19
© 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mit- glied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG Inter- national“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International. Juni 2014 KPMG-Mitteilungen Inhalt (Auszug) Editorial Steuerrecht 3 Kein Mindest-Pensionsalter bei Versorgungszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer 3 Mitunternehmern gehörende Anteile an Kapitalgesellschaften und Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen 4 Charakteristische Merkmale eines Steuerstundungsmodells 7 Ausnahmsweiser Abzug „finaler“ ausländischer Betriebsstätten- verluste beim inländischen Stammhaus 8 Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags und „wichtiger“ Grund bei vorzeitiger Vertragsbeendigung 8 Verdeckte Gewinnausschüttung durch Kapitalabfindung der Pensionszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäfts- führer einer GmbH 10 Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke 12 Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus geleisteter Anzahlung bei Ausbleiben der Leistung 12 Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in der Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs 13 Beendigung der Organschaft mit Insolvenzeröffnung Zoll- und Außenwirtschaftsrecht 15 Zollrechtliche Einreihung von Teilen für Schuhe Literaturtipps KPMG-Veranstaltungen Impressum

KPMG-Mitteilungen Juni 2014 · 2020. 8. 14. · 8 Verdeckte Gewinnausschüttung durch Kapitalabfindung der Pensionszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäfts - führer einer

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mit- glied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG Inter-national“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Juni 2014

    KPMG-Mitteilungen

    Inhalt (Auszug)

    Editorial

    Steuerrecht

    3 Kein Mindest-Pensionsalter bei Versorgungszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer

    3 Mitunternehmern gehörende Anteile an Kapitalgesellschaften und Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen

    4 Charakteristische Merkmale eines Steuerstundungsmodells

    7 Ausnahmsweiser Abzug „finaler“ ausländischer Betriebsstätten-verluste beim inländischen Stammhaus

    8 Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags und „wichtiger“ Grund bei vorzeitiger Vertragsbeendigung

    8 Verdeckte Gewinnausschüttung durch Kapitalabfindung der Pensionszusage an beherrschenden Gesellschafter-Geschäfts-führer einer GmbH

    10 Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke

    12 Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus geleisteter Anzahlung bei Ausbleiben der Leistung

    12 Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in der Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs

    13 Beendigung der Organschaft mit Insolvenzeröffnung

    Zoll- und Außenwirtschaftsrecht

    15 Zollrechtliche Einreihung von Teilen für Schuhe

    Literaturtipps

    KPMG-Veranstaltungen

    Impressum

  • © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfi rmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“),einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Editorial

    Im Zusammenhang mit einem Anteilserwerb

    sind zahlreiche steuerliche Aspekte zu be -

    achten. Werden zum Beispiel mehr als 25 %

    der Anteile an einer Kapitalgesellschaft

    erworben, droht ein Verlustuntergang nach

    § 8c KStG. Etwas abgemildert wurde § 8c

    KStG durch die Einführung einer Konzern-

    klausel und einer Stille-Reserven-Klausel

    Ende 2009. Zu diesen Regelungen nimmt die

    Finanzverwaltung in einem aktuellen BMF-

    Entwurfschreiben erstmals Stellung. Zudem

    soll künftig eine geänderte Auffassung zu

    unterjährigen Beteiligungserwerben vertreten

    werden.

    Das Entwurfschreiben enthält nur wenig

    Erfreuliches: Stille Reserven im Betriebsver-

    mögen der Organgesellschaft sollen beim

    Organträger nicht zu berücksichtigen sein.

    Steuerpfl ichtige stille Reserven in Kapital-

    gesellschaftsanteilen will man bei der Finanz-

    verwaltung auch nicht in Höhe von 5 % (§ 8b

    Abs. 3 KStG) anerkennen. Falls die Konzern-

    klausel angewendet werden soll, ist bei Per-

    sonengesellschaften besondere Vorsicht

    geboten: Als Person, die am übertragenden

    und übernehmenden Rechtsträger zu 100 %

    beteiligt ist, will die Finanzverwaltung eine

    Personengesellschaft nicht anerkennen.

    Generell soll auf einem mindestens drei-

    stufi gen Konzernaufbau für die Anwendung

    der Konzernklausel bestanden werden. Damit

    wären Übertragungen von und an die Konzern-

    mutter ebenfalls nicht begünstigt.

    Besonders praxisrelevant sind die Ausfüh-

    rungen zum unterjährigen Beteiligungs-

    erwerb. Die zeitanteilige Aufteilung des

    Gesamtergebnisses als „Grundmethode“

    soll zugunsten einer Aufteilung nach wirt-

    schaftlichen Kriterien aufgegeben werden.

    Damit droht neues Konfl iktpotenzial. Die Ver-

    rechnung eines bis zum Beteiligungserwerb

    erzielten Gewinns mit nicht genutzten Ver-

    lusten soll anerkannt werden. Dies gilt aller-

    dings nur unter zusätzlichen Voraussetzungen.

    So muss beispielsweise nach Verwaltungs-

    auffassung ein positives Gesamtergebnis

    vorhanden sein und Gewinne vor dem schäd-

    lichen Beteiligungserwerb sind mit Verlusten

    danach zu saldieren.

    Das BMF-Entwurfschreiben sollte an einigen

    Stellen überarbeitet werden. Unabhängig

    davon wird die praktische Anwendung des

    § 8c KStG eine komplexe Herausforderung

    bleiben: Welche Verluste sind bedroht ?

    Kann die Konzernklausel genutzt werden ?

    Wie hoch sind die steuerpfl ichtigen stillen

    Reserven ? Können Verluste vorab genutzt

    werden ?

    Bei dem Verlusterhalt und allen Themen rund

    um den Anteilserwerb unterstützen Sie die

    Spezialisten von KPMG gerne.

    Prof. Dr. Gerrit Adrian

    Tax, Frankfurt am Main

  • 3

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014Steuerrecht

    Einkommensteuer

    Kein Mindest-Pensionsalter bei Versorgungszusage an beherrschenden Gesell-schafter-Geschäftsführer

    Im Fall des BFH-Urteils vom 11.9.2013 (DStR 2014 S. 633) war streitig, welche Aus-wirkungen der Wechsel vom Minderheits- zum Mehrheitsgesellschafter-Geschäfts-führer einer GmbH auf die Berechnung der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG hat. Die Klägerin – eine Steuerberatungs- GmbH – erteilte im Jahr 1987 ihrem Geschäfts führer, der zu diesem Zeitpunkt mit 25 % an der Klägerin beteiligt war, eine Pensionszusage. Hiernach sollte er mit Ausscheiden aus dem Unternehmen nach Vollendung seines 60. Lebensjahrs eine Altersrente in Höhe von 60 % seiner jähr-lichen Gesamtbezüge erhalten. Durch einen Gesellschafterwechsel im Jahr 2002 erwarb der Geschäftsführer weitere Geschäfts-anteile, sodass er nunmehr mit einer Beteili-gung von 60 % beherrschend an der Klägerin beteiligt war.

    Die Körperschaftsteuer- und Gewerbe-steuermessbescheide der Klägerin bis ein-schließlich 2004 sind bestandskräftig und nicht mehr änderbar. Für das Streitjahr 2005 machte das Finanzamt aufgrund einer Betriebsprüfung geltend, bei einem beherr-schenden Gesellschafter-Geschäftsführer könne eine Pensionszusage nur unter Zugrundelegung eines Mindestpensions-alters von 65 Jahren anerkannt werden (R 41 Abs. 9 EStR 2001, R 6a Abs. 8 EStR 2012). Dementsprechend hätte die Pensionsrück-stellung neu berechnet und zu einem Teil aufgelöst werden müssen.

    Der BFH lehnte dies ab. Der Ansatz der Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft richtet sich allein nach § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 6a EStG. Allerdings kann darüber hinaus die Zuführung zu einer Pensionsrückstel-lung aus steuerlicher Sicht eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) sein (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Die steuerliche Beurteilung der Zuführungen zu Pensionsrückstellungen vollzieht sich demgemäß in zwei Stufen: Auf der ersten Prüfungsstufe („bilanzin-

    terne Voraussetzungen“) ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 6a EStG zur Bildung beziehungsweise Aufstockung der Pensionsrückstellung erfüllt sind. Insoweit kommt eine „rückwärtsgerichtete Bestands-korrektur“ in der ersten noch offenen Schluss bilanz in Betracht. In der zweiten „vGA“-Stufe wird geprüft, ob und gegebe-nenfalls inwieweit die Pensionsverpflichtung beziehungsweise ihre Dotierung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Kommt es zu einer Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung, ist diese dann außer-halb der Bilanz durch Hinzurechnung bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen. Insoweit besteht keine rückwirkende Kor-rekturmöglichkeit. Ist eine Hinzurechnung unterblieben und ist verfahrensrechtlich eine Änderung der betreffenden Steuer-bescheide nicht mehr möglich, können die rückgestellten Beträge auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht mehr als vGA berücksichtigt werden.

    Bezüglich der ersten Prüfungsstufe entschied der BFH, dass § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG nach seinem eindeutigen Wortlaut aus-schließlich auf den in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Versorgungs-falls abstellt. Für ein davon abweichendes Hinausschieben des Pensionsalters und eine sich danach bemessende Teilwertberechnung gibt die Regelung keinen Raum. Insbeson-dere geht die Finanzverwaltung fehl mit der Annahme, der maßgebliche Eintritt des Ver-sorgungsfalls werde durch die Regelalters-grenze der gesetzlichen Rentenversicherung markiert. Eine solche automatische Ver-knüpfung enthält das Gesetz nicht. Somit ist der Teilwert der Pensionsrückstellung allein nach dem vereinbarten Zeitpunkt des Versorgungsfalls zu berechnen. Der Umstand, dass der durch die Pensions-zusage Begünstigte durch Anteilserwerb beherrschender Gesellschafter der Gesell-schaft wird, berührt das vereinbarte Pen-sionsalter nicht.

    Die Frage, ob sich – im Rahmen der zweiten „vGA“-Prüfungsstufe – eine in dem Gesell-schaftsverhältnis begründete Veranlassung der Versorgungsleistung daraus ableiten lässt, dass das Pensionsalter nach Erwerb der beherrschenden Beteiligung nicht auf das anderenfalls übliche Pensionsalter von 65 beziehungsweise 63 Lebensjahren erhöht

    wurde, ließ der BFH unbeantwortet. Diese Rechtsfrage war nicht Gegenstand des anhängigen Revisionsverfahrens. Denn die Klägerin hatte die Entscheidung des Finanz-gerichts, soweit es die Zuführung des Streit-jahrs zur Pensionsrückstellung bei der Ein-kommens- und Gewerbeertragsermittlung außerhalb der Bilanz hinzugerechnet und die Klage insoweit abgewiesen hatte, nicht angefochten.

    Mitunternehmern gehörende Anteile an Kapitalgesell-schaften und Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen

    Die Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 13.2.2014 (DStR 2014 S. 746) nimmt Stellung zur steuerlichen Qualifikation von Mitunternehmern gehören-den Anteilen an Kapitalgesellschaften. Dabei wird zunächst auf die einkommensteuerrecht-liche Zurechnung der einem Kommanditisten gehörenden Anteile an der Komplementär- GmbH eingegangen.

    Nach der BFH-Rechtsprechung (etwa BFH- Urteil vom 25.11.2009, DStR 2010 S. 269) werden die Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zugerechnet, da diese Beteiligung der Stärkung der Gesell-schafterstellung des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG dient. Darüber hinaus kann die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH nach der funktionalen Betrachtungsweise als wesent-liche Betriebsgrundlage im Bereich des § 6 Abs. 3 EStG und der §§ 20, 24 UmwStG angesehen werden, wenn die Beteiligung wesentliche Grundlage für die Mitunterneh-merstellung des Kommanditisten ist. Die in der Verfügung genannten Fälle differenzieren zum einen danach, ob eine Beteiligung der Komplementär-GmbH am Vermögen sowie Gewinn und Verlust der KG besteht. Zum anderen wird danach unterschieden, ob die Komplementär- GmbH über einen eigenen Geschäfts betrieb von nicht untergeordneter Bedeutung verfügt beziehungsweise die GmbH Komplementärin mehrerer Kom-man dit gesellschaften ist.

    Besteht keine Beteiligung der Komplementär- GmbH am Vermögen der KG und ist der

  • 4

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Steuerrecht

    Kommanditanteil nicht höher als 50 %, kann von einer funktionalen Wesentlichkeit der Beteiligung nur dann ausgegangen werden, wenn der Kommanditist die Mehr-heit der Stimmrechte an der Komplementär- GmbH besitzt. Ist der Kommanditist bereits mehrheitlich an der GmbH & Co. KG beteiligt, sind die neben den maßgebenden Rechten des Kommanditisten bestehenden Einflussmöglichkeiten über die Gesell-schafterstellung bei der Komplementär- GmbH wirtschaftlich nur von untergeord-neter Bedeutung. In diesen Fällen ist die Beteiligung an der Komplementär-GmbH nicht als funktional wesentliche Betriebs-grundlage zu qualifizieren. Wenn allerdings der Kommanditanteil 100 % beträgt, stellt die Beteiligung an der Komplementär- GmbH eine funktional wesentliche Betriebsgrund-lage dar, weil ohne die GmbH keine Perso-nengesellschaft mit einer entsprechenden Haftungsbeschränkung des Kommanditisten begründet werden kann. Besteht hingegen eine Beteiligung der Komplementär-GmbH am Vermögen der KG, kommt es darauf an, ob erst die Beteiligung an der Komplemen-tär-GmbH den Kommanditisten in die Lage versetzt, über die laufende Geschäftsfüh-rung zu bestimmen. Die genannten Aus-führungen gelten daher entsprechend.

    Unterhält die GmbH einen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung, so gehören die Anteile der Kommanditisten an der Komplementär-GmbH nicht zu deren notwendigem Sonderbetriebsvermögen und somit können die Anteile auch keine funk-tional wesentliche Betriebsgrundlage dar-stellen. Wenn die GmbH allerdings aufgrund von Geschäftsbeziehungen auch wirtschaft-lich mit der GmbH & Co. KG in bedeutender Weise verflochten ist, gehören die Anteile gleichwohl zum Sonderbetriebsvermögen II. Für den Fall, dass die GmbH Komplemen-tärin mehrerer Kommanditgesellschaften ist und sich ihre Tätigkeit auf die Geschäfts-führung dieser Gesellschaften beschränkt, sind die GmbH-Anteile dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen der zuerst gegrün-deten GmbH & Co. KG zuzurechnen.

    Die Verfügung bezieht auch Stellung zur einkommensteuerrechtlichen Zurechnung der einem Personengesellschafter gehörenden Anteile an einer Kapitalgesellschaft bei nur wirtschaftlicher Verflechtung zwischen

    Personen- und Kapitalgesellschaften: Hier kommt eine Zuordnung dieser Anteile zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II in der Regel nicht in Betracht. Wenn allerdings im Einzelfall eine besonders enge wirtschaft-liche Verflechtung zwischen den Gesell-schaften besteht, ist eine Zuordnung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II vorzunehmen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Mitunternehmer – gegebenenfalls zusammen mit anderen Mitunternehmern – die Kapitalgesellschaft beherrscht. Schließlich geht die Verfügung auf die Behandlung des Anteils eines stillen Gesellschafters einer GmbH und atypisch stillen Gesellschaft an der GmbH ein. In diesen Fällen ist der Anteil eines stillen Gesellschafters einer GmbH & atypisch Still stets als notwendiges Sonderbetriebs-vermögen II zu qualifizieren, sofern nicht die GmbH noch einer anderen Geschäfts-tätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht.

    Charakteristische Merkmale eines Steuerstundungs-modells

    In dem Urteil vom 6.2.2014 (DStR 2014 S. 688) befasste sich der BFH erstmals mit dem Regelungsgehalt von § 15b EStG. Nach dieser Bestimmung dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstun-dungsmodell nur mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt nach § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefer-tigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Ein-künften zu verrechnen.

    Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen führt der BFH Folgendes aus: Konzept ist nicht jede Investitionsplanung, sondern nur ein umfassendes und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichtetes Investitionskonzept, sodass nur in solchen Fällen von einer modellhaften Gestaltung aus gegangen werden kann. Ein vorgefertigtes Konzept wird typischerweise mittels An leger-

    prospekt oder in ähnlicher Form vertrieben. Das Bewerben und Vermarkten ist aller-dings kein zwingendes Merkmal, sodass dem Anbieten an einen größeren Verkehrs-kreis nur indizielle Bedeutung zukommt. Die „Vorfertigung“ des Konzepts besagt, dass dieses von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person erstellt worden sein muss. Denn nur dann kann dem Steuer-pflichtigen die Möglichkeit zur Verlust-verrechnung „geboten“ werden.

    Charakteristisch ist insoweit die Nichtein-beziehung des Investors bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestal-tung. Gibt hingegen der Investor die einzel-nen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung vor und bestimmt damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, handelt es sich nicht mehr um ein vorge-fertigtes Konzept. Bei Beteiligungen des Investors an Personengesellschaften ist zu beachten, ob die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit die Möglichkeit haben, auf die Vertragsgestal-tung Einfluss zu nehmen. Trifft dies zu, kann § 15b EStG nicht eingreifen (entgegen BMF vom 17.7.2007, BStBl I 2007 S.1347, Tz. 7). Fällt allerdings der Einfluss der Gesell-schafter auf die Vertragsgestaltung und Geschäftsführung nicht ins Gewicht, liegt regelmäßig ein Steuerstundungsmodell vor.

    § 15b Abs. 2 EStG setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Kon-zept selbst kennt oder dieses Auslöser seiner Investitionsentscheidung gewesen ist. Maß-geblich ist vielmehr die Perspektive des Anbieters, wonach es darauf ankommt, dass dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der Verlustverrechnung „geboten“ werden soll. Dazu muss das Konzept des Initiators auf die Erzielung negativer Einkünfte gerichtet sein, sodass der wirtschaftliche Vorteil des Konzepts auf der Erzielung und Verrech-nung negativer Einkünfte beruht. Nicht erforderlich ist, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirbt.

    Die weiteren Einwände wies der BFH zurück. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist nach diesen Grund-sätzen der Begriff „modellhafte Gestaltung“ ein hinreichend bestimmter und darüber hinaus auch auslegungsfähiger Rechts-

  • 5

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014

    begriff. Im Streitfall wies das den Interes-senten vorgestellte Konzept keine negativen Einkünfte, sondern nur einen Gesamtüber-schuss aus. Steuervorteile durch Verlustver-rechnung wurden im Konzeptpapier nicht angeführt oder berücksichtigt. Insofern lag – für den Investor – kein Steuerstundungs-modell vor. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach ein in seinem Zahlenwerk ver-ändertes Angebot, das früher mit Verlust-angaben vertrieben wurde, auch nach der Veränderung noch der Steuerstundung dient. Schließlich verletzt die Beurteilung des Finanzgerichts, dass kein Steuerstun-dungsmodell vorlag, weder Denkgesetze noch sonstige Erfahrungssätze.

    Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufs-haftung nicht gewerblich

    Durch das Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung vom 15.7.2013 wurde er-möglicht, dass sich bisher nach PartGG geregelte Zusammenschlüsse von Freiberuf-lern zwecks gemeinsamer Berufsausübung nunmehr in eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) umbenennen beziehungsweise diese neu gründen können.

    Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-West-falen weist in ihrer Kurzinformation vom 12.12.2013 (Kurzinformation Einkommen-steuer Nr. 30/2013, DStR 2014 S. 703) darauf hin, dass nach dem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die Beschränkung der Berufs-haftung nicht dazu führt, dass die Partner-schaftsgesellschaft (§ 1 Abs. 1 PartGG) kraft Rechtsform der Gewerbesteuer unter-liegt. Die Partnerschaftsgesellschaft mbB ist eine Personengesellschaft, auf die nach § 1 Abs. 4 PartGG die Regelungen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anwen-dung finden. Als Personengesellschaft ist die Partnerschaftsgesellschaft selbst nicht Steuerrechtssubjekt. Vielmehr werden die Einkünfte von den Gesellschaftern selbst in ihrer mitunternehmerischen Verbundenheit erzielt.

    Die Annahme einer Gewerblichkeit nach § 15 Abs. 3 EStG bleibt jedoch unberührt.

    So führen im Rahmen der Gesellschaft auch geringfügig ausgeübte gewerbliche Tätig-keiten zu einer „Infizierung“ der freiberuf-lichen Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Beteiligen sich berufsfremde Personen an der Gesellschaft oder erfüllen nicht alle Gesellschafter der Partnerschaftsgesellschaft die erforderlichen Merkmale der freiberuf-lichen Tätigkeit, erzielt die Gesellschaft ebenfalls keine freiberuflichen Einkünfte. Als Berufsfremde wird zum Beispiel in der Freiberufler-GmbH & Co. KG auch die mit-unternehmerisch beteiligte Komplementär- GmbH angesehen. Geprüft wird derzeit noch, ob die Verlustausgleichs- und -abzugs-beschränkungen des § 15a EStG auch auf die PartGmbB anzuwenden sind.

    Aufwendungen für die Unter-bringung im Seniorenwohn-stift als außergewöhnliche Belastungen

    Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkom-mensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrheit der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Ver-mögensverhältnisse und gleichen Familien-standes erwachsen (außergewöhnliche Be lastung). Aufwendungen sind außer-gewöhnlich, wenn sie nicht nur in ihrer Höhe, sondern auch gemäß ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Denn übliche Aufwendungen der Lebensführung sind bereits mit dem Grund-freibetrag steuerlich berücksichtigt.

    Das BFH-Urteil vom 14.11.2013 (DStR 2014 S. 738) betraf die Frage, ob die Auf-wendungen für die Unterbringung in einem Seniorenwohnstift als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen waren. Die Klägerin hatte 1997 eine Gehirnblutung erlitten. Das Versorgungsamt erkannte einen Behinderungsgrad von 100 % (mit Merk-zeichen G, aG, B und H) sowie Pflegebe-dürftigkeit der Pflegestufe III an. Sie und ihr Ehemann schlossen mit der X-Senioren-stift GmbH einen sogenannten Wohnstifts-vertrag über die Vermietung eines aus drei Zimmern bestehenden Appartements mit circa 75 qm Wohnfläche ab. Der Mietver-trag beinhaltete unter anderem eine alters-

    gerechte Betreuung und Notrufbereitschaft und – aufgrund eines zusätzlichen Pflege-vertrags – die Erbringung von Pflegeleis-tungen. Die Klägerin begehrte die Berück-sichtigung ihrer Aufwendungen für die krankheitsbedingte Aufnahme im Senioren-stift abzüglich einer Haushaltsersparnis und abzüglich der Kosten für die Mitaufnahme ihres Ehemanns.

    Krankheitskosten sind grundsätzlich als zwangsläufig entstanden anzusehen. Hierzu gehören die Kosten, die unmittelbar zur Heilung oder zur Linderung der Krankheits-erscheinungen getätigt werden. Ebenso erfasst werden die Kosten für eine krank-heitsbedingte Unterbringung. Die im Streit-fall entstandenen Aufwendungen sind dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen, soweit sie die Klägerin betreffen. Anlass und Grund für den Umzug in das Wohnstift war ihre durch Krankheit eingetretene Pflege bedürftigkeit. Der BFH ließ offen, ob Voraussetzung für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung ist, dass der Steuerpflichtige in einem Heim im Sinne des § 1 Abs. 1 HeimG untergebracht ist. Denn nach dem Wohnstiftsvertrag wurde auch Betreuung und Verpflegung zur Ver-fügung gestellt beziehungsweise vorgehalten, sodass die Voraussetzungen des § 1 HeimG erfüllt waren. Die zu berücksichtigenden Aufwendungen sind um eine Haushalts-ersparnis zu kürzen. Eine zusätzliche Gewäh-rung des Pauschbetrags nach § 33a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG ist jedoch ausgeschlossen.

    Der BFH verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht zurück zwecks Feststellung, ob die Pflegeversicherung einen Teil der Kosten übernommen hatte. Auch war zu prüfen, ob die Unterbringungskosten in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem medizinisch indizierten Aufwand stehen. Wegen des Ansatzes einer zumut-baren Belastung kommt im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren (Az. VI R 33/13) eine vorläufige Steuerfest-setzung in Betracht (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO).

  • 6

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Steuerrecht

    Kein formaler Nachweis der Zwangsläufigkeit von krank-heitsbedingten Aufwen-dungen für einen Treppenlift

    Außergewöhnliche Belastungen werden nach Maßgabe des § 33 EStG berücksichtigt. Ziel der Vorschrift ist, zwangsläufige Mehr-aufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung durch Freibeträge entziehen. Bei Krankheitskosten wird ohne Rücksicht auf Art und Entstehung davon ausgegangen, dass sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Eine derart typi-sierende Behandlung ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten. Allerdings hat der Steuerpflichtige gemäß § 64 EStDV in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes (StVereinfG) 2011 in einer Reihe von Fällen die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall formalisiert nachzuweisen (etwa durch ein vor der betreffenden Maß-nahme erstelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des medizinischen Diensts der Krankenver-sicherung).

    Im Fall des BFH-Urteils vom 6.2.2014 (DStR 2014 S. 740) ging es um die Frage, ob die Einbaukosten für einen Treppenlift im Jahr 2005 als außergewöhnliche Belas-tung zu berücksichtigen waren; die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Der – inzwischen verstorbene – Kläger hatte dem Finanzamt ein vom Hausarzt am 5.10.2006 (also erst nach dem Einbau des Treppenlifts) ausgestelltes Attest vorgelegt. Demnach lag eine außergewöhnliche Gehbehinderung vor und dem Kläger war Treppensteigen unmöglich. Das Finanzamt und das Finanz-gericht hatten die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung abgelehnt, da das Erfordernis einer vorherigen amts- oder vertrauens ärztlichen Begutachtung zum Nachweis der medizinischen Notwendig-keit der Maßnahme nicht erfüllt war.

    Der BFH entschied – im zweiten Rechts-gang nunmehr auf der Basis des § 64 EStDV (in der Fassung des StVereinfG 2011) und des § 33 Abs. 4 EStG –, dass der formali-sierte Nachweis im Streitfall nicht erforder-

    lich war. Die hier einschlägige Vorschrift des – verfassungsrechtlich unbedenklich zurückwirkenden – § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV (n. F.) betrifft medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchs-gegenstände des täglichen Lebens im Sinne von § 33 Abs. 1 des V. Buches Sozialgesetz-buch (Krankenversicherung) anzusehen sind. Dies sind jedoch nur solche technischen Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täg-lichen Lebens zu befriedigen.

    Ein Treppenlift ist kein Hilfsmittel im Sinne dieser Legaldefinition. Somit ist die Zwangs-läufigkeit und damit die medizinische Not-wendigkeit des Treppenlifts nicht formalisiert nachzuweisen. Die enumerative Aufzählung der formalisiert nachzuweisenden medizini-schen Erfordernisse lässt eine Ausweitung auf andere Tatbestände nicht zu. Es bleibt aber bei den allgemeinen Beweisregeln. Der Steuerpflichtige hat die Entstehung außer-gewöhnlicher Belastungen nachzuweisen. Die Vorentscheidung beruht auf einer ande-ren Rechtsauffassung und ist daher aufzu-heben. Das Finanzgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob der Einbau des Treppen-lifts aufgrund der gesundheitlichen Be-schwerden des Ehemanns der Klägerin im Streitjahr medizinisch hinreichend gerecht-fertigt (indiziert) war. Der BFH wies dabei darauf hin, dass ein von einem Beteiligten vorgelegtes Sachverständigengutachten lediglich als Privatgutachten zu beurteilen sei und deshalb gegebenenfalls von Amts wegen ein Sachverständigengutachten ein-zuholen ist.

    Einkommensteuer/Unionsrecht

    Anrechnungshöchstbetrags-berechnung nach § 34c Abs. 1 EStG im Anschluss an das EuGH-Urteil „Beker und Beker“

    Unbeschränkt Steuerpflichtige, die mit aus-ländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deut-schen Einkommensteuer entsprechenden ausländischen Steuer herangezogen werden,

    unterliegen potenziell einer Doppelbesteue-rung. Daher ist nach nationalem deutschen Steuerrecht vorgesehen, die festgesetzte, gezahlte und um einen Ermäßigungs anspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deut-sche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus dem ausländischen Staat entfällt (§ 34c EStG in Verbindung mit § 34d EStG). Die auf die betreffenden ausländi-schen Einkünfte entfallende deutsche Ein-kommensteuer wird in der Weise ermittelt, dass die sich nach dem zu versteuernden Einkommen (einschließlich der ausländi-schen Einkünfte) ergebende deutsche Ein-kommensteuer im Verhältnis der ausländi-schen Einkünfte zu der Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Der so berechnete Höchst-betrag der Anrechnung der ausländischen Steuer ist für jedes Land getrennt durch-zuführen (§ 68a EStDV; sogenannte per country limitation).

    Die nach obigem Maßstab aufzuteilende tarifliche Steuer wird jedoch nach dem zu versteuernden Einkommen bemessen, das sich durch Abzug der in § 2 Abs. 3 bis 5 EStG genannten Posten (insbesondere Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sowie der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002) von der Summe der Einkünfte ergibt. Diese Abzugsposten gehen somit in die Berech-nung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden Einkommensteuer und damit zugleich in die Ermittlung der Anrechnungs-höchstbeträge ein, die sie vermindern.

    Diese Verminderung des Anrechnungs-höchstbetrags hat der EuGH in seinem „Beker und Beker“-Urteil vom 28.2.2013 (DStR 2013 S. 518; KPMG-Mitteilungen Mai 2013 S. 6), das auf ein Vorabentschei-dungsersuchen des BFH vom 9.2.2011 erging, als Verstoß gegen die unionsrecht-liche Kapitalverkehrsfreiheit beurteilt. Denn die Kosten der Lebensführung sowie der personen- und familienbezogenen Umstände werden bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags nicht vollständig berücksichtigt, sodass der Steuerpflichtige, der nur inländische Einkünfte hat, insofern bessergestellt ist. Der BFH (Urteil vom 18.12.2013, DStR 2014 S. 693) wendet dieses Auslegungsergebnis nunmehr auf den zu entscheidenden Fall an.

  • 7

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014

    Eine zutreffende Ermittlung des Anrech-nungshöchstbetrags lässt sich entsprechend dem Urteil des EuGH in der Weise erreichen, dass der Quotient (Summe der Einkünfte) um die Abzugsposten (Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sowie Ab-zugsbeträge für die personen- und familien-bezogenen Umstände) korrigiert wird. Zwar kann sich in Extremsituationen eine Über-kompensation ergeben – zum Beispiel wenn der Steuerpflichtige (fast) ausschließlich nur über ausländische Einkünfte verfügt. Ein solcher Effekt wird aber vom EuGH ersichtlich in Kauf genommen.

    Einzubeziehen ist auch der tarifliche Grund-freibetrag. Die Urteilsbegründung des EuGH lässt im Ergebnis keinen Zweifel daran, dass es grundsätzlich Sache des Wohnsitzstaats ist, dem Steuerpflichtigen sämtliche an seine persönliche und familiäre Situation geknüpften Vergünstigungen zu gewähren. Denn der Wohnsitzstaat kann die Steuerkraft des Steuerpflichtigen am besten beurteilen. In diesem Umfeld ist in Deutschland auch der Grundfreibetrag zu berücksichtigen.

    Abweichend zu beurteilen ist der Sparer-freibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG 2002), der bis 2008 galt und deshalb für das Streitjahr 2007 noch anzuwenden war. Er ist sowohl im Zähler als auch im Nenner des Quotienten zu berücksichtigen (BFH vom 15.5.2001, BStBl II 2001 S. 710). Dies folgt aus der Lenkungsfunktion des Sparerfreibetrags, die Spartätigkeit anzuregen. Entsprechend dieser Zielsetzung kam der Sparerfreibetrag sowohl den insgesamt erzielten als auch den speziell im Ausland erzielten Einkünften zugute.

    Schließlich rundet der BFH seine Entschei-dung noch mit grundsätzlichen Erwägungen zur per country limitation des § 68a EStDV 2000 ab, die er sowohl aus verfassungs-rechtlicher als auch aus unionsrechtlicher Sicht für unbedenklich hält. Die gesetzliche Ermächtigung in § 34c Abs. 7 Nr. 1 EStG 2002 genügt den Bestimmtheitsanforderun-gen des Art. 80 Abs. 1 GG. Denn § 34c Abs. 1 EStG schreibt die Anrechnung der Steuer vor, die der Staat erhebt, aus dem die betref-fenden Einkünfte stammen. Die länderbe-zogene Höchstbetragsbegrenzung verstößt auch nicht gegen die unionsrechtliche Kapi-talverkehrsfreiheit. Ein etwaiger Anrech-

    nungsüberhang in Deutschland resultiert letztlich aus der niedrigeren Besteuerung der Kapitaleinkünfte im ausländischen Staat. Dies ist wiederum Konsequenz der nicht harmonisierten Steuersätze in der Europäischen Union.

    Einkommensteuer/Körperschaftsteuer

    Ausnahmsweiser Abzug „finaler“ ausländischer Betriebsstättenverluste beim inländischen Stammhaus

    In dem dem BFH-Urteil vom 5.2.2014 (DStR 2014 S. 837) zugrunde liegenden Sachverhalt betrieb die Klägerin (eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 28.2.) im Inland einen Großhandel mit Eisspezialitäten und hatte im Jahr 1996 in Belgien eine Zweigniederlassung gegründet. Die Geschäftsanteile der GmbH wurden im Streitjahr 1999 zu 60 % von der R-GmbH (einem Zuliefererbetrieb der Klägerin), und zu jeweils 20 % von den Brüdern P gehalten. Die belgische Zweigniederlassung erwirt-schaftete in den Jahren nach ihrer Gründung nur Verluste. Insoweit fand zunächst die besondere Verlustberücksichtigungsregelung in § 2a Abs. 3 EStG 1997 Anwendung, die letztmals für das Jahr 1998 anzuwenden war.

    Durch Kaufvertrag vom 12.11.1998 ver-äußerte die Klägerin das Betriebsvermögen ihrer belgischen Niederlassung mit Wirkung zum 31.8.1998 an eine belgische Kapital-gesellschaft, deren Gesellschafter die Brüder P waren. Das Finanzamt erkannte für das Streitjahr 1999 sowohl den laufenden Verlust als auch den Veräußerungsverlust nicht an, da die Besteuerung der belgischen Betriebsstätte allein Belgien zugewiesen sei (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 in Verbin-dung mit Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Art. 13 Abs. 2 des belgisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommens vom 11.4.1967 – DBA). Der BFH gab dem klägerischen Begehren auf Abzug der Verluste statt.

    Der BFH führte zunächst aus, dass Deutsch-land nach dem DBA für (laufende und Ver-äußerungs-)Verluste der belgischen Betriebs-stätte kein Besteuerungsrecht hat. Die

    Einkünfte aus der Betriebsstätte können gemäß Art. 7 DBA und die Gewinne aus der Betriebsstättenveräußerung gemäß Art. 13 Abs. 2 DBA in Belgien besteuert werden. In Anwendung der DBA-Freistel-lung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 DBA sind diese aus Belgien stammenden Einkünfte in Deutschland von der Steuer befreit.

    Jedoch kommt abweichend davon ein Ver-lustabzug in Deutschland ausnahmsweise aus Gründen des Unionsrechts in Betracht, sofern es sich um sogenannte finale Verluste handelt. Aus dem Grundsatz der Niederlas-sungsfreiheit folgt nach der Rechtsprechung des EuGH (vergleiche Urteile vom 15.5.2008 – Lidl Belgium, BStBl II 2009 S. 692 und vom 21.2.2013 – A Oy, DStR 2013 S. 392), dass Verluste ausnahmsweise dann abzugs-fähig sein müssen, wenn sie im Betriebs-stättenstaat definitiv nicht mehr verwertet werden können. Dem Ansässigkeitsstaat wird für diesen Fall die „Ausfallbürgschaft“ für die Abzugsfähigkeit der anderenfalls gänzlich unberücksichtigt bleibenden Ver-luste abverlangt.

    Eine derartige Abzugsmöglichkeit ist seitens des Stammhausstaats zu gewähren, wenn der Verlust aus tatsächlichen Gründen nicht mehr im Betriebsstättenstaat berücksichtigt werden kann – beispielsweise bei der ent-geltlichen Übertragung der Betriebsstätte wie im Streitfall. Für den Fall, dass die Ver-luste möglicherweise später – etwa durch Wiedereröffnung einer Betriebsstätte in Belgien – genutzt werden können, besteht kein Anhaltspunkt. Sollte sich künftig eine (erneute) Verlustnutzungsmöglichkeit in Belgien ergeben, würde auch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die verfahrensrechtliche Handhabe bieten, dem rückwirkend Rech-nung zu tragen. Die nur abstrakte Möglich-keit einer späteren Verlustnutzung hindert die Annahme der „Finalität“ der Verluste nicht, wenn sie lediglich „auf dem Papier steht“ und keinen Bezug zu den tatsäch-lichen Gegebenheiten aufweist.

    Eine „willkürliche“ Herbeiführung der steuerlich günstigen Situation „finaler Ver-lust“ verneinte der BFH im Streitfall. Es ist davon auszugehen, dass der Betriebsstätten-verkauf im Rahmen der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit aus betriebswirtschaft-licher Notwendigkeit erfolgt ist. Gibt die zu

  • 8

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Steuerrecht

    beurteilende Sachverhaltsgestaltung keinen Anhaltspunkt für einen Gestaltungsmiss-brauch, besteht kein Grund, die Berücksich-tigung finaler Verluste unter einen allge-meinen Missbrauchsvorbehalt zu stellen.

    Die Klägerin hatte für die Geschäftsjahre 1996/97 und 1997/98 Verluste ihrer belgi-schen Betriebsstätte nach Maßgabe des § 2a Abs. 3 EStG 1997 a. F. geltend gemacht. Diese abgezogenen Verluste wären zwar nach § 2a Abs. 4 EStG 1997 in dessen zwischenzeitlich geänderten, vom Veranla-gungszeitraum 1999 an geltenden Fassung des § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n. F. nachzuversteuern. Die entsprechende Hinzurechnung wäre aber außerhalb der Gewinnermittlung und somit bereits in der Körperschaftsteuerveranlagung für 1998 vorzunehmen gewesen. Dass der Veräuße-rungsverlust dem Veranlagungszeitraum 1999 zuzurechnen ist, liegt allein am ab -weichenden Wirtschaftsjahr der Klägerin. Die maßgebliche Veräußerung der Betriebs-stätte fand jedenfalls vor dem 1.1.1999 statt. Im Streitfall wird somit der Umfang der abzugsfähigen Verluste nicht durch damit zu saldierende Hinzurechnungsbe-träge nach § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 in der Fassung von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n. F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) aus Anlass der Betriebsstättenveräu-ßerung geschmälert.

    Körperschaftsteuer

    Mindestlaufzeit des Gewinn-abführungsvertrags und „wichtiger“ Grund bei vor-zeitiger Vertragsbeendigung

    Streitig war im Fall des BFH-Urteils vom 13.11.2013 (DStR 2014 S. 643), ob ein Gewinnabführungsvertrag aus wichtigem Grund beendet worden und damit für das Streitjahr 2006 steuerrechtlich zu berück-sichtigen war. Die Klägerin – eine GmbH – hatte mit ihrer alleinigen Gesellschafterin W-KG (KG) am 12.5.2005 einen Gewinn-abführungsvertrag (GAV) für die Dauer von fünf Jahren geschlossen. Der GAV sollte erstmals für das am 1.7.2005 beginnende Wirtschaftsjahr der Klägerin gelten. Er war nur aus wichtigem Grund kündbar. Ein

    solcher sollte jedoch auch bei einer Veräuße-rung der Anteile der Klägerin vorliegen. Am 25.11.2005 beantragte die Klägerin eine Umstellung ihres Wirtschaftsjahrs auf den Zeitraum vom 1.4. bis 31.3. des Folge-jahrs, die das Finanzamt genehmigte. Durch Vereinbarung vom 6.3.2007 hoben die Klä-gerin und die KG den GAV einvernehmlich mit Wirkung zum 31.3.2007 auf. Anschlie-ßend veräußerte die KG mit Vertrag vom 28.3.2007 die Anteile an der Klägerin an die Holding-GmbH, die Obergesellschaft des deutschen Teilkonzerns.

    Die steuerliche Anerkennung eines GAV setzt unter anderem voraus, dass der Vertrag auf mindestens fünf (Zeit-)Jahre geschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG 2002). Eine vorzeitige Kündi-gung ist nach Satz 2 dieser Vorschrift nur dann unschädlich, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt. Die Mindestdauer soll ver-hindern, dass die Organschaft zum Zweck willkürlicher Beeinflussung der Besteue-rung und zu Einkommensverlagerungen von Fall zu Fall abgeschlossen oder auf-gehoben werden kann. Die erforderliche Mindestdauer war im GAV festgelegt. Der bloße Vorbehalt einer vorzeitigen Kündi-gung aus wichtigem Grund verhindert die Anerkennung des GAV nicht, auch wenn er einen von einer Vertragspartei beeinfluss-baren Umstand (Verkauf der Anteile) als wich tigen Grund nennt. Die Anerkennung des GAV scheitert auch nicht daran, dass das Wirtschaftsjahr umgestellt wurde; dies ließ die feste Vertragslaufzeit unberührt. Jedoch fehlte im Streitfall ein im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG 2002 wichtiger Grund für eine Kündigung.

    Der Begriff des „wichtigen Grundes“ ist steuerrechtlich eigenständig. Zivilrechtlich besteht kein Erfordernis einer Mindestlauf-zeit. Der steuerrechtliche Begriff des wich-tigen Grundes muss aber diesem Erfordernis Rechnung tragen. Der wichtige Grund, der die Beendigung des GAV rechtfertigen soll, kann daher – anders als im Zivilrecht – nicht im Belieben der Vertragsparteien stehen. Er muss vielmehr nach eigenen steuerrechtlichen Maßstäben objektiv vor-liegen. Hiernach kommen zwar auch ent-sprechend den zivilrechtlichen Grundsätzen wesentliche Störungen der Vertragsbezie-

    hungen, die bei Vertragsschluss nicht vor-hersehbar waren, in Betracht. Denkbar wäre beispielsweise, dass der andere Vertragsteil voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine vertraglichen Verpflichtungen (wie etwa die Verlustübernahme gemäß § 302 AktG) zu erfüllen.

    Geht es jedoch darum, die Rechtsfolgen der Organschaft mittels Vertragsaufhebung zeit-lich zu begrenzen, um die fünfjährige Min-destlaufzeit zu unterlaufen, so liegt kein wichtiger Grund im steuerrechtlichen Sinne vor. Das Finanzgericht ging davon aus, dass die Begründung der Organschaft dazu diente, die Gewerbesteuerverlustvorträge der KG zu verbrauchen, um anschließend mittels der konzerninternen Beteiligungsveräuße-rung die Vereinbarung zu beenden und die konzerntypische Struktur wiederherzustellen. Die Organschaft war damit de facto unter die auflösende Bedingung des vollständigen Verlustverbrauchs bei der KG gestellt. Diese Würdigung war nach Auffassung des BFH revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, sodass der Organschaft die steuerliche An -erkennung im Streitjahr zu versagen war.

    Verdeckte Gewinnausschüt-tung durch Kapitalabfindung der Pensionszusage an beherrschenden Gesell-schafter-Geschäftsführer einer GmbH

    Die vorzeitige Zahlung einer kapitalisierten Versorgungsabfindung der Versorgungsan-wartschaft an einen beherrschenden Gesell-schafter-Geschäftsführer ist regelmäßig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und damit als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren (BFH-Urteil vom 11.9.2013, DStR 2014 S. 635; BFH-Urteil vom 23.10.2013, DStR 2014 S. 637).

    Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögens-minderung oder eine verhinderte Vermögens-mehrung, die durch das Gesellschaftsver-hältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Dabei

  • 9

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014

    ist von einer gesellschaftsrechtlichen Ver-anlassung auszugehen, wenn die Kapital-gesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Wenn der begünstigte Gesellschafter eine beherrschende Stellung hat, kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt.

    Im Fall des BFH-Urteils vom 11.9.2013 hatte der beherrschende Gesellschafter- Geschäftsführer einer GmbH von ihr eine Kapitalabfindung gegen Verzicht auf die ihm erteilte betriebliche Pensionszusage erhalten. Ursprünglich als Versorgungsfälle vereinbart waren aber nur die dauernde Arbeitsunfähigkeit und die Beendigung des Geschäftsführervertrags mit oder nach Voll-endung des 65. Lebensjahrs. Mithin fehlte es im Streitfall an der erforderlichen vorherigen klaren und eindeutigen Abmachung über die Kapitalabfindung. Dabei ist es nicht ausreichend, dass sich die Beteiligten kurz vor der beabsichtigten Abfindung der Ver-sorgungsanwartschaft auf einen Nachtrag zu der Pensionszusage verständigt hatten, durch den die ursprünglichen aufschiebenden und auflösenden Bedingungen aufgehoben wurden. Im Streitfall war anzunehmen, dass die Zusage der Kapitalabfindung, die anstelle der laufenden Rente einmalig zu zahlen war, ohnehin nicht den Schriftlichkeitsanforde-rungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002 genügt.

    Das Vorliegen einer vGA scheitert auch nicht am Fehlen einer hierfür erforderlichen Vermögensminderung. Denn diese ist in der Hingabe des Kapitalbetrags und in dem ent-sprechenden Vermögensabgang begründet. Die gleichzeitige Auflösung der nach § 6a EStG gebildeten Pensionsrückstellung kann daran nichts ändern. Die Auszahlung ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und zieht als körperschaftsteuerrechtliche Konsequenz die außerbilanzielle Hinzu-rechnung des Vermögensabgangs als vGA nach sich. Dieser körperschaftsteuerrecht-lichen Konsequenz unterliegt der jeweilige

    Geschäftsvorfall, nicht jedoch der Saldo aus der Ver mögensminderung (Auszahlung) und der Vermögensmehrung (bilanzrecht-lich bedingte Rückstellungsauflösung). Insofern gilt eine geschäftsvorfallbezogene, nicht aber eine handelsbilanzielle Betrach-tungsweise.

    Im Fall des BFH-Urteils vom 23.10.2013 hatte eine GmbH ihren Gesellschafter- Geschäftsführer vor der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Einmalbetrag durch Auszahlung der fälligen Beträge aus einer Rückdeckungsversicherung abgefun-den. Im Rahmen der ursprünglichen Versor-gungsvereinbarung hatte die GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Zusage für laufende Rentenzahlungen erteilt. Der BFH qualifizierte die vorzeitige Kapital-abfindung als durch das Gesellschafts-verhältnis veranlasst, da die GmbH den Kapitalbetrag ausgezahlt hatte, obwohl der vereinbarte Leistungsfall noch nicht eingetreten war. In der ursprünglichen Vereinbarung war der Zeitpunkt der ein-maligen Kapitalauszahlung nach vollende-tem 60. Lebensjahr an das Ausscheiden aus der Gesellschaft geknüpft.

    Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung sah der BFH in der unveränderten Weiter-beschäftigung des Gesellschafter-Geschäfts-führers im Anschluss an die geleistete Kapitalabfindung. Im Streitfall bestand die Besonderheit, dass der Gesellschafter- Geschäftsführer nicht über die Mehrheit der Stimmrechte verfügte. Dennoch war von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auszugehen, da der Gesellschafter – wie im Streitfall im Zeitpunkt der Zusage sowie der Erhöhung der Pension – einem beherrschen-den Gesellschafter gleichgestellt wird. Inso-weit wirkt er mit anderen, gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammen, um eine ihren Gesellschafter-interessen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen.

    Verdeckte Gewinnausschüt-tung durch Rentenzahlung an den Gesellschafter-Geschäfts-führer einer GmbH nach Eintritt des Versorgungsfalls trotz Fortführung des Dienst-verhältnisses

    Die Zahlung einer Altersrente auf den vereinbarten Versorgungsfall und die fort-bestehende entgeltliche Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein und damit eine verdeckte Gewinnausschüt-tung (vGA) nach sich ziehen.

    Der BFH geht in seinem Urteil vom 23.10.2013 (DStR 2014 S. 641) davon aus, dass es aus steuerrechtlicher Sicht grund-sätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn die Zusage der Altersversorgung nicht von dem Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer mit Eintritt des Versorgungsfalls abhängig gemacht wird. Allerdings verträgt sich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Bezug von Rente einerseits und laufendem Geschäftsführergehalt ande-rerseits nur bedingt mit den Anforderungen, die für das Handeln des gedachten ordent-lichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft maßgeblich sind (hypothetischer Fremdvergleich).

    Der ordentliche und gewissenhafte Ge schäfts leiter einer Kapitalgesellschaft hätte entweder verlangt, dass das Einkom-men aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung in Gestalt der Kapitalabfindung anzurechnen ist. Oder der hypothetische Geschäftsleiter hätte gefordert, dass der vereinbarte Eintritt der Versorgungsfälligkeit – gegebenenfalls unter Vereinbarung eines nach versicherungs-mathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs – zeitlich aufgeschoben wird, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführungsfunktion beendet hat. Letztlich ist es die Weiterbeschäftigung über das Pensionsalter hinaus, die eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ver-muten lässt, nicht aber die „erdiente“ Pen-sion. Daher schließen sich die wechselseitig unein geschränkten Zahlungen der Rente und des Gehalts für die aktive Tätigkeit

  • 10

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Steuerrecht

    jedenfalls aus der Sicht des Leistenden grundsätzlich aus. Dass im Streitfall der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Arbeitszeit und sein Gehalt nach Eintritt des Versorgungsfalls reduziert, ändert daran grundsätzlich nichts. Somit waren die tatbe-standlichen Voraussetzungen einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Kapitalgesellschaft erfüllt.

    Körperschaftsteuer/Doppelbesteuerungsabkommen

    Gesellschafterfremdfinanzie-rungsregelungen und DBA- Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989

    In dem dem BFH-Urteil vom 16.1.2014 (DStR 2014 S. 734) zugrunde liegenden Streitfall wurden die Geschäftsanteile an der Klägerin – einer GmbH mit abweichen-dem Wirtschaftsjahr zum 30.9. – in den Streitjahren 2000 und 2001 von einer US- Kapitalgesellschaft (A-LLC) gehalten. Die US-Gesellschaft hielt zugleich auch die Anteile an der irischen Kapitalgesellschaft A-Ltd. Die Klägerin erhielt von der A-Ltd. für den Kauf eines Unternehmens ein Dar-lehen. Die hierfür gezahlten Zinsen (Zins-satz LIBOR-EUR plus 0,65 Prozentpunkte) beurteilte das Finanzamt nach Maßgabe der seinerzeit anwendbaren Gesellschafter-fremdfinanzierungsregelungen (§ 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 in der für den Zeit-raum des Anrechnungsverfahrens geltenden Fassung – a. F.) als verdeckte Gewinnaus-schüttungen (vGA). Der BFH gab der da -gegen gerichteten Klage wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA 1989 statt.

    Nach der – wegen des abweichenden Wirt-schaftsjahrs der Klägerin nach § 34 Abs. 1a KStG 1999 für beide Streitjahre maßgeben-den – Vorschrift des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Satz 2 KStG a. F. gelten Zinszahlungen für Fremdkapital an einen nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigner unter bestimmten Voraussetzungen als ver-deckte Gewinnausschüttungen. Die Rechts-folge der Umqualifizierung greift ein, wenn der Anteilseigner zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr zu mehr als einem Viertel (unmittelbar oder mittelbar) am Grund-

    oder Stammkapital der Gesellschaft beteiligt gewesen ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Dreifache des anteiligen Eigenkapitals des Anteils eigners übersteigt. Das Gleiche gilt in Bezug auf Fremdkapital, das nicht der Anteilseigner, sondern eine ihm im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG nahestehende Person – im Streitfall die irische A-Ltd. – der Gesell-schaft zur Verfügung stellt.

    Im letzteren Fall setzt die Hinzurechnung der Vergütungen für Fremdkapital als vGA voraus, dass nicht nur die Kreditgeberin (A-Ltd.), sondern – entgegen BMF vom 15.12.1994 (BStBl I 1995 S. 25, Tz. 19) – auch der Anteilseigner (die US-Mutter-gesellschaft) nicht anrechnungsberechtigt ist. Dies stellt der BFH im Hinblick auf sein früheres Urteil vom 8.9.2010 (BStBl II 2013 S. 186) klar. Ziel des § 8a KStG a. F. ist zwar, die Einmalbesteuerung der (über-mäßigen) Fremdkapitalvergütung sicher-zustellen – dies aber nur dann, wenn der Anteilseigner nicht anrechnungsberechtigt, in der Regel also Steuerausländer ist. In-landskonstellationen werden hingegen nicht einbezogen. Aus § 1 Abs. 2 AStG lässt sich nichts anderes herleiten, da der Verweis darauf allein dazu dient, den Begriff des Nahestehenden zu bestimmen.

    Schließlich verbietet aber das Diskriminie-rungsverbot des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA eine steuerliche Schlechterstellung der Klägerin aufgrund der Ansässigkeit der an dem Unternehmen Beteiligten im anderen Vertragsstaat. Ein ausländisches beherrschtes Unternehmen eines Vertragsstaats darf im erstgenannten Staat keiner Besteuerung unterworfen werden, die anders oder belas-tender ist als die Besteuerung, denen andere ähnliche Unternehmen des erstgenannten Staates unterworfen sind oder unterworfen werden können. Im Streitfall bedeutet die Behandlung der Zinszahlungen als vGA eine Diskriminierung im Sinne des Art. 24 Abs. 4 DBA-USA. Denn diese Zinszahlun-gen wären abziehbar, falls die Muttergesell-schaft in Deutschland ansässig und somit anrechnungsberechtigt ist. Schließlich wies der BFH darauf hin, dass die Sperrwirkung der zinsspezifischen Regelung in Art. 24 Abs. 3 DBA-USA 1989 im Streitfall nicht zur Anwendung kam.

    Körperschaftsteuer/Verfahren

    Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke

    Der BFH behandelte im Beschluss vom 18.12.2013 (DStR 2014 S. 788) die Frage, ob die Einschränkungen des Betriebsaus-gabenabzugs für Zinsaufwendungen nach § 4h EStG in Verbindung mit § 8a Abs. 1 KStG (sogenannte Zinsschranke) mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu vereinbaren ist. Die Steuer-pflichtige hatte gegen den Körperschaft-steuerbescheid 2008 Einspruch eingelegt und darüber hinaus einen Antrag auf Aus-setzung der Vollziehung der festgesetzten Körperschaftsteuer von rund 11.600 Euro gestellt. Obwohl die Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum 2008 erhebliche negative Einkünfte erzielt hatte, ergab sich aufgrund der Zinsschrankenregelung ein positives Einkommen. Denn von dem im selben Zeitraum entstandenen Zinsaufwand von circa 9,6 Millionen Euro konnte ledig-lich ein Betrag von circa 3,3 Millionen Euro als Betriebsausgabe abgezogen werden. Somit ist ein Zinsvortrag in Höhe von circa 6,3 Millionen Euro festgestellt worden. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanz-gericht Münster lehnten allerdings den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.

    Der BFH hat im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßig-keit des § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 n. F. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei sieht der BFH zahlreiche gewichtige Gründe, dass die Zinsschranke eine verfassungsrechtlich relevante Un gleich-behandlung von wesentlichem Gleichem nach sich zieht. Durch die Zinsschranke könnte der Gesetzgeber das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit durchbrochen haben. Denn aufgrund der Zinsschranke wird nicht das Nettoein-kommen (Saldo aus den Einnahmen und den Betriebs ausgaben) besteuert. Vielmehr können die in dem Veranlagungszeitraum entstandenen Zinsaufwendungen aufgrund der Zinsschranke nur in eingeschränktem Maße sofort abgezogen und im Übrigen nur

  • 11

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014

    in spätere Veranlagungszeiträume vorge-tragen werden.

    Der BFH sieht in der Zinsschranke eine bloße Gegenfinanzierungsmaßnahme zur Absenkung der Steuersätze durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008. Bei dieser bleibt unberücksichtigt, dass im Rahmen einer Gegenfinanzierung die Steuer-pflichtigen möglichst gleichmäßig durch die Erweiterung der Bemessungsgrundlage zu belasten sind. Darüber hinaus hat der BFH erhebliche Bedenken, die Zinsschranke mit dem Zweck der Missbrauchsabwehr zu rechtfertigen. Es sei zweifelhaft, ob die Zins-schranke den verfassungsrechtlichen Anfor-derungen an eine Missbrauchstypisierung entspricht, da sie sich nicht realitäts gerecht am typischen Fall orientiert. Ins besondere bemängelt der BFH die Ziel genauigkeit der Zinsschranke. So werden missbräuchliche Gestaltungen unterhalb der Freigrenze nicht sanktioniert, während marktübliche und damit typischerweise nicht missbräuchliche Gestaltungen erfasst werden. Schließlich werden aufgrund der Regelungsstruktur der Zinsschranke ins besondere fremdkapital-bedürftige Unternehmen durch eine unan-gemessene Sub stanz besteuerung belastet.

    Bestehen ernstliche Zweifel an der ver-fassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm, so sind die Voraussetzun-gen einer Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO grundsätzlich erfüllt. Dabei besteht im vorliegenden Fall ein besonderes Aussetzungsinteresse, das den öffent lichen, vor allem haushalterischen Interessen vor-geht. Auch wenn im Streitfall die Sub stanz-besteue rung aufgrund der Zinsschranke nicht zu einer Existenzgefahr für die Antrag-stellerin führt, ist gleichwohl eine Ausset-zung der Vollziehung berechtigt. So kann auch bei einer geringeren Belastung des Steuerpflichtigen das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegen, wenn die Gefahren für die öffentliche Haushalts-führung vergleichsweise gering sind.

    Dass die Regelungen der Zinsschranke derzeit nicht dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung vorliegen, recht-fertigt es nicht, eine Aussetzung der Voll-ziehung abzulehnen. So hat es das BVerfG unter Hervorhebung der besonderen Bedeu-

    tung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auch bereits ausreichen lassen, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Vor-schrift lediglich von einer Mindermeinung im Fachschrifttum vertreten wird. Im Übrigen ist es auch nicht gerechtfertigt, aufgrund einer Prognose über eine Ent-scheidung des BVerfG vorläufigen Rechts-schutz generell auszuschließen. Ist ein qualifiziertes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorhanden, so muss dieses Interesse im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch durchsetzbar sein. Dies gilt unabhängig davon, ob das BVerfG später möglicherweise in einem Normenkontroll-verfahren eine Weitergeltung verfassungs-widriger Normen anordnet und dem Gesetz-geber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgeben wird.

    Umsatzsteuer

    Reisebüros als Veranstalter von steuerfreien Theatervor-führungen – Leistungsort bei Hotelverpflegung am Ort des Hotels

    Das Urteil des BFH vom 21.11.2013 (DStR 2014 S. 647) betrifft die Frage, ob der Ver-kauf sämtlicher Theaterkarten einer Vorstel-lung durch ein Touristikunternehmen eine steuerfreie Veranstaltung von Theatervor-führungen im Sinne des § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG ist. Streitig war ferner, ob im Ausland gewährte Verpflegungsleistungen als Neben-leistung zur im Inland nicht steuer baren Hotelübernachtung anzusehen sind.

    Ein Reiseveranstalter erstellte unter anderem als „Paketreiseveranstalter“ für Busunter-nehmen und Reisebüros Reiseprogramme wie zum Beispiel Rund- oder Studienreisen, Städte-, Theater- und Festspielreisen. In den Streitjahren 2001 bis 2003 bot er überwie-gend für Busreiseunternehmen Hotelüber-nachtungen mit Frühstück, Stadtführung sowie Theaterkarten zum Besuch der Oper mit je nach Reisetermin unterschiedlicher Opernvorstellung an. Eine Oper überließ dazu dem Reiseveranstalter vereinbarungs-gemäß die an einem bestimmten Tag statt-findende Vorstellung als geschlossene Ver-anstaltung gegen einen Pauschalpreis. Die

    Karten wurden von der Oper erstellt und enthielten auf der Vorder- und Rückseite neben einem Hinweis auf die Oper einen Hinweis auf die Präsentation durch den Reiseveranstalter. Dieser trug auch das wirtschaftliche Risiko des Kartenverkaufs. Gegenüber den Busreiseunternehmen wurde der Verkauf der Eintrittskarten für die Oper jeweils gesondert ohne Ausweis von Umsatz-steuer in Rechnung gestellt. Darüber hinaus erbrachte der Reiseveranstalter im Zusam-menhang mit für andere Reiseunternehmer arrangierten Hotelübernachtungen im Aus-land auch Verpflegungsleistungen. Diese machten einen Anteil von 4 % bis 4,5 % des Leistungspreises aus.

    Der BFH bejaht im Streitfall eine Steuer-befreiung des Verkaufs der Eintrittskarten. Wenn nämlich ein Touristikunternehmen sämtliche Eintrittskarten einer Theatervor-führung kauft, das volle wirtschaftliche Risiko der Aufführung übernimmt und im eigenen Namen als Veranstalter auftritt, kann darin eine steuerfreie Veranstaltung von Theatervorführungen im Sinne des § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG liegen. Die entspre-chende Würdigung des Finanzgerichts für den Streitfall ist möglich und revisions-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Steuer-befreiung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Eintrittspreise von Theatern als Teil der Kultur nicht mit Umsatzsteuer zu belasten. Nicht erforder-lich ist, dass der Veranstalter die organisa-torischen Maßnahmen dafür trifft, dass Theatervorführungen abgehalten werden können, wobei er die Umstände, den Ort und die Zeit seiner Darbietungen selbst bestimmt.

    Der Leistungsort richtet sich bei den Ver-pflegungsleistungen im Hotel nach der Belegenheit des Hotelgrundstücks (im Streitjahr § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG). Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Hotelver-pflegung Nebenleistung zur Hotelübernach-tung, wenn auf die Verpflegung im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Teil des Pauschalentgelts entfällt, und daher die Hotelverpflegung den Leistungsort der Hauptleistung teilt. Die Hotelverpflegung dient dazu, die Hauptleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen und zählt nach der Verkehrs-auffassung zu den traditionellen Aufgaben

  • 12

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Steuerrecht

    eines Hoteliers. Daran hält der BFH trotz des entgegenstehenden Nichtanwendungs-erlasses des Bundesministeriums der Finan-zen vom 4.5.2010 (BStBl I 2010 S. 490) fest.

    Die Margenbesteuerung (§ 25 UStG) war im Streitfall nicht anwendbar, da die Leistung des Reiseveranstalters nicht an Reisende, sondern an andere Unternehmer ausgeführt wurde. Zwar hat inzwischen der EuGH mit Urteil vom 26.9.2013 in der Rechtssache C-189/11 – Kommission/Spanien (DStR 2013, S. 2106) entschieden, dass nach dem Unionsrecht die Margenbesteuerung unab-hängig von der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers anzuwenden ist. Der Reiseveranstalter hat sich laut BFH jedoch nicht auf das Unionsrecht berufen. Damit verbleibt es bei der Einzelbetrachtung der Leistungen hinsichtlich Leistungsort und Steuerbefreiung.

    Berichtigung des Vorsteuer-abzugs aus geleisteter Anzahlung bei Ausbleiben der Leistung

    Der EuGH hat mit Urteil vom 13.3.2014 – Rs. C-107/13 – FIRIN OOD (DStR 2014 S. 650) auf Vorlage aus Bulgarien zur Be -richtigung des Vorsteuerabzugs aus einer geleisteten Anzahlung bei Ausbleiben der Leistung Stellung genommen.

    Der EuGH geht zunächst auf die Frage ein, wann das Recht auf Vorsteuerabzug bei einer Anzahlung entsteht. Gemäß Art. 167 MwStSystRL entsteht das Recht auf Vor-steuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Nach Art. 63 MwStSystRL ist dies der Zeitpunkt, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird. Nach Art. 65 MwStSystRL entsteht bei einer vorherigen Anzahlung der Steueranspruch bereits zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag. Dies stellt eine Ausnahme von der Regel des Art. 63 MwStSystRL dar und muss als solche eng ausgelegt werden. Damit der Steueranspruch unter solchen Umständen entstehen kann, ist erforderlich, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertat-bestands – das heißt der künftigen Liefe-

    rung oder der künftigen Dienstleistung – bereits bekannt sind und somit insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind.

    Art. 65 MwStSystRL kann keine Anwen-dung finden, wenn der Eintritt des Steuer-tatbestands zum Zeitpunkt der Anzahlung unsicher ist. Das ist insbesondere bei be -trügerischem Verhalten der Fall. Dies gilt zum einen, wenn der die Anzahlung vor-nehmende Steuerpflichtige eine Steuer-hinterziehung begeht. Denn in diesem Fall sind die objektiven Kriterien, auf denen die Begriffe der Lieferung von Gegenständen beziehungsweise der Erbringung von Dienstleistungen beruhen, bereits nicht erfüllt. Zum anderen gilt dies auch, wenn der Steuerpflichtige nachweislich wusste oder wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Leistenden begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausging oder nach-folgte, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde.

    Sofern danach bei einer Anzahlung das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, legen die Art. 184 bis 186 MwStSystRL die Vor-aussetzungen fest, unter denen die Finanz-verwaltung eine Berichtigung durch einen Steuerpflichtigen verlangen kann. Dabei stellt Art. 185 Abs. 1 MwStSystRL den Grundsatz auf, dass eine Berichtigung ins-besondere dann zu erfolgen hat, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuer-erklärung geändert haben. Laut EuGH ist dies unter anderem der Fall, wenn nach erfolgter Anzahlung eine Leistung nicht erbracht wird.

    Dies gilt auch dann, wenn die vom Leisten-den geschuldete Mehrwertsteuer selbst nicht berichtigt wird. Der EuGH weist insbesondere darauf hin, dass – solange die Anzahlung vom Leistenden nicht zurückge-zahlt worden ist – die Bemessungsgrundlage der von ihm aufgrund der Vereinnahmung dieser Anzahlung geschuldeten Steuer nicht nach Art. 65 in Verbindung mit Art. 90 und Art. 193 MwStSystRL vermindert werden kann. Der EuGH bezieht sich dabei auf sein

    Urteil vom 29.5.2001 (Rs. C–86/99 – Free-mans) zur Berichtigung der Steuerbemes-sungsgrundlage im Fall von Rückvergütun-gen (DStRE 2001 S. 722). Ferner schuldet der Aussteller einer Rechnung die darin ausgewiesene Mehrwertsteuer gemäß Art. 203 MwStSystRL auch, wenn kein steuerpflichtiger Umsatz vorliegt. Leistender und Leistungsempfänger müssen jedoch nicht notwendigerweise gleich behandelt werden. Dem Leistungsempfänger bleibt es unbenommen, nach nationalem (Zivil-)Recht die Rückzahlung der Anzahlung zu verlangen.

    Anforderungen an die Leis-tungsbeschreibung in der Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs

    Der BFH bestätigt mit Urteil vom 16.1.2014 (DStR 2014 S. 743) seine Rechtsprechung, wonach zur Identifizierung einer abgerech-neten Leistung (§ 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 UStG) andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden können, wenn das Abrechnungs-dokument selbst darauf verweist und diese eindeutig bezeichnet. Die in Bezug genom-menen Geschäftsunterlagen müssen der Rechnung nicht beigefügt sein.

    Eine GmbH stellte einem Immobilienmakler in zwei Rechnungen Umsatzsteuer gesondert in Rechnung. Zur Beschreibung der abge-rechneten Leistungen wird in der einen Rechnung unter anderem ausgeführt: „gemäß unserer Vereinbarung zum Projekt der X-AG‚ … berechnen wir Ihnen die von uns erbrachten Leistungen wie folgt:“. In der anderen Rechnung wird ausgeführt: „gemäß unserer Vereinbarung zum Projekt L. F. der X-AG erlauben wir uns, unsere erbrachten Leistungen wie folgt in Rech-nung zu stellen:“.

    Im Folgenden wurde der Einsatz einer Person unter Angabe der Anzahl der Tage der eingesetzten Person im jeweiligen Monat und des jeweils zugrunde liegenden Tagessatzes (netto) sowie die daraus resul-tierende monatliche Gesamtsumme (netto) abgerechnet. Die in Bezug genommene Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Immobilienmakler war der Rechnung nicht beigefügt.

  • 13

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014

    Sowohl das Finanzamt als auch das Finanz-gericht verneinten einen Vorsteuerabzug. Die Bezugnahme in der Rechnung auf die Vereinbarungen zu bestimmten Projekten genüge den Anforderungen an eine ord-nungsgemäße Leistungsbeschreibung schon deshalb nicht, weil diese Vereinbarung den Rechnungen nicht beigefügt worden sei. Die Revision des Immobilienmaklers hatte Erfolg. Der BFH hat das Urteil des Finanz-gerichts aufgehoben und die Sache zur Nachholung der fehlenden Feststellungen zurückverwiesen.

    Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leis-tungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Der Vorsteuer-abzug setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Insbesondere muss die Rechnung nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 UStG Angaben über den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten.

    Im Streitfall enthalten die Rechnungen hinreichende Angaben zum Umfang der von der GmbH abgerechneten Leistungen. In beiden Rechnungen wird jeweils die Leistung für den Personaleinsatz für eine bestimmte Anzahl von Tagen innerhalb eines bestimmten Monats unter Angabe des Tagessatzes für eine Person abgerechnet.

    Zur Identifizierung der Art der sonstigen Leistung verweist die Abrechnung auf die hinreichend konkretisierte Projektverein-barung zwischen dem Immobilienmakler und der GmbH. Entgegen dem Finanzgericht ist es ausreichend, wenn die Rechnung auf die in Bezug genommenen Geschäftsunter-lagen verweist und diese Unterlagen – für Zwecke der Identifizierung – eindeutig bezeichnet sind. Sie müssen der Rechnung hingegen nicht beigefügt sein.

    Bestätigt wird dies durch § 31 Abs. 3 S. 2 UStDV. Danach muss eine in Bezug ge-nommene andere Geschäftsunterlage beim Rechnungsaussteller und beim Rechnungs-empfänger lediglich vorhanden sein. Dies setzt keine physische Verbindung mit der Rechnung als Urkunde voraus. Das Finanz-gericht wird festzustellen haben, ob auf-

    grund der in Bezug genommenen Verein-barung eine Leistungsbeschreibung gegeben ist, die eine Identifizierung der abgerechne-ten Leistungen nach ihrer Art ermöglicht. Zu diesem Zweck ist die Vereinbarung inhalt-lich zu überprüfen.

    Sollten die Rechnungen die Voraussetzungen nach §§ 14, 14a UStG erfüllen, muss das Finanzgericht insbesondere prüfen, ob der Immobilienmakler noch im Streitjahr Besitz an den Rechnungen erlangte und im Fall von erst im Folgejahr erbrachten Leistungen bereits im Streitjahr die Zahlung geleistet hat. Ansonsten kommt im Streitjahr kein Vorsteuerabzug in Betracht.

    Beendigung der Organschaft mit Insolvenzeröffnung

    Laut Beschluss des BFH vom 19.3.2014 (DStR 2014 S. 793) ist es ernstlich zweifel-haft, ob eine umsatzsteuerrechtliche Organ-schaft nach der Eröffnung des Insolvenzver-fahrens fortbesteht. Dies gilt gleichermaßen für die Insolvenzeröffnung beim Organträger wie auch bei der Organgesellschaft und unabhängig davon, ob das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter bestellt oder Eigenverwaltung anordnet. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

    Der BFH begründet dies mit den Wirkungen der Organschaft, die unionsrechtlich auf Art. 11 MwStSystRL beruht. Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirt-schaftliche und organisatorische Beziehun-gen eng miteinander verbunden sind, zusam-men als einen Steuerpflichtigen behandeln. Bei richtlinienkonformer Auslegung ent-sprechend Art. 11 MwStSystRL führt die Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu einer „Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen“. Aufgrund dieser Ver-schmelzung hat der Organträger als Unter-nehmer die Aufgabe als „Steuereinnehmer“ für den gesamten Organkreis wahrzunehmen (siehe BFH-Urteil vom 8.8.2013, KPMG- Mitteilungen November 2013 S. 13).

    Der BFH weist darauf hin, dass das Insol-venzrecht bislang keine Regelungen enthält, die im Fall einer Konzerninsolvenz ein ein-

    heitliches Insolvenzverfahren für mehrere Konzerngesellschaften ermöglichen. Sowohl hinsichtlich der Feststellung des Insolvenz-grundes als auch in Bezug auf die Abwick-lung des Insolvenzverfahrens bleiben ver bundene Unternehmen daher insolvenz-rechtlich selbstständig. Dabei scheidet die Bildung einer einheitlichen Haftungsmasse bestehend aus mehreren rechtlich selbst-ständigen Konzerngesellschaften aus. Denn ansonsten würde der unterschiedliche Um -fang der Gläubigerrechte, wie sie im Ver-hältnis zu den einzelnen Insolvenzschuld-nern bestehen, missachtet. Die Insolvenz eines herrschenden Unternehmens erstreckt sich daher nach geltendem Recht nur auf dessen Vermögen, nicht dagegen auf das seiner Tochtergesellschaften.

    Folge dieser insolvenzrechtlichen Einzel-betrachtung ist, dass Ansprüche, die zwi-schen den Personen bestehen, die umsatz-steuerrechtlich einem Organkreis angehören, im Insolvenzfall nur nach den allgemeinen insolvenzrechtlichen Regelungen geltend gemacht werden können. Daher ist zwischen Insolvenzforderungen, die zur Insolvenz-tabelle anzumelden sind, und bevorrechtigten Masseverbindlichkeiten zu unterscheiden. Dies gilt auch für die Ansprüche Dritter gegen die dem Organkreis angehörigen Per-sonen. So bestehen auch für das Finanzamt im Insolvenzfall keine Vorrechte, sodass es Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ebenfalls nur als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit geltend machen kann.

    Aufgrund der Insolvenzeröffnung und des insolvenzrechtlichen Einzelverfahrens-grundsatzes hat das Finanzamt somit nur noch eingeschränkte Möglichkeiten zur Anspruchsdurchsetzung gegenüber dem bisherigen Organträger als Steuereinnehmer für den gesamten Organkreis. So ist im Insolvenzverfahren des Organträgers die auf die Umsatztätigkeit der Organgesell-schaft entfallende Umsatzsteuer keine Masse verbindlichkeit und kann daher vom Finanzamt nicht durch Steuerbescheid gegen den Organträger festgesetzt werden. In der Insolvenz der Organgesellschaft ist der Organträger zudem nicht berechtigt, seinen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen die Organgesellschaft als Massever-bindlichkeit geltend zu machen. Ein solcher Ausgleichsanspruch besteht zur Sicherung

  • 14

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    Steuerrecht

    der Belastungsneutralität, soweit die Steuer-schuld des Organträgers auf der Umsatztätig-keit der Organgesellschaft beruht (siehe BGH- Urteil vom 29.1.2013, HFR 2013, S. 537).

    Der BFH hatte bereits mit dem oben ge-nannten Urteil vom 8.8.2013 zur Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt die Auf fassung vertreten, dass die Organschaft beendet wird. In entsprechenden Konstella-tionen sei der Organträger zu einer Willens-durchsetzung in der Organschaft nicht mehr in der Lage. Daher könne er den ihm gegen die Organgesellschaft zustehenden Aus-gleichsanspruch aufgrund insolvenzrecht-licher Besonderheiten nicht mehr ver wirklichen.

    Vorsteuerabzug aus Leistun-gen zur Bewirtschaftung einer Betriebskantine

    Das Urteil des BFH vom 29.1.2014 (DStR 2014 S. 797) betrifft den Vorsteuerabzug eines Arbeitgebers im Fall einer fremd-bewirtschafteten Betriebskantine.

    Im Streitfall hatte der Arbeitgeber die Be -wirtschaftung seiner Betriebskantine ver-traglich einem Caterer übertragen. Dieser betrieb die Kantine im Rahmen eines gemeinsam verabschiedeten Budgets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Öffnungszeiten und Grundkonzept für die Angebotspalette ergaben sich aus dem Bewirtschaftungsvertrag. Der Caterer hatte vertraglich festgelegte Abgabepreise zu be -achten. Der Arbeitgeber stellte dem Caterer die für die Bewirtschaftung notwendigen Räume, deren Einrichtungen sowie das Groß- und Kleininventar kostenlos zur Ver-fügung. Daneben sorgte der Arbeitgeber für den Unterhalt der Räume und des Inventars sowie für alle erforderlichen Reparaturen. Darüber hinaus stellte er die für den gesam-ten Betriebsgastronomiebereich notwendige Energie kostenlos zur Verfügung.

    Der Caterer stellte dem Arbeitgeber in den Streitjahren monatlich eine Bewirtschaf-tungs- sowie eine Personalkostenpauschale jeweils zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Später stellte er gegenüber dem Arbeitgeber

    berichtigte Rechnungen aus, mit denen er die bisher erteilten Rechnungen aufhob und nunmehr ohne Umsatzsteuer abrechnete. Dies geschah noch vor einer Betriebsprü-fung, die zur Versagung des Vorsteuer-abzugs durch das Finanzamt führte. Das Finanzamt war der Auffassung, dass zwi-schen Caterer und Arbeitgeber kein Leis-tungsaustausch angenommen werden könne. Das Finanzgericht bejahte dagegen einen Vorsteuerabzug. Die gezahlte Pau-schale sei Gegenleistung für eine an den Arbeitgeber erbrachte Leistung der Kanti-nenbewirtschaftung. Es liege kein zusätz-liches Entgelt von dritter Seite im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 3 UStG für die verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken an die Arbeitnehmer vor.

    Der BFH kommt entgegen der Finanzver-waltung (Abschnitt 1.8 Abs. 12 Nr. 3 Bei-spiel 3 UStAE) zum Ergebnis, dass ein an den Caterer geleisteter Zuschuss zu den Bewirtschaftungskosten Entgelt für eine vom Arbeitgeber bezogene Eingangsleis-tung in Form einer Kantinenbewirtschaftung sein kann. Gleichwohl verneint der BFH im Streitfall einen Vorsteuerabzug des Arbeit-gebers, da diese Leistung ausschließlich dazu dienen sollte, als sogenannte unentgelt-liche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG) seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen. Der BFH verneinte einen Bezug für eine wirt-schaftliche Tätigkeit des Arbeitgebers, obwohl die Bewirtschaftung der Kantine im Interesse des Arbeitgebers stand. Dieser konnte hierdurch einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach quali fizierten Beschäf-tigten auf dem Arbeitsmarkt erlangen. Der private Vorteil der Arbeitnehmer, verbilligt Speisen und Getränke zu erwerben, sei weder den Bedürfnissen des Unternehmers unter geordnet noch eine Aufmerksamkeit. Da der Unternehmer bereits bei Leistungs-bezug beabsichtigte, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine steuerpflichtige unentgeltliche Wert-abgabe zu verwenden, war er nach der neueren Rechtsprechung des BFH (siehe unter anderem das Urteil vom 9.12.2010, DStR 2011 S. 460) nicht zum Vorsteuer-abzug berechtigt.

    Da der BFH den Vorsteuerabzug bereits mangels Bezug für eine wirtschaftliche Tätigkeit verneinte, bedurfte es laut BFH keiner Erörterung, welche Bedeutung der späteren Rechnungsberichtigung des Caterers zukommt. Für den BFH ist es jedoch fraglich, ob die vom Finanzgericht vertretene Rechtsansicht, dass dadurch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht rückwirkend entfallen sei, im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und BFH zutref-fend ist. Der BFH verweist dazu unter ande-rem auf die EuGH-Urteile vom 15.7.2010 – Rs. C-368/09 – Pannon Gep Centrum (DStR 2010 S. 1475) und vom 8.5.2013 – Rs. C-271/12 – Petroma Transports SA (DStRE 2013 S. 1310).

    Schneller Überblick zur Rechnungslegung:

    eNewsletter Accounting News

    Regelmäßig aktuelle Informationen zur

    Rechnungslegung nach HGB und IFRS

    finden Sie in unserem eNewsletter

    Accounting News – kostenfreier Download

    unter www.kpmg.de/accountingnews

    http://www.kpmg.de/accountingnews

  • 15

    © 2014 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

    KPMG-Mitteilungen Juni 2014

    Zollrechtliche Einreihung von Teilen für Schuhe

    Mit seinem Urteil vom 6.2.2014 (Rs. C-2/13, Humeau Beaupréau) äußerte sich der EuGH zur Frage, ob die Formung der Hinterkappe eines Schafts für Schuhe und dessen Auf-rauen sowie das Aufrauen einer Laufsohle vor der Zusammensetzung eines Schuhs als Zusammensetzen oder als Bearbeitung zur Vervollständigung der Fertigung im Sinne von Abschnitt VII der HS-Erläuterung zur Allgemeinen Vorschrift 2a (nachfolgend AV 2a) einzustufen seien.

    Zwischen 1998 und 2000 hatte ein französi-scher Schuhhersteller Teile von Schuhen aus China in die Europäische Union einge-führt. Dabei hatte er Schäfte, Laufsohlen und Innensohlen jeweils zollrechtlich mit der Position 6406 angemeldet (belastet mit einem Zollsatz von 3,3 % im Jahr 1998 und 3 % ab 1999), sowie Schnürsenkel mit der Position 6307 (belastet mit einem Zollsatz in Höhe von 6,3 %).

    Im Jahr 2004 stellten jedoch die französi-schen Zollbehörden fest, dass diese Waren in der Position 6404 einzureihen und somit mit einem Zollsatz in Höhe von 17,6 % und ab dem Jahr 1999 von 17 % zu belasten gewesen seien, da nach ihrer Einfuhr keine Bearbeitung mehr erfolgt sei. Die französi-schen Zollbehörden erließen daraufhin einen Nacherhebungsbescheid über 349.517 Euro.

    Der EuGH, zu dem der Fall schließlich gelangte, antwortete auf die ihm vorgelegte Frage, dass die AV 2a im Rahmen der Kom-binierten Nomenklatur (KN) wie folgt aus-zulegen ist: Ein Schuhoberteil, eine Lauf-sohle und eine Innensohle als Ware, die noch nicht zusammengesetzt gestellt wird und die wesentlichen Beschaffenheitsmerk-male von Schuhen aufweist, ist in die Posi-tion 6404 der KN einzureihen. Dies gilt, soweit nach der Einfuhr dieser Teile eine Hinterkappe in das Schuhoberteil eingefügt werden muss und die Laufsohle sowie das Schuhoberteil aufgeraut werden müssen, um sie zusammensetzen zu können.

    Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, gliederte der EuGH den Fall in folgende drei Vorgänge auf:

    • Aufrauen von Schuhoberteilen und Lauf sohle, wobei diese Teile aus China ein geführt wurden

    • Formung der Hinterkappe, die inner-gemeinschaftlich erworben wurde, mit Dampf

    • Hinzufügung der Hinterkappe

    Bezüglich des ersten Vorgangs stellte der EuGH heraus, dass die Kombination zwi-schen einem Oberteil und einer Laufsohle als wesentliches Beschaffenheitsmerkmal eines Schuhs anzusehen sei. Die Kombina-tion mache den größten Teil der vollstän-digen Ware aus, verleihe dem Schuh sein Aussehen und ermögliche seine Benutzung. Nach der AV 2a weise die Ware ihr wesent-liches Beschaffenheitsmerkmal bereits im vor liegenden Zustand auf.

    Eine Definition des Begriffs „nicht zusam-mengesetzte“ Ware enthalte die KN nicht. Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, fest-zustellen, ob erst durch das Aufrauen der Schuhoberteile und der Laufsohle eine ver-besserte Haftung zwischen Schuhoberteil und Laufsohle erreicht werde und dieser Prozess daher noch dem Vorgang des Zu-sammenklebens und nicht einer „weiteren Bearbeitung“ zuzuordnen sei. Andernfalls sei sie nicht als „weitere Bearbeitung dieser Teile bei der Vervollständigung zu einer fer-tigen Ware“ im Sinne von Abschnitt VII der HS-Erläuterung zur Allgemeinen Vorschrift 2a“ (EuGH, Urteil vom 6.2.2014, C-2/13, Rn. 41) einzustufen.

    Bezüglich des zweiten Vorgangs führte der EuGH aus, die AV 2a betreffe nur Teile, die den Zollbehörden zu Zwecken der Zollab-fertigung gestellt werden. Für die Frage, ob die gestellten Teile einer weiteren Bearbei-tung unterzogen werden müssten, sei auf den Zeitpunkt der Gestellung abzustellen,