Korona 105

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    KORONA Nr. 105 1

    ASTRONOMISCHER ARBEITSKREIS KASSEL E.V.

    35. Jahrgang Nummer 105 August 2007

    Sonne, Mond und Planetenim Frhjahr 2007

    Beobachtung und Messung planetarischer Nebel SonnenfleckenbeobachtungSaturnbedeckung Berechnung der Marsbahn nach Kepler und Brahe

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    InhaltsverzeichnisKlaus-Peter HauptLiebe Mitglieder........................................................................................................ 4

    Beobachtungen

    Manfred ChudySonnenflecken im ersten Halbjahr 2007.................................................................5

    Christian HendrichSaturnbedeckung am 22.05.2007..............................................................................6

    Ralf GerstheimerPlanetenbeobachtung in der Kompaktsternwarte................................................. 7

    Klaus-Peter HauptAufgang des jungen Mondes in Swaziland............................................................10

    Roland HedewigSonnenaktivitt von Mrz bis Juli 2007................................................................ 11

    Sergej Kunz, Christian Scholz, Michael Schreiber, Simon Slapka,Mike Vogt und Christian ZubeBeobachtung und Messung planetarischer Nebel................................................ 19

    Berichte

    Wulfried HeidrichWie Brahe und Kepler Positionen der Marsbahn bestimmt haben................... 48

    Verschiedenes

    Christian HendrichBeobachtungshinweise.............................................................................................57

    Christian Hendrich

    Rezension Software: Kosmos 2.0............................................................................58

    Christian HendrichTag der offenen Tr................................................................................................ 60

    Bianca Krohn-HendrichAstronomie4Kids......................................................................................................63

    Unser Programm von August bis Dezember 2007................................................65

    Titelbild: 15.7.2007, Mond, 1 Tag alt (zunehmend, Sdhalbkugel!) mit Canon 30D, f=400mm (Kleinbild 680 mm), aufgenommen in Swaziland, Malolotja National Reserve, Hhe1300 m. Siehe Artikel von Klaus-Peter Haupt.

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    Liebe Mitglieder.....

    der August ist der Sternschnuppen-Monat des Jahres. Beim Schreiben dieser Zeilen kannich noch nicht wissen, ob das Wetter eine Beobachtung der Perseiden zulassen wird. Aberber Wnsche, die man beim Sichten einer Sternschnuppe uern darf, kann man schon spe-kulieren.

    Was wnsche ich mir als AAK Vorsitzender?Es ist leicht zu sagen: Mehr Engagement aller Mitglieder!Unser Verein ist zur Zeit in einer Phase, in der viele vom Engagement weniger profitieren.Die Sternwarte wird nur von einer kleinen Gruppe am Leben erhalten, Beobachter gibt esnur wenige und jugendlicher Nachwuchs bleibt seit langem aus (wenn wir von den Jugendli-chen aus dem PhysikClub absehen, die in den AAK eingetreten sind, um die Planetariums-vorfhrungen des AAK zu gestalten, weil sich nicht ausreichend Mitglieder zur Verfgungstellen wollten).Wir mssen uns fragen, wie wir auf die heutigen jngeren Generationen eingehen. Jugendli-che erwarten heute mehr von einer Freizeitbeschftigung als langwieriges Ablichten vonHimmelsobjekten in miger Qualitt. Welche Angebote knnen wir Ihnen machen? Einzel-ne Beobachtungsabende fr Kinder oder mal ein Freizeitwochenende fr Jugendliche mitZelten in Calden und Lagerfeuer und Beobachten mit den Fernrohren, Wachbleiben bis zumSonnenaufgang, das Erleben der Morgendmmerungwre das ein Anfang?Oder eigene anspruchsvolle und spannende Beobachtungsprogramme, die einen Einstieg inForschungen ermglichen?Aber wer macht es und bietet so etwas an?

    Jugendliche brauchen Vorbilder, sie brauchen Personen, die aktiv und voller Freude ihr ei-genes Hobby betreiben, die etwas zu bieten haben, Erfahrung, eine Botschaft, Begeisterung.All das kann man nicht beim (fr Jugendliche) teuren Abendessen in einer Gaststtte ver-mitteln sondern man muss es vorleben an dem Ort an dem man vielleicht Jugendliche ein-binden willDie eigene Arbeit muss dabei authentisch sein, sonst springt der Funke nicht ber.Die Zukunft unseres Vereines hngt davon ab, ob wir aktive Mitglieder zwischen 15 und 25Jahren erhalten oder nicht .Am Engagement Jugendlicher und junger Erwachsener kann es nicht liegen, das zeigt dieberschumende Aktivitt im PhysikClub unter Teilnehmern und Betreuern, die genau aus

    diesem Altersbereich kommen.Interessant in diesem Zusammenhang ist die Anfrage eines technischen Vereines aus Nord-hessen, der Mitglieder bereitstellen will, die als Paten oder Betreuer bei bestimmten Projek-ten im PhysikClub mitarbeiten.

    Ob Sternschnuppen-Wnsche in Erfllung gehen?

    Viel Spa bei den neuen Vortrgen (die brigens weiterhin um 18.30 Uhr beginnen!)

    Ihr KP Haupt

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    Sonnenflecken im ersten Halbjahr 2007

    Manfred Chudy

    Gerade im Sonnenfleckenminimum, das alle 11 Jahre auftritt (Schwabe-Zyklus) wird dasBeobachten von Sonnenflecken zum Geduldspiel. Da die Lnge der Zyklen zwischen 8 und14 Jahren schwanken kann, ist oft nicht klar, wann das Minimum erreicht wird. Im erstenHalbjahr 2007 knnte es zum Ende des 23. Zyklus gekommen sein. Beobachter ManfredChudy zhlte die wenigsten Flecken im Februar und Mrz 2007. Die Sonne war im April so-gar wochenlang fleckenfrei bis endlich am 25. April die erste Fleckengruppe auftauchte.Waren das die ersten Flecken des 24. Zyklus? Weiteres hierzu findet man im Artikel vonRoland Hedewig auf Seite 11.

    Abb. 1: Relativzahlen von M. Chudy im Vergleich mit den Ergebnissenvon Sonne Netz

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    1 2 3 4 5 6Monat

    Re

    Pro Sonne Netz

    Re M,Ch

    Abb. 2: Sonnenfleck Nr. 953 wurde

    erstmals am 26.04.2007 beobachtet.(Quelle:http://sohowww.nascom.nasa.gov)

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    Saturnbedeckung am 22.05.2007

    Christian Hendrich

    Am 22 Mai dieses Jahres wurde Saturn vom Mond bedeckt, d.h. der Mond schob sich in dieSichtlinie zwischen Erde und Saturn. Solch eine Bedeckung ist ein relativ seltenes Ereignis,obwohl der Mond als eines der grten Objekte am Himmel erscheint. Dies liegt daran, dadie Mondbahn um 5 gegen die Ekliptik geneigt ist, whrend die Saturnbahn nahe zu ber-haupt nicht gekippt ist, d.h. der Sonnenbahn folgt. Auerdem kann eine Planetenbedeckungaufgrund der Paralaxe nicht immer von allen Orten der Welt beobachtet werden.Oft macht auch das Wetter einen Strich durch die Rechnung. So war es auch am 22. Mai, alsder Mond um ca. 21:30 hinter der abgeschatteten Mondseite verschwand. Der zu diesemZeitpunkt bedeckte Himmel ri jedoch wenige Minuten danach auf, so da der Austritt desSaturns um 22:45 Uhr auf der erhellten Mondseite problemlos beobachtet werden konnte.

    Zeitpunkt: 22.05.2007, ca. 22:45Beobachtungsort: Oberkochen (Baden-Wrttemberg)Kamera: Canon Powershot A85 mit selbstbau-AdapterstckTeleskop: Saturn 45, 900mm, 4,5 Zoll mit 25mm Okular

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    Planetenbeobachtung in der Kompaktsternwarte

    Ralf Gerstheimer

    Schon seit langem findet man Ralf Gerstheimer nicht nur in der Sternwarte Calden an, son-dern auch in seiner Kompaktsternwarte in seinem Garten. Die Saturn- und Venusbilder sinddie ersten vielversprechenden Bilder, die Ralf Gerstheimer mit der alten Sternwartenmon-tierung aus Calden gemacht hat.

    Ralf Gerstheimer wendet bei fast all seinen Beobachtungen die Technik der Videoastrono-mie an, bei der mit einer Kamera mehrere

    tausend Bilder aufgenommen werden undaus dieser Bilderserie nach bestimmtenKriterien die besten Bilder ausgewhltund ein Summenbild berechnet wird.Das nebenstehende Bild von Venus wur-de am 15.04.2007 mit einem IR-Pass-Fil-ter (Fa. Baader) aufgenommen. Es zeigtkeine Oberflchendetails, ist jedoch rela-tiv scharf, was aus der seeingberuhigen-den Wirkung der IR-Aufnahmetechnik re-sultiert. Die Belichtungszeit pro Videof-rame war 1/128 s bei geringem Gain(elektr. Verstrkung). Aufgenommenwurden 4000 Videoframes.

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    Im Gegensatz dazu wurde am selbenTag ein Bild mit einem Venus-Fil-ter (Fa. Baader) aufgenommen. Am15.4. war ein Tag mit sehr guter

    Transparenz und halbwegs ordentli-chem Seeing. Gerade bei Aufnahmendurch den UV-Filter bleibt kaumnoch Licht brig und so spielt dieTransparenz eine grere Rolle alsgemeinhin bei der Planetenfotografieerwartet. Dementsprechend deutlichsind die Wolkenstrukturen ausgefal-len. Belichtungszeit war 1/8 s proFrame, insgesamt 4000 Frames wur-

    de fr das Summenbild verwendet.Addiert und geschrft wurden dieRohdaten mit der Software Giotto2.1.

    Eines der bisher besten Bilder von Ralf Gerstheimer ist die Saturnaufnahme vom15.03.2007. Die Ringstruktur und Wolkenbnder werden in einer bestechenden Schrfe undmit einem unglaublichen Detailreichtum wiedergegeben.

    Mit dem 12,5 Zller auf der ehemaligen Sternwartenmontierung wurden die Venus und Sa-turnbilder gemacht. Die Brennweite betrgt mit einer TeleVue 5x Powermate und einemVerlngerungsstck ca. 12 m. Als Kamera dient eine DMK 21AF04 der Firma ImagingSource. Es ist eine S/W-Videokamera fr wissenschaftliche Zwecke, die in Amateurkreisenverbreitet ist. Im Vergleich zur ToUCam Pro 740K von Philipps, der Webcam, ist die Si-

    gnalverarbeitung besser, die Anflligkeit fr Artefakte geringer und vor allem der Daten-transfer erheblich hher. Whrend die ToUCam mit USB 1.1 arbeitet und knapp 2 Frames/s

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    schafft, macht die DMK ber den Firewireport bis zu 30 Frames /s. Gemeint ist Datentrans-fer ohne Kompression.Dennoch verwendt Ralf Gerstheimer die ToUCam gerne fr den RGB-Farbkanal, whrendder L-Kanal mit der DMK aufgenommen wird. Der Filterwechsel mit der S/W-Kamera al-

    lerdings bei Planeten zu umstndlich. So ist auch bei der Saturnaufnahme vom 15.3. die Far-be mit der ToUCam aufgenommen worden. Fr die Luminanz wurde der Rot-Filter aus demAstronomik RGB-Set benutzt. Zwar ist die Seeingreduzierung beim einfachen Rotfilternicht so gut wie beim IR-Pass-Filter, dafr bringt er aber mehr Licht und eine bessere Aufl-sung. Bei gutem Seeing gibt das bessere Bilder. Fr das Saturnbild konnte wurden brigens6000 Frames addiert und dann mit Giotto bearbeitet. In Photoshop kam noch das Kombinie-ren der Kanle sowie ein bichen Feinkosmetik dazu.

    ImpressumDie KORONA wird herausgegeben vom Astronomischen Arbeitskreis Kassel e.V. (AAK)und kostenlos an die Mitglieder und befreundete Vereine im Austausch mit deren Mittei-lungen verteilt.

    Redaktion: alle AutorenZusammenstellung: Christian HendrichDruck: Druckerei Bruning & Rudert OHG, EspenauAuflage: 230Redaktionsschlu dieser Ausgabe: 01.08.2007Redaktionsschlu der kommenden Ausgabe: 17.12.2007

    Die Artikel knnen an den Vereinsabenden in der Albert-Schweitzer-Schule abgegeben oderan Christian Hendrich, Klnische Strae 52, 34117 Kassel, Tel. 0178-7772666 gesendetwerden. Es werden nur Dokumente in elektronischer Form untersttzt, die entweder per e-Mail an: [email protected] oder CD-Rom an obige Anschrift gesandt werden.Als Dateiformate werden Richtext (.rtf), MS Word (.doc), Staroffice (.sdw) sowie Openoffi-ce untersttzt. Als Seitenformat mu DIN A5 und als Schriftgre 9 Punkt gewhlt werden.Abbildungen sollten idealerweise mit 300 dpi eingescannt werden, alle gngigen Bild-Datei-

    formate (mit ausreichender Qualitt) werden akzeptiert.

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    Aufgang des jungen Mondes in Swaziland

    Klaus-Peter Haupt

    Im Urlaub in Afrika konnte der junge, nur Tag alte Mond beim Untergang beobachtet wer-den. Rechts oberhalb des Mondes ist brigens auch noch Venus zu erkennen (siehe Titel-bild). Alle Fotos wurden am 15. 7. 2007, Mond, 1 Tag alt (zunehmend, Sdhalbkugel!) mitCanon 30D, f=400 mm (Kleinbild 680 mm), aufgenommen in Swaziland, Malolotja Natio-nal Reserve, Hhe 1300 m (das Gebirge am Horizont ist die Grenze zu Sdafrika), Sonnen-untergang 17.20 Uhr MESZ (zwischen Deutschland und Swaziland gibt es in unserem Som-mer keine Zeitverschiebung)

    Bild 1: 18.14 Uhr MESZ, Belichtungszeit1,3 Sekunden, Blende 5,6, ISO 1000,Bild 2: 18.14 Uhr MESZ, Belichtungszeit1,3 Sekunden, Blende 5,6, ISO 1000Bild 3: 18.14 Uhr MESZ, Belichtungszeit1,6 Sekunden, Blende 5,6, ISO 1000

    Man beachte die Unterbrechung der Sicheldurch Mondkraterwlle und die Sichtbarkeitvon Mare im Erdlicht noch auf dem Hori-zont. In Bild 3 ragt rechts noch ein kleinerTeil der Sichel ber den Horizont.

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    Sonnenaktivitt von Mrz bis Juli 2007

    Roland Hedewig

    Die im Mrz 2007 von mir geuerte Vermutung, dass das Sonnenfleckenminimum unmit-telbar bevorsteht, hat sich noch nicht besttigt. Die Sonnenaktivitt sank zwar von Mrz bisApril auf sehr geringe Werte, stieg dann aber wieder deutlich an. Da auch die ersten Fleckendes neuen, 24. Zyklus, die in hohen heliographischen Breiten auftauchen sollen, noch nichterschienen sind, steht das erwartete Minimum noch bevor.

    BeobachtungsbedingungenDer vorliegende Bericht enthlt die Ergebnisse meiner Sonnenfleckenbeobachtungen vom 1.Mrz bis 28. Juli 2007. Beobachtet wurde mit dem 80/1200 mm-Refraktor (Zeiss-AS-Objek-tiv) und Glas-Objektivsonnenfilter bei 80-facher Vergrerung mit einem 15 mm-Okular.Die Anzahl meiner Beobachtungstage war mit 20 bis 25 Tagen pro Monat relativ hoch, weildie Sonne fast an jedem Tag zumindest zeitweilig zu sehen war und ich mich an den meistenTagen, mit Ausnahme von 13 Tagen Ende Mai/Anfang Juni, in Kassel aufhielt.

    Die Entwicklung der SonnenaktivittIn Korona 104 vom April 2007 stellte ich die Sonnenaktivitt von Dezember 2006 bis Mrz2007 dar. Damals stiegen die Monatsmittel der Fleckenrelativzahl von 17,2 (SONNE-Netz14,4) im Dezember auf 22,8 (19,6) im Januar und fielen dann auf 13,5 (11,7) im Februarund 6,5 (4,3) im Mrz stark ab. Dieses Absinken entsprach den Erwartungen.Die von Mrz bis Juli 2007 eingetretene Entwicklung der Relativzahlen sind in Tabelle 1und Abb. 1 dargestellt. Angegeben sind neben meinen Beobachtungsergebnissen auch dieprovisorischen Relativzahlen des Sonne-Netzes. Fr den Juli waren im Internet bis 28.7.allerdings nur die Ergebnisse von 3 Beobachtern dieses Netzes verffentlicht.Die von mir ermittelten Flecken-Relativzahlen reduzierte ich durch Multiplikation mit demFaktor k = 0,804, der fr mich von der Fachgruppe Sonne der VdS ermittelt und in SONNE118 (April 2007, S. 61) angegeben ist.

    Tabelle 1: Monatsmittel der Sonnenflecken-Relativzahlen und Anzahl der Beobachtungenvom 1. Mrz bis 28. Juli 2007. Hedewig: Relativzahl-Mittelwerte reduziert mitdessen Faktor k = 0,804. Sonne-Netz: Provisorische Relativzahl-Mittelwerte

    Die bereinstimmung meiner Beobachtungen mit denen des Sonne-Netzes ist in allen Mo-naten bis auf den Juni gut. Mein zu geringes Monatsmittel fr Juni ergibt sich daraus, dassich im ersten Junidrittel, als die Sonnenaktivitt relativ stark war, nicht beobachten konnte,

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    whrend ich an den zahlreichen fleckenfreien Tagen der zweiten Junihlfte fast tglich be-obachtete.Die provisorischen Relativzahlen von 1 bis 3 Beobachtern des Sonne-Netzes erscheinen tg-lich im Internet und lagen fr die Auswertung bis 28. Juli vor. Nach Monatsende erscheinen

    jeweils die Ergebnisse von 30-40 Beobachtern. Die definitiven Relativzahlen smtlicher 80-90 Beobachter des Sonne-Netzes erscheinen mehrere Monate spter im Internet und in derZeitschrift Sonne. Sie lagen beim Abschluss dieses Berichtes fr die Zeit bis Dezember2006 vor.

    Aktivitten auf der Nordhalbkugel und der Sdhalbkugel der SonneTabelle 2 zeigt, dass die Sonnenflecken von Mrz bis Mai 2007 ganz berwiegend und imJuni 2007 nur auf der Sdhalbkugel der Sonne auftraten. Damit setzte sich die seit Septem-ber 2005 bestehende Tendenz der Aktivittsdominanz der Sdhalbkugel gegenber derNordhalbkugel fort. Alle Gruppen lagen in quatornhe, wie das fr das Ende eines Fle-

    ckenzyklus zu erwarten ist.

    Tabelle 2: Monatsmittel der Anzahl der Fleckengruppen und Fleckenrelativzahlen

    auf der Nordhalbkugel und Sdhalbkugel der Sonne.Provisorische Relativzahlen des SONNE-Netzes

    Anzahl der fleckenfreien TageIn Korona 104, S. 6-8, diskutierte ich das Problem der Ermittlung fleckenfreier Tage und be-grndete, weshalb man bei Angaben des SONNE-Netzes nicht nur Tage mit Re = 0, sondernauch Tage mit Re = 1 und Re = 2 als fleckenfrei ansehen kann. Re = 1 und Re = 2 sind Re-lativzahlmittelwerte aus Angaben zahlreicher Beobachter, von denen am betreffenden Tagnur einer Flecken sah, die anderen aber nicht. Dass an solchen Tagen die Sonne wahrschein-lich fleckenfrei war wird untersttzt durch die Tatsache, dass der SIDC-Index fr die meis-

    ten dieser Tage Re = 0 ist. SIDC ist die Abkrzung fr das Sunspot Index Data Center inUccle (Belgien), das seit 1981 die Sammlung, Auswertung und Verffentlichung der Rela-tivzahlen vornimmt, eine Aufgabe, die bis 1980 die Sternwarte Zrich durchfhrte.

    Tabelle 3: Anzahl der Tage mit definitiven Fleckenrelativzahlen Re 0 -2 des SONNE-Netzes und Anzahl der fleckenfreien Tage des SIDC-Netzes von April bis

    Dezember 2006 (nach SONNE 118, April 2007, S. 58-59 und Internetangaben)

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    Tabelle 3 zeigt, dass es in allen Monaten von Mai bis Dezember 2006 fleckenfreie Tagegab, mit einem Maximum im Oktober 2006.

    Tabelle 4: Anzahl der Tage mit provisorischen Sonnenflecken-Relativzahlen Re 0 bis 2(wahrscheinlich fleckenfreie Tage) des SONNE-Netzes von 1. 1. - 28. 7. 2007

    Aus Tabelle 4 geht hervor, dass die Anzahl der wahrscheinlich fleckenfreien Tage 2007 biszu einem Maximum im April zunahm und dann wieder stark zurckging. Meine Beobach-tungen sind hier nicht gesondert aufgefhrt, weil ich nicht an allen Tagen beobachtete undeine Angabe ber die Anzahl fleckenfreier Tage pro Monat nur sinnvoll ist, wenn fr jeden

    Tag eines Monats Beobachtungen vorliegen, wie das beim SONNE-Netz der Fall ist.

    Ereignisse von Mrz bis Juli 2007

    Abb. 1: Monatsmittel der Sonnenflecken-Relativzahlen von Mrz bis Juli 2007_______ Hedewig, reduziert, -------- SONNE-Netz, provisorisch

    Erwartungsgem sanken die Monatsmittel der Relativzahlen von Mrz bis April (Abb. 1).

    Abb. 2: Tageswerte der Sonnenflecken-Relativzahlen im Mrz 2007_______ Hedewig, reduziert, --------- SONNE-Netz, provisorisch

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    Der Mrz (Abb. 2) fllt durch starke Aktivittsschwankungen mit Relativzahlen von 0 bis 19(Netz 16) auf. Allerdings erschien an den Fleckentagen meist nur eine Gruppe mit wenigenFlecken.

    Abb. 3: Tageswerte der Sonnenflecken-Relativzahlen im April 2007_______ Hedewig, reduziert, --------- SONNE-Netz, provisorisch

    Der April (Abb. 3) war vom 2. bis 24.4. fleckenfrei. Es schien, als sei das lange erwarteteMinimum jetzt erreicht. Aber in der Zeit vom 25. bis 30.4. berraschte die Sonne mit einerpltzlich ansteigenden Aktivitt. Am 25.4. erschien am Sonnenrand die H-Gruppe 10953,die sich bis 28.4. zu einer groen Gruppe mit 16 Flecken entwickelte, wobei die groen

    zentralen Flecken von einer groen Penumbra umhllt wurden (s. Abb. 11)..

    Abb. 4: Tageswerte der Sonnenflecken-Relativzahlen im Mai 2007_______ Hedewig, reduziert, ---------- SONNE-Netz, provisorisch

    Im Mai (Abb. 4) sank die Aktivitt zunchst stark ab, stieg aber zur Monatsmitte hin wiederan, sank am 24.4. auf Re = 0 und blieb bis Monatsende zwischen 0 und 5. Die groe Gruppe10953 blieb bis zum 7.5. erhalten, nderte innerhalb der Penumbra von Tag zu Tag die An-zahl und Anordnung der Flecken und verschwand am 8.5. am Sonnenrand. Am 15.5. erschi-en eine aus zahlreichen kleinen Flecken bestehende C-Gruppe, die in der Zeit vom 16. bis20.5. aus 15 bis 20 Einzelflecken bestand, danach zerfiel und am 24.5. verschwunden war.

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    Abb. 5: Tageswerte der Sonnenflecken-Relativzahlen im Juni 2007_______ Hedewig, reduziert, ---------- SONNE-Netz, provisorisch

    Der Juni (Abb. 5) begann nach Angaben des SONNE-Netzes mit 2 Gruppen und der provi-sorischen Relativzahl 25, obwohl der Mai mit der Gruppenzahl 0,1 und der Relativzahl 1 en-dete, d.h. dass die Sonne praktisch fleckenfrei war. Obwohl ein solcher Sprung der Relativ-zahl von 0 auf 25 von einem Tag auf den anderen sehr unwahrscheinlich erscheint, ist so et-was doch mglich, weil am 1.6. zwei sehr kleine Gruppen mit zusammen nur 5 Flecken re-

    gistriert wurden. Da ich Ende Mai/Anfang Juni nicht beobachtete, kann ich aus eigener An-schauung keine Stellung beziehen. Sobald die definitiven Relativzahlen fr Mai und Juniverffentlicht sind, wird darber mehr Klarheit herrschen.In der Zeit vom 6. bis 8. Juni erreichten die Relativzahlen Werte bis Re = 42. Dann folgteein Abfall auf Re = 0 am 14. 6., gefolgt von 10 fleckenfreien Tagen und einem erneuten An-stieg am Monatsende.

    Abb. 6: Tageswerte der Sonnenflecken-Relativzahlen im Juli 2007_______ Hedewig, reduziert, ---------- SONNE-Netz, provisorisch

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    Im Juli (Abb. 6) lagen die Relativzahlen bis 7.7. bei 10 bis 13, stiegen dann bis zum 14.7.auf 36 an und fielen am 20.7. auf 0. Auf die fleckenfreien Tage vom 20. bis 27.7. folgte am28.7. eine kleine I-Gruppe (Nr. 10965) mit 2 Flecken. Gegen die Vermutung, dass es sichbei dieser Gruppe um den Rest der groen Gruppe 10961 handelt, die bei der vorangegan-

    genen Sonnenrotation am 1. Juni nahe der Sonnenmitte lag, spricht die Tatsache, dass dieGruppe 10965 vom 28.7. am 27.7. noch nicht zu sehen war , obwohl sie am 28.7. nicht amSonnenrand, sondern etwa in der Mitte zwischen Rand und Mitte der Sonnenscheibe lag.

    Diskussion der ErgebnisseEin Sonnenfleckenminimum und damit das Ende eines Fleckenzyklus kndigt sich durchvier Ereignisse an:1. Die Abnahme der Relativzahl-Monatsmittel auf sehr geringe Werte 5 - 6 Jahre nach dem

    letzten Maximum2. Die Zunahme fleckenfreier Tage pro Monat

    3. Die starke Annherung der Fleckengruppen an den Sonnenquator im Laufe der letztenMonate

    4. Das erste Auftreten von Flecken des nchsten Zyklus in hohen Breiten der Sonne.

    Ereignis 1 wird in Abb. 7 dargestellt. Seit dem Maximum 2001/2002 sind die Monatsmttelder Relativzahlen stndig gesunken.

    Abb. 7: Monatsmittel und P17-Mittel der Wolfschen Relativzahl desSONNE-Netzes 2001 bis 2007 (aus Bulling 2007, S. 70)

    Ereignis 2 zeigt Abb. 8. Seit Ende 2005 nahm die Anzahl fleckenfreier Tage zu, wenn auchmit groen Schwankungen. Immerhin wird die Gipfelhhe von Anfang 2006 im Februar2007 wieder erreicht und im April 2007 deutlich bertroffen.

    Ereignis 3 wird in Abb. 9 gut sichtbar. Von 2005 bis 2007 erfolgte eine zunehmende Ann-

    herung der Fleckengruppen an den Sonnenquator.

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    Abb. 8: Anzahl der fleckenfreien Tage pro Monat im auslaufenden Zyklus 23(aus Bulling 2007, S. 71)

    Abb. 9: Breitenverteilung der Fleckengruppen 2003 bis 2007(nach USAF/NOAA, aus Bulling 2007, S. 71)

    Abb. 9 zeigt aber auch, dass Ereignis 4 noch nicht eingetreten ist. Flecken des neuen, 24.

    Zyklus, die in hohen Breiten auftreten mssten, fehlen noch. Wie diese Breitenverteilungam bergang von Zyklus 22 zu Zyklus 23 1996/1997, also beim letzten Fleckenminimumaussah, zeigt Abb. 10.

    Aus den geschilderten Sachverhalten lsst sich schlieen, dass das definitive Aktivittsmini-mum in der 2. Jahreshlfte 2007 zu erwarten ist.

    Bemerkenswerte FleckengruppenNaturgem gibt es in der Nhe eines Minimums keine Hufung bemerkenswerter Flecken-gruppen. Es fehlten auch die groen Gruppen der Waldmeier-Klasse F. Als einzige bemer-

    kenswerte Gruppe von Mrz bis Juli 2007 erschien die H-Gruppe Nr. 10953, deren Entwick-lung im Verlauf von 12 Tagen in Abb. 11 dargestellt ist.

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    Abb. 10: Breitenverteilung der Fleckengruppen 1993 bis 1997(nach USAF/NOAA aus Bulling 2007, S. 71)

    Abb. 11: Entwicklung der H-Gruppe 10953 vom 25. April bis 6. Mai 2007. Die Zahl unterdem Datum gibt die Anzahl der Einzelflecken in der Gruppe am jeweiligen Tag an

    Die Skizzen zeigen, wie innerhalb der groen Penumbra ein zunchst einheitlicher Fleckerst in zwei, dann in drei dicht nebeneinander liegende Flecken aufgeteilt wird, bis dieseTeilflecken am Ende wieder zu einem Fleck verschmelzen.

    Quellen und LiteraturBulling, A.: Das bevorstehende Minimum des beginnenden 24. Fleckenzyklus, Sonne 118,

    April 2007, 70-71Hedewig, R.: Sonnenaktivitt von Dezember 2006 bis Mrz 2007, Korona 104, April 2007,

    5-12Provisional sunspot numbers (Provisorische Relativzahlen, Mrz bis Juli 2007)

    http://www.vds-sonne.de/gem/res/provrel/rp0307 bis 0707, Internet-Suchwort Proviso-rische Relativzahlen

    Relativzahlnetz SONNE Monatsbersichten 2006http://www.vds-sonne.de/gem/res/rezahl/rdl0106 bis 1206

    Sonne-Relativzahlnetz 2. und 3. Quartal 2006. Sonne 118, April 2007, 58-61

    Prof. Dr. Roland Hedewig, Am Krmmershof 91, 34132 Kassel, [email protected]

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    Beobachtung und Messung planetarischer Nebel

    Sergej Kunz, Christian Scholz, Michael Schreiber, Simon Slapka,

    Mike Vogt und Christian Zube

    1 EinleitungPlanetarische Nebel gehren zu den klassischen Objekten der Astrophysik. Diegrundstzlichen physikalischen Prozesse, die in einem Planetarischen Nebel (PN) vonstattengehen, sind weitgehend geklrt. So kann man die Emission von Strahlung eines PN mit derAtomphysik vorhersagen und berechnen. Die physikalischen Modelle, die man erhlt,werden dann benutzt, um die Kinematik besser verstehen zu knnen. Durch den Fortschrittin den letzten 40 Jahren im Bereich der Teleskopie wurden alte Theorien besttigt, aberauch neue aufgestellt. So sorgte die Einfhrung der CCD-Technik fr eine vorher nie da

    gewesene Qualitt der Aufnahmen. Nachdem man 1973 begann, Weltraumbeobachtungenmit Orion-2 durchzufhren, entdeckte man auch Resonanzlinien von Atomen und Ionen imultravioletten Spektalbereich - unmglich von der Erde aus zu beobachten.Die gewonnen Erkenntnisse tragen dazu bei, dass PNs heutzutage als ein Abschnitt in demnatrlichen Leben von Sternen mittlerer Masse gesehen werden.In diesem Projektpraktikum untersuchten wir eine bestimmte Klasse von PNs, so genannteRingnebel, mit dem Monet-1.2m-Teleskop in Texas. ber das Internet konnten wir dasTeleskop fernsteuern und die aufgenommen Bilder bequem auf fr uns zugngliche Rechnerbertragen.

    2 Theorie2.1 Klassifizierung Planetarischer NebelBeschftigt man sich mit planetarischen Nebeln, ist es notwendig, Kenntnisse ber dasSystem der Klassifizierung dieser Objekte zu verfgen. Ein solches System ordnet diephnologischen Eigenschaften in klar definierte Kategorien ein.In diesem Zusammenhang sollen nun die zwei gebruchlichsten komplementren Systemevorgestellt werden.

    2.1.1 Systeme zur KlassifizierungDas erste System findet sich hufig in der Literatur1 und bezieht sich in erster Linie auf die

    von planetarischen Nebel beschriebene Auenlinie. So findet man vier verschiedeneKategorien. Beispiele sind jeweils der Abbildung 1 zu entnehmen2.

    RundDiese Kategorie beinhaltet alle Nebel, deren Erscheinung eine einfache,relativ rundeForm aufweisen.

    ElliptischNebel, die ausgeprgte elliptische Formen haben.

    BipolarDiese Klasse unterteilt sich in zwei Unterklassen

    1 Grigor A. Gurzadyan: The Physics and Dynamics of Planetary Nebulae,1997, S. 2ff2 Bruce Balick, Adam Frank: Shapes and Shaping of Planetary Nebulae, erschienen in

    Annual Review of Astronomy and Astrophysics Volume 40, 2002, S. 453

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    ButterflyFormen mit eingeschnrten Zentren, welche an die Form eines Schmetterlingserinnert.

    Bilobed

    Hier ist ein relativ kleines, rundes oder ellipische, Zentrum umgeben vonzwei greren Gebieten, die in Opposition zueinander stehen.

    IrregularAlle Phnomene, die nicht in eine der ersten Kategorien eingeteilt werden knnen,finden sich hier.

    Die Grenzen der ersten drei Klassen sind nicht ganz scharf gezogen. Man weist bestimmtenExemplaren bergange zwischen den Klassen zu. Zwischen Rund und Elliptisch finden sichzum Beispiel leicht elliptische Nebel. Analog gibt es zwischen Elliptisch und Bipolarerdnussfrmige Nebel.

    Andere Erscheinungen verleiteten dazu, die Klasse der bipolaren Nebel zu Quadrupolarbzw. Multipolar zu erweitern, um hnliche Phnomene dieser Art auch einzuschlieen.Benutzt man die Auenlinien von planetaren Nebeln zur Unterscheidung, muss man sichdarber im Klaren sein, dass eine Beschreibung dann immer von der Perspektive desBeobachters abhngig ist. So knnte, aus einer ungnstigen Perspektive beobachtet, einelliptischer oder bipolarer Nebel rund erscheinen. Auerdem sind die morphologischenKlassen abhngig von den Emissionslinien, die benutzt werden, um Bilder zu erstellen.Das zweite Schema zur Klassifizierung basiert auf dem hchsten Grad der Symmetrieinnerhalb eines gegebenen Nebels. Man unterscheidet:

    AchsensymmetrischSymmetrisch bzgl. aller Achsen.

    SpiegelsymmetrischNebel dieser Klasse sind relativ selten.

    PunktsymmetrischIn dieser Klasse finden sich S-frmige oder Multipolare Nebel

    AsymmetrischNebel, denen keine Symmetrie zugeordnet werden kann.

    Die meisten der beobachten Nebel sind zumindest annhernd achsensymmetrisch und

    deshalb in die erste Kategorie einzuordnen. Unter der Vielfalt der Systeme zurUnterscheidung planetarer Nebel stellen die hier beschriebenen die wohl am hufigstenVerwendeten dar.

    2.1.2 Feine Strukturen Neben den groben, globalen Formen findet man nahezu innerhalb der Hlfte allerbeobachteten Nebel noch feinere Strukturen. Im folgenden sind die wichtigsten kurz optischbeschrieben.

    Knots und Jets

    Diese Strukturen treten in erster Linie in Gebieten niedriger Ionisation auf, weswegenman sie hufig mit LIS (low-ionisation-structures) bezeichnet. Viele der Knoten weisenSchwnze auf, die radial nach auen weisen. Jets sind relativ lange, dnne Objekte,

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    die sich ebenfalls radial nach auen auszubreiten scheinen, ohne sich jedoch merklichin der Breite zu verndern. Bei Jets und den dnnen Schwnzen scheint es sich umidentische Morphologien zu handeln. Manchmal findet man Jets, die zu einer Art Helixaufgeschraubt zu sein scheinen.

    FlierFliers bilden eine Untergruppe der LIS. Ihr Name leitet sich von Fast-Low-IonisationEmission Regions ab. Diese Objekte zeigen sich als paarweise, klar voneinandergetrennte Gebiete, die in Opposition zueinander um das Zentrum des Nebelsangeordnet sind. Es wird vermutet, dass diese Flier direkt aus dem Zentralsternausgestoen werden, nachdem der Aussto der langsamen Winde endete. DieseVermutung stimmt aber nicht ganz mit den Beobachtungen berein, die aus solch einemZusammenhang resultieren mssten.

    Halos

    Sogenannte Halos sind fast ausschlielich rund. Sie umgeben grorumig die vielhelleren, runden oder elliptischen, PN und zeichnen sich durch die schwacheLeuchtstrke ihrer Oberflche aus, die sich radial verndert.

    Abb. 1: Beispiele zur Morphologie

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    2.2 Entstehung von NebelnPlanetarische Nebel stellen einen Abschnitt in der spten Entwicklung von Sternen3 dar. ImFolgenden soll ein kurzer berblick ber diese Entwicklung gegeben werden.

    Die Energie eines jungen Sterns wird im inneren Kern erzeugt, wo die Kernfusion vonWasserstoff zu Helium abluft. Der dadurch entstehende thermische Strahlungsdruckverhindert, dass der Stern durch seine eigene Gravitation kollabiert. Es stellt sich einstabiler Zustand ein, der ber Milliarden von Jahren andauern kann.Je nach Masse des Sternes sind die Wasserstoffvorrte im Kern innerhalb von wenigenMillionen bis hin zu einigen Milliarden Jahren verbraucht. Der Strahlungsdruck lsst nachund der Kern wird durch die Gravitationskrfte komprimiert und heizt sich dadurch auf. DieTemperatur im Kern steigt in dieser Phase von 15 Millionen auf 100 Millionen Kelvin an.Im Kern fusioniert nun Helium zu den schwereren Elementen Kohlenstoff und Sauerstoff. Inder Schale um den Kern fusioniert Wasserstoff zu Helium.

    Als Folge dehnt sich die Hlle des Sterns stark aus, er tritt in das Stadium eines RotenRiesen ein. Die Heliumfusion ist sehr temperaturempfindlich. Durch dieTemperaturerhhung erhht sich die Reaktionsrate. Das macht den Stern sehr instabil: einekleine Erhhung der Temperatur fhrt sofort zu einem erheblichen Anstieg derReaktionsgeschwindigkeit, die erhebliche Energien freisetzt, wodurch die Temperatur nochweiter ansteigt. Die Schichten, in denen gerade die Heliumfusion stattfindet, dehnen sichmit starker Geschwindigkeit aus und khlen sich dadurch wieder ab, wodurch dieReaktionsrate wieder herabgesetzt wird. Die Folge ist eine Pulsation, die manchmal starkgenug ist, um die ganze Sternatmosphre in den Weltraum zu schleudern.Das Gas der Sternhlle dehnt sich anfangs mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 40

    Kilometern pro Sekunde aus und besitzt eine Temperatur von etwa 10.000 K. Dieservergleichsweise langsame Sternwind bildet die Hauptmasse des Nebels. In dem Mae, wieder Stern nach und nach seine ueren Hllen verliert und den immer heieren Kernfreilegt, wechselt seine Farbe von orange ber gelb bis hin zu wei und schlielich blau, einsichtbares Zeichen, dass seine Oberflchentemperatur auf ber 25.000 K ansteigt.Wenn die freigelegte Oberflche rund 30.000 K hei ist, werden genug hochenergetischeultraviolette Photonen ausgesendet, um das zuvor ausgeworfene Gas zu ionisieren. DieGashlle wird nun als Planetarischer Nebel sichtbar. Der Stern im Zentrum hat das Stadiumeines Weien Zwerges erreicht.

    2.3 Die Gre von SternenSelbst die grten und nchsten Sterne sind im Teleskop nur als kleine Lichtpunkte zusehen. Genau aus diesem Grund lsst sich die Gre eines Sterns nicht direkt aus derBeobachtung ablesen.Da wir aber diese Gre spter bentigen, haben wir ein anderes Verfahren angewandt umdie Gre zu bestimmen. Das Stefan-Boltzmann-Gesetz gilt fr den Zentralstern:In dieser Formel ist L die Leuchtkraft, R der Radius, kB die Boltzmann-Konstante und Tdie

    Oberflchentemperatur des Sterns. Die Leuchtkraft des Sterns lsst sich nur schwer

    bestimmen. Wir haben sie ins Verhltnis zur Leuchtkraft der Sonne gesetzt, da uns diesebekannt ist.

    3 Sun Kwok: The origin and evolution of planetary nebulae,1990, S. 2

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    Es ist R der Radius des Sterns, RS der Radius der Sonne (ca. 6, 96 108 m). T ist die

    Temperatur des Sterns und TS die Temperatur der Sonne (ca. 5800 K). Nach Norman RobertPogson gilt:

    Hierbei ist M= MS - Mdie Differenz der absoluten Helligkeiten der Sonne MS 4, 83 unddes Sterns M. Die absolute Helligkeit des Sterns, kann ber die visuelle Helligkeit unddurch den Abstand des Sterns bestimmt werden. Dazu verwendet man dasEntfernungsmodul:

    Hier ist m die visuelle Helligkeit des Sterns in mag und dist die Entfernung in Lichtjahren.Aus all diesen Angaben lsst sich nun die Gre des Zentralsterns berechnen.

    2.4 Strmgren-SphrenDie Strmgren-Sphre, benannt nach Bengt Strmgren, ist das Gebiet um einen Stern, indem dieser durch seine Strahlung einen Nebel bilden kann. Im Idealfall homogenerGasdichte ist dieser Nebel kugelfrmig. Am Rande der Strmgren-Sphre ist dieionisierende Strahlung verbraucht, und das ionisierte Gebiet endet. Nun gibt es mehrereMglichkeiten, die Randgebiete zu beschreiben. Zum einen die On the Spot Nhrung4, undzum anderen eine diffuse Approximation5.Bei der On the Spot Variante geht man von scharfen Randgebieten aus, die Ionisation hrteinfach auf. Vollkommen anders sieht die Situation bei einem Diffusionsvorgang aus. Hiergibt es ein Gleichgewicht zwischen der Rekombinationsrate und der Ionisationsrate, diesessorgt fr eine Verschmierung der Randgebiete. Beide Mglichkeiten stellen vereinfachteErklrungen fr ein kompliziertes Strahlungstransportproblem dar.

    Der Radius der Strmgren-Sphre eines Sterns hngt von der spektralen Energieverteilungund von der Dichte des Nebels ab. Normalerweise erzeugen nur Sterne mit hoherOberflchenenergie (Spektralklassen O oder B) Strahlungsfelder mit gengend ultravioletter

    Strahlung, um nennenswerte Strmgrensphren von atomaren Gasen zu haben. ber dieseSphren kann man einen Zusammenhang zwischen Leuchtkraft des Sterns undIonisationsradien herstellen. Die Leuchkraft eines Sterns kann man durch dieSchwarzkrperstrahlung (Abb. 2) annhern. So ergibt sich fr die Leuchtkraft pro Flche:

    4 Baker, J. G., and Menzel: Physical Processes in Gasous Nebuale, D. H. 1938, ApJ, 88,S.52ff

    5 J. Ritzerveld: The diffuse nature of Strmgren spheres, Letter, 2005

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    Die Anzahl der emittierten Photonen, die z.B. fr Wasserstoff ionisierend wirken, berechnetsich zu:

    wobei h die Mindestenergie der ionisierenden Photonen fr Wasserstoff beschreibt. A* istdie Oberflche des Sterns. Im Nebel stellt sich schlielich ein Gleichgewicht zwischenIonisation und Rekombination ein. Im Gleichgewicht gilt nhrungsweise

    wobei V=Volumen und NRekombination Rekombinationsrate pro Volumen. Diese Rate setzt sichaus drei Komponenten zusammen: den Dichten nElektron, nElement und demquantenmechanischen Rekombinationskoeffizenten , welcher noch von den einzelnenElementen abhngt(siehe Tabelle 1). Typische Grenordnungen fr liegen zwischen 1011

    - 1014 cm3/s . Fr das Produkt nElektron nElement gilt fr einfach ionisierten Wasserstoff die

    Nhrung . Mithilfe der Rekombinationsraten und der eben bestimmtenAnzahl der ionisierenden Photonen kann nun der Radius der Strmgren-Sphren berechnetwerden. Fr Wasserstoff gilt dann beispielsweise mit :

    Analog kann man auch ber die Bestimmung der Strmgrenradien auf die Dichte einesNebels schlieen.

    Abb. 2: Darstellung der Schwarzkrperstrahlung

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    2.5 Strahlung von NebelnDie Strahlung rein gasfrmiger Nebel unterscheidet sich komplett von denen ihrer zentralenSterne6. Im visuellen Band (350 - 750 nm) gibt es sehr intensive Emissionslinien.Im Spektrum des Nebels,das stark von der Strahlung des Kerns abhngt, findet man eineenergiereiche Hintergrundstrahlung, whrend es so gut wie keine Absorbtionslinien gibt.

    Aufgrund der hohen Temperaturen, die ein Stern hat, strahlt er zum grten Teil imultravioletten Wellenlngenbereich. Nebel strahlen hauptschlich im visuellen, da sie dieabgestrahlte (energiereiche) Strahlung des Kerns aufnehmen und ber mehrere Stufenwieder abgeben. Interessant ist zudem, dass die visuelle Helligkeit der Nebel im Vergleichzu der des Zentralsterns um den Faktor 10 bis 100 grer ist. Die Fragen sind nun, wie

    1. diese Intensittsdiskrepanz zustande kommt und2. warum der Nebel berhaupt strahlt.

    Die erste Frage lsst sich mit Hilfe von Rosselands Theorem beantworten. Bei der zweitenFrage hilft uns Zantras Satz, welcher sich mit dem Fluoreszenz-Begriff beschftigt. Es gibtauch noch eine weitere Mglichkeit, die Anregung von verbotenen Linien.

    2.5.1 Rosselands TheoremDie Kernaussage von Rosselands Theorem ist folgende:Unter Bedingungen, in denen sich planetarische Nebel bilden knnen, wird kurzwellige,vom Stern emittierte Strahlung in langwellige Strahlung umgewandelt.

    6 Grigor A. Gurzadyan: The Physics and Dynamics of Planetary Nebulae,1997, S. 27

    Abb. 3: Zur Verdeutlichung von RosselandTheorem; verschiedene Absorptions- undEmissionsmglichkeiten in einem 3-NiveauSystem

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    Zum Verdeutlichung dieser Aussage betrachtet man ein Atom mit den drei Energie-Niveaus1, 2 und 3 und den zugehrigen Energien 1 < 2 < 3. Durch die Absorption eines Photons(Quants) gibt es verschiedene Mglichkeiten fr die Energiebergnge (siehe Abb. 3). Zumeinen so genannte Resonanz-Streuungen der Form 1 2 1, zum anderen komplexe

    zyklische bergnge der Form

    Im ersten dieser zyklischen Vorgnge addieren sich die Energien zweier Quantenmiteinander: Zwei Quanten mit kleiner Frequenz12 und23 erzeugen ein Photon mit hoherFrequenz13. Im zweiten Fall passiert genau das Umgekehrte: Ein hochenergetisches Photon13 wird in zwei niederenergetische,32 und12, aufgeteilt. Die Frage ist nun, welcher dieserbergnge dominiert unter Bedingungen wie sie in PNs herrschen?Wir fhren den sogenannten Abschwchungskoeffizienten ein:

    wobei * die Strahlungsdichte des Sterns bezeichnet. Analog dazu ist die Strahlungsdichtein einem gewissen Abstand r. Es ist sofort ersichtlich, dass Wvom Abstand r abhngt: Jeweiter weg der Beobachter sich vom Stern befindet, desto weniger Strahlung kommt bei ihman. In Wirklichkeit hngt Wauch noch von der abgestrahlten Frequenz und der optischenDichte des Ausbreitungsmediums ab. Schlielich erhlt man folgenden Zusammenhang6:

    mit r* = Radius Stern, r = Abstand, = optische Dichte bei der Frequenz . Fr groeEntfernungen r*/r

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    gilt. Da Wvon der Grenordnung 1013 ist, folgt direkt, dass bergnge der Form 1 3 2 1 weitaus wahrscheinlicher sind. Also absorbiert ein PN die ultraviolette Strahlung desZentalsterns und wandelt sie in viele niederfrequente (visuelle) Photonen um. Als Folgedavon erscheinen Nebel im Vergleich zu ihren Kernen im Visuellen deutlich heller.

    2.5.2 Das Gesetz von ZanstraDie Umwandlung von hochfrequenter in niederfrequente Strahlung ist nichts anderes alsFluoreszenz.Als Beispiel nehmen wir einen Wasserstoffnebel mit einem Stern in der Mitte. Das Prinzipkann man jedoch auf jeden Typ von Nebel verallgemeinern.Obwohl wir gesehen haben, dass die Strahlungsdichte um den Faktor W 1013 geringer istals auf der Oberflche des Sterns, gibt es trotzdem noch genug hochfrequente Strahlung(Rosselands Gesetz). Demnach ist auch der Ionisationsgrad sehr gro. Er liegt bei ungefhr0, 999. Auf ein neutrales Atom n kommen also im Durchschnitt ca. 1000 Ionen (n+). In

    erster Linie wird dies durch die geringe Dichte des Nebels verursacht. Je wenigerElektronen es gibt, desto grer ist der Ionisationsgrad, da weniger Rekombinationenauftreten.

    Der Nebel besteht daher zum grten Teil aus Ionen. Der geringe Teil von neutralenAtomen wird, da die optische Dichte L der Lyman Linien in PNs ungefhr eins ist, sofort

    wieder angeregt. Den Prozess, der zu der Ionisation der neutralen Wasserstoffatome fhrt,nennt man Photoionisation:Man spricht von Photoionisation, wenn ein Elektron in einem Atom Ultraviolett- , Rntgen-

    Abb. 4: Entstehung typischer Spektrallinien von Nebeln

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    oder Gammastrahlung absorbiert und durch die dadurch zugefhrte Energie das Atomverlsst. Der Wirkungsquerschnitt fr die Photoionisation hngt ab von derPhotonenenergieE

    Das bedeutet, dass Materialien mit hoher Ordnungszahl besonders gut Rntgen- undGammastrahlung absorbieren knnen. Das freie Elektron kann von anderen ionisiertenAtomen eingefangen werden (Rekombination), es gibt nun zwei Mglichkeiten: a) DasElektron fllt wieder in den ersten (Grund-) Zustand und emittiert wieder ein L Photon, oderb) das Elektron springt in eines der hheren Energieniveaus runter. Nach Rosselands Gesetzwird das Elektron nun kaskadenartig ein Niveau nach dem anderen nach unten fallen unddabei niederenergetische Photonen emittieren. Der letzte bergang ist dann von 2 1,welches einem L Photon entspricht. Diese Zerfallskette ist in Abb. 47 noch einmal darstellt.Aus der Absorbtion eines Ultravioletten Lc Quants entstehen also hufig ein Balmer Quant

    Halpha und ein L Quant.

    2.5.3 Anregung von verbotenen LinienNicht alle Linien des Nebelspektrums knnen mit den oben genannten Mechanismen erklrtwerden. Gerade die intensivsten Linien knnen nicht mit dem Fluoreszenzbegriff inEinklang gebracht werden. Sogenannte verbotene Linien sind bergnge, die nicht unterLaborbedingungen beobachtet werden knnen. Die bergangswahrscheinlichkeit, ein Mafr die Intensitt einer Linie, ist bei diesen Linien um den Faktor 10 9 geringer als bei denerlaubten Linien. Wie lsst sich dann erklren, dass das Elektron einen verbotenenbergang nimmt anstatt den viel wahrscheinlicheren normalen Abstieg?

    Eine Erklrung ist, dass es sich bei dem oberen Niveau um ein metastabiles handelt. Damitknnen mehr angeregte Elektronen verbotene Linien erzeugen. In PNs herrschenBedingungen, die dafr sorgen, dass die mittlere Zeit, ein Ion in einem metastabilen Niveauzu finden, bis zu einige Stunden betragen kann. Dies kann nur durch eine extrem geringeDichte erreicht werden. Typische Dichten liegen im Bereich von 1-1000 Atomen pro cm3.Whrend das Atom sich auf einem metastabilen Niveau befindet, darf natrlich keineexterne Strahlung das Atom weiter anregen. In PNs ist die Strahlungsdichte , wie wirgesehen haben, jedoch so gering, dass dies nicht passieren kann.

    2.5.4 Stoanregung durch Elektronenkollisionen

    Oft sind in PN lntensitten von Emissionslinien zu beobachten, die darauf schlieen lassen,dass es noch andere Prozesse gibt als die angesprochenen8. Gibt es zum Beispiel zwei Ionen,die in etwa das gleiche Lichtspektrum absorbieren (z.B. 0III und HeII), dann kann dieIntensitt einer bestimmten Linie sich nur dann auszeichnen, wenn die Anzahl des jeweiligen Ions entsprechend hher ist als die des anderen. Da aber gegenstzlicheBeobachtungen gemacht werden knnen, wurde sich erstmals 1927/28 mit der kinetischenEnergie der freien Elektronen und der daraus resultierenden Stoionisation beschftigt.Die Energie, die man bentigt, um ein Ion in einen metastabilen Zustand anzuregen, alsoden Zustand, der uns die verbotenen Linien liefert, ist nicht sehr hoch. Sie liegt lediglich imBereich von ein paar Elektronenvolt, also in einem Bereich, der durchaus im Bereich der

    7 http://www.astronomie.de/fachbereiche/spektroskopie/einfuehrung/5-6-planetarische-nebel.htm, Datum 3.6.07

    8 Grigor A. Gurzadyan: The Physics and Dynamics of Planetary Nebulae, 1997, S. 40f

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    kinetischen Energie der freien Elektronen innerhalb des PN liegt. Zudem ist die Dichte derfreien Elektronen klein genug, sodass ein Ion aus dem metastabilen Zustand emittiert, bevores zum nchsten inelastischen Sto mit einem Elektron kommt.

    Betrachten wir nun ein Ion mit dem Grundzustand 1 und dem metastabilen Zustand 2. Seinun n1q12 die Anzahl der bergnge von 1 auf 2, n1q21 die Anzahl der stimuliertenEmissionen eines bereits vorher angeregten Ions (z.B durch Photoionisation) nach derKollision und n2 A21 spontane Emission aus dem durch die Kollisionen, angeregtemZustand. Es folgt

    Die Koeffizienten sind dabei gegeben durch

    wobei 12 hier die bentigte Erregungsenergie von Grund- auf Metastabilzustand ist. Darausknnen wir nun die Intensitt bestimmen:

    und

    Wichtige Folgerungen: Die Anzahl der verbotenen bergnge ist gleich der Anzahl anAnregungen durch Kollisionen mit Elektronen. Somit folgt, dass die die verbotenen Liniendurch inelastische Ste mit Elektronen angeregt werden.

    3 Durchfhrung3.1 Das TeleskopFr unsere Aufnahmen wurde uns MONET (MOnitoring NEtwork of Telescopes) zurVerfgung gestellt, ein Teleskop, das im Dezember 2005 am McDonald Observatory in denDavis Mountains in Texas aufgestellt worden ist. Die genaue Position des Teleskopes istfolgendermaen angegeben:

    30 40 17 nrdlich, 104 01 22.4 westlich, in einer Hhe von etwa 1900m.

    Einen berblick ber die technischen Daten des Teleskops sind in Tabelle 2zusammengestellt9. Der Standort sowie der Aufnahmezeitpunkt, die Woche vom 19. - 23.Februar 2007, schrnkten die beobachtbaren Objekte ein und wir bentigten zunchst eineWeile, um uns in den verschiedenen Koordinatensystemen zurechtzufinden und geeigneteNebel zu finden.Das geographische Koordinatensystem ist ein Gradnetz auf der Erdoberflche mit sichrechtwinklig schneidenden Lngen- und Breitenkreisen. Die Breitengrade werden dabei vomquator aus gezhlt, die Pole liegen bei 90 Nord bzw. Sd. Die Lngengrade zhlt man voneinem willkrlich festgelegten Nullmeridian nach Osten und Westen bis 180. Siehe hierzuAbb. 510.

    9 Vergleich http://monet.uni-goettingen.de/cgi-bin/WebObjects/MonetPortal, Datum6.7.2007

    10 http://www.astro.uni-jena.de/Teaching/Praktikum/pra2002/node11.html, Datum

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    Zwei Koordinaten der Himmelsobjekte waren wichtig um zu entscheiden, ob wir sie mitdem Teleskop aufnehmen konnten. Das ist einerseits die Deklination. Sie entspricht derProjektion der Breitenkreise der Erde auf eine imaginre Himmelskugel. Die Deklination

    gibt somit den Winkelabstand eines Objektes vom Himmelsquator an. Werte nrdlich desquators sind positiv, Werte sdlich davon negativ.Andererseits ist auch die Rektaszension zu beachten. Das ist der Winkel zwischen demLngengrad des Frhlingspunktes bis zum Lngengrad, ber dem das beobachtete Objektsteht, auf der quatorebene gemessen. Somit ist er die Entsprechung auf der Himmelskugelzu den geographischen Lngenkreisen auf der Erde.

    Da sich das Teleskop auf dem 30. Breitengrad befindet, ist es sinnvoll, PN aufzunehmen,deren Deklination mglichst nahe bei +30 liegt. Die Rektaszension war davon abhngig,um welche Uhrzeit wir beobachtet haben. Das war von 8:00 - 12:00 Uhr nach unserer Zeitder Fall. Unsere PN haben eine Rektaszension zwischen 7 und 13 Stunden. Die einzelnenAngaben sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Wir bentigen fr unsere Auswertung dieGre der Nebel. ber die Plattenskala kann man einen Pixel in einen Bogenwinkelumrechnen. Dieser Umrechnungsfaktor hngt u.a. von der Fokuslnge und der Pixelgreab. Tabelle 2 kann man entnehmen, dass dieser FaktorP= 0,33''/rad/Pixel betrgt. Wennman die Gre eines Nebels in Pixeln bestimmt hat, kann man diese Gre berx'Bogen =P

    6.7.2007

    Abb. 5: Geografisches Koordniatensystem

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    xpixel in einen Winkel umrechnen und anschlieend ber die bekannte Entfernung x in einenabsoluten Radius viaR =x tan() umrechnen.

    3.2 Montierung und Nachfhrung Neben dem Teleskop selbst, ist die Montierung ein wesentlicher Bestandteil desTeleskopsystems. Ohne eine qualitativ hochwertige (Nach-)Fhrung gelingen dem bestenTeleskop keine guten Bilder. Die Komplexitt der Montierung hngt in erster Linie von demEinsatzgebiet des Teleskops ab. Die einfachste Form besteht aus zwei Achsen, welche im90-Winkel zueinander stehen (Azimutale Monierung). Dabei ist darauf zu achten, dass dasTeleskop mglichst schwingungsfrei gelagert wird. Schlielich sind die Belichtungszeiten solang, dass jede Schwankung, z.B. durch Windeinflsse, das Bild verschmiert. Die darausresultierenden Schwingungen muss das System mglichst schnell (aperiodisch) ausgleichen.Die zweite Mglichkeit besteht in einer parallaktischen Montierung. Der Name istabgeleitet von dem quatorialem Koordinatensystem. Hier richtet man das Teleskop an dennatrlichen Himmelspolen aus. Im Prinzip unterscheidet sich diese nicht von einerazimutalen Montierung. Die azimutale Drehachse wird nur unter dem Winkel desHimmelspols ausgerichtet (in Deutschland ist diese Winkel grob zwischen 49.5 und 53ber dem Horizont). Die Orientierung der Achse ist dabei genau in Nord-Sd Richtung

    ausgerichtet. Die Drehachse nennt man dann Pol- oder Rektaszensionsachse, dieHhenachse wird zur Deklinationsachse.Um Objekte am Himmel verfolgen zu knnen, muss das Teleskop den Objekten nachgefhrt werden. Hierbei unterscheidet man zwischen zwei Arten: der aktiven und der passivenNachfhrung. Passiv bedeutet, dass die Montierung nur die Rotation der Erde ausgleicht.Damit soll verhindert werden, dass bei langen Belichtungszeiten das Objekt verschmiertbzw. dass das Objekt aus dem Betrachtungsbereich driftet.Bei der aktiven Nachfhrung wird das Objekt z.B. ber Nebenteleskope angepeilt und dieVerschiebung am Himmel registiert. In Echtzeit wird dann eine Korrektur am Hauptteleskopdurchgefhrt.

    3.3 FunktionsweiseDas Teleskop bndelt das ankommende Licht und leitet es auf den CCD Chip weiter. UnserModell fllt unter die Kategorie der Reflexionsteleskope. Hier wird durch mehrere Spiegeldas einfallende Licht aus dem Tubus herausgeleitet. Eine Auswahl verschiedenerMglichkeiten sind in Abbildung 6 zu sehen. Unser Teleskop hnelt dem Typen untenrechts. Es besitzt zwei hyperbolische Spiegel und einen normalen dritten Spiegel. DerLichtstrahl wird mit diesem dritten seitlich ausgekoppelt (Nasmyth falt Spiegel) und zumCCD-Kamera weitergeleitet. Diese Form der Spiegel und der Montierung bietet einigeVorteile: Durch die Spiegelform hat ein Bild kein Koma, d.h. die Bilder sind immer rund.

    Der Vorteil der Montierung ist, dass man schwere oder zerbrechliche Apperaturen wie z.B.die CCD-Kamera, auerhalb des Teleskops plazieren kann. Natrlich besitzt es auch Nachteile: Die Spiegelform weist, mit zunehmendem Abstand von der optischen Achse,Astigmatismus auf. Und auch die Montierung hat Nachteile, denn um ein Objekt am

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    Himmel zu verfolgen mssen immer zwei Achsen gleichzeitig bewegt werden. Somit ist esdeutlich schwerer ein Objekt zu verfolgen.Ein vergleichbarer schematischer Aufbau der gesamten Teleskopanlage ist in Abbildung 7 11aufgezeichnet.

    3.4 Funktionsweise der CCD-KameraCharge-Coupled Device (CCD der englische Begriff bedeutet etwa ladungsgekoppeltesBauteil) ist ein integriertes elektronisches Bauteil, das wie ein analoges Schieberegisterarbeitet. CCD-Bildsensoren bestehen meist aus einer Matrix (oder einer Zeile) mitlichtempfindlichen Zellen, die Pixel genannt werden (vom Englischen picture elements).Die Pixel knnen rechteckig oder quadratisch sein, mit Kantenlngen von 5 m bis 20 m.

    3.4.1 LadungsentstehungIn jedem CCD-Sensor wird Licht in elektrische Ladung umgewandelt. Um dieseLadungsentstehung besser verstehen zu knnen, bietet es sich an, ein Analogon zu benutzen:

    Ein Mensch, der einen Eimer in den Regen hlt, wird nach einer bestimmten Zeit t1 eine vonder Regenintensitt abhngige Wassermenge q1 gesammelt haben. Beim CCD-Sensor

    11 http://www.astro.livjm.ac.uk/courses/phys134/scopes.html, Datum 6.7.2007

    Abb. 6: Verschiedene Reflektionsspiegelarten

    Abb. 7: schematischer Aufbau des Teleskopes

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    werden Photonen im dotierten Siliziumkristall absorbiert und erzeugen dort elektrischeLadungen (Photoeffekt. Durch umgebende Elektroden wird eine Ladungssenke/Ladungs-barrieren-Struktur gebildet, die die entstehende Elektronenwolke festhlt, wie derEimer die Wassertrpfchen.

    3.4.2 LadungstransportDie in den einzelnen Sensorzellen entstandenen - unterschiedlich groen - Elektronen-wolken werden nach der Belichtung durch periodische Potentialnderungen an derElektrodenstruktur - bei denen sich die Ladungsbarrieren bewegen - horizontal durch denSiliziumkristall geschoben. Wie Feuerwehrmnner die eine Lschkette bilden undWassereimer weiterreichen. Zu sehen auf Abb. 812.

    3.4.3 LadungsverstrkungBei jeder Verschiebung kommt das jeweils letzte Ladungspaket am Ausgangs an. Dort befindet sich ein Auswerteverstrker, der die enthaltene Ladung erfasst, in eine proportionale Spannung umsetzt und ber eine Diode abflieen lsst. Bezogen auf dieFeuerwehrmnner bedeutet das, dass der Fllstand des jeweils letzten Eimers gemessen unddasWasser danach abgelassen wird. Soll die Signalverarbeitung digital weiter erfolgen, somssen die Spannungen am Ausleseverstrker mit einem AD-Wandler in diskrete Wertekonvertiert werden.

    3.5 Aufnahme eines Bildes

    Wenn wir ein Photo machen, passiert folgendes: Photonen treffen auf den Sensor undwerden dort in Elektronen umgewandelt, diese werden danach gemessen.Es passiert aber noch mehr: Die Photonen werden nicht vollstndig in Elektronenumgewandelt, sondern nur zu ca. 40-80%. Zustzlich werden die Elektronen noch verstrktund danach in Zahlen umgewandelt. Bei diesen Prozessen wird natrlich immer einRauschen hinzugefgt. Das daraus entstehende Signal ist:

    Hierbei ist Sraw der Bildwert, den wir in einem Punkt eines Bildes haben (dieser wird inADU (Abritrary Derived Units) gemessen). gist der Verstrkungsfaktor in Elektronen pro

    12 http://www.ccd-sensor.de/html/interlinetransfer.html, Datum 6.7.2007

    Abb. 8: Ladungstransport

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    ADU. Und zu dem eigentlichen Signal x, kommt der Dunkelstrom xd und der Bias-Strom b.Der Dunkelstrom entsteht durch Fehlstellen im Silliziumchip und hngt von der Temperaturab (deswegen war unser Chip auch auf 20 heruntergekhlt). Der Bias-Strom ist einekonstante Gre, die von der Apparatur abhngt. Das Signalrauschen ist in der Form einer

    Standardabweichung gegeben:

    wo 2,d2 und ron die Poisson-Photonenstatistiken der ankommenden Photonen, desDunkelstroms und des A/D-Wandlers darstellen. Aufsummiert nach GausscherFehlerfortpflanzung ergibt dies die Varianz oder das eigentliche Rauschen raw in unseremBild. Der Dunkelstrom, das Bias und der Verstrkungsfaktor hngen von dem jeweiligenPixel ab.

    3.6 Manahmen zur VerbesserungDie einfachste Mglichkeit, eine Aufnahme zu verbessern, ist lnger zu belichten (sagen wirum den Faktor N), dadurch werden mehr Photonen eingefangen und zu Elektronenumgewandelt. Zwar steigt auch das Rauschen, aber es steigt im Vergleich dazu nur mit. Ein Beispiel: Bei der Aufnahme von einmal 25 und einmal 100 Elektronen (entsprichtungefhr der vierfachen Zeit), steigt zwar die Anzahl der Rauschelektronen von fnf aufzehn, aber das macht jeweils ein Rauschen von 25% und 10% aus und somit eine deutlicheVerbesserung. Aber unendlich lange lsst sich auch nicht belichten, denn ab einem gewissenPunkt ist der Verstrker in der Kamera bersteuert, die Bildinformationen gehen verloren.

    Eine weitere Mglichkeit besteht im Stacken der Bilder. Dabei werden einfach mehrereAufnahmen mit derselben Integrationszeit gemacht und dann Pixel fr Pixel der Mittelwertgebildet. Vier Bilder a einer Minute Belichtungszeit entsprechen somit einem Bild mit vierMinuten Belichtungszeit. Diese Methode ist insofern ideal, da vor dem Stacken einzelneBilder entfernt werden knnen, die nicht geeignet sind (z.B. wegen Wackler, einem

    Flugzeug, etc.). Eine weitere Methode ist eine Aufnahme des Dunkelstroms. Dieser wurdebei den Stacks leider nicht mit entfernt. Dabei wird die Kamera verschlossen und eswerden einige Aufnahmen mit mindestens derselben Belichtungszeit gemacht. So entstehenmehrere Bilder, auf denen nur der Dunkelstrom zu sehen ist. Diese Bilder enthalten

    Abb. 9: Sechs Darkframes, mit gleicher Belichtungszeit

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    natrlich auch ein Dunkelstromrauschen. Abb. 9 zeigt verschiedene Dark-Frames, auf denensehr gut der Dunkelstrom zu erkennen ist. Diese weisen kein besonderes Muster auf. Wiezuvor kann durch das Stacken dieser Bilder ein sogenanntes Master-Dark erzeugtwerden. Mit diesem Bild kann man nun einfach den Dunkelstrom durch Subtraktion

    entfernen. Besonders interessant ist, dass der Dunkelstrom proportional zur Zeit ist. AufAbb. 10 ist ein Master-Dark zu sehen. Nun kann man hieraus ein Master-Dark-Frame fr jede Belichtungszeit erzeugen: Angenommen, unsere Belichtungszeit betrgt nur 90 statt120 Sekunden, so mssen wir jeden Punkt auf diesem Bild mit 90/120 multiplizieren. Umdieses Bild zu erzeugen, wurden sechs Dark-Frames zu einem Bild kombiniert. Dadurchsinkt das Dunkelrauschen:

    wobei tdx,y die Anzahl der thermischen Elektronen an der Position x,y ist. Da wir nun sechsAufnahmen haben:

    sinkt das Rauschniveau in unserem Master-Dark auf nur noch ca. 40% einerOriginalaufnahme. Die nchste Methode ist es, ein sog. Bias-Bild zu machen. Dabei wirdeine mglichst kurze Aufnahme gemacht, um ein mglichst gutes Bild des Biasstroms zubekommen. Dieses kann einfach subtrahiert werden. Zum Schluss haben wir noch ein sog.Dome-Flat gemacht. Hierbei wird eine gleichmig ausgeleuchtete weie Flche fotografiertund mit Hilfe einiger Filter so bearbeitet, das nur grobe Strukturen zu sehen sind. Unteranderem erkennt man Staubpartikel auf diesem Filter als Donuts. Auerdem kann diesesBild als Landkarte der Verstrkungen betrachtet werden und somit werden ungleicheBereiche angeglichen.

    Abb. 10: Ein Master-Dark skaliert auf 120 Sekunden

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    In Abb. 1213 ist zu sehen, wie nun schrittweise das aufgenommene Bild verbessert wird: Alserstes wird ein Master-Dark errechnet und dieses von dem Bild abgezogen. Von diesemMaster-Dark wird auch der Biasstrom subtrahiert. Im darauffolgenden Schritt wird aus denverschiedenen Raw-Flats ein Dome-Flat erstellt. Von diesem wird das Master-Dark auchsubtrahiert. Danach wird unser bereits korrigiertes Bild durch dieses Dome-Flat geteilt.

    Die Erstellung des Master-Darks muss nicht jedesmal vorgenommen werden. Es reicht aus,dies bei einer neuen Beobachtungsnacht zu vollfhren. Wie oben bereits erwhnt, lsst sichein Master-Dark einfach anpassen. Auch die Erstellung des Dome-Flats muss nicht jedesmalwiederholt werden, bei jeder nderung der Optik am Teleskop muss aber ein neues erstellt

    werden, auch wenn ein anderer Filter eingesetzt wird.13 vgl. Richard Berry und James Burnell: The Handbook of Astronomical Image

    Processing, 2006, S. 190

    Abb. 11: Bias-Bild und ein Flat (v.l.)

    Abb. 12: Veranschaulichung der Bild-Verbesserung

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    4 AuswertungIm ersten Teil der Auswertung beschftigen wir uns mit der Struktur und Zusammensetzungvon Planetarischen Nebeln. Im zweiten Teil haben wir die Strmgren Radien fr dieverschiedenen vorkommenden Gase berechnen und aus diesen Daten haben wir die Dichten

    der Nebel bestimmt. Unsere Nebel sind so gewhlt, dass wir sie gut mit unserem Teleskopaufnehmen knnen. Die Spektren der Nebel, sind in den jeweiligen Abbildungen zu sehen.Die Spektren wurden zustzlich mit den Transmissionsdaten der Breitbandfilter berlagert.Damit wir entscheiden knnen, welche Wellenlngen im Endeffekt am intensivsten zu sehensind.Eine Kurzbersicht ber die untersuchten Nebel gibt Tabelle 4. Um die Strmgren Radiender einzelnen Nebel zu vermessen haben wir mithilfe von Formel (1) die Anzahl derionisierenden Photonen Q ber die Sternentemperatur abgeschtzt. Auerdem bentigen wirhierfr die Oberflche des Sterns. Die Sterne haben wir als Kugel angenommen, d.h.

    . Unser grtes Problem war die Winkelgre der Nebel zu bestimmen und

    den Radius des Zentralsterns zu errechnen. Fr die Winkelgre haben wir mehrereSchnitte durch die Nebel gemacht und jeweils das Profil geplottet. Dieses Profil haben wirnun genauer analysiert, um den Durchmesser abschtzen zu knnen. Mithilfe derPlattenskala und dem Abstand knnen wir die Gre des Nebels berechnen. Die Grehaben wir mithilfe der visuellen Helligkeit bestimmt. Danach haben wir die Anzahl derionisierenden Photonen und die gemessene Gre in Formel (2) eingesetzt und dadurchhaben wir die Dichte errechnet.

    4.1 Struktur von NGC 2392Dieser Planetarische Nebel ist ziemlich hell und gehrt zu den Ringnebeln. Der Nebel hateine visuelle Helligkeit von +9,1 mag. Der zentrale Stern/Weier Zwerg besitzt eine visuelleHelligkeit von +10,5 mag. Er ist vor ca. 1.700 Jahren entstanden und damit ein relativjunger PN im Sternbild Zwillinge. Der Nebel besitzt eine doppelten Schalenmorphologie.Aufgrund der hat er den Namen Eskimo Nebel oder Clown Face bekommen. Entdeckt wurdeer von William Herschel in 1787. Die innere Schale ist viel heller als die uere. Der innereBereich betrgt etwa 1/4 - 1/3 des gesamten Durchmessers. Die uere Schale luft diffusaus und hat eine breite, helle Stelle im Sd-Osten. ber die uere Schale kann man nochsagen, dass sie nach auen hin heller wird. Auf Abb. 13 ist ein Falschfarbenbild des Nebels.Der sehr heie Zentralstern hat seine Gashlle ab gestoen, und ist zu einem weien Zwerggeworden. Er hat eine Oberflchentemperatur von 40.000 K und eine absolute Helligkeit

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    von 0,7 mag, also rund 40x heller als unsere Sonne. Er leuchtet noch fr einige 100 Mio.Jahre nach, bis er vollstndig erlischt. Noch immer dehnt sich die Gashlle mit ca. 54 km/saus, wodurch sich der Nebel alle 30 Jahre um ca. 1 vergrert.

    Der Eskimonebel zeigt zwei ausgeprgte Emissionslinien (Abb. 14) bei 500,7 nm und bei495,9 nm (beides trkis), die von 2-fach ionisiertem Sauerstoff (OIII) herrhren. Die Andereausgeprgte Emissionslinie liegt etwa bei 650,7 nm. Sie entspricht H Wasserstofflinie.Diese Spektrallinie liegt im orange-roten Bereich. Die Anderen, nicht so ausgeprgtenLinien liegen etwa bei 373,9 nm, 386,9 nm und 399,5 nm, die entsprechend von 1-fachionisierendem Sauerstoff (OII) und die beiden Anderen die von 2-fach ionisierendemStickstoff (NIII) herrhren. Alle drei Linien sind im ultravioletten/violetten Bereich. DieEmissionslinie bei 485,8 nm entspricht der H Wasserstofflinie. Die Bilder der einzelnenFilter sind im Anhang auf Abb. 20 zu sehen.

    Abb. 13: Falschfarbenbild NGC 2392

    Abb. 14: Spektrum von NGC 2392

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    4.2 Strmgren Radien von NGC 2392Im Anhang auf Abb. 20 sind die einzelnen Schnitte durch den Nebel zu sehen. Auf Abb. 21im Anhang sind die entsprechenden Graphen der Schnitte. Daraus haben wir die Radienabgeschtzt, die in Tabelle 5 zusammengefasst sind. Im Mittel ergibt sich ein Radius von

    0,3224 Lichtjahre fr die Ausdehnung dieses Nebels, bzw. 44,33 Bogensekunden. Was sichsehr gut mit der Literaturangabe von 42 Bogensekunden deckt. Auerdem haben wir einemittlere Dichte von 128 Atome/cm3.

    4.3 Struktur von NGC 2438Dieser planetarischer Nebel befindet sich im Bereich des offenen Sternhaufens M46 (NGC2437) und es wurde vermutet, dass er zu diesem Sternhaufen gehre. Diese Vermutungerscheint mittlerweile allerdings als wenig plausibel, da erstens die Radialgeschwindig-keiten der Objekte nicht bereinstimmen und zweitens die Sterne in M46 viel zu jung sind,um schon einen planetarischen Nebel produziert zu haben. Auf Abb. 15 sieht man dasSpektrum des Nebels. Vergleicht man es mit dem von NGC 3587, so stellt man fest, dassdie Spektrallinien eine nahezu identische Intensitt haben.

    Vom Aussehen und ihrer Struktur her unterscheiden sich die Nebel allerdings signifikant. NGC 2438 hat aus unserer Perspektive eine Ringform, wobei in den helleren innerenBereichen das blau-trkise Leuchten des angeregten Sauerstoffs dominiert. Weiter auenfinden wir einen schwcher leuchtenden Rand, der von der H Wasserstofflinie herrhrt.Dies kann man anhand von Abb. 22 nachvollziehen. Er hat einen mit 75.000 K einen extremheien Zentralstern. Zu sehen ist er auf Abb. 16.

    Abb. 15: Spektrum von NGC 2438 mit Filtern

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    4.4 Strmgren Radien von NGC 2438Im Anhang auf Abb. 22 sind die einzelnen Schnitte durch den Nebel zu sehen. Auf Abb. 23im Anhang sind die entsprechenden Graphen der Schnitte. Daraus haben wir die Radienabgeschtzt, die in Tabelle 6 zusammengefasst sind. Wir haben also eine mittlere Gre von

    0,562 Lichtjahren und eine mittlere Dichte von 42 Atome/cm3 .

    4.5 Struktur von NGC 3587

    Dieser Nebel ist auch bekannt als M97 oder als Eulennebel. Er befindet sich im SternbildGroer Br. Das Aussehen des Nebels erinnert entfernt an das Gesicht einer Eule. DerNebel hat neben den beiden dunklen Stellen keine ausgeprgte Struktur. Er zhlt damit zuden diffuseren Nebeln und hat eine visuelle Helligkeit von +10,8 mag Im B Filter scheintdie grte Strahlung von den NIII und HeII bergngen zu kommen, wobei die sehr starkeOIII Linie auch noch stark im B Filterbereich liegt. Im V Filter sind die verbotenenSauerstofflinien OIII am intensivsten. Im Roten Filter findet man dann die HWasserstofflinie. Anhand der Aufnahmen in den Breitbandfiltern B(Blau), R(Rot) undV(Visuell), welche in Anhang Abb. 26 zu sehen sind, kann man die rumliche Struktur derNebel untersuchen. Das Hauptelement im B Filter HeII hat eine nicht so groe rumliche

    Ausdehnung wie das Element im V Filter, Sauerstoff. Wie man zusammenfassend erkennt,unterscheiden sich die drei Aufnahmen nicht sehr deutlich. Zum Schluss noch daszusammengefgte (Falsch-)Farbbild des Nebels, Abb. 18.

    Abb. 16: Falschfarbenbild von NGC 2438

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    4.6 Strmgren Radien von NGC 3587Im Anhang auf Abb. 26 sind die einzelnen Schnitte durch den Nebel zu sehen. Auf Abb. 27im Anhang sind die entsprechenden Graphen der Schnitte. Daraus haben wir die Radienabgeschtzt, die in Tabelle 7 zusammengefasst sind. Im Mittel ergibt sich ein Durchmesser

    von 1, 2 Lichtjahre und eine Dichte von ca. 24 Atome/cm3.

    Abb. 17: Spektrum von NGC 3587 mit Filtern

    Abb. 18: Falschfarbenbild von NGC 3587

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    4.7 Struktur von NGC 4361NGC 4361 ist im Sternbild Rabe. Dieser eher diffus erscheinende Nebel hat eine scheinbareHelligkeit von +10,90 mag und ist so der hellste planetarische Nebel im Sternbild Rabe. Frdiesen Nebel lagen uns keine Spektraldaten vor. Seine Zusammensetzung unterscheidet sich

    aber kaum von denen anderer Nebel. Wenn man den Nebel genau betrachtet fallen in allendrei Filtern kleine Haken auf, die vom Nebel weggehen. Zuerst wurde er aufgrund dieserspiralfrmigen Erscheinung fr eine Galaxie gehalten.

    Im Anhang auf Abb. 22 sind die Aufnahmen, der einzelnen Filter. Die Bilder vom blauenund rotem Filter unterscheiden sich so gut wie gar nicht. Die Elemente die hier amhufigsten vertreten sind, Neon und Wasserstoff, verteilen sich diffus um das Zentrumherum. Nur in der OIII Linie kann man noch einen leichten Schleier erkennen.

    Abb. 19: Falschfarbenbild von NGC 4361

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    4.8 Strmgren Radien von NGC 4361Im Anhang auf Abb. 24 sind die einzelnen Schnitte durch den Nebel zu sehen. Auf Abb. 25im Anhang sind die entsprechenden Graphen der Schnitte. Daraus haben wir die Radienabgeschtzt, die in Tabelle 8 zusammengefasst sind. Das Problem bei diesem Nebel ist, dass

    wir keine Daten zum Spektrum gefunden haben. Im Mittel ergibt sich eine Gre von 1,217Lichtjahre und eine Dichte von 11 Atome/cm3 .

    5 DiskussionUnsere Ergebnisse passen gut zu den Literaturwerten, obwohl uns nur nur eingeschrnkteMittel zur Verfgung hatten. Das grte Problem war, dass wir keine Schmalbandfilter frunsere Beobachtungen hatten. So mussten wir auf sekundre Quellen zurckgreifen. Auchdie Spektraldaten konnten wir nicht selber aufnehmen, da uns kein Spektrometer zurVerfgung stand.So nutzen wir die Datendank williams.edu/Astronomy/research/PN/nebulae fr dieSpektraldaten. In die Bearbeitung der Daten mit ImageJ mussten wir uns zunchsteinarbeiten. Nach einiger Zeit haben wir jedoch die Features des Programms durchschautund es hat sogar Spa gemacht mit den Mglichkeiten ein wenig zu spielen. Die prziseBearbeitung und das Zusammenfgen der einzelnen Bilder stellte sich dann doch alsschwieriger und vorallem zeitaufwndiger heraus als zunchst angenommen. DieAusarbeitung der Theorie war dank der institutseigenen Bibliothek kein Problem. Beioffenen Fragen und Problemen stand uns Herr Hessman mit Rat und Tat zur Verfgung.Darber hinaus konnten wir ber die Strmgren-Radien eine qualitative Untersuchung der Nebel durchfhren und daraus Dichten berechnen. Alle bestimmen Dichten liegen imvorhergesagten Bereich, von ca. 1-1000 Atome/cm3. Interessant ist, dass es zwischen denNebeln groe Unterschiede gibt. So reichen die Dichten von ca. 11 Atomen/cm3 (NGC 4361)bis zu ca. 128 Atomen/cm3 (NGC 2392). Nun gibt es prinzipiell drei Mglichkeiten, die zuden Diskrepanzen fhren konnten. Die Dichte ist bei lteren Nebeln geringer, da diese mehrZeit zur Verfgung hatten, sich auszubreiten. Es knnte natrlich auch sein, dass zu wenig

    Materie bei der Entstehung vorhanden war, und der Nebel daher dnner ist. Die dritteMglichkeit ist, dass der Zentralstern zu wenig Energie abstrahlt und so nicht die gesamteMaterie zum Leuchten anregen kann. Die tatschliche Gre kann daher grer sein. Dasich alle Dichten in der selben Grenordnung bewegen, scheint dieser Effekt jedoch geringzu sein.Zusammenfassend kann man sagen, dass das Praktikum einen interessanten Einblick in diekomplizierte Materie der planetarischen Nebel gab. Zustzlich lernten wir die Werkzeugeeines Astrophysikers kennen.

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    Literatur[1] Burbidge, Sandage, Shu: Annual Review of Astronomy and Astrophysics, Vol. 40, 2002[2] G. A. Gurzadyan: The Physics and Dynamics of Planetary Nebulae, A&A Libary, 1997

    [3] Kenneth R. Lang: Astrophysical Formulae, A&A Libary 1999[4] Richard Berry, James Burnell: The Handbook of Astronomical Image Processing,Willbell 2005

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    Wie Brahe und Kepler Positionender Marsbahn bestimmt haben

    Wulfried Heidrich

    Die Erkenntnisse ber die Gesetzmigkeiten. welche die Form der Marsbahn ergehen.haben entscheidend zum Durchbruch des Copernicanischen Weltbildes beigetragen. Dabeiist der Beitrag der beiden Astronomen Kepler und Brahe zur Bestimmung der Marsbahnzwar ganz unterschiedlich, aber die sehr genauen Messungen von Positionen. insbesonderevon Oppositionen des Mars durch Brahe ber ein Jahrzehnt, sind ebenso unverzichtbar dafrwie die modellierende Auswertung dieser Meergebnisse durch Kepler. Allenfalls kann mansich wundern, da beide Astronomen von einer grundstzlich fehlerhaften Vorstellung vomSonnensystem ausgingen, Kepler in seinem Mysterium cosmographicum von

    Planetenbahnen, zwischen welche die fnf platonischen Krper sich einflgen lassen solltenund Brahe von einer Art semigeozentrischen Planetensystem, in dem die Sonne, von denPlaneten umkreist, mit diesen zusammen die Erde umkreisen sollte. Doch in beiden Fllenwaren die genannten Hypothesen offenbar die Motivatoren fr die auerordentlichenLeistungen der beiden Astronomen.Um solche wissenschaftlichen Verdienste jungen Menschen nher zu bringen, ist vielleichtnicht so sehr die Abstraktion der Keplerschen Gesetze der geeignete Ansatz, sondern es sindvermutlich eher die damaligen konkreten Messungen und deren Auswertung.

    Meergebnisse im 16. und 17. Jahrhundert

    Bei seinen astronomischen Aktivitten stand Brahe im stndigen engen Briefwechsel mitdem Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen. der damals schon in Kassel ein eigenesObservatorium eingerichtet und u. a. In it genau gehenden Uhren ausgestattet hatte.Eines der Me- bzw. Rechenergehnisse aus der damaligen Zeit soll hier einmal nherinteressieren, weil es zu den Ergebnissen gehrt, die Kepler spter kritisch untersucht hat:die Opposition des Mars am 29.12.1582 um 12 Uhr 16:

    Es beruht auf Beobachtungen Brahes in seiner spter erbauten Sternwarte Uraniborg auf derInsel Hven im resund.Aus heutiger Sicht besteht vielleicht einiger Erklrungshedarf. So ist z.B. daraufhinzuweisen, da die Lngenangaben damals seltener als absolute Werte verwendet wurden,sondern meistens auf die einzelnen Sternbilder des Tierkreises bezogen waren. Dabeiwurden entweder die Tierkreissymbole verwendet, wie oben beim beobachteten Marsort,oder sogenannte Signa. wie oben beim mittleren Sonnenort (von 0 fr Aries bis 11 frPisces). Jedem Tierkreissternbild wurden dabei 30 zugemessen.Nun sollte jeweils der Zeitpunkt ermittelt werden, an dem sich Sonne und Mars genau in

    Opposition zueinander befanden, also in genau entgegengesetzten Sternbildern, und dieVorsictellung der ,,Sonnenbewegung, die Kepler nur zur Erluterung seiner kritischenUntersuchungen gelegentlich verwendete, fhrte zu dem Begriff mittlerer Sonnenort.

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    Genau diesen Begriff sah Kepler jedoch kritisch (u.a. /4/, S. 104), und er uerte dieVermutung, da schon dadurch Differenzen vorn wahren Ort der Opposition von bis zu 13,4im o.a. Beispiel fast 5) Winkelminuten zustande gekommen sein knnten.Die Zeitangabe ist als Sternzeit zu betrachten, um 12 Uhr 16 mittags (Ortszeit) z.B. htte

    man den Mars nicht sehen knnen. Da Brahe auf der Insel Hven im Kattegat beobachtethatte, beziehen sich die Zeiten auf den Lngengrad dieser Insel, die damals eine hnlicheRolle gespielt haben knnte wie spter der Nullmeridian in Greenwich. Auch dieKeplersche Weltkarte mit der Bezeichnung Meridianus Tabulae Rudolfii aus dieser Zeitdeutet das an (Das sind also Keplers Tafeln fr die Planetenrter, die er unter Anwendungder von ihm geftindenen Gesetze im Auftrage Kaiser Rudolf II spter aufstellte).

    Abb. 1: Weltkarte nach Kepler

    Brahes Bestimmungen einer MarsoppositionNun ist einmal einiges ber die Einzelmessungen von Brahe auszufhren, was am Beispielder Oppositionswerte (oben) dargestellt werden soll /2/.Brahe ging von den gesicherten Fixsternkoordinaten fr Aldebaran (A) im Taurus und frCastor (B) in Gemini aus. Um zu den gesuchten Gren Lnge und Breite des Mars im

    Dreieck BCP gegenber der Ekliptik DE zu kommen, berechnete er Stcke in zweiHilfsdreiecken: im ersten wurden die groen Seiten PA und PB mit Hilfe der ekliptikalenBreiten von Aldebaran und Castor dargestellt. Wenn man die ekliptikalen Lngen der

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    beiden Referenzsterne A (Aldebaran) und B (Castor) bercksichtigt und beide auf dasSternbild Gemini bezieht, also verglichen mit Cancer um 300 versetzt, dann erhlt man denWinkel APB zwischen ihnen mit 4029'9" am Ekliptikpol. Mit dem Seitencosinussatz kannder Winkel PBA ermittelt werden, Im Dreieck ABC ist dann mit den aktuell gemessenen

    Abstnden zwischen Aldebaran und Mars AC und zwischen Castor und Mars BC derWinkel ABC ebenso zu errechnen. Ergnzt man die Summe der Winkel PBA und ABC zu360, so erhlt man den Winkel im Dreieck BCP, kann nun wieder mit demSeitencosinussatz in diesem Dreieck die Seite PC berechnen, deren Komplement dieekliptikale Breite des Mars CD ist.

    Abb. 2: Brahes Beobachtungen zur Mars-Opposition 1582

    Nun hat Brahe den Seitencosinussatz wohl nicht in der heutigen Form verwendet, sondernder ist von ihm (s. /1/) in mehreren Einzeloperationen beschrieben, die dann miteinanderkombiniert werden, jedenfalls beginnt er sein DOGMA IX SPHAERICORUM (freibersetzt): in einem schiefwinkligen Dreieck mit drei gegebenen Seiten einen beliebigenWinkel finden, was hier aber nicht weiter zu untersuchen ist. Die von ihm vorgenommeneUnterscheidung von Zwischenergebnissen (Inventum I, Inventum II, Inventum III) deutet aufdie Komplexitt seiner Rechenvorschrift hin. Wenn er auerdem vom sinus complementispricht, kann er damit nur den Cosinus meinen.Die ekliptikale Lnge des Mars wird, wieder mit dem Seitencosinussatz ber den Winkel

    APC und die Summe dieses Winkels mit der Lnge von Aldebaran gebildet, wobei zurAngleichung der bezogenen Sternbilder Gemini und Cancer 30 subtrahiert werden. NachBrahes (exactior examinatio) sorgfltigen berprfung der Werte anhand von Castor fander heraus: Am 26.12. um 20 Uhr 30 hatte der Mars eine ekliptikale Breite von 4 und eine

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    ekliptikale Lnge von 1738'41" im Sternbild Cancer.Am 27. vormittags um 7 Uhr 15 waren seine Werte unter Einbeziehung des Sternbildes Leofolgendermaen: Ekliptikale Breite = 42', ekliptikale Lnge = 1727'12"Cancer.Am 30. Dezember schlielich war die Breite 45` und die Lnge = 16 0 1/2' Cancer.

    Da es sich fortlaufend um Ekliptikwerte handelt, kann man sie unmittelbar mit denentsprechenden Werten der Sonne vergleichen, und der Zeitpunkt kann ermittelt werden, andem sich die Erde genau zwischen Sonne und Mars befindet. Das mute offensichtlich derFall zwischen den Messungen am 27. und 30.12.1582 gewesen sein, wie die gleichzeitigefortlaufende Messung der Sonnenephemeride im entgegengesetzten Sternbild ergab (s.o.).Am 28. und 29. 12. selbst war mglicherweise witterungsbedingt eine Messung derMarsposition nicht mglich, obwohl inzwischen andere Referenzsterne gewhlt wordenwaren. Die Zwischenwerte wurden dann wahrscheinlich interpoliert.

    Es bleibt noch die Frage zu beantworten, wie Brahe die Abstnde AC und BC ermittelt hat.

    Das Megert, das er dabei hchstwahrscheinlich verwendete, hatte er selbst aus einemZirkel entwickelt. Er peilte die beiden Sterne, deren Abstand er wissen wollte, nacheinanderan und las den Winkel ab, den die beiden Zirkelschenkel miteinander bildeten. Dieses Gertwar jedenfalls ein Vorlufer des heutigen Spiegelsextanten als Sechstelmekreis.

    Abb. 3: Sextant nach Brahe

    Das Anpeilen der Sterne hat sich mglicherweise als extrem schwierig erwiesen, wenn manvom Scheitel des Zirkels aus in Richtung der beiden Schenkel peilte. Man kann deshalbdavon ausgehen, da jede Messung mehrfach wiederholt wurde, und da dann einarithmetisches Mittel gebildet wurde, wie es Kepler in seiner ASTRONOMIA NOVA einige

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    Male erwhnte bzw. in seinen Berechnungen bzw. Beobachtungen selbst anwendete. Unterden Mewerteaufstellungen, die dem ausfhrlichen Berechnungsheispiel der ersten Seitefolgt und die im einzelnen nicht mehr nachvollzogen wurden, sind dann die Rektaszensions-und Deklinationswerte der Referenzsterne verschiedener Beobachtungstage aufgefhrt. Was

    hier auffllt, sind die unterschiedlichen Differenzen, die insbesondere zwischen BrahesRektaszensionen und den heute blichen Werten (nach Karkoschka, /3/) auftreten, obwohlsie alle sich etwa im Rahmen der durch Przession seit 1582 entstandenen Vernderungenhalten:

    Fr Mars ist fr den 30. Dezember eine Rektaszension ermittelt worden, die sich sinnvoll indiejenige dieser Vergleichssterne einfgt. Schlielich weist Brahe im gleichenZusammenhang auf eine einfache Meridianhhenmessung des Mars hin. In dieser Art derMessung knnte eine Ursache fr die Abweichungen der Rektaszensionen liegen, die dannbei Kepler in der Nachberechnung von dessen Mebeispiel auftreten: Die Positionen derFixsterne, die als Richtschnur dienen sollten, waren trotz aller bewundernswertenMetechnik Brahes damals nicht genau genug zu ermitteln! Der groe Radius desQuadranten oder Viertelkreises wird zwar in seiner Megenauigkeit zustzlich durch eine sogenannte Transversalenteilung zwischen zwei Winkelgraden untersttzt, so da Brahe selbst

    Winkelminuten und Bruchteile davon ablesen bzw. schtzen konnte, wenn auch noch keineWinkelsekunden. Die Peilrichtung war die Richtung des Meridian, so da Fixsterne desnrdlichen Sternhimmels zeitlich in ihrer Kulmination erfat werden konnten. Das Problem bei der Bestimmung der Kulminationszeit war damals vielmehr die Uhr, denn einezuverlssige Messung von Zeitsekunden war noch lngst nicht mglich. HeutigeMeridiankreise, die aus den frheren Quadranten hervorgegangen und nun mit Fadenkreuzin einem Teleskop ausgestattet sind, messen den Durchgang eines Sterns durch denMeridian auf weniger als 0,05 Zeitsekunden genau.

    Zur Bestimmung der Sternzeit bediente man sich damals, wie man das auch heute tut, des

    Punktes der Tag- und Nachtgleiche im Frhjahr, und die Sterne, die in dieser Zeit geradekulminieren, bestimmen den Nullpunkt der Sternzeit. Leider gibt es keinen besondersspektakulren Stern, sondern nur ein Sternbild, das den Frhlingspunkt gewissermaentransportiert, das ist gegenwrtig das Tierkreissternbild Pisces. Gegenwrtig bedeutet, dader Punkt sich verschiebt und zwar infolge der Erdbewegung, deren Rotation nichtschnurgerade erfolgt, sondern eher wie ein Kinderkreisel taumelnd, wenn auch zum Glcknicht so schnell. Der Vorgang der Verschiebung des Frhlingspunktes wird Przessiongenannt und betrgt seit 1600 etwa 5,6 vom Sternbild Widder in Richtung zum SternbildAquarius gemessen. Man vergleiche dazu noch einmal die oben angefhrtenRektaszensionen von Brahe und Karkoschka!

    Zu dem Problem der genauen Zeitmessung, das besonders von Kepler bei seiner Arbeit mitden Braheschen Meergebnissen aufgegriffen wurde und schlielich zum entscheidendenDurchbruch fhrte, gibt es eine bewundernswerte technische Weiterentwicklung, die ein

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    Uhrmacher, Astronom und Mathematiker im Dienste des schon erwhnten HessischenLandgrafen Wilhelm IV in Kassel entwickelt hat. Es ist eine so genannte quationsuhr, dieim dortigen Astronomisch-Physikalischen Kabinett in der Orangerie zu besichtigen ist.

    Abb. 4: quationsuhr von Jost Brgi

    Dieser Handwerker der Wissenschaft, Jost Brgi, der Wahihesse aus der Schweiz, hat nichtnur ein Problem der Zeitmessung erstmals zu lsen versucht, sondern darber hinaus eineganze Reihe von Anschauungs- und Megerten praktisch hergestellt, welche dieastronomische Beobachtung voranbrachte. In der von ihm gebauten Uhr wird der Versuchunternommen, den Unterschied zwischen der wahren und der mittleren Sonnenzeit mebarzu machen. (Die wahre Sonnenzeit ist sonst eigentlich nur an einer Sonnenuhr abzulesen,whrend die mittlere Sonnenzeit zum Unterschied von der wahren Sonnenzeit zwargleichmig abluft, aber fr genaue Positionsbestimmungen hufig zu Fehlern fhrenmu.) Letztlich hat Kepler anhand dieser Zeitunterschiede herausgefunden, da entgegender aristotelischen Lehre die Planetenbahnen keine gleichmigen Kreisbewegungen sein

    knnen.

    Keplers eigene Beobachtungen und Auswertungen von MarsbahnpositionenIm Kapitel 11 seiner ASTRONOMIA NOVA beschrieb Kepler einige eigene Messungen vonMarspositionen. Stndig zog er dabei die Werte der Tafeln insbesondere von Brahe zurKontrolle heran. Anhand dieser Werte kontrollierte er selbst die Genauigkeit der eigenenMegerte, eines Quadranten und eines Sextanten. Schlielich wiederholte er Messungen,um dann den genaueren Wert als arithmetisches Mittel zu erhalten.Ein Beispiel fr eine seiner Messungen der Marsposition stellt er im Kapitel 11 (in /4/ aufSeite 118) folgendermaen dar, die er am 27. Februar 1604 in Prag durchgefhrt hat, wobeier selbstkritisch an den Leser gewandt formuliert: "Wenn ich die meinigen (Beobachtungen)bentze, werde ich Dir ein Schauspiel zum Lachen bieten...Das ist dann jedoch nicht der Fall. In der weiteren bersetzung heit es nmlich: Ich stellteauch die Meridianhhe des Mars mithilfe des Quadranten zu 324', die der Spica zu 3050'

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    fest; da deren Deklination 92' betrgt, bleibt fr Mars eine Deklination von 748'. Die Hheder Spica lie aber erkennen, da es mit meinem Lot nicht hinreichend stimmt, denn diequatorhhe ist an meinem Ort 3954', daher die Meridianhhe der Spica 3052', die desMars 326'. Aus der Deklination des Mars nun und seiner Entfernung von einem Fixstern

    ergab sich seine Rektaszension. und zwar

    mit Spica zu 30557'36''mit der Waage zu 3063'17''Unterschied 05'41''Mittlerer Betrag 3060'26''

    Allerdings mu der fr Spica genannte Wert als sdlicher Deklinationswert erkannt werden,heute durch ein Minuszeichen hervorgehoben. Schwerer wiegt die Tatsache, da dieRektaszensionsdifferenzen zwischen Mars und den zum Vergleich herangezogenen

    Referenzsternen in der vorgenommenen Nachberechnung keine zufriedenstellendeGesamtrektaszension des Mars ergeben, obwohl extra die damaligen Werte von Spica,Arktur und Zubeneschemali (Nrdliche Waage) verwendet wurden. Die Werte dafrbetragen, bezogen auf Spica, 205,8, auf Arktur 203,74 und auf Zubeneschemali 206,13.(Hier sei noch einmal fr die Mitarbeit von Inga Gryl und Professor Lotze von der Friedrich-Schiller-Universitt in Jena sowie von Ulrich Bastian von Sterne und Weltraum gedankt.)Eine Erklrung fr die Abweichungen der einzelnen Marsrektaszensionen untereinander vonmehr als 1 ist vielleicht mglich, wenn man bedenkt, da Tycho Brahe den Stemdurchga