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| Manuelle Medizin 5 · 2003 374 Die Richtlinien der DGMM und der ÄGAMK verlangen vor einem chiro- therapeutischen oder atlastherapeuti- schen Eingriff eine Röntgenuntersu- chung des betreffenden Wirbelsäulen- abschnittes. In über 15-jähriger manualmedizini- scher Tätigkeit konnte ich die Erfahrung machen,dass die meisten Röntgenaufnah- men keinen pathologischen Befund auf- weisen,der ein manualmedizinisches Vor- gehen verböte. Es ist jedoch falsch, daraus auf die Überflüssigkeit der Röntgenun- tersuchung zu schließen, wie dies im so- zialpolitischen Diskurs z. Z. behauptet wird. Denn auch in dieser Frage wird die Richtigkeit der Regel durch die Ausnah- men bestätigt. Ebenso muss der Äuße- rung jenes Manualmediziners widerspro- chen werden, der kürzlich in einem schmerztherapeutischen Informations- blatt über die Manipulation an der HWS beim Säugling berichtete, für die er unter Berufung auf seine Erfahrung kein Rönt- genbild brauche. Ein solches Vorgehen entspricht nicht den Regeln der ärztlichen Kunst. In der eigenen Patientenklientel konnten Befunde dokumentiert werden, die allen Kollegen als „Mahnzeichen“ die- nen mögen,sich durch eine Flut von Nor- malbefunden nicht dazu verleiten zu las- sen, auf eine konsequente Diagnostik vor Manualtherapie zu verzichten. Originalien E. Müller · Viersen Kopfgelenke – vor Überraschungen ist man nie sicher Über die Notwendigkeit bildgebender Diagnostik vor Manualtherapie Folgende Kasuistik zeigt die Notwen- digkeit bildgebender Untersuchungsver- fahren vor Durchführung eines manual- medizinischen Eingriffes: Fallbeschreibungen Fall 1 Anamnese. Eine 42-jährige Patientin er- schein in der Praxis wegen seit 3 Jahren bestehenden Nackenschmerzen, die in der letzten Zeit zugenommen hatten.Vorbe- handlung durch Physikalische Therapie und Medikation ohne Besserung. Befund. HWS: Deutliche Einschränkung der HWS-Rotation mit paravertebralem Hartspann. Blockierung der Facette C0/1 rechts.Keine neurologischen Auffälligkei- ten der Arme (Abb. 1, 2). Röntgen. HWS 2 Ebenen: Ausmuldung der Massa lateralis rechts (Abb. 1). CT der HWS. Ausgeprägte Osteolyse der Massa lateralis rechts (Abb. 2). Behandlungsplan. Sofortiges Staging des Tumors. Ergebnisorientierte Tumorbe- handlung.Absolute Kontraindikation so- wohl für Chirotherapie als auch für Atlas- therapie nach Arlen oder sonstige manu- elle Therapieform. In diesem Fall war eine operative Aus- räumung und Spondylodese möglich, Manuelle Medizin 2003 · 41:374–377 DOI 10.1007/s00337-003-0245-9 Online publiziert: 2. August 2003 © Springer-Verlag 2003 Abb. 1 Patientin 1: Röntgen HWS a.-p., Ausmuldung der Massa lateralis rechts

Kopfgelenke—vor Überraschungen ist man nie sicher

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Die Richtlinien der DGMM und derÄGAMK verlangen vor einem chiro-therapeutischen oder atlastherapeuti-schen Eingriff eine Röntgenuntersu-chung des betreffenden Wirbelsäulen-abschnittes.

In über 15-jähriger manualmedizini-scher Tätigkeit konnte ich die Erfahrungmachen,dass die meisten Röntgenaufnah-men keinen pathologischen Befund auf-weisen,der ein manualmedizinisches Vor-gehen verböte.Es ist jedoch falsch,darausauf die Überflüssigkeit der Röntgenun-tersuchung zu schließen, wie dies im so-zialpolitischen Diskurs z. Z. behauptetwird. Denn auch in dieser Frage wird dieRichtigkeit der Regel durch die Ausnah-men bestätigt. Ebenso muss der Äuße-rung jenes Manualmediziners widerspro-chen werden, der kürzlich in einemschmerztherapeutischen Informations-blatt über die Manipulation an der HWSbeim Säugling berichtete, für die er unterBerufung auf seine Erfahrung kein Rönt-genbild brauche. Ein solches Vorgehenentspricht nicht den Regeln der ärztlichenKunst. In der eigenen Patientenklientelkonnten Befunde dokumentiert werden,die allen Kollegen als „Mahnzeichen“ die-nen mögen,sich durch eine Flut von Nor-malbefunden nicht dazu verleiten zu las-sen,auf eine konsequente Diagnostik vorManualtherapie zu verzichten.

Originalien

E. Müller · Viersen

Kopfgelenke – vor Überraschungen ist man nie sicherÜber die Notwendigkeit bildgebender Diagnostik vor Manualtherapie

Folgende Kasuistik zeigt die Notwen-digkeit bildgebender Untersuchungsver-fahren vor Durchführung eines manual-medizinischen Eingriffes:

Fallbeschreibungen

Fall 1

Anamnese. Eine 42-jährige Patientin er-schein in der Praxis wegen seit 3 Jahrenbestehenden Nackenschmerzen,die in derletzten Zeit zugenommen hatten.Vorbe-handlung durch Physikalische Therapieund Medikation ohne Besserung.

Befund. HWS: Deutliche Einschränkungder HWS-Rotation mit paravertebralem

Hartspann. Blockierung der Facette C0/1rechts.Keine neurologischen Auffälligkei-ten der Arme (⊡ Abb. 1, 2).

Röntgen. HWS 2 Ebenen:Ausmuldung derMassa lateralis rechts (⊡ Abb. 1).

CT der HWS. Ausgeprägte Osteolyse derMassa lateralis rechts (⊡ Abb. 2).

Behandlungsplan. Sofortiges Staging desTumors. Ergebnisorientierte Tumorbe-handlung.Absolute Kontraindikation so-wohl für Chirotherapie als auch für Atlas-therapie nach Arlen oder sonstige manu-elle Therapieform.

In diesem Fall war eine operative Aus-räumung und Spondylodese möglich,

Manuelle Medizin 2003 · 41:374–377DOI 10.1007/s00337-003-0245-9Online publiziert: 2. August 2003© Springer-Verlag 2003

Abb. 1 � Patientin 1: Röntgen HWS a.-p.,

Ausmuldung der Massa lateralis rechts

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da es sich um eine solitäre Metastase nachMammakarzinom vor Jahren handelte.

Fall 2

Anamnese. In den ersten LebenswochenKopfschiefhaltung festgestellt. Mit Kran-kengymnastik behandelt.Keine Besserung.Danach Behandlung mit Osteopathie.Hie-runter Besserung. Andauernde Osteopa-thie bis zum Alter von 4,5 Jahren.Erste Vor-

stellung in meiner Praxis.Deutliche Bewe-gungseinschränkung der HWS festgestelltund Röntgenaufnahme der HWS angefer-tigt. Wegen der radiologischen Auffällig-keit Spiral-CT vorgeschlagen.Von den El-tern abgelehnt. Weitere Osteopathiebe-handlung. Keine Besserung. Wiedervor-stellung im Alter von 6,5 Jahren.

Befund. HWS: Rotationseinschränkunglinks auf 45°, Seitneigung beidseits

deutlich vermindert. Blockierung C0/1links.

Röntgen. HWS 2 Ebenen: Unklare Abgren-zung des Atlas vom Okziput und dem Axis(⊡ Abb. 3, 4).

Spiral-CT des zervikozephalen Übergangs.Ausgeprägt asymmetrische Ausbildungder Okzipitalschuppe, asymmetrischeAusbildung des Atlas mit mehreren Spalt-bildungen und links laterodorsaler klei-ner Synostose zum Okziput sowie rechtslateroventral breite Synostose zum Axis.Verlagerung des Dens axis nach rechts(⊡ Abb. 4).

Behandlungsplan. Reduktion der Kran-kengymnastik auf eine Vermeidung vonKontrakturen.Sport zum Erhalt eines gu-ten Muskelmantels empfohlen.Kontrain-dikation für Chirotherapie,nicht aber fürAtlastherapie nach Arlen. Allerdings istdie Atlastherapie keine Indikation zur Be-handlung des ossären Schiefhalses, son-dern kann bei gleichzeitigem Vorliegeneiner sensomotorischen Dysfunktionnach Beobachtung anderer Autoren mitAussicht auf Erfolg eingesetzt werden.

Vorgehen in diesem Fall: Krankengym-nastikpause. Kontrolle der Entwicklung.

Fall 3

Anamnese. 9-jährige Patientin wurde vonKollegin überwiesen mit der Frage,ob ein„KISS-Syndrom“ vorliege. Patientin be-kam seit 1,5 Jahren Krankengymnastik,nachdem die Mutter eine Schiefhaltungdes Kopfes festgestellt hatte.

Befund. HWS: Bewegung frei,BlockierungC0/1 rechts und C2/3 rechts (⊡ Abb. 5, 6).

Röntgen. HWS 2 Ebenen:AsymmetrischeSchulter des Axis mit Fehlstellung nachlinks.Bogenschlussstörung des Atlas,V.a.Blockwirbelbildung C2/3 (⊡ Abb. 5).

Spiral-CT des zervikozephalen Überganges.Partielle Assimilation C0/1 links, partiel-le Synostose altantoaxial,partieller Block-wirbel C2/3 (⊡ Abb. 6).

Behandlungsplan. Reduktion der Kranken-gymnastik auf Vermeidung von Folgekon-

Abb. 2 ▲ Patientin 1: Computertomogrammdes Atlas, ausgeprägte Osteolyse der Massalateralis rechts. (Bild: Drs. Theelen et al., 4.9.98)

Abb. 3 ▲ Patientin 2: Röntgen HWS seitlich,unklare Abgrenzung des Atlas vom Okziputund dem Axis

Abb. 5 ▲ Patientin 3: Röntgen HWS a.-p.,asymmetrische Schulter des Axis mit Fehlstel-lung nach links. Bogenschlussstörung desAtlas, V. a. Blockwirbelbildung C2/3 (Bild: Dr med. J. Malms, Radiologie AKH Viersen)

Abb. 6 ▲ Patientin 3: Spiral-CT (MPR Aufarbei-tung), artielle Assimilation C0/1 links, partielleSynostose altantoaxial, partieller BlockwirbelC2/3 (Bild: Dr. med. J. Malms, Radiologie AKHViersen)

Abb. 4 � Patientin 2:Spiral-CT (3D-Aufarbeitung) (Bild: Dr. med. J. Malms,Radiologie AKH Vier-sen); MPR-Aufarbeitungliegt vor

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Zusammenfassung

trakturen. Sport weiter empfohlen. Kon-traindikation für eine Chirotherapie. Fürdie Atlastherapie gilt das oben Gesagte.Eine sensomotorische Dysfunktion lag indiesem Falle nicht vor. Hier wurde dieKrankengymnastik momentan abgesetzt.Klinische Kontrollen vereinbart.

Fall 4

Anamnese. 11 Monate alter Säugling wirdmit der Frage einer Kopfgelenksblockie-rung vom Kinderarzt vorgestellt.Erste Le-

Manuelle Medizin 2003 · 41:374–377DOI 10.1007/s00337-003-0245-9© Springer-Verlag 2003

E. Müller

Kopfgelenke – vor Über-raschungen ist man nie sicher.Über die Notwendigkeit bildgebender Diagnostik vor Manualtherapie

ZusammenfassungPatienten mit Beschwerden im zervikookzipita-len Übergang gehören zum Praxisalltag desManualmediziners.Die manuelle Diagnostikermöglicht eine funktionelle Bestimmung desStörungsmusters und eine segmentale Höhen-diagnostik; allerdings erlaubt das klinische Bildallein keinen Rückschluss auf die Ursache derSymptomatik.Vielmehr sind zum Ausschlusschirotherapeutischer Kontraindikationen weiter-führende bildgebende Untersuchungen erfor-derlich.

An 5 Fallbeispielen wird erläutert, warumdiese altbekannte Forderung nach wie vor ihreGültigkeit hat.

SchlüsselwörterChirotherapie · Atlastherapie · Kontraindikation ·Metastasen · Synostose · Kinder · „KISS“

bensmonate anamnestisch unauffällig,verspätetes Aufrichten, Sitzen und Krab-beln, robbt nur einseitig.

Befund. Hinterkopf linksseitig abgeflacht,linkskonvexe Gesichtsasymmetrie,HWS-Rotation und Seitneigung beidseits frei,Druckempfindlichkeit über der oberenHWS links. Neurokinesiologische Diag-nostik nach Vojta o. B. (⊡ Abb. 7).

Röntgen. HWS 2 Ebenen:Atlantookzipita-ler Gelenkspalt links nicht dargestellt.Seit-

Abb. 7 � Patientin 4: Röntgen HWS a.-p.,Atlantookzipitaler Gelenkspalt links nicht dargestellt. Seitlich sehr hoch stehender Atlaszum Okziput

Abb. 8 � Patientin 4:Spiral-CT (3D-Aufarbei-tung), noch unvollstän-dige Ossifikation desAtlasbogens ventral unddorsal, partielle Syn-ostose Atlas–Okziputlinks (Bild: Dr. med.J. Malms, RadiologieAKH Viersen)

Abb. 9 � Patientin 5:Röntgen HWS seitlich,ausgeprägte Anlage-störung mit nicht dar-gestelltem Atlantookzi-pitalgelenk rechts,Blockwirbelbildung C2/3mit deutlich asymme-trischer Ausbildung der Verblockung

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lantookzipitalgelenk rechts,Blockwirbel-bildung C2/3 mit deutlich asymmetrischerAusbildung der Verblockung (⊡ Abb. 9).

Spiral-CT HWS. Synostose hinterer Anteildes atlantoaxialen Gelenkes beiseits,Syn-ostose des atlantookzipitalen Gelenkesbeidseits,Blockwirbel C2/3 mit geringemzentralen Bandscheibenrest, Fusion derdorsalen Bögen C2/3 bei hypoplastischemBogen C2 rechts (⊡ Abb. 10).

Behandlungsplan. ManualtherapeutischesLösen der Blockierungen unterhalb derÜbergangsstörung. Krankengymnastikzur Optimierung der muskulären Stabi-lisierung des HWS-Schulter-Nacken-Be-reichs. Kontraindikation für Chirothera-pie im zervikookzipitalen Übergang. At-lastherapie ist möglich bei entsprechenderIndikation,wie oben ausgeführt.Hier wur-de nach chirotherapeutischer Mobilisati-on der unteren HWS und der oberen BWSeine krankengymnastische Behandlungeingeleitet.

Fazit für die Praxis

▂ Die klinisch-manualmedizinische Unter-suchung reicht nicht aus, um die Indika-tion zur Chirotherapie oder Atlastherapiezu stellen.

▂ Vor einer manuellen Behandlung ist dieeigene Beurteilung von Röntgenaufnah-men der entsprechenden Region zumAusschluss oben genannter Veränderun-gen erforderlich.

▂ Bei unklarem oder suspektem Röntgenbe-fund ist eine CT oder MRT zu veranlassen.

Korrespondierender AutorDr. E. Müller

Hauptstr. 53/55, 41747 ViersenE-Mail: [email protected]

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. med. J. Malms,der durch die Erstellung der Spiral-CT-Bilder diesenArtikel erst ermöglicht hat und mir bei der Aufarbei-tung des Bildmaterials behilflich war.

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lich sehr hoch stehender Atlas zum Okzi-put (⊡ Abb. 7).

Spiral-CT HWS. Noch unvollständige Ossi-fikation des Atlasbogens ventral und dor-sal, partielle Synostose Atlas–Okziputlinks (⊡ Abb. 8).

Behandlungsplan. Kontrollen der motori-schen Entwicklung des Kindes,evtl.Kran-kengymnastik zur Vermeidung von sta-tomotorischer Fixierung der nicht betrof-fenen Wirbelsäulenabschnitte. Hand-lungshinweise für die Eltern zur Vermei-dung einer weiteren Kopfdeformierung.„Helmbehandlung“ zum Ausgleich derbestehenden Kopfdeformierung kann dis-kutiert werden.Kontraindikation für eineChirotherapie, nicht aber für Atlasthera-pie nach Arlen. Hier wurden Kontrollenvereinbart und die Möglichkeit einer„Helmbehandlung“ angesprochen. – At-lastherapie mit leichter Besserungsten-denz der Motorik.

Fall 5

Anamnese. 14-jähriges Mädchen hat seitca. 3 Wochen nach dem Trampolinsprin-gen Schmerzen der HWS bei Drehung desKopfes.

Befund. HWS: Endgradige Einschränkungder Linksrotation,Druckschmerz über derFacette C3/4 rechts und C5/6 rechts.BWS:Blockierung der 2. Rippe links.

Röntgen. HWS 2 Ebenen: ausgeprägte An-lagestörung mit nicht dargestelltem At-

Abb. 10 ▲ Patientin 5: Spiral-CT (3D-Auf-arbeitung), Synostose hinterer Anteil des atlantoaxialen Gelenkes beidseits, Synostosedes atlantookzipitalen Gelenkes beidseits,Blockwirbel C2/3 mit geringem zentralen Bandscheibenrest, Fusion der dorsalen BögenC2/3 bei hypoplastischem Bogen C2 rechts(Bild: Dr. med. J. Malms, Radiologie AKHViersen)

Neue Online-Broschüre des BfRbietet Überblick über das Vergif-tungsgeschehen in 2002

Im Jahr 2002 wurden dem Bundesinstitut fürRisikobewertung (BfR) 7.833 weitere Vergif-tungen gemeldet. Eine systematische Aus- undBewertung der Vergiftungssituation in Deutsch-land enthält die neue Ausgabe der “ÄrztlichenMitteilungen bei Vergiftungen”, die ab sofortonline auf der Homepage des BfR zur Verfü-gung steht (www.bfr.bund.de). Über 90 Pro-zent der 2002 gemeldeten Fälle ereignetensich im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen.Verursacht wurden die Vergiftungen zum Bei-spiel durch beruflich verwendete Chemikalien,durch Störfälle,Transportunfälle mit gefähr-lichen Gütern, aber auch durch Haushaltsche-mikalien sowie unsachgemäß eingesetzte Arz-neimittel und Pestizide. In 16 Fällen führten dieVergiftungen zum Tod, 11 davon ereignetensich in Selbstmordabsicht.

Seit 1990 werden Vergiftungsmeldungengesammelt. Die Erfassung und Auswertungdieser Meldungen sind für das BfR wichtige In-strumente bei der Risikobewertung. Aus denErgebnissen können Handlungsoptionen fürdas Risikomanagement abgeleitet werden. ZurInformation verpflichtet sind nach § 16e desChemikaliengesetzes Ärzte, Giftinformations-zentren und Berufsgenossenschaften.Wenn-gleich sich die Zahl der jährlich beim BfR ein-gegangenen Meldungen seit 1990 deutlicherhöht hat, geht das Institut davon aus, dassnoch immer längst nicht alle Vergiftungenübermittelt werden. Das BfR appelliert deshalban dieser Stelle noch einmal an alle praktizie-renden Ärzte,Vergiftungen möglichst lücken-los an die Zentrale Erfassungsstelle zu melden.

In der aktuellen Broschüre sind Ursachenund Verläufe von Vergiftungen dargestellt. ImAnhang enthält sie eine Übersicht über alle seitAugust 1990 gemeldeten Vergiftungen, außer-dem Muster für Meldeformulare bei Vergiftun-gen oder Störfällen sowie ein Adressenregisterder Giftinformationszentren und Umweltambu-lanzen der Bundesrepublik Deutschland.Sie fin-den die aktuelle Broschüre und die ÄrztlichenMitteilungen der Jahrgänge ab 1990 unterwww.bfr.bund.de (Menüpunkt “Publikationen”/Broschüren).Sie können als pdf-Dokumenteheruntergeladen und ausgedruckt werden.

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung

Fachnachricht