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48 JOT 8.2014 Prozesswasser-Aufbereitung Kosten senken, Betriebssicherheit steigern Bei galvanischen Prozessen oder Beschichtungsprozessen entstehen Abwässer, die ein lästiges Übel sind. Der Metallwaren-Hersteller Hailo zeigt, dass Betriebssicherheit bei gleichzeitig niedrigen Aufarbeitungskosten mit moderner Destillationstechnik möglich ist. B ei galvanischen Prozessen wie der Verkupferung, Verchromung oder Vernickelung oder bei der Oberflä- chenbehandlung vor einer Lackie- rung (Phosphatieren) werden nach je- dem Prozessschritt große Spülwasser- mengen benötigt. Diese Prozesswässer werden häufig direkt vor Ort auerei- tet, sodass Schwermetalle entfernt und giſtige Inhaltsstoffe eliminiert sind. In vielen Fällen kommt dabei ein chemisch-physikalisches Verfahren zum Einsatz. Prozesswasser wird mit Hilfe von Säure oder Lauge neutrali- siert, Hilfsstoffe und zusätzliche Reak- tionsschritte beseitigen eventuell vor- handene kritische Inhaltsstoffe wie Cy- anide oder Chromsäure. Danach wird mit einem Flockungsmittel Schlamm erzeugt, der Öle, Fette und Schwerme- talle aus dem Wasser entfernt. Die ent- stehende Klarphase kann unter Beach- tung von Grenzwerten in den Kanal eingeleitet werden. Die Investitionskosten für diese Art von Behandlungssystem sind rela- tiv niedrig. Die Betriebskosten für Che- mikalien oder der Betreuungsaufwand, insbesondere bei schwankenden Wasser- zusammensetzungen, sind dagegen hoch, vor allem auch durch die Überwa- chung der behördlichen Einleitgrenzwer- te. Zudem muss benötigtes Frischwasser für die Spülstufen aus Stadtwasser er- zeugt werden, da der Salzgehalt des ge- reinigten Wassers aus der chemisch-phy- sikalischen Behandlung für eine Wieder- verwendung im Prozess zu hoch ist. Moderne Behandlung durch Vakuumdestillation Alternativ zur chemisch-physikali- schen Behandlung kann das Prozess- wasser auch auf thermischem Weg auf- bereitet werden. Vakuumdestillation macht sich das Prinzip der Trennung nach Siedepunkt-Unterschieden zunut- ze: Stoffe mit einem hohen Siedepunkt (wie Öle, Fette oder Metallsalze) wer- den beim Verdampfen von Wasser zu- rückgelassen – so wie in einem auf dem Herd vergessenen Teekessel Kalk und Salze zurückbleiben, wenn das kom- plette Wasser verdampſt ist. Das verbrauchte Spülwasser wird unter Vakuum bei etwa 86 °C ver- dampſt. Der entstehende Dampf wird in einem Brüdenverdichter auf Umge- bungsdruck komprimiert und dabei auf circa 120 °C erhitzt. Dieser leicht überhitzte Dampf wird dann verwen- det, um das in das System zulaufen- de, verschmutzte Spülwasser zu ver- dampfen. Im Vergleich zu einer at- mosphärischen Verdampfung werden so mehr als 95 Prozent Energie ein- gespart. Das entstehende Destillat ist nahezu schwermetall- und salzfrei. Einleitgrenzwerte für Schwermetal- le werden sicher eingehalten. Für ei- ne Wiederverwendung im Prozess an- stelle von entsalztem Stadtwasser kann es je nach Qualitätsansprüchen direkt wiederverwendet werden. Mit gerin- gem Aufwand (Ionentauscher zum si- cheren Einhalten einer Leitfähigkeit < 10 μS/cm) ist es ebenfalls für die Kreislaufführung geeignet. Sichere Einhaltung der Grenzwertes Kaum ein Betrieb in der Galvanik oder Oberflächentechnik möchte sich um das ema Abwasser kümmern müs- sen. Die Prozesswassertechnik ist ein der Produktion nachgeschalteter Be- reich, der ohne viel Aufwand sicher funktionieren muss. Bedingt durch das physikalische Verfahren der Verdampfung besitzt die Vakuumdestillation vor allem im Be- reich der Betriebssicherheit verschie- dene Vorteile: Schwermetalle und Sal- ze werden zuverlässig abgeschieden und es besteht kein Risiko, dass bei der Verwendung eines falschen Flockungs- Im Werk von Hailo, einem Hersteller von Metallwaren, werden Prozesswässer mit moderner Verdampfertechnik aufbereitet REINIGEN & VORBEHANDELN JOURNAL FÜR OBERFLÄCHENTECHNIK

Kosten senken, Betriebssicherheit steigern

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48 JOT 8.2014

Prozesswasser-Aufbereitung

Kosten senken, Betriebssicherheit steigernBei galvanischen Prozessen oder Beschichtungsprozessen entstehen Abwässer, die ein lästiges

Übel sind. Der Metallwaren-Hersteller Hailo zeigt, dass Betriebssicherheit bei gleichzeitig niedrigen

Aufarbeitungskosten mit moderner Destillationstechnik möglich ist.

Bei galvanischen Prozessen wie der Verkupferung, Verchromung oder

Vernickelung oder bei der Oberf lä-chenbehandlung vor einer Lackie-rung (Phosphatieren) werden nach je-dem Prozessschritt große Spülwasser-mengen benötigt. Diese Prozesswässer werden häu�g direkt vor Ort au�erei-tet, sodass Schwermetalle entfernt und gi�ige Inhaltssto�e eliminiert sind.

In vielen Fällen kommt dabei ein chemisch-physikalisches Verfahren zum Einsatz. Prozesswasser wird mit Hilfe von Säure oder Lauge neutrali-siert, Hilfssto�e und zusätzliche Reak-tionsschritte beseitigen eventuell vor-handene kritische Inhaltssto�e wie Cy-anide oder Chromsäure. Danach wird mit einem Flockungsmittel Schlamm erzeugt, der Öle, Fette und Schwerme-talle aus dem Wasser entfernt. Die ent-stehende Klarphase kann unter Beach-tung von Grenzwerten in den Kanal eingeleitet werden.

Die Investitionskosten für diese Art von Behandlungssystem sind rela-tiv niedrig. Die Betriebskosten für Che-

mikalien oder der Betreuungsaufwand, insbesondere bei schwankenden Wasser-zusammensetzungen, sind dagegen hoch, vor allem auch durch die Überwa-chung der behördlichen Einleitgrenzwer-te. Zudem muss benötigtes Frischwasser für die Spülstufen aus Stadtwasser er-zeugt werden, da der Salzgehalt des ge-reinigten Wassers aus der chemisch-phy-sikalischen Behandlung für eine Wieder-verwendung im Prozess zu hoch ist.

Moderne Behandlung durch VakuumdestillationAlternativ zur chemisch-physikali-schen Behandlung kann das Prozess-wasser auch auf thermischem Weg auf-bereitet werden. Vakuumdestillation macht sich das Prinzip der Trennung nach Siedepunkt-Unterschieden zunut-ze: Sto�e mit einem hohen Siedepunkt (wie Öle, Fette oder Metallsalze) wer-den beim Verdampfen von Wasser zu-rückgelassen – so wie in einem auf dem Herd vergessenen Teekessel Kalk und Salze zurückbleiben, wenn das kom-plette Wasser verdamp� ist.

Das verbrauchte Spülwasser wird unter Vakuum bei etwa 86 °C ver-damp�. Der entstehende Dampf wird in einem Brüdenverdichter auf Umge-bungsdruck komprimiert und dabei auf circa 120 °C erhitzt. Dieser leicht überhitzte Dampf wird dann verwen-det, um das in das System zulaufen-de, verschmutzte Spülwasser zu ver-dampfen. Im Vergleich zu einer at-mosphärischen Verdampfung werden so mehr als 95 Prozent Energie ein-gespart. Das entstehende Destillat ist nahezu schwermetall- und salzfrei. Einleitgrenzwerte für Schwermetal-le werden sicher eingehalten. Für ei-ne Wiederverwendung im Prozess an-stelle von entsalztem Stadtwasser kann es je nach Qualitätsansprüchen direkt wiederverwendet werden. Mit gerin-gem Aufwand (Ionentauscher zum si-cheren Einhalten einer Leitfähigkeit < 10 µS/cm) ist es ebenfalls für die Kreislau�ührung geeignet.

Sichere Einhaltung der GrenzwertesKaum ein Betrieb in der Galvanik oder Oberf lächentechnik möchte sich um das ªema Abwasser kümmern müs-sen. Die Prozesswassertechnik ist ein der Produktion nachgeschalteter Be-reich, der ohne viel Aufwand sicher funktionieren muss.

Bedingt durch das physikalische Verfahren der Verdampfung besitzt die Vakuumdestillation vor allem im Be-reich der Betriebssicherheit verschie-dene Vorteile: Schwermetalle und Sal-ze werden zuverlässig abgeschieden und es besteht kein Risiko, dass bei der Verwendung eines falschen Flockungs-

Im Werk von Hailo, einem Hersteller von Metallwaren, werden Prozesswässer mit moderner Verdampfertechnik aufbereitet

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Dipl.-Ing. Peter DemarezProjektingenieur Vertrieb und Leiter des Zentrums für abwasserfreie Produktion,H2O GmbH, Steinen, Tel. 07627 9239-308,[email protected], www.h2o-de.com

Vergleich einer herkömmlichen Aufbereitungs-anlage mit moderner, modularer Aufarbeitungs-technik

mittels oder bei nicht richtig eingestell-tem pH-Wert gi�ige Schwermetalle in den Kanal gelangen und Grenzwerte überschritten werden. Wird dann auch noch mit dem Verdampfer eine Kreis-lau�ührung realisiert, besteht kein Ri-siko mehr, festgesetzte Einleitwerte zu überschreiten.

Kosteneinsparung durch AufbereitungOftmals wird die Verdampfung von Prozesswasser als energieaufwendig bezeichnet. Für alte Generationen von Destillationsanlagen mag das auch stimmen. Das Vacudest-Verfahren kommt mit einem Energiebedarf zwi-schen 45 und 70 Wh je Liter au�erei-teten Prozesswassers aus (je nach An-lagengröße). Zwar liegen die Energie-

kosten damit immer noch über denen eines chemisch-physikalischen Sys-tems, doch liegen andere kostenspa-rende Vorteile auf der Hand:

— Keine Kosten für Eisensalze, Kalk-milch, Flockungsmittel, Spezi-alchemie beim Verdampfer: Be-triebsmittelkosten sind geringer.

— Bedeutend weniger Betreuungs-aufwand der Anlage: Wartungs- und Bedienaufwand ist beim Ver-dampfer um gut 70 Prozent gerin-ger.

— Geringere Kosten für die Aufarbei-tung von Frischwasser: Das Destil-lat des Verdampfers kann im Pro-zess wiederverwendet werden.

Nicht der günstigste Preis ist ent-scheidend, sondern optimale Betriebs-

kosten. Die Entscheidung für oder ge-gen ein Aufarbeitungssystem ist nicht leicht. Es gilt, sehr viele Faktoren zu betrachten und gegeneinander abzu-wägen. Auch in Zeiten knapper Bud-gets zeigt sich, dass der Preis nicht der alles entscheidende Faktor ist. Energie-kosten, Bedien- und Wartungsaufwand sowie die Unabhängigkeit von Behör-dengrenzwerten sind wichtige Ein°uss-faktoren.

Auch das Hailo-Werk in Haiger setzt als Hersteller von hochwertigen Metallwaren wie Klapptritten und Ab-fallsammlern für den Haushalt oder professionellen Steighilfen für die In-dustrie auf Verdampfertechnik (Typ Vacudest). Verschiedene Prozesswä-sser aus der Oberf lächenbehandlung werden direkt vor Ort au�ereitet und das Destillat wird im Prozess wieder-verwendet. Faktoren wie Bedienauf-wand, Zuverlässigkeit, Betriebskosten und Prozesssicherheit waren für Hailo Schlüsselgrößen bei der Auswahl der geeigneten Aufarbeitungstechnik.

Größe Annahme Chemisch-physikalische Behandlung

Vacudest

Energiekosten Energiebedarf des Verdampfers von 60 kW/h pro m³; chemisch-physikalische Behandlung 15 kW/h pro m³ für Pumpen, Rührwerke usw.

1,20 €/m³ 4,80 €/m³

Wartungs-aufwand

Mit einem Wartungs- und Bedienaufwand von 2 h/Woche bei der Vacudest und 10 h/Woche bei der chemisch-physikalischen Behandlung ergeben sich bezogen auf 500 m³ Jahresmenge

36,40 €/m³ 7,28 €/m³

Betriebsmittel/Chemikalien

Für den Verdampfer sind Reiniger und Entschäumer sowie gegebenenfalls Lauge zur Einstellung des pH-Werts notwendig. Pauschal kann von 3 €/m³ ausgegangen werden. Bei der chemisch-physikalischen Behandlung liegen Kosten für Lauge, Säure, Kalk, Spezialchemie bei circa 4 €/m³.

4,00 €/m³ 3,00 €/m³

Frischwasser-Aufbereitung

Beim Einsatz eines Verdampfers müssen nur Verluste durch Teileverschleppung oder Verdunstung über das Frischwasser ausgeglichen werden (circa 10 % der Jahresmenge). Im Falle der chemisch-physikalischen Behandlung muss die komplette Wassermenge für die Spülprozesse aus Stadtwasser aufbereitet werden.

4,00 €/m³ 0,04 €/m³

Ersatzteile Ersatz- und Verschleißteile können mit 4 % der Investitionssumme angenommen werden. Ein Verdampfersystem für 500 m³/a Kapazität schlägt mit rund 100 000 € zu Buche, eine chemisch-physikalische Behandlung kostet circa 50 000 €.

2,00 €/m³ 4,00 €/m³

Gesamtkosten pro m³ 47,60 €/m³ 19,12 €/m³

Vergleich der Betriebskosten bei Anwendung einer chemisch-physikalischen Behandlung und eines Verdampfersystems