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26 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATUR Als der Mensch entdeckte, wie man Feuer macht – und in der Folge, wie man Nahrung gart –, war das zweifellos ein Meilenstein. Erhitzen tötet schädliche Mikroben ab. Die Nahrung wird bekömmlicher, lässt sich leichter kauen und schmeckt besser. Selbst die Nährstoffe einiger Lebensmittel verändern sich durch Wärmezufuhr, sodass unser Kör- per die enthaltenen Vitamine leichter aufnehmen kann. Es ist jedoch nicht alles gut am Erhitzen. Zu große Wärme kann Speisen austrocknen und zäh machen – besonders dicke Bratenstücken (wie Hochrippe, Pute oder Schinkenbraten) und empfindliche Lebensmittel (wie Eier oder Shrimps). Warum ist das so? Um der Sache auf den Grund zu gehen, beschäftigen wir uns zunächst damit, was beim Erhitzen genau geschieht. DIE WISSENSCHAFT DAHINTER Wärme ist eine Form von Energie, genauer: die Bewegungsenergie von Molekülen in einer Substanz wie Luft oder Wasser. Je schneller sich die Moleküle bewegen, desto mehr Ener- gie speichern sie und desto höher ist die Tem- peratur. Bei der Übertragung von Wärme kolli- dieren schnelle Moleküle mit langsameren und beschleunigen diese. Wärme bewegt sich im- mer von einer heißen Umgebung in eine kalte. Beim Kochen spielen verschiedene Arten der Wärmeübertragung eine Rolle. Wärmelei- tung (Konduktion) ist die Übertragung von Wärmeenergie vom heißen Teil eines Lebens- mittels zu einem kälteren, mit anderen Worten die Bewegung von Molekülen in ein und der- selben Substanz. Zum Beispiel erwärmt sich der kalte Kern eines Rinderbratens, wenn die Moleküle in den Außenschichten schneller werden. Da Wassermoleküle wesentlich klei- ner als Fett- oder Eiweißmoleküle sind, können sie sich besonders schnell bewegen und über- tragen daher besonders viel Wärme. Wärmeströmung (Konvektion) bezeich- net den Transport von Wärme mittels einer hei- ßen Flüssigkeit (z. B. Wasser oder Bratfett) oder eines heißen Gases (z. B. die Luft im Backofen) zum Lebensmittel. In beiden Fällen wird die Wärme durch eine entfernte Quelle wie die WAS GESCHIEHT BEIM ERWÄRMEN? Durch WÄRMELEITUNG (KON- DUKTION) dringt Wärme von der Oberfläche ins Innere eines Le- bensmittels. WÄRMESTRÖMUNG (KONVEKTI- ON) transportiert Wärme mithilfe von Wasser oder Luft zum Le- bensmittel. WÄRMESTRAHLUNG (RADIATI- ON) überträgt Wärmeenergie durch Wellen, die in der äußeren Schicht des Lebensmittels absor- biert werden; von dort wandert die Wärme per Konduktion weiter nach innen. Herdplatte oder das Heizelement im Backofen erzeugt. Meistens wirken beim Kochen sowohl Wärmeleitung als auch -strömung gleichzeitig. Doch es gibt noch eine dritte Art, wie Wärme übertragen wird: Bei der Wärmeübertragung durch Strahlung (Radiation) sendet eine ent- fernte Wärmequelle hochenergetische Wellen aus, die von einem Objekt absorbiert werden. Ein gutes Beispiel dafür sind Sonnenstrahlen und ihre Absorption durch die Erdoberfläche. Vor allem beim Grillen und Gratinieren spielt Wärmestrahlung eine Rolle, aber auch in der Mikrowelle. Hier regt die Energie der (Mi- kro-)Wellen die Moleküle an und beschleunigt diese, wodurch das Essen heiß wird. Doch egal, ob das Erhitzen nun durch Konduktion, Konvektion oder Radiation ge- schieht – Speisen garen außen immer schneller als innen. Ist die Temperatur zu hoch, kann die Oberfläche zu heiß werden und austrocknen, ehe die Wärme ganz bis ins Innere vorgedrun- gen ist. Der Grund ist logisch: Das Wasser der Randschichten verdampft (zur Erinnerung: Wärme versetzt die winzigen Wassermoleküle in Bewegung), weshalb sie Gefahr laufen, stark auszutrocknen. Ein großes Temperaturgefälle zwischen Rand und Innerem verstärkt diesen Effekt. Umgekehrt trägt eine kleine Tempera- turdifferenz dazu bei, dass die äußere Schicht feuchter bleibt und das Lebensmittel gleichmä- ßiger durchgart.

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26 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS

KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATURAls der Mensch entdeckte, wie man Feuer macht – und in der Folge, wie man Nahrung gart –, war das zweifellos ein Meilenstein. Erhitzen tötet schädliche Mikroben ab. Die Nahrung wird bekömmlicher, lässt sich leichter kauen und schmeckt besser. Selbst die Nährstoffe einiger Lebensmittel verändern sich durch Wärmezufuhr, sodass unser Kör-per die enthaltenen Vitamine leichter aufnehmen kann. Es ist jedoch nicht alles gut am Erhitzen. Zu große Wärme kann Speisen austrocknen und zäh machen – besonders dicke Bratenstücken (wie Hochrippe, Pute oder Schinkenbraten) und empfindliche Lebensmittel (wie Eier oder Shrimps). Warum ist das so? Um der Sache auf den Grund zu gehen, beschäftigen wir uns zunächst damit, was beim Erhitzen genau geschieht.

DIE WISSENSCHAFT DAHINTER

Wärme ist eine Form von Energie, genauer: die

Bewegungsenergie von Molekülen in einer

Substanz wie Luft oder Wasser. Je schneller

sich die Moleküle bewegen, desto mehr Ener-

gie speichern sie und desto höher ist die Tem-

peratur. Bei der Übertragung von Wärme kolli-

dieren schnelle Moleküle mit langsameren und

beschleunigen diese. Wärme bewegt sich im-

mer von einer heißen Umgebung in eine kalte.

Beim Kochen spielen verschiedene Arten

der Wärmeübertragung eine Rolle. Wärmelei-

tung (Konduktion) ist die Übertragung von

Wärmeenergie vom heißen Teil eines Lebens-

mittels zu einem kälteren, mit anderen Worten

die Bewegung von Molekülen in ein und der-

selben Substanz. Zum Beispiel erwärmt sich

der kalte Kern eines Rinderbratens, wenn die

Moleküle in den Außenschichten schneller

werden. Da Wassermoleküle wesentlich klei-

ner als Fett- oder Eiweißmoleküle sind, können

sie sich besonders schnell bewegen und über-

tragen daher besonders viel Wärme.

Wärmeströmung (Konvektion) bezeich-

net den Transport von Wärme mittels einer hei-

ßen Flüssigkeit (z. B. Wasser oder Bratfett) oder

eines heißen Gases (z. B. die Luft im Backofen)

zum Lebensmittel. In beiden Fällen wird die

Wärme durch eine entfernte Quelle wie die

WAS GESCHIEHT BEIM ERWÄRMEN?

Durch WÄRMELEITUNG (KON-DUKTION) dringt Wärme von der Oberfläche ins Innere eines Le-bensmittels.

WÄRMESTRÖMUNG (KONVEKTI-ON) transportiert Wärme mithilfe von Wasser oder Luft zum Le-bensmittel.

WÄRMESTRAHLUNG (RADIATI-ON) überträgt Wärmeenergie durch Wellen, die in der äußeren Schicht des Lebensmittels absor-biert werden; von dort wandert die Wärme per Konduktion weiter nach innen.

Herdplatte oder das Heizelement im Backofen

erzeugt. Meistens wirken beim Kochen sowohl

Wärmeleitung als auch -strömung gleichzeitig.

Doch es gibt noch eine dritte Art, wie Wärme

übertragen wird: Bei der Wärmeübertragung

durch Strahlung (Radiation) sendet eine ent-

fernte Wärmequelle hochenergetische Wellen

aus, die von einem Objekt absorbiert werden.

Ein gutes Beispiel dafür sind Sonnenstrahlen

und ihre Absorption durch die Erdoberfläche.

Vor allem beim Grillen und Gratinieren spielt

Wärmestrahlung eine Rolle, aber auch in der

Mikrowelle. Hier regt die Energie der (Mi-

kro-)Wellen die Moleküle an und beschleunigt

diese, wodurch das Essen heiß wird.

Doch egal, ob das Erhitzen nun durch

Konduktion, Konvektion oder Radiation ge-

schieht – Speisen garen außen immer schneller

als innen. Ist die Temperatur zu hoch, kann die

Oberfläche zu heiß werden und austrocknen,

ehe die Wärme ganz bis ins Innere vorgedrun-

gen ist. Der Grund ist logisch: Das Wasser der

Randschichten verdampft (zur Erinnerung:

Wärme versetzt die winzigen Wassermoleküle

in Bewegung), weshalb sie Gefahr laufen, stark

auszutrocknen. Ein großes Temperaturgefälle

zwischen Rand und Innerem verstärkt diesen

Effekt. Umgekehrt trägt eine kleine Tempera-

turdifferenz dazu bei, dass die äußere Schicht

feuchter bleibt und das Lebensmittel gleichmä-

ßiger durchgart.

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DAS EXPERIMENT

Um die Wirkung von Konvektion und Kondukti-

on zu demonstrieren, haben wir zwei Rinderkar-

rees (je drei Rippen) im Backofen, das eine bei

230 °C, das andere bei 120 °C, gegart. Vor dem

Braten haben wir von beiden Bratenstücken den

Großteil des sichtbaren Fetts weggeschnitten

und sie gewogen. Dann haben wir an drei Stel-

len Temperatursonden im Fleisch platziert: eine

in der Mitte des Bratenstücks, eine unter der

Oberfläche, gut einen halben Zentimeter tief,

und die dritte genau zwischen den beiden ers-

ten. Beide Braten wurden so lange gegart, bis

die Kerntemperatur – also der Messwert der in-

neren Sonde – 52 °C betragen hat (Garstufe blu-

tig). Bei 230 °C hat das gut zwei Stunden gedau-

ert, bei 120 °C etwa drei Stunden. Beide Braten

haben anschließend 45 Minuten geruht und

wurden dann ein zweites Mal gewogen, tran-

chiert und von unseren Testessern begutachtet.

Insgesamt haben wir das Experiment dreimal

wiederholt; die Ergebnisse unten stellen den

Durchschnitt der drei Durchläufe dar.

DAS ERGEBNISZunächst die Beurteilung der Testesser: Der bei

120 °C gegarte Braten war deutlich saftiger als

der heiß gegarte. Zwar war die Kruste des heiß

gegarten Bratens dunkler und knuspriger, aber

der größte Teil des Fleisches war sehr trocken

und fest – nur in der Mitte hatte es eine saftige

und zarte Konsistenz. Das bei niedriger Tempe-

ratur gebratene Fleisch hingegen besaß zwar

keine nennenswerte Kruste, war dafür aber von

der Mitte bis ganz nach außen zart-saftig.

Die Ergebnisse des Wiegens bestätigten

den Eindruck. Der Braten im kühleren Ofen hat-

te 9,4 % seines Gewichts eingebüßt, der ande-

re dagegen 24,2 % – also fast dreimal so viel.

Anders ausgedrückt: Dem langsam gegarten

Fleisch waren etwa 260 g Flüssigkeit verloren

gegangen, dem schneller gegarten 710 g. Da

wir beide Bratenstücke vorher von äußerem

Fett befreit hatten, spiegeln die Zahlen die Flüs-

sigkeitsverluste im Muskelfleisch selbst wider –

kein Wunder also, dass das langsam gebratene

Fleisch so viel saftiger war.

Wenn aber beide Braten bis zur gleichen

Kerntemperatur gegart wurden – warum war

das heiß und kurz gegarte Fleisch so viel tro-

ckener? Die Antwort liegt im Zusammenspiel

zwischen Wärmeströmung und Wärmeleitung

und ihrer Wirkung auf den Wassergehalt. In

beiden Öfen wurde durch heiße Luft Energie

auf die Oberfläche des Fleisches übertragen,

wo diese absorbiert und per Konduktion weiter

nach innen geleitet wurde. Im heißeren Back-

ofen nahmen die äußeren Teile des Fleischs

wesentlich mehr Energie auf als jene im Ofen

mit niedrigerer Temperatur. Mehr Energie be-

deutet schnellere Wassermoleküle und damit

einen höheren Verdunstungsgrad.

Der Flüssigkeitsverlust ist proportional

zur Fleischtemperatur. Die oberflächennahe

Temperatursonde des heiß gegarten Bratens

hat 87 °C angezeigt, was darauf hindeutet,

dass fast sämtliche Flüssigkeit in diesem Teil

verdunstet war. Die Sonde zwischen Kern und

Oberfläche hat 71 °C angezeigt – das Fleisch

war hier ebenfalls durchgebraten und trocken.

Im Gegensatz dazu haben die entsprechenden

Sonden beim anderen Braten nie mehr als

63 °C angezeigt – die äußeren Schichten dieses

Bratens verloren deutlich weniger Flüssigkeit.

DIE ERKENNTNISFür dicke Bratenstücke, die außen schnell zu

heiß werden, bevor sie die richtige Kerntempe-

ratur erreichen, ist Garen bei niedriger Tempe-

ratur die Methode der Wahl. Einen Haken hat

die Sache: Das Fleisch bildet keine schöne

Kruste. Hier schafft womöglich eine andere

Garmethode Abhilfe (siehe Konzept 1.5).

GARTEMPERATUR UND FLÜSSIGKEITSVERLUSTOFENTEMPERATUR

Temperatur etwa 0,5 cm unter der Oberfläche

Temperatur zwischen Kern und Oberfläche

Kerntemperatur

Gewicht vor dem Garen

Gewicht nach dem Garen

Flüssigkeitsverlust

230 °C

87 °C

71 °C

52 °C

2,88 kg

2,18 kg

24,2 %

120 °C

63 °C

57 °C

52 °C

2,71 kg

2,46 kg

9,38 %

KONZEPT 1 .1

28 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS

KARREE VOM RIND( F Ü R 6 B I S 8 P O R T I O N E N )

Ein ganzes Karree vom Rind, auch Hochrippe genannt, be-

steht aus der 6. bzw. 8. bis 12. Rippe des Rinds. Üblicherweise

wird es halbiert, wobei man die hintere, zur Keule gelegene

Hälfte bevorzugen sollte, da sie magerer ist. Beim Kauf eines

Karree-Bratens mit drei Rippen sollte man also nach den ers-

ten drei Rippen von der Lende aus gesehen fragen (Rippen 10

bis 12).

1 Karree vom Rind (first cut rib roast, Stück mit den

hinteren drei Rippen, ca. 3 kg); 3 Stunden bei Zimmer-

temperatur ruhen lassen, parieren und an beiden

Enden parallel zu den Knochen zusammen binden

1 EL Pflanzenöl

Salz und Pfeffer

1. Den Backofen auf 90 °C vorheizen. Braten mit Kü-

chenpapier trocken tupfen. Öl in einem großen Bratblech

auf zwei Herdplatten auf mittlerer bis großer Stufe erhit-

zen. Den Braten in das Bratblech geben und 6 bis 8 Minuten

rundherum anbraten, bis er gleichmäßig braun ist und et-

wa 120 ml Fett ausgetreten sind.

2. Den Braten aus dem Blech nehmen und das Fett ab-

gießen. Rosteinsatz in das Blech einlegen, Fleisch darauf-

setzen. Mit Salz und Pfeffer würzen.

3. Braten auf unterster Schiene in den Ofen geben und

garen, bis die Kerntemperatur 52 °C beträgt (Garstufe rosa/

medium rare). Garzeit: ca. 3 ½ Stunden (etwa 1 Stunde pro

Kilo). Dann Braten aus dem Ofen nehmen und mit Alufolie

abgedeckt 20 Minuten ruhen lassen.

4. Fäden entfernen und Bratenstück auf Schneidebrett

legen, sodass die Rippen nach oben zeigen. An den Rippen

entlangschneiden, um das Fleisch vom Knochen zu lösen.

KONDUKTION IN DER PRAXIS: SANFTES BRATENGroße Bratenstücke (z. B. Karreebraten, Puten- oder Schinkenbraten) drohen im heißen Backofen schnell aus -

zutrocknen. Je größer der Braten, desto größer die Temperaturdifferenz zwischen Fleischmitte und Oberfläche.

Pute und Schinken sind außerdem sehr mager, was das Problem noch verschärft, da kaum Fett vorhanden ist,

das zusätzlich für „Saft“ sorgen könnte. Beim Putenbraten kommt noch eine weitere Schwierigkeit hinzu: Die

Keulen benötigen eine höhere Kerntemperatur als die Brust, damit das Bindegewebe zerfällt und das Fleisch

zart wird. Indem man eine niedrige Temperatur wählt, verringert sich das Temperaturgefälle und große Fleisch-

stücke garen gleichmäßiger durch. Manchmal jedoch reicht das nicht aus, daher sind in jedem der folgenden

Rezepte noch ein paar weitere Kniffe notwendig, um einen saftigen Braten auf den Tisch zu bringen.

29

Schnittfläche nach unten drehen und Fleisch quer zur Fa-

ser in etwa 2 cm dicke Scheiben schneiden. Sofort servieren.

ç WARUM DAS REZEPT FUNKTIONIERT

Das Rinderkarree gehört zu den größten Fleischstücken in der „Hobby-

küche“. Wie unser Experiment gezeigt hat, macht es einen gewaltigen

Unterschied, ob man Fleisch bei hoher oder niedriger Temperatur gart –

bei 230 °C hat der Braten dreimal so viel Flüssigkeit verloren wie bei

120 °C. (Für dieses Rezept haben wir sogar eine noch niedrigere Tem-

peratur gewählt.) Garen bei niedriger Temperatur ist für diesen Braten

die Methode der Wahl.

ZUERST ANBRATEN Beim Niedrigtemperaturgaren wird der

Braten innen schön saftig, aber das Äußere lässt zu wünschen übrig.

Deshalb braten wir das Fleisch zunächst an. Dies kann direkt im Brat-

blech geschehen, wenn es dafür geeignet ist. Gleichzeitig wird durch

diesen Zubereitungsschritt überschüssiges äußeres Fett entfernt.

EINEN ROST VERWENDEN Um eine gleichmäßige Wärmever-

teilung zu ermöglichen, legen wir den Braten auf einen Einlegerost. Da-

durch kann auch das beim Garen austretende Fett gut ablaufen.

RUHEN LASSEN Nachdem Sie sich so viel Mühe gegeben haben,

damit Ihr Braten den Saft hält, sollten Sie nun auf keinen Fall ungeduldig

werden und ihn zu früh anschneiden. Das Fleisch braucht Zeit, damit sich

die Muskelfasern entspannen können. Wenn Sie es zu früh anschneiden,

können die Fasern die Flüssigkeit nicht halten und ein guter Teil des Bra-

tensafts landet auf Ihrem Schneidebrett. (Mehr dazu, warum man gebra-

tenes Fleisch ruhen lassen soll, verraten wir Ihnen in Konzept 1.3.)

LANGSAM GEBRATENE PUTE MIT SAUCE( F Ü R 1 0 B I S 1 2 P O R T I O N E N )

Anstelle von Ober- und Unterkeulen können Sie auch zwei

komplette Putenkeulen nehmen (jeweils 700 – 900 g). Das Re-

zept gelingt auch nur mit Putenbrust; dazu nehmen Sie in

Schritt 2 lediglich 20 g Butter, 1 ½ TL Salz und 1 TL Pfeffer.

FÜR DEN BRATEN

3 Zwiebeln, grob zerteilt

3 Stangen Staudensellerie, grob zerteilt

2 Möhren, geschält und grob zerteilt

5 Stiele frischer Thymian

5 Knoblauchzehen, geschält und halbiert

250 ml salzarme Geflügelbrühe

1 Putenbrust mit Knochen (2,3 – 3,2 kg), pariert

1,8 kg Putenober- und -unterkeulen, pariert

45 g Butter, zerlassen

1 EL Salz

2 TL Pfeffer

FÜR DIE SAUCE

500 ml salzarme Geflügelbrühe

45 g Butter

3 EL Mehl (Type 550)

2 Lorbeerblätter

Salz und Pfeffer

1. FÜR DEN BRATEN: Backofen auf 135 °C vorheizen. Zwie-

beln, Sellerie, Möhren, Thymian und Knoblauch gleichmä-

ßig auf einem tiefen Backblech verteilen. Brühe hinzuge-

ben. Bratrost über das Gemüse setzen.

2. Putenstücke mit Küchenpapier trocken tupfen und

rundherum mit zerlassener Butter bepinseln, salzen und

pfeffern. Putenbrust mit der Haut nach unten auf den Rost

legen. Keulenteile danebenlegen, mit der Haut nach oben.

Zwischen allen Fleischstücken mindestens einen halben

Zentimeter Platz lassen.

3. Das Fleisch eine Stunde auf der zweiten Schiene von

unten garen. Dann das Bruststück mit zwei dicken Lagen

Küchenpapier fassen und wenden, sodass die Hautseite

oben liegt. Alles 1 bis 2 Stunden weiterbraten, bis die Brust

im Innern 71 °C heiß ist und die Keulenstücke 79 °C. Back-

blech aus dem Ofen nehmen und Fleisch samt Rost auf ein

zweites Backblech setzen; dort 30 bis 90 Minuten ruhen

lassen.

4. FÜR DIE SAUCE: Gemüse durch ein feines Sieb in ei-

nen Messbecher abseihen und ausdrücken, um möglichst

viel Flüssigkeit zu gewinnen. Feste Teile wegwerfen. Geflü-

gelbrühe zum Gemüsesud in den Messbecher geben (sollte

insgesamt etwa 750 ml Flüssigkeit ergeben).

5. Butter in mittelgroßem Topf bei mittlerer bis gro-

ßer Hitze zerlassen. Mehl unter ständigem Rühren darin

anschwitzen, bis es goldbraun ist und duftet (ca. 5 Minu-

ten). Dann nach und nach mit einem Schneebesen die Sud-

mischung einrühren, Lorbeerblätter hinzugeben und lang-

sam aufkochen lassen. Hitze reduzieren und etwa 15 bis 20

Minuten köcheln lassen, bis die Sauce auf etwa 500 ml ein-

gekocht ist, dabei gelegentlich umrühren. Topf vom Herd

nehmen, Lorbeerblätter entfernen. Mit Salz und Pfeffer ab-

schmecken. Abgedeckt warmhalten.

6. VOR DEM SERVIEREN: Ofen auf 260 °C erhitzen. Bra-

tenstücke auf dem Backblech in den Ofen schieben und et-

wa 15 Minuten braten, bis die Haut knusprig und goldbraun

KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATUR

30 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS

K A R R E E V O M R I N D , S E I T E 2 8

31

ist. Zum Schluss Fleisch auf ein Schneidebrett geben und

unbedeckt 20 Minuten ruhen lassen. Fleisch tranchieren

und mit der Sauce servieren.

ç WARUM DAS REZEPT FUNKTIONIERT

Eine ganze Pute zu garen ist ein Balanceakt, denn helle Fleischteile

(Brust) und dunkle Teile (Keulen) verlangen unterschiedliche Garzeiten;

während die dunklen Partien noch durchgaren, drohen die hellen be-

reits zu vertrocknen. Eine niedrige Gartemperatur verringert das Tempe-

raturgefälle zwischen den äußeren Schichten der Putenbrust (direkt

unter der Haut) und der Fleischmitte, doch ändert das nichts an dem

Problem, dass dunkles Fleisch bei einer Kerntemperatur von 79 °C opti-

mal gar ist (zähes Bindegewebe zerfällt, überschüssiges Fett verflüssigt

sich und läuft ab), fettarmes helles Fleisch aber schon bei einer Tempe-

ratur von 71 °C (alle Keime sind abgetötet, nur minimaler Flüssigkeits-

verlust). Die Lösung: Man nimmt keinen kompletten Vogel, sondern

zwei Keulen (zerteilt in Ober- und Unterkeule) und ein Bruststück. So er-

reichen die kleineren Stücke (dunkles Fleisch) und das große Stück

(helles Fleisch) zur selben Zeit ihre jeweils optimale Kerntemperatur.

BRATROST VERWENDEN Indem man die Bratenstücke auf ei-

nen Rost legt, kann die heiße Luft gut zirkulieren, sodass alles gleich-

mäßig heiß wird und gart. Durch das Mitgaren von Gemüse und Kräu-

tern erhält man eine würzige Grundlage für eine Bratensauce.

BRUSTSTÜCK WENDEN Selbst auf dem Rost gart die Brust wo-

möglich nicht gleichmäßig durch. Aber dafür gibt es eine einfache Lö-

sung: Legen Sie die Brust zunächst mit der Haut nach unten und wen-

den Sie sie nach einer Weile.

KNUSPRIGE KRUSTE Versuchen Sie gar nicht erst, nach dem

Garen sofort den Ofen hochzudrehen, um den Braten knusprig zu bräu-

nen – damit trocknen Sie nur die äußeren Fleischschichten aus. Sobald

der Braten die optimale Kerntemperatur erreicht hat, lassen wir ihn 30

bis 90 Minuten ruhen und geben ihn erst dann noch einmal 15 Minuten

bei 260 °C in den Ofen. Durch das Ruhenlassen sinkt die Kerntempera-

tur der Bratenstücke auf etwa 55 °C, sodass sie nicht austrocknen,

wenn sie zum Bräunen wieder in den heißen Ofen kommen. Außerdem

haben Sie so Zeit, eine leckere Sauce zuzubereiten.

GLASIERTER SCHINKENBRATEN( F Ü R 1 2 B I S 1 4 P O R T I O N E N )

Verzichtet man auf das 90-minütige Vorwärmen in heißem

Wasser, verlängert sich die Garzeit für einen kühlschrankkal-

ten Braten um 40 bis 45 Minuten pro Kilogramm. Statt einen

Bratbeutel zu verwenden, kann man das Fleisch auch mit der

Schnittfläche nach unten in das Bratblech setzen und dicht

mit Alufolie umschließen. Die Garzeit verlängert sich in die-

sem Fall um 8 bis 9 Minuten pro Kilo. Beim Bratbeutel nicht

vergessen, Schlitze hineinzuschneiden, damit er nicht platzt.

1 halber gekochter Schinken mit Knochen

(3,2 – 4,5 kg)

1 großer Bratbeutel

Glasur (siehe Rezepte Seite 32)

1. Die Verpackung des Schinkens intakt lassen und das

Fleisch in einen großen Behälter geben. Heißes Leitungs-

wasser einfüllen, bis das Fleisch bedeckt ist, und 45 Minu-

ten beiseitestellen. Dann das Wasser abgießen und den Be-

hälter ein zweites Mal mit heißem Wasser auffüllen. Erneut

45 Minuten beiseitestellen.

2. Den Ofen auf 120 °C vorheizen. Den Schinken aus

der Folie nehmen, in einen Bratbeutel geben und diesen so

verschließen, dass der Braten eng umhüllt ist; überschüssi-

ges Material abschneiden. Dann den Braten mit der

Schnittfläche nach unten in ein großes Bratblech setzen.

Mit einem Messer vier Schlitze in die Oberseite des Beutels

schneiden.

3. Den Braten auf der untersten Schiene garen, bis die

Kerntemperatur 38 °C beträgt (1 bis 1 ½ Stunden; etwa 20

Minuten pro Kilogramm).

4. Den Schinken aus dem Ofen nehmen und die Tem-

peratur auf 180 °C erhöhen. Den Bratbeutel aufschneiden

und zurückschlagen. Das Fleisch mit einem Drittel der Gla-

sur einpinseln und für ca. 10 Minuten in den Ofen geben,

bis die Glasur klebrig wird (sollte die vorbereitete Glasur

mittlerweile zu fest zum Verstreichen sein, muss man sie

noch einmal erwärmen).

5. Den Schinken aus dem Ofen nehmen und auf einem

Schneidebrett mit einem weiteren Drittel der Glasur be-

streichen. Den Braten unter leicht aufgelegter Alufolie 15

Minuten ruhen lassen. Währenddessen die restliche Glasur

mit 4 – 6 EL des Fleischsafts erhitzen und so eine sämige

Sauce herstellen. Schinken tranchieren und servieren,

Sauce separat dazu reichen.

KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATUR

32 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS

AHORN-ORANGEN-GLASUR( E R G I B T E T W A 2 5 0 M L )

180 ml Ahornsirup

70 g Orangenmarmelade

30 g Butter

1 EL Dijon-Senf

1 TL Pfeffer

¼ TL gemahlener Zimt

Die Zutaten in einem kleinen Topf vermengen. Auf mittle-

rer Stufe 5 bis 10 Minuten köcheln, dabei gelegentlich um-

rühren. Mischung auf etwa ¼ Liter einkochen, bis sie eine

sirupartige Konsistenz hat, dann vom Herd nehmen und

beiseitestellen.

ç WARUM DAS REZEPT FUNKTIONIERT

Einen Schinkenbraten, den Sie im Supermarkt kaufen, könnten Sie so,

wie er ist, essen, denn er ist bereits gegart. Zu Hause wärmen Sie ihn

nur auf. Dabei ist es wichtig, dass er nur so lange wie unbedingt nötig

im Ofen bleibt, also möglichst schnell die richtige Kerntemperatur er-

reicht – sonst wird er zäh und trocken. Durch die niedrige Ofentempera-

tur von 120 °C wird das Temperaturgefälle zwischen Fleischmitte und

den äußeren Schichten minimiert. Doch langsames Garen allein ist

nicht genug, um einen saftigen Schinkenbraten zuzubereiten. Mit den

folgenden Tricks werden die Garzeit wie auch der Flüssigkeitsverlust

halbiert.

DER RICHTIGE SCHINKEN Schinken ohne Knochen mag prak-

tisch erscheinen, aber solche Bratenstücke bestehen aus mehreren zu-

sammengepressten Fleischstücken. Leider werden durch diese Verar-

beitung die Muskelfasern beschädigt, sodass sie den Fleischsaft weni-

ger gut halten. Schinken mit Knochen und in eigenem Saft ist die beste

Wahl. Wenn Sie in Ihrem Supermarkt keinen finden, bestellen Sie die-

sen bei einem Metzger oder Fachhändler. Auch „Schinken mit Zusatz

von Wasser“ klingt höchstens nach saftigem Fleisch, in Wirklichkeit

aber schmeckt so ein Braten alles andere als köstlich. Außerdem ver-

liert er das extra hinzugefügte Wasser im Ofen vollständig wieder.

EIN WARMES BAD Die Temperatur im Brateninnern sollte beim

Servieren 45 – 50 °C betragen. Diese zu erreichen, kann sehr lange dau-

ern, wenn man das Fleisch direkt aus dem Kühlschrank, wo zwischen

1,5 und 4,5 °C herrschen, in den Ofen gibt. Legt man den Braten aber

vorher in Plastik gewickelt etwa 90 Minuten in ein warmes Wasserbad,

steigt die Kerntemperatur auf 15 °C, womit sich die Bratzeit um eine

PORTWEIN-KIRSCH-GLASUR( E R G I B T E T W A 2 5 0 M L )

120 ml Ruby-Portwein

200 g Vollrohrzucker

75 g Kirschen aus dem Glas

1 TL Pfeffer

Den Portwein in einem kleinen Topf auf mittlerer Stufe et-

wa 5 Minuten köcheln lassen, bis er auf ca. 2 EL eingekocht

ist. Dann die restlichen Zutaten hinzugeben und unter ge-

legentlichem Umrühren weiterköcheln, bis sich der Zucker

aufgelöst und die Mischung eine sirupartige Konsistenz

hat. Wenn alles auf etwa ¼ Liter eingekocht ist (nach 5 bis 10

Minuten), Topf vom Herd nehmen und beiseitestellen.

33

KONDUKTION IN DER PRAXIS: SANFTES KOCHENWasser ist ein weit effizienterer Wärmeleiter als Luft, deshalb garen Lebensmittel darin sehr schnell. Doch

gerade weil es so schnell geht, ist die Gefahr sehr hoch, dass das Essen übergart. Eier kocht man, damit die

enthaltenen Proteine (Eiweiße) gerinnen und der Inhalt fest wird. Allerdings gerinnt das Eiklar bereits bei 60 bis

65 °C, das Eigelb jedoch erst bei 65 bis 70 °C. Da die Hitze länger braucht, um bis ins Eigelb vorzudringen, stel-

len uns Natur und Physik vor ein kniffliges Problem. Ganz ähnlich sieht es beim Kochen von Shrimps aus. Durch

das Erhitzen in Wasser zieht sich das Protein im Fleisch zusammen, wodurch es fester und schmackhafter wird.

Die Kunst beim Kochen von Shrimps besteht außerdem darin, ihnen gleichzeitig Geschmack zu verleihen. In

beiden Fällen lautet die Lösung: Langzeitgaren bei niedriger Temperatur. Kochen mit großer Hitze ist riskant, da

der optimale Garpunkt leicht überschritten wird und zudem die äußeren Lebensmittelschichten (das Eiklar bzw.

das äußere Fleisch der Shrimps) wesentlich schneller gar werden als das Innere (das Eigelb bzw. das innere

Fleisch). Lässt man das Kochwasser aber nicht ganz so heiß werden, erwischt man leichter den Punkt, an dem

das Essen genau richtig gar ist, und verringert zudem das Temperaturgefälle zwischen Eiklar und Eigelb bzw.

zwischen Shrimpinnerem und -äußerem.

HART GEKOCHTE EIER

Da die Eier mit unserer Methode gar nicht richtig gekocht

werden, kann kaum etwas schiefgehen: Einfach den Timer

stellen, und nach Ablauf der Zeit sind die Eigelbe fest – und

zwar ohne jede Grünfärbung. Die beschriebene Vorgehens-

weise funktioniert auch für eine größere oder kleinere Zahl

von Eiern; wichtig ist nur, einen ausreichend großen Topf zu

nehmen, in den alle Eier in einer Schicht hineinpassen. Ha-

ben Sie vor, gefüllte Eier zu machen, ist es ratsam, ganz fri-

sche Eier zu verwenden, denn mit zunehmendem Alter er-

Stunde verkürzt. Das ist gut, denn weniger Zeit im Ofen bedeutet weni-

ger Flüssigkeitsverlust.

BRATBEUTEL VERWENDEN In einem Bratbeutel staut sich die

heiße Luft, sodass sich die Garzeit weiter reduziert. Haben Sie keinen

Bratbeutel im Haus, können Sie den Braten stattdessen auch in Alufolie

einwickeln. Da dies aber nicht so effektiv ist, sollten Sie überlegen, ob

Sie nicht doch noch kurz den Gang in den Supermarkt antreten.

RUHEN LASSEN Aus dem Ofen genommen sollte der Braten

mindestens 15 Minuten ruhen. Dabei geschehen zwei Dinge: Die Hitze

dringt per Wärmeleitung bis ganz in die Mitte des Bratenstücks vor; die

Kerntemperatur steigt so auf 45 bis 50 °C. Gleichzeitig entspannen sich

die Muskelfasern und halten beim anschließenden Schneiden den Saft

besser. (Mehr dazu erfahren Sie in Konzept 1.3.)

schlaffen die Hagelschnüre, die das Dotter in der Mitte des

Eies halten. Wenn das passiert, sitzt das Eigelb unter Umstän-

den direkt an der Schale und lässt sich so kaum entfernen,

ohne dass das Eiweiß reißt. Für Rezepte, in denen die gekoch-

ten Eier gewürfelt werden (z. B. Eiersalat), spielt das natürlich

keine Rolle.

6 Eier (Gr. M)

1. Eier in einer Schicht in einen mittelgroßen Topf ge-

ben und so viel Wasser hinzufügen, dass sie von 2 bis 3 cm

Wasser bedeckt sind. Wasser bei großer Hitze zum Kochen

KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATUR

34 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS

bringen. Topf vom Herd nehmen und mit geschlossenem

Deckel 10 Minuten stehen lassen.

2. In der Zwischenzeit 2 l kaltes Wasser und 15 bis 20

Eiswürfel (eine Form) in eine große Schüssel geben. Die Eier

abgießen und Topf vorsichtig, aber so kräftig schütteln,

dass die Eierschalen zerbrechen. Eier mit Schaumlöffel ins

Eiswasser geben und dort 5 Minuten abkühlen lassen, dann

schälen und nach Bedarf weiterverarbeiten.

KLASSISCHER EIERSALAT( F Ü R 4 S A N D W I C H E S )

6 hart gekochte Eier

4 EL Mayonnaise

2 EL rote Zwiebel, fein gehackt

1 EL frische Petersilie, fein gehackt

½ Stange Staudensellerie, fein zerkleinert

2 TL Dijon-Senf

2 TL Zitronensaft

¼ TL Salz

Pfeffer

Geschälte Eier in mittelgroße Würfel schneiden und in ei-

ner Schüssel mit den anderen Zutaten vermengen. Zum

Schluss mit Pfeffer abschmecken und servieren. (Eiersalat

lässt sich maximal einen Tag in einem luftdicht verschlos-

senen Behälter im Kühlschrank aufbewahren.)

GEFÜLLTE TEUFELSEIER( E R G I B T 1 2 G E F Ü L L T E E I E R H Ä L F T E N )

Um die Dotter in der Eimitte auszurichten, den Karton mit

den rohen Eiern am Vortag im Kühlschrank auf die Seite le-

gen. Legen Sie Wert auf hübsches Anrichten, verwenden Sie

zum Füllen der Eier einen Spritzbeutel mit großer Sterntülle.

6 hart gekochte Eier

2 EL Mayonnaise

1 EL saure Sahne

½ TL Branntweinessig

½ TL scharfer körniger Senf

½ TL Zucker

1 Prise Salz

1 Prise gemahlener Pfeffer

1. Geschälte Eier der Länge nach halbieren. Die Dotter

entfernen und in einer Schüssel mit einer Gabel sehr fein

zerdrücken. Die restlichen Zutaten hinzufügen und alles

vermengen, bis eine glatte Masse entstanden ist.

2. Eigelbmasse in einen Gefrierbeutel geben und in ei-

ner Ecke zusammenschieben, dazu den Beutel von oben zu-

sammendrehen. Mit einer Schere den Zipfel der gefüllten

Ecke abschneiden (Breite der Öffnung: 1 bis 1,5 cm).

3. Eihälften auf einer Platte arrangieren und jeweils so

viel Füllung aus dem Beutel hineinpressen, dass sie die Ei-

hälfte gut 1 cm überragt. Sofort servieren. (Nicht verwende-

te Eihälften und die restliche Eigelbmasse können luftdicht

verpackt maximal zwei Tage im Kühlschrank aufbewahrt

werden.)

ç WARUM DAS REZEPT FUNKTIONIERT

Man sollte meinen, dass es keine große Kunst ist, ein Ei hart zu kochen –

wofür also ein Rezept? Tatsächlich ist Eierkochen aber Glückssache, da

man nun einmal nicht unter die Eierschale schauen kann, um zu prüfen,

ob das Eiweiß schon geronnen ist. Auch mit einem Digitalthermometer

kommt man hier nicht weiter – wo sollte man es einstechen? Die ge-

wöhnliche Zubereitungsmethode, die Eier für eine bestimmte Zeit in ei-

nem Topf mit sprudelndem Wasser zu kochen, ist unzuverlässig, denn

sie berücksichtigt nicht die Leistungsschwankungen verschiedener Her-

de, die variierende Wärmeleitfähigkeit verschiedener Töpfe und die Tat-

sache, dass Eier nicht immer gleich groß sind. Zwischen einem zu wei-

chen Ei (mit tief orangefarbenem und stellenweise weichem Eigelb) und

einem zu lange gekochten Ei (mit einem unangenehm riechenden grü-

nen Ring um das hellgelbe Eigelb) liegen häufig nur wenige Minuten.

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EIER VOM HERD NEHMEN Unsere Lösung verlangsamt das

Garen und nutzt die gespeicherte Wärme des Wassers im zugedeckten

Topf, sodass nichts schiefgehen kann. Ein Topf mit 100 °C heißem, sie-

dendem Wasser enthält jede Menge Wärmeenergie, die die Eier sehr

schnell aufnehmen. Daher ist ein Ei, dass nach 10 Minuten Kochen ge-

nau richtig wäre, nach 11 oder 12 Minuten womöglich schon zu hart.

Um dieses Problem zu umgehen, legen wir die Eier in kaltes Wasser,

das dann langsam zum Sieden gebracht wird. Sobald der Siedepunkt

erreicht ist, nehmen wir den Topf vom Herd und verschließen ihn mit

dem Deckel. Obwohl die Wassertemperatur jetzt kontinuierlich sinkt,

garen die Eier weiter. Wenn die Eier den optimalen Garpunkt erreicht

haben (mit dieser Methode nach 10 Minuten), ist das Wasser bereits

beträchtlich abgekühlt, wodurch die Gefahr, dass die Eier zu hart wer-

den, beträchtlich sinkt.

ABSCHRECKEN STOPPT DEN GARPROZESS Wenn die Eier

10 Minuten ohne weitere Wärmezufuhr gegart haben, sollte man die

Temperatur im Inneren der Eier so schnell wie möglich senken, damit

sich auf gar keinen Fall ein schweflig riechender grüner Rand bildet.

(Die Verfärbung des Eigelbs entsteht durch übermäßige Wärmeeinwir-

kung; dabei reagiert das im Dotter enthaltene Eisen mit Schwefelver-

bindungen des Eiklars.) Am Wirkungsvollsten ist es, die Eier aus dem

heißen Wasser direkt in eine Schüssel mit Eiswasser zu geben. Durch

das Abschrecken stoppt der Garprozess im Ei exakt nach den ge-

wünschten 10 Minuten.

VOR DEM ABSCHRECKEN DIE SCHALE KNACKEN Ein per-

fekt gekochtes Ei sollte sich auch leicht schälen lassen. Zu diesem

Zweck lässt man die Eier nach dem Abgießen im Topf herumrollen und

an die Topfwand schlagen, sodass die Schale zerbricht. Gibt man die

angeknacksten Eier nun ins Eiswasser, dringt das Wasser unter die

Schale und löst diese vom festen Eiweiß. Durch das Eindringen des

Wassers funktioniert auch das Abschrecken effektiver und die Innen-

temperatur sinkt noch schneller.

SHRIMP-SALAT( F Ü R 4 P O R T I O N E N )

Für das Rezept können auch kleinere Shrimps als unten an-

gegeben genommen werden, z. B. Größe L (25 bis 30 Stück pro

lb [englisches Pfund]); die Garzeit reduziert sich dann um 1

bis 2 Minuten. Die Shrimps können bis zu 24 Stunden im Vo-

raus gekocht werden, allerdings sollte das Dressing erst di-

rekt vor dem Verzehr hinzugegeben werden. Das Rezept lässt

sich problemlos verdoppeln – verwenden Sie einen entspre-

chend größeren Topf und erhöhen Sie die Garzeit auf 12 bis 14

Minuten. Zum Schluss den Salat auf einem Bett aus grünem

Blattgemüse oder auf gebutterten und gerösteten Brötchen-

hälften anrichten.

450 g Shrimps (XL, 20 – 25 Stück pro lb), geschält, ent-

darmt, ohne Schwanz

5 EL Zitronensaft (2 Zitronen, ausgepresste Hälften aufbe-

wahren)

5 Stiele frische Petersilie und 1 TL fein gehackte Petersilie

3 Stiele frischer Estragon und 1 TL fein gehackter Estragon

1 TL schwarze Pfefferkörner

1 EL Zucker

Salz, Pfeffer

4 EL Mayonnaise

1 Schalotte, fein gehackt

1 kleine Stange Staudensellerie, fein gehackt

1. Shrimps, 4 EL Zitronensaft, ausgepresste Zitronen-

hälften, Petersilie- und Estragonstängel, Pfefferkörner, Zu-

cker, 1 TL Salz und 500 ml Wasser in mittelgroßen Topf

KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATUR

36 PERFEKTION. DIE WISSENSCHAFT DES GUTEN KOCHENS

geben. Shrimps unter gelegentlichem Umrühren bei mitt-

lerer Hitze garen, bis sie medium sind, sich fest anfühlen

und innen nicht mehr durchscheinend sind (8 bis 10 Minu-

ten). Das Wasser sollte nur leicht am Topfrand sprudeln

(Temperatur ca. 75 °C). Den Topf vom Herd nehmen und mit

Deckel verschließen. Die Shrimps noch 2 Minuten ziehen

lassen.

2. Derweil eine mittelgroße Schüssel mit Eiswasser

füllen. Shrimps durch ein Sieb abgießen. Zitronenhälften,

Kräuter und Gewürze entfernen, dann Shrimps sofort im

Eisbad abschrecken. Etwa 3 Minuten im kalten Wasser las-

sen, damit sie nicht weiter garen und das Fleisch abkühlt.

Shrimps aus dem Wasser nehmen und mit Küchenpapier

trocken tupfen.

3. Mayonnaise, Schalotte, Sellerie, 1 EL Zitronensaft

und gehackte Kräuter in einer mittelgroßen Schüssel ver-

rühren. Shrimps längs halbieren und Hälften jeweils drit-

teln, dann zum Mayonnaisedressing geben und alles ver-

mengen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und servieren.

(Shrimp-Salat kann über Nacht im Kühlschrank aufbe-

wahrt werden.)

SHRIMP-SALAT MIT GEGRILLTEN ROTEN

PAPRIKA UND BASILIKUM

Zubereitung wie oben, aber ohne Estragonstiele in der Brü-

he. Dressing: Sellerie, gehackte Petersilie und gehackten

Estragon ersetzen durch 40 g gegrillte rote Paprika aus dem

Glas (in feine Streifen geschnitten), 2 TL Kapern (abgespült)

und 3 EL gehacktes frisches Basilikum.

SHRIMP-SALAT MIT AVOCADO UND ORANGE

Zubereitung wie oben, aber ohne Estragonstiele in der Brü-

he. Dressing: Sellerie, gehackte Petersilie und gehackten

Estragon ersetzen durch 4 Radieschen (halbiert und in fei-

ne Scheiben geschnitten), 1 große Orange (geschält und in

1 – 1,5 cm große Stücke geschnitten), ½ reife Avocado (in

1 – 1,5 cm große Stücke geschnitten) und 2 TL gehackte fri-

sche Minze.

P IKANTER SHRIMP-SALAT

MIT MAIS UND CHIPOTLES

Zubereitung wie oben, doch Zitronensaft durch Limetten-

saft ersetzen (3 Limetten; ausgepresste Hälften in Brühe

mitkochen) und die Estragonstiele weglassen. Dressing:

Sellerie, gehackte Petersilie und gehackten Estragon erset-

zen durch 60 g Mais, 2 EL gehackte Chipotles (geräucherte

Jalapeños) in Adobo-Sauce und 1 EL gehackten frischen Ko-

riander.

SHRIMP-SALAT MIT WASABI UND

EINGELEGTEM INGWER

Zubereitung wie oben, aber ohne Estragonstiele in der Brü-

he. Dressing: Schalotte, gehackte Petersilie und gehackten

Estragon ersetzen durch 2 fein geschnittene Frühlingszwie-

beln, 2 EL gehackten eingelegten Ingwer, 1 EL geröstete Se-

samsamen und 2 TL Wasabi-Pulver.

ç WARUM DAS REZEPT FUNKTIONIERT

Vielleicht ist es ja gut, dass die meisten gekauften Shrimp-Salate vor al-

lem aus Mayonnaise bestehen – auch wenn das Dressing fade

schmeckt, kaschiert es wenigstens etwas das gummiartige, völlig ge-

schmacklose Fleisch der gekochten Shrimps. Das Dressing aufzupep-

pen war einfach – mehr kräftige Kräuter, weniger Mayonnaise –, aber

die Shrimps genau richtig zu garen und ihnen gleichzeitig noch würzi-

gen Geschmack mitzugeben, erforderte ein bisschen mehr Arbeit.

SHRIMPS LANGSAM MIT DEM WASSER ERHITZEN Bei

klassischen Rezepten wird zunächst eine Court-Bouillon (Fischsud) aus

Wasser, Weißwein, Zitronensaft, Kräutern und Gewürzen gekocht, in

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der die Shrimps gegart werden. Trotz des ganzen Aufwands nehmen

die Shrimps darin nicht viel Geschmack an. Wir bedienen uns der glei-

chen Zutaten (allerdings mit viel weniger Wasser und ohne Wein, denn

der überdeckt die anderen Zutaten) und geben die Shrimps in den kal-

ten Sud. Die Erklärung ist simpel: Gibt man die Shrimps in bereits ko-

chende Flüssigkeit, gerinnt das Protein, das Fleisch zieht sich zusam-

men und wird fest. Man sieht es daran, dass die Farbe von transparent

zu weiß wechselt. In siedendem Wasser geschieht das fast augenblick-

lich. Leider schrumpfen durch diese Reaktion die Räume, in die Ge-

PRAKTISCHE WISSENSCHAFT: TIEFKÜHLSHRIMPS

Achten Sie bei Shrimps aus dem Supermarkt auf diese drei

Eigenschaften: tiefgekühlt, ungeschält und unbehandelt.

Selbst im kleinsten Supermarkt bekommt man mittlerweile

mehrere Sorten Shrimps. Bei unseren Kochversuchen benötig-

ten wir gut einen Zentner, um herauszufinden, welche man

kaufen sollte (und welche besser nicht).

FRISCH ODER TIEFGEFROREN? Fast alle Shrimps werden

noch auf hoher See tiefgefroren. Wenn Sie also keinen beson-

ders guten Draht zum Verkaufspersonal haben, können Sie nie

sicher wissen, wann die „fangfrischen“ Shrimps eigentlich auf-

getaut wurden. Unserer Erfahrung nach leiden Geschmack und

Konsistenz von aufgetauten Shrimps nach wenigen Tagen, so-

dass man besser Tiefkühlware kaufen sollte.

GESCHÄLT ODER UNGESCHÄLT? Wenn Sie am liebsten zu

bereits geschälten Shrimps greifen, um sich ein bisschen Ar-

beit zu sparen, sollten Sie das vielleicht noch einmal überden-

ken – irgendwer hat diese Shrimps schon einmal aufgetaut,

um die Schale zu entfernen, und das erneute Einfrieren dürfte

die Qualität des Fleisches kaum verbessert haben.

ZUSATZSTOFFE PRÜFEN Werfen Sie auch einen Blick auf

die Zutatenliste. Tiefkühlshrimps werden mitunter mit Zusatz-

stoffen wie Natriumdisulfit (E 223), Pentanatriumtriphosphat

(E 451) oder Salz behandelt, um die altersbedingte Dunkelfär-

bung zu verhindern bzw. „Tropfverlust“, d. h. Flüssigkeitsverlust

beim Auftauen, zu minimieren. Bei unseren Versuchen wies

das Fleisch behandelter Shrimps häufig eine auffällige Trans-

parenz sowie eine unangenehme Konsistenz auf. Kaufen Sie al-

so besser nur Shrimps, deren Verpackung als einzige Zutat

„Shrimps“ aufführt.

schmacksmoleküle absorbiert werden könnten. Erwärmt man die

Shrimps langsam, haben sie mehr Zeit, um Geschmack anzunehmen.

KÖCHELN, NICHT KOCHEN Das in den Shrimps enthaltene Pro-

tein beginnt bei einer Kerntemperatur von ca. 50 °C zu gerinnen und

fest zu werden. Erhitzt man sie auf 60 °C, nimmt das Fleisch genau die

richtige Konsistenz an – es wird bissfest, aber nicht zäh. Kocht man die

Shrimps bei 100 °C in siedendem Wasser, steigt die Kerntemperatur

weit über 60 °C und das Fleisch wird gummiartig. Um dem vorzubeu-

gen, lassen wir die Brühe nur bei 75 °C köcheln.

KALT ABSCHRECKEN Sind 75 °C erreicht, nimmt man den Topf

vom Herd und setzt den Deckel auf – die Shrimps garen nun durch Kon-

duktion weiter. Auch fürs Würzen ist das vorteilhaft, denn die Shrimps

bleiben so noch etwa 2 Minuten länger in der Brühe und können Ge-

schmacksstoffe aufnehmen. Bei dieser Methode können Shrimps also

insgesamt 10 bis 12 Minuten in der Brühe ziehen, im Gegensatz zu le-

diglich 2 bis 3 Minuten mit der herkömmlichen Methode mit kochender

Flüssigkeit. Zu guter Letzt schreckt man die Shrimps noch in Eiswasser

ab, um den Garprozess zu stoppen. Sobald die Shrimps abgekühlt sind,

kann man sie zum Dressing geben und servieren.

KONZEPT 1.1 PERFEKTES GAREN MIT NIEDRIGER TEMPERATUR