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RWE Generation SEITE 1 KORROSIONSVERHALTEN AUSTENITISCHER KONDENSATORROHRE simulierte Korrosionsversuche 21.10.2015 Werkstoffwoche 2015, Dresden, 14.-17.09.2015 Ralf Uerlings, RWE Generation SE, CoC Quality Assurance & Materials

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RWE Generation SEITE 1

KORROSIONSVERHALTEN AUSTENITISCHER KONDENSATORROHRE simulierte Korrosionsversuche

21.10.2015

Werkstoffwoche 2015, Dresden, 14.-17.09.2015 Ralf Uerlings, RWE Generation SE, CoC Quality Assurance & Materials

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Korrosionsverhalten austenitischer Kondensatorrohre in Anlehnung an die VGB-Richtlinie 113 L

21.10.2015

Inhalt 1 Motivation 2 Austenitische Kondensatoren 3 VGB-R 113 L 4 Kühlwässer 5 Versuchsreihen 1- 3 6 Zusammenfassung der Ergebnisse 7 Fazit

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1 Motivation

• Austenitische Kondensatorrohre sind während Stillstandzeiten durch Einwirkung von Chloriden im Kühlwasser anfällig für Loch- und Spaltkorrosion

• Im Rahmen der Energiewende werden häufige Blockstillstände > 3 Tage erwartet

• In der VGB-Richtlinie 113 L „Rohre für Kondensatoren und andere Wärmetauscher“ werden Maßnahmen zur Stillstandkonservierung in kurze Stillstände (1 – 3 Tage) und lange Stillstände (> 3 Tage) unterschieden

21.10.2015

RWE Generation SEITE 4

1 Motivation

• Es liegen KEINE PRAKTISCHEN ERFAHRUNGEN über das Korrosionsverhalten ohne Einhaltung der VGB-R 113 L bei Stillständen vor

21.10.2015

⇒ Versuchsprogramm zur Bewertung austenitischer Kondensatorrohre in Zusammenarbeit mit dem IFK Institut für Feuerungs- und Kraftwerkstechnik der Universität Stuttgart

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2 Austenitische Kondensatoren Einsatz in Braunkohlekraftwerken

21.10.2015

Kraftwerk Anlage Leistung Maßnahme Jahr

Weisweiler Block M (MVA) 35 MW Neubau 1996

Niederaußem Block K 1000 MW Neubau 2001

Weisweiler Block G 600 MW Ertüchtigung* 2007

Niederaußem Block F 600 MW Ertüchtigung* 2008

Weisweiler Block H 600 MW Ertüchtigung* 2009

Niederaußem Block H 600 MW Ertüchtigung* 2009

Neurath Block D 600 MW Ertüchtigung* 2010

Neurath Doppelblock F/G

1.000 MW (jeweils)

Neubau 2011

* Ertüchtigung = Austauschen der Messingrohre gegen austenitische Rohre

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2 Austenitische Kondensatoren Beispiel: 1000 MW Anlage

21.10.2015

Anzahl der Rohre 45278

Rohrlänge 16.590 mm (einzelnes Rohr) 75 km Gesamtlänge in einem Kondensator

Rohrwanddicke 0,5 mm

Durchmesser 20 mm

Werkstoff X2CrNiMo17-13-2 (Werkstoff-Nr.: 1.4404)

Betriebstemperatur ca. 70°C

RWE Generation SEITE 7

2 Austenitische Kondensatoren Werkstoffauswahl

21.10.2015

• Preiswerter • Passivität gegenüber den üblichen Kühlwässern

⇒ geringeres Korrosionsrisiko • Geringere Rohrwanddicken • Höhere Strömungsgeschwindigkeiten • Günstigerer Wärmetransport erlaubt „kleinere“ Kondensatoren

Vorteile austenitischer Kondensatorrohre gegenüber Messing

• Empfindlichkeit gegenüber Chloriden Nachteil

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2 Austenitische Kondensatoren Funktion eines Kondensators

• Kondensator dient der Verflüssigung des Abdampfes aus der Turbine. Dies ermöglicht einen geschlossenen Kreislaufprozess.

• Hauptaufgaben sind die Kondensierung, Entgasung und Sammlung des abströmenden Dampfes

• Der Gesamtwirkungsgrad eines Kraftwerks wird im Wesentlichen von der Leistung des Kondensators beeinflusst ⇒ Rentabilität

• Schäden am Kondensator können den gesamten Wasser-Dampf-Kreislauf durch Korrosionseffekte beschädigen

21.10.2015

RWE Generation SEITE 9

2 Austenitische Kondensatoren Aufbau eines Kondensators

21.10.2015

Teilbündel-Oberflächenkondensator, Fa. BBC

Anordnung der Rohre

RWE Generation SEITE 10

3 VGB Richtlinie 113 L Forderungen bei Stillstandzeiten > 3 Tage

21.10.2015

Mit Erfüllung folgender Anlagenkonfiguration: • Existenz von Absperrarmaturen • Füllstands- und Entlüftungspumpen • Spül- und Auffülleinrichtungen für salzarmes Wasser (Deionat)

⇒ Kondensator kühlwasserseitig entleeren, Absperrorgane schließen

⇒ Auffüllen der Kondensatorwasserräume mit salzarmem Wasser (Deionat)

⇒ Füllstands- und Entlüftungspumpen in Betrieb halten

RWE Generation SEITE 11

3 VGB Richtlinie 113 L Forderungen bei Stillstandzeiten > 3 Tage

21.10.2015

Ohne Erfüllung vorbeschriebener Anlagenkonfigurationen:

⇒ Kondensator kühlwasserseitig entleeren

⇒ Eventuell vorhandene Fremdkörper entfernen

⇒ Kondensatorrohre sofort mit salzarmem Wasser (Deionat) spülen

⇒ Eventuell vorhandene Beläge entfernen

⇒ Kondensatorrohre sofort trocknen und trocken halten

RWE Generation SEITE 12

3 VGB Richtlinie 113 L Konsequenzen

21.10.2015

• Führende Lieferanten bestehen auf die Einhaltung der Richtlinie zum Erhalt der Gewährleistung

• Folgen: Kostenexplosion Wirtschaftlichkeit ist gefährdet

RWE Generation SEITE 13

4 Kühlwässer

21.10.2015

• Kühlwasserqualitäten sind abhängig vom Kraftwerksstandort und den verwendeten Wässern (Flusswasser, Meerwasser, Brackwasser, etc.)

⇒ Stark variierende Korrosionsgefährdungen der Kondensatorrohre

• Die Bewertung erfolgt nach dem Ryzner- Index Durch den Ryzner – Index wird die Kesselsteinbildung bestimmt

• Die Kesselsteinbildung ist abhängig von: - Temperatur - pH-Wert - Leitfähigkeit - Kalziumhärte - Säurekapazität

Ryzner Index Bewertung

> 7 Korrosion

6-7 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

5-6 leichte Kesselsteinbildung, keine Korrosion

4-5 intensive Kesselsteinbildung, keine Korrosion

RWE Generation SEITE 14

5 Versuchsreihe 1 Kühlwässer

21.10.2015

Versuchsreihe Kraftwerk Chloridgehalt Ryznar–Index

1 Niederaußem 375 mg/l 5,7 leichte Kesselsteinbildung

1 Weisweiler 112 mg/l 6,1 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

1 Ibbenbüren 484 mg/l 6,6 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

RWE Generation SEITE 15

5 Versuchsreihe 1 Versuchsdurchführung

21.10.2015

Temperaturen 30°C und 50°C

Versuchsdauer 4 Tage und 20 Tage

Rohrwerkstoff X2CrNiMo17-13-2, 1.4404

Probenmaterial 66 Rohre Ø 20 mm, t= 0,5 mm, l = 200 mm

Ryznar–Index max. 6,6 (Ibbenbüren), leichte Korrosion

Komplett gefülltes Rohr

Halb gefülltes Rohr (Dreiphasengrenze) Wassersack

RWE Generation SEITE 16 21.10.2015

5 Versuchsreihe 1 Versuchsdurchführung

Zusätzlich durchgeführte Strömungssimulationen:

• Permanent durchströmtes Rohr

• Komplett mit Wasser gefülltes Rohr nach drei Tagen entleert und wieder verschlossen

• Wasseraustausch alle 2- 3 Tage

• Nullproben (ohne Füllung)

RWE Generation SEITE 17 21.10.2015

5 Versuchsreihe 1 Ergebnisse

⇒ Keine erkennbaren Veränderungen der Innenoberflächen durch Beläge bzw. Korrosion

Ibbenbürener Kühlwasser 50°C, 20 Tage

RWE Generation SEITE 18

5 Versuchsreihe 2 Kühlwässer

21.10.2015

Versuchsreihe Kraftwerk Bemerkung Chloridgehalt Ryznar–Index

1 Niederaußem 375 mg/l 5,7 leichte Kesselsteinbildung

1 Weisweiler 112 mg/l 6,1 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

1 Ibbenbüren 484 mg/l 6,6 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

2 Niederaußem 280 mg/l 7,7 korrosiv

2 Niederaußem 1. Eindickung 550 mg/l 6,6 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

2 Niederaußem 2. Eindickung 940 mg/l 6,2 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

2 Eemshaven Nordseewasser 15.200 mg/l 9,6 stark korrosiv

RWE Generation SEITE 19

5 Versuchsreihe 2 Versuchsdurchführung

21.10.2015

Temperaturen 30°C, 50°C und 80°C

Versuchsdauer 4 Tage und 21 Tage

Rohrwerkstoff X2CrNiMo17-13-2, 1.4404

Probenmaterial 54 Rohre Ø 20 mm, t= 0,5 mm, l = 200 mm

Ryznar–Index max. 9,6 (Eemshaven), starke Korrosion

Simulierte Spaltbildung (Spaltkorrosion)

Simulierte Spaltkorrosion Rohr mit Fremdkörper (Stein)

Spalt

Taprogge- kugel

Stein Stein

RWE Generation SEITE 20 21.10.2015

5 Versuchsreihe 2 Ergebnisse

⇒ Keine Anzeichen einer Korrosion

⇒ Keine Anzeichen einer Korrosion

Rohr mit fixierter Taproggekugel Eemshavener Kühlwasser 21 Tage, 50°C

Rohr mit simulierter Spaltbildung Eemshavener Kühlwasser 21 Tage, 50°C

RWE Generation SEITE 21 21.10.2015

5 Versuchsreihe 2 Ergebnisse

⇒ Krustiger weißer, salzartiger Belag und rostbraune Flecken

⇒ Anzeichen einer beginnenden Lochkorrosion

Simulierter Wassersack Eemshavener Kühlwasser 21 Tage, 50°C

RWE Generation SEITE 22

5 Versuchsreihe 3 Kühlwässer

21.10.2015

Versuchsreihe Kraftwerk Chloridgehalt Ryznar–Index

1 Niederaußem 375 mg/l 5,7 leichte Kesselsteinbildung

1 Weisweiler 112 mg/l 6,1 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

1 Ibbenbüren 484 mg/l 6,6 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

2 Niederaußem 280 mg/l 7,7 korrosiv

2 Niederaußem 1. Eindickung 550 mg/l 6,6 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

2 Niederaußem 2. Eindickung 940 mg/l 6,2 leichte Kesselsteinbildung bis leichte Korrosion

2+3 Eemshaven Nordseewasser 15.200 mg/l 9,6 stark korrosiv

RWE Generation SEITE 23 21.10.2015

5 Versuchsreihe 3 Versuchsdurchführung Temperaturen 25°C

Versuchsdauer 40 Tage

Rohrwerkstoff X2CrNiMo17-13-2, 1.4404

Probenmaterial 24 Rohre Ø 20 mm, t = 0,5 mm, l = 200 mm

Ryznar–Index 9,6 (Eemshaven), stark korrosiv

Einsatz defekter Rohre, aussortiert nach negativem Dichtigkeitstest, genaue Fehler sind unbekannt, visuell keine Anzeichen einer Schädigung erkennbar

Schraube

Kontaktkorrosion (Spaltkorrosion)

beschädigte Oberfläche

Stahlwolle Furchen

Furchen „unedler“ verschweißt

Lokalelement

RWE Generation SEITE 24

5 Versuchsreihe 3 Ergebnisse

21.10.2015

Simulierte Kontaktkorrosion mit Schraube

⇒ Teilweise rostbraune Beläge auf der Innenoberfläche

⇒ Keine Anzeichen einer Korrosionsschädigung

RWE Generation SEITE 25 21.10.2015

5 Versuchsreihe 3 Ergebnisse

Simulierte Kontaktkorrosion mit Stahlwolle

⇒ Teilweise rostbraune Beläge auf der Innenoberfläche

⇒ Keine Anzeichen einer Korrosionsschädigung

RWE Generation SEITE 26

5 Versuchsreihe 3 Ergebnisse

21.10.2015

Beschädigung der Innenoberfläche und anschließenden verschweißen

⇒ Anlauffarben

⇒ Keine Anzeichen einer Korrosionsschädigung

RWE Generation SEITE 27

6 Zusammenfassung der Ergebnisse

• Trotz der teilweise für den Kondensatorbetrieb unrealistischen Versuchsbedingungen liegen keine signifikanten Korrosions-schäden vor (Ausnahme: eventuell 5 µm beginnende Loch-korrosion nach 21 Tagen, 50°C im simulierten Wassersack)

• Das Korrosionsverhalten des austenitischen Werkstoffs 1.4404 ist für den Kondensatorbetrieb als sehr gut einzustufen

• Im Normalbetrieb ist auch nach Stillständen > 30 Tage ohne Einhaltung der VGB – Richtlinie 113 L mit keinen Korrosions-schäden zu rechnen

21.10.2015

RWE Generation SEITE 28

7 Fazit

• Die VGB-Richtlinie 113 L ist zu allgemein und nicht praxisgerecht ausgelegt.

• Die Einhaltung der 113 L zur Erhaltung der Gewährleistung ist nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht gerechtfertigt.

• Eine Überarbeitung der Richtlinie mit dem Ziel einer flexibleren Auslegung ist zu empfehlen, z.B. − Einleitung der Maßnahmen erst bei Stillständen > 21 Tage − die Maßnahmen von der Korrosivität des Kühlwassers

abhängig machen und zu klassifizieren, z.B.: A (keine Korrosivität), B (geringe Korrosivität), C (hohe Korrosivität)

21.10.2015

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VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT.

21.10.2015