa zwei Drittel der Patienten über 60 Jah-re alt sind. Somit kommt bei einem beträchtlichen Teil der Patienten ei-ne Hochdosistherapie mit autolo-ger Stammzelltransplantation nicht in Frage. Mit den neuen Substanzen haben sich die therapeutischen Op-tionen aber deutlich verbessert und vorläufige Ergebnisse weisen darauf-hin, dass sich dies auch im Sinne ei-ner Verlängerung der Gesamtüber-

lebenszeit manifestiert. Auch tumor-spezifische Faktoren, wie z. B. zytoge-netische Risikofaktoren, können bei der Wahl der individuell besten The-rapie hilfreich sein.

Indikation zur Therapieeinleitung

Die Indikation für den Beginn einer Be-handlung ergibt sich erst bei Vorliegen eines oder mehrerer der sogenannten CRAB-Kriterien (Hyperkalzämie, mye-lombedingte eingeschränkte Nierenfunk-tion, Anämie oder Knochenläsionen). Ein frühzeitiger Therapiebeginn bereits

im asymptomatischen Stadium erbringt – zwei prospektiven Studien zufolge – kei-nen Überlebensvorteil. Allerdings wur-den diese Ergebnisse mit konventioneller Chemotherapie noch vor Einführung der neuen Substanzen Thalidomid, Bortezo-mib und Lenalidomid erarbeitet. In einer rezenten Studie konnte bei Patienten mit einem „smouldering“ Myelom und ho-hem Risiko für eine Progression in ein aktives Myelom mittels Gabe von Lena-lidomid/Dexamethason die Progression der Erkrankung verhindert und eine ho-he Remissionsrate erzielt werden, wäh-rend in der Kontrollgruppe bei 20% der

Patienten über 65 Jahre bzw. keine Kandidaten für eine ASCT

Spezielle Komorbidität/Risikofaktoren

Nein Ja

IMiD-basiert

• MPT • CTD • Len/dex • MPR

• PNP: Lenalidomid-basiert • Ungünstige Zytogenetik: Bortezomib-

oder Lenalidomid-basiert • Thromboembolische Komplikationen: Bortezomib-basiert • Niereninsuffizienz: Bortezomib-, IMiD-

basiert

Niedrig dosierte Behandlung mit MPT, Bortezomib, MP, Dex Len/dex CDT Cyc/Pred

Risikofaktoren Hohes Alter/reduzierterPerformance-Status

• VMP • VDT • VMPT • VD

Bortezomib-basiert

Abb. 1 8 Behandlungsalgorithmus bei älteren Patienten mit multiplem Myelon. MPT Melphalan/Prednison/Thalidomid.  CTD Cyclophosphamid/Thalidomid/Dexamethason, Len/dex Lenalidomid/niedrig dosiertes Dexamethason, MPR Melphalan/Prednison/Revlimid, VMP Velcade/Melphalan/Prednison, VMPT Velcade/Melphalan/Prednison/Thalidomid, VD Velcade/Dexa-methason, IMiD immunmodulatorische Substanzen (Lenalidomid, Thalidomid), MP Melphalan/Prednison, Cyc/Pred Cyclo-phosphamid/Prednison

274 |  Der Onkologe 3 · 2010

Page 2: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

Patienten ein Fortschreiten der Erkran-kung mit Auftreten von CRAB-Symp-tomen beobachtet wurde [1]. Nachdem aber bisher keine Daten vorliegen, die ei-nen Überlebensvorteil bei einem frühen Therapiebeginn aufweisen, besteht aus unserer Sicht derzeit keine Veranlassung, von dem oben genannten konservativen Prinzip abzugehen.

Wahl der Erstlinienbehandlung

Die Selektion der Erstlinientherapie hängt von patientenspezifischen Faktoren, den biologischen Eigenschaften des malignen Klons sowie der Verfügbarkeit von neuen Medikamenten ab. Bei Patienten mit vor-bestehender Neuropathie empfehlen sich lenalidomidbasierte Therapien, bei Pati-enten mit zytogenetischen Risikofaktoren [t(4; 14), t(14; 16), del17p, 1q21, Hypodi-ploidie] Bortezomib- und wahrscheinlich auch Lenalidomid-basierte Protokolle. Bei Patienten mit stark eingeschränkter Kno-chenmarkreserve könnte mitunter, falls keine ungünstige Zytogenetik vorliegt, mit einer Dexamethason-Monotherapie

das Auslangen gefunden werden, wäh-rend bei schwer kontrollierbarem Diabe-tes mellitus hoch dosiertes Dexametha-son vermieden werden sollte. Personen, die in weiter Entfernung vom Betreuungs-zentrum leben, werden oftmals eine ora-le Therapie bevorzugen. Im Gegensatz da-zu ist bei Patienten mit unsicherer Com-pliance eine parenterale Behandlung vor-zuziehen.

Ergebnisse rezenter Studien mit neuen Medikamenten in der Erstlinientherapie

Thalidomid-basierte Therapien

Thalidomid war die erste der neuen Subs-tanzen, die in die Therapie des MM einge-führt wurde und das therapeutische Spek-trum erweitert hat. Als Vorteile sind – neben der signifikanten Aktivität – feh-lende Knochenmarktoxizität, orale Ap-plikation sowie eine Plasmaelimination, die unabhängig von der Nierenfunktion ist, zu nennen. Allerdings kann die Thali-domidtherapie in Abhängigkeit von pati-

entenspezifischen Faktoren, Therapiedau-er und Dosis zu beträchtlicher Neuroto-xizität führen, die im Gegensatz zur Bor-tezomib-bedingten Neuropathie nur be-schränkt rückbildungsfähig ist. Zu wei-teren häufigen Nebenwirkungen zäh-len Obstipation, Müdigkeit, das Auftre-ten eines Exanthems und thromboembo-lische Komplikationen.

Bisher wurden 5 prospektiv rando-misierte Studien veröffentlicht, die den früheren Therapiestandard Melphalan/Prednisolon (MP) mit einer Kombinati-on aus Thalidomid und MP (MPT) ver-glichen haben. In allen Studien wurden mit MPT höhere Remissionsraten und ein längeres PFS („progression-free survival“) oder eine längere TTP („time to progres-sion“) beobachtet (. Tab. 1). Eine Ver-längerung der Überlebenszeit wurde aber nur in den beiden französischen Studien erreicht [2, 3]. Die verschiedenen Studi-en differierten aber bezüglich Dosierung, Dauer der Therapie und Erhaltungsthera-pie mit Thalidomid. Letztere war in 4 Stu-dien [4, 5, 6, 7] vorgesehen. In der skan-dinavischen Studie wurde bei älteren Pa-

Page 3: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

tienten eine erhöhte Toxizität unter MPT beobachtet, weswegen bei älteren Pati-enten mit reduziertem Allgemeinzustand die Thalidomidtherapie mit einer nied-rigen Dosis begonnen werden sollte (wo-bei diese bei guter Toleranz allenfalls auf 100–200 mg/Tag erhöht werden kann). Bis heute ist allerdings die optimale Dosis von Thalidomid weder für die Kombina-tion mit MP noch für die Erhaltungsthe-rapie definiert. Eine Metaanalyse [8] der 5 Studien zeigte einen signifikanten Vor-teil für die MPT-Therapie in den meisten Zielparametern, wie Ansprechrate, PFS und Gesamtüberleben. Allerdings war die Toxizität in der MP-Gruppe tendenzi-ell geringer, wobei weniger thromboem-bolische Komplikationen und Polyneuro-pathien beobachtet wurden.

Andere Thalidomidkombinationen, die bei älteren Patienten in Studien eva-luiert wurden, sind Thalidomid/Dexame-thason (TD) und Cyclophosphamid/Tha-lidomid/Dexamethason (CTDa). In letzt-genannter Studie [9, 10], in die 826 Pati-enten eingeschlossen wurden, führte die Behandlung mit CTDa im Vergleich zu MP zu einer Erhöhung der Gesamtan-sprechrate sowie der Rate an kompletten Remissionen. Das PFS war allerdings in beiden Gruppen gleich (Median 32 Mo-nate), ebenso konnte keine Verbesserung des Gesamtüberlebens erreicht werden.

Mit einer Kombination von Thalido-mid mit Dexamethason (TD) konnte bei älteren Patienten (medianes Alter: 72 Jah-re) eine höhere Gesamtansprechrate (68% vs. 50%) und eine höhere Rate an CR und VGPR (27% vs. 10%; CR: komplette Re-mission, VGPR: sehr gute partielle Remis-sion) als mit MP (Melphalan/Prednison) erzielt werden [11]. Außerdem führte die TD-Kombination zu einem schnelleren Ansprechen als die konventionelle Thera-pie mit MP. Bezüglich PFS fand sich kein Unterschied, das Gesamtüberleben war aber überraschenderweise mit TD signi-fikant kürzer als mit MP, was auf die er-höhte Toxizität des hoch dosierten Dexa-methasons bei älteren Patienten (>75 Jah-re) mit schlechtem Performance-Status zurückzuführen war.

Tab.

Erge

bnis

se ra

ndom

isie

rter

 Stu

dien

, die

 Tha

lidom

id-b

asie

rte 

Kom

bina

tione

n m

it M

P ve

rglic

hen 

habe

n

Ther

apie

prot

okol

lAn

zahl

  Pa

tient

enKo

mpl

ette

 + p

arti-

elle

 Rem

issi

on(%

)

Kom

plet

te  

Rem

issi

on(%

)

Prog

ress

ions

frei

es-/

Erei

gnis

frei

es 

Übe

rlebe

n, Z

eit b

is z

ur P

rogr

essi

on(M

onat

e)

Ges

amt-

über

lebe

n(M

onat

e)

Wic

htig

e N

eben

wirk

unge

n (G

rad 

3 un

d 4)

(%)

Lite

ratu

r

Thal

/MP 

vs. M

P19

112

476

a

3513

a

227

,5a

17,8

51,6

a

33,2

Thro

mbo

-em

bolie

n4

Infe

ktio

nen

13 9

GI N

W11 3

PNP

6 0

[2]

Thal

/MP 

vs. M

P12

912

676

a

4816

a

421

,8a

14,5

45 47,6

Thro

mbo

-em

bolie

n12 2

Infe

ktio

nen

10 2

GI N

W6 1

PNP

10 0

[4, 5

]

Thal

/MPb  v

s. M

P36

342

d

286c ,d

3c20

a

1829 33

Deu

tlich

 meh

r Obs

tipat

ion 

in d

er M

PT-G

rupp

e8%

 Thr

ombo

embo

lien 

in b

eide

n G

rupp

en[6

]

Thal

/MP 

vs. M

P15

214

966

a

472 2

EFS 

13 v

s 9a

PFS 

13 v

s 10a

37 30Th

rom

bo-

embo

lien

3 0

Infe

ktio

n28 18

GI N

W5 7

Neu

rolo

-gi

sche

 NW

23 4

[7]

Thal

/MP 

vs. M

P11

311

662

a

317a 1

24,1

a

18,5

44a

29,1

Thro

mbo

-em

bolie

n6 3

GIe

20 14

PNP

2 2

[3]

Thal

/dex

 vs. 

MP

145

143

68a

502 2

TTP 

21,2

 vs. 

29,1

PFS 

16,7

 vs. 

20,7

41,5

a

49,4

Thro

mbo

-em

bolie

n13 7

Infe

ktio

nen

13 8

Obs

tipat

ion/

Übe

l-ke

it/Er

brec

hen

13 6

Neu

ropa

-th

ie7 1

[11]

CTD

 vs. 

MP

856

82,5

a

48,7

22,5

6,2

PFS 

nich

t unt

ersc

hied

lich

n.a

VTE

16 4,5

[9, 1

0]

a Stat

istisc

h sig

nifik

ante

r Unt

ersc

hied

zw

ische

n be

iden

Gru

ppen

.b Thal

idom

iddo

sis: 2

00–4

00 m

g.c CR

+ n

CR.d St

atist

ische

Aus

wer

tung

nic

ht v

erfü

gbar

.e Grad

2–4

.GIN

W g

astro

inte

stin

ale

Neb

enw

irkun

g, N

W N

eben

wirk

ung,

PN

P Po

lyne

u-ro

path

ie, T

hal/d

ex Th

alid

omid

/nie

drig

dos

ierte

s Dex

amet

haso

n, C

TD C

yclo

phos

pham

id/T

halid

omid

/Dex

amet

haso

n, P

FS p

rogr

essio

nsfre

ies Ü

berle

ben,

EFS

ere

igni

sfrei

es Ü

berle

ben,

TTP

Zei

t bis

zur P

rogr

essio

n.

276 |  Der Onkologe 3 · 2010

Leitthema

Page 4: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

Bortezomib-basierte Therapien

Zu den wichtigen Vorteilen von Bortezo-mib zählen die hohe Wirkeffizienz, die kurze Dauer bis zum Therapieerfolg so-wie die beträchtliche Wirksamkeit bei Pa-tienten mit zytogenetischen Risikofak-toren. Außerdem ist der Abbau von Bor-tezomib unabhängig von der Nierenfunk-tion, weshalb bei Patienten mit Nieren-funktionseinschränkung keine Dosisre-duktion erforderlich ist. Bortezomib birgt allerdings das Risiko einer sensorisch be-tonten, schmerzhaften Neuropathie, die bei einem kleinen Teil der Patienten zu einem Therapieabbruch zwingt. Bei der Mehrzahl der Patienten kommt es aber innerhalb weniger Monate zum völligen Abklingen dieser Nebenwirkung. Es soll-te unbedingt, insbesondere zu Beginn der Therapie, eine antivirale Prophylaxe z. B. mit Aciclovir vorgenommen werden, um das Risiko der Reaktivierung einer Her-pesinfektion zu reduzieren. Andere re-levante Nebenwirkungen sind Asthenie und in der Genese nicht geklärter Durch-fall, der bei bis zu einem Drittel der Pati-enten auftreten kann.

Bortezomib wurde in Kombination mit MP (VMP; Velcade/Melphalan/Pred-nison), MPT (VMPT; Velcade/Melphalan/Prednison/Thalidomid) und TD (VTD; Velcade/Thalidomid/Dexamethason) bei älteren Patienten in klinischen Studien überprüft (. Tab. 2). VMP zeigte sich in einer großen Studie mit mehr als 600 ein-gebrachten Patienten in allen gemessenen Endpunkten der Therapie mit MP überle-gen [12, 13]. So konnte mit VMP im Ver-gleich zu MP eine deutlich höhere Ge-samtansprechrate (71%) und Rate an CR (30%) im Vergleich zu MP (35% bzw. 4%) erreicht werden. Ebenso überlegen war VMP gegenüber MP in Bezug auf PFS und Gesamtüberleben; außerdem war das be-handlungsfreie Intervall (16,6 vs. 8,4 Mo-nate) und die Zeit bis zur nächsten Be-handlung mit VMP signifikant länger als mit dem MP-Protokoll (28,1 vs. 19,2 Mo-nate). Patienten in CR profitierten signi-fikant auch in Hinblick auf ihre gesund-heitsbezogene Lebensqualität [14]. Schwe-re Neuropathien (Grad 3 und 4) traten bei 14% der Patienten auf, wobei im Median nach 5,7 Monaten bei 60% der Patienten

ein komplettes Abklingen der Beschwer-den beobachtet wurde.

Der Frage, ob die Wirksamkeit von VMP durch eine Kombination mit Tha-lidomid weiter verbessert werden kann, wurde in einer italienischen Studie nach-gegangen [15]. Die Ergebnisse zeigten je-doch keinen zusätzlichen Vorteil von VMPT gegenüber VMP in Bezug auf Re-missionsraten, PFS und Toleranz. Aller-dings wurde das Therapieprotokoll im Laufe der Studie adaptiert und das kon-ventionelle Bortezomibschema, das ei-ne zweimal wöchentliche Verabreichung von Bortezomib vorsieht, auf eine wö-chentliche Bortezomibapplikation adap-tiert. Damit kam es zwar zu einer gering-gradigen Reduktion der Rate an CR (27% vs. 20%), wesentlich war aber die Verbes-serung der Toleranz des Therapieproto-kolls, durch die der Anteil der Therapie-abbrecher von 15% auf 4% reduziert wer-den konnte. Mit der Reduktion auf eine einmal wöchentliche Verabreichung von Bortezomib konnte die Häufigkeit von Grad-3- und Grad-4-Neuropathien (14% vs. 2%) wesentlich verringert werden.

Die Auswirkungen einer reduzierten Applikation (1-mal wöchentlich) von Bor-tezomib wurden auch in einer spanischen Studie, die VTP mit VMP bei Patienten >65 Jahre verglichen hat, überprüft [16]. Im ersten Zyklus wurde Bortezomib wie zuvor üblich 2-mal pro Woche appliziert, danach aber nur noch wöchentlich verab-reicht. Der Vergleich der Therapieproto-kolle ergab ähnliche Ansprechraten (ORR: 81% vs. 81%, CR: 22% vs. 27%) im VMP- und VTP-Arm; das Nebenwirkungsprofil unterschied sich jedoch im Hinblick auf das Auftreten von thalidomidspezifischen Nebenwirkungen wie Obstipation, Mü-digkeit und motorisch betonten Neuro-pathien (im VTP-Arm häufiger). Durch die Verringerung der Häufigkeit der Bor-tezomibapplikation scheint aber auch in dieser Studie eine deutliche Verbesserung der Toleranz evident. In der VMP-Gruppe wurden nur bei 5% der Patienten schwe-re Neuropathien (Grad 3 und 4) beobach-tet und Therapieabbrüche nur bei 12% der Patienten beschrieben.

Zusammenfassung · Abstract

Onkologe 2010 · 16:274–281DOI 10.1007/s00761-010-1796-8© Springer-Verlag 2010

H. Ludwig · N. Zojer

Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

ZusammenfassungFür ältere Patienten sowie für jene jünge-ren Patienten mit multiplem Myelom, für die eine autologe Transplantation nicht in Fra-ge kommt, stellt die konventionelle Behand-lung die Therapie der Wahl dar. In den letz-ten Jahren konnten durch die Einführung der neuen Substanzen Thalidomid, Bortezomib und Lenalidomid das therapeutische Spek-trum wesentlich erweitert und damit die The-rapieergebnisse deutlich verbessert werden. Die Therapiewahl beim individuellen Pati-enten sollte aufgrund von patienten- und tu-morspezifischer Faktoren wie z. B. zytogene-tischer Risikofaktoren erfolgen. Für die Erst-linientherapie stehen mehrere in Phase-III-Studien etablierte IMiD- und Bortezomib-ba-sierte Therapieprotokolle zur Verfügung, mit denen Ansprechraten von 60–85%, ein me-dianes progressionsfreies Überleben von 17–25 Monaten und eine Verlängerung der Ge-samtüberlebenszeit erreicht werden können.

SchlüsselwörterMultiples Myelom · Ältere Patienten · Thalido-mid · Bortezomib · Lenalidomid

Conventional therapy of patients with multiple myeloma

AbstractConventional therapy is the treatment of choice for elderly patients as well as for those who are not candidates for autologous trans-plantation. The recent introduction of tha-lidomide, bortezomib and lenalidomide has markedly expanded the therapeutic spec-trum and improved treatment outcome. In individual patients selection of therapy should be based on patient and tumor-spe-cific parameters, such as cytogenetic risk fac-tors. For first line therapy several protocols that have been established in phase III trials are available. Using these regimens response rates ranging between 60–85%, progres-sion-free survival varying between 17 and 25 months and an increase in overall survival can be achieved.

KeywordsMultiple myeloma · Elderly patients · Thalido-mide · Bortezomib · Lenalidomide

277Der Onkologe 3 · 2010  | 

Page 5: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

Lenalidomid-basierte Therapie

Lenalidomid bietet den Vorteil einer oralen Therapie, sodass die Patienten nicht an das Behandlungszentrum ge-bunden und damit autonomer sind. Au-ßerdem führt die Substanz im Gegensatz zu Thalidomid und Bortezomib nicht zu einer Neuropathie und kann daher auch bei Patienten mit vorbestehender PNP zum Einsatz kommen. Lenalidomid wird aber großteils renal eliminiert, weswegen die Dosis bei Patienten mit Niereninsuf-fizienz an die glomeruläre Filtrationsra-te (GFR) angepasst werden muss. The-rapielimitierend, insbesondere bei stark reduzierter Knochenmarkreserve, kann die Hämatotoxizität sein. Über die Wirk-samkeit von Lenalidomid bei Patienten mit zytogenetischen Risikofaktoren lie-gen derzeit weniger Informationen als für Bortezomib vor.

In einer großen Studie wurde ein auf den ersten Blick ungewöhnliches Konzept überprüft, das auf den Vorschlag eines Pa-tienten, der unter den Nebenwirkungen einer hoch dosierten Dexamethasonthe-rapie gelitten hat, zurückgeht. Patienten wurden in eine Gruppe mit Lenalidomid plus konventionell hoch dosiertem Dexa-methason (40 mg, Tag 1–4, 9–12, 27–20) bzw. in eine Vergleichsgruppe mit Lena-lidomid plus 1-mal wöchentlich 40 mg Dexamethason, randomisiert. Die Pati-enten sollten nach 4 Zyklen einer autolo-gen Transplantation unterzogen werden; es wurden aber auch Patienten >65 Jahre in diese Studie eingeschlossen, bei denen an Stelle der Transplantation die Therapie mit Lenalidomid/Dexamethason weiter-geführt wurde [17]. Die Kombination mit hoch dosiertem Dexamethason führte zwar zu einer höheren Gesamtansprech-rate (79% vs. 68%) und zu einer höheren Rate an ≥VGPR (42% vs. 24%, p=0,008), das PFS (25,3 vs. 19,1 Monate, p=0,026) war aber, ebenso wie die Zweijahresüber-lebensrate (87% vs. 75%, p=0,0002), im Therapiearm mit niedrig dosiertem Dexa-methason signifikant besser. Nach länge-rer Nachbeobachtung (>3 Jahre) kam es allerdings zu einer Annäherung der Über-lebenskurven, möglicherweise auch des-halb, weil nach der Empfehlung eines un-abhängigen Review-Komitees, die Studie zu beenden, Patienten vom konventio-Ta

b. 2

 Er

gebn

isse

 rand

omis

iert

er S

tudi

en m

it Bo

rtez

omib

- bzw

. Len

alid

omid

-bas

iert

en T

hera

piep

roto

kolle

n

Ther

apie

nKo

mpl

ette

 + p

ar-

tielle

 Rem

issi

on(%

)

Kom

plet

te 

Rem

issi

on(%

)

Prog

ress

ions

-fr

eies

 Übe

rle-

ben,

 Zei

t bis

 zur

 Pr

ogre

ssio

n(M

onat

e)

Ges

amtü

berle

ben

(Mon

ate)

Wic

htig

e N

eben

wirk

unge

n (G

rad 

3/4)

c

(%)

Lite

ratu

r

VMP 

vs. M

P33

733

171

a

3530

a

424

a

16,6

3-Ja

hres

-OSb :

72%

a

59%

Her

pes z

oste

r4 2

GI

20 5

PNP

14 0

[12,

 13]

VMP 

vs. V

TP(B

orte

zom

ib 1

-mal

 w

öche

ntlic

h)

98 107

81 8122 27

2-Ja

hres

-TTP

:81

%83

%

2-Ja

hres

-OS:

92%

94%

Neu

trop

enie

37 21

Kard

ioto

xizi

tät

0 8.5

Infe

ktio

n7 <

1

PNP

5 9

[16]

VMP 

vs. V

MPT

(Bor

tezo

mib

 1-m

al 

wöc

hent

lich)

229

221

78 8421

a

353-

Jahr

es-P

FS:

56%

71%

3-Ja

hres

-OS:

89%

90%

Neu

trop

enie

28 28

Thro

mbo

zyto

peni

e16 20

Infe

ktio

n7 12

PNP

2 2

[15]

LD v

s. Ld

443

Patie

nten

 ≥

65 Ja

hre

119

114

81b

70b

18b

14b

19,1

b

25,3

b1-

Jahr

es-O

S:83

%94

%

Neu

trop

enie

12d

20d

Thro

mbo

embo

lien

26d

12d

Infe

ktio

n/Pn

eum

onie

16d

9d

PNP

2d 2d

[17]

VMP

Velc

ade/

Mel

phal

an/P

redn

ison,

MP

Mel

phal

an/P

redn

ison,

VTP

Vel

cade

/Tha

lidom

id/P

redn

ison,

LD

Lena

lidom

id/D

exam

etha

son,

Ld

Lena

lidom

id/n

iedr

ig d

osie

rtes D

exam

etha

son,

VM

PT V

elca

de/M

elph

alan

/Pre

dniso

n/Th

alid

o-m

id, P

FS p

rogr

essio

nsfre

ies Ü

berle

ben,

TTP

Zei

t bis

zur P

rogr

essio

n, O

S Ge

sam

tübe

rlebe

n, G

I gas

troin

test

inal

, PN

P Po

lyne

urop

athi

e.a St

atist

isch

signi

fikan

ter U

nter

schi

ed z

wisc

hen

beid

en B

ehan

dlun

gsar

men

.b M

edia

nes O

S w

urde

in ke

inem

Arm

erre

icht

.c W

icht

ige

Neb

enw

irkun

gen/

Neb

enw

irkun

gen,

die

in d

en A

rmen

unt

ersc

hied

lich

sind.

d Die

se Z

ahle

n re

präs

entie

ren

die

Erge

bniss

e, d

ie a

n de

r ges

amte

n Pa

tient

engr

uppe

erh

oben

wur

den

(also

auc

h Pa

tient

en <

65 Ja

hre

inkl

udie

ren)

.

278 |  Der Onkologe 3 · 2010

Leitthema

Page 6: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

nellen Dexamethasonarm auf niedrig do-siertes Dexamethason umgestellt wurden. Eine Subanalyse der Patienten >65 Jahre zeigte auch bei dieser Altersgruppe einen signifikanten Vorteil für das Protokoll mit niedrig dosiertem Dexamethason – mit einer Überlebensrate nach 1 Jahr von 94% im Vergleich zu 83% (p=0,004) [17]. Die Therapie mit hoch dosiertem Dexa-methason war in allen Altersgruppen mit einer signifikant höheren Rate an Neben-wirkungen wie Infektionen (16% vs. 9%, p=0,04), und thromboembolischen Kom-plikationen (26% vs. 12%, p=0,0003) und einer 10-fach höheren Mortalität verbun-den.

Die Kombination von Lenalidomid mit MP (MPR) führte in einer Phase-I/II-Stu-die zu einer Ansprechrate von 81%, wobei 24% der Patienten eine CR erreichten [18]. Nach einer medianen Nachbeobachtung von 29,5 Monaten fanden sich ein medi-anes PFS von 28,5% und eine Zweijahres-überlebensrate von 90,5%. MPR kann al-lerdings, insbesondere während der ersten Therapiezyklen, mit einer beträchtlichen Hämatotoxizität einhergehen, die den Einsatz von hämatopoetischen Wachs-tumsfaktoren wie G-CSF und Erythro-poetin erfordern kann.

Kürzlich wurden die ersten Ergebnisse einer Studie vorgestellt, in der die Pati-enten in folgende 3 Gruppen randomi-siert wurden: 1. MP gefolgt von einer Er-haltungstherapie mit Placebo, 2. MPR ge-folgt von Erhaltungstherapie mit Placebo, 3. MPR gefolgt von einer Erhaltungsthera-pie mit Lenalidomid [19]. In allen Thera-piearmen waren jeweils 9 Zyklen Chemo-therapie vorgesehen. In Gruppe 1 wurde eine Ansprechrate von 49%, in Gruppe 2 von 67% und in Gruppe 3 von 77% beob-achtet. Das mediane PFS war in Gruppe 3 signifikant länger (bei der ersten Interims-analyse noch nicht erreicht) als in Grup-pe 1 (13 Monate). Ebenso war die Zeit bis zur nächsten Behandlung im Therapie-arm mit Lenalidomid-Erhaltungsthera-pie signifikant länger, die Einjahresüber-lebensrate war allerdings in allen Gruppen mit 92% gleich. Derzeit werden weitere Phase-III-Studien durchgeführt, in denen MPT gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Thalidomid mit MPR, gefolgt von ei-ner Erhaltungstherapie mit Lenalidomid verglichen werden.

Page 7: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

Lenalidomid wurde auch in Kombi-nation mit verschiedenen anderen Sub-stanzen in Phase-II-Studien überprüft. Die Kombination mit Bortezomib und Dexamethason (RVD) führte zu einer An-sprechrate von 98%, wobei 71% der Pati-enten eine VGPR oder ein besseres An-sprechen erzielt hatten [20]. Eine weitere Eskalation der Therapie stellt die Kom-bination von RVD mit Cylophosphamid dar [21]. Vorläufige Ergebnisse lassen eine hohe Ansprechrate, allerdings auch eine höhere Toxizität, erwarten. Letztgenann-te Protokolle wurden vorwiegend bei Pa-tienten verschiedener Alterskategorien eingesetzt, sodass deren Stellenwert bei älteren Patienten noch nicht umfassend beurteilt werden kann.

Behandlung von Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand und/oder Komorbidität

Obwohl die Diagnose eines Myeloms bei einem beträchtlichen Anteil der Patienten in hohem Lebensalter gestellt wird, wo-bei häufig eine oder mehrere Komorbidi-täten vorliegen, ist diese Patientenpopula-tion in klinischen Studien unterrepräsen-tiert. Auch konnten bis dato bei diesen Pa-tienten – im Gegensatz zu jüngeren Pati-enten – trotz Einführung der neuen Sub-stanzen kaum Fortschritte im Hinblick auf eine Verlängerung der Überlebens-zeit nachgewiesen werden [22]. Bei we-nig symptomatischen Patienten kann eine Therapie mit MP oder mit niedrig dosier-tem Thalidomid plus MP (MPt) überlegt werden (. Abb. 1). Leiden die Patienten unter myelombedingten Symptomen oder findet sich eine ungünstige Zytogenetik, so könnte VMP eingesetzt werden, wobei

in Abhängigkeit von der Dringlichkeit ei-ner Symptomkontrolle Bortezomib ent-weder im ersten Zyklus 2-mal wöchent-lich und danach 1-mal wöchentlich, oder gleich von Therapiebeginn an 1-mal pro Woche verabreicht werden kann.

Erhaltungstherapie mit Thalidomid, Bortezomib oder Revlimid

Ergebnisse über die Erhaltungstherapie bei älteren Patienten wurden bisher nur im Rahmen von Kongressen vorgestellt. In der britischen MRC XI-Studie wurden Patienten nach Induktionstherapie mit Cylophosphamid/Thalidomid/Dexame-thason oder MP entweder in eine Gruppe mit einer Thalidomid-Erhaltungstherapie (100 mg tgl.) oder in eine Kontrollgruppe randomisiert [23]. Thalidomid wurde bis zur Krankheitsprogression oder bis zum Therapieabbruch (bei Intoleranz) verab-reicht. Die Erhaltungstherapie führte zu einer Verlängerung des PFS, nicht aber der Überlebenszeit. Patienten mit del17p-Mutationen wiesen sogar ein signifikant kürzeres Überleben auf. Ähnliche Ergeb-nisse wurden in einer Studie, in der eine Thalidomid/Interferon-Erhaltungsthera-pie mit einer Interferon-Erhaltungsthe-rapie verglichen wurde, beobachtet [24]. Die Erhaltungstherapie mit Thalidomid führte zu einer Verlängerung des PFS (24 vs. 12,6 Monate), das Gesamtüberleben war aber in beiden Gruppen vergleich-bar (52,5 vs. 52,2 Monate; . Tab. 3). Pati-enten, die unter oder nach Thalidomid-Erhaltungstherapie rezidivierten, zeigten ab dem Rezidiv ein signifikant kürzeres Überleben im Vergleich zu den Patienten in der Kontrollgruppe, eine Beobachtung

die auch von anderen Autoren berichtet wurde [23, 25]. Obwohl eine Thalidomid-Erhaltungstherapie zu einer Konsolidie-rung des Therapieerfolges beitragen kann, ergibt sich aus den vorliegenden Studien keine klare Indikation für eine Thalido-mid-Erhaltungstherapie.

Noch nicht geklärt ist auch der Stel-lenwert einer Bortezomib- oder Lenali-domid-Erhaltungstherapie. In der oben erwähnten spanischen Studie [16] wur-den Patienten nach initialer Behand-lung mit VMP oder VTP entweder in ei-nen Erhaltungsarm mit VP (Bortezomib und Prednison) oder mit VT (Bortezo-mib und Thalidomid) randomisiert. Da-durch konnte ein klarer Konsolidierungs-effekt mit Verbesserung der CR-Rate von 25% auf 42% nachgewiesen werden. Ob-wohl damit eine Verbesserung des pro-gressionsfreien Überlebens zu erwar-ten ist, bleibt derzeit unklar, ob dadurch auch eine Verlängerung des Gesamtüber-lebens erzielt werden kann. Ähnliches gilt für die Erhaltungstherapie mit Lenalido-mid, die nach Verabreichung von MPR im Vergleich zu MPR ohne Erhaltungsthera-pie zu einer Erhöhung der Remissionsra-te von 67% auf 77% und zu einer Verlänge-rung des progressionsfreien Überlebens, aber, vorläufigen Ergebnissen entspre-chend, nicht zu einer Verbesserung des Gesamtüberlebens geführt hat [19].

Fazit für die Praxis

Durch die Einführung der neuen Sub-stanzen Thalidomid, Bortezomib und Lenalidomid in die Therapie des multi-plen Myeloms können sowohl in der Erst-linientherapie als auch bei Patienten mit Rezidiv höhere Ansprechraten sowie ei-

Tab. 3  Ergebnisse randomisierter Studien mit Thalidomid-Erhaltungstherapie

Therapie AnzahlPatienten

Progressions-freies Überleben(Monate)

Gesamt-Überleben(Monate)

Überleben nach Rezidiv

Literatur

Einfach-ASCT oder nichtinten-sive Therapie (MP vs. CTD)Maintenance: Thal vs. keine, bis zur Krankheitsprogression

820 Signifikante Verbesserung in PFS von <VGPR nach ASCT (p=0,007)Schlechteres Ergebnis für ThalMaintenance in Patienten mit del17p

Kein signifikanter Unter-schied

Signifikant redu-ziertes OS nach Relaps nach Thalido-midbehandlung

[23, 10]

Thal/Dex vs. MPMaintenance: Thal-IFN vs. IFN, bis zur Krankheitsprogression

289 PFS: 24 vs. 12,6 Monate, p<0,024 52,6 vs. 52,2 Monate, p=0,68

n/a [24]

ASCT autologe Stammzelltransplantation, PFS progressionsfreies Überleben, OS Gesamtüberleben VGPR sehr gute partielle Remission, MP Melphalan/Prednison, CTD Cyclophosophamid/Thalidomid/Dexamethason, Thal Thalidomid, Thal/Dex Thalidomid/Dexamathason, Thal-IFN Thalidomid/Interferon, IFN Interferon, n/a nicht bekannt. aSignifikanter Unterschied bei Patienten mit zytogenetischen Risikofaktoren.

280 |  Der Onkologe 3 · 2010

Leitthema

Page 8: Konventionelle Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom

ne Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit und Gesamtüberlebens-zeit erzielt werden. Patienten- und mye-lomspezifische Parameter, wie zytogene-tische Faktoren, werden zunehmend für die Therapiewahl herangezogen; für die Zukunft ist eine zunehmende Individua-lisierung der Behandlung zu erwarten.

KorrespondenzadresseProf. Dr. H. Ludwig1. Medizinische Abteilung, Zentrum für Onkolo-gie und Hämatologie, Wilhelminenspital Montleartstraße 37, 1160 WienÖ[email protected]

Danksagung.  Die Autoren danken Frau Silvia Bakos für die Mitwirkung bei der Erstellung des Manuskripts. Diese Arbeit wurde vom Wilhelminenkrebsforschungs-institut unterstützt.

Interessenskonflikt.  Der korrespondierende Au-tor weist auf folgende Beziehungen hin: H.L. hat For-schungsunterstützung von Schering-Plough und Jans-sen-Cilag erhalten. H.L. hat für Mitwirkung in Advisory Boards und im Speakers Bureau Honorare erhalten.

Literatur

  1.  Mateos MV, Lopez-Corral L, Hernandez MT et al (2009) Multicenter, randomized, open-label, phase III trial of lenalidomide-dexamethasone (Len/dex) vs therapeutic abstention in smoldering multiple myeloma at high risk of progression to symptoma-tic MM: Results of the first interim analysis. Presen-ted at: 2009 meeting of the American Society of Hematology, New Orleans, Abstract # 614, Blood 114:254

  2.  Facon T, Mary JY, Hulin C et al (2007) Melphalan and prednisone plus thalidomide versus melpha-lan and prednisone alone or reduced-intensity au-tologous stem cell transplantation in elderly pati-ents with multiple myeloma (IFM 99–06): a rando-mised trial. Lancet 370:1209–1218

  3.  Hulin C, Facon T, Rodon P et al (2009) Efficacy of melphalan and prednisone plus thalidomide in patients older than 75 years with newly diagno-sed multiple myeloma: IFM 01/01 Trial. J Clin Oncol 27:3664–3670

  4.  Palumbo A, Bringhen S, Caravita T et al (2006) Oral melphalan and prednisone chemotherapy plus thalidomide compared with melphalan and prednisone alone in elderly patients with multi-ple myeloma: randomized controlled trial. Lancet 367:825–831

  5.  Palumbo A, Bringhen S, Liberati AM et al (2008) Oral melphalan, prednisone, and thalidomide in elderly patients with multiple myeloma: upda-ted results of a randomized, controlled trial. Blood 112:3107–3114

  6.  Gulbrandsen N, Waage A, Gimsing P et al (2008) A randomised placebo controlled study with mel-phalan/prednisone versus melphalan/prednisone/thalidomide: quality of life and toxicity. Haemato-logica 93(Suppl 1):Abstract #209

  7.  Wijermans PW, Zweegman S, Marwijk Kooy M van et al (2009) MP versus MPT in elderly myeloma pa-tients: the final outcome of the HOVON-49 stu-dy. Clin Lymphoma Myeloma 9(Suppl 1):Abstract #116

  8.  Kapoor S, Rajkumar SV, Dispensieri A et al (2009) Melphalan and Prednisone (mp) versus Melpha-lan, Prednisone and Thalidomide (MPT) as initi-al therapy for previously untreated elderly and/or transplant ineligible patients with multiple myelo-ma: A meta-analysis of randomized controlled tri-als. presented at: 2009 meeting of the American Society of Hematology, New Orleans, Abstract # 615, Blood 114:252

  9.  Morgan GJ, Davies FE, Owen RG et al (2007) Thali-domide combinations improve response rates; Re-sults from the MRC IX study. Presented at: 2007 meeting of the American Society of Hematology. Blood 110:Abstract #3593

10.  Owen RG, Morgan GJ, Jackson H et al (2009) MRC Myeloma IX: Preliminary results from the non-in-tensive study. Clin Lymphoma Myeloma 9(Suppl 1):Abstract #547

11.  Ludwig H, Hajek R, Tothova E et al (2009) Thalido-mide-dexamethasone compared with melphalan-prednisolone in elderly patients with multiple my-eloma. Blood 113:3435–3442

12.  San Miguel J, Schlag R, Khuageva N et al (2008) Bortezomib plus melphalan and prednisone for in-itial treatment of multiple myeloma. N Engl J Med 359:906–917

13.  San Miguel J, Schlag R, Khuageva N et al (2008) Updated follow-up and results of subsequent therapy in the phase III VISTA trial: Bortezomib plus melphalan–prednisone versus melphalan–pred-nisone in newly diagnosed multiple myeloma. pre-sented at: 2008 meeting of the American Socie-ty of Hematology in San Francisco. Blood 112:Abs-tract #650

14.  Dhawan R, Meunier J, Regnault R et al (2009) Im-pact of complete response on health-related quali-ty of life in newly diagnosed multiple myeloma pa-tients: results from the VISTA trial. Clin Lymphoma Myeloma 9(Suppl 1):Abstract #352

15.  Palumbo A, Bringhen S, Rossi D et al (2009) Bor-tezomib, melphalan, prednisone and thalidomide (VMPT) versus bortezomib, melphalan and pred-nisone (VMP) in elderly newly diagnosed myeloma patients: a prospective, randomized phase III stu-dy. Haematologica 94(Suppl 2):Abstract #472

16.  Mateos MV, Oriol A, Martinez J et al (2009) Bor-tezomib (Velcade)/melphalan/prednisone (VMP) versus Velcade/thalidomide/prednisonse (VTP) in elderly untreated multiple myeloma (MM) pati-ents. Haematologica 94(Suppl 2):Abstract #471

17.  Rajkumar SV, Jacobus S, Callander NS et al (2009) Lenalidomide plus high-dose dexamethasone ver-sus lenalidomide plus low-dose dexamethasone as initial therapy for newly diagnosed multiple my-eloma: an open-label randomised controlled trial. Lancet Oncol [Epub ahead of print]

18.  Palumbo A, Falco P, Falcone A et al (2009) Melpha-lan, prednisone, and lenalidomide for newly di-agnosed myeloma: Kinetics of neutropenia and thrombocytopenia and time-to-event results. Clin Lymphoma Myeloma 9:145–150

19.  Palumbo A, Dimopoulos MA, Delforge M et al (2009) A phase III study to determine the effica-cy and safety of lenalidomide in combination with melphalan and prednisone (MPR) in elderly pa-tients with newly diagnosed multiple myeloma. Presented at: 2009 meeting of the American So-ciety of Hematology, New Orleans Abstract #613, Blood 114:253

20.  Richardson PG, Lonial S, Jakubowiak A et al (2008) Lenalidomide, bortezomib, and dexamethasone in patients with newly diagnosed multiple myelo-ma: Encouraging efficacy in high risk groups with updated results of a phase I/II study. Presented at: 2008 meeting of the American Society of Hemato-logy in San Francisco. Blood 112:Abstract #92

21.  Kumar S, Flinn IW, Noga SJ et al (2008) Safety and efficacy of novel combination therapy with borte-zomib, dexamethasone, cyclophosphamide, and lenalidomide in newly diagnosed multiple myelo-ma: Initial results from the phase I/II multi-center EVOLUTION study. Presented at: 2008 meeting of the American Society of Hematology in San Fran-cisco. Blood 112:Abstract #93

22.  Kumar S, Rajkumar SV, Dispenzieri A et al (2008) Improved survival in multiple myeloma and the impact of novel therapies. Blood 111:2516–2520

23.  Morgan GJ, Jackson GH, Davies FE et al (2008) Maintenance thalidomide may improve progres-sion free but not overall survival; Results from the myeloma IX maintenance randomisation. Presen-ted at: 2008 meeting of the American Society of Hematology in San Francisco. Blood 112:Abstract #656

24.  Ludwig H, Adam Z, Tóthová E et al (2009) Thalido-mide-interferon vs. Interferon maintenance thera-py after thal-dex vs. MP induction therapy in el-derly patients with multiple myeloma. Presented at: 2009 meeting of the American Society of He-matology, New Orleans. Abstract #2891, Blood 114:1129

25.  Palumbo A, Bringhen S, Caravita T et al (2006) Oral melphalan and prednisone chemotherapy plus thalidomide compared with melphalan and prednisone alone in elderly patients with multi-ple myeloma: randomised controlled trial. Lancet 367:825–831

281Der Onkologe 3 · 2010  |