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Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

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ATZ/MTZ-Fachbuch

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Die komplexe Technik heutiger Kraftfahrzeuge und Motoren macht einen immer größerwerdenden Fundus an Informationen notwendig, um die Funktion und die Arbeitswei-se von Komponenten oder Systemen zu verstehen. Den raschen und sicheren Zugriff aufdiese Informationen bietet die regelmäßig aktualisierte Reihe ATZ/MTZ-Fachbuch, wel-che die zum Verständnis erforderlichen Grundlagen, Daten und Erklärungen anschaulich,systematisch und anwendungsorientiert zusammenstellt.Die Reihe wendet sich an Fahrzeug- undMotoreningenieure sowie Studierende, die Nach-schlagebedarf haben und imZusammenhang Fragestellungen ihres Arbeitsfeldes verstehenmüssen und an Professoren und Dozenten anUniversitäten undHochschulen mit Schwer-punkt Kraftfahrzeug- und Motorentechnik. Sie liefert gleichzeitig das theoretische Rüst-zeug für das Verständnis wie auch die Anwendungen, wie sie für Gutachter, Forscher undEntwicklungsingenieure in der Automobil- und Zulieferindustrie sowie bei Dienstleisternbenötigt werden.

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Konrad Reif ⋅ Karl E. Noreikat ⋅ Kai BorgeestHerausgeber

Kraftfahrzeug-Hybridantriebe

Grundlagen, Komponenten, Systeme,Anwendungen

Mit 266 Abbildungen und 44 Tabellen

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ISBN 978-3-8348-0722-9 ISBN 978-3-8348-2050-1 (eBook)DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; de-taillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlag Bildquelle: Daimler AGMit freundlicher Unterstützung von Daimler

Springer Vieweg© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012DiesesWerk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht aus-drücklich vomUrheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmungdes Verlags. Das giltinsbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspei-cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be-rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne derWarenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermannbenutzt werden dürften.

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.

Springer Vieweg ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe SpringerScience+BusinessMediawww.springer-vieweg.de

Herausgeber

Prof. Karl E. Noreikat

Prof. Dr. Kai BorgeestHochschule AschaffenburgAschaffenburg, Deutschland

Prof. Dr. Konrad Reif

Friedrichshafen, DeutschlandDuale Hochschule Baden-Württemberg

[email protected]

[email protected]

NorCon Scientific Consulting

[email protected] Esslingen, Deutschland

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Vorwort

Hybridantriebe sind inzwischen ein fester Bestandteil der Serienprodukte eines Fahr-zeugherstellers. Damit ist dieses Fachgebiet zu einem wichtigen Bestandteil der Fahrzeug-technik geworden, dem in der Aus- und Weiterbildung für alle kraftfahrzeugtechnischenund verwandten Berufe Rechnung getragen werden muss. Dies betrifft zum einen dieLehrinhalte an den Hochschulen, beruflichen Schulen und in den Ausbildungsabteilungender Fahrzeug- und Zulieferfirmen, zum anderen aber auch die Weiterbildung der ein-zelnen Ingenieure und Fachleute in der Praxis, die in Form von Lehrgängen oder durchSelbststudium erfolgen kann.

An dieser Stelle will das Buch „Kraftfahrzeug-Hybridantriebe“ unterstützen. Es behan-delt alle Themen, die für Aufbau und Funktion von Hybridantrieben wichtig sind. Dabeiwurde auf fachlich fundierte Darstellung, gute Verständlichkeit und anwendungsnahePra-xisrelevanz großerWert gelegt. Dies ist dadurchmöglich, dass die einzelnenAbschnitte voneiner Vielzahl an Fachleuten erarbeitet wurden, die in der Fahrzeug- und Zulieferindustriesowie im Hochschulbereich an den dargestellten Themen arbeiten.

Ziel des Buches ist es, die grundlegenden Prinzipien zu erklären. Damit das Buch fürden Leser in einer begrenzten Zeit lesbar ist, musste das Material beschränkt und bei denThemen Schwerpunkte gesetzt werden. Dies erfolgte unter zwei Prämissen: Wichtig sindeinerseits die Themen, die für das Verständnis des Hybridantriebs unabdingbar sind, wiez. B. die Antriebsstrukturen. Andererseits wurde aber auch auf eine ausführliche und de-taillierte Darstellung derThemenWert gelegt, die spezifisch für Hybridfahrzeuge sind, wiez. B. elektrische Maschinen, Elektronik und vor allem die Energiespeicher.

Die Gliederung wurde so gewählt, dass beim Lesen des Buchs sukzessive ein umfassen-des Verständnis aufgebaut wird. Bei manchen eng zusammenhängenden Themen mussteeine sinnvolle Trennung gefunden werden. So hängen beispielsweise die Antriebsstruk-turen eng mit den Getrieben zusammen: Die Planetengetriebe zur Leistungsverzweigungwerden in diesem Buch bei den Antriebsstrukturen behandelt, der Abschnitt über Getrie-be behandelt dagegen die „normalenFahrzeuggetriebe“ undderenHybridisierung. Ebensohängt das Kapitel über die Betriebsstrategie mit dem über die Simulation und die Ausle-gung eng zusammen. Sie erklären aber die Sachverhalte aus verschiedenen Sichtweisen.Die Fragestellung der Betriebsstrategie lautet: Wie funktioniert ein Hybridfahrzeug in op-timaler Weise? Und die der Simulation und Auslegung: Wie entwirft man ein optimal

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VI Vorwort

funktionierendes Hybridfahrzeug? Außerdemwar es zumTeil notwendig, in manchenKa-piteln einige Inhalte vorweg in Kurzform zu behandeln, beispielsweise manche Inhalte derBetriebsstrategie, um den Aufbau und die Funktion des Antriebs zu erklären.

Das Buch richtet sich an Studenten der Ingenieurwissenschaften, in der Praxis stehendeIngenieure und Fachleute die Aufbau, Funktion, Komponenten und Systeme des Hybrid-antriebs von Kraftfahrzeugen kennenlernen wollen.

Unser Dank gilt der Firma Daimler AG, ohne deren finanzielle und fachliche Unter-stützung das Buch in dieser Form nicht hätte realisiert werden können.

Beiträge von 25 Autoren haben esmöglich gemacht, dass dieses Buch entstehen konnte.Ihnen gilt unser besonderer Dank. Sie haben ihr wertvolles Fachwissen zur Verfügung ge-stellt. Für fachliche Unterstützung, vor allem in der Endphase der Buchentstehung, dankenwir Herrn Dr. N. Amann, Herrn Prof. Dr.-Ing. J. Biermann, Herrn Prof. Dr.-Ing. S. Engel-king, Herrn Dipl.-Ing. F. Gretzmeier und Herrn Dr. D. Kraft.

Ferner danken wir dem Verlag Springer Vieweg für die Anregung zu diesem Buch unddie hervorragende Zusammenarbeit bei der professionellen Realisierung des Buchprojek-tes.

Friedrichshafen, Esslingen, Aschaffenburg im Oktober 2012 Konrad ReifKarl E. Noreikat

Kai Borgeest

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Inhaltsverzeichnis

Mitarbeiterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Konrad Reif, Karl E. Noreikat und Kai Borgeest1.1 Definition, Einsatz, Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1.1 Vorteile des Hybridantriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.1.1 Weniger CO2-Ausstoß durch Hybridfahrzeuge . . . . . . . 21.1.1.2 Mehr Fahrdynamik und Fahrkomfort

durch Hybridfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.1.3 Hybridfahrzeuge als Zwischenschritt

zu Elektrofahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.2 Technische Neuentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.1 Frühe Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.2 Umweltbewusstsein und Ölpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.2.3 Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2 Hybride Antriebsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Siegfried Saenger-Zetina und Markus Wagner2.1 Übersicht über die Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.1.2 Kombination vonWandlern und Speichern . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.1.2.1 Energiewandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.1.2.2 Energiespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.1.2.3 Drehzahl- und Drehmomentwandler . . . . . . . . . . . . . . 13

2.2 Vorteile eines Hybridantriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.2.1 Technische Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.2.1.1 Elektrisches Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.2.1.2 Rekuperatives Bremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.2.1.3 Lastpunktverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

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VIII Inhaltsverzeichnis

2.2.1.4 Boosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232.2.1.5 Start-Stopp-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.2.1.6 Kraftstoffverbrauch und Wirkungsgrad im Testzyklus . . . 25

2.2.2 Subjektive Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.2.2.1 Fahr- und Schaltkomfort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.2.2.2 Geräusch- und Schwingungsverhalten . . . . . . . . . . . . . 27

2.3 Konzepte und Betriebsweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272.3.1 Serielle Hybride . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

2.3.1.1 Konstruktive Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.3.1.2 Varianten des seriellen Hybridantriebs . . . . . . . . . . . . . 292.3.1.3 Beispiele von seriellen Hybriden . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2.3.2 Parallele Hybride . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.3.2.1 Konstruktive Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.3.2.2 Ausprägungen von Parallelhybriden . . . . . . . . . . . . . . . 332.3.2.3 Beispiele von Parallelhybriden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2.3.3 Leistungsverzweigte Hybride . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.3.3.1 Konstruktive Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.3.3.2 Beispiel von Leistungsverzweigungen . . . . . . . . . . . . . . 522.3.3.3 Beispiele von leistungsverzweigten Hybridantrieben . . . . 56

2.4 Klassifizierung nach Funktionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622.4.1 Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622.4.2 Start-Stopp-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

2.4.2.1 Die Start-Stopp-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632.4.2.2 Starteinrichtungen für Start-Stopp-Systeme . . . . . . . . . . 65

2.4.3 Hybrid-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672.4.3.1 Mikro-Hybrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672.4.3.2 Mild-Hybrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672.4.3.3 Voll-Hybrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

2.4.4 Extern aufladbare Hybride . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.4.4.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.4.4.2 Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.4.4.3 Lademöglichkeiten von Batterien . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

3 Komponenten des Hybridantriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75Notker Amann, Matthias Beck, Otmar Bitsche, Pedro Casals, Bernd Cebulski,Christine Ehret, Jochen Faßnacht, Andreas Greff, Franz Gretzmeier, Gün-ter Gutmann, Frank Hentschel, Markus van Heyden, Markus G. Kliffken,Dieter Kraft, Axel Müller, Roland Norden, Robert Stawiarski, Markus Wagner,Toni Viscido und Harald Weiler3.1 Auslegung des Verbrennungsmotors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

3.1.1 Ottomotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

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Inhaltsverzeichnis IX

3.1.2 Dieselmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823.1.3 Alternative Antriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

3.1.3.1 Stirlingmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 853.1.3.2 Dampfmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 883.1.3.3 Gasturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

3.1.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 923.2 Elektrische Maschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

3.2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933.2.1.1 Allgemeines zu elektrischen Maschinen . . . . . . . . . . . . 933.2.1.2 Prinzipien der physikalischen Wirkungsweise . . . . . . . . 943.2.1.3 Grundzüge der Drehfeldtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973.2.1.4 Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

3.2.2 Synchronmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073.2.2.1 Prinzipieller Ständeraufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1073.2.2.2 Prinzipielle Läuferbauformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083.2.2.3 Sonderform Transversalflussmaschine . . . . . . . . . . . . . 1133.2.2.4 Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1153.2.2.5 Ausführungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1193.2.2.6 Vor- und Nachteile bei Hybridfahrzeugen . . . . . . . . . . . 121

3.2.3 Asynchronmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1223.2.3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1223.2.3.2 Prinzipieller Aufbau der Drehstrom-Asynchronmaschine

mit Käfigläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233.2.3.3 Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253.2.3.4 Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1273.2.3.5 Vor- und Nachteile bei Hybridfahrzeugen . . . . . . . . . . . 1303.2.3.6 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1303.2.3.7 Ausführungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3.2.4 Feldorientierte Regelungder permanenterregten Synchronmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . 1343.2.4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1343.2.4.2 Mathematisches Modell

der permanenterregten Synchronmaschine . . . . . . . . . . 1353.2.4.3 Aufbau der feldorientierten Regelung . . . . . . . . . . . . . . 1383.2.4.4 Sensorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1413.2.4.5 Sonstige Regelungselemente für Hybridfahrzeuge . . . . . 142

3.3 Elektrik und Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1433.3.1 Energiebordnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

3.3.1.1 Bordnetztopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443.3.1.2 Bordnetzsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

3.3.2 Steuergeräte und Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1633.3.2.1 Funktionsorientierte Vernetzungsstrategie . . . . . . . . . . 164

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X Inhaltsverzeichnis

3.3.2.2 Zonenorientierte Vernetzungsstrategie . . . . . . . . . . . . . 1663.3.2.3 Architekturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1683.3.2.4 Bussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1693.3.2.5 Anbindung des Fahrzeugs an Infrastrukturen . . . . . . . . 173

3.3.3 Leistungselektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1743.3.3.1 Grundlagen und Systemeinordnung . . . . . . . . . . . . . . . 1743.3.3.2 Technik und Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1743.3.3.3 Topologien und Schaltungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . 1763.3.3.4 Zusätzliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1793.3.3.5 Aktuelle Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

3.4 Energiespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1843.4.1 Überblick: Rolle der Energiespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1843.4.2 Bleibatterie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

3.4.2.1 Elektrochemie des Bleiakkumulators . . . . . . . . . . . . . . 1853.4.2.2 Aufbau des Bleiakkumulators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1883.4.2.3 Bauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1943.4.2.4 Eigenschaften von Bleibatterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1963.4.2.5 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2013.4.2.6 Entwicklungstendenzen bei Bleiakkumulatoren

für Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2053.4.3 Elektrochemische Doppelschichtkondensatoren . . . . . . . . . . . . 2073.4.4 Nickel-Metallhydrid-Akkumulatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

3.4.4.1 Elektrochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2133.4.4.2 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2153.4.4.3 Zellendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2153.4.4.4 Betriebs- und Alterungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . 220

3.4.5 Lithium-Ionen-Batterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2223.4.5.1 Elektrochemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2253.4.5.2 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2263.4.5.3 Zellenkomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2283.4.5.4 Zellendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

3.4.6 Anwendung elektrochemischer Speicher in Kraftfahrzeugen . . . . 2353.4.6.1 Bordnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2353.4.6.2 Elektrochemische Speichersysteme für Hybridfahrzeuge . 2383.4.6.3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

3.4.7 Hydraulische Hybridantriebe und Energiespeicher . . . . . . . . . . . 2423.4.7.1 Abgrenzung zum elektrischen Hybrid . . . . . . . . . . . . . 2423.4.7.2 Aufbau und Systemkomponenten

des hydrostatisch-regenerativen Bremssystems . . . . . . . 2453.4.7.3 Ergebnisse an einem Abfallsammelfahrzeug

mit hydrostatisch-regenerativem Bremssystem . . . . . . . 247

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Inhaltsverzeichnis XI

3.4.7.4 Ergebnisse an einem Abfallsammelfahrzeugmit hydrostatisch-regenerativem Bremssystem . . . . . . . 249

3.4.8 Schwungräder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2493.5 Fahrzeuggetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

3.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2533.5.2 Getriebearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

3.5.2.1 Getriebe mit Zugkraftunterbrechung . . . . . . . . . . . . . . 2603.5.2.2 Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung . . . . . . . . . . . . . 265

3.5.3 Einfluss der Hybridisierung auf das Getriebe . . . . . . . . . . . . . . . 2743.6 Nebenaggregate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

3.6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2793.6.2 Mechanischer und elektrischer Antrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2793.6.3 Einsatz von Nebenaggregaten

in unterschiedlichen Antriebssträngen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2803.6.3.1 Konventioneller Antriebsstrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2813.6.3.2 Teilweise elektrifizierter Antriebsstrang . . . . . . . . . . . . 2813.6.3.3 Vollständig elektrifizierter Antriebsstrang . . . . . . . . . . . 284

3.6.4 Aggregate im Hybridfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2863.6.4.1 Elektrische Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2863.6.4.2 Lenkkraftunterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2873.6.4.3 DC/DC-Wandler zur Bordnetzversorgung . . . . . . . . . . 2903.6.4.4 Potentialtrennender DC/DC-Wandler

zur Bordnetzstabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2913.6.5 Betrieb von Nebenaggregaten im Traktionsnetz . . . . . . . . . . . . . 2913.6.6 Energiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

4 Betriebsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301Jan-Welm Biermann und Christian Renner4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3014.2 Antriebskomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

4.2.1 Verbrennungsmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3024.2.2 Elektrische Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3034.2.3 Energiespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3044.2.4 Nebenaggregate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

4.3 Entwurf von Betriebsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3064.3.1 Basisanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

4.3.1.1 Start-Stopp-Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3074.3.1.2 Boosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3074.3.1.3 Rekuperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3084.3.1.4 Elektrisches Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3094.3.1.5 Lastpunktanhebung und Lastpunktverlagerung . . . . . . . 311

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XII Inhaltsverzeichnis

4.3.2 Entwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3154.4 Anwendungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

4.4.1 Fahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3174.4.2 Betriebsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3184.4.3 Prädiktive Betriebsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

5 Simulation und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325Dieter Kraft, Thomas Huber und Sandra Sterzing-Oppel5.1 Modellierung und Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3255.2 Validierung der Simulationsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3285.3 Optimale Auslegung von Hybridfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

5.3.1 Bestimmung von Zielgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3305.3.2 Optimierung einer einzelnen Zielgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3315.3.3 Optimierung mehrerer Zielgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3325.3.4 Datenbasierte Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

5.4 Ergebnisse der optimalen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3355.4.1 Ausgangspunkt und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3355.4.2 Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3365.4.3 Optimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3385.4.4 Vergleich von Hybridkonzepten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3385.4.5 Validierung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

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Mitarbeiterverzeichnis

1 EinleitungProf. Dr. Konrad Reif, Duale Hochschule Baden-WürttembergProf. Karl. E. Noreikat, NorCon EsslingenProf. Dr. Kai Borgeest, Hochschule Aschaffenburg

2 Hybride AntriebsstrukturenDr. Siegfried Saenger-Zetina, Daimler AG, Sindelfingen

2.3.3 Leistungsverzweigte HybrideB. Eng. MBA Markus Wagner, Daimler AG, Stuttgart UntertürkheimDr. Siegfried Saenger-Zetina, Daimler AG, Sindelfingen

3 Komponenten des Hybridantriebs3.1 Auslegung des VerbrennungsmotorsAndreas Greff, Continental Automotive GmbH, Regensburg

3.1.3 Alternative AntriebeB. Eng. MBA Markus Wagner, Daimler AG, Stuttgart UntertürkheimDipl.-Ing. Frank Hentschel, vormals Daimler AG, Sindelfingen

3.2 ElektrischeMaschinenDr. Notker Amann, ZF Friedrichshafen AG, FriedrichshafenDr. Axel Müller, ZF Friedrichshafen AG, FriedrichshafenMarcus van Heyden, ZF Friedrichshafen AG, Schweinfurt

3.3 Elektrik und Elektronik3.3.1 EnergiebordnetzDr.-Ing. Jochen Faßnacht, Robert Bosch GmbH, StuttgartDipl.-Ing. (FH) Franz GretzmeierDr.-Ing. Toni Viscido, DSA – Daten- und Systemtechnik GmbH, Aachen

XIII

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XIV Mitarbeiterverzeichnis

3.3.2 Steuergeräte und KommunikationDr. Dieter Kraft, Robert Bosch GmbH, StuttgartDr.-Ing. Toni Viscido, DSA – Daten- und Systemtechnik GmbH, AachenDr. Harald Weiler, Robert Bosch GmbH, Stuttgart

3.3.3 LeistungselektronikBernd Cebulski, IAV GmbH Chemnitz

3.4.1–3.4.6 EnergiespeicherDr. Günter Gutmann, Beratung und Wissensvermittlung für elektrochemische Energie-speicher undWandler, EsslingenDipl.-Ing. Otmar Bitsche, Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft, Stuttgart

3.4.7 Hydraulische Hybridantriebe und EnergiespeicherDr.-Ing. Matthias Beck, Bosch Rexroth, ElchingenDr. Christine Ehret, Bosch Rexroth, ElchingenDr.-Ing. Markus G. Kliffken, Bosch Rexroth, ElchingenRobert Stawiarski, Bosch Rexroth, Elchingen

3.4.8 SchwungräderB. Eng. MBA Markus Wagner, Daimler AG, Stuttgart UntertürkheimDipl.-Ing. Frank Hentschel, vormals Daimler AG, Sindelfingen

3.5 FahrzeuggetriebeDipl.-Ing. Pedro Casals, BMW AG, vormals ZF Friedrichshafen AG

3.6 NebenaggregateDr. Dieter Kraft, Robert Bosch GmbH, StuttgartRoland Norden, Robert Bosch GmbH, Stuttgart

4 BetriebsstrategienProf. Dr.-Ing. habil. Jan-Welm Biermann, Institut für Kraftfahrzeuge, RWTH AachenUniversitätDipl.-Ing. Christian Renner, Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen

5 Simulation und AuslegungDipl.-Ing. Thomas Huber, Robert Bosch GmbH, StuttgartDr. Sandra Sterzing-Oppel, Robert Bosch GmbH, StuttgartDr. Dieter Kraft, Robert Bosch GmbH, Stuttgart

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1Einleitung

Konrad Reif, Karl E. Noreikat und Kai Borgeest

1.1 Definition, Einsatz, Anforderungen

Das lateinische Substantiv „hybrida“ stand für Mischling oder Bastard. Der Duden [Du-den09] ordnet das Adjektiv „hybrid“ heute mit den Bedeutungen „aus Verschiedenartigemzusammengesetzt, von zweierlei Herkunft; gemischt; zwitterhaft“ in die deutsche Spra-che ein. Ein Hybridfahrzeug, genauer ein Fahrzeug mit einem hybriden Antrieb, ist einFahrzeug, in dem unterschiedliche Energieformen durch entsprechende Wandler in diekinetische Energie zum Vortrieb umgesetzt werden.

Ein konventioneller Fahrzeugantrieb verwendet einen Verbrennungsmotor, um die imKraftstoff in Form chemischer Bindungen gespeicherte Energie zu einemmöglichst großenTeil in Wärme und diese wiederum zu einem möglichst großen Teil in kinetische Ener-gie umzusetzen. Andere Wärmekraftmaschinen wie z. B. Gasturbinen führen eine ähnli-che Energiewandlung durch. Daher ist auch in modernen Hybridfahrzeugen der Verbren-nungsmotor noch immer die Kernkomponente des Antriebs, er wird jedoch im Vergleichzu einem konventionellen Fahrzeug vonmindestens einem zweiten Energiewandler unter-stützt.

Prinzipiell wäre zur Unterstützung jede erdenkliche Energieform mit einem geeigne-ten Wandler in Erwägung zu ziehen. Praktisch geschieht dies bei Hybrid-Pkw, -Lkw und-Bussen derzeit durch elektrische Energie, die durch eine elektrische Maschine in kine-tische Energie gewandelt wird. Flurförderfahrzeuge (z. B. Gabelstapler) und mobile Ar-beitsmaschinen verfügen oft über ein hydraulisches System, das auch beim Antrieb denVerbrennungsmotor unterstützen kann. Neben der elektrischen und hydraulischen Ener-gie zur Unterstützung gibt es recht exotische Formen, z. B. in Form von Schwungrädern

Prof. Dr. Konrad ReifB, Prof. Karl E. Noreikat, Prof. Dr. Kai BorgeestWiesbaden, Deutschlande-mail: [email protected]

1K. Reif et al. (Hrsg.), Kraftfahrzeug-Hybridantriebe, ATZ/MTZ-Fachbuch,DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1_1,© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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2 K. Reif et al.

gespeicherte kinetische Energie oder pneumatische Energiespeicher (siehe Abschn. 3.4.7und 3.4.8 sowie [Guzzella12, Scuderi12]).

Die Kombination eines Verbrennungsmotors mit einem Elektromotor kann in unter-schiedlicher Weise erfolgen, die drei Grundarchitekturen (mit etlichen Varianten), die spä-ter in diesem Buch vorgestellt werden, sind der serielle Hybrid, der Parallelhybrid und derleistungsverzweigte Hybrid. Diese drei Architekturen haben alle ihre Vor- und Nachteile,für die Auswahl der Architektur steht insbesondere die Frage im Vordergrund, ob mit derHybridisierung primär der Energieverbrauch gesenkt oder die verfügbare Spitzenleistungerhöht und damit die Fahrdynamik und der Fahrkomfort verbessert werden.

1.1.1 Vorteile des Hybridantriebs

Warum benötigt der seit über 100 Jahren bewährte Verbrennungsmotor überhaupt Un-terstützung durch einen weiteren Energiespeicher und Energiewandler? Dafür gibt es dreiGründe.

1.1.1.1 Weniger CO2-Ausstoß durch HybridfahrzeugeCO2 entsteht als Reaktionsprodukt bei der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Stoffe, alsoauch von Kohlenwasserstoffen, die den Hauptbestandteil heutiger Kraftstoffe (Benzin undDiesel) ausmachen. Durch eine quantitative Analyse der Reaktionsgleichungen kann manberechnen, dass bei Dieselkraftstoff 2,7 kg CO2 und bei Ottokraftstoff 2,4 kg CO2 pro LiterKraftstoff entstehen. Gelingt es, den Kraftstoffverbrauchmassiv zu senken, sinkt damit alsoauch unmittelbar der Ausstoß von CO2.

CO2 steht im Verdacht, zu einer Erwärmung der Erdatmosphäre beizutragen („Treib-hauseffekt“). Die europäische Union hat sich deshalb ehrgeizige Ziele zur Senkung desCO2-Ausstoßes gesetzt. Als Gesetzgeber stellt sie zunehmend strengere Anforderungen anden Ausstoß von CO2 bei zukünftigen Fahrzeugen. Sie reglementiert den durchschnittli-chen Verbrauch aller in der EU neuzugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers. Das langfris-tige Ziel ist, 2020 einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 95 g/km zu erreichen. EineÜberschreitung verpflichtet den Hersteller zu Strafzahlungen [EG09]. Auch außerhalb derEU sind ähnliche Entwicklungen der Gesetzgebung zu beobachten. So ist in den USA be-reits länger als in Europa ein durchschnittlicher Flottenverbrauch („CorporateAverage FuelEconomy“) mit allerdings weniger anspruchsvollen Grenzwerten als in Europa von denHerstellern einzuhalten, auch dort erfolgen Strafzahlungen der Hersteller bei Überschrei-tung. Auch schaffen verbrauchsabhängige Kfz-Steuern oder eine direkte Besteuerung desVerbrauchs über die Mineralölsteuer einen Anreiz, Fahrzeuge mit einem geringeren Ver-brauch und einem geringeren CO2-Ausstoß zu beschaffen.

Während der Verbrennungsmotor im konventionellen Fahrzeug einen weiten Leis-tungsbereich und bei dynamischer Fahrweise auch schnelle Änderungen der Leistungsab-gabe abdeckenmuss, kann bei derUnterstützung durch einen elektrischen Energiespeicher(Akkumulator) und einen Elektromotor der Verbrennungsmotor in einem engen Dreh-

Page 18: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

1 Einleitung 3

zahlfenster mit geringerer Variation der Leistungsanforderung betrieben werden. Damitkann der Verbrennungsmotor besser auf einen Betriebsbereich optimiert und in den be-sonders verbrauchsintensiven Beschleunigungsphasen entlastet werden.

1.1.1.2 Mehr Fahrdynamik und Fahrkomfort durch HybridfahrzeugeEine weitere Motivation liegt darin, dass ein zweiter Energiewandler kurzzeitig ein zu-sätzliches Antriebsmoment und damit auch eine zusätzliche Beschleunigung liefern kann.Insbesondere schwere Fahrzeuge, deren zusätzlicheMasse eine entsprechend höhere Träg-heit bewirkt, können durch Hybridantriebe so agil wie ein leichteres Fahrzeug werden,ohne permanent eine hohe Leistung des Verbrennungsmotors zu benötigen.

1.1.1.3 Hybridfahrzeuge als Zwischenschritt zu ElektrofahrzeugenEin Nebenaspekt der Hybridisierung mit elektrischen Maschinen ist der gleitende Über-gang vom zunächst konventionellen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor über den Hybri-dantrieb und dem am öffentlichen Stromnetz aufladbaren „Plug-in-Hybrid“ zu einemeventuell rein elektrischen Fahrzeug in der Zukunft. Ein solcher kontinuierlicher Über-gang kann durch die Industrie und auch durch denMarkt leichter bewältigt werden als einabrupter Technologiesprung.

1.1.2 Technische Neuentwicklungen

Für die Hybridantriebe sind viele technische Neuentwicklungen notwendig. So benötigenzusätzliche Komponenten im Antriebsstrang mehr Raum und erhöhen das Gewicht desFahrzeugs. Insbesondere die Batterie (der Akkumulator) ist eine in dieser Hinsicht be-sonders anspruchsvolle Komponente. Der Käufer erwartet, dass ein Hybridfahrzeug trotzseiner vergleichsweise komplexeren Technik genau so zuverlässig wie ein konventionellesFahrzeug funktioniert. Dies ist inzwischen gelungen, allerdings ist auch in dieser Hinsichtwieder die Batterie die anspruchsvollste Komponente. Nicht zuletzt müssen die Kosten fürden Hybridantrieb insbesondere bei kleineren Fahrzeugen so weit sinken, dass sich derMehrpreis schon bei geringerer Fahrleistung durch die Energieeinsparung amortisiert.

Die Batterie stellt sich als zentrale Herausforderung bei der Weiterentwicklung des Hy-bridantriebs dar und hat die bisweilen eher weniger wahrgenommene Disziplin der Elek-trochemie zu einem Forschungsthema von hoher politischer Bedeutung gemacht. Jedochauch bei den elektrischen Maschinen sowie bei der Leistungselektronik zur Ansteuerungder elektrischen Maschinen oder zur Laderegelung und Diagnose der Batterien gibt es im-mense Fortschritte. Selbst der Verbrennungsmotor wird stärker denn je weiterentwickelt,einerseits um ihn für den Einsatz im Hybridantrieb zu optimieren, andererseits aber auch,um als alleiniger Antrieb neben den sparsamen Hybridfahrzeugen konkurrenzfähig zubleiben. Neben diesen im Vordergrund stehenden Schauplätzen wird der Leser auf vieleweitere interessante Gebiete stoßen, die ebenfalls für die Weiterentwicklung der Hybrid-fahrzeuge wichtig sind.

Page 19: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

4 K. Reif et al.

1.2 Geschichte

1.2.1 FrüheMotivation

In den ersten drei Jahrzehnten nach der Erfindung des Kraftfahrzeugs von Karl Benz undGottlieb Daimler waren drei verschiedene Antriebskonzepte auf den Straßen zu sehen.Das Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, mit Dampfmotor und mit Elektromotor. Alle dreiAntriebsarten waren sehr teuer, wenig verbreitet und noch mit Mängeln behaftet, die dieGebrauchstüchtigkeit erheblich einschränkten.

Beim Dampfmotor waren die Nachteile vor allem das große Gewicht und die langwie-rige Startprozedur; beim batteriebetriebenen Elektrofahrzeug war es die schwere Batterie,und beim Verbrennungsmotor war es der viel Kraft erfordernde und nicht ganz ungefähr-liche Startvorgang mit der Starterkurbel. Zudem mangelte es beim verbrennungsmotori-schen Antrieb an geeigneten Anfahrkupplungen und an gebrauchstüchtigen Schaltgetrie-ben. Auch war der Verbrennungsmotor in seiner Drehmoment- und Leistungscharakteris-tik dem Elektromotor noch weit unterlegen.

Ferdinand Porsche baute um 1900 leistungsstarke, elektrisch getriebene Rennfahrzeu-ge mit Radnabenmotoren. Diese Fahrzeuge war im Rennen erfolgreich, benötigten aber1800 kg schwere Batterien. Eine Kombination von Verbrennungsmotor und Elektromotorsollte nun die schwerwiegendenNachteile beiderAntriebe, schwereBatterie und problema-tischeAnfahrkupplung, vermeiden. So baute Porsche 1902mit demWiener FahrzeugbauerLohner einen Hybridantrieb, den er „Mixte“ nannte. Der „Mixte“ steht damit im Zeichendes damaligen Wettbewerbs zwischen dem batterieelektrisch und dem verbrennungsmo-torisch angetriebenen Fahrzeug.

In den nächsten Jahren förderte die Entwicklung leistungsstarker Verbrennungsmoto-ren, gebrauchstüchtiger Anfahrkupplungen und leistungsfähigen Getrieben die Akzeptanzdes Verbrennungsmotors. Zudem begannHenry Ford 1902mit derMassenproduktion vonpreisgünstigen FahrzeugenmitVerbrennungsmotor und sorgte damit für eine größereVer-breitung des Kraftfahrzeugs. Als im Jahre 1920 der elektrische Starter eingeführt wurde,verloren Elektro- und Hybridfahrzeuge deutlich an Akzeptanz. Von 1920 bis 1965 findetman keine nennenswerten Entwicklungen auf dem Gebiet der Hybridfahrzeuge.

1.2.2 Umweltbewusstsein und Ölpreis

Ab 1965 bekamen alle alternativen Antriebe wegen der steigenden Ölpreise eine verstärk-te Bedeutung. In den folgenden dreißig Jahren beschäftigte man sich unter anderem mitGasturbine, Stirlingmotor, Wankelmotor, Wasserstoffmotor, Elektroantrieb, aber auch mitdem Hybridantrieb. Mit diesen alternativen Antrieben wurde eine Reihe von Prototypen-fahrzeugen aufgebaut, die aber nur in ganz geringen Stückzahlen gefertigt wurden. Alleindas rein elektrisch betriebene Fahrzeug wurde in Kleinserien mit einigen Hunderten Fahr-zeugen gebaut.

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1 Einleitung 5

Das Motiv für die Entwicklung alternativer Antriebe, und damit auch für die Entwick-lung von Hybridantrieben, sind die sich ständig verschärfenden gesetzlichen Verbrauchs-und Emissionsgrenzwerte. Damit bestimmen diese Grenzwerte, welche Antriebstechno-logie für die Zukunft geeignet ist. Neben der Verbesserung der konventionellen Verbren-nungsmotoren beschäftigt sich die Automobilindustrie mit Elektroantrieben, mit Brenn-stoffzellen und vor allem mit Hybridantrieben.

DieAttraktivität derHybridantriebe liegt in den aktuellenWeltmarktbedingungen.Hiersind vor allem Europa, Japan und USA zu nennen. Die Testbedingungen und die Grenz-werte in dieser Triade treiben die Entwicklung des Hybridantriebs an. Die Auflistung allerin der Triade anzuwendenden relevanten Testzyklen, Grenzwerte und Umweltrichtlinienist lang und keineswegs einheitlich. Zusammen genommen ergibt sich aber ein eindeuti-ger Trend in Richtung immer schärfer werdende Gesetze. Der Trend zu „elektrifizierten“Antrieben wird zusätzlich durch staatliche Förderungen bezüglich der Entwicklung, desKaufs und des Betriebs dieser Antriebe verstärkt. Der Hybridantrieb in seinen vielfältigenAusprägungen ist eine Variante, die dauerhaft sehr erfolgreich sein kann. Hybridantriebeverbinden in vorbildlicherWeise die Vorteile eines Verbrennungsmotors mit den Vorteileneines Elektromotors.

Die länderspezifischen Rahmenbedingungen haben einen erheblichen Einfluss auf dieAusprägung eines Hybridantriebs. Ganz allgemein ist der typische japanische Stadtzyklusin seinem Anforderungsprofil bezüglich geforderter Höchstgeschwindigkeit, Beschleu-nigungs- und Bremsverhalten, Leerlaufzeiten usw. als „hybridfreundlich“ einzustufen.Folgerichtig wurde in Japan im Jahre 1997 der Toyota Prius als Serienfahrzeug im Markteingeführt.

Der Hybrid verbessert die Nutzung des Verbrennungsmotors durch:

• Rekuperatives Bremsen: Bei einer konventionellen Bremsverzögerung des Fahrzeugswird durch die mechanische Bremse die kinetische Energie des Fahrzeugs in Wär-me gewandelt. Bei einer rekuperativen Bremsung dagegen wird die kinetische Energiedurch die elektrische Maschine in elektrische Energie umgewandelt, die in der Batteriegespeichert wird, um dann wieder für den Vortrieb genutzt zu werden.

• Verbesserung des mittleren Wirkungsgrads des Verbrennungsmotors: Der Verbren-nungsmotor hat in vielen Fahrsituationen noch ein ungenutztes Potential. Durch eineLastpunktverschiebung hin zu höheren Wirkungsgraden kann man zusätzliche Energieerzeugen, die zwischengespeichert wird, und dann ebenfalls wieder für den Vortriebgenutzt wird.

• Vermeidung der Leerlaufverluste: Bei Fahrzeugstillstand ist die Antriebsleistung, abge-sehen von dem Leistungsbedarf der Nebenaggregate, gleich null. Der Verbrennungsmo-tor benötigt im Leerlauf Kraftstoff, um seine eigene Reibleistung aufzubringen. DiesenLeerlaufverbrauch kann man durch ein Start-Stopp-System vermeiden.

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6 K. Reif et al.

Mit diesen drei Potentialen lässt sich dermittlere Wirkungsgrad in verschiedenen Fahr-zyklen anheben und damit der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen bis zu 25%verbessern.

Ein Hybridantrieb ist für jedes Pkw-Marktsegment geeignet. Hybridisierung ist eine„Add-on-Energienutzung“, die unabhängig von der Fahrzeuggröße ist. Neben der Eignungin allen Pkw-Marktsegmenten ist eine Anwendung der Hybridtechnologie in Stadtbussenund in Güterverteilerfahrzeugen vorteilhaft.

1.2.3 Fahrzeuge

Seit 1985 wurden von Toyota, Mercedes, Volkswagen, Audi, GM, Ford und Chrysler di-verse Hybridkonzepte erforscht und Erprobungsträger aufgebaut. Bemerkenswert ist einFlottenversuch vonVolkswagen, in dem zwanzig Parallelhybridfahrzeuge in Zürich imAll-tagsbetrieb eingesetzt wurden. Der Toyota Prius wird seit 1997 serienmäßig hergestelltund ist mittlerweile in der dritten Generation erhältlich. Von der Markteinführung bisEnde 2011 wurden ca. 2,3 Millionen Fahrzeuge verkauft. Ein Plug-in-Hybrid Prius ist imFlottenversuch. Seit 1999 wird von Honda der Honda-Insight verkauft. Seit Sommer 2009wird ein Mercedes S 400 angeboten. Es ist das erste Hybridfahrzeug mit einer Lithium-Ionen-Batterie. Mittlerweile hat nahezu jede namhafte Automobilfirma ein oder mehrereHybridfahrzeuge im Angebot.

Im Nutzfahrzeugbereich ist eine Reihe von Hybridstadtbussen erfolgreich im Einsatz,ebenso können auch Hybrid-Lastkraftwagen käuflich erworben werden. Zunehmend wer-den neben dem autarken Hybridauto auch Plug-in-Hybride und Range-Extender auf denMarkt kommen. Ein Beispiel hierfür ist der GM Volt und der baugleiche Opel Ampera.

Literatur

[Duden09] Duden 01. Die deutsche Rechtschreibung: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus,25. Aufl. (2009)[EG09] Verordnung (EG) Nr. 443/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen desGesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagenund leichten Nutzfahrzeugen[Guzzella12] Guzzella L.: Hybrid Pneumatic Engine. http://www.idsc.ethz.ch/Research_Guzzella.Zugegriffen: 25.03.2012[Scuderi12] Scuderi Group: Air-Hybrid-System. http://www.scuderiengine.com/the-scuderi-air-hybrid-system. Zugegriffen: 25.03.2012

Page 22: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2Hybride Antriebsstrukturen

Siegfried Saenger-Zetina und Markus Wagner

2.1 Übersicht über die Komponenten

2.1.1 Einführung

Der Wortstamm gibt bereits den entscheidenden Hinweis auf die Konstruktion eines Hy-bridantriebes. Nach der Festlegung in IEC/TC69 (International Electrotechnical Commis-sion/Technical Committee 69) [IEC69] verfügt ein Hybridantrieb über mindestens zweiverschiedene (fahrzeugeigene) Energiewandler sowie zwei verschiedene Energiespeicher,die zu Traktionszwecken eingesetzt werden. Eine weitere Definition für Hybridfahrzeu-ge ist in der ECE-R83 beschrieben: ein Fahrzeug mit mindestens zwei verschiedenen(fahrzeugeigenen) Energiewandlern und zwei verschiedenen (fahrzeugeigenen) Energie-speichern für den Antrieb des Fahrzeuges [ECE-R83]. Die SAE (Society of AutomobileEngineers) [J1715] definiert: „EinHybridfahrzeug besteht aus zwei odermehr Energiespei-chern mit ihren dazugehörigen Energiewandlern, die wahlweise gemeinsam oder jeweilsgetrennt das Fahrzeug antreiben“.

Bei vielenHybridfahrzeugen wird einVerbrennungsmotor als Hauptantrieb verwendet.Ferner dienen eine oder mehrere elektrische Maschinen zur Wandlung der in einer Batte-rie gespeicherten Energie in kinetische Energie. Beim Bremsen des Fahrzeugs wird ein Teilder kinetischen Energie des Fahrzeugs mit Hilfe der elektrischen Maschinen zum Ladender Batterie verwendet („Bremsenergierückgewinnung“, Rekuperation). Anfallende über-schüssige Energiewird, soweitmöglich, zumLaden der Batterie verwendet. BeimBeschleu-nigen können Verbrennungsmotor und Elektromotor zusammenarbeiten (Boosten). AlsVerbindungselement zwischen Verbrennungsmotor und elektrischer Maschine stehen einDrehzahl- und Drehmomentwandler zur Verfügung. Abbildung 2.1 zeigt einen schemati-

Dr. Siegfried Saenger-ZetinaB, MarkusWagnerWiesbaden, Deutschlande-mail: [email protected]

7K. Reif et al. (Hrsg.), Kraftfahrzeug-Hybridantriebe, ATZ/MTZ-Fachbuch,DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1_2,© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

Page 23: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

8 S. Saenger-Zetina et al.

Abtrieb

Drehzahl- undDrehmomentwandler

Verbrennungsmotor

ElektrischeMaschine

Traktions-batterie

Kraftstoff-tank

Leistungs-elektronik

Ladegerät mit Netzanschluss

Abb. 2.1 Verbrennungsmotorisch-elektrischerHybridantrieb

schen Aufbau des verbrennungsmotorisch-elektrischen Hybridantriebs. In der Abbildungist zudem noch ein externes Ladegerät eingezeichnet, das die Aufladung am Stromnetz er-laubt.

2.1.2 Kombination vonWandlern und Speichern

Jede Energiewandlung, definiert durch die Umsetzung von Primär- in Sekundärenergiedurch einen technischen Prozess, unterliegt einem spezifischen, oftmals betriebspunkt-abhängigen, gesamthaften Wirkungsgrad [Foersen11]. Die Energieumwandlungen lassensich beispielsweise wie folgt beschreiben:

Chemische Energie (im Kraftstoff) in Wärme: VerbrennungWärme in mechanische Energie: HubkolbentriebwerkMechanische Energie in elektrische Energie: GeneratorElektrische Energie in elektrochemische Energie: BatterieladenElektrochemische Energie in elektrische Energie: BatterieentladenElektrische Energie in mechanische Energie: ElektromotorMechanische Energie in mechanische Energie: Mechanisches GetriebeElektrische Energie in elektrische Energie: Leistungselektronik

Die Definition eines Hybridfahrzeugs ist weit gefasst und lässt die Kombination verschie-dener Energiespeicher und Energiewandler zu.

2.1.2.1 EnergiewandlerDie Energieflüsse zwischen den Speichern und Energiewandlern können z. B. wie folgt be-schrieben werden:

Page 24: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 9

• Elektrotechnik:– vom elektrochemischen Speicher (Batterie) zur elektrischen Maschine,– vom elektrostatischen Speicher (Kondensator) zur elektrischen Maschine,– vom elektromagnetischen Speicher (z. B. supraleitende Spule) zur elektrischen Ma-schine.

• Mechanik:– vomTrägheitsspeicher (Schwungrad) zum stufenlosenGetriebe (ContinuousVariableTransmission CVT),

– vom Speicher potentieller Energie (Drehfederspeicher) zum stufenlosen Getriebe(Continuous Variable Transmission CVT).

• Thermodynamik:– pneumatisch: von einem Druckspeicher zu einem Druckluftmotor,– hydraulisch: von einem Hydrospeicher zu einem Hydraulikmotor,– thermoelektrisch: von einer Wärmequelle zu einemThermoelement.

Die Unterscheidung derWandlung wird aufgrund der Energie- und Speicherdichte so-wie der Art der Wandlungsmöglichkeit vorgenommen. Die Qualität der Wandlung wirdanhand des effektiven Wirkungsgrads gekennzeichnet. Jede Wandlung von einer Ener-gieform in eine andere ist verlustbehaftet. Wird die Energie mehrfach gewandelt, so wer-den die einzelnen Wirkungsgrade ηi ; i = ,, . . . , n mit Pab i als Abgabeleistung und Pzu i

als zugefügte Leistung zu einem Gesamtwirkungsgrad ηges der Anlage (dem Anlagenwir-kungsgrad) multipliziert. Der Gesamtwirkungsgrad der Energiewandlung ist durch dieMultiplikation wie folgt definiert:

ηges =n∏

i=ηi mit ηi =

Pab iPzu i

. (2.1)

2.1.2.2 EnergiespeicherDie Energie lässt sich in Langzeit- oder Kurzzeitspeichern speichern. Bei einem Lang-zeitspeicher ist die Energie, die in der Bindung von Atomen oder Molekülen enthalten ist,chemisch gebunden. Erst in einer chemischen Reaktion wird die Energie frei. Eine Rück-wärtsreaktion ist hierbei nicht ohne weiteres möglich. Beispiele hierfür sind die fossilenPrimärenergieträgerKohle, Erdöl, Erdgas und ihre Produkte: Benzin,Dieselkraftstoff,Was-serstoff, Erdgas, Alkohol, etc.

Für einen herkömmlichen Antriebsstrang lässt sich ein Langzeitspeicher, z. B. Benzinim Tank, mit der dazugehörigen Energiewandlungsmaschine, dem Verbrennungsmotor,koppeln. Diese und weitere, zum Teil alternative Langzeitenergiespeicher und die zugehö-rigen Energiewandler sind im Abb. 2.2 schematisch dargestellt.

In einem Kurzzeitspeicher lässt sich die Energie, ganz im Gegensatz zum Langzeitspei-cher, beliebig in ihre Urform umwandeln. Bei einem Kurzzeitspeicher ist die Energietemporär gelagert, sei es elektrochemisch, elektrostatisch, kinetisch oder hydraulisch. EineRückwärtsreaktion und damitWiederaufladung ist möglich. Die wichtigsten Kurzzeitspei-cher und die dabei verwendeten Energiewandler sind in Abb. 2.3 dargestellt.

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10 S. Saenger-Zetina et al.

a b

Benzin Dieselkraftstoff

Erdgas Wasserstoff

Hubkolbenmotor Kreiskolbenmotor

Turbine Brennstoffzelle

Abb. 2.2 Zu den Energiespeichern: a Langzeitspeicher. b Zugehörige Energiewandler

a b

Batterie Kondensator

Schwungrad HydrostatischerSpeicher

Elektrische Maschine

Umschlingungs-getriebe

Druckluftmotor

Hydraulikmotor

Abb. 2.3 Zu den Energiespeichern: a Kurzzeitspeicher. b Zugehörige Energiewandler

Selbstentladung Innere Verluste

Leistungswunsch [%]

Ene

rgie

inha

lt [%

]

0 1000

100

Langzeitspeicher

Kurzzeitspeicher

Abb. 2.4 Definition und Grenzen eines Kurzzeitspeichers (z. B. Batterie) und eines Langzeitspei-chers (z. B. Benzintank)

Der Zusammenhang zwischen der Energie und der Leistung eines Energiespeicherswird im Folgenden erläutert. Abbildung 2.4 stellt die zur Verfügung stehende Energie alsFunktion der Wunschleistung nach [Christen00] für einen Langzeitspeicher (Benzintank)und einen Kurzeitspeicher (Batterie) schematisch dar. Die waagerechte Linie zeigt, dass

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2 Hybride Antriebsstrukturen 11

1

10

100

10000

100

Spezifische Energie [Wh/kg]

Spe

zifis

che

Leis

tung

[W/k

g]

10

1000

5 50 500

Kondensatoren

Brennstoffzellen

Kurzzeit-Schwungrad

Pneum.Speicher

1000

Li-Ion-BatterieenergieoptimiertNiMH-

Batterie

NiCd-Batterie

Pb-Batterie

10 s1 s 100 s0,1 s

HydrostatischerSpeicher

100000

10000 100000

Li-Ion-Batterieleistungsoptimiert

Verbrennungsmotor

Kurzzeitenergiespeicher

Langzeitenergiespeicher

1000 s

10000 s

100000 s

1000000 s

Langzeit-Energie-Schwungrad

Abb. 2.5 Gravimetrisches Ragone-Diagramm mit Information aus [Linden02] und [Huggins08]

nahezu jede Leistung unabhängig vom Energieinhalt entnommen werden kann. Der Gradder Leistungsentnahme sollte außerdem keinen Einfluss auf die Höhe der gespeichertenEnergie haben. Das ist bei flüssigen Kohlenwasserstoffen wie Benzin und Dieselkraftstoffder Fall. Deswegen entsteht beispielsweise bei einem Benzintank keine Leistungseinbuße.

Die blaue durchgezogene Linie zeigt die Zusammenhänge zwischen Energieinhalt undLeistungswunsch bei einem Kurzzeitspeicher (Batterie). Es besteht eine Abhängigkeit zwi-schen dem verfügbaren Energieinhalt und der verfügbaren Leistung. Um eine lange Le-bensdauer sicherzustellen, werden Batterien nicht zu 100% geladen und auch nicht bis auf0% entladen, da sich sonst die wirksame Energiedichte der Batterie verschlechtern wür-de. Werden bei einer vollgeladenen Batterie über eine längere Zeit keine oder nur geringeLeistungen entnommen, so kommt es zur Selbstentladung, die dann zu einem geringerenEnergieinhalt führt (Leckage). Werden bei einer geladenen Batterie sehr hohe Leistungen

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12 S. Saenger-Zetina et al.

Tab. 2.1 Volumetrische Energie- und Leistungsdichte

Energiedichte [Wh/l] Leistungsdichte [W/l]NiMH-Batterie 200−400 100Li-Ionen-Batterie 200−400 500−700Li-Polymer-Batterie 1000−1500 500−600Wasserstoff gasförmig 1000 1000−2000Wasserstoff flüssig 1500 1000−2000Benzin 8000 9000

entnommen, so steigen die inneren Verluste stark an, so dass der nutzbare Energieinhaltstark absinkt.

In herkömmlichen Hybridantrieben werden überwiegend Batterien verwendet. Bat-terie bezeichnet in der Fachliteratur nicht nur elektrochemische, aus Zellen bestehende,Speicher, die nach der Entladung nicht wieder aufgeladen werden können (sog. „Primär-zellen“), sondern auch die aufladbaren (sog. „Sekundärzellen“). Bei Letzteren spricht manauch von einem Akkumulator [DIN40729]. Für das Fahrzeug wird der Begriff Traktions-batterie verwendet, sofern die darin gespeicherte Energie für den Antrieb genutzt wird.Elektrochemische Zellen können entweder in Serie oder parallel geschaltet werden. Bei se-riell geschalteten Zellen wird die nutzbare Spannung gesteigert. In einer Parallelschaltungerhöht sich hingegen die nutzbare Stromstärke. Eine Traktionsbatterie, die aus seriell undparallel geschalteten Zellen besteht, bedient sich beider Vorteile.

Nach [Huggins08] wird immer dann von einer Hochqualitäts-Batterie gesprochen,wenn die Zellenspannung U0 (Potential des Energiespeichers) zwischen 3,5V und 5Vliegt. Die Ruhespannung einer Mittelqualitäts-Batterie liegt zwischen 1,5V und 3,5V, dieeiner Niedrigqualitäts-Batterie beträgt zwischen 0V und 1,5V. Für Hybridfahrzeuge sindBatterien mit hohem Spannungsniveau wegen ihrer hohen Leistungsabgabe und ihreshohenWirkungsgrades besser geeignet.

Weitere wichtige Aspekte für die Bewertung von Energiespeichern sind sowohl diegravimetrische als auch die volumetrische Energie- und Leistungsdichte. Abbildung 2.5stellt die gravimetrischen Energiedichten in einem sog. Ragone-Diagramm dar [Rago-ne68, Christen00]. Die abgebildeten Felder wurden unterschiedlichen Literaturquellen[Linden02, Huggins08] entnommen. Die Diagonalen im Diagramm zeigen die zeitlicheVerfügbarkeit des Speichers bei der jeweiligen Entladung. Tabelle 2.1 veranschaulicht −bezogen auf das Volumen − die Werte für die Energiedichte sowie die Leistungsdichte fürverschiedene Energiespeicher.

Betrachtet man im Ragone-Diagramm die spezifische Energiedichte (Abb. 2.5), ergibtsich für NiMH-Batterien (Nickel-Metall-Hydrid) eine Energiedichte von etwa 100Wh/kg,für Lithium-Ionen-Batterien ergibt sich ein Wert von etwa 150Wh/kg. Die volumetrischeEnergiedichte befindet sich bei beiden Batterietypen bei etwa 200 bis 400Wh/l. InmobilenAnwendungen spielt die Masse eine wichtigere Rolle als das Volumen, da die Fahrzeug-masse einen wesentlichen Einfluss auf den Energieverbrauch hat. Die Entscheidung für

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2 Hybride Antriebsstrukturen 13

Drehzahlwandler

Drehmomentwandler

Kupplungnass oder trocken

HydrostatischeKupplung

Hydro-dynamischer

Wandler

Planetengetriebe Stirnradgetriebe Umschlingungs-getriebe

Abb. 2.6 Drehzahl- und Drehmomentwandler

einen bestimmten Batterietyp hängt von einer Reihe von verschiedenen Parametern, wiez. B. Masse, Volumen, Kosten, Sicherheit, Zyklenfestigkeit, Betriebstemperatur und Infra-struktur ab.

2.1.2.3 Drehzahl- und DrehmomentwandlerDermechanischeWegder Energiewandlung bis zumRad kann selten direkt durch denMo-tor durchgeführt werden. Hierzu ist mindestens ein Drehzahl- und Drehmomentwandlernotwendig, üblicherweise als Getriebe bezeichnet. Das Getriebe ist das Verbindungsele-ment zwischen Motor und Fahrzeug. Es stellt die Antriebsleistung bei jeder Fahrzeug-geschwindigkeit zur Verfügung und wird durch seine Kinematik, die Anzahl der Gänge,die Spreizung, den Wirkungsgrad und durch die übertragbare Leistung charakterisiert.Abbildung 2.6 stellt gängige Getriebekomponenten, aufgeteilt in Drehzahl- und Drehmo-mentwandler, schematisch dar.

Drehzahlwandler, wie beispielsweise Kupplungen, werden benutzt, um die Drehzahl-unterschiede zwischen Antrieb und Abtrieb auszugleichen. Das ist vor allem in der Phasedes Anfahrens erforderlich. Der Fahrbereich des Verbrennungsmotors unterhalb der Leer-laufdrehzahl bis zur Drehzahl null wird durch den Schlupf zwischen Antrieb und Abtrieb,ermöglicht durch die Kupplung, erweitert. In einer Kupplung erfolgt eine reine Drehzahl-wandlung, d. h. das Drehmoment wird beibehalten. Dabei wird ein Teil der kinetischenEnergie in Wärme umgewandelt. Eine weitere wichtige Funktion einer Kupplung ist dieTrennung der Verbindung zwischen Motor und Getriebe, damit ein lastloser Schaltvor-gang vorgenommen werden kann.

Getriebe werden in Stufengetriebe und stufenlose Getriebe unterteilt. Stufengetriebehaben in jedem Gang eine feste Übersetzung zwischen Antrieb und Abtrieb. Je höher dieAnzahl der Getriebestufen ist, desto besser ist die Annäherung an die ideale Zugkrafthy-perbel. Ein stufenlosesGetriebe ermöglicht eine kontinuierlich veränderlicheÜbersetzung.Zu den stufenlosen Getrieben zählen Kettenwandler-, Wälzkörper- sowie hydrostatischeoder elektrisch unterstützte leistungsverzweigte Getriebe. Die Drehmoment- und Dreh-

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14 S. Saenger-Zetina et al.

Tab. 2.2 Konventionelle Getriebearten nach [SaengerZetina09]

Getriebeart Symbol, Skizze FunktionsprinzipAutomatikgetriebe Feste Übersetzungsverhältnisse, An-

fahren und Synchronisation überhydrodynamischen Drehmomentwand-ler

Continuous Variable Trans-mission, CVT-Getriebe

Variable Übersetzungsverhältnisse,Variation über zwei verstellbare Kegel-scheiben und Kette

Manuelles oder automatisier-tes Schaltgetriebe

Feste Übersetzungsverhältnisse,Stirnradgetriebe mit wahlweise manuel-ler oder automatisierter Kupplung

Doppelkupplungsgetriebe Feste Übersetzungsverhältnisse,Stirnradgetriebe mit zwei Trocken- oderNasskupplungen

zahlwandlung erfolgt automatisch. Darüber hinaus teilt man Getriebe in solche mit undohne Zugkraftunterbrechung ein. Einfache Stufengetriebe haben eine Zugkraftunterbre-chung, während Automatik- und Doppelkupplungsgetriebe keine Zugkraftunterbrechungaufweisen (siehe Abschn. 3.5 und [Wallentowitz08]). Tabelle 2.2 stellt die vier häufigstenGetriebearten für konventionelle Antriebe schematisch dar.

Bei der Entwicklung einesHybridfahrzeuges ist es erstrebenswert und sinnvoll, bekann-te, herkömmlicheGetriebe zu verwenden. BeimHybridantriebwird häufig der vorhandenekonventionelle Antriebsstrang mit einer oder mehreren elektrischen Maschinen ohne er-heblichen Adaptionsaufwand ergänzt. Der Hybridantrieb besteht imWesentlichen aus derKombination von konventionellenVerbrennungsmotoren und elektrischenMaschinenmitkonventionellen Getrieben (Stirnrad- und Planetengetrieben) oder kontinuierlich verstell-baren Getrieben (Kegelrad-, Reibradgetriebe). Anstelle eines konventionellen Getriebeskann auch ein leistungsverzweigtes Getriebe zur Anwendung kommen. Diese unterschied-lichen Kombinationen werden im Folgenden näher erläutert.

2.2 Vorteile eines Hybridantriebs

Der große Vorteil eines Hybridantriebs ist es, dass er die Vorteile eines Verbrennungsmo-tors mit den Vorteilen eines Elektroantriebs verbindet. Die großen Reichweiten eines Ver-

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2 Hybride Antriebsstrukturen 15

brennungsmotors werden mit dem lokal emissionsfreien elektrischen Fahren in der Stadtkombiniert. Durch die Start-Stopp-Funktion wird der Kraftstoffverbrauch des Verbren-nungsmotors reduziert und durch die Rekuperation der kinetischen Energie des Fahrzeugsbeim Bremsen wird die Batterie aufgeladen. Ein weiterer Vorteil ist das lokal emissionsfreieelektrische Fahren. Vorteilhaft ist auch der so genannte Boostbetrieb, bei dem der Elektro-motor den Verbrennungsmotor bei Beschleunigungsvorgängen unterstützt.

Neben diesen messbaren Vorteilen gibt es auch subjektive erlebbare Vorteile, die derFahrer als Fahrkomfort bemerkt. Der Fahrkomfort desHybridantriebs liegt auf demGebietder Fahrbarkeit, des Geräuschverhaltens, des Schwingungsverhaltens und des Schaltkom-forts. Vorteilhaft für den Nutzer ist auch das Wissen um die geringeren CO2-Emissionenund die Möglichkeit, elektrisch völlig emissionsfrei fahren zu können.

2.2.1 Technische Vorteile

Hybridantriebe bieten entscheidende Vorteile gegenüber einem herkömmlichen An-triebsstrang. Erstens werden durch das Stoppen des Verbrennungsmotors (bei der Start-Stopp-Funktion) Leerlaufverluste vermieden. Zweitens wird der Verbrennungsmotorausgeschaltet und das Hybridfahrzeug rein elektrisch betrieben, wenn nur wenig Antriebs-leistung benötigt wird. Drittens wird beim Bremsen und im Schubbetrieb die kinetischeEnergie des Fahrzeugs über den Generator in elektrische Energie gewandelt und zumLaden der Batterie genutzt. Viertens wird der Verbrennungsmotor bei einem Hybridan-trieb häufig und lang in einem günstigen Wirkungsgradbereich betrieben, ungünstigeWirkungsgradbereiche werden weniger angefahren. Fünftens wird eine Optimierung desGesamtwirkungsgrads des Antriebsstrangs durch eine Lastpunktanhebung des Verbren-nungsmotors erreicht.

Abbildung 2.7 zeigt den Fahrbetrieb eines Hybridantriebs in einem einfachen Fahrzy-klus. Der Hybridantrieb besteht aus einem Verbrennungsmotor, einem Tank, einer elektri-schen Maschine und einer Traktionsbatterie. Die Zustände der Antriebsstrangkomponen-ten werden in der Abbildung vereinfacht dargestellt. Der Verbrennungsmotor weist dreiZustände auf: antreibend, aus und schleppend. Die elektrische Maschine weist ebenfallsdrei Zustände auf: elektromotorisch, aus und generatorisch. Auch die Traktionsbatterie istdurch drei Zustände gekennzeichnet: ladend, ruhend und entladend.

Bei Fahrzeugstillstand sind sowohl der Verbrennungsmotor als auch die elektrischeMaschine ausgeschaltet. Die elektrische Maschine ist für das Kriechen und das Anfahrenzuständig (a,b in Abb. 2.7). Bei mäßiger Verzögerung wird die elektrische Maschine alsGenerator betrieben. Dabei entsteht ein negatives Drehmoment, um das Fahrzeug zumStillstand zu bringen (c). Die Traktionsbatterie wird dabei aufgeladen.

Zur Beschleunigung wird der Verbrennungsmotor durch die elektrische Maschine ge-startet (d) und das Fahrzeug hybridisch betrieben (e), und die Leistungsspitzen werdendurch die elektrische Maschine übernommen (f). Bei Autobahnbetrieb wird das Fahrzeugmit dem Verbrennungsmotor betrieben und die Hybridkomponenten werden nicht be-

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16 S. Saenger-Zetina et al.

Hybridisch Hybridisch ElektrischElektrisch Konventionell

Abb. 2.7 Betrieb eines Hybridantriebs anhand eines fiktiven Fahrprofils. a elektrisches Kriechen,Verbrennungsmotor ist abgestellt, b elektrisches Fahren, Verbrennungsmotor ist abgestellt, c Ver-zögerung, elektrische Maschine in Generator-Betrieb, d Verbrennungsmotorstart und hybridischeFahrt, e Hybridfahrt mit Batterieladen durch Lastpunktanhebung während Niedrigleistungspha-sen, dabei arbeitet die elektrische Maschine als Generator, f Zusatzleistung und Übernahme derLeistungsspitzen durch „Boosten“ der elektrischen Maschine, Entladen der Batterie, g Fahrzeugwird nur vom Verbrennungsmotor betrieben, h Hybridfahrt mit Batterieladen durch Lastpunk-tanhebung während Niedrigleistungsphasen, dabei arbeitet die elektrische Maschine als Generator,i Abschaltung der Einspritzung, segeln, j zusätzliche Übernahme der Leistungsspitze durch elek-trische Maschine, Verbrennungsmotor läuft, k Wandlung der kinetischen Energie in elektrischeEnergie, Verzögerung, l Abschaltung und Abkopplung des Verbrennungsmotors während Schub-betrieb, m Nutzung der Reibbremse zur Abbremsung des Fahrzeugs bei Geschwindigkeiten kleinerals 5 km/h, n Fahrzeug steht, Verbrennungsmotor aus, elektrische Maschine aus

nötigt (g). Im Teillastbetrieb sowie während geringerer Leistungsanforderungen wird dieLast des Verbrennungsmotors erhöht, um die Batterie zu laden. Dies wird als Lastpunk-tanhebung bezeichnet (h). Der Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors ist bei höherenLasten sehr gut, so dass sich ein günstiger Kraftstoffverbrauch ergibt. Beim Segeln wird derVerbrennungsmotor gestoppt und vom Antriebsstrang getrennt (i). Während der starkenBeschleunigung arbeiten der Verbrennungsmotor und der Elektromotor zusammen, wasals Boosten bezeichnet wird (j). Beim Bremsvorgang erzeugt die elektrische Maschine einnegatives Moment und wandelt die kinetische Energie des Fahrzeugs in elektrische Ener-gie um, die in die Traktionsbatterie gespeist wird (k,l). Bei höheren Bremsverzögerungenwird die mechanische Radbremse zusätzlich aktiviert (m). Bei niedrigen Geschwindigkei-ten wird der Verbrennungsmotor abgekoppelt und abgeschaltet (n).

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2 Hybride Antriebsstrukturen 17

Bremskraft

Pedalweg

Bremskraftverstärker Hauptzylinder

Servoventil 3

Bremsscheibe

PumpeServoventil 4

Servoventil 1

Servoventil 2

Steuergerät

M

Abb. 2.8 Konventionelle Bremsanlage (stark vereinfacht) [DuvalDestin11]

2.2.1.1 Elektrisches FahrenDas geräuscharme elektrische Fahren ist ein großer Vorteil desHybridantriebs. Diese Formdes Antriebes ist möglich, wenn sich der Verbrennungsmotor durch eine Kupplung vomAntriebsstrang trennen lässt. Der Vortrieb wird von der elektrischen Maschine übernom-men. Da die gespeicherte Energie in der Traktionsbatterie beschränkt und die elektrischeReichweite dadurch begrenzt ist, wird der Verbrennungsmotor bei Bedarf gestartet und dieFahrtziele jenseits der elektrischen Reichweite verbrennungsmotorisch erreicht. Im elektri-schen Betrieb ist eine Reichweite von wenigen Kilometern möglich.

2.2.1.2 Rekuperatives BremsenIn einer konventionellen Bremsanlage wird bei der über ein Bremspedal steuerbaren Ver-zögerung des Fahrzeugs die kinetische Energie des rollenden Fahrzeugs in Wärme umge-wandelt. Die Bremsverzögerung geschieht durch Reibung. Konventionelle Bremsanlagenwerden hydraulisch betrieben und ermöglichen weitere sicherheitsrelevante FunktionenwieABS (Anti-Blockier-System) oder ESP (elektronisches Stabilitäts-Programm).Das kon-ventionelle Hydrauliksystem ist in Abb. 2.8 schematisch dargestellt.

Hybridfahrzeuge eröffnen durch den generatorischen Betrieb der elektrischen Maschi-ne die Möglichkeit, einen Teil der kinetischen Energie des zu bremsenden Fahrzeugs ineiner Batterie zwischenzuspeichern und später für den elektrischen Antrieb des Fahrzeugszu nutzen. Dieser Vorgang wird regeneratives oder rekuperatives Bremsen genannt. DasBremssystem, das gewöhnlich bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen verwendet wird, bestehtaus den konventionellenHydraulikkomponenten und einer zusätzlichen Steuerung, umdiemechanische Reibbremse mit der elektrischen Maschine zu koordinieren. Die vom Fahrergewünschte Bremsverzögerung wird über den Bremspedalweg einer Steuer- und Regel-einheit mitgeteilt, die das gewünschte Bremsmoment in ein vom Generator und ein vonder mechanischen Bremse ausgeübtes Bremsmoment aufteilt. Um dem Fahrer eine übliche

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18 S. Saenger-Zetina et al.

Steuergerät

Antriebs-steuergerät

BremsscheibeElektrischeMaschine

Leistungselektronik

Traktionsbatterie

MPumpe

Regeneratives Bremsmodul

Servoventil 3

Servoventil 4

Servoventil 1

Servoventil 2

Abb. 2.9 Bremsanlage für Hybridfahrzeuge. Zum regenerativen Bremsmodul siehe Abb. 2.10

Pedalkraft und einen üblichen Pedalweg zu bieten, ist das Bremspedal vom Bremssystemganz oder zum Teil entkoppelt. Die Bremssysteme für Hybridfahrzeuge unterscheiden sichstark und sind hersteller- und konzeptabhängig. Ein mögliches Bremssystem für Hybrid-fahrzeuge (rekuperatives Bremssystem) ist in Abb. 2.9 schematisch dargestellt.

Abbildung 2.10 veranschaulicht vier unterschiedliche Bauarten des in Abb. 2.9 schema-tisch gezeichneten regenerativen Bremsmoduls. Es zeigt zwei vakuumabhängige(Abb. 2.10a,b) und zwei vakuumunabhängige Systeme (Abb. 2.10c,d). Beim ersten System(Abb. 2.10a) wird von einem konventionellen Bremssystem mit überlagerter Brems-wirkung der elektrischen Maschine gesprochen. Für das regenerative Bremsen ist derLeerweghub des Bremspedals größer als bei dem normalen Bremspedal. Innerhalb diesesLeerwegeswird derVerzögerungswunsch des Fahrers durch den Pedalwegsensor gemessenund an das regenerative Bremssystem übermittelt. Verzögerungen bis zu 0,1g werden dannüber die elektrische Maschine im Generatorbetrieb realisiert [DuvalDestin11]. Bei einerBetätigung des Bremspedals über den Leerweg hinaus wird die konventionelle Reibbremsebetätigt und der generatorischen Bremsverzögerung überlagert. Bei diesen Bremssystemenwird häufig eine zusätzliche elektrische Vakuumpumpe installiert, damit das Bremssystemauch bei elektrisch angetriebenem Fahrzeug betriebsfähig ist.

Beim System in Abb. 2.10b erfolgt die Gestaltung des Pedalgefühls mit Hilfe einesBremskraftsimulators. Die Rückkopplung an den Fahrer erfolgt mit Hilfe eines elek-trischen Aktors. Wenn der Aktor ausfällt, wird das Bremspedal mit dem Hauptzylindermechanisch gekoppelt. Bei diesemKonzept ist dann nur eine Achse direkt mit dem Brems-pedal verbunden.

Die Abb. 2.10c,d zeigt komplexere, hydraulische Bremssysteme für Hybridantriebe, beidenen eine vollständige mechanische Entkopplung von Bremspedal und Bremskraftver-

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2 Hybride Antriebsstrukturen 19

Fußkraft

Pedalwegsensor

Pedalweg- undGegenkraftsimulator

Pedalweg- undGegenkraftsimulator

Hauptzylinder

Pumpe Pumpe

M

Fußkraft

HauptzylinderLücke

Pedalwegsensor

Fußkraft

Pedalwegsensor

HauptzylinderM

Fußkraft

Pedalwegsensor

Pedalweg- undGegenkraftsimulator

Hauptzylinder

zur Lenkhilfepumpe

a

b

c

d

Abb. 2.10 Übersicht über verschiedene regenerative Bremsmodule. a vakuumabhängiges Brems-system, Bremssystem mit Pedal und Lücke, Bremskraftverstärker an wahlweise elektrischer Vaku-umpumpe oder verbrennungsmotorischemUnterdruck,b vakuumabhängiges Bremssystem, Brems-system mit Pedalwegsimulator, Bremskraftverstärker an elektrischer Vakuumpumpe, c vakuumun-abhängiges Bremssystem, Bremssystem auf Basis elektrohydraulischer Bremse, angekoppelt an dasLenkhilfesystem, d vakuumunabhängiges Bremssystem. Bremssystem auf Basis elektrohydraulischerBremse mit autarker Arbeitspumpe (vgl. [DuvalDestin11])

stärker vorliegt. Die Steuergerätelogik übernimmt die Aufteilung des Wunschbremsmo-ments in einen Anteil, der von der elektrischen Maschine im Generatorbetrieb ausgeübtwird, und in einen Anteil der Radbremse. Das Generatordrehmoment hängt von den Aus-legungsdaten (Leistung, Drehmoment, Drehzahl) der elektrischen Maschine ab. Die abge-gebene elektrische Leistung muss von der Batterie aufgenommen werden. Damit wird derLadezustand der Batterie zu einer sehr wichtigen, bestimmenden Größe für das auszuü-bende Bremsmoment. Bei einer vollgeladenen Batterie sorgt allein die Radbremse für diegewünschte Bremsverzögerung.

Die Aufteilung der Bremsmomente ist also abhängig von der gewünschten Bremsverzö-gerung, dem Geschwindigkeitsbereich, aus dem heraus gebremst werden soll, dem Gene-ratordrehmoment und dem Batterieladezustand. Das Generatordrehmoment ist bei hohenDrehzahlen, also bei hoher Geschwindigkeit, gering und nimmt bei abnehmender Dreh-zahl, also bei abnehmender Geschwindigkeit, hyperbolisch bis zum maximalen Drehmo-ment zu. Entsprechend diesemVerlauf nimmt der Anteil des Generators amGesamtbrems-moment bei geringen Geschwindigkeiten zu. Die Regelungs- und Steuerungslogik sorgtfür eine optimale Energieausnutzung und ebenso dafür, dass die mechanischen Radbrem-sen für die gewünschte Bremsverzögerung sorgen, wenn die Bremsleistung des Generatorsnicht ausreicht oder der Ladezustand der Batterie eine Rückspeisung nicht erlaubt.

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20 S. Saenger-Zetina et al.

Fahrzeuggeschwindigkeit

5 km/h 60 km/h v

Konstante Rekuperationsleistung

Neg

. Wun

schd

reho

men

t

max

Mechanische Bremse

Generator als Bremse

Abb. 2.11 Bremsvorgang eines Hybridfahrzeugs mit Rekuperation

Abbildung 2.11 stellt beispielhaft den Bremsvorgang eines Hybridfahrzeugs dar. DieMasse des Fahrzeugs soll 1200 kg betragen und die elektrische Maschine soll eine Leis-tung von 40 kW haben. Das Fahrzeug soll von einer Geschwindigkeit υmax (ca. 120 km/h)bis zum Stillstand abgebremst werden. Es soll von υmax bis zum Stillstand eine konstanteBremsverzögerung von 4m/s eingestellt werden. In Abb. 2.11 sind drei Geschwindigkeits-bereiche gezeigt: Bereich 1: υmax bis 60 km/h; Bereich 2: 60 km/h bis 5 km/h; Bereich 3:5 km/h bis Stillstand.

Aus der geforderten Bremsverzögerung ergibt sich ein bestimmtes negatives Wunsch-drehmoment (dicke schwarze durchgezogene Linie). Bei den höheren Geschwindigkei-ten soll die Verzögerung von beiden Systemen, dem elektrischen und dem mechanischen,übernommen werden. Das elektrische System wird durch die maximale Leistung des Ge-nerators begrenzt. Diese Begrenzung ist am hyperbolischen Kurvenverlauf des Generator-drehmoments (entsprechenddermaximalen Leistungsaufnahme) zu erkennen. Im zweitenGeschwindigkeitsbereich (60 km/h bis 5 km/h) wird die Radbremse kaum benötigt, da diegewünschte Bremsverzögerung so gering ist, dass das Bremsmoment weitgehend von demGenerator ausgeübt werden kann. Bei großen Bremsverzögerungen werden die Radbrem-sen eingesetzt. Die Ursache liegt im maximalen Drehmoment der elektrischen Maschine,die nicht überschritten wird. Im dritten Geschwindigkeitsbereich unter 5 km/h übernimmtdie Radbremse sukzessive das volle Bremsmoment.

Für Hybridantriebe ist die bei Bremsvorgängen rückgespeiste Energie in typischenFahrzyklen von großer Bedeutung. Für ein Voll-Hybridfahrzeug mit einem Gewicht von2000 kg und einer installierten elektrischen Leistung von 40 kW wurde für einen Stadt-Zyklus (US-City) und für einen Überland-Zyklus (US-Highway) die in Abb. 2.12 gezeigtenDiagramme und die in Tab. 2.3 enthaltenen Daten berechnet: Man sieht in der x-y-Ebeneden Geschwindigkeitsverlauf des Fahrzyklus über der Zeit und in der z-Achse die me-chanische Bremsleistungen, die die Radbremsen aufbringen müssen. Im Stadtzyklus wirddie Radbremse nur sehr selten benötigt. Die „Radbremsenergie“ beträgt nur 60 kJ, die

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2 Hybride Antriebsstrukturen 21

Geschwindigkeit[km/h]

Geschwindigkeit[km/h]

Zeit[s]

Zeit[s]

Mec

hani

sche

Bre

msl

eist

ung

[kW

]

Mec

hani

sche

Bre

msl

eist

ung

[kW

]a b

Abb. 2.12 Mechanische Bremsleistung eines 2000 kg schwerenVoll-Hybridfahrzeugs in verschiede-nen Fahrzyklen. a Stadtzyklus US-City, b Überland-Zyklus US-Highway

Tab. 2.3 Energieumsatz beim Bremsen im US-City- und US-Highway-Zyklus

City Highway EinheitEnergieumsatz Vortrieb 9810 11622 kJEnergieumsatz Bremsen 2560 1450 kJEnergieumsatz Radbremse 60 700 kJEnergieumsatz Generator 2500 750 kJAnteil Rekuperation 97,7 51,7 %

„Rekuperationsenergie“ 2500 kJ (bei einer „Gesamtbremsenergie“ von 2560 kJ). Für denVortrieb im Stadtzyklus benötigt der Verbrennungsmotor 9810 kJ. Im Überlandzyklus be-trägt die „Gesamtbremsenergie“ nur 1450 kJ, jedoch teilen sich die Radbremse mit 700 kJund der Generator mit 750 kJ die „Bremsenergie“ nahezu hälftig auf. Für den Vortrieb imÜberlandzyklus benötigt der Verbrennungsmotor 11622 kJ. Die rekuperierbare Energiewird durch das Drehmoment und die maximale Leistung der eingebauten elektrischenMaschine begrenzt.

2.2.1.3 LastpunktverschiebungDurch eineHybridisierung des Fahrzeugantriebstranges können signifikanteKraftstoffver-brauchseinsparungen erreichtwerden. EinenAnteil an denKraftstoffeinsparungen erreichtman dadurch, dass man den durchschnittlichen Wirkungsgrad des Verbrennungsmotorsim gesamten Fahrzyklus erhöht. Dieser durchschnittliche Gesamtwirkungsgrad beträgt imstädtischen Fahrzyklus etwa 15% (siehe auch Abb. 2.16 und 2.17). Eine Anhebung des Ge-samtwirkungsgrades erreicht man unter anderem durch den rein elektrischen Antrieb inFahrzyklusbereichen, in denen der Verbrennungsmotor einen sehr schlechten Wirkungs-grad habenwürde.Die für den elektrischenAntrieb notwendige elektrischeEnergie kommtdabei aus der Batterie.

Die Batterie muss dafür in einem anderen Bereich des Fahrzyklus aufgeladen wer-den. In diesem Fahrzyklusbereich wird in dem Hybridantriebsstrang die Leistung des

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22 S. Saenger-Zetina et al.

Verbrennungsmotors nicht nur zum Antreiben des Fahrzeugs verwendet, sondern auchzum gleichzeitigen Aufladen der Batterie. Dabei erzeugt der Verbrennungsmotor mehrLeistung, als für den Fahrzeugantrieb notwendig ist, und treibt gleichzeitig die elektrischeMaschine an, die dann den Ladestrom zum Laden der Batterie erzeugt. Dabei ist der Wir-kungsgrad in diesem erhöhten Lastpunkt deutlich besser als im Ursprungslastpunkt. Jenäher der Lastpunkt sich dem Kennfeldbestpunkt (Punkt des optimalen Wirkungsgrades)nähert, desto besser ist der Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors. Eine Betriebsstrate-gie zum Laden der Batterie durch Lastpunktverschiebung muss ein ausgeglichenes undausgewogenes Energiemanagement zwischen dem elektrischen Fahren und der Lastpunkt-verschiebung aufweisen [Fleckner09].

Bei vielen Hybridfahrzeugen ist keine Batterieladung aus dem öffentlichen Stromnetzvorgesehen, d. h., dass der Batterieladezustand vor und nach einem Fahrzyklus identischsein muss. Verbraucher elektrischer Energie sind der Elektromotor im Fahrbetrieb und dieelektrischen Nebenaggregate. Elektrische Energie wird bei der Rekuperation und bei derLastpunktverschiebung erzeugt. Eine wirkungsgradorientierte und -optimierte Betriebs-strategie zum Laden der Batterie durch Lastpunktverschiebung verlangt die Einzelbetrach-tung aller beteiligten Komponenten und deren Wirkungsgrade. Die beteiligten Kompo-nenten sind der Verbrennungsmotor, die elektrische Maschine im Generatorbetrieb, dieBatterie und die elektrische Maschine im Motorbetrieb.

Wirkungsgrad des VerbrennungsmotorsDer Verbrennungsmotor wandelt chemische Energie in mechanische Energie um. Der ef-fektive Wirkungsgrad ist durch

ηV =MVωV

mKHu(2.2)

gegeben. Dabei ist mK der Kraftstoffmassenstrom,Hu der Heizwert, MV das Drehmomentdes Verbrennungsmotors und ωV die Winkelgeschwindigkeit des Verbrennungsmotors.

Ziel der Lastpunktverschiebung ist es, den Energiespeicher (Batterie) mit möglichstgeringem Kraftstoffverbrauch zu laden. Der Ladewirkungsgrad ergibt sich bei einer Last-punktverschiebung aus den einzelnen Wirkungsgraden. Dazu muss in umfangreichenRechnungen die gesamte Wandlungskette analysiert und bewertet werden. Bei geringerenFahrerwunschleistungen, die vomVerbrennungsmotor erbrachtwerden sollen, kann durcheine verbrennungsmotorische Lastpunktverschiebung Energie in der Batterie gespeichertwerden und dadurch der Gesamtkraftstoffverbrauch im Fahrzyklus verringert werden. Diebeschriebenen Überlegungen stellt die Abb. 2.13 dar. Aufgetragen ist der Wirkungsgraddes Verbrennungsmotors über der für den Fahrzeugantrieb notwendigen Verbrennungs-motorleistung imUS-City-Fahrzyklus. ImDiagramm sind die im Fahrzyklus notwendigenLastpunkte des Verbrennungsmotors eingetragen. Im Falle des Hybridantriebes werdenbestimmte notwendige Lastpunkte durch den Elektromotor abgedeckt. Andere Lastpunktewerden dadurch erreicht, dass Verbrennungs- und Elektromotor zusammenarbeiten.

Mit (+) sind die Bereiche gekennzeichnet, in denen der Hybridantrieb gegenüber demkonventionellen Antrieb deutliche Vorteile hat. Mit (–) sind die Bereiche gekennzeichnet,

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2 Hybride Antriebsstrukturen 23

0 %

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

0 20 40 60 80 100 120

Leistung Verbrennungsmotor [kW]

Wirk

ungs

grad

Ver

bren

nugs

mot

or [%

] Lastpunkte im Zyklus für einen konventionellen AntriebLastpunkte im Zyklus für einen Hybridantrieb im gleichen Fahrzeug

+

+

+

a

b

c d

eI

II

III–

Abb. 2.13 Zyklus-Wirkungsgrad des Verbrennungsmotorsmit und ohne Hybridisierung. a Bereich,in dem der Verbrennungsmotor im Hybridfahrzeug nicht betrieben wird. Der Elektromotor über-nimmt den Fahrantrieb, b Lastpunktverschiebungmit deutlich besseremWirkungsgrad desVerbren-nungsmotors, c Lastpunktverschiebungmit kaumbesseremWirkungsgrad desVerbrennungsmotors,d Lastpunktverschiebung bei nahezu gleichemWirkungsgrad, e Hohe Leistung, die gemeinsam vomVerbrennungsmotor und vom Elektromotor erbracht wird. I Bereich, in dem der Verbrennungsmo-tor nicht betrieben wird und der Elektromotor den Fahrantrieb übernimmt, II Bereich, in dem derVerbrennungsmotor den Fahrantrieb übernimmt und zusätzlich durch LastpunktverschiebungEner-gie zur Speicherung in die Batterie liefert, III Bereich, in demVerbrennungsmotor und Elektromotorgemeinsam die Antriebsleistung erzeugen

in denen der Hybridantrieb nur geringe Vorteile hat. Die Lastpunktverschiebung ist eineder wichtigsten Stellschrauben zur Effizienzsteigerung des Antriebssystems, da sie es er-möglicht, den Verbrennungsmotor in effizienteren Betriebspunkten zu betreiben. Jedochmüssen zur Wirkungsgradbetrachtung hier auch die auftretenden Verluste durch Genera-tor, Batterie und elektrische Maschine betrachtet werden.

2.2.1.4 BoostenBeim Boosten unterstützt die elektrische Maschine den Verbrennungsmotor. Das Boostenwird genutzt, um ein zusätzliches Moment mit Hilfe der elektrischen Maschine bereitzu-stellen. Damit wird das Beschleunigungsvermögen des Fahrzeuges erhöht. Die zusätzlicheBereitstellung von elektrischer Leistung beim Boosten kann auch sinnvoll sein, wenn manLastpunkte des Verbrennungsmotors vermeiden möchte, in denen er Drehmomentschwä-chen, einen sehr schlechten Wirkungsgrad oder viele schädliche Emissionen aufweist. DasBoosten ist nur dann möglich oder sinnvoll, wenn der Batterieladezustand es erlaubt. Essollte aber die Zielsetzung eines Hybridantriebs nicht verhindern, maximale Kraftstoffein-sparung zu erreichen.

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24 S. Saenger-Zetina et al.

1

2

3

6

5

71

8

9

10

11

4 ba

12

Abb. 2.14 Aggregate am Verbrennungsmotor. a Vorderseite, b Rückseite. 1 Kurbelwelle, 2 Kli-makompressor, 3 mechanisch angetriebener Lader, 4 Spannsystem, 5 Generator, 6 Wasserpumpe,7 Lenkhilfepumpe, 8 Ventiltrieb, 9 Ölpumpe, 10 Zahnriemen, 11 Kettentrieb, 12 Gleitschienen

1

2

3

6

5

71

8

9

a b

Abb. 2.15 Elektrifizierte Aggregate am Verbrennungsmotor. a Vorderseite, b Rückseite. 1 Kurbel-welle, 2 Klimakompressor, 3 Lader, 5 Generator, 6 Wasserpumpe, 7 Lenkhilfepumpe, 8 Ventiltrieb,9 Ölpumpe

2.2.1.5 Start-Stopp-FunktionIn einem Stadtzyklus wird bei einem herkömmlichen Fahrzeugantrieb der Verbren-nungsmotor häufig im Leerlauf betrieben. Dies macht einen signifikanten Anteil amKraftstoffverbrauch im Fahrzyklus aus. Durch eine Start-Stopp-Funktion wird der Ver-brennungsmotor imStand abgeschaltet und dadurch eineKraftstoffverbrauchsreduzierungerreicht. BeimHybridantrieb ist es möglich, auch in den Bremsphasen den Verbrennungs-motor abzuschalten. Diese Maßnahme ermöglicht eine weitere Verbrauchsreduzierung.Bei Fahrzeugstillstand und in der Bremsphase wird, auch wenn der Verbrennungsmotorstillsteht, Antriebsleistung benötigt, um die Nebenaggregate zu betreiben. Nebenaggregatesind u. a. Klimakompressor, Generator, Lenkhilfepumpe und Bremsvakuumpumpe. Umaber die Funktion dieser wichtigen Nebenaggregate bei Stillstand des Motors zu gewähr-leisten, benötigt man elektrisch angetriebene Aggregate.

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2 Hybride Antriebsstrukturen 25

10%

15%

19,2%

30%32,4%35%

25%

20%

BenzinBenzin-Hybrid

Fahrzeugbedarf im US-City-Zyklus [MJ]

Zug

efüh

rte

Ene

rgie

[MJ]

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

130

110

90

70

50

30

10

Toyota PriusToyota Camry

Honda Civic HybridFord Escape Hybrid FWD

Mercury Mariner 4WD Hybrid

Toyota Highlander 4WD Hybrid

Lexus GS450H Hybrid Chevrolet Tahoe Hyb.

Dodge Durango HybridLexus LS600H Hybrid

Chevrolet Malibu HybridNissan Altima Hybrid

Abb. 2.16 Verbräuche für den US-City-Zyklus von 2009 [EPA]

Abbildung 2.14 stellt die Vorderseite und die Rückseite des Verbrennungsmotors sche-matisch dar, jeweils mit Riementrieb und Kettentrieb. Abbildung 2.15 zeigt die Vorderseiteund die Rückseite des Verbrennungsmotors mit den zuvor erwähnten Komponenten. DieNebenaggregate werden hier mit Elektromotoren unabhängig vom Verbrennungsmotornach Bedarf betrieben. Der Verbrennungsmotor muss zum Antrieb der Nebenaggregatenicht mehr im Leerlauf betrieben werden.

2.2.1.6 Kraftstoffverbrauch undWirkungsgrad im TestzyklusEine einfache, sehr anschauliche und häufig veröffentlichteMethode, umdie Effizienz einesFahrzeugs darzustellen, ist es, die zugeführte Energie (Kraftstoffmenge) über der notwen-digen mechanischen Energie am Rad (Energiebedarf des Fahrzeugs durch den Fahrwider-stand) aufzutragen. Die zugeführte Energie und die mechanische Energie am Rad werdenfür ausgewählte Fahrzeugzyklen über die Zykluszeit aufsummiert und ergeben den „Zy-kluswirkungsgrad“ des Fahrzeuges. Wegen der großen Leerlaufanteile und der häufig auf-tretenden Schwachlastanteile in einem Stadtzyklus liegen diese „Zykluswirkungsgrade“ beiden meisten Fahrzeugen bei 15%.

Die Abb. 2.16 zeigt die Verbräuche für den US-City-Zyklus und Abb. 2.17 die Verbräu-che für den US-Highway-Zyklus. Die Hybridfahrzeuge sindmit einem Dreieck dargestellt,während die konventionellen Fahrzeuge durch einen Kreis gekennzeichnet sind. Deutlich

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26 S. Saenger-Zetina et al.

15% 20%

25%

30%

35%

31,5%

28,2%

BenzinBenzin-Hybrid

Zug

efüh

rte

Ene

rgie

[MJ]

Fahrzeugbedarf im Highway-Zyklus [MJ]

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

70

80

60

50

40

30

20

10

Chevrolet Tahoe 4WDDodge Durango

Lexus LS 600HMercury Mariner 4WD

Toyota Highlander 4WD

Lexus GS 450H

09 Ford Escape Hybrid

Saturn Vue

Chevrolet MalibuHonda CivicToyota

Nissan Altima

Toyota Camry

Abb. 2.17 Verbräuche für den US-Highway-Zyklus von 2009 [EPA]

zu erkennen sind die besseren Verbräuche der Hybridfahrzeuge. Wie außerdem zu erken-nen ist, eignen sich Hybridantriebe für den Stadtzyklus besser als für den Überlandzyklus.Die grünen Linien sind die Linien gleichen „Zykluswirkungsgrades“.

2.2.2 Subjektive Vorteile

Die vom Nutzer erlebbaren Eigenschaften eines Hybridantriebs liegen auf dem Gebiet desFahr- und Schaltkomforts sowie dem Geräusch- und Schwingungsverhalten. Für den Nut-zer sind außerdem der geringe Kraftstoffverbrauch und die geringe CO2-Emission vorteil-haft.

2.2.2.1 Fahr- und SchaltkomfortDer Fahrkomfort wird durch die Eigenschaften des Antriebsstranges bestimmt. Der An-triebsstrang kann träge, ruhig, gedämpft, hart, zum Ruckeln neigend oder polterig sein.Als komforterhöhend wird ein ruck- und geräuscharmer Erststart mit sehr kurzen Start-zeiten empfunden. Die nachfolgenden Start- und Stopp-Vorgänge müssen ebenfalls ohnespürbaren Ruck und für den Fahrer nahezu unbemerkt ablaufen. Die Übergänge vom reinelektrischen Fahren zur verbrennungsmotorischen Fahrt müssen ruckfrei verlaufen. EinGangwechsel mit Zugkraftunterbrechung und ruppige Schaltvorgänge sind nicht akzepta-

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2 Hybride Antriebsstrukturen 27

bel. Ein weiteres wichtiges Kriterium für gute Fahrbarkeit ist das spontaneAnsprechverhal-ten, d. h. das Fahrzeug sollte schnell auf jede Leistungsanforderung des Fahrers reagieren.Dieses ist besonders beim Boosten ein wichtiges Komfortkriterium. Zu bedenken ist, dasssich nicht mit jedem Hybridkonzept der wünschenswerte Fahrkomfort realisieren lässt.Dennoch sind alle auf demMarkt befindlichen Hybridfahrzeuge im Fahr- und Schaltkom-fort sehr angenehm.

2.2.2.2 Geräusch- und SchwingungsverhaltenDer Fahrkomfort ist nicht objektiv messbar. Zur Bewertung des Fahrkomforts, bezogen aufden Antriebsstrang, sind folgende Kriterien von Bedeutung: Totzeit zwischen Gaspedal-bewegung und Drehmomentabgabe des Motors, die spürbare maximale Beschleunigungsowie jegliche Stöße und Rucke, d. h. die Ableitung der Beschleunigung nach der Zeit.

Mit Hilfe der Schwingungsanalyse (Vibration Dose Value VDV) [Griffin80, Griffin90]kann das Schaltverhalten und der Fahrkomfort analysiert werden. In [Schwab94] und[Horste95] wird der VDV-Wert zur Evaluation von verursachten Schwingungen durchden Gangwechsel benutzt. Eine weitere Möglichkeit zur Beurteilung des optimalen Fahr-und Schaltkomforts ist in [SaengerZetina09] beschrieben. Das Geräusch- und Schwin-gungsverhalten der Hybridfahrzeuge ist in aller Regel besser als das der konventionellenFahrzeuge.

2.3 Konzepte und Betriebsweisen

In diesem Kapitel werden die Hybridantriebe nach ihrer Anordnung entlang des An-triebsstrangs eingeteilt. Abbildung 2.18 stellt verschiedene Antriebstrukturen dar. Ne-ben den konventionellen Antrieben mit Verbrennungsmotor zeigt eine Variante einenDoppelmotor-Allradantrieb und eine andere zeigt elektrische Radnabenantriebe an denvier Rädern.

DifferentialVerteilergetriebe Verbrennungsmotor Getriebe Elektrische Maschine

a b c d e

Abb. 2.18 Hybride Antriebsstrukturen. a Frontantrieb, b Heckantrieb, c Allradantrieb, d Doppel-motor-Allradantrieb, e elektrischer Radnabenantrieb an allen vier Rädern

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28 S. Saenger-Zetina et al.

Traktionsbatterie

Drehzahl- undDrehmomentwandlerElektrische Maschine A

(Generator)

Verbrennungs-motor

Kraftstofftank

Leistungselektronik

Elektrische Maschine B(Motor)

Abb. 2.19 Serieller Hybrid

2.3.1 Serielle Hybride

2.3.1.1 Konstruktive MerkmaleDer serielle Hybrid ist ein einfach zu beschreibender Hybrid. Bei einem seriellen Hybridwird die mechanische Energie des Verbrennungsmotors einer elektrischen Maschine (Ge-nerator) zugeführt und in elektrische Energie umgewandelt. Diese wird direkt einer zwei-ten elektrischen Maschine (Elektromotor) zugeführt, die den Antrieb des Fahrzeugs vor-nimmt. Die vomGenerator erzeugte elektrische Energie kann auch in einem Speicher zwi-schengespeichert werden. Als Speicher werden elektrochemische Speicher (Batterien) be-vorzugt.

Abbildung 2.19 stellt den seriellen Hybrid mit seinen Komponenten dar: den Kraft-stofftank und die Batterie als die beiden Energiespeicher, den Verbrennungsmotor, denGenerator, den Elektromotor, die Leistungselektronik und das Getriebe. Die Batterie wirdzur Unterscheidung von der Bordnetzbatterie als Traktionsbatterie bezeichnet.

Die Vorteile des seriellen Hybrids liegen in der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchsund der CO2-Emissionen. Die erzielbaren Einsparungen sind abhängig vom Einsatzpro-fil des Fahrzeugs und der Hybridbetriebsstrategie. Eine mögliche Betriebsstrategie ist, dassdas Fahrzeug über den gesamten Geschwindigkeitsbereich elektrisch angetrieben wird unddie notwendige Energie der Batterie entnommen wird. Beim Erreichen des unteren Lade-zustands der Batterie wird der Verbrennungsmotor gestartet, um über den Generator dieBatterie aufzuladen.

Aufgrund der Entkopplung des Verbrennungsmotors vomAbtrieb kann derMotor zumAntrieb des Generators stationär in einem optimalen Lastpunkt betrieben werden. DieseBetriebsstrategie wird als Phlegmatisierung des Verbrennungsmotors bezeichnet. Sinnvol-lerweise sollte der Verbrennungsmotor in dieser Strategie auch eine geringe Abgasemissionhaben. Im rein elektrischen Betrieb treten keinerlei lokale Emissionen auf. Beim Bremsendes Fahrzeugs wird die kinetische Energie des Fahrzeugs durch die elektrische Maschine

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2 Hybride Antriebsstrukturen 29

Abb. 2.20 Rad mit Radna-benmotor

RadaufhängungBremsscheibe

Stoßdämpfer

Bremsbacken

StatorRad-

naben-motor

Radund

Reifen

in elektrische Energie umgewandelt und die Batterie geladen. Erst bei höheren Bremsver-zögerungen wird die Radbremse betätigt.

Durch die mehrfache Energiewandlung zwischen der chemisch gebundenen Energiebis zur kinetischen Energie am Rad ist der Gesamtwirkungsgrad in vielen Betriebspunk-ten sehr gering. Nachteilig ist auch die Notwendigkeit von drei Energiewandlern (einemVerbrennungsmotor und zwei elektrischen Maschinen) mit nahezu gleicher Leistung. Dasbringt einen hohen technischen Aufwand und hohe Baukosten mit sich. Zudem sorgt dasZusatzgewicht der elektrischen Maschinen und der großen Batterie für einen Kraftstoff-mehrverbrauch, der durch eine optimale Betriebsstrategie kompensiert werden muss. Daes keine mechanische Kopplung des Verbrennungsmotors mit den angetriebenen Räderngibt, ist der vorteilhafte Einsatz von elektrischen Radnabenmotoren oder radnahen Mo-toren möglich. Radnahe Motoren zählen im Gegensatz zu den Radnabenmotoren nichtzu den ungedämpften Massen. Ein solcher Antriebsstrang ist z. B. bei Niederflurbussen inStadtbetrieb sinnvoll. Abbildung 2.20 zeigt schematisch einen Radnabenantrieb.

2.3.1.2 Varianten des seriellen Hybridantriebs

Leistungshybrid (Serieller Eins-zu-Eins-Hybrid)Die Standardauslegung für einen seriellen Antriebsstrang ist die sogenannte Eins-zu-Eins-Kombination. Sie verbindet drei ähnlich große Maschinen: Verbrennungsmotor, Genera-tor und Elektromotor. Bei dieser Auslegung kann das Fahrzeug ohne jede Einschränkungdauerhaftmit der Höchstgeschwindigkeit betrieben werden, da die Leistung vomVerbren-nungsmotor bereitgestellt wird und über Generator und Elektromotor übertragen wird.Der Ladezustand der Batterie hat dabei keine begrenzende Wirkung. Im rein elektrischenBetrieb wird die notwendige Energie aus der Traktionsbatterie entnommen. Die Größe derTraktionsbatterie bestimmt die elektrische Reichweite des Fahrzeugs.

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30 S. Saenger-Zetina et al.

Range-ExtenderAls Range-Extender (RE) bezeichnet man einen seriellen Hybrid, bei dem der Verbren-nungsmotor und der elektrische Generator eine geringere Leistung haben als der Elektro-motor, der das Fahrzeug antreibt. Der Verbrennungsmotor und der Generator haben dieFunktion eines Hilfsantriebs, der die Reichweite des Fahrzeugs verlängert, wenn die Batte-rie entladen ist. In der Regel wird ein solcher Antriebmit einer großen Batterie ausgestattet.Aufgrund der geringen Leistung des Verbrennungsmotors kann bei entladener Batterie nureine geringere Geschwindigkeit erreicht werden. Der Kraftstofftank eines Range-Extendersbestimmt die Gesamtreichweite des Fahrzeugs. In der Regel wird der Kraftstofftank so aus-gelegt, dass die übliche Reichweite von 600 km erreicht wird. Für einen Range-Extenderkönnen verschiedene Verbrennungsmotoren oder alternative Antriebe eingesetzt werden(siehe hierzu Abschn. 2.4.4.2).

2.3.1.3 Beispiele von seriellen HybridenDie Geschichte der seriellen Hybride ist schon ca. 110 Jahre alt. Um 1900 waren die ver-brennungsmotorischen Antriebe nicht leistungsfähig genug, um Fahrzeuge bei höherenGeschwindigkeiten zu betreiben. Es wurde nach Alternativen gesucht, z. B. nach elektri-schen Antrieben oder Kombinationen von Verbrennungsmotor und Elektromotor. ImSeptember 1900 wurde ein Lohner-Porsche mit vier Radnabenmotoren an den britischenSportsmann E. W. Hart für Renn- und Rekordzwecke ausgeliefert. Dieses erste voll funk-tionsfähige, elektrisch angetriebene Allradfahrzeug hatte eine große Batterie, die 1800 kgwog. Ferdinand Porsche baute daraufhin einen seriellenHybrid: EinDaimler-Vierzylinder-Motor versorgte über einen Generator die Radnabenmotoren mit Energie. Porsche wählteunter anderem diesen seriellen Hybrid, da die damals vorhandenen Kupplungen und Ge-triebe den Ansprüchen an einfache Handhabung und Zuverlässigkeit nicht genügten. Mitdem „Mixte-Hybrid“ konnte man auch rein elektrisch fahren.

Der serielle Hybrid ist besonders für Busse und spezielle Nutzfahrzeuge geeignet. DieAnwendungsfälle undBetriebsweisen sollten durch Lastkollektive gekennzeichnet sein, diedurch Stop and Go, regelmäßige Halte- und Standzeiten, gleichartige Streckenprofile undgleichmäßige Fahrweisen geprägt sind. Diese Betriebsbedingungen sind typisch für denStadtbus.

Ein Beispiel ist der von 1997 bis 2007 gebaute Toyota-Coaster-Hybridbus [Killmann07].Der Toyota Coaster hatte Platz für 24 Passagiere [Toyota3], verfügte über einen seriel-len Antrieb, bestehend aus einem Ottomotor mit 25 kW und einem Elektromotor mit ei-ner Kurzzeitspitzenleistung von 70 kW. Die Blei-Gel-Batterien [Toyota1] entsprachen demStand der Technik. Als Reichweite werden 400 km bei 80 km/h auf ebener Strecke angege-ben [Toyota2].

Ein weiterer aktueller serieller Hybrid ist der Mercedes-Benz Gelenkbus Citaro GBlueTec-Hybrid. Dort treiben vier radnah angeordnete Elektromotoren mit je 80 kW denHybridbus an. Der Motor ist ein 4,8-l-Vierzylinder-Dieselmotor mit 160 kW, der einen12-l-Sechszylinder-Dieselmotor ersetzt, der im konventionellen Bus verbaut ist. Eine

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2 Hybride Antriebsstrukturen 31

TraktionsbatterieDrehzahl- undDrehmomentwandler

Elektrische Maschine

Verbrennungsmotor

Kraftstofftank

Leistungselektronik

Kupplung

Abb. 2.21 Paralleler Hybrid

19,4-kWh-Lithium-Ionen-Batterie ermöglicht eine rein elektrische Reichweite von 10 km.Je nach Busstrecke werden Kraftstoffeinsparungen von 20% bis 30% erreicht [Mercedes1].

Ein serieller Hybrid wird als Feldversuch von der Audi AG entwickelt. Das „Audi A1 e-tron“ genannte Konzept besitzt eine 150 kg schwere Lithium-Ionen-Traktionsbatterie, die96 Zellen besitzt und bei 380 Volt Spannung einen Energieinhalt von 12 kWh aufweist.Die elektrische Reichweite beträgt 50 km. Als Verbrennungsmotor wird ein kompakterEinscheiben-Kreiskolbenmotor nach dem Wankelprinzip eingesetzt. Er hat ein Hubvo-lumen von 0,235 l und leistet 15 kW. Die Baugruppe Wankelmotor und Generator wiegt70 kg.

2.3.2 Parallele Hybride

2.3.2.1 Konstruktive MerkmaleBei einem parallelen Hybrid (Parallelhybrid, P-Hybrid) sind der Verbrennungsmotor unddie elektrische Maschine entlang des Antriebsstrangs miteinander verbunden. Im Allge-meinen ist bei einem parallelen Hybrid nur eine elektrischeMaschine notwendig. Die elek-trische Maschine kann an unterschiedlichen Stellen im konventionellen Antriebsstrangeingebaut werden. Der Vorteil einer parallelen Hybridstruktur liegt in einer relativ ein-fachen, kostengünstigen Integration der elektrischen Maschine in den bestehenden kon-ventionellen Antriebsstrang.

Die Charakterisierung eines parallelen Hybrids gemäß der Bezeichnungsweise Px er-folgt nach dem Einbauort. Dabei steht das P für Parallel und mit x werden mögliche Ein-bauorte der elektrischen Maschine im Antriebsstrang nummeriert (Abb. 2.22, 2.23, 2.24und 2.25). Abbildung 2.21 zeigt den allgemeinen Aufbau eines Parallelhybrids mit demVerbrennungsmotor, dem Kraftstofftank, der Kupplung, der elektrischen Maschine, demGetriebe und dem Abtrieb zu den Antriebsrädern. Die elektrische Maschine ist über dieLeistungselektronik mit der Batterie verbunden.

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32 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.22 P1-Hybrid. DieKomponenten werden inAbb. 2.21 erklärt

Abb. 2.23 P2-Hybrid. DieKomponenten werden inAbb. 2.21 und Abb. 2.6 erklärt

Abb. 2.24 P3-Hybrid. DieKomponenten werden inAbb. 2.21 erklärt

Bei Parallelhybriden können der Verbrennungsmotor und elektrische Maschine paral-lel die Räder antreiben. Damit ergibt sich die Möglichkeit, rein verbrennungsmotorisch,rein elektrisch oder im Verbund zu fahren. Der Parallelhybrid kann viele vorteilhafte Be-triebszustände verwirklichen. Die Funktionen Start-Stopp, Rekuperation, rein elektrischesFahren, Lastpunktverschiebung und Boosten sind einfach realisierbar. Es ergeben sich ho-he Kraftstoffeinsparungen in einem typischen Stadtzyklus.

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2 Hybride Antriebsstrukturen 33

Abb. 2.25 P4-Hybrid. DieKomponenten werden inAbb. 2.21 erklärt

Tab. 2.4 Varianten des Parallelhybrids

Bezeichnung WeitereBezeichnung

Beschreibung ElektrischeFahrt

RegenerativesBremsen

Start-Stopp-System

3S Verstärkter Starter, geeignet für häufi-gen Start-Stopp-Betrieb

Nein Nein

P1 BSG, RSG,ISG, Mikro-Hybrid,Mild-Hybrid

Elektrische Maschine am Verbren-nungsmotor

Nein Gering

P2 P2-HEV Elektrische Maschine zwischen Ver-brennungsmotor und Getriebe

Ja Gut

P3 TS-HEV Elektrische Maschine am oder hinterdem Getriebe

Ja Gut

P4 AS-HEV Elektrische Maschine an der zweitenAchse

Ja Sehr gut

2.3.2.2 Ausprägungen von ParallelhybridenBei einemParallelhybrid kann die elektrischeMaschine imkonventionellenAntriebsstrangan verschiedenen Stellen positioniert werden. Dies kann beispielsweise zwischen demVer-brennungsmotor und der Kupplung, zwischen der Kupplung und dem Getriebe, zwischendem Getriebe und dem Differential oder an einer nicht verbrennungsmotorisch angetrie-benenAchse vorgenommenwerden.DieAbb. 2.22, 2.23, 2.24 und 2.25 stellen die gebräuch-lichsten Strukturen des Parallelhybrids schematisch dar. Die Variationen sind durch dieverschiedenen Positionen der elektrischen Maschine entlang des Antriebsstrangs gegeben.

Tabelle 2.4 beschreibt die verschiedenen Varianten. In der Tabelle sind die üblichen Be-zeichnungen aufgelistet und sie beschreibt die Funktion und diewichtigsten Eigenschaften.Grundsätzlich kann mit jeder P-Hybridvariante eine deutliche Verminderung des Kraft-stoffverbrauchs erreicht werden. Einige Varianten bieten zudem die Möglichkeit des lokalund zeitlich begrenzten emissionsfreien elektrischen Fahrens.

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34 S. Saenger-Zetina et al.

Parallel-1-HybridDer Parallel-1-Hybrid (P1-Hybrid) ist in Abb. 2.22 schematisch dargestellt. Die elektrischeMaschine befindet sich am hinteren Kurbelwellenende und ist einfach in einen vorhande-nen, konventionellen Antriebsstrang integrierbar. Die Funktionen Lastpunktverschiebungund Boosten sind einfach realisierbar. Die Start-Stopp-Funktion des P1-Hybrids ist sehrgut darstellbar. Startzeiten von ca. 300ms und hohe Startdrehzahlen sind realisierbar.

Die Rekuperation (Wandlung der kinetischen Energie des Fahrzeugs beim Bremsen inelektrische Energie) ist möglich, doch durch die untrennbare Verbindung der elektrischenMaschinemit demVerbrennungsmotor infolge der Schleppleistung des Verbrennungsmo-tors stark gemindert. Nachteilig ist zudem, dass ein rein elektrisches Fahren nicht möglichist. Durch diese Nachteile ist die Kraftstoffeinsparung geringer als bei den anderen Paral-lelhybriden. In der Regel enthält ein P1-Hybrid eine elektrische Maschine mit Leistungenkleiner als 20 kW sowie Batterien mit einem Energiegehalt unter 2 kWh und daher wird eralsMild-Hybrid eingestuft.DasKonzept einer elektrischenMaschine amhinteren EndederKurbelwelle wurde zuerst vonHonda imHonda Insight eingeführt. Das P1-Hybridkonzeptkam auch beim ersten Mercedes-Benz-Hybridfahrzeug S 400 Hybrid zum Einsatz.

Parallel-2-HybridDer Parallel-2-Hybrid (P2-Hybrid) ist in Abb. 2.23 dargestellt. Zwischen dem Kurbelwel-lenende und der elektrischen Maschine ist eine Kupplung eingefügt, d. h., die elektrischeMaschine befindet sich hinter der Kupplung.

Man unterscheidet zwei Varianten des Parallel-2-Hybrids, je nachdem, ob zwischender elektrischen Maschine und dem Getriebe eine Wandlerkupplung (oder auch nur eineKupplung) eingebaut ist oder nicht. Bei der Variante 1 ohne eben dieser Wandlerkupp-lung bzw. Kupplung (siehe auch Tab. 2.6) wird die elektrische Maschine häufig an Stelledes Wandlers bauraumneutral in den Antriebsstrang integriert.

Die Start-Stopp-Funktion wird in dieser Bauform oft mit einem zusätzlichen Starterausgeführt, damit der Verbrennungsmotor unabhängig von der elektrischen Maschine ge-startet werden kann. Damit vermeidet man einen Zugkrafteinbruch oder eine Zugkraft-unterbrechung während des Starts und die elektrische Maschine wird ausschließlich zumErhalt der Traktion genutzt.

Alternativ dazu kann die Start-Stopp-Funktion auch ohne zusätzlichen Starter mit derelektrischen Maschine realisiert werden. Dazu ist es notwendig, die genaue Position desVerbrennungsmotors im Stillstand (z. B. Kurbelwellenposition und daraus resultierendesLosbrechmoment) zu kennen. Außerdem ist eine sehr genaue Drehmoment- und Dreh-zahlregelung der elektrischen Maschine erforderlich. Mit diesem zusätzlichen Aufwand istjedoch auch ein Start bei hohem Fahrkomfort möglich.

Abbildung 2.23 zeigt die Variante 2 des Parallel-2-Hybrids mit einer Wandlerkupplungzwischen elektrischer Maschine und Getriebe. Alternativ dazu kann bei dieser Varianteauch auf den Wandler verzichtet werden und eine Kupplung im Automatikgetriebe zumAnfahren verwendet werden. Unabhängig davon, ob ein Wandler eingebaut ist oder nicht,

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2 Hybride Antriebsstrukturen 35

kann derMotorstart bei dieser Variante 2 in einfacherWeisemit der elektrischenMaschineerfolgen. Ein zusätzlicher Starter ist nicht notwendig.

Bei beiden Varianten des Parallel-2-Hybrids sind die Funktionen rein elektrisches Fah-ren und Rekuperation ohneMotorschleppverluste sehr gut möglich. Auch eine Lastpunkt-verschiebung und das Boosten sind einfach realisierbar. Geht das System in den Schub-betrieb, kann der Verbrennungsmotor vom Antrieb abgekoppelt und das Fahrzeug überdie elektrische Maschine, die in diesem Einsatzfall als Generator betrieben wird, verzögertwerden.

Die Verwendung einer zweiten Kupplung zwischen elektrischerMaschine undGetriebeermöglicht ein Laden der Batterie bei stehendem Fahrzeug. Die Kraftstoffeinsparung wirdnur durch die elektrische Maschine und die Batterie begrenzt.

In der Regel enthält ein P2-Hybrid eine elektrischeMaschinemit Leistungen von 20 kWbis 50 kW und eine Batterie mit einem Energieinhalt von ca. 2 kWh. Der P2-Hybrid ist einVoll-Hybrid, da er alle Hybridfunktionen erfüllt und eine maximale Kraftstoffverbrauchs-einsparung ermöglicht. Die maximal mögliche Geschwindigkeit im rein elektrischen Fahr-betrieb ist von der installierten elektrischen Leistung abhängig. Die Batterie bestimmt dieReichweite, die im rein elektrischen Betrieb erreichbar ist.

Parallel-3-HybridDer Parallel-3-Hybrid (P3-Hybrid) ist in Abb. 2.24 dargestellt. Der Elektromotor befindetsich am Getriebeausgang oder vor dem Differential und ist relativ einfach in einen vor-handenen Antriebsstrang integrierbar. Diese Anordnung erlaubt eine komforterhöhendeErhaltung der Zugkraft während eines Getriebeschaltvorgangs. Die Start-Stopp-Funktionmuss durch einen üblichen Starter realisiert werden. Lastpunktverschiebungen sind nurbedingt möglich. Das Boosten ist einfach zu realisieren. Geht das System in den Schub-betrieb, kann der Verbrennungsmotor vom Antrieb abgekoppelt und das Fahrzeug überdie elektrische Maschine, die in diesem Einsatzfall als Generator betrieben wird, verzögertwerden.DieRekuperation (Wandlung der kinetischen Energie beimBremsen in elektrischeEnergie) ist somit möglich. Außerdem eignet sich der P3-Hybrid sehr gut für das elektri-sche Fahren. In der Regel wird eine elektrische Maschine mit Leistungen von 20 kW bis50 kW verwendet. Die maximal mögliche Geschwindigkeit im rein elektrischen Fahrbe-trieb ist von der installierten elektrischen Leistung abhängig. Die Batterie bestimmt dieReichweite, die im rein elektrischen Betrieb erreichbar ist.

Parallel-4-HybridDer Parallel-4-Hybrid (P4-Hybrid) ist in Abb. 2.25 dargestellt. Dabei ist die elektrischeMa-schine an der Hinterachse und der Verbrennungsmotor an der Vorderachse angeordnet.Bei einem konventionellen Serienfahrzeug kann dieses Konzept relativ einfach realisiertwerden, da der vorhandene Antriebsstrang erhalten bleibt. Es ist aber eine antriebsfähigeHinterachse notwendig. Der P4-Hybrid kann als Variante in bestehende Fahrzeugbaurei-hen eingefügt werden. Um deutlich mehr Energie beim Bremsen zu rekuperieren, ist diePositionierung der elektrischen Maschine an der Vorderachse sinnvoll, da während der

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36 S. Saenger-Zetina et al.

Tab. 2.5 Antriebskombinationen mit zwei elektrischenMaschinen

P1

P1

P2

P3

P4

P2 P3 P4

P21

P12 P13 P14

P24

P34

P43

P23

P31 P32

P41 P42

Bremsung dort die Bremskraft höher ist. Dabei wird der P4-Antrieb mit einem konventio-nellen Frontmotor-Hinterradantrieb kombiniert.

Die Start-Stopp-Funktion muss durch einen üblichen Starter am Verbrennungsmotorrealisiert werden. Lastpunktverschiebungen sind beim reinen P4-Hybrid nicht möglich.Das Boosten ist einfach zu realisieren. Durch den gleichzeitigen Betrieb des Verbrennungs-motors und der elektrischen Maschine als Motor wird ein Allradantrieb verwirklicht. DerAllradantrieb ist nur zeitlich begrenzt möglich und wird durch die in der Batterie gespei-cherte Energie bestimmt.

Geht das System in den Schubbetrieb, kann der Verbrennungsmotor vomAntrieb abge-koppelt und das Fahrzeug über die elektrische Maschine, die in diesem Einsatzfall als Ge-nerator betrieben wird, verzögert werden. Der P4-Hybrid eignet sich sehr gut für das elek-trische Fahren. Nachteilig ist bei diesemKonzept, dass im Stillstand keine Stromerzeugungüber die Traktionsmaschinemöglich ist. In der Regel enthält ein P4-Hybrid eine elektrischeMaschine mit Leistungen von 20 kW bis 50 kW. Die maximal mögliche Geschwindigkeitim rein elektrischen Fahrbetrieb ist von der installierten elektrischen Leistung abhängig.Die Batterie bestimmt die Reichweite, die im rein elektrischen Betrieb erreichbar ist.

Kombinierte parallele HybrideAus den einzelnen parallelen Hybridvarianten lassen sich weitere Parallel-Hybrid-Kom-binationen bilden. Dabei werden zwei elektrische Maschinen in das Fahrzeug eingebaut.Tabelle 2.5 stellt eine einfache Kombinationsmatrix für zwei elektrische Maschinen dar.In der Diagonalen der Kombinationsmatrix finden sich keine sinnvollen Kombinationen.Des Weiteren findet man unterhalb und oberhalb der Diagonalen die gleichen Kombina-tionen. In allen Kombinationenmit demP1-Hybridwerden ideale Start-Stopp-Funktionenerreicht. Die zweite elektrische Maschine erfüllt dabei die typischen Hybridfunktionen.

Der P12-Hybrid (siehe Abb. 2.26) ist eine Kombination aus P1- und P2-Hybrid. Bei derP12-Struktur ist die erste elektrische Maschine auf der Kurbelwelle des Verbrennungsmo-tors angeordnet. Dahinter befindet sich die Kupplung, die zweite elektrische Maschine istvor demGetriebe angeordnet. Das Getriebe bleibt unverändert. Die Betriebsstrategie einesP12-Hybrids gleicht in weiten Teilen der eines P2-Hybrids, so kann bei geöffneter Kupp-lung mit der zweiten elektrischen Maschine elektrisch gefahren werden. Bei hohen Leis-tungsanforderungen ist die erste elektrische Maschine P1 in der Lage, den Verbrennungs-motor komfortabel zu starten. Nach erfolgter Drehzahlsynchronisation kann die Kupplung

Page 52: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 37

Abb. 2.26 P12-Hybrid. 1 Ver-brennungsmotor, 2 elektrischeMaschine A, 3 Kupplung,4 elektrische Maschine B,5 Getriebe, 6 Leistungselektro-nik, 7 Batterie, 8 Differential,9 Kraftstofftank

9

6 7

8

1 2 3 4 5

Abb. 2.27 P14-Hybrid. 1 Rad,2 Kraftstofftank, 3 elektrischeMaschine A, 4 Leistungselek-tronik, 5 Batterie, 6 elektrischeMaschine B, 7 Getriebe, 8 Dif-ferential

7

7

12

3

4

5

6

8

8

geschlossen werden. Das System kann auch die Leistung der beiden elektrischen Maschi-nen zum Boosten nutzen. Bei geöffneter Kupplung ist ein serieller Betrieb möglich, dabeitreibt der Verbrennungsmotor die elektrische Maschine P1, und die elektrische Maschi-ne P2 das Fahrzeug an. Diese Betriebsweise ist in der Lage, den Verbrennungsmotor inseinem besten Arbeitspunkt zu betreiben, um Wirkungsgradvorteile zu erzielen. In allerRegel hat ein P12-Hybrid eine elektrische Maschine P1 mit Leistungen von etwa 20 kWund eine elektrische Maschine P2 mit Leistungen von etwa 50 kW. Die maximal mögli-che Geschwindigkeit im rein elektrischen Fahrbetrieb ist von der installierten elektrischenLeistung abhängig. Die Batterie bestimmt die Reichweite, die im rein elektrischen Betrieberreichbar ist.

Der P14-Hybrid (siehe Abb. 2.27) ist eine Kombination aus P1- und P4-Hybrid. Beider P14-Struktur sitzt die elektrische Maschine A auf der Kurbelwelle des Verbrennungs-motors oder sie ist über einen Riemenantrieb mit dem Verbrennungsmotor gekoppelt; dieelektrische Maschine B sitzt an der zweiten Achse des Fahrzeugs. Die Vorteile des P1- unddes P4-Hybrids werden damit kombiniert.

Page 53: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

38 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.28 Drehmoment-verzweigter Hybrid: EMelektrische Maschine; VMVerbrennungsmotor; im, in,io Übersetzung des jeweiligenGetriebes

EM

VM

Radio

im

in

Kupplung

Drehmomentverzweigter HybridEine weitere Variante des Hybridantriebs ist der drehmomentverzweigte Hybrid (Paral-lel Torque Split PTS). Diese Variante wird in Abb. 2.28 gezeigt. Die PTS-Hybridstrukturunterscheidet sich von den bisher behandelten Parallel-Hybriden dadurch, dass hier dieelektrische Maschine über ein Getriebe mit dem Verbrennungsmotor gekoppelt ist. DieseVariante wird auch als „Side-by-Side-Hybrid“ bezeichnet. Dieses Konzept soll die Vorteileeines elektrischen und die eines verbrennungsmotorischen Antriebs mit geringem Auf-wand verbinden.

Bei geringerer Antriebsleistung und geringen Geschwindigkeiten wird die Antriebs-leistung von der elektrischen Maschine erbracht. Um die elektrische Maschine in einemBereich gutenWirkungsgrades zu betreiben, ist ein nachgeschaltetes Getriebe sinnvoll. DerVerbrennungsmotor ist in diesen Betriebsbereichen über eine Trennkupplung vom An-triebsstrang getrennt. Bei einem höheren Leistungsbedarf wird der Verbrennungsmotorgestartet und stellt die Antriebsleistung bereit, die über das Getriebe auf die angetriebeneAchse übertragen wird. Der Betrieb von Verbrennungsmotor und elektrischer Maschi-ne auf unterschiedlichem Drehzahlniveau ist gewünscht, um für jeden Motor die jeweilsoptimalen Betriebsbereiche zu nutzen. Die elektrische Maschine dreht auf dem höherenNiveau, dadurch können kleine hochdrehende Elektromotoren verwendet werden.

Ein großer Vorteil der drehmomentverzweigten Hybridantriebe ist die Verwendungvon weitgehend konventionellen Basisgetrieben, die auch in Serienfahrzeugen ohne Hy-bridisierung verwendet werden. Häufig wird der Elektromotor parallel neben dem Getrie-be angeordnet, daher der Name „Side-by-Side“. Dadurch kann auch die Größe und dieLeistung der elektrischen Maschine den jeweiligen Zielsetzungen angepasst werden. AlsGetriebe können Doppelkupplungsgetriebe oder automatisierte Schaltgetriebe verwendetwerden.

Die Voll-Hybrid-Funktionen (rekuperieren, boosten, elektrisch fahren) sindmit nur ei-ner elektrischen Maschine möglich und sind von der Leistung der elektrischen Maschineabhängig. Die unterschiedliche Anbindung des Verbrennungsmotors und des Elektromo-tors am Getriebe eröffnet zusätzliche Freiheitsgrade für die Betriebsstrategie. Diese Hy-bridstrukturen ermöglichen das sinnvolle Zuschalten von dem Verbrennungsmotor undvon der elektrischen Maschine zu verschiedenen Zeitpunkten, so dass es bei einem Gang-wechsel im Getriebe zu keiner Zugkraftunterbrechung kommt.

Page 54: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 39

Abb. 2.29 Drehmo-mentverzweigter Hybrid.1 Verbrennungsmotor, 2 Kupp-lung, 3 Getriebe, 4 Batterie.5 Leistungselektronik, 6 elek-trische Maschine, 7 Tank

7

1 2

3

45

6

Ein Beispiel für den drehmomentverzweigten Hybrid zeigt Abb. 2.29 (vgl. [Hellen-broich09]). Es ist ein Parallelhybridgetriebe mit einer einfachen Trockenkupplung undelektrischer Zugkraftunterstützung. Zur Anwendung kommt beispielsweise ein Ver-brennungsmotor, der durch eine Trockentrennkupplung von einem automatisiertenSchaltgetriebe (ASG) getrennt ist. Außerhalb des Getriebes ist die elektrische Maschineangeordnet, die mit einem Teil des Getriebes verbunden ist. Während der Schaltvorgängewird durch den Elektromotor eine komforterhöhende Zugkraftunterstützung aufgebracht.Alle Funktionen eines Voll-Hybrids (Start-Stopp, Rekuperieren, Boosten, Lastpunkt-anhebung, rein elektrisches Fahren) werden erfüllt. Ein weiterer Vorteil ist, dass dieNebenaggregate, wie z. B. der Klimakompressor, während der Stopp-Phasen vom Elek-tromotor angetrieben werden können.

2.3.2.3 Beispiele von ParallelhybridenIn den vorangegangenen Abschnitten wurden verschiedene Parallelhybride vorgestellt, be-schrieben und deren Eigenschaften aufgezeigt. In Tab. 2.6 werden die verschiedenen Paral-lelhybride aufgelistet, die von den verschiedenen Fahrzeugherstellern ausgeführten Fahr-zeuge benannt und der Versuch einer Bewertung an Hand der folgenden Kriterien vor-genommen: Start-Stopp-Funktion, rekuperatives Bremsen, Boosten, elektrisches Fahren,Lastpunktanhebung, Abtrennen des Verbrennungsmotors, einfache Bauweise. Die Vor-und Nachteile werden mit (+) und (–) gekennzeichnet.

2.3.3 LeistungsverzweigteHybride

2.3.3.1 Konstruktive MerkmaleDer Begriff der Leistungsverzweigung beschreibt Getriebe, in dem die Leistung eines Pfa-des (einer Welle) auf mehrere Pfade (mehrere Wellen) verteilt wird. Ein Beispiel aus derMechanik ist ein Differentialgetriebe in einem Fahrzeug, in dem die Leistung der Gelenk-welle auf die beiden Seitenwellen, die zu den Antriebsrädern führen, verzweigt wird. Eben-so kann auch die Leistung von zwei Wellen auf eine Welle zusammengefügt werden.

Page 55: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

40 S. Saenger-Zetina et al.

Tab.2.6

Beschreibu

ngun

dBe

wertung

vonausgefüh

rten

parallelenHybriden(Px-Hybriden).D

iekomfortableStart-Stopp-Fu

nktio

nwird

beim

Parallel-

2-Hybrid,Va

riante1,üb

ereine

aufwendige

Regelung

dere

lektrischenMaschinerealisiert

Nam

eBe

schreibu

ngHerstelleru

ndFahrzeug

mod

elle

Symbo

lStart-

Stopp-

Funk

tion

Regenera-

tives

Brem

sen

Boosten

Elektri-

sches

Fahren

Lastpu

nkt-

anhebu

ngVe

rbren-

nungs-

motor

abtrennen

Einfache

Bauw

eise

P1ElektrischeM

aschinea

nder

KurbelwelledesM

otors

Mercedes-Be

nzS-400Hybrid

Hon

daInsightIntegratedMotor

Assist

BMW

ActiveH

ybrid7

+–

+–

+–

+

P2,

Variante1

ElektrischeM

aschinea

mGetriebe

Aud

iA6hybrid

BMW

ActiveH

ybrid5

Mercedes-Be

nzE300BlueTec

Hybrid

Mercedes-Be

nzE400Hybrid

++

++

++

+

P2,

Variante2

ElektrischeM

aschinev

ordem

Autom

atikgetriebe

mit

Wandler-

getriebe

dazw

ischen

PorscheP

anam

eraHybrid

Volksw

agen

TouaregHybrid

++

++

++

+

P3ElektrischeMaschineam

Getrie-

beausgang

KER

S(K

inetic

Energy

Recupera-

tionSystem

)der

Form

el-1-Rennfahrzeuge

–+

++

––

+

Page 56: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 41

Tab.

2.6

(Fortsetzung

)

Nam

eBe

schreibu

ngHerstelleru

ndFahrzeug

mod

elle

Symbo

lStart-

Stopp-

Funk

tion

Regenera-

tives

Brem

sen

Boosten

Elektri-

sches

Fahren

Lastpu

nkt-

anhebu

ngVe

rbren-

nungs-

motor

abtrennen

Einfache

Bauw

eise

P12

Kom

binatio

nStartergenerator

mit

elektrischerMaschine

ToyotaMinivan

Estim

aHybrid

++

++

++

P14

Jeeine

elektrischeMaschinean

derKurbelwelleun

dan

derzw

ei-

tenAntriebsachse

Peugeot3

008Hybrid4

++

++

++

Page 57: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

42 S. Saenger-Zetina et al.

MechanischeLeistung

ElektrischeLeistung

MechanischeLeistung

ElektrischeMaschine

ElektrischeMaschine

Abb. 2.30 Leistungswandlung beim seriellen Hybrid

MechanischeLeistung

ElektrischeLeistung

MechanischeLeistung

Mechanische Leistung

ElektrischeMaschine A

ElektrischeMaschine B

Abb. 2.31 Leistungsverzweigter Hybrid

Die Abb. 2.30 und 2.31 zeigen die Leistungswandlung bei einem seriellen Hybridantriebund eine Leistungsverzweigung. Dabei wird in Abb. 2.30 die gesamte und in Abb. 2.31 einTeil der mechanischen Leistung durch eine elektrische Maschine in elektrische Leistungumgewandelt. Eine weitere elektrische Maschine wandelt die elektrische Leistung zurückin mechanische Leistung. Bei einem leistungsverzweigten Hybridantrieb, also einem Hy-bridantrieb mit Leistungsverzweigung (Abb. 2.31), wird ein Teil der Leistung auf einemmechanischen Pfad geführt. Danach erfolgt eine Zusammenführung der zuvor verzweig-ten Leistungen.

Um das Prinzip der Leistungsverzweigung zu erklären, wurde die Richtung der Leis-tungsübertragung in Abb. 2.31 im elektrischen Pfad in die gleiche Richtung gezeichnet wieimmechanischen Pfad. Das ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit. Die Leistungsübertra-gung imelektrischen Pfad kann auch in die umgekehrteRichtung, nämlich entgegengesetztzur Richtung des mechanischen Pfades, erfolgen.

Abbildung 2.32 stellt die wesentlichen Komponenten eines leistungsverzweigten Hy-brids dar. Sie zeigt den Kraftstofftank und den Verbrennungsmotor, der seine Leistung anden Planetenträger eines Planetenradsatzes abgibt. An dem Sonnenrad hängt die elektri-sche Maschine A und am Hohlrad die elektrische Maschine B, die auch mit dem Abtriebzum Rad verbunden ist. Die Leistungselektronik steuert und regelt die beiden elektrischenMaschinen. Die Abbildung zeigt eine Traktionsbatterie, die jedoch in einem leistungsver-zweigten Getriebe für die Einstellung der Übersetzung nicht benötigt wird, sondern zurSpeicherung der Energie.

Page 58: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 43

Elektrische Maschine A

Verbrennungs-motor

Planetenrad-getriebe

Elektrische Maschine B Kraftstofftank

TraktionsbatterieLeistungselektronik

Abb. 2.32 Leistungsverzweigter Hybrid

Gegenüber einem konventionellen Stufengetriebe bietet die Leistungsverzweigungmehr Freiheitsgrade, die Drehzahl und das Drehmoment des Verbrennungsmotors ein-zustellen. Allerdings erfordert diese Antriebsstruktur auch einen hohen Steuerungs- undRegelungsaufwand, denn es muss ein optimales Zusammenspiel der einzelnen Kompo-nenten sichergestellt werden.

Im Folgenden werden die Leistungsverzweigung und die Leistungszusammenführungbeschrieben. Umdie physikalischen Zusammenhänge bei den verschiedenenGetriebevari-anten näher betrachten zu können, werden einheitliche Kenngrößen, basierend auf derVDI-Richtlinie 2153 [Förster96] für alle Getriebe eingeführt. Das Drehmomentenverhält-nis lautet

μ = −Ma

Me, (2.3)

wobeiMa das Drehmoment amGetriebeausgang ist, das ein umgekehrtes Vorzeichen zumDrehmoment Me am Getriebeeingang hat. μ ist ein Maß für die Drehmoment-Wandlung.DieWandlung beschreibt die erforderlicheÄnderung desDrehmoments bis zumErreichender gewünschten Betriebsweise des Fahrzeugs. Das Drehzahlverhältnis ist durch

ν =na

ne=

ωa

ωe(2.4)

gegeben, wobei na die Drehzahl und ωa die Winkelgeschwindigkeit am Getriebeausgangsind sowie ne die Drehzahl und ωe die Winkelgeschwindigkeit am Getriebeeingang. DasLeistungsverhältnis lautet

ηg = −PaPe= μν , (2.5)

wobei Pa die Leistung am Getriebeausgang ist, die ein umgekehrtes Vorzeichen zur Leis-tung am Getriebeeingang Pe hat. Die Getriebeübersetzung ig ist das Drehzahlverhältnisvon Eingang zu Ausgang, das zum Erreichen der gewünschten Getriebewandlung μ ein-

Page 59: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

44 S. Saenger-Zetina et al.

gestellt werden muss. Der Zusammenhang der Getriebeübersetzung ig mit der Getrie-bewandlung μ sowie mit dem Drehzahlverhältnis ν und dem Getriebewirkungsgrad istgegeben durch:

ig =ne

na=

ν=

μηg

. (2.6)

Bei allen weiteren Betrachtungen innerhalb dieses Kapitels wird ein Getriebewirkungsgradηg = 1 angenommen. Damit ergibt sich:

ig = μ . (2.7)

Im mechanischen Pfad eines Hybridantriebs ergibt sich ein Wirkungsgrad von 98%.Dagegen ist der Wirkungsgrad im elektrischen Pfad mit ca. 90% deutlich geringer, da dieLeistung über die elektrischen Maschinen übertragen werden muss. Um den Gesamtwir-kungsgrad des leistungsverzweigten Hybridantriebs hoch zu halten, muss der elektrischeLeistungsanteil möglichst gering gehalten werden.

Um leistungsverzweigte Hybridantriebe bewerten zu können, setzt man den elektri-schen Leistungsanteil PE mit der Leistung PV des Verbrennungsmotors ins Verhältnis. Die-ser Wert wird als Faktor der elektrischen Leistungsverzweigung definiert:

μx =PEPV

. (2.8)

Mit den zwei elektrischen Maschinen können alle Funktionen eines Hybridfahrzeugs(Start-Stopp, elektrisches Fahren, rekuperatives Bremsen, Lastpunktanhebung und Boos-ten) verwirklicht werden. Ein wesentlicher Vorteil eines leistungsverzweigten Hybrids sindzusätzliche Funktionen und daraus resultierende Kraftstoffverbrauchsvorteile, die über dieFunktionen eines Parallelhybrids hinausgehen. Dazu zählen die optimale Verstellung derVerbrennungsmotorlast und -drehzahl, das zugkraftunterbrechungsfreie Schalten sowiedas komfortable Anfahren. Zudem kann der Gesamtwirkungsgrad des leistungsverzweig-ten Antriebsstrangs im Zyklus und bei Fahrten mit konstanter Geschwindigkeit besser seinals bei einem Parallelhybrid.

Nachteile resultieren allerdings aus einer größeren Systemkomplexität und aus einemrelativ hohen Gewicht. Durch die Notwendigkeit eines Getriebes zur Leistungsverzwei-gung und zwei elektrischen Maschinen erhöhen sich die Kosten. Des Weiteren ist eineumfangreiche Software notwendig, um die verschiedenen Komponenten zu koordinieren.

Die Leistungsverzweigung gemäßAbb. 2.31 erfordertmindestens einen Planetenradsatzzur Realisierung. Je nachdem, wo dieser Planetenradsatz in der Leistungsverzweigung ein-gebaut ist, spricht man von einer Eingangs- oder einer Ausgangsleistungsverzweigung: Istder Planetenradsatz mit dem Verbrennungsmotor fest verbunden, so liegt eine Eingangs-leistungsverzweigung (Inputsplit, L1-In) vor; ist er dagegen mit dem Differential der ange-triebenen Achse fest verbunden, so spricht man von einer Ausgangsleistungsverzweigung(Output-Split, L1-Out). Es ist zu beachten, dass die Eingangsleistungsverzweigung auch

Page 60: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 45

Abb. 2.33 Einfaches Plane-tengetriebe [Maier07]

Planetenrad

Hohlrad

Sonnenrad

„ausgangsgekoppelt“ genannt wird; und die Ausgangsleistungsverzweigung „eingangsge-koppelt“. Die Kombination aus einer Eingangs- und einer Ausgangsleistungsverzweigungwird zweifache Leistungsverzweigung genannt.

Planetenradsatz und HebelanalogieDie Leistungsverzweigung kann mit Hilfe eines Planetengetriebes, auch Planetenradsatzgenannt (Abb. 2.33), realisiert werden. Das Planetengetriebe besteht aus vier Komponen-ten: einem Sonnenrad, drei oder vier Planetenrädern, einem Verbindungssteg (Planeten-träger), an dem die Planetenräder befestigt sind, und einem Hohlrad.

Je nach Kopplung des Getriebes mit An- und Abtrieb lassen sich verschiedene Überset-zungen realisieren. Unter Standübersetzung versteht man die Übersetzung des Getriebesbei stillstehendem Verbindungssteg (Planetenradträger). Die Planetenräder drehen sichund bilden mit dem Hohlrad und dem Sonnenrad das Getriebe. Im Hybridantrieb wirddas Planetengetriebe genutzt, um die Leistungsverzweigung in einen mechanischen undeinen elektrischen Zweig vorzunehmen. Planetenradsätze verbinden den Verbrennungs-motor mit den zwei elektrischenMaschinen. Im folgenden Abschnitt werden verschiedeneleistungsverzweigte Getriebe beschrieben und die Grundlagen erarbeitet.

Einfacher PlanetenradsatzIm Folgenden wird in die Hebelanalogie eingeführt, da sie eine einfache Methode zur Be-rechnung vonWinkelgeschwindigkeiten undDrehmomenten der einzelnenKomponenteneines Planetenradsatzes ist. Um die Hebelanalogie zu verstehen, ist es hilfreich, zunächstden Drehzahlplan nach Kutzbach für Planetengetriebe zu betrachten. In Abb. 2.34 sinddie Vektoren der Umfangsgeschwindigkeiten eines einfachen Planetengetriebes dargestellt.Die Angriffspunkte der Vektoren liegen am Sonnenrad (Sun S), Planetenträger (PlanetaryCarrier PC) und Hohlrad (Ring R). Es gilt

rS + rR = rPC . (2.9)

Page 61: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

46 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.34 Drehzahlplan nachKutzbach für einen einfachenPlanetenradsatz

rS

vSrPC

vPC

rR

rP

vR

α

Nachdem je eine Gerade durch die End- und durch die Angriffspunkte der Geschwin-digkeitsvektoren gelegt wurde, kann der Winkel α zwischen diesen Geraden beschriebenwerden:

tan α =υR − υPC

rP, (2.10)

tan α =υPC − υS

rP. (2.11)

Aus der Kombination der beiden Gleichungen erhält man für die Umfangsgeschwin-digkeiten der Komponenten Hohlrad, Planetenträger und Sonnenrad folgenden Zusam-menhang:

υS + υR = υPC . (2.12)

In dieser Gleichung können nun die Umfangsgeschwindigkeiten υ durch die entspre-chenden Winkelgeschwindigkeiten ω und die Radien r der Zahnradteilkreise ersetzt wer-den. Mit υ = ωr ergibt sich:

ωSrS + ωRrR = ωPCrPC . (2.13)

Unter Verwendung von Gleichung (2.9) kann diese Formel weiter umgeformt werden:

ωSrS + ωRrR = ωPC (rS + rR) . (2.14)

Bei Verwendung des Moduls m ergibt sich eine Proportionalität zwischen den Zähne-zahlen z und Radien r. Die Gleichung kann mit m = r/z umgeschrieben werden zu:

ωSzS + ωRzR = ωPC (zS + zR) , (2.15)

wobei zS und zR die Zähnezahlen von Sonnenrad bzw. Hohlrad sind.Wird diese Gleichungdurch zS geteilt, ergibt sich der Satz von Willis, wobei i = −zR/zS die Standübersetzung

Page 62: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 47

Abb. 2.35 Hebeldiagrammzum Planetengetriebe [Mai-er07]. Die Variablen werden imText erklärt

ωR

TR

zS

zR

TPC

TS

α

ωPC

ωS

x

(für ωPC = 0) zwischen Sonnen- und Hohlrad darstellt:

ωS − ωR i − ωPC ( − i) = . (2.16)

Die Umstellung nach der Standübersetzung i0 ergibt:

− i =ωPC − ωS

ωR − ωPC=

zRzS

. (2.17)

Aufgrund der unterschiedlichen Drehrichtung von Sonnenrad und Hohlrad wird dieStandübersetzung i0 beim einfachen Planetenradsatz negativ. Mit dieser grundlegendenGeschwindigkeitsgleichung kann nun ein Hebel entworfen werden, bei dem die Angriffs-punkte der Kräfte durch drei Punkte dargestellt werden. Die Längenverhältnisse des Hebelswerden durch dieZahl der Zähne des Sonnen- unddesHohlrades bestimmt.Die vorliegen-denKräfte undWinkelgeschwindigkeiten amHebel sind dabei analog zu denDrehmomen-ten und Winkelgeschwindigkeiten des entsprechenden Planetenradsatzes. Die positivenDrehmomente und Geschwindigkeiten werden in positive x-Achsen-Richtung eingetra-gen.

Die amHebel anliegenden Kräfte repräsentieren die am Sonnenrad, Planetenträger undHohlrad wirkenden Drehmomente (siehe Abb. 2.33 und 2.35). Die Drehmomente könnenmit Hilfe des Drehmomentengleichgewichts berechnet werden:

TS + TPC + TR = , (2.18)

Page 63: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

48 S. Saenger-Zetina et al.

a b

ωPC

TPC

zS

zR

TR

TS

α

ωR

ωS

x

Abb. 2.36 Zum Planetengetriebe mit zusammengesetzten Planetenradsatz [Maier07]. a Ansicht ei-nes zusammengesetzten Planetenradsatzes,bHebeldiagramm. Die Variablen werden im Text erklärt

wobei TS das Drehmoment am Sonnenrad, TPC das Drehmoment am Planetenträger undTR das Drehmoment am Hohlrad bezeichnet. Weiterhin gilt:

TS

TR=

zSzR

, (2.19)

TS

TPC= −

zSzR + zS

. (2.20)

Zusammengesetzter PlanetenradsatzAn dieser Stelle soll ein zusammengesetzter Planetenradsatz erwähnt und auf dessenHebelanalogie eingegangen werden, da er in zahlreichen Hybridantrieben Verwendunggefunden hat. Der Unterschied des zusammengesetzten Planetenradsatzes zum einfachenzeigt sich in der positiven Standübersetzung i0. Der gleiche Drehsinn von Sonnenrad undHohlrad wird durch ein jeweils zweites kämmendes Planetenrad erreicht, welches im glei-chen Planetenträger befestigt ist. Das erste Planetenrad ist mit dem Sonnenrad, das zweitemit dem Hohlrad verbunden. Für die Standübersetzung i0 ergibt sich somit:

i =ωPC − ωS

ωPC − ωR=

zRzS

. (2.21)

Page 64: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 49

a bHohl-rad 2

Hohl-rad 1

Sonne 1 Sonne 1

Planetenträger 1 und 2

Planeten-träger 1

Planeten-träger 2

Sonne 2 Sonne 2

Hohlrad 1 Hohlrad 2

z zS S1 2=

z zR R1 2=

x

Abb. 2.37 Verbindung zweier einfacher Planetenradsätze. a Schema, bHebeldiagramm

a b

Sonne 1Sonne 1

Planeten-träger 1

Planeten-träger 2

Sonne 2

Sonne 2

Hohlrad 1Hohlrad 1

Hohlrad 2

Hohlrad 2

z zS S1 2= z zS S1 2=

z zR S1 2=

zR2zR1

zR1

zS2

zS2z zR R1 2=

x

Abb. 2.38 Erstellung der horizontalen Verbindung zwischen zwei Hebeln. aUrsprünglichesHebel-diagramm, b Angepasstes Hebeldiagramm

Die Hebelanalogie des zusammengesetzten Planetenradsatzes ist in Abb. 2.36 gezeigt. Ana-log zum einfachen Planetenradsatz werden die Drehmomente berechnet:

TS

TR= −

zSzR

, (2.22)

TR

TPC= −

zRzR − zS

. (2.23)

Page 65: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

50 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.39 Eisenbahnantrieb mit Eingangsleistungsverzweigung [Hitier24]. A Verbrennungsmotor,B, C elektrische Maschine, D Planetengetriebe, F, F′ Antriebswellen

Verbindung verschiedener PlanetenradsätzeDie Hebelanalogie ermöglicht auch eine einfache Untersuchung der Kraftübertragungenund Geschwindigkeiten von verbundenen Planetenradsätzen. Hierbei wird zunächst jederPlanetenradsatz durch einen eigenen Hebel dargestellt. Voraussetzung für die Kombina-tion zweier Planetenradsätze sind zwei Verbindungen zwischen jeweils zwei Punkten derbeiden Hebel. In diesem Beispiel ist das Sonnenrad des ersten Planetengetriebes direkt mitdem Hohlrad des zweiten Getriebes verbunden. Die zweite mechanische Verbindung wirdin diesem Fall durch die Kopplung der beiden Planetenträger realisiert. Die zwei Verbin-dungen können mit Hilfe der Hebelanalogie dargestellt werden (siehe Abb. 2.37).

Um eine Vereinfachung der beiden Hebel vornehmen zu können, müssen die Angriffs-punkte so zueinander angeordnet werden, dass sie horizontaleVerbindungslinien zulassen.Hierfür müssen die Proportionen von einem der beiden Hebel entsprechend angepasstwerden. Um die horizontalen Verbindungen zu erhalten, muss in diesem Fall der zweiteHebel gedreht und seine Länge mit dem Faktor zR1/zS2 skaliert werden (siehe Abb. 2.38).

Nun können die zwei einzelnen Hebel zu einem neuen Hebel zusammengefasst wer-den, mit dessen Hilfe sämtliche Kraftübertragungen und Geschwindigkeitsübersetzungenberechnet werden können.

Im Gegensatz zu den Hebeln von einfachen oder zusammengesetzten Planetenradsät-zen beinhaltet der Hebel für die Kombination zweier Planetenradsätze vier Angriffspunkte.Die Verhältnisse von Drehmomenten undWinkelgeschwindigkeiten lassen sich analog zuden bereits vorgestellten Hebeln berechnen.

Page 66: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 51

Abtrieb

ElektrischeMaschine B(Motor)

Planetenträger

Sonne

Hohlrad

Verbrennungsmotor

ElektrischeMaschine A(Generator)

Steuerungseinheit

Abb. 2.40 Beispiel einer Eingangsleistungsverzweigung [Berman71]

ElektrischeMaschine A

ElektrischeMaschine B

Leistungder elektrischen

Maschine A

Leistungdes Ver-brennungs-motors

Ver-brennungs-motor

Leistungder elektrischen

Maschine B

ElektrischerPfad

Hohl-rad

Sonne

Planetenradsatz

Planetenträger

Abtriebs-leistung

Abtrieb

Abb. 2.41 SchematischeDarstellung einer Eingangsleistungsverzweigung (Input Split, L1-In)

Page 67: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

52 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.42 Hebeldiagrammfür eine Eingangsleistungsver-zweigung (Input Split, L1-In).ωV Winkelgeschwindigkeit desVerbrennungsmotors,ωA Winkelgeschwindigkeit desAbtriebs,ωEA , ωEB Winkelgeschwin-digkeit der elektrischenMaschine A bzw. B,TV Drehmoment des Verbren-nungsmotors,TEA , TEB Drehmoment derelektrischenMaschine Abzw. B,TA Abtriebsleistung.Es gilt hier TA = TEB undωA = ωEB

α

ωV

ωEB A= ω

ωEA

TV

TEB

TEA

TA

zS

zR

x

2.3.3.2 Beispiel von Leistungsverzweigungen

EingangsleistungsverzweigungBei der Eingangsleistungsverzweigung wird die Leistung amGetriebeeingang in einen me-chanischen und einen elektrischen Anteil verzweigt. Diese Konfiguration ist seit fast hun-dert Jahren bekannt und wurde zunächst bei der Eisenbahn eingesetzt. Abbildung 2.39stellt die schematische Anordnung der Komponenten dar.

Die Eingangsleistungsverzweigung wurde in den 1970er Jahren wieder aufgegrif-fen (Abb. 2.40). Hier ist der Verbrennungsmotor an die Sonne eines Planetensystemsangeschlossen. Die elektrische Maschine A arbeitet als Generator und ist mit dem Plane-tenträger verbunden. Am Abtrieb und damit am Hohlrad angeschlossen befindet sich dieelektrische Maschine B, die als Antriebsmaschine funktioniert. Abbildung 2.41 zeigt sche-matisch eine weitere Möglichkeit, eine Eingangsleistungsverzweigung zu realisieren; dabeiist das Hohlradmit demVerbrennungsmotor, das Sonnenradmit der elektrischenMaschi-ne A und sowohl die elektrische Maschine B als auch der Abtrieb mit dem Planetenträgerverbunden. Abbildung 2.42 zeigt das zugehörige Hebeldiagramm.

Ein leistungsverzweigtes Getriebe benötigt an sich keine Batterie. Unter der Annahme,dass von der Batterie weder Leistung aufgenommen noch abgegeben wird und dass keineVerluste auftreten, gilt also:

PEA + PEB = , (2.24)

PV + PA = , (2.25)

wobei PEA, PEB die elektrische Leistung der elektrischen Maschine A bzw. B, PV die Leis-tung des Verbrennungsmotors und PA die Abtriebsleistung bezeichnet (vgl. Abb. 2.41).

Page 68: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

2 Hybride Antriebsstrukturen 53

Planetenradsatz

ElektrischeMaschine A

ElektrischeMaschine B

Ver-brennungs-motor

ElektrischerPfad

HohlradPlaneten-träger

Abtrieb

Sonne

Abb. 2.43 Schematische Darstellung der einfachen Ausgangsleistungsverzweigung (Output Split,L1-Out)

AusgangsleistungsverzweigungDie Ausgangsleistungsverzweigung soll nun an einem Planetenradsatz gemäß Abb. 2.43veranschaulicht werden. Der Unterschied einer Ausgangsleistungsverzweigung zur Ein-gangsleistungsverzweigung besteht darin, dass eine elektrische Maschine nun mit der Ein-gangswelle statt mit der Ausgangswelle verbunden ist. In diesem Fall ist die zweite elektri-

Abb. 2.44 Hebeldiagrammfür eine Ausgangsleistungs-verzweigung (Output Split,L1-Out).ωV Winkelgeschwindigkeit desVerbrennungsmotors,ωA Winkelgeschwindigkeit desAbtriebs,ωEA , ωEB Winkelgeschwindig-keit der elektrischenMaschineA bzw. B,TV Drehmoment des Verbren-nungsmotors,TA Drehmoment des Abtriebs,TEA , TEB Drehmoment derelektrischenMaschine A bzw.B. Es gilt hier TV = TEA undωV = ωEA.

α

ωA

ωEA V= ω

ωEB

TV TEA

TEB

TA

zS

zR

x

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54 S. Saenger-Zetina et al.

Planetenradsatz 1

Planetenradsatz 2

Ver-brennungs-motor

Abtrieb

ElektrischeMaschine A

ElektrischeMaschine B

ElektrischerPfad

Abb. 2.45 Schematische Darstellung der zweifachen Leistungsverzweigung (Compound Split, L2)

scheMaschinemit dem Sonnenrad gekoppelt. Abbildung 2.44 zeigt das zugehörige Hebel-diagramm.

Zweifache LeistungsverzweigungIn einer zweifachen Leistungsverzweigung (L2) existieren zwei mechanische Pfade. Ab-bildung 2.45 stellt die Struktur der zweifachen Leistungsverzweigung schematisch dar.Die Leistungsverzweigung besteht aus den zwei Planetenradsätzen 1 und 2 und den zweielektrischen Maschinen A und B. Die zweifache Leistungsverzweigung, auch „CompoundPower Split“ genannt, ist komplexer als die einfache, da dabei zwei Planetenradsätzeverwendet werden. Sie ist eine Kombination aus der ausgangsgekoppelten und der ein-gangsgekoppelten Leistungsverzweigung. Die zwei Planetenradsätze können wie obenbeschrieben zu einem Hebel zusammengefasst werden, um sämtliche Geschwindigkeitenund Drehmomente zu berechnen (Abb. 2.37 und 2.38).

Kombinierte LeistungsverzweigungViele leistungsverzweigte Hybridantriebe nutzen einen festen Modus der Leistungsver-zweigung, d. h. eine feste Art und Weise, mit der die Leistung auf einem elektrischen undauf einemmechanischen Pfad aufgeteilt wird. Weiterhin besitzen diese Antriebe die Funk-tion eines „elektrischen Getriebes“ (ECVT Electrically Continous Variable Transmissionoder EVT Electrically Variable Transmission), aber keine festen mechanischen Gänge.Aus diesem Grund muss ständig ein gewisser Leistungsanteil durch den elektrischen Pfadfließen, dessen Wirkungsgrad wegen der doppelten Energiewandlung um 20% geringerals der des mechanischen Pfades ist.

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2 Hybride Antriebsstrukturen 55

Ver-brennungs-motor

1 4 7

3

2

6

EMA EMB

5 8

C3

C4

C1

9

C2

10Abtrieb

PS1 PS2 PS3

Abb. 2.46 Anordnung der Komponenten in einem Two-Mode-Hybrid-System. 1 Eingangswelle,2 Hohlrad, 3 Planetenträger, 4 Sonnenrad, 5 Hohlrad, 6 Planetenträger, 7 Sonnenrad, 8 Hohlrad,9 Planetenträger, 10 Ausgangswelle, C1, C3 Bremsen, C2, C4 Kupplungen, EMA, EMB elektrischeMaschinen, PS1, PS2, PS3 Planetenradsätze

Durch eine geschickte Kopplung und Ansteuerung der Komponenten entsteht ein„Two-Mode Hybrid“, welcher, in Abhängigkeit von der jeweiligen Fahrgeschwindigkeitund von der Last, eine Eingangsleistungsverzweigung oder eine zweifache Leistungs-verzweigung für den Antrieb nutzt. Die Anordnung der Komponenten in einem Two-Mode-Hybrid-System zeigt Abb. 2.46. Das Getriebe ist aus zwei elektrischen Maschinen(EMA, EMB) und drei einfachen Planetenradsätzen (PS1, PS2, PS3) zusammengesetzt. DieAuswahl des Modus der Leistungsverzweigung und derWechsel zwischen den verschiede-nen Moden der Leistungsverzweigung wird durch eine kombinierte Ansteuerung zweierBremsen (C1, C3) und zweier Kupplungen (C2, C4) realisiert. Ähnlich der Kupplungen ineinem herkömmlichen Automatikgetriebe handelt es sich hier um hydraulisch betätigte,nasslaufende Lamellenkupplungen.

Der Verbrennungsmotor ist mit der Eingangswelle (1) verbunden, die an das Hohl-rad (2) des Planetenradsatzes PS1 führt. Die elektrische Maschine EMA ist gleichzeitig amSonnenrad (4) des Planetenradsatzes PS1 und am Hohlrad (5) des Planetenradsatzes PS2angeschlossen. Über die Kupplung C4 kann außerdem eine Verbindung zur elektrischenMaschineEMBund zu den Sonnenrädern (7) der Planetenradsätze PS2 undPS3 hergestelltwerden. Die Planetenträger (3 und 6) der Planetenradsätze PS1 und PS2 sind über eineVer-bindungswelle gekoppelt. Durch Ansteuerung der Kupplung C2 kann diese Kopplung umden Planetenträger (9) des Planetenradsatzes PS3 und die Ausgangswelle (10) erweitertwerden.

Die Komponenten C1 und C3 werden in diesem System nicht als Kupplungen, sondernals Bremsen bezeichnet, da sie eine feste Verbindung zum Getriebegehäuse herstellen kön-nen. Bei Betätigung der Bremse C1 wird das Hohlrad (8) des Planetenradsatzes PS3 auf

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56 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.47 Elektrische Leis-tung in Abhängigkeit von derverbrennungsmotorischenLeistung für verschiedene An-triebsstrukturen. 1 EinfacheingangsleistungsverzweigteHybride, 2 zweifach leistungs-verzweigte Hybride [Kähler07]

2

1

0 50 100 150 200 250 300

200

150

100

50

0Ele

ktris

che

Leis

tung

[kW

]

Effektive Verbrennungsmotorleistung [kW ]

Drehzahl null gehalten, während die Ansteuerung von C3 den Stillstand der elektrischenMaschine EMB und der beiden Sonnenräder der Planetenradsätze PS2 und PS3 bewirkt.Mit den Umschaltungen durch Bremsen und Kupplungen können mögliche Schwachstel-len einer gewählten Leistungsverzweigung bei einer vorgegebenenÜbersetzung vermiedenwerden.

Abbildung 2.47 stellt den Zusammenhang zwischen der elektrisch installierten Leistungund der effektiven Verbrennungsmotorleistung für eingangsleistungsverzweigte Hybrideund für zweifach leistungsverzweigte Hybride dar. Bei einer eingangsleistungsverzweig-ten Struktur ist demnach bei gleicher verbrennungsmotorischer Leistung eine deutlichhöhere elektrische Leistung (d. h., größere elektrischeMaschinen) nötig als bei einemkom-binierten leistungsverzweigten Hybrid. Ein eingangsleistungsverzweigter Hybridmuss dengesamten Geschwindigkeitsbereich des Fahrzeugs vomAnfahren bis zur Höchstgeschwin-digkeit abdecken. ImUnterschied dazu kann ein kombinierter leistungsverzweigter Hybrid(z. B. der Two-Mode-Hybrid) durch Umschalten vonKupplungen und Bremsen für niedri-ge Geschwindigkeitsbereiche die einfache Leistungsverzweigung und für hohe Geschwin-digkeitsbereiche die zweifache Leistungsverzweigung verwenden. Weitere umfangreicheInformationen über kombinierte leistungsverzweigte Hybride sind in [Conlon05] zu fin-den.

2.3.3.3 Beispiele von leistungsverzweigten Hybridantrieben

Toyota PriusDer bekannteste leistungsverzweigte Hybrid ist der Toyota Prius mit dem Toyota HybridSystem (THS), auch als Toyota Hybrid Synergy Drive benannt [Toyota4]. Das Konzeptbesteht aus einem Planetenradsatz, mit dessen Sonnenrad und Hohlrad jeweils eine elek-trische Maschine verbunden ist. Der Verbrennungsmotor ist mit dem Planetenträger ver-bunden. Abbildung 2.48 stellt schematisch die einfache Eingangsleistungsverzweigung desToyota Prius dar.

Bei diesem Hybridkonzept ohne Kupplungen und Bremsen müssen Verbrennungsmo-tor, Generator und Elektromotor in einem von der Getriebeübersetzung abhängigen Leis-tungsverhältnis stehen. Dadurch bestimmt die Größe des Verbrennungsmotors die Größe

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2 Hybride Antriebsstrukturen 57

ElektrischeMaschine B

ElektrischeMaschine A

Ketten-trieb

Planeten-radsatz

Eingangs-welle

Ausgangs-welle

Abb. 2.48 Eingangsleistungsverzweigter Hybridantrieb im Toyota Prius [Toyota4]

der elektrischen Maschinen. Der Bauraumbedarf und die Baukosten der elektrischen Ma-schinen lassen dieses System nur für kleinere Fahrzeuge sinnvoll erscheinen. Die begrenzteSkalierbarkeit dieses Systems erfordert für größere Fahrzeugemit größeren Verbrennungs-motoren andere Typen von leistungsverzweigten Getrieben.

Lexus GS 450 hEine Weiterentwicklung ist der Hybridantrieb der Fahrzeuge Lexus GS 450 h und LS600 h. Dieser Hybridantrieb hat eine einfache Eingangsleistungsverzweigung und zu-sätzlich einen zweiten Planetenradsatz mit zwei Bremsen, damit zwei Fahrbereiche mitverschiedenen Übersetzungen möglich werden. Innerhalb dieser Fahrbereiche kann dieÜbersetzung über die Leistungsverzweigung stufenlos variiert werden.

In Abb. 2.49 sieht man den zweiten Planetenradsatz (Ravigneaux-Planetengetriebe)mit den vier möglichen Anbindungsmöglichkeiten. Hohlrad und Sonnenrad sind mit

ElektrischeMaschine A

ElektrischeMaschine B

Eingangs-welle

Ausgangs-welle

Bremse 1 Bremse 2

Planetenradsatz 2mit Ravigneaux-Planetengetriebe

Planeten-radsatz 1

Abb. 2.49 Hybridantrieb der Fahrzeuge Lexus GS 450 h und LS 600 h [Toyota4]

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58 S. Saenger-Zetina et al.

ElektrischeMaschine B

ElektrischeMaschine A

Ausgangs-welle

Eingangs-welle

C2

C1

C1

C3

a

b

C1 C2 C3

Elektroantrieb 1

Betriebszustand

Zu

Zu

Zu

Zu Zu

Zu

Auf Auf

Elektroantrieb 2 Auf Auf

Serieller Hybridantrieb Auf

Leistungsverzweigung Auf

Plane-tenrad-

satz

Abb. 2.50 Hybridantrieb der Fahrzeuge Chevrolet Volt undOpel Ampera [Grebe11]. aAnordnungder Komponenten, b Schaltschema. C1 Bremse, C2, C3 Kupplungen

den Bremsen verbunden. Die Schaltung dieser Bremsen ermöglicht zwei Fahrbereiche.Die Bereichsumschaltung verändert die Übersetzung um den Faktor 2. Der Ravigneaux-Planetenradsatz ermöglicht den Einsatz von kleinen elektrischen Maschinen, die in einemguten Wirkungsgradbereich arbeiten.

Chevrolet Volt und Opel AmperaDer Chevrolet Volt und der Opel Ampera nutzen einen Elektromotor als Hauptantriebsowie in bestimmten Betriebsfällen einen Generator und einen Verbrennungsmotor. GMverwendet zur Charakterisierung dieses Fahrzeug die KurzformE-REV, die für „Extended-Range Electric Vehicle“ steht und für das Antriebskonzept den Begriff Voltec-Antrieb. DerVerbrennungsmotor und die beiden elektrischen Maschinen sind über eine Leistungsver-zweigung verbunden.

Im Gegensatz zum Toyota-Prius-Hybridantrieb, der eine einfache Eingangsleistungs-verzweigung verwendet, kommt hier eine einfache Ausgangsleistungsverzweigung zur An-wendung. Abbildung 2.50 zeigt die Grundstruktur. Um den Anforderungen eines Range-Extender-Hybridfahrzeugs zu genügen, wurden zwei Kupplungen und eine Bremse einge-baut. DasGetriebemit seinenKupplungen und seiner Bremse erlaubt alle Betriebszuständeeines Range-Extender-Hybridfahrzeugs. Wie in derMatrix in Abb. 2.50 gezeigt, gibt es vierBetriebszustände:

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2 Hybride Antriebsstrukturen 59

Betriebszustand 1 (Elektroantrieb 1): Das Anfahren des Fahrzeugs erfolgt durch dieelektrische Maschine B. Dabei wird die Energie der Batterie entnommen. Dies wird durchdie geschlossene Bremse C1 und den geöffneten Kupplungen C2 und C3 erreicht.

Betriebszustand 2 (Elektroantrieb 2): Für höhere Geschwindigkeiten und bei stärkerenBeschleunigungen wird das Fahrzeug von beiden elektrischenMaschinen angetrieben; da-zu sind die Bremse C1 und die Kupplung C3 geöffnet und die Kupplung C2 ist geschlossen.

Betriebszustand 3 (serieller Hybridantrieb): Das Fahrzeug wird mit der elektrischenMaschine B angetrieben und der Verbrennungsmotor liefert über elektrische Maschine Adie dafür notwendige elektrische Energie. Dies wird erreicht, wenn die Bremse C1 und dieKupplung C3 geschlossen sind und die Kupplung C2 geöffnet ist.

Betriebszustand 4 (Leistungsverzweigung): Dieser liegt vor, wenn die Kupplungen C2undC3 geschlossen sind und die Bremse C1 geöffnet ist. Damit ist der Verbrennungsmotor(an der Eingangswelle) mit dem Fahrzeug (an der Ausgangswelle) gekoppelt und lieferteinen Teil der Antriebsleistung unmittelbar an die Räder.

Bosch Dual-E-GetriebeEin weiteres Konzept ist das Dual-E-System der Firma Bosch, bestehend aus zwei elek-trischen Maschinen, die jeweils über einen Planetenradsatz an die Vorgelegewelle einesDreiwellenschaltgetriebes angeschlossen sind (siehe Abb. 2.51). Der Verbrennungsmotorist über ein Stirnradgetriebe mit den Planetenradträgern der beiden Planetenradsätze ver-bunden. Die Leistung des Verbrennungsmotors wird zumTeil direkt über dieWellen (Vor-gelegewellen) H oder L auf die Ausgangswelle übertragen, zum Teil über die elektrischenMaschinen gemäß Abb. 2.31. Durch das Dreiwellengetriebe wird eine Eingangsleistungs-verzweigung mit sechs Fahrbereichen realisiert. Dadurch können die elektrischen Maschi-nen für ein kleineres Leistungsspektrum ausgelegt werden.

Two-Mode-Hybrid von BMW, Chrysler, Daimler, GMDas Two-Mode-Hybridgetriebe wurde im Jahr 2005 gemeinsam von BMW, Chrysler,Daimler und General Motors entwickelt und in verschiedenen Fahrzeugmodellen ver-marktet. Der Hybridantrieb verfügt über zwei Moden der Leistungsverzweigung und vierfeste Übersetzungen. Die Eingangsleistungsverzweigung wird bei Fahrten mit geringerGeschwindigkeit und geringer Last eingesetzt. Für Autobahn- und Landstraßenfahrtenkommt die zweifache Leistungsverzweigung zum Einsatz. Bei Verwendung einer der bei-den Leistungsverzweigungen kann die Übersetzung kontinuierlich variiert werden. DesWeiteren verfügt der Hybridantrieb noch zusätzlich über vier feste Gänge. In diesen fes-ten Gängen wird die Verbrennungsmotorleistung rein mechanisch übertragen, was zuKraftstoffeinsparungen bei konstanter Fahrt mit hohen Geschwindigkeiten führt.

Aufgrund der beiden Moden der Leistungsverzweigung wurde erreicht, dass die beidenelektrischen Maschinen nur wenig Bauraum beanspruchen. Somit kann das Two-Mode-Hybrid-System in unterschiedlichen Fahrzeugkategorien eingesetzt werden. Dies ist einVorteil gegenüber einfachen Hybridsystemen, die erheblich größere Elektromotoren ver-

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60 S. Saenger-Zetina et al.

31 R

64 2

H

L

Ausgangs-welle

Eingangs-welle

B2

B1

EMA

5

EMB

Planeten-radsatz 1

Planeten-radsatz 2

Abb. 2.51 Dual-E-Getriebe (Bosch). B1, B2 Bremsen, EMA, EMB elektrischeMaschinen, H, LWel-len

C1

C2

C3

C4

ElektrischeMaschine A

ElektrischeMaschine B

Eingangs -welle

Ausgangs-welle

b

a

C1 C2 C3 C4

Zu

Zu

Zu

Zu

Zu

Zu

Zu

Zu

Zu

Zu

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Auf

Gang 1

Modus 1 d. L.

Modus 2 d. L.

Betriebszustand

Gang 2

Gang 3

Gang 4

Abb. 2.52 Two-Mode-Hybrid [Truckenbrodt06]. C1, C3 Bremsen, C2, C4 Kupplungen, d. L. derLeistungsverzweigung

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2 Hybride Antriebsstrukturen 61

1 2

3

4

4

5 6

7

Abb. 2.53 Two-Mode-Hybridfahrzeug mit Allradantrieb: 1 Verbrennungsmotor, 2 Two-Mode-Getriebe mit zwei elektrischen Maschinen und drei Planetenradsätzen, 3 Verteilergetriebe, 4 Dif-ferential, 5 Leistungselektronik, 6 Batterie, 7 Tank

wenden und damit nicht in jeder Fahrzeugkategorie anwendbar sind (siehe hierzu auch[Grewe07]).

Die Abb. 2.52 und Abb. 2.53 stellen die Struktur des Two-Mode-Hybridantriebs sche-matisch dar. Wird entweder nur die Bremse C1 oder nur die Kupplung C2 geschlossen(C3 und C4 bleiben geöffnet), so ergeben sich zwei Moden der Leistungsverzweigung. Beigeschlossener Bremse C1 ergibt sich eine Eingangsleistungsverzweigung und bei geschlos-sener Kupplung C2 eine zweifache Leistungsverzweigung. Bei jeweils zwei geschlossenenKupplungen oder Bremsen (C1 und C3, C1 und C4, C2 und C3, C2 und C4) ergeben sichfeste Übersetzungsverhältnisse.

Eine Steuereinheit entscheidet, in welcher Betriebsart das System arbeitet. Der Wech-sel zwischen den Betriebsarten erfolgt synchron. Für den Schaltvorgang wird dabei keineÄnderung der Drehzahl des Verbrennungsmotors vorgenommen, wodurch eine weicheund gleichmäßige Beschleunigung zustande kommt. Die möglichen Schaltkombinationenzeigt Abb. 2.52b. Die vier festen Gänge werden in ihrer Übersetzung so ausgelegt, dass derkomplette Fahrbereich abgedeckt wird. Somit wird bei jeder Fahrzeuggeschwindigkeit dieMöglichkeit geboten, die Leistung des Verbrennungsmotors vollständig auf demmechani-schen Pfad auf die Antriebswelle zu übertragen.

Der elektrische Pfad besitzt aufgrund der doppelten Energieumwandlung einen um20% geringeren Wirkungsgrad als der mechanische Pfad. Die Leistung, die über den elek-trischen Pfad übertragen wird, sollte möglichst gering sein. Durch das häufige Fahren in ei-nem festen Übersetzungsverhältnis werden zusätzliche Verbrauchsreduzierungen erreichtund die typischen Verbrauchsvorteile eines „normalen“ Voll-Hybrids übertroffen.

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62 S. Saenger-Zetina et al.

2.4 Klassifizierung nach Funktionalität

2.4.1 Anforderungen

Hybridantriebe werden nach ihrer Struktur in serielle, parallele und leistungsverzweigteHybride unterteilt. Häufig werden aber auch Begrifflichkeiten verwendet, die sich auf dieinstallierte elektrische Leistung und damit auf die Größe des elektrochemischen Speichers(Batterie) beziehen. Die installierte elektrische Leistung ermöglicht eine unterschiedlichausgeprägte Nutzung der Vorteile eines Hybridantriebs z. B. Start-Stopp-Funktion, Brem-sen oder elektrisches Fahren. Hybridantriebe, die keine Aufladung an einer Steckdoseermöglichen, werden autarke Hybride genannt. Autarke Hybride müssen in den Norm-Fahrzyklen am Ende denselben Batterieladezustand wie zu Beginn haben.

Hybridfahrzeuge, die eine Aufladung an der Steckdose zulassen nennt man Plug-in-Hybride (PHEV). In der Regel ist die Batterie eines Plug-in-Hybrids deutlich größer als dieeines autarken Hybrids. Die Verwendung der Bezeichnung „Range-Extender“ (Range Ex-tender Electrical Vehicle REEV) ist nicht ganz einheitlich. Oft ist damit ein serieller Hybridgemeint, dessen Verbrennungsmotorleistung nicht ausreicht, um dauerhaft die Höchst-geschwindigkeit zu fahren. Manchmal ist damit auch ein Elektrofahrzeug gemeint, daszusätzlich mit einem Verbrennungsmotor und weiteren Komponenten ausgestattet ist, umden Aktionsradius des Fahrzeugs zu erhöhen. Beispiele hierfür sind der GM Volt und derOpel Ampera, in denen ein Verbrennungsmotor und ein ausgangsleistungsverzweigtes Ge-triebe eingebaut sind. Tabelle 2.7 enthält eine Einteilung der Fahrzeugantriebe gemäß SAE(Society of Automobile Engineers).

Der Grad der Hybridisierung wird in Abb. 2.54 dargestellt. Je nachHybridisierungsgradund eingesetzter Betriebsstrategie sind unterschiedliche hybridtypische Funktionen, wiez. B. Start-Stopp, regeneratives Bremsen, Boosten und elektrisches Fahren möglich (sieheAbb. 2.55).

2.4.2 Start-Stopp-Systeme

Ein Start-Stopp-System erfordert einen Starter, der häufige Startvorgänge ermöglicht. Zu-dem sollte er eine größere Leistung haben, damit der Startvorgang bei höherenDrehzahlenin kurzer Zeit ermöglicht wird. Außerdem sollte der Start lärm- und ruckarm erfolgen. DerVorgang sollte für den Fahrer nahezu unbemerkt ablaufen. Eine Start-Stopp-Logik hat einegroße Anzahl von Zustandsgrößen abzufragen und zu entscheiden, ob der Start-Stopp-Vorgang sinnvoll und gefahrlos erfolgen kann.

Durch ein Start-Stopp-System wird der Verbrennungsmotor in den Leerlauf- undStandphasen, z. B. an Ampeln, abgeschaltet. Bei einem Mittelklassefahrzeug im neueneuropäischen Fahrzyklus kann so eine Kraftstoffeinsparung von ca. 5% erzielt werden. Imreinen Stadtverkehr mit längeren Standphasen kann dieser Wert noch übertroffen wer-

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2 Hybride Antriebsstrukturen 63

Tab. 2.7 Einteilung von Fahrzeugantrieben gemäß SAE

SAE-Klasse

Bezeichnung PrimäreEnergiequelle

Beschreibung

A Ottomotor Ottokraftstoffe Standardverbrennungsmotor nach demOttokreisprozess

B Dieselmotor Dieselkraftstoffe Standardverbrennungsmotor nach demDieselkreisprozess

C Start-Stopp-System Ottokraftstoffe, Diesel-kraftstoffe

Starter geeignet für Start-Stopp-Betrieb

D Mikro-Hybrid Ottokraftstoffe, Diesel-kraftstoffe

Bordnetzspannung bis 42V, eine elek-trische Maschine zum Starten und alsGenerator, regeneratives Bremsen, Last-punktverschiebung, Boosten

E Mild-Hybrid Ottokraftstoffe, Diesel-kraftstoffe

Wie Mikro-Hybrid, jedoch Bordnetz-spannung über 100V, elektrischesFahren bei geringer Geschwindigkeit

F Voll-Hybrid Ottokraftstoffe, Diesel-kraftstoffe

Wie Mild-Hybrid, jedoch Bordnetz-spannung von mehreren hundert Volt,elektrisches Fahren bis ca. 50 km/h

G Plug-in-Hybrid Ottokraftstoffe, Diesel-kraftstoffe, Elektrizitätaus dem Netz

Wie Voll-Hybrid, mit Batterielademög-lichkeit am Netz und großer Batterie

H Range-Extendermit Verbrennungs-motor

Elektrizität aus demNetz, Ottokraftstoffe,Dieselkraftstoffe

Zumeist Batteriebetrieb, Verbrennungs-motor und Generator verlängern dieReichweite

I Range-Extendermit Brennstoffzelle

Elektrizität aus demNetz, Wasserstoff

Zumeist Batteriebetrieb, Brennstoffzelleverlängert die Reichweite

J Elektrofahrzeug Elektrizität aus demNetz

Ausschließlich Batteriebetrieb

K Brennstoffzellen-fahrzeug

Wasserstoff Brennstoffzelle und kleine Batterie

den. Bei konstanter Autobahnfahrt sind keine Einsparungen zu erwarten. Die Norm zurBestimmung des Kraftstoffverbrauchs ist in [ECE-R83] zu finden.

2.4.2.1 Die Start-Stopp-FunktionEin Start-Stopp-System schaltet den Motor nicht nur in der Leerlaufphase ab, sondernsoll in bestimmten Fahrsituationen schon wirksam werden z. B. wenn eine definierte Min-destgeschwindigkeit unterschritten wird. Diese Mindestgeschwindigkeit kann, je nach Artdes eingebauten Antriebsstrangs, unterschiedlich sein. So darf der Stopp-Vorgang bei ei-nem Antriebsstrang mit einem Automatikgetriebe erst bei Stillstand des Fahrzeugs ein-geleitet werden. Bei einem Hybridfahrzeug wird der Stopp unterhalb von 15 km/h akti-viert, bei einem konventionellen Fahrzeug mit Schaltgetriebe liegt die Schwelle bei 8 km/h[Mercedes2].

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64 S. Saenger-Zetina et al.

Konv.Fahrzeug mitStart-Stopp-

Funktion

Mild--Hybrid

Voll-Hybrid

Plug-in-Hybrid

Range-Extender

ElektrischesFahrzeug

Konv.Fahrzeug

0

10

20

30

40

0

20

40

60

80

100

120

Spe

iche

rgrö

ße

[kW

h]E

lekt

risch

e Le

istu

ng [k

W]

Abb. 2.54 Elektrische Antriebsleistung und Speichergröße bei einemMittelklassefahrzeug

Start-Stopp-Funktion bei Fahrzeugsstillstand

Start-Stopp-Funktion bei Ge-schwindigkeiten über 6 km/h

Elektrisches Fahren

Boosten

Rekuperatives Bremsen

Start-Stopp-System

Mild-Hybrid Voll-Hybrid Plug-in-Hybrid

Range-Extender

Elektro-fahrzeug

KonventionellesFahrzeug

Abb. 2.55 Hybrid-Funktionen bei einemMittelklassefahrzeug

Sind alle Randbedingungen für einen Stopp erfüllt, wird der Fahrer informiert und derMotor abgeschaltet. Der Motorstart wird eingeleitet, wenn z. B. ein Gang eingelegt (beieinem Schaltgetriebe) oder der Fuß von der Bremse genommen wird (bei einem Auto-matikgetriebe) [Mercedes2]. Die Start-Stopp-Funktion kann jederzeit über einen Schalterdeaktiviert werden.

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2 Hybride Antriebsstrukturen 65

Abb. 2.56 Ritzel-Starter fürStart-Stopp-Systeme

Kurbelwelle

Schwungrad

Bei einem Erststart werden alle beim Start-Stopp-System beteiligten Fahrzeugsubsyste-me, z. B. Klimaanlage, Getriebe und die vomBordnetz abhängendenNebenaggregate abge-fragt. Werden Zustände oder Abläufe erkannt, die einen Start-Stopp-Betrieb nicht sinnvollerscheinen lassen, so wird ein Stopp verhindert, z. B. bei sehr niedrigen Außentempera-turen oder bei zu niedrigen Abgaskatalysatortemperaturen. Nach dem Stopp möchte derFahrer spontan anfahren und seine Fahrt ohne Verzögerung fortsetzen. Um einen sponta-nen Start zu ermöglichen, muss die genaue Stellung der Kurbelwelle bekannt sein. Ebensoist eine hochgenaue Drehzahlerfassung notwendig. Der Wiederstart ist dadurch spontanund geräuscharmmöglich.

Das Start-Stopp-System ist insbesondere bei vorwiegend im Stadtverkehr genutzten,preissensiblen und kleineren Fahrzeugen sinnvoll. Die Kraftstoffverbrauchseinsparung istvomFahrzyklus und von der Fahrweise des Fahrers abhängig. In einem Stadtzyklus kommtes durchschnittlich zu 0,2 bis 0,6 Stopps pro Kilometer, in bestimmten Fällen auch darüber.Alle zum Start notwendigen Komponenten müssen für diese Vielzahl von Starts ausgelegtsein.

2.4.2.2 Starteinrichtungen für Start-Stopp-Systeme

Ritzel-StarterEin Ritzel-Starter und seine Position am Schwungrad des Verbrennungsmotors ist inAbb. 2.56 schematisch dargestellt. Die Positionierung entspricht der der herkömmlichenStarter. Es ist ein moderner Ritzel-Starter, der auf gutes Geräuschverhalten, kurze Startzeitund lange Lebensdauer ausgelegt ist. Zwei parallel wirkende Elektromagnete werden beimStart gleichzeitig betätigt. Dadurch wird über einen Schiebeanker das Ritzel in die Verzah-nung des Schwungrads bewegt und eingekuppelt. In der Endlage entwickelt der Starter einhohes Drehmoment und bringt den Verbrennungsmotor auf eine hohe Startdrehzahl.

Damit bei einem Start-Stopp-System die Startzeiten sehr klein sind und ein gutes Ge-räuschverhalten erreicht wird, kann der Starter schonwährend der Stopp-Phase eingerücktwerden. Zusätzlich kann es vorteilhaft sein, wenn der Starter während der Abstellphase dasTriebwerk des Verbrennungsmotors immer in die gleiche, vorgewählte Position bringt. DerStartvorgang beginnt dabei immer bei gleicher Kurbelwellen- und Kolbenstellung. Damitist die Reproduzierbarkeit des Wiederstarts weitgehend gegeben.

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66 S. Saenger-Zetina et al.

Abb. 2.57 RiemengetriebenerStarter-Generator

Riemen

Spannsystem

Starter-Generator

Riemengetriebener Starter-GeneratorBei bestimmtenHybridsystemen kann es vorteilhaft sein, an Stelle des Ritzel-Starters an derSchwungscheibe einen riemengetriebenen Starter-Generator (RSG) zu verwenden. Abbil-dung 2.57 zeigt das Schema eines riemengetriebenen Starter-Generators samt Spannsysteman einemVerbrennungsmotor. Der Starter wird hier über den Riementrieb mit der Kurbel-welle des Verbrennungsmotors verbunden.

Die elektrischeMaschinewird als Starter und als Generator verwendet. Umdie notwen-digen Startdrehmomente übertragen zu können, ist ein breiterer, leistungsfähigerer Rie-mentrieb und ein zusätzliches Spannsystem notwendig. Der Riementrieb muss bezüglichder Startbedingungen des Verbrennungsmotors angepasst werden.Hubvolumen, Zylinder-zahl, Reibleistung und Kompressionsverhältnis sind zu berücksichtigen. Ein riemengetrie-bener Starter-Generator kann in einem Start-Stopp-System den Verbrennungsmotor voreinemWiederstart vorpositionieren. Riemengetriebene Starter-Generator-Systeme, die auf12-V-Niveau arbeiten, sind in ihrem Drehmoment- und ihrer Leistungsfähigkeit limitiertund nicht für jeden Verbrennungsmotor geeignet.

Kurbelwellen-Starter-GeneratorEinen leistungsfähigen Starter-Generator für ein Start-Stopp-System und für Hybridan-triebe erhält man, wenn man eine elektrische Maschine auf der Kurbelwelle positioniert.

Kurbelwellen-Starter-Generator

Kurbelwellen-Starter-Generator

Abb. 2.58 Kurbelwellen-Starter-Generator

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2 Hybride Antriebsstrukturen 67

Diese Anordnung wird auch als integrierter Starter Generator (ISG) oder als P1-Hybridbezeichnet. Je nach gewählter Spannungslage und Auslegungsleistung des Kurbelwellen-Starter-Generators sind weitere Funktionen möglich. Diese Funktionen können bis zu denFunktionen eines P1-Hybrids mit eingeschränkter Rekuperation, Lastpunktverschiebungund Boosten reichen. Damit erfüllt der Kurbelwellen-Starter-Generator alle Eigenschafteneines Mild-Hybrids.

2.4.3 Hybrid-Funktionen

2.4.3.1 Mikro-HybridMikro-Hybride erfüllen die Funktion eines Start-Stopp-Systems und können begrenztEnergie rekuperieren und auch begrenzt boosten. Eine rein elektrische Fahrt ist mit einemMikro-Hybrid meist nicht möglich.

2.4.3.2 Mild-HybridAls Mild-Hybrid wird ein Hybrid bezeichnet, der eine begrenzte elektrische Antriebsleis-tung besitzt. Die typischen Hybridfunktionen Start-Stopp-Betrieb, rekuperatives Bremsen,Lastpunktverschiebung und Boosten können begrenzt genutzt werden. Die dadurch erziel-ten Kraftstoffeinsparungen sind abhängig von der Leistung der eingesetzten elektrischenMaschine und der Größe der Batterie. Ein Mild-Hybrid ist in der Regel nicht in der Lage,weite Strecken rein elektrisch zurückzulegen.

2.4.3.3 Voll-HybridMit einem Voll-Hybrid können alle Hybridfunktionen erfüllt und eine deutliche Kraft-stoffeinsparung erreicht werden. Die Grundfunktionen eines Voll-Hybrids sind:

1. Start-Stopp-Funktion: Der Motor wird in der Leerlaufphase und unterhalb einer defi-nierten Mindestgeschwindigkeit abgeschaltet, siehe hierzu Abschn. 2.4.2.1.

2. Rekuperatives Bremsen: Hybridfahrzeuge eröffnen durch den generatorischen Betriebder elektrischen Maschine die Möglichkeit, einen Teil der kinetischen Energie des zubremsenden Fahrzeugs in der Batterie zu speichern. Diese Energie kann später für denelektrischen Antrieb des Fahrzeugs genutzt werden. Dieser Vorgang wird auch regene-ratives Bremsen genannt, siehe Abschn. 2.2.1.2.

3. Elektrisches Fahren: Das geräuscharme elektrische Fahren ist ein großer Vorteil desHybridantriebs. Der Vortrieb wird von der elektrischen Maschine übernommen. Imelektrischen Betrieb ist bei Hybriden eine Reichweite von wenigen Kilometern mög-lich. In der Regel wird das elektrische Fahren bei Voll-Hybriden für Geschwindigkeitenbis 50 km/h und Reichweiten von 2 km ausgelegt, siehe Abschn. 2.2.1.1.

4. Segelbetrieb: Das Fahrzeug segelt, wenn der Fahrer weder das Bremspedal noch dasGaspedal betätigt. Beim Segelbetrieb wird der Verbrennungsmotor ausgeschaltet. Dievom Fahrer gewohnte und übliche leichte Verzögerung wird nicht von der Schleppleis-

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68 S. Saenger-Zetina et al.

tung des Verbrennungsmotors, sondern von der elektrischen Maschine übernommen(elektrischer Schubbetrieb). Mit der erzeugten elektrischen Leistung wird die Batteriegeladen.

5. Boosten (Drehmomenterhöhung durch den Elektromotor): Während einer starken Be-schleunigung arbeiten der Verbrennungsmotor und der Elektromotor zusammen, sieheAbschn. 2.2.1.4.

6. Lastpunktverschiebung: Wenn das Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit fährt undder Ladezustand der Batterie gering ist, dann wird der Verbrennungsmotor in einemhöheren Lastpunkt betrieben, als für den Fahrbetrieb notwendig ist. Die zusätzlicheLeistung wird verwendet, um die Batterie aufzuladen (siehe Abschn. 2.2.1.3).

7. Aufladen der Batterie: Die Batterie wird imGeneratorbetrieb der elektrischenMaschinerekuperativ oder durch Lastpunktverschiebung geladen.

8. Schaltungsunterstützung: Die elektrische Maschine kann, wenn erforderlich, einenSchaltvorgang im Getriebe unterstützen. Damit kann man den Schaltvorgang kom-fortabler gestalten, ungewollte Schwingungen im Antriebsstrang verhindern oderZugkraftunterbrechungen vermeiden.

9. Energiemanagement: Ein intelligentes Energiemanagement sichert die Versorgung derelektrischen Nebenaggregate im Start-Stopp-Betrieb.

Die oben beschriebenen Funktionen ermöglichen eine maximale Kraftstoffeinsparungvon 30–35% und einen deutlich verbesserten Fahrkomfort gegenüber einem konventio-nellen Antrieb. Die Voll-Hybride können als serielle, parallele oder leistungsverzweigteHybride ausgeführt werden.

2.4.4 Extern aufladbare Hybride

2.4.4.1 HintergrundDie Reichweite batteriebetriebener Elektrofahrzeuge beträgt, bedingt durch die geringereEnergiedichte der Batterie, etwa 150 km. Für eine längere Fahrstrecke ist ein Elektroautonicht geeignet. Die Ladedauer einer Traktionsbatterie beträgt einige Stunden. Bei einemautarken Hybrid muss der Ladezustand der Batterie zu Beginn und zum Ende eines ge-normten Fahrzyklus gleich groß sein. Damit ist der Streckenanteil, den man im Zyklusrein elektrisch fährt, begrenzt.

2.4.4.2 Varianten

Plug-in-HybridAls Plug-in-Hybrid (PHEV) bezeichnet man einen Voll-Hybrid, der eine große Trakti-onsbatterie besitzt, die extern über einen Stecker (Plug) aufgeladen werden kann. Plug-in-Hybride ermöglichen einen deutlich erhöhten elektrischen Aktionsradius und könnendennoch autark als Voll-Hybrid betrieben werden. Im Prinzip stellen Plug-in-Hybride ei-

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2 Hybride Antriebsstrukturen 69

ne Brückentechnologie zwischen einem Voll-Hybriden und dem rein batteriebetriebenenElektrofahrzeug dar. Dabei können die Vorteile beider Systeme kombiniert werden. EinPlug-in-Hybridfahrzeug ist je nach Auslegung in der Lage, kleine bis mittlere Strecken reinelektrisch zurückzulegen (z. B. typische Pendlerstrecken) und kann unter Einsatz des Ver-brennungsmotors dennoch große Reichweiten erzielen. Die Batterie und die elektrischeMaschine müssen dabei entsprechend der gewünschten Fahrleistungen für die elektrischeFahrt ausgelegt sein. Plug-in-Hybride werden in der Regel mit Batterien ausgerüstet, dieEnergieinhalte zwischen 10 und 20 kWh haben. Ein Plug-in-Hybrid benötigt ebenso wieein Voll-Hybrid elektrisch angetriebene Nebenaggregate, um bei der elektrischen Fahrt alleKomfort- und Sicherheitsfunktionen gewährleisten zu können. Zusätzliche Komponentensind dabei eine Batterie mit einer Ladekapazität von 10 bis 20 kWh, eine Ladeelektronik(AC-DC-Wandler), ein Ladekabel und eine Steuer-, Überwachungs- und Kommunikati-onselektronik für den Ladevorgang.

Range-ExtenderEin Range Extender (Range-Extender Electric Vehicle REEV, Elektrofahrzeug mit Reich-weitenverlängerer) ist ein Elektrofahrzeug, das zusätzlich über einen Verbrennungsmotorund eine elektrische Maschine verfügt, die in der Regel als Generator betrieben wird. Der„On Board“ erzeugte Strom kann bei entladener Batterie das Fahrzeug antreiben und dieBatterie aufladen. Dadurch wird eine deutlich längere Reichweite als bei einem rein batte-riebetriebenen Elektrofahrzeug erreicht.

Realisierte Range-Extender verwenden Hubkolbenmotoren zum Antrieb der elektri-schen Maschine. Konzeptfahrzeuge mit einemWankelmotor wurden von Audi, Fiat, FEVund AVL vorgestellt. Neben den vielen Versuchsträgern gibt es mit dem GM Volt, der na-hezu baugleich mit dem Opel Ampera ist, ein Fahrzeug, das Serienreife erlangt hat undin Kundenhand ist. Die Besonderheiten des Antriebsstrangs wurden in Abschn. 2.3.3.3erläutert. Es kann durchaus sinnvoll sein, in bestimmten Fahrsituationen den Verbren-nungsmotor über ein Getriebe direkt mit der angetriebenen Achse zu verbinden und denmechanischen Leistungspfad zu nutzen.

2.4.4.3 Lademöglichkeiten von BatterienIn aufladbaren Fahrzeugen befindet sich ein Ladegerät („On-Board-Lader“), über das dieTraktionsbatterie je nach Ausführung mit 3 kW bis 40 kW aufgeladen werden kann. DasLadegerät transformiert je nach länderspezifischer Spannung und Anzahl der Phasen dieWechselspannung in Gleichspannung. Daneben sind Stecker undKabel von großer Bedeu-tung, da diese die Verbindung zum Netz herstellen. Zurzeit sind drei Typen von Steckernim Einsatz. Tabelle 2.8 zeigt die drei verschiedenen Ausführungen von Steckern. Der Ste-cker wird gegen unbeabsichtigtes Trennen gesichert und verbindet das Ladegerät mit demWechselstromanschluss amNetz. Der Stecker ist in Deutschland gemäß der Anwendungs-regel VDE-AR-E 2623-2-2 „Stecker, Steckdosen, Fahrzeugsteckvorrichtungen und Fahr-zeugstecker, Ladung von Elektrofahrzeugen − Teil 2.2: Anforderungen an Hauptmaße fürdie Austauschbarkeit von Stiften und Buchsen“ [VDE-AR-E] festgelegt.

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70 S. Saenger-Zetina et al.

-LadesteckerNetzanschluss220 V, 16 A Wechselstrom

SchutzvorrichtungLadegerät

+ –

Traktionsbatterie

Abb. 2.59 Laden amWechselstromnetz

Tab. 2.8 Verschiedene Ausführungen von Steckern und deren Kenndaten nach [IEC62196-1]

Typ 1 Typ 2 Typ 3Phasen Einphasig Ein- oder dreiphasig Ein- oder dreiphasigMaximaler Strom 32A 70A (einphasig)

63A (dreiphasig)32A

Maximale Spannung 250V 500V 500VAnzahl der Pins 5 7 5 oder 7Land USA, Japan Deutschland Frankreich, ItalienNorm VDE-AR-E-2623-2-2Stecker

Es gibt verschiedene Lademoden, um eine Traktionsbatterie extern aufzuladen. Die ver-schiedenen Moden beschreiben verschiedene Stufen der Sicherheit und des Komforts undsind in [IEC61851-1] definiert. Dabei beschreibt Lademodus 1 die einfachste Möglichkeit,um mit einem einfachen Kabel und einem Schuko-Stecker ein Elektrofahrzeug direkt ausdem Wechselstromnetz zu laden. Es erfolgt dabei keine Kommunikation zwischen Fahr-zeug und Infrastruktur. Abbildung 2.59 beschreibt das „langsame Aufladen“ nach demIEC-Standard unter dem Lademodus 2 mit 3 kW Ladeleistung und einer am Kabel ange-brachten Schutzvorrichtung. Die Sicherungsfunktion in der Schutzvorrichtung kann dasLaden jederzeit unterbrechen und somit Netz und Fahrzeug vor einem Kurzschluss schüt-zen. Es erfolgt aber keine Kommunikation mit dem Fahrzeug.

Öffentliche Ladestationen oder eine fest installierte häusliche Ladestation mit eigenerVersorgung ermöglichen höhere Ladeleistungen. Hierfür ist der Lademodus 3 vorgese-hen (Abb. 2.60). Eine Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation ermöglichteine sichere Überwachung des Ladens. Hierdurch kann man gesteuert Laden. GesteuertLaden bedeutet, dass der Ladevorgang sich z. B. nach der Verfügbarkeit von kostengüns-

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2 Hybride Antriebsstrukturen 71

Ladestation400 V, 63 A Wechselstrom

Ladestecker

Abb. 2.60 Laden an der Ladestation

LadesteckerSchnell-Ladestation400 V, 125 A Gleichstrom

Abb. 2.61 Schnell-Ladestation mit Gleichstromanschluss

tigem Strom richtet oder dass andere Verbraucher vorrangig mit Strom versorgt werden.Der Lademodus 4 beschreibt das Laden über einen Gleichstromanschluss (Abb. 2.61).Dadurch werden die Ladezeiten erheblich verkürzt. Es ist jedoch ein geeigneter Steckernotwendig.

Eine weitere Möglichkeit ist der Batterieaustausch (Abb. 2.62). Das Wechselsystem istnoch nicht weit verbreitet und befindet sich derzeit noch in der Konzeptphase. Sehr kom-fortabel ist das induktive Laden (Abb. 2.63). Eine vollständig im Boden versenkte Spule,die Primärspule, bildet die Verbindung zum Netz. Startet der Fahrer den Ladevorgang,so wird die Primärspule mit Strom durchflossen. Es baut sich ein Magnetfluss auf. DerMagnetfluss induziert in der im Fahrzeug eingebauten Sekundärspule einen elektrischenStrom.Mit dem induzierten Stromwird die Batterie aufgeladen. UmÜbertragungsverlustezu vermeiden, ist es notwendig, dass die beiden Spulen zueinander sehr genau positioniertsind. Der Magnetfluss baut sich nur in einem abgegrenzten Raum zwischen den Spulen

Abb. 2.62 Batterie-Austausch-Station

+

+

+

+

+

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Abb. 2.63 Induktives Laden

+

Primärspule

Sekundärspule

Magnetfluss

Traktionsbatterie

auf. Der Vorteil des induktiven Ladens ist, dass keine Kabelverbindung notwendig ist unddie Ladestation nahezu unsichtbar in die Umgebung integriert werden kann.

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3Komponenten des Hybridantriebs

Notker Amann, Matthias Beck, Otmar Bitsche, Pedro Casals,Bernd Cebulski, Christine Ehret, Jochen Faßnacht, Andreas Greff,Franz Gretzmeier, Günter Gutmann, Frank Hentschel, Markusvan Heyden, Markus G. Kliffken, Dieter Kraft, Axel Müller, Roland Norden,Robert Stawiarski, Markus Wagner, Toni Viscido und Harald Weiler

3.1 Auslegung des Verbrennungsmotors

Frank Hentschel, Andreas Greff und Markus Wagner

Der Verbrennungsmotor liefert die gesamte in einem Hybridfahrzeug umgesetzte Ener-gie (außer beim Plug-in-Hybrid), weshalb seine optimale Auslegung bei Hybridkonzep-ten eine wesentliche Rolle spielt. Die Leistung, die der Verbrennungsmotor liefern soll,hängt von dem gewählten Hybridkonzept ab. Parallelhybride als Vollhybridvariante ha-ben meist einen stärkeren Elektromotor und können deshalb mit einem relativ kleinenVerbrennungsmotor kombiniert werden, wohingegen beim Mild- oder Mikrohybrid derAntrieb maßgeblich vom Verbrennungsmotor erfolgt. Bei einem seriellen Hybrid wird dievom Verbrennungsmotor abgegebene Bewegungsenergie in der Regel nicht direkt zumVortrieb verwendet, sondern in elektrische Energie umgewandelt, die gegebenenfalls inder Batterie zwischengespeichert wird und den Elektromotor für den Antrieb versorgt. DieAuslegung des Verbrennungsmotors richtet sich also sehr stark nach demEinsatzzweck desFahrzeugs und nach der Antriebsstruktur.

Allgemein gilt als Auslegungskriterium eines Verbrennungsmotors fürHybridkonzeptedie Optimierung desWirkungsgrades, speziell in der Teillast und in der Volllast. EineOpti-mierung des Wirkungsgrades erzielt man durch Reduzierung der Verluste in der Kette derUmwandlung vonPrimärenergie (z. B. imKraftstoff) in Bewegungsenergie (sieheAbb. 3.1).Diese Optimierung kannmotorseitig durch Verringerung der Kühlung und der Abgastem-

Dr. Notker AmannB, Dr.-Ing. Matthias Beck, Dipl.-Ing. Otmar Bitsche, Dipl.-Ing. Pedro Casals,Bernd Cebulski, Dr. Christine Ehret, Dr.-Ing. Jochen Faßnacht, Andreas Greff, Dipl.-Ing. (FH)Franz Gretzmeier, Dr. Günter Gutmann, Dipl.-Ing. Frank Hentschel, Markus van Heyden, Dr.-Ing.Markus G. Kliffken, Dr. Dieter Kraft, Dr. Axel Müller, Roland Norden, Robert Stawiarski,Markus Wagner, Dipl.-Ing. Toni Viscido, Dr. Harald WeilerWiesbaden, Deutschlande-mail: [email protected]

75K. Reif et al. (Hrsg.), Kraftfahrzeug-Hybridantriebe, ATZ/MTZ-Fachbuch,DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1_3,© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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76 N. Amann et al.

Kühlung Abgas GetriebeDifferentialeÖlpumpeWasserpumpeLenkhilfepumpeGenerator

Wind-wider-stand

Roll-wider-stand

Nebenaggregate,Antriebsstrang

Abb. 3.1 Verluste bei der Umwandlung von Primärenergie (im Kraftstoff) in Bewegungsenergie[IAV05]

peratur erfolgen, wobei dann imWinter eine zusätzliche Heizung für den Innenraumnötigsein kann. Der Motor muss nicht so stark gekühlt werden, wenn er in seinen Bestpunktenbetrieben wird, wo die Energie am effizientesten umgesetzt wird. In diesen Punkten ist inder Regel auch der Kraftstoffverbrauch am geringsten. Um den Verbrennungsmotor mög-lichst lange in seinen Bestpunkten betreiben zu können (durch Lastpunktoptimierung),ist die Zuschaltung einer elektrischen Maschine zur Unterstützung der Lastanforderungennotwendig (siehe Tab. 3.1, Punkt 1).

Die Reduzierung der Abgastemperatur tritt im Hybridbetrieb durch längeres Fahrenmit der elektrischen Maschine auf. Dies reduziert die Temperatur des nachgeschaltetenKatalysators (Otto- und Dieselmotoren) jedoch so weit, dass eine effektive katalytischeReaktion zur Emissionsreduzierung nicht mehr möglich ist. In der Praxis hält man denKatalysator deshalb ständig betriebswarm, wodurch derWirkungsgrad des Verbrennungs-motors reduziert wird (s. Tab. 3.1, Punkt 7).

Ein Verbrennungsmotor für ein Hybridkonzept kann konstruktiv einfacher ausgelegtsein, sofern der bisher übliche Antrieb der Nebenaggregate, über Riemen oder Ketten vonder Kurbelwelle angetrieben, zukünftig von elektrischen Antrieben in den Nebenaggrega-ten übernommen wird. Dies führt außerdem bei Entfall der Riemen oder Ketten zu einemruhigeren Motorlauf und geringerem Verschleiß und Gewicht. Um Gewicht und Reibungweiter zu reduzieren, sind hochwertigere Materialien und deren Bearbeitung erforderlich(zum Beispiel der Einsatz von Kolben aus Aluminiumguss, um die Ausdehnung bei hohenTemperaturen zu vermeiden, oder ionenbeschichtete Kolbenringe und Laufbuchsen zurReibungsreduktion).

Da in einem Hybridkonzept die elektrische Maschine zusätzlich zum Antrieb beiträgt,kann der Verbrennungsmotor kleiner ausgelegt sein. Außerdem erfolgt ein Downsizingder Motoren, welches auch in normalen Pkw-Modellen eingesetzt wird. Downsizing be-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 77

Tab. 3.1 Kriterien zur Auslegung eines Verbrennungsmotors für Hybridfahrzeuge

Nr. Kriterium Allgemeine Maßnahme1 BesterWirkungsgrad Lastpunktoptimierung

Hohes Expansionsverhältnis (siehe Abschn. 3.1.1)Downsizing

2 Geringes Gewicht LeichtbaumaterialienDownsizingEinsparung von mechanisch angetriebenen NebenaggregatenEntfall des Starters

3 Geringe Vibrationen Minimierung von ReibungswiderständenGute Wuchtung aller beweglichen TeileKompensation von unrundemMotorlaufEntfall des Starters

4 Hohe Starteffizienz Hohe Startdrehzahl über elektrische MaschineMinimierung von Reibungswiderständen durch geringe Kom-pression beim StartGute Wuchtung aller beweglichen TeileKompensation von unrundemMotorlauf

5 Geringere Drehzahldynamik Downsizing (evtl. weniger Zylinder)Einfache Abgasnachbehandlung durch den Entfall von Abgas-spitzen aufgrund geringerer Dynamik

6 Geringe Reibung KolbenleichtlaufZylinderabschaltung im Schubbetrieb

7 Abgastemperatur Geringe Katalysator-Abkühlung bei abgestelltemMotorSchnelles Erreichen der Katalysator-Betriebstemperatur nachdem StartVermeidung hoher Abgastemperaturen bei Teillast und beiVolllast

deutet eine Verkleinerung des Hubraumes durch Reduzierung der Zylinderanzahl oderder Zylindervolumen. Die damit geringere Leistung wird meist durch Turbo-Aufladungkompensiert, um die spezifische Leistung zu erhöhen und dadurch das Leistungsniveaudes ursprünglichen Motors zu erreichen. So kann ein 8-Zylindermotor durch einen 6-Zylindermotor ersetzt werden, ein 4-Zylindermotor gegebenenfalls durch einen 3-Zy-lindermotor (der Honda Insight hat beispielsweise einen 3-Zylinder-Motor mit 1,0 l Hub-raum).

Im Teillastbereich und im Leerlauf wird auch die Zylinderabschaltung zur Optimie-rung des Wirkungsgrades genutzt. Dabei werden mehrere Zylinder abgeschaltet (nichtmehr befeuert). Im Extremfall wird nur noch ein Zylinder befeuert. Dadurch arbeiten dieverbleibenden aktiven Zylinder in einem Betriebspunkt mit höherer Last und besseremWirkungsgrad, was den Gesamtverbrauch senkt. Die Wirkung wird durch entsprechendesSchließen der Ein- und Auslassventile an den deaktivierten Zylindern optimiert, um dieLadungswechselverluste zu unterbinden und den Kolben leichtgängiger zu bewegen (z. B.im Schub, siehe Tab. 3.1, Punkt 6).

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78 N. Amann et al.

Neben der Verbrauchsreduzierung kann man die geringere Motorbremswirkung beiabgeschalteten Zylindern zur höheren Energiezufuhr an den Generator im Rekuperations-modus nutzen. Die Leistung, die nicht im Motor durch unnötige Ladungswechselarbeitverbraucht wird, kann somit dem Generator zusätzlich zugeführt werden (ca. 10%). Kom-plexeZylinderabschaltsysteme,wie dasVariableCylinderManagement (VCM) vonHonda,sind aus Komfortgründen mit weiteren Maßnahmen zur Reduzierung der Motorvibratio-nen ausgestattet. Bei dem 3,0-l-V6-Motor des Honda Hybrid Accord kann beispielsweisedas variable Zylindermanagement drei der sechs Zylinder abschalten und kompensiertden dadurch entstehenden unrundenMotorlauf durch gegenphasig geschaltete Motorlager(siehe Tab. 3.1, Punkt 3) sowie eine aktive Gegenschallmaßnahme im Fahrzeuginnenraum(Active Noise Cancellation ANC).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für die Auslegung eines Verbrennungsmotorsim Hybridfahrzeug im Wesentlichen die in Tab. 3.1 gezeigten Kriterien von Bedeutungsind, auf die in den nachfolgenden Abschnitten weiter eingegangen wird.

3.1.1 Ottomotor

Bisher wird fast ausschließlich der Ottomotor in Hybridantrieben verwendet. Dies ist zumeinen darauf zurückzuführen, dass die Länder Japan und USA, in denen der Hybrid sei-nen Markt gefunden hat, fast ausnahmslos Ottomotoren in ihren Fahrzeugen einsetzen.Ein Vorteil des ottomotorischen Antriebes liegt in den geringeren Kosten, da dieselmoto-rische Antriebe vergleichbarer Leistung um ca. 8% teurer sind, u. a. aufgrund der teurenAbgasnachbehandlungsmaßnahmen für einen Dieselmotor.

Der gewünschte guteWirkungsgrad ist bei einemOttomotor bei entsprechender moto-rischer Auslegung von Ladungswechsel (durch die richtigen Steuerzeiten der Ventile) undLadungsbewegung (Tumble, Drall) im volllastnahen Bereich gut erreichbar. Dazu wird oftauch die Drehzahlgrenze angehoben, bei der der Motor seine maximale Leistung abgibt(auf z. B. bis zu 5700min−1 beim Honda Insight). Im gedrosselten Teillastbereich einesSaugmotors sind die erwünschtenWirkungsgrade durch entsprechendhöhereVerdichtungdes Motors erzielbar.

Da sich die höhere Verdichtung in der Volllast negativ auswirkt, wird oft zu Sonderver-fahren wie dem Atkinson-Zyklus gegriffen, um die effektive Verdichtung in der Volllast zureduzieren. Der Atkinson-Zyklus wird z. B. beim Toyota Prius 1 bis 3 angewendet oder beieinigen Mazda-Modellen.

Bei dem 1886 von James Atkinson patentierten Verfahren (siehe [Atkinson87]) wirddas Einlassventil erst nach dem unteren Totpunkt (dem untersten Punkt der Kolbenbe-wegung) geschlossen, wodurch die angesaugte Frischluft zum Teil wieder mit der aufstei-genden Kolbenbewegung in den Ansaugtrakt herausgeschoben wird. Dies ermöglicht dasnahezu drosselfreie Ansaugen der Frischluft bei weit geöffneter Drosselklappe und entspre-chend geringeren Pumpverlusten und höherem Wirkungsgrad. Die benötigte Frischluft-menge wird über die Öffnungsdauer des Einlassventils eingestellt, da die überschüssige

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3 Komponenten des Hybridantriebs 79

Abb. 3.2 p-V-Diagramm fürAtkinson- und Ottozyklus( p Zylinderdruck, V Zylinder-volumen oberhalb des Kolbens,UT unterer Totpunkt)

PumpverlusteAtkinsonzyklus

PumpverlusteOttozyklus

p

V

Verdichtungs-takt

Arbeits-takt

Ottozyklus

Atkinsonzyklus

Kompressionsbeginnimoberhalb UT

Atkinsonzyklus

Kompressions-beginn im

am UTOttozyklus

UntererTotpunkt

Frischluft im Kompressionstakt bis zum Schließen des Einlassventils herausgedrückt wird.Dadurch kann das Expansionsverhältnis (die Volumenänderung des Brennraumes im Zy-linder während des Verbrennungstaktes) variabel und sogar größer eingestellt werden alsdas Verdichtungsverhältnis (Verhältnis von maximalem Zylindervolumen zu minimalenZylindervolumen, siehe Tab. 3.1, Punkt 1 und Abb. 3.2). Würde man bis auf den Um-gebungsdruck expandieren, ergäben sich die höchsten thermodynamischen Vorteile unddamit der beste Wirkungsgrad.

Durch die ebenfalls geringere Verbrennungstemperatur entstehen auch geringereStickoxid-Emissionen. Im höheren Drehzahlbereich erreicht man mit diesem Prinzipeine etwa 10% höhere Leistung. Ein Nachteil ist die schlechte Verbrennung im unterenDrehzahlbereich und das damit verbundene geringe Drehmoment. Die Drehmoment-verluste in diesem Drehzahlbereich kann jedoch die elektrische Maschine kompensieren,weshalb der Atkinson-Zyklus oft bei Hybridfahrzeugen eingesetzt wird.

Eine ähnliche Sondermaßnahme ist der Miller-Zyklus (siehe [Miller47]), der das Ein-lassventil weit vor dem unteren Totpunkt schließt und damit im Prinzip einen ähnlichenEffekt erzielt. Da hierbei der Zylinder insgesamt weniger Luftgemisch ansaugen würde,wird bei dem Miller-Zyklus zusätzlich die Ansaugluft komprimiert, entweder mit einemKompressor oder mit einem Turbolader, um den Leistungsverlust auszugleichen. Die beidem Miller- wie auch dem Atkinson-Zyklus höhere Leistung in der Teil- und Volllast beigleichzeitig geringerenVerbräuchen undEmissionen ist eine ideale Ergänzung zu denCha-rakteristika des Elektromotors.

Ein wichtiges Kriterium ist die Startfähigkeit des Verbrennungsmotors. Untersu-chungen des Ford-Forschungszentrums [Holzkirchen06] gehen im Leben eines Mikro-Hybridfahrzeuges von 13400 bis 225000 Starts aus, bei normaler Nutzung im Stadt- und

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80 N. Amann et al.

Überlandverkehr. Die geringere Startanzahl ergibt sich bei entsprechender Programmie-rung der Startsoftware, den Wiederstart z. B. erst ab 60 °C Motortemperatur zuzulassenund nach mindestens 2 s Motorlauf. Die Anzahl der Starts kann bei reinem Betrieb in Bal-lungszentren allerdings bis auf 850000 ansteigen, was dem hundertfachen einer normalenStarthäufigkeit im 10-jährigen Leben eines Fahrzeuges entspricht.

Der Start erfolgt direkt oder über ein Getriebe durch die elektrischeMaschine, diemeistauf der Antriebswelle desMotors sitzt. Die elektrischeMaschine bringt den Verbrennungs-motor auf eine Startdrehzahl, die eine optimale Zündung des Gemisches ermöglicht, da-mit der hohe Emissionsanteil der Startphasen an der Gesamtemission reduziert wird. ImGegensatz zu den herkömmlichen Startern mit Ritzel ist bei demMotorstart über die leis-tungsfähigere, in den Antriebsstrang integrierte elektrische Maschine eines Hybridfahr-zeugs ein leiserer Start möglich. Toyota gibt dazu für ihre Konzepte eine Verbesserung von4 dB an [Asada08].

Neben der Optimierung des Startverhaltens in Bezug auf Emissionen und Geräusch istder Verbrauch eine wichtige Kenngröße. Um verbrauchsoptimale Startbedingungen erfül-len zu können, ist eine variable Ventilsteuerung erforderlich. Dies läuft zwar dem Grund-satz der Kostenminimierung entgegen, wird aber bei vielen Hybridantrieben dennoch ein-gesetzt, um die genannten Vorteile zu erzielen (z. B. im Toyota Prius und im Lexus). BeiLexus-Hybridfahrzeugen sorgt das VVT-iE-System (Variable Valve Timing-intelligent byElectric Motor) bei Start und Stopp für ein späteres Schließen der Einlassventile, um denZylinderdruck und Vibrationen zu reduzieren. ImHonda Accord kommt zum Beispiel dasVTEC-System zum Einsatz (Variable Valve-Timing and Lift Electronic Control), mit demdie Ventilöffnungszeiten und der Ventilhub beeinflusst werden können.

Besonders in Mild- und Mikro-Hybriden kommen integrierte Starter-Generatoren(ISG) zum Einsatz, die den üblichen Starter durch eine elektrische Maschine auf der An-triebswelle des Motors ersetzen. Damit lässt sich ein sehr schneller und emissionsarmerStart ermöglichen. Besonders förderlich ist dies bei tiefen Temperaturen, um den erstenKompressionstakt des Motors bei entsprechend hoher Reibung der kalten Zylinder undbei hoher Viskosität des Öles zu überwinden.

Für die Verbesserung desWirkungsgrades wurde schon auf Sonderbrennverfahren ein-gegangen (Atkinson- oder Miller-Zyklus). Es besteht aber auch die Möglichkeit, andereBrennverfahren wie die geschichtete Otto-Direkteinspritzung (stratified GDI) oder mage-re Selbstzündung (CAI, Controlled Auto-Ignition) einzusetzen. Beim Schichtbetrieb desOttomotors wird ein fetteres Gemisch (Luftmangel, Luftzahl λ < ) in der Umgebung derZündkerze erzeugt, der restliche Brennraum besteht aus einer mageren Gemischschicht(Luftüberschuss, λ > ). Die Verbrennung des im Mittel mageren Gemisches im Brenn-raum führt zu großen Verbrauchsvorteilen bis zu 20%. Sie lässt sich aber nur in einemkleinen Teillastbereich umsetzen. Auch die magere Selbstzündung ist nur in einem be-grenzten Betriebsbereich möglich, in dem das Gemisch durch die Kompression so starkerwärmt wird, dass es sich selbsttätig ohne Zündfunken entzündet. Außerhalb dieser Be-reiche ist eine stärkere Unterstützung oder ein Ersatz durch eine elektrische Maschine ineinem Hybridkonzept denkbar.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 81

Effe

ktiv

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druc

k [k

Pa]

Drehzahl [min ]–1

Verbrauch [g/kWh]

Drehzahl [min ]–1

100

80

60

1000 2000 3000 4000 5000

40

20

0

Last

wer

t [%

]

a b

Abb. 3.3 a Ideale Linie (rote Linie im linken Bild) minimalen Verbrauchs im Betriebskennfeld vonMotordrehzahl über dem effektiven Mitteldruck als Kenngröße für die Last (die Zahlenwerte gebenden Verbrauch in g/kWh an), b Darauf angepasste Betriebspunktführung. Die Daten beziehen sichauf den Lexus GS 450 h Hybrid (IAV GmbH, 2005)

Andere Konzepte kombinieren die Direkt- und die Saugrohreinspritzung (DI, Di-rect Injection und MPI, Multi Point Injection) zur Erhöhung des Motorwirkungsgra-des. Toyota setzt diese Technologie auch in Hybridantrieben ein und erzielt damit einhöheres Drehmoment bei gleichzeitiger Reduktion des Kraftstoffverbrauches und derEmissionen.

Die Nutzung der Direkteinspritzung in Verbindung mit dem normalen Saugbetrieb beiden Lexus-Hybridfahrzeugen nutzt die jeweils spezifischen Vorteile einer jeden Betriebs-art. Die Direkteinspritzung ist im höheren Drehzahlbereich effizienter und wird auch fürden Startbereich genutzt. Der Saugbetrieb wird vornehmlich im mittleren Drehzahlbandvon 1000 bis 2500min−1 eingesetzt, allerdings imMischbetriebmit derDirekteinspritzung.In Abb. 3.3a ist ein Verbrauchskennfeld eines Motors mit kombinierter Direkt- und Saug-rohreinspritzung dargestellt, wobei die rote Linie den Bereich des minimalen Verbrauchesabbildet. Wird der Verbrennungsmotor so betrieben, dass er entlang dieser Linie geführtwird, wie in Abb. 3.3b für den Lexus GS450 h beispielhaft dargestellt, ergibt sich der besteWirkungsgrad für den gesamten Antrieb.

Im Folgenden soll kurz auf einige Heizstrategien für den Katalysator eingegangen wer-den, die von entscheidender Bedeutung sind, da nur ein heißer Katalysator wirksam dieKonvertierung der Emissionen durchführen kann. Somit wird ein Großteil der Emissionenwährend und kurz nach der Startphase emittiert, bevor der Katalysator seine Betriebstem-peratur erreicht hat.

Ein Beispiel zeigt Tab. 3.2 mit kombinierter Direkt- und Saugrohr-Einspritzung. DieStartphase bis 1 s wird alleine über die Saugrohreinspritzung durchgeführt. Die Phase zwi-schen 1 und 16 s erzeugt in diesem Beispiel durch eine hohe Ventilüberschneidung beigemeinsamer Direkt- und Saugrohreinspritzung einen hohen Restgasanteil im Zylinder.

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82 N. Amann et al.

Tab. 3.2 Katalysator-Heizstrategie mit Ventilüberschneidung und gemeinsamer Direkt- und Saug-rohreinspritzung (IAV GmbH, 2005)

VergangeneZeit in s

Einspritzung Ventilüberschnei-dung

Wert derLuftzahl λ

Drehzahlin min−1

Temperatur Vorkata-lysator in °CVorne Mitte Hinten

0 Saugrohrein-spritzung

Keine Ventilüber-schneidung

1 1700 25 25 25

1 KombinierteSaugrohr- undDirekteinsprit-zung

Große Ventilüber-schneidung

1,05 1300 490 220 130

16 Saugrohrein-spritzung

Keine Ventilüber-schneidung

1 1450 620 345 185

Die Einstellung eines mageren Gemisches ermöglicht die Nachoxidation im Katalysatorund damit eine schnelle Temperaturerhöhung des Vor-Katalysators bis zu seiner Betriebs-temperatur (490 °C).

3.1.2 Dieselmotor

Der Dieselmotor bietet auch in einem Hybridfahrzeug Vorteile, die sich einige Herstel-ler (z. B. PSA, BMW, Daimler) besonders für den europäischen Raum zunutze machenmöchten. Dort wird auf den Straßen auch mit hohem Tempo gefahren, wo ein Hybrid-Ottomotorkonzept bei höheren Geschwindigkeiten und Lasten auf der Autobahn derzeitseine größten Verbrauchsnachteile hat. Aber selbst im unteren Lastbereich verspricht einDieselhybrid noch Vorteile. Einige Systemhersteller sprechen von möglichen zusätzlichenVerbrauchseinsparungen (nachgewiesen an Konzeptfahrzeugen) in der Größenordnungvon 25%. Eine Abschätzung des Gesamtpotentials für Dieselhybride zeigt Abb. 3.4. Es ver-deutlicht die Vorteile im Bereich Verbrauch, Emissionen sowie Drehmoment im unterenDrehzahlbereich. Dem stehen höhere Kosten und ein höheres Gewicht gegenüber.

Die Auslegung von Dieselmotoren für Hybridfahrzeuge richtet sich ebenfalls nach denallgemeinen Kriterien der Tab. 3.1. Downsizing wird auch für Dieselmotoren schon seitJahren praktiziert und spielt für Hybridantriebe eine wichtige Rolle. Wie beim Ottomotorwerden auch hier durch Downsizing die Lastpunkte in Richtung besserer Wirkungsgradeund damit geringerem Verbrauch verschoben. Die Maßnahmen für das Downsizing einesDieselmotors sind ähnlich zu denen eines Ottomotors. Auch beim Dieselmotor wird derHubraum reduziert und oft mit Abgasturboaufladung kombiniert.

Neue Downsizing-Dieselkonzepte arbeiten dabei mit zweistufiger Aufladung, also zweiTurboladern hintereinander oder parallel (meist ein kleinerer und ein größerer Lader). DieStufenaufladung wird aber nur für teure Fahrzeuge interessant sein (z. B. Mercedes VisionGLK Bluetec Hybridstudie von der IAA 2008). Der Dieselhybrid in der Kompaktklasse

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3 Komponenten des Hybridantriebs 83

GeschätzteFahrzeugstückkosten

Kraftstoffverbrauch NEDC

Stickoxidemissionen NEDC

Partikelemissionen NEDCGeschätztes

Fahrzeuggewicht

Drehmoment bei 4000 min(nur Dieselmotor)

–1

Drehmoment bei 2000 min(Diesel- und Elektromotor)

–1

Drehmoment bei 1000 min(Diesel- und Elektromotor)

–1

Abb. 3.4 Vergleich der relevanten Kenngrößen eines Dieselmotors mit 3,0 l Hubraum mit einemDieselmotormit 2,0 l Hubraum (schwarze Linie) in Kombinationmit einemElektromotor mit 49 kWLeistung (blaue Linie) [Blumenröder07]. NEDC neuer europäischer Fahrzyklus

wird sich eher durch einfache Motorenkonzepte mit kleinen, leistungsstarken Elektromo-toren auszeichnen. Dabei macht man sich die reduzierten Anforderungen an die Dynamikeines Verbrennungsmotors in Kombination mit einem Elektromotor zunutze, denn in ei-nem Fahrzeug nur mit einem Verbrennungsmotor entstehen dort die großen Partikel- undAbgasemissionsspitzen, wo der Motor hochdynamisch auf Lastanforderungen reagierenmuss (siehe Abb. 3.5).

Die Messungen in Abb. 3.5 wurden am Motorprüfstandmit einem realen Dieselmotoraufgenommen, der in eine Hybridfahrzeugsimulation eingebunden war. Dargestellt sindneben der Fahrzeuggeschwindigkeit die Soll- und die Ist-Luftmasse sowie die gemessenenStickoxidemissionen und die Trübung des Abgases. Die größten Emissionsanteile entste-hen in den Beschleunigungsphasen, wobei ein erheblicher Anteil durch die Regelgüte derEinspritzmenge sowie der Luftgrößen Ladedruck und Abgasrückführrate beeinflusst wird.Bei hoher Dynamikanforderung an den aufgeladenen Dieselmotor können die gewünsch-ten Sollwerte häufig nurmit verminderter Regelgüte eingeregeltwerden, sichtbar im blauenVerlauf der Luftmasse in der zweiten Messung. Ursache hierfür ist das unterschiedlicheStreckenübertragungsverhalten des Luft- und des Mengenpfades. Diesel-Hybridantriebeermöglichen es, dieDynamik desVerbrennungsmotors zu reduzieren (siehe grünerVerlaufin der dritten Messung) und an die emissionstechnischen Möglichkeiten eines aufgelade-

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84 N. Amann et al.

Dieselmotor ohne Hybrid

Regelabweichung - Dieselmotor ohne Hybrid

Dieselmotor mit Hybrid

Regelabweichung - Dieselmotor mit Hybrid

Ges

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020

20

10

600

500

400

300

200

16

12

8

4

0

0,020

0,015

0,010

0,005

0,000

0

30

2500

1500

2000

1000

500

406080

100120

Abb. 3.5 Emissionsvorteile durch reduzierte Dynamikanforderung an den Dieselmotor [Blumen-röder07] Die Opazität ist die gemessene Trübung (Lichtundurchlässigkeit) des Abgases und einMaßfür die Schadstoffe im Abgas, vor allem die Partikelemission

nen Dieselmotors anzupassen. Dabei bedient der Elektromotor die hohenDynamikanteileund der Dieselmotor liefert die Grundlast mit einer geringeren Dynamik.

Durch die Vermeidung der hochdynamischenPhasen für denDieselmotor ergeben sichdeutlich reduzierte Abgasemissionen, wie an den unteren Teilmessungen zu Stickoxidenund Partikelemissionen (vgl. „Opazität“ in Abb. 3.5) sichtbar ist. Die fehlende Dynamikwird durch den Elektromotor kompensiert, weshalb der Dieselmotor einfacher und kos-tengünstiger konzipiert werden kann. Dies betrifft konkret den Dieselpartikelfilter sowiedas Stickoxidreduktionssystem (NOx-Speicherkatalysator oder SCR-System, Selective Ca-talytic Reduction), deren Auslegung ein wesentlicher Kostenfaktor bei üblichen Dieselmo-toren ist.

Ein wichtiger Punkt ist bei einem Dieselhybridfahrzeug der Start. Hier sind besondereAuslegungen erforderlich, um den Dieselstart schnell und leise zu ermöglichen und dasMotorschütteln beim Abstellen zu vermeiden. Dies kann durch geeignete Wahl der Ventil-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 85

steuerzeiten erreicht werden, idealerweise über ein variables Ventilverstellsystem, welchesaber teuer ist. Das schwierigere Start- und Abstellverhalten eines Dieselmotors ist für vieleHersteller eine Ursache, warum sie keinen Dieselhybrid einführen.

3.1.3 Alternative Antriebe

3.1.3.1 StirlingmotorDer schottische Erfinder R. Stirling betrieb das erste Modell eines Stirlingmotors bereits1818. Der Stirlingmotor arbeitetmit kontinuierlicher äußerer Verbrennung oder anderwei-tiger Wärmezufuhr von außen (siehe Abb. 3.6). Ein Wärmetauscher überträgt die Wärmeauf das Arbeitsgas (z. B. Helium) im Zylinder. Mithilfe eines Verdrängers wird das Arbeits-gas zwischen einem Raum mit konstant hoher Temperatur und einem Raum mit kon-stant niedriger Temperatur hin- und hergeschoben, wodurch der Innendruck periodischschwankt. Die Druckschwankungen werden über einen Arbeitskolben und einen Kurbel-trieb in kinetische Energie umgesetzt. Ein Kühler entzieht dabei dem Stirlingmotor dieabzuführende Wärme. Zur Steigerung des Wirkungsgrades ist zwischen dem heißen unddem kalten Raum ein Regenerator angeordnet.

Der ideale Zyklus des Stirlingprozesses (geschlossener Kreisprozess mit kontinuierli-cher Wärmezufuhr) ist durch zwei Isothermen, also Zustandsänderungen bei konstan-ter Temperatur, und zwei Isochoren, also Zustandsänderungen bei gleichem Volumen be-schreibbar. In Abb. 3.7 ist der theoretische Kreisprozess des Stirlingmotors als p-V- undT-S-Diagramm dargestellt, wobei p den Druck, V das Volumen, T die Temperatur und Sdie Entropie bezeichnen. BeimMotorprozess wird der Zyklus rechtsläufig und bei der Käl-temaschine und der Wärmepumpe linksläufig realisiert.

Die Einzelschritte des idealen Stirling-Kreisprozesses sind:

Von 1 nach 2, isotherme Kompression: Das Arbeitsgas wird verdichtet. Um eine Tempe-raturerhöhung wie bei einer adiabaten Verdichtung zu vermeiden, führt ein Kühler dieWärme an die Umgebung oder an ein aufzuheizendes Medium ab.

Von 2 nach 3, isochore Wärmeaufnahme: In einem Regenerator wird Wärme aufgenom-men.

Von 3 nach 4, isotherme Expansion: Das Arbeitsgas expandiert. Um eine Abkühlung wiebei einer adiabaten Expansion zu vermeiden, wird das Gas im Erhitzer erhitzt, wobei ei-ne Zufuhr von Wärme durch eine äußere, kontinuierliche Verbrennung notwendig ist; indiesem Teilschritt wird die kinetische Energie übertragen.

Von 4 nach 1, isochore Wärmeabfuhr: An den Regenerator wird Wärme abgegeben.

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Abb. 3.6 Stirlingmotor.a Aufbau [Braess07], b Funk-tionsprinzip [Künzel86].1 heißer Raum, 2 Regenerator(am Umfang), 3 Verdrän-gerkolben, 4 Luftbewegung,5 kalter Raum, 6 Arbeitskol-ben, 7 Brenner, 8 Heizröhren,9 Kühler, 10 Taumelscheibe.Die Kolbenstellungen (1), (2),(3) und (4) entsprechen denDiagrammeckpunkten desStirling-Vergleichsprozesses imp-V- und im T-S-Diagramm inAbb. 3.7

9 3 8 710 2a

b

DerWirkungsgrad η des idealen Kreisprozesses entspricht dem Carnot-Wirkungsgrad,d. h.:

η = −Tmin

Tmax, (3.1)

wobei Tmin und Tmax entsprechend Abb. 3.7 definiert sind. Als Arbeitsmedium für dengeschlossenenKreisprozess werden fast ausschließlich Gase verwendet. An das Arbeitsme-dium werden die Anforderungen wie hohe spezifische Wärmekapazität, niedrige Dichte,niedrige Viskosität und hohe Wärmeleitfähigkeit gestellt. Gut geeignet sind Helium undWasserstoff. Der mittlere Prozessdruck, der für eine optimale Leistungsdichte möglichsthoch gewählt werden sollte, beträgt in der Praxis zwischen 2 und 20MPa [Förster72].

In der Praxis ergeben sich folgende Abweichungen vom idealen Stirlingprozess [Kün-zel86]: In Abb. 3.7 sieht man den idealen Zyklus des Stirlingprozesses. Die Verwirklichungdes Stirlingprozesses setzt eine ideale, diskontinuierliche Kolbenbewegung voraus. Diesesist beim Einsatz realer kinematischer Triebwerke nicht möglich. Des Weiteren ist ein Tot-raum durch Wärmeübertrager und Überstromleitungen nicht zu vermeiden. Dabei kann

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3 Komponenten des Hybridantriebs 87

Druck p

Volumen V Entropie S

Temperatur T

Isochore IsochoreIsotherme

Isotherme

Realer Prozess Realer ProzessIdealer Prozess Idealer Prozess

1 12

2

4

4

3

3

V V2 3= V V1 4=

T T1 min=

T T3 max=

a b

Abb. 3.7 Kreisprozess im Stirlingmotor: a p-V-Diagramm, b T-S-Diagramm [Werdich01]

das Wärmeübertragervolumen in keinem Fall zu null werden. Die Wärmezufuhr und dieWärmeabfuhr erfolgt nicht nur wie gewünscht über die Zylinderwände, sondern es trittauch eine schwer vermeidbare, schädliche und direkte Wärmeleitung zwischen heißemund kaltem Raum auf, die nicht zur Erzeugung kinetischer Energie beiträgt. Auch derWärmeübertrager arbeitet nicht ideal, da seine Temperatur räumlich und zeitlich nichtkonstant ist.

Die Anzahl der gebräuchlichsten Bauarten von Stirlingmaschinen als Antriebsmaschi-nen sind vielfältig undwerden in der weiteren Fachliteratur ausführlicher beschrieben (vgl.[Werdich01]). Ein meist mechanisches Triebwerk wandelt die lineare Kolbenbewegungin eine Drehbewegung um. Es werden u. a. Kurbel-, Rhomben- und Taumelscheiben-triebwerke unterschieden, aber auch Triebwerke mit hydrostatischen Verdrängern undKolben sind bekannt [Werdich01]. Die Bauweise als Rotationskolbenmaschinen wirdbei Stirlingmotoren ebenfalls angewendet. Gemeinsames Kennzeichen ist, dass die Be-wegungen von Arbeitskolben und Verdrängern gekoppelt ablaufen. Moderne Motorenarbeiten als doppelt wirkende Motoren mit mehreren Zylindern mit geeigneter Phasen-verschiebung.

Vorteile des Stirlingmotors gegenüber Motoren mit innerer Verbrennung [Gelse94] er-geben sich aufgrund der kontinuierlichen äußeren Verbrennung. Es sind beliebige Wär-mequellen oder Treibstoffe nutzbar. Es können sehr niedrige Emissionen aller limitier-ten Schadstoffe (Partikel, HC, CO, NOx) erreicht werden, insbesondere bei Verwendungvon katalytischen Brennkammern. Stirlingmotoren haben einen hohen Wirkungsgrad imBestpunkt, mit Hubraumregelung können sie auch gute Teillastwirkungsgrade erreichen[Walker80]. Gegenüber Motoren mit innerer Verbrennung haben sie eine für Fahrzeugan-triebe besonders günstige Drehzahl-Drehmoment-Charakteristik, da sie vom Stillstand anDrehmoment erzeugen können und kein Starter erforderlich ist. Vorteilhaft ist auch ihrVibrations- und Geräuschverhalten [Peters96].

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Tab. 3.3 Kennwerte von Stirlingmotoren

Kennwert Zahlenwert EinheitSpezifische Leistung 100–500 W/kgLeistungsdichte 50–500 W/lWirkungsgrad Teillast 30 %Wirkungsgrad Bestpunkt 40 %Kosten 50–1500 €/kWLebensdauer (Betrieb) über 11000 h

Nachteile imVergleich zuVerbrennungsmotorenmit innererVerbrennung sind u. a. einlangsameres Drehmoment-Ansprechverhalten (außer bei Stirlingmotoren mit Hubraum-regelung), da die zur Drehmomenterhöhung erforderliche Zunahme der Wärmezufuhrinfolge vonWärmekapazitäten nicht beliebig schnell erfolgen kann; auch beim einemKalt-start muss erst vorgeheizt werden [Walker80]. Der Bauraumbedarf der Stirlingmotoren istwegen der Wärmetauscher recht groß, die Fertigungskosten sind wegen der aufwendigenBauweise auch bei einer Serienfertigung höher als bei Motoren mit innerer Verbrennung[Peters96]. Tabelle 3.3 gibt einen Überblick über den Bereich der Kennwerte heutiger Stir-lingmotoren. Wegen der vielfältigen Bauarten und Anwendungen können die spezifischenLeistungsgrößen und die Kosten sehr unterschiedlich sein (vgl. [Feulner02, Schleder02,Bosch11]).

3.1.3.2 DampfmotorStirlingmotor und Dampfmotor arbeiten mit äußerer Wärmezufuhr (Verbrennung),während das Arbeitsmedium in einem inneren geschlossenen Kreislauf geführt wird.Gegenüber dem Stirlingmotor, der als Arbeitsmedium verschiedene Gase nutzt, arbeitetder Dampfmotor mit Wasser oder organischen Flüssigkeiten (z. B. Pyridin). In einemKraftfahrzeug ist bei der Wahl des Arbeitsmediums auch dessen Wintertauglichkeit, seineToxizität, seine Gefährlichkeit (z. B. Brennbarkeit) und seine Umweltverträglichkeit zubeachten [VFersen75]. Der Wärmeübergang zum und vom Medium findet hier nicht imMotor selbst statt (wie beimStirlingmotor), sondern in einemDampferzeuger, einemÜber-hitzer und einem Kondensator. Die Wärmeerzeugung erfolgt wie beim Stirlingmotor miteinem Brenner, so dass auch hier geringe Emissionswerte erreicht werden. Ein mit einemDampfmotor ausgerüsteter Pkw ist in der Lage, ohne zusätzliche Abgasnachbehandlungdie höchsten Emissionsanforderungen zu erfüllen.

Fahrzeugantriebe mit Dampfmotoren kommen ohne Kupplung und Getriebe aus, dadiese Motorart wie auch der Stirlingmotor bereits im Stillstand ein hohes Drehmomententwickeln kann. Schon vor über hundert Jahren ist daher dieser zum Fahrzeugantriebwegen seiner Drehmoment-Drehzahl-Charakteristik besonders gut geeignete Motor auchin Pkw eingesetzt worden. Es gibt auch aktuelle Fahrzeugprototypen mit Dampfmotor, je-doch keine Serienanwendungen. Abb. 3.8 zeigt einen Pkw mit Dampfmotor.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 89

Abb. 3.8 Dreizylinder-Dampfmotor imMotorraum eines Pkw [Mayr00]

Abb. 3.9 Schnitt durch einen Dampfmotor einschließlich Brenner und Dampferzeugungsanlage[Mayr00]. 1 Einspritzventil, 2 Brenner A, 3 Speisewasser, 4 Wärmeübertrager für abströmendenDampf, 5 Hubraum, 6 abströmender Dampf, 7 Kurbeltrieb, 8 Abgas, 9 Abgaswärmeübertrager,10 Dampferzeuger, 11 Mischkammer, 12 Überhitzer, 13 Brenner B

Einen Schnitt durch einen modernen Dampfmotor einschließlich Brenner und Damp-ferzeugungsanlage sieht man in Abb. 3.9. Die Übertragung der kinetischen Energie erfolgtin einer Kolbenmaschine mit geschlossenem Prozesszyklus durch Phasenumwandlungendes Arbeitsmediums (z. B. Rankine-Prozess). Prozessbedingt ist der Volllastwirkungsgraddes Dampfmotors im Vergleich zu dem des Dieselmotors mit Direkteinspritzung etwas ge-ringer. Durch den günstigeren Wirkungsgrad im Teillastbereich ergibt sich aber sowohlim normalen Fahrbetrieb, als auch z. B. nach dem Fahrzyklus NEFZ ein äußerst niedrigerKraftstoffverbrauch [Mayr00].

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Die weiteren Vor- und Nachteile entsprechen etwa denen des Stirlingmotors, wobei derDampfmotor das Potential hat, deutlich kompakter gebaut werden zu können. Trotz einigerVorteile haben sich Dampf- und Stirlingmotoren jedoch nie gegen die Verbrennungsmo-toren mit innerer Verbrennung durchsetzen können. Die Gründe hierfür sind in einigenNachteilen bei der Anwendung, wie z. B. der Vorheizzeit bis zur Betriebsbereitschaft nacheinem Kaltstart und dem langsamen Ansprechen beim Beschleunigen zu sehen.

3.1.3.3 GasturbineDie Gasturbine ist eine Verbrennungskraftmaschinemit kontinuierlicher innerer Verbren-nung [Buschm91]. Die für die Oxidation des Brennstoffes benötigte Luft durchläuft dieeinzelnen Zustandsänderungen des offenen Kreisprozesses in voneinander räumlich ge-trennten Bauteilen wie Verdichter, Brennkammer undTurbinen, die durchDiffusoren oderSpiralen miteinander verbunden sind.

In einer Gasturbine wird die kontinuierlich durch einen Filter und einen Schalldämp-fer angesaugte Frischluftmit Atmosphärendruck in einemRadial- oder Axialverdichter aufdenArbeitsdruck komprimiert, anschließend in einemWärmetauscher vorgewärmt und ineine Brennkammer geleitet. In diese wird kontinuierlich gasförmiger oder flüssiger Brenn-stoff eingespritzt und durch eine Initialzündung mit einem Teil des Luftstromes gezündet.Durch Zumischen der restlichen Luft kühlen sich die Verbrennungsgase auf etwa 1300Kam Turbineneintritt ab. Sie geben ihre Energie über ein bis drei Turbinenstufen ab, die aufeiner gemeinsamen Welle oder auf getrennten Wellen angeordnet sein können. Das Gas-gemisch expandiert in der Turbine, die mit einem Teil der Leistung den Verdichter antreibtund den Rest als Nutzleistung an der Welle abgibt.

Die restlichen bei der Verbrennung entstandenen heißen Gase durchströmen denWär-metauscher und liefern so die Energie für die Vorerhitzung der Ansaugluft. Die sehr hoheDrehzahl der Arbeitsturbine wird über eine starkeUntersetzung (Reduziergetriebe) auf dieübliche Getriebeeingangsdrehzahl herabgesetzt [Förster96]. Die Verdichterturbine wirdauch genutzt, um Hilfsaggregate wie Generator oder Hydraulikpumpen anzutreiben. We-gen ihrer hohen Arbeitsdrehzahl haben Gasturbinen, bezogen auf die ihre Leistung, einsehr geringes Gewicht.

Die Bauarten von Gasturbinen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen unterscheiden sichin der Anzahl der Wellen und der Einzelaggregate wie Wärmetauscher, Zwischenkühleroder Zwischenverbrennungseinheit zur Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades[Förster72]. Bei der Einwellen-Gasturbine sind Verdichter und Nutzturbine auf einerWelle angeordnet. Diese einfache Bauweise weist einen für Kraftfahrzeuge ungünstigenDrehmoment-Drehzahlverlauf beim Anfahren auf, da die Verdichterdrehzahl zu jedemZeitpunkt gleich der Drehzahl der Abtriebswelle ist. Unproblematisch ist dieses Drehmo-mentenverhalten jedoch bei einem seriellen Hybrid, bei dem die Gasturbine direkt einenGenerator antreibt [Seiffert89].

Bei der Zweiwellen-Gasturbine (vgl. Abb. 3.10) sind Gaserzeugerwelle (mit Verdich-ter, Verdichterturbine und Hilfsgetriebe) und Abtriebswelle mit Nutzturbine mechanischvoneinander entkoppelt. Der Drehmomentenverlauf der Zweiwellengasturbine ist deutlich

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3 Komponenten des Hybridantriebs 91

Abb. 3.10 Gasturbine für den Pkw-Einsatz (Daimler-Benz Forschung). 1 Wärmetauscher, 2 Tur-bine (Verdichterantrieb), 3 Verdichter, 4 Lufteintritt, 5 Abgasaustritt, 6 Automatisiertes Getriebe,7 Arbeitsturbine (Fahrzeugantrieb), 8 Kraftstoffeinspritzdüse, 9 Brennkammer

günstiger und für den direkten mechanischen Fahrzeugantrieb besser geeignet als der einerEinwellen-Gasturbine. Um den Kraftstoffverbrauch bei Fahrzeuggasturbinen im Teillast-und Leerlaufverbrauch zu verringern sowie das Beschleunigungsverhalten zu verbessern,erfolgt die Lastregelung über die Regelung der Arbeitsgastemperatur oder über verstellbareLeitschaufeln an Turbine und Verdichter.

Bei der Dreiwellen-Gasturbine ist die Kompression zweistufig mit einer Zwischenküh-lung. Zwischen den Turbinenstufen ist eine zweite Verbrennung vorgesehen, wodurch dieVerbrauchscharakteristik mit höherem Bauaufwand und größerer Komplexität weiter ver-bessert werden kann.

Als Brennstoffe für Gasturbinen im Fahrzeug kommen Diesel- oder Otto-Kraftstoffe,aber auch alternative Kohlenwasserstoffe, Erd- und Kohlegase oder sogar Kohlenstaub inFrage. Der Verbrennungsvorgang erfolgt kontinuierlich mit hohem Luftüberschuss undwird durch Beimischen von kalter Luft bei Eintritt in die Brennkammer der Gasturbine sogeführt, dass die Verbrennungstemperaturen mit 1300K niedriger liegen als die Spitzen-temperaturen von Verbrennungsmotoren mit diskontinuierlicher innerer Verbrennung.Das hat zur Folge, dass der Treibstoffverbrauch des kontinuierlichen Prozesses der Ver-brennung in bisher für den Einsatz in Fahrzeugen verfügbaren Gasturbinen zwar höherist als die von herkömmlichen Verbrennungsmotoren, die erreichbaren CO-, HC- undmitEinschränkung auch die NOx-Emissionen aber deutlich darunter liegen. Typische Kenn-werte von Gasturbinen sind in Tab. 3.4 aufgelistet.

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Tab. 3.4 Kennwerte von Gasturbinen

Kennwert Zahlenwert EinheitSpezifische Leistung 300–500 W/kgLeistungsdichte 200–400 W/lWirkungsgrad Teillast 10–15 %Wirkungsgrad Bestpunkt 25–40 %Kosten 15–25 €/kWLebensdauer (Betrieb) 2000–4000 h

Bei einem Gasturbinenantrieb für Pkw (Abb. 3.10) oder Lkw stehen den günstigenEmissionswerten und Vorteilen wie Vielstofffähigkeit, günstige Drehmomentcharakte-ristik, geringe Vibrationen, lange Wartungsintervalle ein deutlich höherer Kraftstoff-verbrauch, die für gute Wirkungsgrade erforderlichen großen Wärmetauscher, für denSerieneinsatz im Fahrzeug noch nicht wirtschaftlich verfügbare Materialien für Bauteileder Brennkammern (hochtemperaturfeste Keramiken wie Si3N4, SiC, Glaskeramiken),eingeschränkte Eignung für kleinere Baugrößen sowie ein schlechteres Ansprechverhal-ten als Nachteile gegenüber. Der Haupteinsatzbereich liegt heute daher überwiegend beigroßen Militärfahrzeugen [Walzer91].

3.1.4 Zusammenfassung

Zum Abschluss bleibt festzustellen, dass der Verbrennungsmotor in einem Hybridantriebin das Gesamtkonzept eingepasst werden muss, um die Vorteile eines kombinierten Sys-tems aus Verbrennungsmotor und Elektroantrieb kosten-, emissions- und verbrauchsop-timal zu gestalten. Dabei kann der Fokus zum Einen auf einem einfachen Verbrennungs-konzept mit geringen Dynamikanforderungen an den Motor liegen (z. B. beim Dieselhy-brid), oder man wählt ein komplexes Verbrennungskonzept mit Doppeleinspritzung undTurboaufladung, um ein optimiertes Konzept durch Elektromotorunterstützung nochwei-ter zu optimieren. Die Konzepte verwenden Motoren, deren Hubraum verkleinert wurde(Downsizing) und benötigen eine mehr oder weniger komplexe Ventilverstellung für dieStart- und Stoppfunktionen.

Neue Konzepte werden die Verbindung zwischen Verbrennungsmotor und Elektromo-tor nochweiter optimieren, zumBeispiel durch den Ausgleich eines unrundenMotorlaufesbei extremen Downsizing-Konzepten von 2-Zylindermotoren mit Hilfe eines schnellenElektromotoreingriffes. Der Verbrennungsmotor wird dabei seine Hauptaufgabe im Be-reitstellen eines hohen Drehmomentes im mittleren bis hohen Drehzahlbereich haben,wohingegen der Elektromotor im unteren Drehzahlbereich seine Stärke hat.

Neben Ottomotoren und Dieselmotoren bieten auch die vorgestellten alternativen An-triebe gewisse Vorteile in Hybridantrieben. Allerdings haben die Hersteller nicht die um-fangreiche Erfahrung aus dem Serienbetrieb, die sie mit konventionellen Motoren haben.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 93

3.2 Elektrische Maschinen

Notker Amann, Axel Müller und Markus van Heyden

3.2.1 Überblick

3.2.1.1 Allgemeines zu elektrischen MaschinenDie Aufgabe der elektrischen Maschine im Hybridfahrzeug ist die Umwandlung von elek-trischer in mechanische Energie und umgekehrt. Ähnlich wie Verbrennungsmotoren, wel-che einen Teil der Energie des Kraftstoffs in mechanische Energie umwandeln, so wandelnelektrische Maschinen einen Teil der ihnen zugeführten elektrischen Energie in mechani-sche Energie um. Im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren kann diese Umwandlung aberbidirektional sein, d. h. mechanische Energie kann auch in elektrische Energie gewandeltwerden. Damit kann z. B. ein Energiespeicher „gefüllt“ werden. Während Verbrennungs-motoren, wie der Name schon sagt, rein motorisch arbeiten, besteht bei elektrischen Ma-schinen dieMöglichkeit, zwischenmotorischemund generatorischemBetrieb zuwechseln.Der motorische Betrieb dient zum Antreiben, der generatorische zum Bremsen. Die Um-wandlung der kinetischen Energie eines Hybridfahrzeugs in elektrische Energie und dieanschließende Speicherung dieser Energie wird „Rekuperation“ genannt.

Elektrische Maschinen stellen das Bindeglied zwischen Mechanik und Elektrik imHybridfahrzeug dar (siehe auch Abb. 3.11). Damit sind für ihre Entwicklung sowohlKenntnisse des Maschinenbaus (eigentlich des Elektromaschinenbaus) als auch der Elek-trotechnik nötig. In Abschn. 3.2 werden die wichtigsten Grundzüge und Prinzipien derDrehstrommaschinen vorgestellt. Dabei wird ausschließlich auf elektrische Maschinenmit Drehstromversorgung eingegangen, da heutzutage nur diese wirklich relevant fürHybridantriebe sind.

Leistungs-elektronik

Ströme

Energiespeicher(Batterie oderKondensator)

Ansteuerung(Feldorientierte

Regelung)

Zwischen-kreis

Steuer-impulse

Drehzahl,Drehwinkel

Mechan.Welle

Soll-Signale

Elektr.Maschine

Abb. 3.11 Schematisches Bild eines elektrischen Antriebs. Signallinien sind gestrichelt, Leistungs-kabel fett gezeichnet

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94 N. Amann et al.

Abb. 3.12 Schematisches Bildeiner Drehstrommaschine alsAußenansicht

Rotor

B-Lagerschild A-Lagerschild

Antriebswelle

Stator

Leistungs-kabel

In Abb. 3.12 ist der prinzipielle Aufbau einer elektrischen Maschine gezeigt. Es ist einInnenläufer gezeichnet, d. h. der drehende Teil, der Rotor oder Läufer, ist vom feststehen-den Teil, dem Stator oder Ständer, umschlossen. Es gibt jedoch auch Außenläufermotoren.Aufgrund der großen Leistungsdichte und der dadurch bedingten räumlich konzentrier-ten Verlustleistung sind die Maschinen bei Hybridantrieben oft wassergekühlt ausgeführt.Die Kühlanschlüsse der elektrischen Maschine und der entsprechende Wasserkühlmantelsind der Einfachheit halber in der Abbildung weggelassen. Das an der Antriebswelle ge-leistete Drehmoment muss natürlich am Gehäuse der Maschine abgestützt werden, d. h.entsprechende Befestigungen am Ständer sind vorzusehen.

Außerdem ist noch zu erwähnen, dass elektrische Maschinen in Hybridfahrzeugen oftintegriert oder teilintegriert sind, so dass einzelne Funktionen von anderen Komponentendes Hybridfahrzeugs übernommen werden. Beispielsweise besitzen die elektrischen Ma-schinen in Hybridantrieben oft keine eigene Lagerung. Oftmals werden speziell bei in denAntriebsstrang integrierten Lösungen auch andereBaugruppen in die elektrischeMaschine„hineingeschachtelt“, z. B. Kupplungen oder Getriebebaugruppen. Speziell bei Außenläu-fern sind die Anbindung an trockene Kupplungen, Schwungscheiben oder Elemente desZweimassenschwungrades kompakt möglich.

3.2.1.2 Prinzipien der physikalischen WirkungsweiseElektrischeMaschinen dienen der Umwandlung von Energie. Dies geschieht grundsätzlichüber das Bindeglied der magnetischen Energie. Trotz aller Vielfalt in Konstruktions- undWirkungs-Details, nach denen elektrische Maschinen ausgeführt sein können, lässt sichihre Wirkungsweise stets durch Anwendung von vier elementaren physikalischen Grund-gesetzen verstehen und beschreiben: das Durchflutungsgesetz, das Induktionsgesetz, dasKraftwirkungsgesetz und der Energieerhaltungssatz.

Die wesentliche physikalische Größe zur Beschreibung des magnetischen Feldes ist dieInduktion B, die auch magnetische Induktion oder magnetische Flussdichte genannt wird.Die vollständige Beschreibung der Magnetfelder in einer elektrischen Maschine erfordertdie Mittel der Vektoranalysis, weshalb B dann häufig als gerichtete Vektorgröße B angege-ben wird.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 95

Die Flussdichte B und der Fluss Φ stehen in folgenden Zusammenhang: Das Flächen-integral der Flussdichte B beschreibt den magnetischen Fluss

Φ =∫

A

Bd A . (3.2)

Im Spezialfall einer konstanten Flussdichte B und einer dazu senkrechten Fläche A, wiees in elektrischen Maschinen typischerweise gegeben ist, vereinfacht sich die Gleichung zuΦ = B A.

Die Induktion B an irgendeiner Stelle innerhalb des magnetischen Kreises ist mit dermagnetischen Feldstärke H verknüpft. Zwischen beiden Vektorgrößen gilt in isotropenMedien der Zusammenhang, dass sie zueinander proportional sind, mit der Permeabili-tät μ = μμr als Proportionalitätskonstante, wobei μ0 die magnetische Feldkonstante undμr die relative Permeabilität bezeichnet. Es gilt also

B = μH = μμrH . (3.3)

Durch den Einsatz von ferromagnetischen Materialien mit μr ≫ wird der magnetischeFluss gebündelt.

Nach dem Durchflutungsgesetz (1. Maxwell-Gleichung) erzeugen bewegte elektrischeLadungen ein magnetisches Feld. Die magnetische Feldstärke H besitzt also einen quan-titativen Zusammenhang mit dem erregenden Strom i, der in elektrischen Maschinen inLeitern und Spulen geführt wird. Dieser Zusammenhang lässt sich so beschreiben, dass ineinem magnetischen Feld das Linienintegral über die magnetische Feldstärke entlang ei-ner in sich geschlossenen Linie S stets gleich der vorzeichenbehafteten Summe i1 + . . .+ inder elektrischen Ströme ist, die durch die von dieser Linie gebildeten Fläche hindurch tre-ten. Dieses Grundprinzip ist als Durchflutungsgesetz bekannt und lässt sich wie folgt alsVektorgleichung in der Integralform angeben:

S

Hds = i1 + . . . + in = Θ . (3.4)

Die Größe Θ wird als Durchflutung bezeichnet. Bei einer Wicklung mit Windungszahl wist Θ = wi, siehe Abb. 3.13.

Nach dem Induktionsgesetz bewirkt eine Änderung des magnetischen Flusses das Auf-treten einer elektrischen Spannung an einer Leiterschleife, die an einer Stelle geöffnet undsonst geschlossen ist, und zwar:

a) wenn ein Beobachter an einem von ihm aus gesehen ruhenden Punkt innerhalb derLeiterschleife eine zeitliche Änderung der magnetischen Induktion B feststellt (trans-formatorische Induktion), oder

b) wenn ein Element der materiellen Leiterschleife sich an einer Stelle zeitlich konstanterInduktion relativ zum Beobachter mit einer Geschwindigkeit bewegt (translatorischeInduktion).

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96 N. Amann et al.

Abb. 3.13 Wicklung alsBeispiel für das Durchflutungs-gesetz. Die Windungen tretenan den mit Punkten und Kreu-zen markierten Stellen durchdie Zeichenebene hindurch

Spule mitWindungen

w

Spulenachse

= wiU

Abb. 3.14 Induktionsgesetzfür den Fall einer Spule mit wWindungen

Ui

( )tF

Beide Fälle können selbstverständlich auch gleichzeitig auftreten. Die zunächst etwasumständlich erscheinenden Formulierungen in der Beschreibung oben wurden bewusstso gewählt, weil eine physikalisch korrekte Beschreibung der Induktionswirkung auch ma-thematisch sehr aufwendig ist und die nachstehend angegebene Beziehung (3.5) keinesfallsvollständig alle denkbaren Fälle korrekt abzudecken vermag.

Es gilt nach dem Induktionsgesetz (2. Maxwell-Gleichung), dass die Spannung mit derAbleitung des Flusses verknüpft ist. ImFolgenden ist das Induktionsgesetz für den Fall einerSpule mit Windungszahl w angegeben, die von einem magnetischen Feld umschlossen ist(siehe Abb. 3.14):

Ui = wdΦdt

. (3.5)

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3 Komponenten des Hybridantriebs 97

Von der transformatorischen Induktion spricht man bei ruhenden Spulen, wenn sichnur der Fluss zeitlich ändert. Von der Bewegungsinduktion spricht man bei einer sich be-wegenden Spulemit ruhender Feldverteilung oder einer sich bewegenden Feldverteilung ineiner ruhenden Spule. In Drehfeldmaschinen ist der Fall wichtig, dass die räumliche Feld-verteilung als Induktionskurve mit gleichen, abwechselnd positiven und negativen Halb-wellen vorliegt.

Ein stromdurchflossener elektrischer Leiter erfährt unter Einwirkung eines magneti-schen Feldes eine Kraftwirkung, die senkrecht zu der durch die Stromrichtung einerseitsund die Richtung der magnetischen Induktion andererseits gebildeten Ebene steht (so ge-nannte Lorentzkraft). Eine magnetische Kraftwirkung tritt ferner an der Oberfläche einesKörpers auf, von dem ein Magnetfeld ausgeht. Diese Flächenkraft lässt sich als „Längszug“innerhalb eines magnetischen Feldes auffassen, dessen Stärke proportional zumEnergiein-halt dieses Feldes ist.

Mit diesen Ansätzen erschließt sich auch unter Anwendung des Energieerhaltungssat-zes, wie die Umwandlung der elektrischen in mechanische Energie nachvollziehbar be-schrieben werden kann. In anderenWorten, die abgegebene mechanische Energie und dieabgegebene Wärme müssen zusammen gleich der zugeführten elektrischen Energie sein.Die ganz konkrete Übertragung dieser Grundprinzipien auf die Berechnung der elektri-schenMaschine kann im Rahmen dieser Einführung nicht weiter angegeben werden. Hierkann nur auf entsprechende Grundlagenliteratur, z. B. [Kleinrath75], [Fischer83], [Mül-ler89] oder [Müller90], verwiesen werden.

Auch wenn die Wirkungsweise von Drehfeldmaschinen nicht detailliert und mathe-matisch ausformuliert wiedergegeben werden kann, so soll doch die prinzipielle Wirkwei-se erklärt werden. Bei Stromfluss in den Wicklungen entsteht ein magnetisches Feld, dasdurch den ferromagnetischen Körper des Ständers geführt wird. Unter Einwirkung desmagnetischen Feldes entstehen sogenannte Grenzflächenkräfte, d. h. Kräfte an den Trenn-flächen zwischen Gebieten verschiedener Permeabilität, im Luftspalt, die letztlich auf derLorentzkraft basieren. Das einwirkende Magnetfeld wird im Läufer der elektrischen Ma-schine durch eine Spule oder Permanentmagnete erregt. Bei einer Verdrehung des Läuferswird mechanische Energie übertragen. Dieser Austausch mechanischer Energie über dieWelle muss nach dem Energieerhaltungssatz mit einer Übertragung elektrischer Energieüber die Klemmen der Maschine verbunden sein.

3.2.1.3 Grundzüge der Drehfeldtheorie

Entstehung eines Drehfelds, FelderregerkurveDrehstrommaschinen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Flussdichte im Luftspalt derMaschine als Feldwelle ausgeprägt ist, die sich kontinuierlich fortbewegt. Dies wird alsDrehfeld bezeichnet. Die Flussdichte ist also abhängig von x, der Weg-Koordinate entlangdes Luftspalts in Umfangsrichtung und wird als B(x) bezeichnet. Die einfachste Möglich-keit, im Luftspalt derMaschine ein Drehfeld aufzubauen, besteht darin, dass ein Läufer, der2p gleichstromerregte oder permanenterregte Pole besitzt, mit einer bestimmten Drehzahl

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98 N. Amann et al.

x

Nut mit einge-betteter Spule

x

v x( )

2

2

I

I

w

w

0

a b

Abb. 3.15 a Prinzipbild einerDrehfeldmaschinemitmagnetischenFeldlinien, bResultierendeFeld-erregerkurve v(x)

bewegt wird (p ist die Polpaarzahl). Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine Dreh-stromwicklung im Ständer anzuordnen. Die Grundzüge der Drehfelderzeugung werdenin diesem Abschnitt kurz erläutert.

Bei Drehfeldmaschinen stellt sich im Luftspalt ein einziges, resultierendes Hauptfeldein, das sich unter der Wirkung der überlagernden Durchflutung aus Ständer und Läu-fer ergibt. In Abb. 3.15a ist der Querschnitt durch eine elektrische Maschine mit einemPaar von Nuten und einer Spule, die in diesen beiden Nuten eingebettet ist, dargestellt.Bei Speisung der Spule mit einem Strom wird sich ein magnetisches Feld in der durch die(gestrichelten) Feldlinien skizzierten Form einstellen. Die Betrachtung soll idealisiert mitrein radialem Feldlinienverlauf im Luftspalt δ und unendlich hoher Permeabilität des Ei-sens erfolgen. Dann ergibt sich für diemagnetische SpannungV durch die Anwendung desDurchflutungsgesetzes (3.4) bei Verfolgung des Integrationsweges entlang einer beliebigenFeldlinie:

∮Hdl = Θ ,

HL δ = w I , (3.6)

HL δ = V =w I

.

Mit der idealisierten Annahme, dass die Nutöffnungen infinitesimal schmal sind, verteiltsich diese magnetische Spannung entlang des Luftspaltes (die auch als Felderregerkurvev(x) bezeichnet wird), wie in der Abwicklung in Abb. 3.15b gezeigt.

Die Polzahl der ausgeführten Wicklung drückt sich in der Anzahl von Zonen entlangdes Umfangs der Maschine aus, die jeweils wechselndes Vorzeichen der magnetischen In-duktion aufweisen. Eine solche Zone nennt man eine Polteilung τp (siehe auch Abb. 3.16).

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3 Komponenten des Hybridantriebs 99

τp

τp

x

x

v x( )

0

a b

Abb. 3.16 a Prinzipbild einer Maschine mit vier Polpaaren zur Verdeutlichung der Polteilung τp,b Resultierende Felderregerkurve

x

0

x

v x( )

a b

Abb. 3.17 aWicklungsverteilung in Spulengruppe, b Entsprechende Felderregerkurve v(x)

Der reale Wicklungsaufbau einer verteilten Drehstromwicklung sieht mehrere Spulenvor, die zu einer Spulengruppe zusammengefasst werden können (siehe Abb. 3.17). Zieldieser Wicklungsverteilung ist die Annäherung der Felderregerkurve an eine Sinusform.Diese Annäherung erkennt man in der Felderregerkurve durch entsprechende treppenför-mige Verläufe. Die Anordnungmehrerer gleich durchfluteter Spulenseiten nebeneinander,beispielsweise durch Spulen gleicher Weite, bezeichnet man hierbei als Zonung, die Ver-wendung von Spulen, derenWeite geringer ist als eine Polteilung, als Sehnung. Stark verein-facht ausgedrückt ist bei der Fourier-Analyse der Felderregerkurve der Wicklungsfaktorξn(mit dem Index n zur Angabe der Ordnung) aufgrund von Zonung und Sehnung ein Maßfür diese Annäherung an die Sinusform.

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100 N. Amann et al.

Als Ergebnis der Fourier-Analyse lässt sich die Amplitude Vs ,n n-ter Ordnung der Feld-erregerkurve eines Stranges (Index s steht für Strang) angeben zu:

Vs ,n =nπ

V ξn , (3.7)

wobei V der Wert der magnetischen Spannung aufgrund des eingespeisten Stromes nachGleichung (3.6) ist. Der Faktor /π ist der Formfaktor eines Rechtecks in der Fourier-Analyse. Für eine Spulenverteilung, die sich nach je zwei Polteilungen gleichmäßig wieder-holt, kann man die räumliche Verteilung der Felderregerkurve in allgemeiner Form durchden folgenden Ansatz beschreiben [Kleinrath75]:

vs(x) =∞

n=Vs ,n cos(nx

πτp) . (3.8)

Der Index s steht wieder für einen Strang. Ein Strang ergibt sich durch das hinterein-ander Schalten mehrerer Spulengruppen. Im Folgenden sei die gesamte Windungszahl desStranges gleichw und die Polpaarzahl sei p. Bis jetztwurde ausschließlich die geometrischeForm der Felderregerkurve für einen zeitlich konstanten Strom I (Gleichstrom) betrachtet.Jetzt sei der Strom in der Spule ein Wechselstrom i(t)mit der Frequenz f gegeben durch:

i(t) =√

I cos(ωt) , (3.9)

wobei I den Effektivwert des Stromes bezeichnet und ω = π f gilt. Die Felderregerkur-ve wird dann ihre geometrische Form zwar nicht verändern, sie wird aber insgesamt imTakt des speisenden Stromes pulsieren. Im Zeitpunkt, wenn der Strom seinen Scheitelwerteinnimmt, wird die magnetische SpannungV ebenfalls ihren Höchstwert aufweisen (siehe[Kleinrath75]):

V =w

p√

I . (3.10)

Die zeitliche Pulsation der gesamten Felderregerkurve kommt durch folgende Gleichungzum Ausdruck:

vs = vs(x , t) = cos (ωt)∞

n=Vs ,n cos(nx

πτp) . (3.11)

Durch Ausmultiplizieren der beiden Cosinus-Terme wird daraus:

vs(x , t) =

n=Vs ,n [cos(nx

πτp− ωt) + cos(nx

πτp+ ωt)] . (3.12)

Wie aus dieser Schreibweise ersichtlich wird, kann jede Teilwelle n-ter Ordnung der ste-henden, pulsierenden Felderregerkurve auch als Überlagerung von zwei gleich großen,gegensinnig rotierendenDrehwellenmit zeitlich konstanterAmplitude aufgefasstwerden –einer vorlaufenden und einer gegenlaufenden Teilwelle.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 101

Durch trigonometrische Betrachtungen lässt sich ableiten, dass sich durch die versetz-te Anordnung von drei Strängen um je 120° räumlich und durch Speisung dieser Strängemit Wechselströmen mit einer Phasenverschiebung um je 120° zeitlich eine resultierendeGrundwelle (d. h. n = ) der drehenden Felderregerkurve mit konstanter Amplitude ein-stellt:

V =

π

w

pξ I ,

v = V cos(xπτp− ωt) . (3.13)

Der Index 1 deutet einerseits die Überlagerung aller drei Stränge an und andererseitsdie Betrachtung der Grundwelle. In Gleichung (3.13) wird sichtbar, dass eine sich konti-nuierlich bewegende Feldwelle mit konstanter Amplitude vorliegt. DasWesen einer Dreh-welle, nämlich die Abhängigkeit vom Ort x und von der Zeit t, wird im Cosinus-Termdeutlich.

Aus der komplexen Darstellung laut der Beziehung

v = V cos(xπτp− ωt) = V Re [e

j(x πτp−ωt)] (3.14)

ergibt sich die Darstellung als Raumzeiger. Üblich ist die Darstellung in der komplexenEbene mit der reellen Achse in Richtung einer der Stränge und das Eintragen des Zeigersin der komplexen Ebene als Raumzeiger-Diagramm. Man spricht von der Raumzeiger-Darstellung dreiphasiger Systeme. Mit diesen Raumzeiger-Diagrammen lässt sich der elek-trische Zustand der Maschine übersichtlich und bildhaft darstellen. Insbesondere erlaubtdie Darstellung als Raumzeiger anschaulich die Vektor-Addition von elektrischen Größenim Drehfeld, beispielsweise die drei Größen der einzelnen Stränge, und damit die einfacheErmittlung der resultierenden Drehfelder.

Spannungsinduzierung in einer verteilten WicklungAuf Basis des vorigen Abschnittes wird nun gezeigt, welche Spannung in einer symme-trischen Drehstromwicklung induziert wird, wenn ein Drehfeld mit in Umfangsrichtungsinusförmig verteilter Radialkomponente der Luftspaltinduktion kreist. Dies ist unter an-derem wichtig für die Modellierung der Asynchronmaschine. Zunächst sei außer Achtgelassen, wie dieses magnetische Drehfeld entstanden sein soll.

Unter einer auf mehrere Nuten verteilten Spulengruppe, die aus Durchmesserspulenmit einer Spulenweite τp bestehen, läuft eine Induktionsverteilung mit einer Geschwindig-keit von 2 f τp in Umfangsrichtung über diese Wicklung hinweg. Der mit einer einzelnenSpule (welche die Windungszahl wsp besäße) verkettete Fluss Φ schwankt dann im Taktder Frequenz f (entsprechend der Winkelgeschwindigkeit ω = π f ) und induziert pro

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102 N. Amann et al.

Einzelspule eine Spannung mit dem Effektivwert

Ui =√

Ui =

ωwspΦ =

π f wspΦ . (3.15)

Für den Sonderfall einer rein sinusförmigen Induktionsverteilung mit Amplitude B1 ergibtsich für den Fluss Φ, der grundsätzlich als Fluss pro Pol angegeben wird, mit der aktivenLänge l der Wicklung:

Φ =πB l τp . (3.16)

Es lässt sich nun durch einfache geometrische Untersuchungen zeigen, dass die im vo-rigen Abschnitt kennen gelernten Wicklungsfaktoren für Zonung und Sehnungen, derenProdukt den resultierenden Wicklungsfaktor ξ eines Stranges ergeben, in gleicher Weisewie bei der Felderzeugung auch bei der Induktionswirkung des Hauptfeldes für eine ver-teilte Wicklung berücksichtigt werden müssen.

Einerseits kann jetzt für einen Strang angegeben werden, welche induzierte Spannungbeispielsweise bei Erregung des Läufers in einer Synchronmaschine erzeugt wird.Wir kön-nen diese Induktionsverteilung nach Fourier in eineGrundwellemit derWellenlänge gleichder Polteilung und einer SummevonOberwellen zerlegen.Wesentlich ist, dass beiDrehungdes Polrades die Induktionsverteilung B(x) insgesamt fortbewegt wird. Damit werden al-so ihre sämtlichen Einzelwellen Bn mit ein und derselben Geschwindigkeit 2 f τp über dieStänderwicklung hinweg laufen. Sie induzieren daher in der Ständerwicklung Spannungender Frequenz fi = n f, wobei f 1 die Frequenz der von der Grundwelle B1 hervorgerufenenSpannung bedeutet und die Höhe der einzelnen Spannungsharmonischen sich ergibt zu:

Ui ,n =√

π fnwξnΦn . (3.17)

Ein weiterer Grenzfall ist jener, in dem eine einzelneDrehwelle der Ordnungszahl nTeiljenes Feldes ist, das von der Drehstromwicklung ihrerseits erregt wird. Ein solches Teil-drehfeld läuft mit der 1/n-fachen Geschwindigkeit der Grundwelle um. Die Frequenz dervon einer solchen Drehwelle induzierten Spannung ist damit stets wieder f 1, unabhängigvon der Ordnungszahl n:

Ui ,n =√

π fwξnΦn . (3.18)

Die Gleichung (3.17) für die induzierte Spannung Ui1 im Ständer bzw. die Spannung Ui2

im Läufer wird im Abschnitt über die Wirkungsweise der Asynchronmaschine benötigt.

AufbauDer grundsätzliche Aufbau einer elektrischen Maschine, wie er für Drehfeldmaschinenmit verteilter Wicklung typisch ist, wird nun kurz erläutert. In Abb. 3.18 ist der Fall einerInnenläufermaschine als Schnittbild dargestellt. Alternative Wicklungstechnologien undBauformen werden später in Abschn. 3.2.2 bei den Synchronmaschinen behandelt.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 103

Abb. 3.18 Innerer Aufbau derelektrischenMaschine

Läufer

Welle

Nut

Luftspalt

Joch

Zahn

Der äußere, stillstehende Teil besteht aus dem Ständerblechpaket mit der in Nuten ein-gebetteten Ständerwicklung. Das Ständerblechpaket wiederum besteht aus zwei Teilberei-chen, die für die Magnetkreisberechnung differenziert behandelt werden, aber üblicher-weise stofflich einteilig ausgeführt sind. Zwischen den Nuten wird der magnetische Flussin den Zähnen geführt. Diese sind zum Luftspalt hin aufgeweitet, um den magnetischenFluss im Luftspalt gut aufnehmen und andererseits derWicklung in der NutmechanischenHalt geben zu können. Oberhalb des Nut- und Zahnbereichs befindet sich das Joch, auchRücken genannt, das als elektrische Funktion den in den Zähnen gesammelten Fluss vonPol zu Pol führen und ebenfalls als mechanische Funktion die Zähne undWicklungen tra-gen muss.

Nicht gezeichnet sind jetzt außen anschließende Teile, wie Kühlkanäle oder Gehäuse-baugruppen.Über den Luftspaltmechanisch getrennt, ist in der Ständerbohrung der Läufereingebaut. Dieser ist bei Synchronmaschinen und bei Asynchronmaschinen, wie sie inAbschn. 3.2.3 behandelt werden, grundlegend unterschiedlich aufgebaut. Beiden Maschi-nentypen gemeinsam ist jedoch, dass auch der Läufer aus einzelnen Blechen geschichtetaufgebaut wird. Die Blechpakete von Läufer und Ständer, die den magnetischen Fluss ge-schlossen leiten, werden auch als Aktivteile bezeichnet (im Sinn der elektromagnetischenWirkung). Innerhalb des Läufers wird schließlich die Welle eingebaut, die den Läufer auf-nimmt und die Drehbewegung und das erzeugte Drehmoment mechanisch überträgt.

Schaltung von DrehstromwicklungenAbbildung 3.19 zeigt Prinzipbilder einer zweipoligen Maschine (Polpaarzahl p = ). InAbb. 3.19b sind die gleichmäßig über den Umfang verteilten Stränge U, V, W jeweils inzwei Teilbereiche unterteilt. Durch entsprechende Anordnung und Schaltung der Spulen-gruppen unterscheiden sich die Teilbereiche durch die Stromrichtung.

Die Anschlüsse (U1 bis W2) der Wicklungen aus Abb. 3.19a werden so zusammen ge-schaltet, dass aus der Maschine nur drei Leiter herausgeführt werden. Die Ziffer 1 bedeutetden jeweiligen Anfang und die Ziffer 2 das Ende eines Strangs. Hier kommt entweder dieSternschaltung oder die Dreieckschaltung zum Einsatz (siehe Abb. 3.20). Bei der Stern-schaltung werden U2, V2 und W2 zu einem gemeinsamen Punkt, dem Sternpunkt, zu-

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104 N. Amann et al.

N

S

120°

U1

U2

W1

W2

V1V2

U U

V

W V

W

Einzelzahn

Läufer

a b

Abb. 3.19 Wicklungen in der elektrischenMaschine: aKonzentrierteWicklungen, b verteilteWick-lungen

UL

UL IL3 US 3 IS

IS

IL

= =

U IS S,

a b

Abb. 3.20 Verschaltung der Wicklungen: a Sternschaltung, b Dreieckschaltung

sammengeführt (siehe Abb. 3.20a). Die Anschlüsse U1, V1, W1 stellen die Zuleitungen zuden Strängen U, V, W dar. In der Dreieckschaltung wird der Anfang eines Stranges jeweilsmit demEnde eines benachbarten Strangs zusammen geschaltet, alsoU1mitW2 als StrangU, V1 mit U2 als Strang V, W1 mit V2 als Strang W, siehe Abb. 3.20b.

Bei der Dreieckschaltung ist die LeiterspannungUL gleich der StrangspannungUS. Ausdem Zeigerdiagramm eines Dreiphasensystems lässt sich durch trigonometrische Betrach-tungen [Frohne11] herleiten, dass bei der Sternpunktschaltung die StrangspannungUS umden Faktor

kleiner ist als die Leiterspannung UL . Dieses Verhältnis gilt sowohl fürdie Beträge der jeweiligen Zeiger, als auch für die hier dargestellten Effektivwerte US undUL . Analog ist bei Dreieckschaltung der Leiterstrom IL um den Faktor

größer als derStrangstrom IS, bei der Sternschaltung ist der Strangstrom IS gleich dem Leiterstrom IL.Die Nennscheinleistung SN einer Drehstrommaschine ist mit der folgenden Beziehung

SN = USIS =√

ULIL (3.19)

aus den Leiterwerten unabhängig von der Schaltung der Stränge zu errechnen.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 105

Abb. 3.21 Hysteresekurvebei Ummagnetisierung. BR

Remanenzinduktion, HC Koer-zitivfeldstärke

H

B

BR

–HC

3.2.1.4 WerkstoffeFür den Bau von elektrischen Maschinen sind Werkstoffe wichtig, die einerseits den elek-trischen Strom besonders gut leiten und andererseits den magnetischen Fluss besondersgut führen. Diese werden in den folgenden Abschnitten behandelt. Ferner sind Isolati-onsmaterialen wichtig, die zur Isolierung von Wicklungen in sich (Lackisolation, Tränk-und Imprägnierharze) oder als Flächenisolierstoff (Folien) zur Isolierung der Wicklungenuntereinander und derWicklungen gegen das Blechpaket zum Einsatz kommen. Die Tem-peratureigenschaften der verwendeten Isolationsstoffe bestimmen wesentlich die maximalzulässige Temperatur der elektrischen Maschine.

Das aktive Blechpaket im Ständer besteht aus geschichteten und gegeneinander isolier-ten Elektroblechen, also dünnen Eisenblechen, die in der Regel kaltgewalzt und schlussge-glüht sind. Walztechnik und Temperaturbehandlung bestimmen die magnetischen Eigen-schaften stark. In den Blechpaketen befinden sich Nuten zur Aufnahme der Wicklungen.Die Materialeigenschaften der Elektrobleche müssen so beschaffen sein, dass einerseits dermagnetische Fluss gut geleitet wird und sie andererseits möglichst verlustfrei ummagneti-siert werden. Durch den ständig wechselnden Fluss in der elektrischen Maschine und derentsprechenden zeitlich veränderlichen Magnetisierung entstehen die so genannten „Ei-senverluste“. Sie teilen sich in Hysterese- und in Wirbelstromverluste auf.

HystereseverlusteDurch eine Wechselmagnetisierung der Frequenz f erfolgt eine periodische Umorien-tierung, die Energie benötigt. Diese ist pro Zyklus proportional zur Fläche der Hyste-reseschleife des Materials. Abbildung 3.21 zeigt das prinzipielle Hystereseverhalten vonweichmagnetischem Material bei Änderung der magnetischen Feldstärke. Die Pfeile deu-ten einen Durchlauf durch die Hystereseschleife an.

Zwischen dem Flächeninhalt und der vorherrschenden höchsten Induktion besteht dieAbhängigkeit Bα , wobei für B der Zahlenwert der Flussdichte in Tesla ohne Einheit einzu-setzen ist und für α je nach dem Sättigungsgrad und der Blechsorte eine Zahl zwischen 1,6und 2,4 zu verwenden ist. Für die praktische Berechnung setzt man häufig eine quadrati-sche Abhängigkeit ein und erhält (als Zahlenwertgleichung) für die Hysterese-Verluste pro

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106 N. Amann et al.

Masseneinheit:PH = cH f B , (3.20)

wobei cH eine Materialkonstante bezeichnet.

WirbelstromverlusteEin Wechselfeld erzeugt in dem durchsetzten Eisen nach dem Induktionsgesetz Spannun-gen, die innerhalb jedes Bleches zu einem Stromfluss führen. Die Elektrobleche habentypischerweise eine gute Leitfähigkeit, so dass über den Querschnitt verteilte Ströme auf-treten, so genannteWirbelströme. Die über dieseWirbelströme umgesetzte Verlustleistungbezeichnet man als Wirbelstromverluste. Es ergibt sich für die Wirbelstromverluste proMasseneinheit:

PW = cW f B , (3.21)

wobei cW eine Materialkonstante ist. Durch die Isolierung der Bleche untereinander wer-den die Ströme jeweils auf ein Einzelblech beschränkt. Dies reduziert die Verluste stark.Die Isolierungsschicht ist wenige μm dick. Zusätzlich werden oft durch die Beigabe vonSilizium die elektrische Leitfähigkeit der Bleche und damit auch die Wirbelstromverlustereduziert.

HartmagnetischeWerkstoffeIm Unterschied zu den üblichen weichmagnetischen Eisensorten des magnetischen Krei-ses von elektrischen Maschinen, die bei Elektroblechen eingesetzt werden (siehe oben),lassen sich auch hartmagnetischeWerkstoffe herstellen, die eine besonders breite Hystere-seschleife besitzen. Werden diese Materialien bis zur Sättigung magnetisiert, so bleibt nachdem Abschalten der Erregung die Remanenzinduktion BR bestehen (siehe Abb. 3.21).

Erst durch einen Fluss in umgekehrter Richtung, der zu einer Feldstärke mit einem Be-trag der Koerzitivfeldstärke HC führt, verschwindet das magnetische Feld wieder völlig.Dieses Verhalten gestattet die Herstellung von Dauermagneten, die anstelle der elektri-schen Erregung eines magnetischen Kreises Verwendung finden (siehe Abschn. 3.2.2 überpermanenterregte Synchronmaschinen). Ein Material für Permanentmagnete, das diesenAnforderungen entspricht, ist Neodym-Eisen-Bor (Nd-Fe-B). Es ist heutzutage das wich-tigste Magnetmaterial für Maschinen mit hohemDrehmoment in Hybridantrieben.

LeitermaterialienLeitermaterialien im Elektromaschinenbau (vgl. Tab. 3.5) kommen für die Wicklungenund Kurzschlussstäbe von Asynchronmotoren zum Einsatz. Die Spulensysteme bestehendabei fast ausschließlich aus Kupfer, in verschiedenen Formen (Drähte, Profile, Bänder,Bleche). Die wichtigste Ausführungsform für Ständerwicklungen in Hybridantrieben sindRunddrahtwicklungen. Die Käfigläufer in Hybridantrieben bestehen normalerweise ausAluminiumdruckguss oder Kupfer.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 107

Tab. 3.5 Leitfähigkeit verschiedener Leitermaterialien

Material Leitfähigkeit in m/(Ω mm2) bei 20 °CSilber 62Kupfer 57Aluminium 34–37Bronze 9–18

3.2.2 Synchronmaschinen

Synchronmaschinen beziehen ihrenNamen aus der Tatsache, dass dieDrehfelder von Stän-derfluss und Läuferfluss synchron umlaufen, d. h. gleiche Drehzahl haben. Nur dann ent-wickelt dieser Maschinentyp ein nutzbares Drehmoment. Läuferdrehzahl und Ständer-stromfrequenz stehen daher in einem festen durch die Polzahl bestimmten Verhältnis.Synchronmaschinen werden heute in allen Bereichen der Antriebs- und Energieversor-gungstechnik eingesetzt. Ihr Verwendungsbereich beginnt bei einfachen kleinen Pumpen-und Lüfterantrieben. Im mittleren Leistungsbereich werden sie als hochdynamische Ser-voantriebe für Werkzeugmaschinen und in der Robotik eingesetzt. Als Turbogeneratorenfindet man sie als hocheffiziente elektromagnetische Energiewandler. Auch beiWindkraft-anlagen werden Synchronmaschinen genutzt.

3.2.2.1 Prinzipieller StänderaufbauDie Ständer von Synchronmaschinen können grundsätzlich mit zwei unterschiedlichenWickelsystemen aufgebaut werden. Beim klassischen Design wird der Ständer mit einem,meist dreisträngigen, verteilten Wicklungssystem aufgebaut, was sich in Bezug auf die Wi-ckeltechnik nicht von Ständern unterscheidet, wie man sie auch bei Asynchronmotoreneinsetzt (siehe Abb. 3.22).

Bei einer dreisträngigen Wicklung bilden dann minimal drei, in der Regel sechs Nu-ten einen elektrischen Pol. Da die Anzahl der Nuten aus Fertigungsgründen nicht beliebiggroß werden kann, ergeben sich bei hybridtypischen Maschinendurchmessern (200 bis300mm) typische Polzahlen von sechs bis zehn. Verteilte Wicklungen haben den Nach-teil, dass sie relativ große Wickelköpfe haben (siehe Abb. 3.22). Diese kosten also passivenBauraum, d. h. Bauraum, der nicht unmittelbar zur Drehmomentbildung beiträgt, und sieleisten einen hohen Beitrag zu den ohmschen Verlusten. Außerdem ist eine aufwendigeIsolier- und Wickeltechnik notwendig. Diese beiden Nachteile, die einerseits die Ausnut-zung der Maschine herabsetzen und andererseits die Fertigungskosten erhöhen, umgehtdie Einzelzahnwicklung (auch Zahnspulenwicklung genannt), siehe Abb. 3.23.

Eine derartige Wicklung zeichnet sich dadurch aus, dass die Spulenweite genau einerNutteilung entspricht, d. h. die Spulen werden jeweils um einen Zahn herum gewickelt.Hier stehen beispielsweise bei einer dreisträngigen Anordnung drei Ständernuten zweioder vier Läuferpolen gegenüber. Maschinen mit derartigen Wickelsystemen hätten da-her bei gleicher Nutenzahl die zwei- oder vierfache Polzahl wie Maschinen mit verteilten

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108 N. Amann et al.

Wickelkopf

WicklungenPhasen-anschlüsse

Phasen-isolation

Abb. 3.22 Ständer einer Synchronmaschinemit verteiltemWicklungssystem

Wicklungen. In der Regel werden diese Maschinen aber mit weniger Nuten gebaut, so dasssich, bei gleichen Ständerdurchmessern wie oben, Polzahlen von 16 bis 42 ergeben. DieHerstellung der Wicklung erfolgt bei einteiligen Ständerblechpaketen mit Nadelwicklern.Dabei wird mit einer Nadel der Draht direkt in die Nut gelegt. Bei segmentierten Ständernaus Einzelzähnenwerden diese direkt bewickelt. ImGegensatz zur verteiltenWicklung sindhier die Wickelköpfe geometrisch minimiert und auf eine Phasenisolation kann meist ver-zichtet werden, da sowohl im Wickelkopf als auch in der Nut die Spulen keinen direktenKontakt haben. Der Wickelprozess kann vollautomatisch und mit hohem Kupferfüllfaktorerfolgen, d. h. der Kupferdraht füllt das Wicklungsfenster sehr dicht aus. Allerdings habenEinzelzahnwicklungen den Nachteil, dass sie ein breites Oberwellenspektrum aufweisenund daher nicht für alle Läufervarianten geeignet sind.

3.2.2.2 Prinzipielle LäuferbauformenIm folgenden Abschnitt werden anhand der Drehmomentgleichung für Synchronmaschi-nen verschiedene Möglichkeiten für Drehmomentaufbau und daraus abgeleitet verschie-dene Läuferbauformen erklärt. Für das DrehmomentM von Synchronmaschinen gilt fol-gende Gleichung [Müller90]:

M =pΨP isq����������������������������

Term 1

+

p (Lsd − Lsq) isq isd���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

Term 2

. (3.22)

Darin bedeutet p die Polpaarzahl, ΨP ist der Erregerfluss des Läufers, z. B. durch Per-manentmagnete oder elektrische Erregerspulen eingeprägt, isd ist der Betrag des Ständer-stromzeigers, der in läuferfesten Koordinaten in Richtung des Erregerflusses zeigt (Index

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3 Komponenten des Hybridantriebs 109

Phasen-anschluss

Wickelkopf inkl.Verschaltung

Spulen

Spulenweite Nut

Nut

b

a

Abb. 3.23 Ständer mit Einzelzahnwicklung. a Sicht schräg auf die Front, b Detailansicht der Front

Abb. 3.24 Koordinatensys-teme der Synchronmaschine.α, β ständerorientierte, festeKoordinatenachsen, d, q läu-ferorientierte, mitdrehendeKoordinatenachsen,ΨP Zeigerin Richtung des Läuferflusses,isd Stromzeiger in Richtungvon ΨP, isq dazu rechtwinkligerStromzeiger

JPisq

q

isd

d

α

β

d wie direkt), während isq der Betrag des Querstroms ist, der um 90° gegenüber dem Erre-gerfluss gedreht ist und damit 90° Phasenverschiebung zum Erregerfluss hat (Index q wiequer). Der isd-Zeiger liegt also in Phasemit dem Läuferfluss, wie im Zeigerbild in Abb. 3.24angedeutet. Lsd ist die Induktivität in der Läuferpolachse und Lsq die zwischen den Läufer-polen.

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110 N. Amann et al.

Entsprechend der Gleichung (3.22) existieren nun verschiedene Läuferbauformen, diemit entweder nur dem Term 1 oder dem Term 2 oder mit beiden Termen Drehmomenterzeugen. Abbildung 3.25 zeigt den Läufer einer elektrisch erregten Synchronmaschine.Der Läufer besteht aus Einzelspulen, die über ein Schleifringsystem mit Strom versorgtwerden. Ein Vorteil dieser Konstruktion ist der variable Erregerfluss, womit man bei derRegelung einen zusätzlichen Freiheitsgrad erreicht. Nachteilig sind die Kupferverluste imLäufer und der mechanische Aufwand für Spulen, Schleifringe und deren Fixierung zurAbsicherung gegen die Fliehkraft.

Bei den permanenterregten Läufern wird der Läuferfluss von Permanentmagneten er-zeugt. Im Gegensatz zu den elektrisch erregten Systemen treten dabei keine Kupferverlus-te auf und es wird auch keine Stromübertragung auf den Läufer über Schleifringe benö-tigt. Man kann daher mit permanentmagneterregten Synchronmaschinen höhere Dreh-momentdichten erzielen. Je nach Anordnung der Magnete am oder im Läufer unterschei-det man zwischen so genannten „Internal Permanent Magnet Machines“ (IPM) und Ma-schinen mit Luftspaltmagneten (PM). Abbildung 3.26 zeigt Läufer mit so genannten Luft-spaltmagneten, einmal als Innenläufervariante mit der zugehörigen Bandage zur Magnet-fixierung und als Außenläufer, bei dem dieMagnete keine zusätzliche Fixierung benötigen.

Die Bezeichnung Luftspaltmagnete kommt zum einen aus der geometrischen Anord-nung – die Magnete befinden sich tatsächlich im Luftspalt zwischen Ständer und Läufer –zum anderen aber auch aus der elektromagnetischen Wirkungsweise. Betrachtet man diewirksame Induktivität, so gibt es keine signifikante Stellungsabhängigkeit. Da für den Ma-gneten μr ≈ 1 ist, wirkt er für denmagnetischenWiderstand wie Luft. Man kann vom Stän-der gesehen nicht erkennen, ob ein Ständerzahn über einem Pol oder genau dazwischensteht. Die Induktivitäten sind also so gut wie nicht richtungsabhängig, d. h. die InduktivitätLsd in d-Richtung ist daher annähernd gleich der in q-Richtung Lsq (Sättigung vernachläs-sigt). Mit diesen beiden Läufern lässt sich daher nur ein Drehmoment aus dem Term 1 inGleichung (3.22) bilden. Zieht man das Eisen zwischen den Magneten hoch wie andeu-tungsweise in Abb. 3.26a, so führt man eine Richtungsabhängigkeit ein. Die InduktivitätenLsd und Lsq werden ungleich und man könnte Term 2 (Reluktanz) zur Drehmomentbil-dung nutzen. BeimSchließen derMagnetzwischenräume entstehen allerdingsmagnetischeKurzschlüsse, die die Ausnutzung des Magneten reduzieren. Man verliert dadurch Dreh-moment aus dem Term 1.

In Abb. 3.27 sind Läufer mit eingebetteten Magneten dargestellt. Diese Bauform wirdvornehmlich bei Innenläufern eingesetzt, daman damit die aufwendige Bandage zur Fixie-rung der Magnete weglassen kann. Gemeinsames Kennzeichen aller eingebetteten Varian-ten sind die teils dünnen Eisenstege um die Magneten. Hier wird das Eisen bewusst in dieSättigungsinduktion getrieben. Damit wirkt es wie Luft und die magnetischen Kurzschlüs-se zwischen den Polen werden minimiert. An dieser Stelle muss immer ein Kompromisszwischen elektromagnetischen und mechanischen Anforderungen gemacht werden (dün-ne Stege sind elektromagnetisch gut, besitzen aber eine geringe mechanische Festigkeit).Läufer mit eingebetteten Magneten gibt es in unterschiedlichen, auf den Anwendungs-fall angepassten Varianten. Beim im Antriebsstrang integrierten Parallelhybrid mit den

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3 Komponenten des Hybridantriebs 111

Fixierung

Nutdeck-schieber

Spulen

Läuferpol

Temperatur-sensor

Abb. 3.25 Läufer mit elektrischer Erregerwicklung (Continental AG)

Magnet

Magnet

Läuferjoch Läuferjoch

Leicht hoch-gezogenesEisen

Bandage

a b

Abb. 3.26 Läufer mit Luftspaltmagneten. a Innenläufer, b Außenläufer

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112 N. Amann et al.

DünnerEisensteg

DünnerEisensteg

EingebetteterMagnet

EingebetteterMagnet, ent-spricht einemLäuferpol

Läuferpolin V-Form

EingebetteterMagnet, ent-spricht einemLäuferpol

Läuferjoch

Läuferträger

a b

Abb. 3.27 Läufer mit eingebetteten Magneten

dort typischen strengen Bauraumforderungen und dem begrenzten Verbrennungsmotor-drehzahlbereich findetman eher Synchronmaschinenmit konzentriertenWicklungen undhochpoligen Läufern (siehe Abb. 3.26b), während beim leistungsverzweigten Hybrid häu-fig niederpolige Maschinen (Abb. 3.27a) mit verteilten Wicklungen zum Einsatz kommen.Bei Hybridantrieben, die keinen Restriktionen bezüglich radialem Bauraum unterworfensind, weil z. B. keine Kupplung integriert werden muss, findet man als Unterbauform oft inV-FormangeordneteMagnete, vgl. Abb. 3.27a.Durch dasV kann imPrinzipmehrMagnet-material angeordnet werden, so dass man die Flussdichte erhöhen kann. Der wesentlicheVorteil ist allerdings dieAusprägung von Reluktanzeigenschaften, womit derartigeMaschi-nen einen signifikantenTeil ihresDrehmoments aus demTerm2 inGleichung (3.22) bildenkönnen. Der kleineren Drehmomentdichte in Folge kleinerer Polzahl und geringerer Ma-gnetausnutzung im Vergleich zur hochpoligen Luftspaltmagnet-Variante wird hier durchzusätzliches Magnetmaterial und Nutzung von Reluktanzmoment entgegengewirkt.

Lässt man in Abb. 3.27a die Permanentmagnete weg, so wirkt in der Drehmomentglei-chung (3.22) nur noch der Term 2 und man erhält eine reine Reluktanzmaschine. Auf dasReluktanzmoment optimierte Maschinen versuchen im Läufer durch gezielte Stanzgeome-trien (z. B. mehrere V-Formen ohneMagnet) einemöglichst große Differenz zwischen denmagnetischen Leitwerten in den Hauptachsen zu erzielen.

Im Grenzfall einer reinen Synchron-Reluktanz-Maschine kommt die elektrische Ma-schine ganz ohne Magnete und damit ohne Erregung aus, der Term 1 in Gleichung (3.22)trägt also nicht zum Drehmoment bei, und sie bildet ihr Drehmoment rein aus der Diffe-renz von Lsd und Lsq (siehe Term 2). Reluktanzmaschinen gibt es in den verschiedenstenAusprägungen, die Wirkungsweise ist aber immer die gleiche. Durch die magnetische Un-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 113

Statorjochrücken

Statorzahn

Rotorjoch

Wicklungen

Permanent-magnete

Bewegungsrichtung

Abb. 3.28 Linearmotor in herkömmlicher Anordnung [Blissenb02]. Pfeile in den Permanentma-gneten geben die Flussrichtung an, die in denWicklungen geben die Stromrichtung an

symmetrie in den Hauptachsen versucht der Läufer immer die Position des geringstenmagnetischen Energieflusses zu erreichen, d. h. der Läufer richtet sich so in das Ständerfeldein, dass der geringste magnetische Widerstand (Reluktanz) im Magnetkreis auftritt, dasssich also Ständer- und Läuferbleche bestmöglich einander annähern.

Je mehr eine Synchronmaschinemit dem Reluktanzeffekt arbeitet, desto empfindlicherreagiert sie auf Schwankungen des Luftspaltes. Typischerweise kann eineMaschine, diemitLuftspaltmagneten ausgeführt ist, ohne Probleme mit Luftspalten zwischen 1 und 2mmausgeführt sein. Reine Reluktanzmaschinen und permanentmagneterregte Maschinenmitsignifikantem Reluktanzeffekt sollten ähnlich wie Asynchronmaschinen mit Luftspaltenzwischen 0,5 und 0,8mmausgeführt werden. Außerdemmussman beiNutzung des Reluk-tanzeffektes besonderes Augenmerk auf die akustische Optimierung der Maschine legen,gerade wenn sie als Fahrantrieb in weiten Drehmoment- und Drehzahlbereichen genutztwerden soll. Dies erfordert typischerweise den Betrieb in stark unterschiedlichen Sätti-gungsbereichen des Eisens (siehe oben), mit möglichen Auswirkungen auf die Akustik.Werden Reluktanzmaschinen mit Einzelzahnwicklungen gebaut, spricht man häufig vongeschalteten Reluktanzmaschinen (Switched Reluctance Machine).

3.2.2.3 Sonderform TransversalflussmaschineNeben Maschinen mit radialer Flussführung existieren auch Maschinen mit transversa-ler Flussführung. Zur Erläuterung zeigt Abb. 3.28 eine Linear-Maschine mit herkömmli-cher radialer Flussführung. Der Nachteil eines derartigen Aufbaus ist, dass sich die Wick-lung und die zur Flussführung benötigten Ständerzähne den gleichen Bauraum teilen müs-sen. Sollen die Stromwärmeverluste (ohmschen Verluste) reduziert werden, geht dies nurdurch Vergrößerung der Kupferfläche, wodurch zwangsläufig weniger Querschnitt für dieStänderzähne zur Verfügung steht. Als Folge steigen die Induktion und damit die Eisen-verluste.

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114 N. Amann et al.

Statorjoche

Rotorjoch

Wicklung

Permanent-magnete

Bewegungsrichtung

Abb. 3.29 Linearmotor mit transversaler Anordnung [Blissenb02]. Pfeile geben die Flussrichtungan

Diesen Zielkonflikt versuchen Maschinen mit transversaler Flussführung zu umgehen(siehe Abb. 3.29). Statt das Kupfer um das Eisen zu wickeln, wird hier das Eisen um dasKupfer geformt. Die Wicklung wird damit zu einer einfachen linearen Anordnung oderbei rotierendenMaschinen zu einer Ringwicklung. Hierfürwird der Eisenkreis etwas kom-plexer. Vom elektromagnetischen Aufbau sind TransversalflussmaschinenRadialtypenmitkonzentriertem Wicklungsaufbau (siehe Abb. 3.23). Die in Abb. 3.29 dargestellte Anord-nung mit drei Ständerjochen entspricht einer radialen Anordnung mit drei Einzelzähnen(manchmal auch als Ständerpol bezeichnet), die im skizzierten Fall die gleiche elektri-sche Phasenlage haben, also Spulen eines Strangs sind. Entsprechend sind die Polzahlenvon Transversalflussmaschinen bei gleichem Durchmesser auch mit denen einer radialenAnordnungmit konzentrierter Wicklung vergleichbar. Da beide Varianten prinzipbedingthochpolig ausgeführt werden, zeichnen sie sich durch sehr hohe Drehmomentdichten aus.

Aufwendig werden Transversalflussmaschinen in dreiphasiger Ausführung, die mananstrebt, um sie mit Standardumrichtern betreiben zu können. Im Gegensatz zu radialenAnordnungen,wo die Phasenverschiebung der Stränge durchAnordnen der StänderspulenamUmfang erreicht wird (sieheAbb. 3.28),muss dies bei TransversalflussmaschinendurchVerschiebung derMagnete erfolgen, d. h. jeder Strang hat hier nicht nur seine eigenen Stän-derpole, sondern auch die Läuferpole sind für jeden Strang gesondert auszuführen. ZurVerdeutlichung dient Abb. 3.30. Streng genommen ist eine Transversalflussanordnung im-mer eine einsträngige Maschine und die Dreiphasigkeit wird erst durch denmechanischenVersatz von drei Einzelmaschinen erreicht.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 115

Abb. 3.30 DreiphasigeTransversalflussmaschine [Blis-senb02]

Mechanischer Versatz der Magnete

3.2.2.4 Wirkungsweise

Ersatzschaltbild und ZeigerdiagrammImAllgemeinen wird das Betriebsverhalten von Synchronmaschinen im läuferfesten so ge-nannten d-q-Koordinatensystem beschrieben (vgl. Abb. 3.24). Es ist dadurch gekennzeich-net, dass die d-Koordinate in Richtung des Erregerflusses zeigt und die q-Koordinate recht-winklig dazu steht. Zur Bestimmung der Läuferposition muss dazu in der Regel ein Lage-sensor eingesetzt werden, der unter bestimmten Bedingungen aber auch entfallen kann,siehe Abschn. 3.2.4.4. In Abb. 3.31 sind die Ersatzschaltbilder jeweils für die d-Koordinateund die q-Koordinate gezeigt. Die Modellgleichungen der Synchronmaschine und die re-sultierenden Ersatzschaltbilder werden später genauer erläutert und seien vorläufig als ge-geben angenommen.

Anhand von Abb. 3.32 ist die Wirkungsweise gut zu erkennen. Die Zeigerbilder 3.32aund 3.32b können aus den Ersatzschaltbildern in Abb. 3.31 abgeleitet werden. Zur Kon-struktion der Zeigerbilder werden die Spannungen und Ströme aus den Ersatzschaltbil-dern der d-Koordinate in Richtung der reellen Achse eingezeichnet, die der q-Koordinateentlang der imaginären Achse. Im Grundstellbereich, also insbesondere bei kleinen Dreh-zahlen, wird der Strom I in Phase zur induzierten Spannung ui eingeprägt, d. h. es giltisd = . Nur der Strom isq ist vorhanden, somit ist I = isq . Während im Extremfall bei Still-

sRsdL

sdi

sqsq iLωsdu

RsduLsdu

sRsqL

sqi

sd

i

sd i

u

squ

RsquLsqua b

Abb. 3.31 Ersatzschaltbilder der Synchronmaschine. a d-Koordinate, b q-Koordinate

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116 N. Amann et al.

sq sqs si iR Rs

s

U

U

i

i

u

usq

sq

i

i

I

I

=

=

squ

sdu

ϕ

ϕ

sq sqsq sqi iL Lω ωa b

Abb. 3.32 Zeigerbilder (motorischer Betrieb) im Grundstellbereich, d. h. für isd = . Das Zeiger-bild (b) gibt die Verhältnisse für die doppelte Drehzahl wie bei (a) wieder

stand (Drehzahl n = min−) nur ohmsche Spannungsabfälle Rsqisq wirken, addieren sichmit steigender Drehzahl die beiden Spannungszeiger ui und ωLsq isq , die beide in ersterNäherung proportional zur Drehzahl sind. In der Realität sind hier noch Sättigungs- undTemperatureinflüsse zu berücksichtigen. Entsprechend der Änderung der drei Spannungs-zeiger ändern sich die Phasenlage und Amplitude vom Klemmenspannungszeiger Us . Beirein ohmscher Last hat die Amplitude vonUs ein Minimum und der Cosinus des Winkelsφ zwischen Spannung Us und Strom I ist 1.

Mit steigender Drehzahl wächst die Amplitude bis auf ihr durch den Umrichter be-grenztes Maximum. Das Maximum der Amplitude von Us ist der Wert der Zwischen-kreisspannung, da der Umrichter keine höhere Spannung ausgegeben kann, als er vomZwischenkreis hereinbekommt. DerWert von cos(φ) erreicht in diesem so genannten Eck-punkt seinMinimum,was bei hoch ausgenutzten (also leistungs- und drehmomentstarken,bezogen auf das Volumen) Systemen zwischen 0,4 bis 0,5 liegen kann.

Soll die Drehzahl über den Eckpunkt hinaus gesteigert werden, so kommt man in denso genannten Feldschwächbereich. Das entsprechende Zeigerbild ist in Abb. 3.33 gezeigt.Im Feldschwächbereich muss bei permanenterregten Systemen ein Strom in d-Richtungeingeprägt werden (isd < ), um in den maximalen Spannungskreis von Us zurückzukeh-ren. Bei elektrisch erregten Systemen wird im Allgemeinen der Läuferfluss reduziert, dieshängt auch vom Verhältnis Lsd zu Lsq ab. Mit dem Zeiger ωLsd isd wird die steigende indu-zierte Spannung kompensiert. Der Strom isd muss negativ sein, damit der Zeiger ωLsd isdin Richtung des Spannungskreises führt. Da ωLsd in erster Näherung ebenso wie ui line-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 117

Abb. 3.33 Zeigerbild fürmotorischen Betrieb im Feld-schwächbereich mit isd < ,isq > und der zehnfachenDrehzahl im Vergleich zurAbb. 3.32a

sd

sq

s

s

i

i

R

R

sU I

iu

squ

sdu

ϕ

sq

sd

sq

sd

i

i

L

L

ω

ω

Spannungskreis

ar mit der Drehzahl steigt, ist der benötigte Strom isd drehzahlunabhängig. Mit steigenderDrehzahl nmuss also ab dem Eckpunkt nur der Strom isq mit 1/n reduziert werden.

Dieser Tatsache verdanken die Synchronmaschinen die Eigenschaft, ab dem Eckpunktunabhängig von der Drehzahl immer dieMaximalleistung erreichen zu können (abzüglichder Verluste). Damit lässt sich die Leistungsfähigkeit des Energiespeichers im Gegensatzzu Systemen mit Asynchronmaschinen in weiten Drehzahlbereichen perfekt ausnutzen.Auch die Umrichterausnutzung wird im Feldschwächbereich wieder erhöht, da in Folgedes d-Stroms der Term cos(φ) bei Betrieb an der Leistungsgrenze wieder Werte um 0,9erreicht.

Bei Maschinen, die ohne Reluktanzanteil arbeiten, kann die Leistung alleine über denStrom isq geregelt werden. Der Strom isd wird nur für die Regelung des Spannungskrei-ses verwendet. In diesem Fall hat man also zwei voneinander getrennte Regelkreise, dielediglich durch die Koppelterme der Maschine miteinander verbunden sind. Bildet dieMaschine nennenswerte Anteile ihres Nutzmomentes aus dem Reluktanzterm, hat jedeÄnderung im isd automatisch auch eineMomentenänderung zur Folge. Die Drehmoment-berechnung und Vorgabe wird damit komplizierter, da Fertigungstoleranzen, Sättigung,Temperaturgänge und Batteriespannungsschwankungen berücksichtigt werden müssen.

Man findet daher bisher auch noch nicht die Verkopplung aller Schwierigkeiten in aus-geführtenHybridfahrzeugen. Leistungsverzweigte Systeme, die prinzipbedingt hoheDreh-zahlen benötigen, werden häufigwegen der Eisenverlustemit viel Reluktanzanteil versehen,arbeiten dafür aber nicht an der Spannungsgrenze (z. B. arbeitet der Toyota Prius bei n =min− bei einer Spannung von 750V) und Systeme für Parallelhybride, die mit derVerbrennungsmotor-Drehzahl gekoppelt sind, arbeiten mit relativ wenig Reluktanzanteil,um die typischen hohen Forderungen an die Drehmomentgenauigkeit zu erfüllen. Da hierin der Regel nur eine Maschine eingesetzt wird und der Energiefluss immer direkt über

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118 N. Amann et al.

die Batterie (ohne DC/DC-Wandler) erfolgt, müssen Parallelhybride auch weit im Feld-schwächbereich, d. h. weit über die Eckdrehzahl hinaus betrieben werden.

Typische BetriebskennlinienAbbildung 3.34 zeigt die typischen Verläufe von Strom, Drehmoment und Leistung einerpermanenterregten Maschine bei Betrieb an der Leistungsgrenze. Bis zum Eckpunkt beica. 2000min–1 kann der Strom isq konstant eingeprägt werden. Das Drehmoment M istin diesem Bereich nahezu konstant und die Leistung wächst linear mit der Drehzahl. Abdem Eckpunkt muss der Strom isd eingeregelt werden und die Maschine fährt an ihrerLeistungsgrenze.

0

40

80

120

160

200

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

Motordrehzahl [min ]–1

0

10

20

30

40

50

-100

-50

0

50

100

150

200

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

Motordrehzahl [min ]–1

a

b

Dre

hmom

ent [

Nm

]

Leis

tung

[kW

]

Leistung

Drehmoment

Str

om [A

]

isq

isd

Abb. 3.34 Permanentmagneterregte Synchronmaschine an der Leistungsgrenze. a Drehmomentund Leistung, b Ströme isd und isq , siehe Text

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3 Komponenten des Hybridantriebs 119

Str

om [A

]

120

100

80

60

40

20

0

Drehmoment

Motordrehzahl [min ]–1

isq

isd

0 500 1000 1500 2000 2500 3000

Dre

hmom

ent [

Nm

]

45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

Abb. 3.35 Kennlinien für permanenterregte Synchronmaschine mit kurzgeschlossenen Wicklun-gen

Abbildung 3.35 zeigt eine weitere wichtige Kennlinie für permanenterregte Synchron-maschinen. Im Fehlerfall wird sie von den Leistungshalbleitern im Umrichter auf gleichesPotential geschaltet, d. h. in den dreisträngigen Kurzschluss. Die Maschine ist damit voll-ständig von der Batterie entkoppelt. Der elektrische Antrieb ist dadurch elektrisch neutral,er befindet sich im sicheren Zustand. Es fließt der Kurzschlussstrom innerhalb des An-triebs. Die Ströme isq und isd stellen sich entsprechend der ohmschen und induktiven An-teile am komplexen Widerstand ein. Mit steigender Drehzahl wird der Kurzschlussstromauf einen festen Wert begrenzt (siehe Abb. 3.35). Das Drehmoment geht nach einem kur-zen Maximum bei ca. 60min–1 auf kleine Werte zurück. Für das Hybridsystem bedeutetdies, dass ein (kleines) generatorischesDrehmoment auf denAntriebsstrang ausgeübtwird,so dass das Fahrzeug im Fehlerfall langsam gebremst wird. Der aktive Kurzschluss ist dasgängigste Schutzkonzept für die permanenterregte Synchronmaschine.

3.2.2.5 AusführungsbeispielePermanenterregte Synchronmaschinen findet man heute in nahezu allen aktuellen Hy-bridfahrzeugen. Abbildung 3.36 zeigt einen in den Antriebsstrang integrierten Motor inAußenläufer-Bauweise. Das Aggregat liefert 250Nm und 15 kW bei 105V Batteriespan-nung. Der Läufer ist direkt auf der Kurbelwelle gelagert und stellt gleichzeitig die Verbin-dung zwischen Verbrennungsmotor undGetriebe her. Neben dem eigentlichen elektromo-torischen Moment muss auch noch das ganze verbrennungsmotorische Moment über denLäuferträger übertragen werden. Der Ständer wird direkt amVerbrennungsmotor befestigtund besitzt keinen eigenen Kühlkreislauf.

Abbildung 3.37 zeigt eine permanenterregte Synchronmaschine zum Antrieb einesPkw, entwickelt als Ergänzung zum Kurbelwellengenerator. Die Leistungselektronik ist

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120 N. Amann et al.

Außenläufer

Drehmomentwandler

Getriebe

Stator mit EinzelzahnwicklungKurbelwellenflansch

Wandleranbindung

Abb. 3.36 Integrierte permanenterregte Synchronmaschine in Außenläufer-Bauweise für einenMild-Parallelhybrid (ZF Friedrichshafen AG)

Abb. 3.37 Permanenterregte Synchronmaschine als Achsantrieb mit angebauter Leistungselektro-nik (ZF Friedrichshafen AG)

in diesem Fall auf der elektrischen Maschine befestigt. Vorteil dieser kompakten Bau-weise ist die kurze Leitungsführung zwischen Leistungselektronik und Maschine. Beimabgebildeten System sind Differential und Parksperre schon integriert. Der Antrieb lie-fert an der Welle 2000Nm und 110 kW bei 320V. Alternativ zum Kurbelwellengenerator

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3 Komponenten des Hybridantriebs 121

Synchronmaschine

Nasse Kupplung

Abb. 3.38 Hybridgetriebe mit Synchronmaschine als integriertes Anfahrelement (ZF Friedrichsha-fen AG)

kann der elektrische Antrieb auch von einer Brennstoffzelle oder einer Batterie gespeistwerden.

Das letzte Beispiel zeigt die Synchronmaschineals wesentliches Element einer integrier-ten Anfahrhilfe für ein Automatikgetriebe (vgl. Abb. 3.38). In diesem Fall lassen sich dieBauraumanforderungen nur mit einer permanenterregten Synchronmaschine mit extremhoher Drehmoment- und Leistungsdichte erfüllen. Der Motor liefert 250Nm und 45 kWbei 300V. Schwerpunkt bei der Entwicklung war möglichst wenig axialen und radialenBauraum zu verwenden. Die Maschine ist in diesem Fall als Innenläufer ausgeführt. Diesermöglicht es, im Innenraum des Läufers die nasse Kupplung optimal zu integrieren. EinDrehmomentwandler ist nicht erforderlich. Ein mit diesem Anfahrelement ausgestattetesGetriebe ermöglicht alle Hybridfunktionen inklusive rein elektrischem Fahren und Startdes Verbrennungsmotors.

3.2.2.6 Vor- und Nachteile bei HybridfahrzeugenSynchronmaschinen sind im Wesentlichen aus folgenden Gründen für den Anwendungs-fall im Hybridfahrzeug besonders geeignet. Bei Verwendung von Läufern mit Permanent-magneten lassen sich Drehmomentdichten (Drehmoment pro Volumen) erreichen, diebis zu 30% höher sind als bei anderen Maschinentypen. Dieser Eigenschaft verdankenHybridsysteme mit diesem Maschinentyp exzellente Wirkungsgrade, speziell im unterenDrehzahlbereich, auch bei extremer Bauteilausnutzung (bis an die Grenzen vonUmrichter,Eisen, Kupfer, Magneten). Dies führt zu einem kompakten Aufbau mit minimaler axia-ler Länge.

Zusätzlich lässt sich bei einer Ausführung mit vielen Polpaaren auch radialer Bauraumsparen, so dass Anfahrelemente integriert werden können. Dies ermöglicht einen im Ver-gleich zu einem konventionellen Getriebe mit normalem Anfahrelement bauraumneutra-

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122 N. Amann et al.

len Einbau in den Antriebsstrang. Maschinen dieser Bauart können mit großem Luftspaltausgelegt werden, so dass sie auf der Kurbelwelle montiert werden können und das Systemgutmütig auf Toleranzschwankungen reagiert.

Dank der Möglichkeit, Ständer in Einzelzahntechnologie einsetzen zu können, sind dieWicklungen auch widerstandsfähig gegen Wasser, Öl und Vibration. Da in den Leitern derMaschine bei Rotation Spannungen induziert werden, muss in denmeisten Auslegungsfäl-len ein aufwendigeres Schutzkonzept der Leistungselektronik realisiert werden. Die hohenAnforderungen an Leistungs- und Drehmomentdichte beim Parallelhybrid mit den damitverbundenen höheren Materialkosten (z. B. Verwendung von Permanentmagneten) führttypischerweise zu höheren Herstellkosten als bei Standard-Asynchronmaschinen.

Dies ist der Grund, warum in vielen Fällen (z. B. in leistungsverzweigten Hybriden),Synchronmaschinen als niederpolige Varianten an der Grenze ihrer mechanischen Be-lastbarkeit mit möglichst hoher Drehzahl betrieben werden. Drehmomentdichte wird hierdurch Drehzahlfestigkeit ersetzt, d. h. hohe Leistungen werden durch Betrieb bei sehr ho-hen Drehzahlen erreicht. Der prinzipbedingte Vorteil von Synchronmaschinen, nämlichkonstante Leistungsabgabe über dem ganzen Drehzahlbereich inklusive Nutzung von Re-luktanzmoment, hilft hier, die Systemkosten zu optimieren. Deswegen ist für parallele undleistungsverzweigte Hybridantriebe die Synchronmaschine eine anwendungsfallgerechteMaschinentechnologie, mit jeweils spezifischen Merkmalen.

3.2.3 Asynchronmaschinen

3.2.3.1 EinleitungDie Asynchronmaschine ist technisch vielseitig nutzbar und in den unterschiedlichstenAnwendungen insgesamt aus Sicht der elektrischen Antriebstechnik von sehr großer Be-deutung. Insbesondere in der Ausführung mit dem so genannten Kurzschlussläufer istdieser Maschinentyp von allen Technologien sicherlich am weitesten verbreitet. Das Ein-satzgebiet dieser Maschine ist so breit, dass man sie in allen industriellen Anwendungenantrifft, von der kleinen Werkstätte bis zum Großkraftwerk, in allen Branchen der Be- undVerarbeitung, sowie auf Schiffen und in Bergwerken.

Die enorme Verbreitung der Asynchronmaschine kommt unter Anderem in den rie-sigen Stückzahlen ihrer jährlichen Erzeugung zum Ausdruck. Ferner äußert sie sich dar-in, dass in vielen Fällen die wichtigsten Abmessungen ebenso wie die Zuordnungen vonMaßen und Leistungen von Drehstrom-Asynchronmaschinen durch nationale und inter-nationale Normen und Empfehlungen weltweit einheitlich geregelt sind. Die pro Einheitausgeführte Leistung reicht dabei von einigen Watt bis zu über 10MW in serienmäßi-gen Ausführungen, für spezielle Zwecke bis 40MW und mehr. Heute bedeutsame An-wendungen mit hoher Leistung sind beispielsweise Windenergie-Anlagen, Pumpen undExtruder.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 123

Drei Arten der technischen Ausführung und Nutzung lassen sich grob unterscheiden.

• Die doppelt gespeisteMaschine, bei der Ständer und Läufer von zwei unabhängigen oderauch teilweise abhängigen Drehstromsystemen gespeist wird. Der Läufer in dieser Aus-führung weist ebenfalls eine dreisträngige Wicklung auf. Sie ist über drei Schleifringemit Bürsten von außen zugänglich.

• Die einphasig gespeiste Maschine, die üblicherweise mit einer Hilfsphase ausgeführtwird und einen sehr kostengünstigen Antrieb darstellen kann.

• Die drehstromgespeiste Maschine, die mit einem kurzgeschlossenen Läuferkreis ausge-stattet ist, der durch eine Käfigwicklung realisiert wird. Diese Kurzschlusswicklungenwerden aus Stäben in den Läufernuten und stirnseitigen Ringen gebildet. GrundsätzlichsindEinfachkäfigläufer oderAusführungenmitDoppelkäfigenmöglich.Damit liegt einebürstenlose Ausführung der Asynchronmaschine vor, was den Wartungsaufwand deut-lich reduziert.

Die Einfachkäfigläufer-Maschine mit Drehstromspeisung des Ständers ist sehr robustund in Fahrzeuganwendungen vielfach bewährt, da dieser Maschinentyp in der Trakti-onsanwendung bei Schienenfahrzeugen eine sehr breite Verwendungmit jahrzehntelangerpositiver Betriebserfahrung findet.

3.2.3.2 Prinzipieller Aufbau der Drehstrom-Asynchronmaschinemit Käfigläufer

Ständer und Läufer der Dreiphasen-Asynchronmaschine sind rotationssymmetrisch, dieLuftspaltlänge ist damit entlang des gesamten Umfangs konstant. Der Ständer trägt einevorzugsweise dreisträngige Wicklung, die für die gewünschte Polpaarzahl ausgelegt und inStern oder Dreieck geschaltet ist. Prinzipbedingt sind die Luftspaltlängen bei Asynchron-maschinen so klein wie konstruktiv möglich zu bemessen und die Polpaarzahlen liegen beiAusführungen für Hybridantriebe im Bereich zwischen zwei und etwa sechs. Zur Orientie-rung kann für die Luftspaltlänge ein technisch relevanter Bereich zwischen 0,4 und 0,8mmangegeben werden.

Die Ständerwicklung ist als verteilte Drehstromwicklung ausgeführt, sehr häufig alsZweischichtwicklung (siehe Abb. 3.39a), für kostensensible Anwendungen auch als Ein-schichtwicklung (siehe Abb. 3.39b). Die Lochzahl liegt üblicherweise im Bereich zwischenzwei und vier. Alle Beispiele in Abb. 3.39 sind mit Niederspannungs-Runddrahtwicklungausgeführt. Die Nutauskleidung dient zur elektrischen Isolierung derWicklung gegenüberdem Ständer. Bei der Zweischichtwicklung sind zwei Spulenseiten verschiedener Phasendurch den Zwischenschieber getrennt. Die Isolation ist auch bei Kreuzungen verschiede-ner Phasen in denWickelkopfenden nötig, siehe Abb. 3.39c. Der Deckschieber verhindertdas Austreten einzelner Drähte aus der Nut und dient als mechanischer Schutz.

Prinzipiell ist statt der üblicherweise eingesetzten Runddrahtwicklung auch ein Spulen-aufbau aus Profilstäben als Niederspannungsformspulenwicklung möglich. Diese Ausfüh-rungsart bringt aber nicht grundsätzlich Ausnutzungsvorteile hinsichtlich Drehmoment-

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124 N. Amann et al.

a b c

IsolationunterschiedlicherPhasen

Nutauskleidung

Abb. 3.39 a SchematischerAufbau einer Zweischichtwicklung, b Schnitt durch eine StändernutmitEinschichtwicklung, c Ausschnitt eines Wickelkopfes mit einer Zweischichtwicklung (Siemens AG,ZF Friedrichshafen AG)

a b

Abb. 3.40 a Rohling eines Käfigläufers gefertigt im Aluminium-Druckgussverfahren (ZF Fried-richshafen AG mit Kienle + Spiess GmbH), b gestabter Kupferkäfig mit gelöteten Endscheiben zurAusbildung der Kurzschlussringe und überstehenden Stäben zur Luftverwirbelung, Prototyp (ZFFriedrichshafen AG)

und Leistungsabgabe bei den für elektrische Maschinen in Hybridfahrzeugen gegebenengeometrischen Verhältnissen.

Die Anzahl der Nuten des Kurzschlussläufers liegt stets mehr oder weniger in der Nä-he derjenigen des Ständers, darf ihr jedoch nicht gleich sein. Gesichtspunkte für die Wahlder konkretenNutzahl-Kombinationmüssen stets durch eineBetrachtung desOberwellen-spektrums dermagnetischen Felder und deren Auswirkungen gewonnenwerden. Bei Käfi-gen, die imDruckgussverfahren aus Aluminium hergestellt werden (siehe Abb. 3.40a), ver-wendet man üblicherweise Stab- und Nutgeometrien mit tropfenförmigem Querschnitt.Bei Läufern mit Stäben, die aus Kupferprofilen gefertigt und dann in die Nuten einge-trieben werden, findet man üblicherweise rechteckförmige, trapez- oder keilförmige Stäbevor. Diese Ausführungsart wird als gestabter Käfigaufbau bezeichnet (siehe Abb. 3.40b).Aktuell werden von verschiedenen Firmen Anstrengungen unternommen, die enormenfertigungstechnischen Herausforderungen bei Verfahren mit Kupferdruckguss zu lösenund dieses technisch sehr attraktive Fertigungsverfahren weiter zu entwickeln.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 125

3.2.3.3 WirkungsweiseDie physikalisch-technische Beschreibung der Asynchronmaschine erfordert ein komple-xes Theoriegebäude, da sehr intensive Wechselwirkungen zwischen den Teildrehfeldernund den jeweiligen Induktionswirkungen zwischen Ständer und Läufer erfolgen.Hier kannnur auf die symmetrische Betriebsweise an einem Umrichter mit Spannungs-Zwischen-kreis ohne Berücksichtigung parasitärer Effekte oder komplexer Ausgleichsvorgänge ein-gegangen werden. Selbst bei der recht einfachen Betrachtung muss die Abhängigkeit derErsatzschaltbildelemente vomMagnetisierungszustand und der Frequenzmindestens mit-bedacht, meistens auch mitberücksichtigt werden.

Unterstellt man zumindest in bestimmten Betriebsbereichen oder Betriebspunkten be-züglich Sättigung oder Stromverdrängung linearisierte Verhältnisse, so gelingt eine weitge-hend vollständige Beschreibung des Betriebsverhaltens einer Asynchronmaschine in ana-lytischer Form, ausgehend von einemErsatzschaltbild. Dieses einsträngige Ersatzschaltbildvereinigt in einem Stromkreis die Beschreibung von Ständer- und Läuferzweig (Ständer:Index 1, Läufer: Index 2). Im Folgenden sollen zumindest die Grundzüge für diese Darstel-lung erläutert werden. Die allgemeine Frequenzgleichung für Drehfeldmaschinen lautet

f = p fmech + f . (3.23)

Sie besagt, dass die elektrische Frequenz f des speisendenDrehstromsystems gleich istder Summe aus mechanischer Frequenz fmech mal Polpaarzahl p der Maschine plus elek-trischer Frequenz f des Läufersystems. Aus ihr lässt sich eine wichtige Hilfsgröße für dasErsatzschaltbild ableiten, nämlich der Schlupf:

s =f − p fmech

f= −

p fmech

f=

ff

. (3.24)

Im Falle des Leerlaufs giltf = p fmech , f = (3.25)

und im Stillstandf = f2 , fmech = . (3.26)

Wie im vorhergehenden Abschnitt erklärt wurde, wird bei der Synchronmaschine dieFelderregung vom Läufer erzeugt. Im Gegensatz dazu ist die grundsätzlicheWirkungswei-se der Asynchronmaschine dadurch gekennzeichnet, dass die Ausbildung des erregendenMagnetfeldes zunächst über den Ständer erfolgt. Sobald der Läufer eine vom Ständerfeldabweichende mechanische Drehfrequenz aufweist, werden in den Stäben des leitendenLäuferkäfigs Spannungen induziert, die einen Stromfluss über die Kurzschlussringe zurFolge haben. Diese Ströme erzeugen wiederum ein Magnetfeld, das sich im Luftspalt zumresultierenden Hauptfeld der Maschine überlagert. Charakteristisch ist die Eigenschaft,dass nur durch diese Differenz in den Drehfrequenzen und einer daraus resultierenden In-duktionswirkung im Läufer eine magnetische Energiewandlung in der Maschine möglich

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Abb. 3.41 Einsträngiges Er-satzschaltbild der Drehstrom-Asynchronmaschine (mitKäfigläufer)

I I

UU

ist. Dieser asynchrone Lauf von mechanischer Drehfrequenz und speisender Stromfre-quenz ist der Namensgeber für diesen Maschinentyp.

Im Gegensatz zu Abschn. 3.2.2.4 zur Wirkungsweise der Synchronmaschine wird dieAsynchronmaschinehier durch ein einsträngiges Ersatzschaltbild beschrieben, das die realin derMaschinemessbaren Statorgrößen eines der drei symmetrischen Stränge verwendet.Auf die Regelung unter Verwendung von transformierten Größen analog zur Synchronma-schine wird im nächsten Abschnitt über das Betriebsverhalten eingegangen.

In der folgenden Herleitung wird nun begründet, warum eine Kopplung von Ständer-und Läufer-Stromkreis im Ersatzschaltbild (siehe Abb. 3.41) erfolgen kann, während inder realen Maschine die beiden Stromkreise getrennt sind. Im Ersatzschaltbild steht R1 fürden ohmschen Strangwiderstand des Ständers, Xσ ist die Streufeldreaktanz der Ständer-wicklung, Xh die Hauptfeldreaktanz. Entsprechend bezeichnen X′σ die übersetzte Streu-feldreaktanz des Läufers und R′ den übersetztenWicklungswiderstand der Käfigwicklung.Die Übersetzung (mit Index Strich markiert) geschieht im physikalischen Sinn einer Span-nungstransformation, wie im Folgenden erläutert wird.Weitere Erläuterungen undHerlei-tungen zu den gängigen Ersatzschaltbildern und -elementen sind in der Grundlagenlitera-tur, z. B. [Kleinrath75], zu finden.

Zunächst seien die Kreise von Läufer und Ständer unabhängig und es gelte allgemeinfür die Induktionswirkung (siehe Herleitung in Abschn. 3.2.1.3):

Ui =√

πwξΦh f , (3.27)

Ui =√

πwξΦh f .

Der Index 1 bezeichnet den Ständer, Index 2 den Läufer, also bezeichnet f die elektrischeFrequenz des Ständers. Die Windungszahl w1 und der Wicklungsfaktor ξ wurden in Ab-schn. 3.2.1.3 eingeführt. Der Hauptfeldfluss wird weiterhin mit Φh bezeichnet. Durch dieEinführung eines Übersetzungsverhältnisses

u =w ξw ξ

(3.28)

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3 Komponenten des Hybridantriebs 127

ähnlich dem beim Transformator, kann nun die induzierte Läuferspannung – auf den Stän-der bezogen – angegeben werden:

U ′i = u Ui =w ξw ξ

π w ξ Φh f =√

π w ξ Φh f (3.29)

mit f = s f ergibt sich U ′i = s Ui und damit für den gesamten übersetzten Läuferstrom:

I′ =U ′i

R′ + jX′σ s=

sUi

R′ + jX′σ s=

Ui

R′/s + jX′σ. (3.30)

Dabei ist zu beachten, dass in dem Wert R′/s im Ersatzschaltbild sowohl die umgesetzteLuftspaltleistung in der Maschine als auch die durch den Stromfluss im Läufer anfallendenKupferverluste beinhaltet sind. Der gestrichelte Pfad in der Schaltung in Abb. 3.41 stelltden Kurzschluss des Käfigläufers dar.

3.2.3.4 BetriebsverhaltenElektrische Maschinen in Hybrid- oder rein elektrischen Fahrantrieben werden grund-sätzlich am Stromrichter betrieben und mit einer Regelung angesteuert. Daher liegt beider Darstellung der Betriebs-Kennlinien immer eine Kombination von Einflussfaktorenvor, die erstens vom Stromrichter und zweitens von der elektrischen Maschine selbsther rühren. Die Umrichterspeisung erfolgt über einen Umrichter mit Gleichspannungs-Zwischenkreis, der prinzipbedingt ein breites Spektrum an Oberschwingungen in der anderMaschine anliegenden Spannung erzeugt. ImRahmendieses Kapitels kann aberweiter-hin nur auf das Grundschwingungsmodell bei symmetrischer Betriebsweise eingegangenwerden.

Die Feldorientierung wird grundsätzlich so gewählt, dass das Drehmoment der elektri-schenMaschine aus demProdukt des erregenden Feldes und einemdrehmomentbildendenStrom isq gebildet wird. Die Magnetisierung wird bei der Asynchronmaschine durch diefeldbildende Stromkomponente isd erzeugt, die senkrecht zum momentbildenden Stromisq orientiert ist. Der Aufbau des Feldes folgt dem Strom isd durch einen Tiefpass 1. Ord-nung mit der Läuferzeitkonstante tR verzögert. Die Läuferzeitkonstante ist als Verhältnisvon übersetzter Läuferinduktivität L′σ zu übersetztem Läuferwiderstand R′ definiert, also

tR = L′σ/R′

.

Aus dem momentanen Wert von isq und der Magnetisierung bestimmt sich dann dieSchlupffrequenz. Durch dieMessung dermechanischenWinkelgeschwindigkeit mit einemDrehzahlsensor oder durch die Schätzung in einem Beobachtermodell bei einer sensorlo-sen Regelung kann schließlich die aktuelle Speisefrequenz ermittelt werden. Gegenüber derSynchronmaschine, bei der zur Bestimmung der Orientierung des Stromes in den Feldko-ordinaten nur die Pollage gemessen werden muss, wird bei der Asynchronmaschine dieOrientierung des Stromvektors in Feldkoordinaten nicht gemessen, sondern muss über

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128 N. Amann et al.

Modelle bestimmt und nachgeführt werden. Die Modelle wiederum hängen von Motor-daten ab, die bekannt sein müssen.

Während des bei Industrieantrieben immer nochweit verbreiteten Betriebs derMaschi-ne am starrenNetz, wo vomAnlaufpunkt bis zum Leerlauf derWertebereich des Schlupfeszwischen 1 und 0 vollständig durchlaufen wird, ist am Umrichter durch die Führung derSpeisefrequenz derWertebereich zwischen dem Kipppunkt (mit entsprechendem Abstandvon 5 bis 10%) und dem Leerlauf eingeschränkt. Der Kipppunkt stellt für jede speisendeFrequenz den Punkt des maximal möglichen elektromagnetisch übertragbaren Drehmo-ments der elektrischen Maschine dar. Er ist abhängig von der zur Verfügung stehendenSpannung und der aktuellen Speisefrequenz und wird durch die Werte Kippmoment Mk

und Kippschlupf sk charakterisiert.Auf Basis der Darstellung des einsträngigen Ersatzschaltbildes nach Abb. 3.41 lässt sich

analytisch eine Beziehung für das innere DrehmomentM der dreisträngigen Drehstrom-Asynchronmaschine angeben, nämlich die allgemeine Drehmomentgleichung (siehe [Bö-ning78]):

M =U

ωLkR′

/sR (R′/s) + ω

LR

+ ωL (R′/s) + ω

LkRR′/s + ω

(LL − Lk)

(3.31)

In dieser sind die auf ω0 (die synchrone Drehfeldfrequenz) bezogenen Terme ωLk =

Xh , ωL = Xσ + Xh und ωL = X′σ + Xh mit den Größen aus dem Ersatzschaltbild(siehe Abb. 3.41) verwendet. Die Gleichung (3.31) stellt den Bezug zwischen der speisen-den Spannung U1 und dem DrehmomentM dar. Sie kann aus dem Ersatzschaltbild unterAnwendung der Knoten- und Maschenregeln der allgemeinen Elektrotechnik hergeleitetwerden, wobei die Ströme I1 und I′ eliminiert werden.

Selbstverständlich sind dieWiderstandswerte hierbei mit den bekannten Materialkoef-fizienten abhängig von der Temperatur.

Abbildung 3.42 zeigt die Drehmoment-Drehzahl-Kennlinien einer sechspoligen Asyn-chronmaschine mit gestabtem Kupferläufer, die als Traktionsmaschine eingesetzt werdenkönnte. Die einzelnen farbig gekennzeichneten Kennlinien sind bestimmten Zeitbereichenzugeordnet, in denen der Antrieb in der Lage ist, im Rahmen seiner regulären Betriebs-temperaturen die jeweiligen Leistungswerte zu erbringen. Die Betriebstemperatur wirdselbstverständlich von den jeweiligen Verlust- und Kühlverhältnissen bestimmt.

Die rote Kennlinie zeigt das Spitzendrehmoment oder Sekundendrehmoment, z. B. für20 Sekunden. Der Umrichter muss für diese Kennlinie seinen Kurzzeit-Spitzenstrom zurVerfügung stellen, die Maschine verfügt über eine ausreichenden Abstand zum Kippmo-ment in diesemBetriebsbereich.Diesen Spitzenstromkönnenweder der Stromrichter nochdie Maschine über längere Zeiten tragen. Die konkrete zeitliche Limitierung wird meistensdurch die Halbleiter im Umrichter bestimmt, während die Maschine über größere thermi-sche Kapazitäten verfügt, d. h. größere Wärmemengen aufnehmen kann, ohne zu heiß zuwerden.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 129

Abb. 3.42 Beispiel-hafte Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie einersechspoligen Drehstrom-Asynchronmaschine mitUmrichter. Die Bedeutung derverschiedenen Drehmomentewird im Text erklärt

Sekundendrehmonent [Nm]

Minutendrehmonent [Nm]

Stundendrehmonent [Nm]

Dauerdrehmonent [Nm]

0 2000 4000 6000 8000 10000

Drehzahl [min ]–1

Dre

hmon

ent [

Nm

]

500

400

300

200

100

0

Grundstellbereich,bezogen auf Dauer-

drehmomentFeldschwächbereich,

bezogen auf Dauerdrehmoment

Beim Übergang vom Grundstell- in den Feldschwächbereich geht, wie bei der Syn-chronmaschine, das nahezu konstante Maximaldrehmoment, das zum Anfahren genutztwerden kann, in eine konstante Leistung über. Diese konstante maximale Leistung kannbei höheren Drehzahlen auch mit kleineren Umrichterströmen erbracht werden, mit de-nen der Stromrichter im Rahmen seiner thermischen Bemessung dauerhaft betrieben wer-den kann.

Die Grenze des Leistungsvermögens derMaschine beiWechselrichter-Dauerstrom ent-spricht der violetten Kennlinie, demMinutendrehmoment. Die Maschine ist so bemessen,dass sie Betriebspunkte entlang dieser Kennlinie für mehrere Minuten beherrschen kann,ohne zu heiß zu werden, z. B. für 5Minuten. Man erkennt bei Drehzahlen über 7500min–1

einen weiteren charakteristischen Punkt, bei dem der Konstantleistungsbereich verlassenwird und ab demdasDrehmoment ungefähr proportional zur Funktion 1/n2 mit derDreh-zahl n verläuft. In diesem Bereich befindet man sich an der technisch nutzbaren Kippmo-mentgrenze der Maschine.

Bei der Charakterisierung der Leistungsfähigkeit von Fahrantrieben wird häufig auchauf die Stunden- oder Halbstundenleistung verwiesen, die die Maschine ohne Überschrei-tung der Grenztemperaturen leisten kann. Die blaue Kurve repräsentiert das Stunden-drehmoment dieser konkreten Maschine. Im Grundstellbereich erkennt man eine fallendeGerade, bei der das Drehmoment vom Stillstand bis zum Eckpunkt abnimmt. Dies gilt ingleicher Weise für das Dauerdrehmoment, das in grün dargestellt ist und den zeitlich un-begrenzten Betrieb aller Punkte auf und unterhalb dieser Grenze angibt. Dieser Abfall derDrehmomentwerte hängtmit denmit der Frequenz ansteigenden Eisen- undZusatzverlus-ten zusammen, die zusätzlich zu denKupferverlusten den Ständer derMaschine erwärmen,so dass der Strom und damit das Drehmoment bei höherenDrehzahlen zurückgenommenwerdenmuss. Der Knickpunkt bei diesen Kennlinien imDrehzahlbereich über 8000min–1

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130 N. Amann et al.

hängt ebenfalls mit der Verlustaufteilung zusammen und nicht mehr direkt mit der Kipp-grenze. Beispielsweise muss die Dauerleistung auf Grund der Lagereigenerwärmung derMaschine hier zurückgenommen werden.

Gezeigt ist hier nur der erste Quadrantmit positivemDrehmoment und positiver Dreh-zahl, also arbeitet die Maschine im Motorbetrieb. Durch die Ansteuerung mit geeignetenFrequenzen wechselt die Maschine in den generatorischen Betrieb und kann dann zurBremsung eingesetzt werden.

3.2.3.5 Vor- und Nachteile bei HybridfahrzeugenGrundsätzlich gibt es bei Hybridfahrzeugen mehrere mögliche Systeme, wie serielle, par-allele sowie leistungsverzweigte Hybride. Innerhalb einer Gruppe sind wiederum unter-schiedliche technische Lösungenmöglich. Insbesondere im Bereich der parallelen Hybridekann die elektrische Maschine an verschiedenen Stellen in den Antriebsstrang integriertwerden:

• an der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors,• an einem Riemenantrieb am Verbrennungsmotor,• am Getriebeeingang,• an einem Abtrieb im oder am Getriebe,• am Abtrieb des Getriebes oder an der Achse.

Grundsätzlich unterscheiden sich die verschiedenen Möglichkeiten auch bei gleicher in-stallierter Leistung durch das Drehmoment-Drehzahl-Verhältnis. Prinzipbedingt besitztdie Asynchronmaschine Vorteile bei höheren Drehzahlen.

Durch die fehlendeMöglichkeit der Einzelzahnwicklung kann die Asynchronmaschinenur mit den längeren Wickelköpfen der verteilten Drehstromwicklung ausgeführt werden.Dies ist oft nachteilig bei Anwendungen im Antriebsstrang, bei denen die axiale Baulängeklein sein muss. Speziell bei Anwendungen mit sehr hoher Drehmomentdichte führt derStrombedarf zur Magnetisierung der Maschine häufig zu einem größeren Stromrichter imVergleich zu permanentmagneterregten Synchronmaschinen. Bei Anwendungen, die axialeinen längeren Bauraum erlauben, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Drehmoment-und Leistungsanforderung aufweisen und Maximaldrehzahlen in einem Bereich zwischen8000 und 16000min–1 ermöglichen können, bietet die Asynchronmaschine durchaus at-traktive Eigenschaften. Das Wirkungsgradniveau muss dann nur geringfügig im Bereicheines Prozentpunktes niedriger liegen, als es bei der permanentmagneterregten Synchron-maschinemöglich wäre. Somit sind vor allem Anwendungen in schlanken Bauformen, wiez. B. parallel zum mechanischen Hauptgetriebe oder an Achsmodulen angebracht, für dieAsynchrontechnik mögliche Einsatzfelder.

3.2.3.6 AnwendungsbeispieleSpeziell als Fahrmotoren hat die Drehstrom-Asynchronmaschine eine entsprechend ihrenVorzügen hohe Verbreitung (siehe Abb. 3.43). In Stadtbussen mit seriellem Hybridantrieb

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3 Komponenten des Hybridantriebs 131

a b

Abb. 3.43 aAchsantriebsmodul für Elektroauto (Daimler AG), b Stadtbus mit seriellemHybridan-trieb (MAN AG)

werden heute überwiegend Asynchronmaschinen für die Traktion eingesetzt. Hier sindauch einige Hersteller am Markt. Die überwiegende Anzahl der Fahrzeuge wird in Nord-amerika eingesetzt, aber auch in Europa und Japan sind Fahrzeuge in Betrieb.

In diesen Stadtbussen sind verschiedene Konzepte zur Realisierung des Antriebs um-gesetzt. Es kann ein Zentralmotor verwendet werden oder es können zwei oder mehrereMaschinen über Summiergetriebe das Fahrzeug antreiben. Dabei können die elektrischenMaschinenmit oder ohneAnpassungsgetriebe ausgeführt sein. Grundsätzlich wirken dieseAntriebe auf eine konventionelle Bus-Antriebsachse, die eine weitere Getriebeübersetzungund das Differential enthält.

Alternativ ist auch der elektrische Einzelradantrieb möglich. Abbildung 3.44 zeigtzwei Studien der ZF Friedrichshafen AG. In Abb. 3.44a ist ein Achs-Antriebsmodul fürein Nutzkraft- oder Sonder-Fahrzeug gezeigt, das im Fahrzeugrahmen angeordnet istund zwei Asynchronfahrmotoren beinhaltet. Diese wirken über Planetengetriebestufenund Kegelradsätze auf die Antriebswellen. Dadurch wird ein Wellenversatz von 90 Gradzwischen Fahrmotor- und Radantriebswelle ermöglicht. In diesem Modul ist jeweils einFahrmotor mit einem Rad verbunden. In Abb. 3.44b ist eine Studie für einen radnahenAntrieb mit einem Asynchronmotor für die Anwendung in Stadtbussen zu sehen.

Außer für Stadtbusse, Nutz- und Sonder-Fahrzeuge werden aktuell auch Antriebsmo-dule für PkwundTransporter entwickelt. Hier überwiegen Konzeptemit einer elektrischenMaschine. Bei einigen Herstellern kommen hier ebenfalls Asynchronmaschinen zum Ein-satz. Auch entsprechende Module für Achs-Hybridantriebe sind denkbar. Als in den An-triebsstrang integrierte Maschine für Parallelhybridmodule konnte sich die Asynchronma-schine nicht gegen die Synchronmaschine durchsetzen. Einige Antriebe in Pkw aber auchin Nutzfahrzeugen wurden realisiert, grundsätzlich ist hier aber eine Überlegenheit derSynchronmaschinen-Technologie festzustellen.

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a bAsynchronmaschine Asynchronmaschine

Abb. 3.44 Einzelradantriebemit Asynchronmaschinen (ZF FriedrichshafenAG). aAntriebseinheitfür Einzelradantrieb im Fahrzeugrahmen angeordnet, b Antriebseinheit für Einzelantrieb mit kom-pakter, radnaher Anordnung der elektrischenMaschine

3.2.3.7 AusführungsbeispieleAbbildung 3.45 zeigt Asynchronmaschinen, die in den Radköpfen einer Niederflur-Stadtbusachse zum Einsatz kommen. Die Maschinen sind vierpolig mit Aluminium-Druckgussläufern ausgeführt. Sie weisen ein maximales Drehmoment von 465Nm aufund werden in dieser Anwendungmit einer Maximaldrehzahl von 11000min–1 betrieben.Die mechanische Spitzenleistung einer Maschine beträgt im mittleren Drehzahlbereich120 kW, bei Maximaldrehzahl noch 90 kW. Die Halbstundenleistung kann in weiten Be-triebsbereichen mit über 80 kW angegeben werden.

Die Kühlung erfolgt durch ein kombiniertes Prinzip aus Flüssigkeits- und Luftkühlung.Die Bemessungs-Vorlauftemperatur für die Flüssigkeitskühlung mit einem fahrzeugübli-chen Gemisch aus Wasser und Glykol liegt bei 70 °C. Durch die Führung von Kühlluft ineinem geschlossenen Kreislauf wird ermöglicht, dass die geforderte hohe Schutzart vonIP6K9K nach DIN 40050 konstruktiv erreicht werden kann. Mit diesen Kühlungsbedin-gungen wird eine Dauerleistung von rund 60 kW pro Maschine erreicht, bei der alle zu-lässigen Grenztemperaturen in der Maschine eingehalten werden. Selbstverständlich mussauch ein sicherer Betrieb bei Temperaturen unter –30 °C durch die Konstruktion der Ma-schine sichergestellt werden.

Sie wird an einer Zwischenkreisspannung zwischen 500 und 750V betrieben und istderzeit für eine Auslegungsspannung von 520V bemessen. Folglich müssen durch die ho-hen Zwischenkreisspannungen auch die Parameter der Spannungsbelastung der Rund-drahtwicklung in hohem Maße bei der Entwicklung beachtet werden. Weiterhin müssendieWickelköpfe kompakt konstruiert werden, um nicht zu viel axialen Bauraum zu benöti-gen, und hohenmechanischen Schwing- und Stoßbelastungen Standhalten. DermaximalePhasenstrom liegt bei einem Effektivwert von 350A.

DieWicklung ist in IsolationsklasseHnach EN60034 ausgeführt, die üblichenBetriebs-temperaturen bei Dauerleistung liegen bei rund 165 °C im Ständer und 210 °C im Läufer.Bei langen Steigungsfahrten und hohen Lastanforderungen imMinutenbereich wird so si-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 133

Asynchronmotor

Standard-Scheibenbremse

Standardfelgenlochkreis

RadkopfAufhängung

Leistungskabel mitSteckverbindung

Abb. 3.45 Elektrisch angetriebene Stadtbus-Niederflurachsemit Einzelradantrieb.Der Asynchron-motor (mit einer Spitzenleistung von 120 kW und einer Dauerleistung von 60 kW) ist integriert, hatalso kein eigenes Gehäuse.Die Übersetzung des Radkopfs ist i = ,×, = , (ZF FriedrichshafenAG)

chergestellt, dass die 180 °CAuslegungstemperatur für den Isolationsverbund kaumeinmalüberschrittenwird und so die hoheLebensdaueranforderung an denAntrieb von 40000Be-triebsstunden erfüllt werden kann.

Bei der wissensintensiven Läufer- und Lagerkonstruktion kommen spezifische Wel-lenkonstruktionen zum Einsatz. Die Lager können je nach Belastung und Lebensdauer-anforderung öl- oder fettgeschmiert ausgeführt werden, die Anbindung der elektrischenMaschine an das folgende Untersetzungsgetriebe ist ebenfalls mit konstruktiven Heraus-forderungen verbunden.

Die Besonderheit der in Abb. 3.45 gesamthaft dargestellten Niederflur-Stadtbusachseist neben den integrierten Asynchronmotoren die Tatsache, dass sie bezüglich ihrer Ein-baumaße vollständig kompatibel zu einer mechanisch angetriebenen Standard-Niederflur-Achse ist und zahlreiche bekannte Standardelemente wie Felgenlochkreise, Bremsen oderRadlager beinhaltet. Der Felgenlochkreis passt für Super-Single- oder Zwillingsbereifung.

Zur weiteren Steigerung der thermischen Dauerleistung kann beispielweise ein Kurz-schlussläufer mit Kupferstäben eingesetzt werden. Abbildung 3.46 zeigt Ständer- und

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134 N. Amann et al.

a b

Abb. 3.46 Asynchronfahrmotor (ZF Friedrichshafen AG,Oswald GmbH). a Ständereinheit, b Läu-fer mit gestabtem Kupferkäfig

Läuferaufbau dieser Ausführung, die sechspolig aufgebaut ist und genauso wie die Kon-struktion der Maschine für die Stadtbusachse eine sehr kompakte sowie mechanisch undelektrisch hoch beanspruchbare Wicklung aufweist. Die Maschine ist etwas schlankerausgeführt und erbringt eine mechanische Spitzenleistung von 130 kW. Die Drehmoment-Drehzahl-Kennlinien dieses Antriebs sind in Abb. 3.42 dargestellt.

3.2.4 Feldorientierte Regelungder permanenterregten Synchronmaschine

3.2.4.1 EinführungIn diesem Abschnitt wird die Ansteuerung von Drehfeldmaschinen am Beispiel der Rege-lung einer permanenterregten Synchronmaschine nach der Methode der feldorientiertenRegelung erläutert (siehe z. B. [Hofer95, Quang99, Schröder07]). Es wird das Prinzip derRegelung vorgestellt, die wichtigsten Strukturelemente der Regelung, sowie die Kompo-nenten im elektrischen Antrieb, die zur Realisierung benötigt werden.

Um eine Drehfeldmaschine zu betreiben, müssen Ströme eingeprägt werden, die einumlaufendes Drehfeld in der Maschine erzeugen. Das Prinzip der feldorientierten Rege-lung ist es, dass nicht in den Koordinaten der sinusförmigen Ströme gerechnet wird, so wiesie in die Maschine eingespeist werden, sondern eine Koordinatentransformation in einmagnetfeldorientiertes (flussorientiertes) Koordinatensystem stattfindet. Abbildung 3.24zeigt das stillstehende ständerorientierte und das sich mitdrehende läuferflussorientier-te Koordinatensystem. Durch diese Transformation gewinnt man zwei Vorteile: einerseitswerden aus den sinusförmigen Signalen quasi-konstante Größen (d. h., der stationäre An-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 135

Abb. 3.47 Prinzipdarstellungeiner permanenterregten Syn-chronmaschine mit der Lageverschiedener Achsen.UU, UV,UW Spannungen, die jeweils anden Strängen U, V, W anliegen,α, β ständerfeste Koordinaten,d, q läuferfeste Koordinaten,ϑ aktueller Verdrehwinkel desLäufers

α-Achse

β-Achse

d-Achse

q-Ach

se

UU

UW

UV

ϑ

teil der Größen ist konstant) und andererseits ergibt sich das Drehmoment der Maschineals Ergebnis einer einfachen Multiplikation von zwei Größen, nämlich den Term 1 in Glei-chung (3.22), sofern Lsd = Lsq gilt.

Die Regelung von konstanten Größen ist viel einfacher als die von sinusförmigen Grö-ßen. Es können Standardmethoden der Regelungstechnik, wie beispielsweise PI-Regler,eingesetzt werden. Und andererseits ermöglicht die Aufteilung in zwei multiplikative Grö-ßen die getrennte Regelung der entscheidendenGrößen in derMaschine. Dadurchwird dieRegelung einer Drehfeldmaschine ähnlich einfach wie die einer bürstenbehafteten Gleich-strommaschine.

Im Folgenden wird zuerst gezeigt, wie die Transformation genau ausgeführt wird. Auf-bauend auf denModellgleichungen der Synchronmaschinewerden die einzelnen Struktur-elemente der Maschinenregelung gezeigt. Zuletzt wird auf die erforderliche Sensorik undauch auf sonstige funktionale Anforderungen in Hybridfahrzeugen eingegangen.

3.2.4.2 Mathematisches Modell der permanenterregten Synchronmaschine

Koordinatensysteme in der DrehfeldmaschineWie in den vorangegangen Abschnitten gezeigt wurde, ist der grundlegende Aufbau einerDrehfeldmaschine so, dass im Ständer drei Phasen durch entsprechende Wicklungen aus-geprägt sind. Diese drei Phasen werden vom Wechselrichter mit Spannung versorgt. DieFunktion desWechselrichters ist es, die drei Phasenmit den jeweiligen Soll-Spannungen zubeaufschlagen. Den zeitlichen Verlauf der Soll-Spannungen für die Phasen gibt die feldori-entierte Regelung vor. Dazu stellt man die Spannung als einen Raumzeiger in der Maschi-ne dar. Dieser Raumzeiger kann in verschiedenen Koordinatensystemen wiedergegebenwerden. Ausgehend von den drei Phasen kann man ihn im dreisträngigen, ständerfestenKoordinatensystem U, V, W abbilden (siehe Abb. 3.47).

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136 N. Amann et al.

Da dies ein Koordinatensystem mit um 120° versetzten Achsen und somit für normaleRechnungen etwas ungewöhnlich ist, bietet es Vorteile, auf ein rechtwinkliges Koordina-tensystem mit nur zwei Achsen überzugehen. Dies gelingt durch eine Koordinatentrans-formation, die als „Clarke-Transformation“ bekannt ist, siehe [Leonhard96]. Im Folgendenwird die Transformation eines beliebigen Zeigers x (z. B. Strom oder Spannung) von U, V,W-Koordinaten in α, β-Koordinaten gezeigt:

[

xαxβ] = C

xUxVxW

. (3.32)

C ist eine frei wählbare Konstante.MitC = / ist die Transformation amplitudeninvariant,mit C =

/ ist die Transformation leistungsinvariant.Mit dieser Transformation hat man erreicht, dass man statt drei Größen nur noch zwei

Größen darstellen muss. Die beiden Achsen in diesem Koordinatensystem werden als α-Achse und β-Achse bezeichnet. Der nächste Transformationsschritt ist der Übergang vomständerfesten zum läuferfesten Koordinatensystem. Um genau zu sein, geht man auf einKoordinatensystem über, das sich genau mit dem Läuferfluss mitdreht. Bei der Synchron-maschine ist die Lage des Läuferflusses immer durch den Verdrehwinkel ϑ des Läufersgegenüber dem Ständer gegeben (siehe Abb. 3.47).

Die Achsen in diesem Koordinatensystem werden als d-Achse und q-Achse bezeichnet.Die d-Achse (engl. „direct“) ist mit dem Läuferfluss ausgerichtet, die q-Achse (engl. „qua-drature“) ist senkrecht dazu. Die Besonderheit bei dieser Transformation ist, dass es sichum eine zeitveränderliche Transformation handelt, da sie vom Drehwinkel ϑ(t) abhängt.Diese Transformation ist unter demNamen „Park-Transformation“ bekannt (siehe [Schrö-der07]). Mit der folgenden Gleichung wird ein beliebiger Zeiger x von α-β-Koordinaten ind-q-Koordinaten transformiert:

[

xdxq] = [

cos ϑ(t) sin ϑ(t)− sin ϑ(t) cos ϑ(t)

] [

xαxβ] . (3.33)

Durch diese Transformation werden die sinusförmigen Größen zu quasi-konstanten Grö-ßen, wie es in Abb. 3.48 veranschaulicht ist. Quasi-konstant heißt hier, dass sie bis aufdynamische Übergänge, wie zu Anfang des Zeitverlaufs in Abb. 3.48, konstant sind.

Zu beiden Koordinatentransformationen gibt es die entsprechenden Rücktransforma-tionen, zuerst die vom d-q-System in das α-β-System (inverse Park-Transformation):

[

xαxβ] = [

cos ϑ(t) − sin ϑ(t)sin ϑ(t) cos ϑ(t)

] [

xdxq] , (3.34)

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3 Komponenten des Hybridantriebs 137

t t t

i i i

a b c

V

U

W

ββ

α α

ϑ( )t

dq

Abb. 3.48 Stromverläufe für eine permanenterregte Synchronmaschine und zugehörige Koordina-tensysteme. a U,V,W-System, b α-β-System, c d-q-System

sowie die vom α-β-System in das ursprüngliche U,V,W-System (inverse Clarke-Trans-formation):

xUxVxW

=

C

[

xαxβ] . (3.35)

Motorgleichungen der permanenterregten SynchronmaschineDie vollständigen Motorgleichungen der permanenterregten Synchronmaschine im d-q-Koordinatensystem werden im Folgenden gezeigt (siehe auch [Quang99]). Die Gleichun-gen sind für allgemeine Maschinen angegeben, bei denen die Induktivitäten in Längs- undQuerachse, nämlich Lsd und Lsq , unterschiedlich sein können. Je nachAusführung derMa-schine sind diese entweder ungefähr gleich (z. B. bei Vollpolmaschinen) oder unterschied-lich (z. B. bei Reluktanzmaschinen) undmüssen dementsprechend getrennt berücksichtigtwerden. Die Gleichung

disddt= −

Rs

Lsdisd + ωs

Lsq

Lsdisq +

Lsd

usd (3.36)

gibt das Verhalten des Ständerstromes isd in d-Richtung an, in Abhängigkeit von sich sel-ber, des Ständerstromes isq in q-Richtung, der Winkelgeschwindigkeit ωs des Läufers undder Ständerspannung usd in d-Richtung. Der Ständerwiderstand ist mit Rs bezeichnet. DieGleichung (3.36) kann aus dem Ersatzschaltbild in Abb. 3.31a hergeleitet werden. Die Glei-chung

disqdt= −ωs

Lsd

Lsqisd −

Rs

Lsqisq +

Lsq

usq −ΨP

Lsqωs (3.37)

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138 N. Amann et al.

gibt das Verhalten des Ständerstromes in q-Richtung an, in Abhängigkeit von sich selber,des Ständerstromes isd in d-Richtung, der Drehzahl ωs des Läufers, der Ständerspannungusq in q-Richtung sowie dem Polradfluss ΨP ; vgl. hierzu das Ersatzschaltbild in Abb. 3.31b.Die Gleichung

M =p (ΨP isq + isd isq(Lsd − Lsq)) (3.38)

gibt das Moment in der Maschine an, in Abhängigkeit der Ständerströme in d- und q-Richtung sowie des Polradflusses.WichtigeMaschinenparameter sind die Polpaarzahl p so-wie die schon erwähnten Induktivitäten Lsd und Lsq . Falls die beiden Induktivitäten gleichsind, so vereinfacht sich die Momentengleichung erheblich, da das Moment direkt pro-portional zum Produkt des Polradflusses ΨP mit dem momentenbildenden Strom isq ist.Der Polradfluss ΨP lässt sich aus der Polradspannung und der Winkelgeschwindigkeit ωs

bestimmen:ΨP =

UP

pωs. (3.39)

Die PolradspannungUP ist die Spannung, die man bei einer bestimmten Drehzahl an denSträngen einer stromlosen Maschine messen kann. Zum Schluss kommt noch die mecha-nische Gleichung

Jpdωs

dt= M −MLast , (3.40)

die angibt, wie sich die elektrischeWinkelgeschwindigkeit ωs derMaschine aus demDreh-momentM der Maschine und dem LastmomentMLast berechnet, wobei J dasMassenträg-heitsmoment der Maschine ist. Zu beachten ist der Unterschied zwischen mechanischerund elektrischer Drehzahl: Da der Läufer bei einer mechanischen Umdrehung an den pPolpaaren vorbeirotiert, gilt die Beziehung ωmech = ωs/p.

3.2.4.3 Aufbau der feldorientierten Regelung

StrukturbildDer prinzipielle Aufbau der feldorientierten Regelung (FOR) ist in Abb. 3.49 gezeigt. Diewesentlichen Ausgabegrößen der feldorientierten Regelung sind drei PWM-Aussteue-rungen, die die Eingangsgrößen der Leistungselektronik sind. Diese hat die Aufgabe, diePhasenderMaschinemit drei Spannungen zu beaufschlagen. Dabei wird für jede PhasedieZwischenkreisspannung mittels Pulsweitenmodulation (PWM) anhand der Aussteuerun-gen in Spannungen umgesetzt, die an den Phasen angelegt wird. Der Strom, der daraufhinin den Phasen fließt (nämlich iU, iV, iW), wird von Stromsensoren gemessen und geht alswichtige Eingangsgröße in die feldorientierte Regelung ein.

Zudem wird durch einen Positionssensor der Drehwinkel ϑ(t) des Läufers gemessen.Nun wird zuerst mittels der Transformation (3.32) aus den drei Strömen der Maschine inein rechtwinkliges Koordinatensystem mit zwei Strömen übergegangen. Dann wird mitHilfe der Beziehung (3.33) in das läuferflussbezogene Koordinatensystem übergegangen.Ergebnis des Transformationsblockes sind die Istwerte isd ist und isq ist der Ströme.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 139

Entkopp-lungs-netzwerk

Leistungs-elektronik

→→

UVW

UVW

d-Regler

q-Regler

Synchron-motor

Drehung

Drehung

αβ

αβαβ

αβdq

dq

M isq

Fluss-vorgabe

+

+

d/dtωs ϑ ϑ

isq soll

isd soll

isq ist

isd ist iU , iV , iW

Msoll

usd soll

usq soll

PWM-Aus-

steuerung

Abb. 3.49 Strukturbild der feldorientierten Regelung. Die Variablen werden im Text erklärt

Die wesentliche Eingangsgröße von außen in die feldorientierte Regelung ist das Soll-momentMsoll . Aus diesem wird über die Beziehung (3.38), der Momentengleichung, derSollstrom isq soll in q-Richtung bestimmt. Der Block „Flussvorgabe“ wird im Abschnitt„Feldschwächung“ (siehe unten) beschrieben. Er berechnet mit Hilfe derWinkelgeschwin-digkeit ωs den Sollstrom isd soll in d-Richtung. Die Ströme in d- und q-Richtung werdendurch zwei Reglerblöcke geregelt. Die Regler für die Ströme isd und isq werden oft als PI-Regler ausgestaltet. Ausgang der Reglerblöcke sind die Sollspannungen usd soll und usq soll

in d-q-Koordinaten.Der Block „Entkopplungsnetzwerk“ wird im folgenden Abschnitt beschrieben und hat

genauso Sollspannungen in d-q-Koordinaten als Ausgang. Die Sollspannungen aus diesemBlock werden nun durch die Transformationen (3.34) und (3.35) zuerst in das ständerbe-zogene Koordinatensystem und dann in das dreiphasige Koordinatensystem zurück trans-formiert. Endergebnis sind die PWM-Aussteuerungen, die von der Leistungselektronik zuPhasenspannungen umgesetzt werden.

EntkopplungsnetzwerkDie Regelung der Ströme isd und isq ist ein Mehrgrößenregelungsproblem, da mit zweiStellgrößen (usd und usq) die beiden Regelgrößen isd und isq geregelt werden. Wie aus denGleichungen (3.36) und (3.37) ersichtlich ist, sind die Größen isd und isq miteinander ver-koppelt. Deswegen wird oft nach den d- und q-Reglern (siehe Abb. 3.49) ein so genanntesEntkopplungsnetzwerk verwendet. Dies hat den Sinn, die beiden Strompfade möglichstvollständig zu entflechten (siehe Abb. 3.50a). In dieser diagonalen Struktur sind die Pfadevon isd, usd und isq, usq voneinander getrennt.

Oft wird eine statische Entkopplung vorgenommen, indem der Term ω(Lsq/Lsd)isqaus Gleichung (3.36) zu usd und die beiden Terme −ωs(Lsd/Lsq)isd − ΨP/Lsqωs aus Glei-chung (3.37) zu usq addiert werden. Dies ist in Abb. 3.50b veranschaulicht. Dieses Auf-addieren kann regelungstechnisch als Störgrößenkompensation angesehen werden. Durch

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140 N. Amann et al.

isd ist

isd soll–

isd -Regler

Maschine undEntkopplungsnetzwerk

-Komponented

Maschine undEntkopplungsnetzwerk

-Komponenteqisq ist

isq soll

isq-Regler

usq

usd

+

usq

usd usd

usq+

+ isd

isq

isd

isq

MaschineEntkopplungs-

netzwerk

ΨP

Lsqωs

a

b

cisq

Lsq

Lsdωsisq

Lsq

Lsdωs

isd

Lsd

Lsqωs

ΨP

Lsqωs

isd

Lsd

Lsqωs

Abb. 3.50 Entkopplungsnetzwerk. aMotivation, b Funktion, c Entkoppeltes Netzwerk

diese Entkopplung zeigen die beiden Ströme jeweils näherungsweise PT1-Verhalten, dasnun getrennt voneinander ausgeregelt werden kann (Abb. 3.51c). Durch diese stationäreKompensation wird die Entkopplung nicht zu allen Zeitpunkten perfekt gelingen, so dasseine gewisse gegenseitige Störung kurzzeitig vorhanden sein kann.

FeldschwächungIn der Synchronmaschine ist die induzierte Spannung proportional zum magnetischenFeld und zur Winkelgeschwindigkeit. Ab einer bestimmten Drehzahl ist diese durch denPolradfluss induzierte SpannungUP größer als diemaximal anlegbare Spannung, die durchdie Zwischenkreisspannung vorgegeben ist. Ab diesem Punkt kann derWechselrichter einegewünschte Sollspannung nicht mehr stellen. Um die Drehzahl doch noch weiter erhö-hen zu können, wird das Konzept der Feldschwächung angewendet. Dazu wird ein ne-gativer isd-Strom eingeprägt. Bei Maschinen ohne Reluktanzanteil (d. h. Lsd = Lsq , sieheAbschn. 3.2.2.2) wird normalerweise ohne Feldschwächung der Strom isd auf null gehal-ten, da er nicht zum Drehmoment der Maschine beiträgt (siehe Gleichung (3.38)). DieserBetriebsfall der Maschine ist im Zeigerdiagramm in Abb. 3.51a dargestellt. Es wird nur der

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3 Komponenten des Hybridantriebs 141

.sqs iR

sds iR

sqs iR

sUsminU

P PU U

sqsq iLω sqsq iLω

sd

sd

sd

sdi

iL

sqs ii � sqs

sd

ii

id d

q qa b

Abb. 3.51 Zeigerdiagramme der Ständerspannungsgleichung. a optimale Antriebsnutzung mitisd = , bminimale Ständerspannung im Feldschwächbereichmit isd < .

momentenbildende Strom isq eingespeist, insgesamt ergibt sich ein Ständerspannungsvek-tor Us wie eingezeichnet.

Dagegen wird mit einem negativen Stromanteil isd ein zusätzlicher SpannungsvektorZsd isd = (Rs + jωsLsd)isd zum bisherigen Ständerspannungsvektor dazuaddiert. Es ergibtsich die Situation im Zeigerdiagramm wie in Abb. 3.51b dargestellt. Zum besseren Ver-gleich der Zeigerlänge von Us und Us min sind beide Diagramme für die gleiche Drehzahldargestellt, auch wenn normalerweise das Zeigerbild links bei kleinerer Drehzahl als rechtsvorkommt. Der Ständerspannungsvektor wird durch den zusätzlich eingeprägten Stromisd insgesamt verkürzt. Den minimalen Spannungsvektor Us min erhält man, wenn der zu-sätzliche SpannungsvektorZsd isd und der resultierende SpannungsvektorUs min senkrechtaufeinander stehen. Durch diese Maßnahme wird der mögliche Drehzahlbereich der Ma-schine erhöht, wobei dies dadurch erkauft wird, dass eine zusätzliche Stromkomponenteisd eingespeist wird. Die momentenbildende Stromkomponente isq muss also verringertwerden, so dass das maximale Moment im Feldschwächbereich kleiner ist als das nahezukonstante Moment im unteren Drehzahlbereich.

3.2.4.4 SensorikDie wesentlichen Messgrößen der feldorientierten Regelung sind der Drehwinkel des Läu-fers und die Ströme der Phasen. Weitere Messgrößen sind die Zwischenkreisspannungsowie Temperaturen der Maschine. Von diesen Messgrößen können andere Größen abge-leitetet werden. Beispielsweise wird die Drehzahl der Maschine typischerweise aus der Ab-leitung des Drehwinkels berechnet. Die Temperaturen der Maschine (z. B. Ständertempe-ratur) werden dazu benutzt, um die temperaturabhängigen Parameter der Maschine nach-

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142 N. Amann et al.

zuführen. Beispielsweise ist derWiderstand derMaschine temperaturabhängig.Durch einetemperaturabhängige Nachführung erzielt man eine bessere Regelgüte und Genauigkeit.

Eine genaue Messung des Drehwinkels bei der Synchronmaschine ist eine wesentli-che Voraussetzung für eine leistungsfähige Drehmomentregelung. Dies ergibt sich daraus,dass die Genauigkeit der Koordinatentransformation unmittelbar vom richtigen Drehwin-kel abhängt und die Güte der weiteren Regelung davon abhängt, dass in den richtigenKoordinaten gerechnet wird. Bei einem falsch gemessenen Drehwinkel ergeben sich einStromverlauf mit überlagerten Wechselstromanteilen (Ripple), daraus ein Momentenver-lauf mit ebensolchen, überlagerten Wechselanteilen („Torque Ripple“) und weitere Effekte,wie z. B. Geräusche.

Andererseits ist ein guter, robuster Drehwinkelsensor ein kostspieliges Bauteil. Für An-wendungen in Hybridfahrzeugen sind die Anforderungen an Robustheit und Kosten be-sonders hoch. Zum Einsatz kommen Sensoren nach dem Resolver-Prinzip, Hall-Sensorenoder magnetoresistive Sensoren sowie Inkrementalgeber. Aus den genannten Gründen er-gibt sich dieMotivation, ohneDrehwinkelsensor auszukommen. Regelungsverfahren ohneDrehwinkelsensor sind unter dem Begriff „sensorlose Regelung“ bekannt. Dabei wird derDrehwinkel aus anderen gemessenen Größen (Strömen und Spannungen) berechnet. Bei-spielsweise kann aus der induzierten Spannung auf die Drehzahl zurückgeschlossen wer-den.

Für gut funktionierende Methoden werden Schätzer oder Beobachter ausgehend vonden Maschinengleichungen (3.36) und (3.37) aufgesetzt, siehe beispielsweise[Matsui92]oder [Vas98]. Für hoheDrehzahlen funktionieren dieseVerfahren recht passabel, beiDreh-zahlen um null herum jedoch nicht. Bei Drehzahl null lässt sich allein aus den Gleichungen(3.36) und (3.37) die Drehzahl nicht berechnen, da dieser Punkt im Sinne der Regelungs-technik nicht beobachtbar ist (siehe auch [Schröder09]). Deswegen werden dort weitereInformationen benötigt, die beispielsweise durch Auswertung weiterer Signale (überlager-ten Wechselströmen, siehe [Schrödl92]) gewonnen werden oder durch gezieltes Einbauenvonmagnetischen Asymmetrien in die Maschine (z. B. so, dass Lsd ungleich Lsq wird, sieheauch Abschn. 3.2.2.2).

3.2.4.5 Sonstige Regelungselemente für HybridfahrzeugeZum Umfang des elektrischen Antriebs in Hybridfahrzeugen gehören neben der Fähig-keit, eine genaue Drehmomentregelung leisten zu können, noch andere Anforderungen.Der elektrische Antrieb muss neben der Drehmomentvorgabe noch weitere Vorgabemodibereitstellen. Diese sind meistens die Drehzahlregelung und die Spannungsregelung. Da-zu wird in einer kaskadierten Struktur um die feldorientierte Regelung und die elektrischeMaschine (siehe Abb. 3.49) ein weiterer Regelkreis gelegt. Abbildung 3.52 zeigt dies fürden Fall einer Drehzahlregelung. In diesem Beispiel wird die Drehzahl mit Sollvorgabensoll geregelt. Ein Regelblock (im einfachsten Fall ein PI-Regler) reagiert auf die Drehzahl-abweichung und errechnet ein SolldrehmomentMsoll und ein begrenztes SolldrehmomentMlim, das von der feldorientierten Regelung eingeregelt wird.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 143

Feld-orientierteRegelung

Drehzahl-regelung Msoll

n ist

nsoll

Leistungs-elektronik,

ElektromotorM lim

BegrenzungStröme, Drehwinkel

Abb. 3.52 Strukturbild Kaskadenregelung. nsoll Solldrehzahl, nist Istdrehzahl, Msoll errechnetesSolldrehmoment,Mlim begrenztes Solldrehmoment

Oft gehören zu den funktionalen Möglichkeiten des elektrischen Antriebs auch dieFähigkeiten, gezielt Begrenzungen vornehmen zu können. Dies ist einerseits aufgrundder allgemeinen Leistungsbeschränkung der elektrischen Maschine (etwa aufgrund derDrehmoment-Drehzahl-Kurve) notwendig. Andererseits erfordert die übergeordnete Hy-bridsteuerung, die die Vorgaben an den elektrischen Antrieb errechnet, oft eine genaueBegrenzung des Drehmomentes, um Übergänge zwischen Betriebszuständen möglichstunmerklich zu gestalten. Dabei wird im Drehzahlmodus eine Solldrehzahl angegeben,gleichzeitig aber auch ein erlaubtes Maximal- und Minimalmoment. Der Drehzahlreglermuss bei der Regelung immer innerhalb der erlaubten Drehmomentgrenzen bleiben, auchwenn dadurch die exakte Drehzahlregelung nicht möglich ist.

Ähnliche Grenzen sind auch für die Ableitung des Drehmomentes oder der Drehzahldenkbar. In Abb. 3.52 ist der Begrenzungsblock zwischen der Drehzahlregelung und derfeldorientierten Regelung eingezeichnet. Da Begrenzungen eine Berücksichtigung im Reg-ler erfordern, in der Art eines Anti-Windup-Algorithmus (siehe [Schröder09]), ist die engeVerzahnung zwischen Drehzahlregelung, Begrenzung und feldorientierter Regelung, wiein Abb. 3.52 gezeigt, wichtig für die Funktion des elektrischen Antriebs im Hybridfahr-zeug.

3.3 Elektrik und Elektronik

Dieter Kraft, Bernd Cebulski, Toni Viscido, Jochen Faßnacht und Franz Gretz-meier

Im Gegensatz zu früheren Fahrzeugen, in denen ausschließlich der Maschinenbau kom-biniert mit einfacher Elektrik (z. B. Starter, Zündung) zur Anwendung kam, übernimmtdie Elektronik heute vielfache Aufgaben im Antriebsstrang, in Sicherheitssystemen, in derFahrdynamikregelung, zurVerbesserung desKomforts sowie in derKommunikations- undInformationstechnik. Die folgenden Abschnitte sollen einen groben Überblick über dieElektronik geben undThemen, die für Hybridfahrzeuge relevant sind, detaillierter darstel-len.

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144 N. Amann et al.

3.3.1 Energiebordnetz

Das Bordnetz muss die elektrischen Verbraucher möglichst unauffällig, effizient, sicherundmit hoher Verfügbarkeit mit Energie versorgen, so dass alle Funktionen des Fahrzeugsgewährleistet sind. Das Bordnetz wird durch die Gesamtheit der elektrischen Energieer-zeuger, Speicher, Verteiler, Wandler, Leitungen und Verbraucher gebildet. Strategien zurVerteilung der Energie und die Koordination der Verbraucher sind ebenfalls Teil des Bord-netzes. Die Tab. 3.6 und 3.7 zeigen einige wichtige Komponenten des Bordnetzes.

Die Bordnetze verschiedener Fahrzeugkonzepte unterscheiden sich je nach den gestell-ten Anforderungen erheblich. Das Bordnetz eines Fahrzeugs mit Start-Stopp-System isteinem konventionellen sehr ähnlich. Bordnetze fürMild- oder Vollhybrid-Antriebe hinge-gen verfügen zusätzlich über eine hohe Spannungsebene mit höherer Leistung und unter-scheiden sich damit deutlich vom Bordnetz eines konventionellen Fahrzeugs.

Das Bordnetz eines konventionellen Fahrzeugs hat im Wesentlichen die Aufgabe, dieelektrischen Verbraucher sicher und effizient zu versorgen. Bei einem Fahrzeug mit Start-Stopp-Systemmuss zusätzlich der sichere und komfortable Verbrennungsmotorstart auchwährend der Fahrt gewährleistet werden. Eine spezielle Ausprägung dieser beiden Bord-netze nutzt verstärkt die kinetische Energie des Fahrzeugs im Schleppbetrieb des Verbren-nungsmotors. Das Bordnetz muss so konzipiert werden, dass es selbst unter widrigstenBedingungen, z. B. imWinter, vom Fahrer unbemerkt arbeitet.

Die Aufgaben eines Hybridfahrzeugbordnetzes sind umfangreicher und umfassen dieSpeicherung von elektrischer Energie aus dem Antriebsstrang bei der Rekuperation undder Betriebspunktverschiebung des Verbrennungsmotors, die Abgabe elektrischer Energiean den Antriebsstrang beim Boosten und beim elektrischen Fahren und die sichere Ver-sorgung der elektrischen Verbraucher im Traktions- und Niederspannungsbordnetz.

ImGegensatz zur Einteilung der Stromversorgungsnetze gemäß VDE-Normung in Sys-teme mit Schutzkleinspannung (unter 60V Gleichspannung und 50VWechselspannung),Niederspannungssysteme bis 1000V, Mittelspannungssysteme bis 16 kV und Hochspan-nungssysteme, wird in der Fahrzeugtechnik von „Systemenmit niedrigen Spannungen“ ge-sprochen, wenn man Bordnetze unter 60V Gleichspannung bzw. 50VWechselspannung,also das 12-V-, 24-V- oder 42-V-Systemmeint und von „Systemenmit hohen Spannungen“bei Spannungen von 50 bis 1000VWechselspannung bzw. 60 bis 1500V Gleichspannung.Das Bordnetz mit der hohen Spannung wird häufig auch als Traktionsnetz oder Hochvolt-Bordnetz (HV-Bordnetz) bezeichnet.

3.3.1.1 Bordnetztopologien

Konventionelle 12-V-BordnetzeDas Standardbordnetz heutiger Pkw enthält als Energiespeicher eine 12-V-Batterie. Umdie Ladung sicherzustellen, wird das Bordnetz aber mit Spannungen knapp oberhalb von14V betrieben. Abbildung 3.53 zeigt die prinzipielle Topologie aktueller konventioneller12-V-Bordnetze. Unabhängig von der konkreten Umsetzung, welche weitaus komplexer

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3 Komponenten des Hybridantriebs 145

Tab. 3.6 Übersicht über einige Komponenten des 12-V-Bordnetzes (Robert Bosch GmbH)

Komponente Abbildung FunktionGenerator Versorgt das Bordnetz mit Energie; wird

vom Verbrennungsmotor angetrieben

Batterie Ist der Energiespeicher des Bordnetzes;stellt Energie zum Starten zur Verfügung;puffert Leistungsspitzen

Starter Startet den Verbrennungsmotor

Hydraulikmodul mitSteuergerät

Realisiert die ABS-Funktionalität (Anti-Blockiersystem der Bremse)

Schiebedachmotor Öffnet das Schiebedach; ähnliche Motorenwerden für weitere Komfortfunktioneneingesetzt, wie Fensterheber, Sitzverstel-lung . . .

Steuergerät Besteht aus einem oder mehreren Rechner-kernen mit Peripherie; regelt und steuertdiverse Fahrzeugsysteme, wie den Verbren-nungsmotor, das Getriebe, die Bremse . . .

sein kann als hier dargestellt, ist allen Fahrzeugbordnetzen gemeinsam, dass drei verschie-dene Sparten identifiziert werden können: Die Energieerzeugung, die Energiespeicherungund der Energieverbrauch.

Die Energieflüsse sind in konventionellenArchitekturen eindeutig festgelegt: Energieer-zeuger erzeugen elektrische Leistung, die von den Verbrauchern in andere Energieformen(Licht, Wärme, Bewegung etc.) umgesetzt wird. Der Energiespeicher erfüllt die Funktioneines bidirektionalen Puffers, d. h. er speichert elektrische Energie während des Betriebsdes Fahrzeugs, um sie zur Verfügung stellen zu können, wenn das Fahrzeug ruht, der Ge-nerator also keine Leistung bereitstellen kann. Darüber hinaus dient der Energiespeicherzur Kompensation sehr kurzzeitiger Leistungsanforderungen aus dem Fahrzeugbordnetz.

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146 N. Amann et al.

Tab. 3.7 Übersicht über ausgewählte Komponenten desTraktionsbordnetzes (Robert BoschGmbH)

Komponente Abbildung FunktionElektrische Traktionsmaschine Wandelt entsprechend der Ansteuerung

durch den Pulswechselrichter mechanischeEnergie in elektrische und umgekehrt

Pulswechselrichter mit inte-grierten DC/DC-Wandler

Wandelt Gleichstrom in dreiphasigen Dreh-strom zur Ansteuerung des elektrischenAntriebs; versorgt das 12-V-Bordnetz ausdem Traktionsnetz

Traktionsbatterie Speichert elektrische Energie und ermöglichtso die Hybridfunktionen wie elektrischesFahren, Boosten und Rekuperation

Abb. 3.53 Konventionel-le 12-V-Bordnetzarchitektur[Reif10B]. G1 12-V-Batterie,G2 Drehstromgenerator mitintegrierter Gleichrichtungund Spannungsregelung,M Starter, S Startschalter,R/L ohmsche und induktiveStandardverbraucher

G1 S M G2 R/L

Diese Spitzen können in den meisten Fällen vom Generator aufgrund seiner zu geringenRegelgeschwindigkeit nicht direkt abgedeckt werden. Als Energieerzeuger wird üblicher-weise eine Drehstrom-Klauenpolmaschine eingesetzt. Diese kann je nach Bauform undTechnologie Dauerströme bis ca. 200A zur Versorgung des Bordnetzes und zur Ladungdes Energiespeichers liefern.

Die Sparte der Energiespeicherung wird in den meisten Fällen durch eine zentraleBlei-Säure-Batterie dargestellt. Technisch gesehen handelt es sich bei dieser „Blei-Säure-Batterie“ nicht um eine Primärzelle, sondern um eine Sekundärzelle, d. h. einen wie-deraufladbaren Akkumulator. Trotzdem wird im Folgenden der in der Automobiltechniketablierte Begriff „Batterie“ zur Bezeichnung des Energiespeichers im Fahrzeug verwendet.

In seltenen Sonderformen können auch zwei Batterien im Fahrzeug vorhanden sein,wobei in diesem Fall eine Batterie nur zur Bordnetzversorgung und die andere Batterieausschließlich zum Starten des Verbrennungsmotors benutzt wird. Sollten im Fahrzeug-bordnetz Mild-Hybrid-Funktionen implementiert sein, kommen auch vermehrt Speichermit zyklenfesteren Technologien wie z. B. AGM-Batterien (Absorbent GlassMat) zumEin-satz.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 147

Durch eine Integration der Batterielade- und -entladeleistung über die relevanten Belas-tungszyklen kann überprüft werden, ob die Ladebilanz ausgeglichen ist. So kann sicherge-stellt werden, dass die Batterie immer ausreichend geladen wird. Untersuchungen belegen,dass ein sehr häufiger Ausfallgrund von Blei-Säure-Batterien eine falsche Behandlung ist,insbesondere Lagerung oder Betrieb bei unzureichender Ladung. Dies unterstreicht dieWichtigkeit derartiger Ladungsbilanzierungen, den Vorhalt eines gewissen Ladeleistungs-überschusses und das Vorsehen einer Speicherreserve in der Batterie. Lade- und Entlade-zyklen schädigen die Batterie. Man spricht von einem 100-%-Lade-Entladezyklus, falls dieBatterie vollständig geladen und danach wieder vollständig entladen wird. Generell sindgroße Ladungszyklen, d. h. eine tiefere Entladung (z. B. um 20–100%) mit anschließen-der Wiederaufladung überproportional schädlicher als kleine von wenigen Prozent (bis5%). Die Batterie muss daher auf die zu erwartenden Zyklisierungsanforderungen aus-gelegt werden, um einen vorzeitigen Batterieausfall oder zu hohe Kosten und zu hohesBatteriegewicht aufgrund einer überdimensionierten Auslegung zu vermeiden.

Das Kollektiv der Energieverbraucher wird durch sämtliche elektrische Lasten im Fahr-zeug dargestellt. Hierbei kann eine weitere Unterteilung der Energieverbraucher anhandverschiedener Kriterien erfolgen, beispielsweise auf einer funktionalen Ebene (z. B. Motor-steuerung, Fahrwerks-Regelung, Komfort-Funktionen, Infotainment etc.). Ebenfalls denk-bar ist eine Kategorisierung basierend auf der durchschnittlichen Einschaltdauer: Einer-seits existieren in einemFahrzeugbordnetzKurzzeit-Verbraucherwie Blinker, Fensterheberoder Schiebedach, andererseits sind auch Langzeit- undDauerverbraucher wie Sitzheizun-gen, Beleuchtungseinrichtungen oder Radio vorhanden.Als dritte Möglichkeit können dieVerbraucher auch auf Basis ihres typischen Leistungsbedarfs eingeteilt werden. Die Band-breite zwischen Verbrauchern mit Stromaufnahmen im Bereich einiger mA (z. B. Steuer-geräte, Leuchtdioden) und Spitzen-Stromaufnahmen von mehr als 100A (z. B. elektrischeServolenkung, Starter) kann dabei mehrere Größenordnungen betragen.

Tabelle 3.8 gibt eine Übersicht über die Leistungsanforderungen einiger ausgewählterVerbraucher eines Oberklassefahrzeugs. Anhand der Tabelle können die Verbraucher inSpitzenlastverbraucher, wie die elektrohydraulische Bremse oder die elektrische Lenkung,und in Dauerlastverbraucher, wie die Motorsteuerung oder die Kraftstoffpumpe aufge-teilt werden. Komponentenmit sehr schnellen Stromanstiegsgeschwindigkeiten und einemsehr großen Verhältnis von Spitzen- zu Dauerlast, wie die genannten Spitzenlastverbrau-cher, können vom Generator nur im Mittel versorgt werden. Hier muss die Batterie diePufferfunktion für auftretende Leistungsspitzen übernehmen. Dies gilt auch, falls der Ver-brennungsmotor gerade mit geringer Drehzahl betrieben wird und der Generator somitnur eine geringe Leistung abgeben kann und gleichzeitig viele Verbraucher aktiv sind. Ineiner anderen Betriebsphase muss der Generator dann bezogen auf den Bordnetzbedarfmit Energieüberschuss betrieben werden, um die Ladebilanz der Batterie wieder auszu-gleichen.

Aufgrund des Ziels, Kraftstoff einzusparen – 100W elektrische Last erhöhen den Ver-brauch um ungefähr 0,1 l Kraftstoff auf 100 km – muss auch beim konventionellen Fahr-zeug der Wirkungsgrad im Bordnetz erhöht und der elektrische Leistungsbedarf reduziert

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148 N. Amann et al.

Tab. 3.8 Exemplarischer Spitzenleistungs- undmittlerer Leistungsbedarf ausgewählterVerbraucher

Verbraucher Spitzenleistung in Watt Mittlere Leistungin Watt

Elektrohydraulische Bremse 1700 20Elektrische Lenkung (abhängig von Fahrzeug) 1500–2000 < 20Kühlerlüfter 800 80Motorsteuerung 300 230Kraftstoffpumpe 100 100Abblendlicht 120 20Fernlicht 140 3Sitzheizung (pro Sitz) 130 5Frontscheibenwischer 150 10Heckscheibenheizung 400 10

werden. Um die Sicherheit und den Komfort eines Fahrzeugs zu steigern, erhöht sich je-doch die Anzahl der elektrischen Verbraucher. Um diesen Zielkonflikt aufzulösen oderzumindest zu mildern, kann mit einer Elektrifizierung der Nebenaggregate des Verbren-nungsmotors und einer bedarfsgerechten Ansteuerung derselben der Kraftstoffverbrauchdes Fahrzeugs trotz steigender Bordnetzlast gesenkt werden. Generell ist daher zu erwar-ten, dass die Bordnetzleistung in Zukunft nicht mehr so stark zunehmen wird wie in derVergangenheit, aber dennoch kontinuierlich steigen wird.

Muss das Niederspannungsbordnetz sicherheitsrelevante Verbraucher versorgen, dasheißt, ein Ausfall der Versorgung könnte zum Beispiel zu einer stark verminderten Brems-leistung bei der elektrischen Keilbremse führen, so sollte die Verfügbarkeit der Versor-gung derartiger Verbraucher durch Zusatzmaßnahmen gewährleistet werden. Eine Mög-lichkeit stellt die Pufferung von sicherheitsrelevanten Verbrauchern mit Doppelschicht-kondensatoren dar, die beim Ausfall des Bordnetzes von demselben entkoppelt werdenkönnen und somit die Funktion für kurze Zeit weiter sicherstellen. Eine derartige Topo-logie ist in Abb. 3.54 dargestellt. Alternativ kann zur Sicherstellung der Versorgung einezusätzliche Batterie eingesetzt werden (Abb. 3.55). Hierbei werden die Batterien ähnlichder vorherigen Topologie derart redundant verschaltet, dass beide ausfallen müssten, umdie Versorgung eines sicherheitsrelevanten Verbrauchers schlagartig zum Ausfall zu brin-gen.

Die Verbraucherleistung kann theoretisch bei gleichzeitigem Betrieb aller installiertenVerbraucher bei einem Fahrzeug mit hohem Ausstattungsgrad über 20 kW betragen. Die-ser Wert tritt allerdings in der Praxis nur extrem selten auf. Bei derartigen Fahrzeugenkann aber trotzdem der Energieverbrauch im Mittel über mehrere Tage oder Wochen inbestimmten Fällen die Energiebereitstellung über den Generator überschreiten. Dies giltzum Beispiel bei sehr häufigen Kurzstreckenfahrten bei Nacht und Regen imWinter. Hier-bei sind viele Verbraucher wie Sitzheizung, Heckscheibenheizung, Lüftergebläse, Licht undScheibenwischer aktiv und der Verbrennungsmotor treibt den Generator meist mit niedri-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 149

G1S

A

CM G2

R1/

L1

R2/

L2

Abb. 3.54 Doppelschichtkondensator zur Stützung eines sicherheitsrelevanten Verbrauchers.AEntkopplungssteuergerät, CDoppelschichtkondensator,G112-V-Batterie,G2Drehstromgeneratormit integrierter Gleichrichtung und Spannungsregelung, M Starter, R1/L1 ohmsche und induktiveStandardverbraucher, R2/L2 ohmsche und induktive sicherheitsrelevante Verbraucher, S Startschal-ter

G1 G3S

A

M G2R

1/L

1

R2/

L2

Abb. 3.55 Zweitbatterie zur Stützung eines sicherheitsrelevanten Verbrauchers [Reif10B]. A Ent-kopplungssteuergerät,G1 12-V-Batterie,G2Drehstromgeneratormit integrierterGleichrichtungundSpannungsregelung, G3 Zweitbatterie; M Starter, R1/L1 ohmsche und induktive Standardverbrau-cher, R2/L2 ohmsche und induktive sicherheitsrelevante Verbraucher, S Startschalter

ger Drehzahl an. In derartigen Fällen können mittlere Verbraucherleistungen von 3–5 kWdem Bordnetz entnommen werden.

Falls man den Generator und die Batterie nicht auf diese extremen und meist selte-nen Belastungen auslegen und trotzdem ein Liegenbleiben mit leerer Batterie verhindernwill, so muss ein Energiemanagement mit Verbrauchersteuerung vorgesehen werden. So-bald dieses Energiemanagement von der Zustandserkennung der 12-V-Batterie mitgeteiltbekommt, dass die Batterie zu stark entladen wird, wird zuerst der Generator stärker er-regt, damit die erzeugte elektrische Leistung steigt. Falls dies nicht ausreicht, so werdenKomfortverbraucher abgeschaltet oder gedrosselt. Hierzu müssen diese Verbraucher oderderen Ansteuerung über einen Bus mit dem Energiemanagement kommunizieren. DiesesZusammenspiel zeigt Abb. 3.56. Obwohl mit derartigen Abschalteingriffen das Bordnetzsicher stabilisiert werden kann, sind diese doch zu vermeiden, da sie als Komfortverlustvom Kunden wahrgenommen werden können.

Das Bordnetz für Fahrzeugemit Start-Stopp-SystemBeim Bordnetz eines Fahrzeugs mit Start-Stopp-System handelt es sich um ein 12-V-Bordnetz ähnlich dem eines konventionellen Fahrzeugs, welches um einige Zusatzeigen-

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150 N. Amann et al.

Energiemanagement

Batterie-Management

Generator-Management

Verbraucher-Management

Schnittstellezu anderenSystemen

Batterie-Zustands-Erkennung

Stufe 1 Stufe 2 Verbraucher-abschaltung

Stufe 1 Stufe 2

Zeit1 2

3

0Bat

terie

stro

m

Für

den

Sta

rtve

rfüg

bare

Leis

tung

a

b

c

Abb. 3.56 Beispiel für Verbraucherabschaltungdurch das Energiemanagement [Reif10B]. aAufbaudes Energiemanagements, b Verlauf des Batterieentladestroms mit Energiemanagement, c Verlaufder Startfähigkeit (Falls die verfügbare Leistung oberhalb der Startfähigkeitsgrenze ist, kann gestar-tet werden, darunter nicht mehr): 1 Startfähigkeitsgrenze, 2 Verlauf der für den Start verfügbarenLeistung ohne Energiemanagement, 3 Verlauf der für den Start verfügbaren Leistung mit Energie-management

schaften erweitert wurde. Um Kraftstoff zu sparen, schaltet das Start-Stopp-System beiFahrzeugstillstand den betriebswarmen Verbrennungsmotor ab und startet beim Betäti-gen der Kupplung oder Einlegen des Ganges diesen mit einem elektrischen Starter erneut.Diese Funktion bringt generell zwei zusätzliche Anforderungen an das Bordnetz mit sich:

1. Sicherstellen eines schnellen Wiederstarts des Verbrennungsmotors unter allen Be-triebsbedingungen,

2. Sicherstellen eines störungsfreien und sicheren Betriebs der anderen Verbraucher wäh-rend des Motorstopps und des Startvorgangs, d. h. die Versorgungsspannung ist immerin einem zulässigen Bereich zu halten und ein unzulässiges Entladen der Batterie ist zuvermeiden.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 151

G1G2

R1/

L1

R2/

L2

A2

A1

M

K

G3

Abb. 3.57 Bordnetz mit Abtrennung kritischer Verbraucher und Stützung mit kleiner Zusatz-batterie [Reif10H]. A1 Batteriezustandserkennung (Sensorik mit Auswertung), A2 Steuergerät mitStart-Stopp-Logik und Energiemanagement (steuert K und regelt den Erregerstrom von G2), G112-V-Batterie, G2 Drehstromgenerator mit integrierter Gleichrichtung, G3 Zusatzbatterie, K Trenn-schalter, M Starter, R1/L1 ohmsche und induktive Standardverbraucher, R2/L2 kritische ohmscheund induktive Verbraucher

Die Startfähigkeit des Fahrzeugs kann durch die Verwendung einer Batteriezustandser-kennung, die den Ladezustand und die Startfähigkeit der Batterie ermittelt, gewährleistetwerden. Falls die Startfähigkeit aufgrund einer entladenen oder geschädigten Batterie nichtsichergestellt ist, wird der Verbrennungsmotor inmöglichen Stopp-Phasennicht abgestellt.Um einer Entladung der Batterie durch häufige Starts entgegenzuwirken, muss diese vom14-V-Generator während des Betriebs des Verbrennungsmotors verstärkt geladen werden.Dies wird von der Start-Stopp-Steuerung in Zusammenarbeit mit einem Energiemanage-ment veranlasst.

Die generellen Spannungsgrenzen für Bordnetzverbraucher liegen zwischen 9V und16V, d. h. in diesemVersorgungsspannungsbereichmüssen die Komponenten einwandfreifunktionieren. Bei einem konventionellen Fahrzeug wird für den Start des Verbrennungs-motors dem Bordnetz kurzzeitig eine sehr große Leistung entnommen. Dadurch kann dieSpannung im 12-V-Bordnetz unter 9V einbrechen, z. B. auf 6V, so dass beispielsweise dasLicht flackert und das Radio kurzzeitig ausgeht. Dies ist unter Umständen beim Erststartnoch tolerierbar, aber nicht bei häufigen Wiederstarts des Verbrennungsmotors währendder Fahrt. Das Sicherstellen einer konstanten Spannungsversorgung für die Verbraucherwährend des Motorstarts ist aufwendig. Eine Möglichkeit hierzu ist die Verwendung einerkleinen Zusatzbatterie (z. B. einerMotorradbatterie) mit Trennschalter zur Versorgung derkritischen Verbraucher während des Starts (siehe Abb. 3.57).

Im normalen Fahrbetrieb ist der Trennschalter zwischen den beiden Bordnetzteilengeschlossen und beide Batterien werden vom Generator geladen. Beim Start des Verbren-nungsmotors wird dieser Trennschalter kurzzeitig geöffnet, um die kritischen Verbrauchermit der Zusatzbatterie vom restlichen Bordnetz (einschließlich Starter) zu entkoppeln. DieVersorgungsspannung bricht so nur in dem Bordnetzteil ein, der den Starter enthält. DerTrennschalter übernimmt prinzipiell die Funktion einer Diode, die ein Nachladen der Zu-satzbatterie ermöglicht, aber bei einem Einbruch der Starterbatteriespannung das zweiteBordnetz mit den kritischen Verbrauchern entkoppelt. Ein Vorteil dieser Lösung mit Zu-

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G1G2

R1/

L1

R2/

L2

A2

A1

M

U

DC

DC

Abb. 3.58 Bordnetz mit DC/DC-Wandler als Entkopplung. A1 Batteriezustandserkennung (Sen-sorik mit Auswertung), A2 Steuergerät mit Start-Stopp-Logik und Energiemanagement (regelt denErregerstrom von G2), G1 12-V-Batterie, G2 Drehstromgenerator mit integrierter Gleichrichtung,U Gleichspannungswandler, M Starter, R1/L1 ohmsche und induktive Standardverbraucher, R2/L2kritische ohmsche und induktive Verbraucher

satzbatterie ist der günstige Preis. Allerdings verursacht die zweite Batterie zusätzlichesGewicht und zusätzlichen Bauraumbedarf.

Eine alternative Möglichkeit ist die Sicherstellung der Spannungsversorgung der kriti-schen Verbraucher durch einen DC/DC-Wandler (siehe Abb. 3.58). Bei diesem Konzeptwird ebenfalls das Bordnetz in kritische Verbraucher mit Konstantspannungsbedarf undVerbraucher, bei denen die Versorgungsspannung einbrechen darf, aufgeteilt. Ein DC/DC-Wandler versorgt nun auch bei einbrechender Versorgungsspannung die kritischen Ver-braucher mit einer konstanten Spannung.

Aufgrund der mit der Leistung des DC/DC-Wandlers steigenden Kosten und Verlust-leistung wird versucht, nur die wirklich empfindlichen Verbraucher derartig zu puffern.Der Leistungsbedarf dieser Verbraucher sollte idealer Weise konstant sein. Für das Ra-dio und die meisten Steuergeräte ist dies beispielsweise erfüllt. Sonst wäre ein großerzusätzlicher Puffer oder ein entsprechend leistungsfähiger DC/DC-Wandler vorzusehen,welcher dann meist im extremen Teillastbereich mit schlechtem Wirkungsgrad arbeitet.Aufgrund der erhöhten Zyklisierung (Lade- und Entladezyklen) durch die Start-Stopp-Funktion empfiehlt sich der Einsatz einer zyklenfesteren, aber teureren Blei-Gel- oderAGM-Batterie [Wallentowitz10].

Unabhängig von der Topologie des Bordnetzes ist bei Fahrzeugen mit Start-Stopp-Systemen über einen Eingriff in dieRegelung des 14-V-Generators ein Energiemanagementmit verstärktem Einsatz von Rekuperation (Umwandlung der kinetischen Energie beimVerzögern in elektrische) realisierbar. Dies erfordert eine Schnittstelle zur Steuerung desVerbrennungsmotors sowie eine Batteriezustandserkennung (siehe Abb. 3.59). Sobald dieMotorsteuerung einen Schleppbetrieb signalisiert, wird die Generatorerregung erhöht,das Fahrzeug rekuperiert verstärkt und lädt die 12-V-Batterie nach. Diese rekuperierteEnergie kann zur Versorgung von elektrischen Bordnetzverbrauchern z. B. während derMotorstoppphase genutzt werden.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 153

G1G2 R

/LM

A1

A2

A3

Abb. 3.59 Bordnetz eines Start-Stopp-Fahrzeugs. A1 Batteriezustandserkennung (Sensorik mitAuswertung), A2 Steuergerät mit Start-Stopp-Logik und Energiemanagement (regelt den Erreger-strom von G2), A3 Motorsteuergerät, G1 12-V-Batterie, G2 Drehstromgenerator mit integrierterGleichrichtung, M Starter, R/L ohmsche und induktive Verbraucher

Bei ausreichender Batterieladung kann zum Beispiel während einer Beschleunigungs-phase die Generatorerregung zurückgenommen werden. Somit nimmt der Generatornahezu keine mechanische Leistung vom Verbrennungsmotor auf und es steht zirka1–3 kW zusätzliche Leistung zum Vortrieb zur Verfügung. Die Lastverringerung desGenerators beim Beschleunigen des Fahrzeugs wird vom Fahrer als kurzzeitiger Leis-tungsgewinn wahrgenommen.

Ein intelligentes Energiemanagement mit einer verstärkten Generatorerregung imSchleppbetrieb und reduzierter Erregung in Beschleunigungsphasen ist auch bei konven-tionellen Fahrzeugen ohne Start-Stopp-Anwendungmöglich. Hierbei ist zu beachten, dassdas Speichern der im Schleppbetrieb erzeugten Energie in der Batterie und die spätereEntnahme in Stopp-Phasen oder beim Beschleunigen zu einer verstärkten Alterung der12-V-Batterie und somit zu einem früheren Verschleiß derselben führt.

Bordnetze für Mild- und VollhybridfahrzeugeDie Funktionalität eines Mild- oder Vollhybridfahrzeugs erfordert mit 8–200 kW einegroße elektrische Leistung einzelner Komponenten, die auf der 12-V-Spannungsebenenicht sinnvoll bereitgestellt werden kann. Daher wird zusätzlich ein Traktionsbordnetz miteiner Spannung im Bereich von 42–750V benötigt. Zur Versorgung der 12-V-Verbraucherim Fahrzeug kann jedoch auf das 12-V-Standard-Bordnetz nicht verzichtet werden. Jenach Leistungsanforderungen der einzelnen Verbraucher werden diese aus dem entspre-chenden Bordnetz versorgt. Je nach Antriebsstruktur hat auch das Bordnetz eine spezielleTopologie, um die speziellen Anforderungen des jeweiligen Antriebsstrangs zu erfüllen.Dies wird im Folgenden ausführlicher erläutert.

Das 12-V-Bordnetz eines HybridfahrzeugsDas 12-V-Bordnetz ist für alle Hybridfahrzeuge ähnlich aufgebaut. Es ist dem 12-V-Bordnetz eines konventionell angetriebenen Fahrzeugs sehr ähnlich (siehe Abb. 3.60).Meist ist jedoch kein Starter vorhanden und die Versorgung erfolgt statt durch einen

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Abb. 3.60 12-V-Bordnetzeines Hybridfahrzeugs. E Trak-tionsnetz, G 12-V-Batterie,U potentialtrennender Gleich-spannungswandler,R/L ohmsche und induktiveVerbraucher

G R/L

U

E DC

DC

14-V-Generator meist über einen potentialgetrennten Gleichspannungswandler aus demTraktionsbordnetz. Falls sicherheitsrelevante Verbraucher, z. B. eine elektrische Keilbrem-se, im Hybridfahrzeug eingesetzt werden, sollte deren Versorgung − wie auch bei einemkonventionellen Fahrzeug − über geeignete Zusatzmaßnahmen wie einen redundantenEnergiespeicher sichergestellt werden.

Das TraktionsbordnetzDas Traktionsbordnetz (Bordnetz mit hoher Spannung) besteht aus mindestens einemHochleistungsenergiespeicher, mindestens einem Leistungssteller, z. B. einem Pulswech-selrichter (PWR) zur Ansteuerung der elektrischenMaschine, weiteren speziellenVerbrau-chern sowie meist einem Gleichspannungswandler zur Versorgung des 12-V-Bordnetzes.Als Traktionsmaschinen werden heute (im Gegensatz zu den Hybridfahrzeugprototy-pen der 70er und 80er Jahre) meist permanenterregte Synchronmaschinen eingesetzt.Die Regelung dieser Drehfeldmaschinen erfolgt mit der feldorientierten Regelung. DerPulswechselrichter in der Leistungsklasse von 10–250 kVA erzeugt aus einem Gleich-spannungszwischenkreis ein Drehstromsystem mit variabel einstellbarer Stromgröße undDrehfeldfrequenz für die elektrische Maschine.

Als Leistungshalbleiter werden heute MOSFET oder IGBT eingesetzt. Mit MOSFETkann man aufgrund der geringeren Schaltverluste eine höhere Taktrate der Leistungs-elektronik realisieren, was die Größe der induktiven Bauteile bei gleicher Stromwelligkeitreduziert, allerdings steigen die Durchlassverluste bei höheren Sperrspannungen stärkeran als bei IGBT. Gemäß [BlakeBull] werden MOSFET bei Schaltfrequenzen über 200 kHz,Ausgangsleistungen unter 500W und Spannungen unter 250V bevorzugt eingesetzt undIGBT bei Spannungen über 1000V, Leistungen über 5 kW und Schaltfrequenzen unter20 kHz. Dazwischen sind die Grenzen fließend und hängen von weiteren Randbedin-gungen wie Temperaturbereich, Tastverhältnis und ähnlichem ab. Bei Hybridfahrzeugenwerden Pulswechselrichter und Hochleistungs-DC/DC-Wandler eher mit IGBT reali-siert und potentialtrennende DC/DC-Wandler zur Versorgung des 12-V-Bordnetzes mitMOSFET.

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E1 E2

G1

P1C

P2P3

M1 M2G2

R/LDC DC DC DC

AC AC AC ACM 3~ M 3~

Abb. 3.61 Bordnetztopologie eines Parallelhybridfahrzeugs. C Kondensator, E1 Traktionsbordnetz,E2 12-V-Bordnetz, G1 Hochleistungsbatterie, G2 12-V-Batterie, M1 elektrische Traktionsmaschine,M2 elektrischer Klimakompressorantrieb, P1 Pulswechselrichter für Traktionsmaschine, P2 Puls-wechselrichter für Klimakompressor, P3 Potentialtrennender Gleichspannungswandler, R/L ohm-sche und induktive Verbraucher

Da ein Mild-Hybrid allenfalls sehr kurzzeitig elektrisch kriechen kann, kommt dasBordnetz dieses Fahrzeugs im Vergleich zum Vollhybrid, welcher länger und schnellerelektrisch fahren kann,mit einer geringeren Energiespeicherfähigkeit und einer geringerenLeistungsfähigkeit des elektrischenAntriebs aus. Daher kann ein kleinerer Energiespeicherund ein kleinerer elektrischer Antrieb eingesetzt werden. Sonst sind sich die Topologi-en der Bordnetze für Mild- und Vollhybrid mit je einem elektrischen Antrieb ähnlich.Fahrzeuge mit zwei elektrischen Maschinen, die seriell oder leistungsverzweigt betriebenwerden, erfordern eine andere Bordnetztopologie. Im Folgenden wird ein Überblick überdie verschiedenen Bordnetze für die verschiedenen Fahrzeugkonzepte gegeben.

Abbildung 3.61 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Traktionsbordnetzes eines Paral-lelhybridfahrzeugs. Als zusätzliche Komponente ist ein elektrischer Klimakompressor imBordnetz integriert. Dieser benötigt je nach Fahrzeug maximal 3–5 kW elektrische Leis-tung, was eine Versorgung über das Traktionsbordnetz nahelegt. Die Leistungsregelungdes Kompressors erfolgt über die Kompressordrehzahl, also über eine entsprechende An-steuerung der elektrischen Maschine mit einem Drehfeld variabler Frequenz. Die Maxi-malleistung wird zum Cool-Down, d. h. zum Herunterkühlen eines durch die Sonne starkerhitzten Fahrzeugs, kurzzeitig benötigt. Im stationären Betrieb ist meist eine deutlich ge-ringere Kühlleistung (ca. 1 kW) ausreichend. Vorteile des elektrischen Klimakompressorsgegenüber einem konventionellen riemengetriebenen Klimakompressor sind die bedarfs-gerechtere Regelung, das Vermeiden von Leerlaufverlusten sowie die Möglichkeit, auch imStopp-Betrieb oder bei elektrischem Fahren zu kühlen. Aufgrund der begrenzten Energie-speicherkapazität der Batterie ist dies jedoch jeweils nur wenigeMinutenmöglich. Nachtei-le sind die höheren Kosten des elektrischen Aggregats und der schlechtere Wirkungsgradbei Volllast.

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G1

C1

C2P4

G2

R/L

P3

P1 P2

M3

M1 M2

DC

DC DC

AC

AC AC

M 3~

M 3~ M 3~

P5DC

AC

DC

AC

Abb. 3.62 Typisches Bordnetz eines leistungsverzweigten Hybridfahrzeugs. C1, C2 Kondensa-toren, G1 Hochleistungsbatterie, G2 12-V-Batterie, M1 elektrische Traktionsmaschine (mit demVerbrennungsmotor gekoppelt), M2 elektrische Traktionsmaschine (mit dem Abtrieb gekoppelt),M3 elektrischer Klimakompressorantrieb, P1, P2 Pulswechselrichter für Traktionsmaschine, P3 Puls-wechselrichter für Klimakompressor, P4 Hochleistungsgleichspannungswandler, P5 Potentialtren-nender Gleichspannungswandler, R/L ohmsche und induktive Verbraucher

Falls das Fahrzeug elektrisch fahren oder kriechen kann, müssen alle unterstützendenFunktionen, wie z. B. die Servolenkung elektrisch betrieben werden. Bei einem Parallel-hybrid bietet sich der Einbau der elektrischen Maschine in die Kupplungsglocke an. Diesbedingt den Einsatz eines so genannten integrierten Motor-Generators (IMG). Diese Ma-schine hat einen im Verhältnis zur Länge sehr großen Durchmesser. Sie arbeitet bei ge-schlossener Trennkupplung mit derselben Drehzahl wie der Verbrennungsmotor.

Bei leistungsverzweigten Hybridfahrzeugen wie dem Toyota Prius oder bei Parallel-hybrid-Fahrzeugen mit einer zweiten elektrischen Maschine zum Antrieb einer zusätzli-chen Achse tritt serieller oder teilweise serieller Betrieb auf. Dies bedeutet, dass die einedirekt oder über ein Planetengetriebe mit dem Verbrennungsmotor gekoppelte elektrischeMaschine überwiegend generatorisch und die andere mit dem Abtrieb oder der anderenAchse gekoppelte elektrische Maschine überwiegend motorisch betrieben wird. Aufgrundder hierbei auftretenden Übertragung großer Energiemengen über die beiden Maschinenund Pulswechselrichter sollten diese Komponenten in ihrem optimalen Arbeitsbereich be-trieben werden.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 157

Die Klemmenspannung der Batterie schwankt mit dem Ladungszustand und der Lade-und Entladeleistung derselben, d. h. bei Entladung verringert sie sich aufgrund des Innen-widerstands und bei Ladung steigt sie. Um die Zwischenkreisspannung von der Batterie-spannung zu entkoppeln und eine größere Motorenleistung bei gegebener Batteriespan-nung und gleicher Motorbaugröße zu ermöglichen, bietet sich der Einsatz eines Hoch-leistungsgleichspannungswandlers zwischen Batterie und Zwischenkreis wie in Abb. 3.62dargestellt an. Damit kann die Zwischenkreisspannung bedarfsgerecht zwischen der Höheder Batteriespannung und einem deutlich höheren Spannungswert (2–2,5-fache Batterie-spannung) eingestellt werden. Die maximale Spannung wird über die benötigte maximaleLeistung und die Auslegung der elektrischen Maschinen festgelegt. Die aktuell eingestellteZwischenkreisspannung kann so gewählt werden, dass sie knapp über dem Maximalwertder gleichgerichteten induzierten Spannungen der elektrischen Maschinen liegt. Auf dieseWeise können die Schalthäufigkeit der Wechselrichterschalter und somit die elektrischenWechselrichterverluste minimiert werden.

Falls allerdings elektrisch gefahren oder rekuperiert wird, somuss die in die Batterie ge-speiste oder der Batterie entnommene Energie über den Hochleistungs-DC/DC-Wandlermit einem maximalen Wirkungsgrad von ca. 98% übertragen werden. Eine derartige An-ordnungmit einemDC/DC-Wandler bringt daher dann die größten Vorteile, wenn haupt-sächlich Energie von einer Maschine erzeugt und von der anderen Maschine verbrauchtwird. Der elektrische Klimakompressor und der DC/DC-Wandler zur Versorgung des12-V-Bordnetzes werden bei dieser Anordnung meist direkt aus der Batterie gespeist.

Bei leistungsverzweigten Antriebsstrukturen werden die elektrischen Maschinen imGetriebe verbaut. Je nach Bauraum kann sich hier der Einsatz eines integrierten Motor-Generators oder eines sogenannten separaten Motor-Generators (SMG) anbieten. DieserMaschinentyp entspricht von derGeometrie eher einemNormmotor. BeimEinsatz in einerelektrischen Achse wird ebenfalls ein separater Motor-Generator verwendet, welcher überein ein- oder zweistufiges Getriebe mit dem Differential einer Achse verbunden ist. Wäh-rend bei integrierten Motor-Generatoren die maximale Drehzahl bei 7000 und 8000min–1

liegt, arbeiten separate Motor-Generatoren mit Drehzahlen von bis zu 14000min–1.Bei einem Parallel-4-Hybrid (Axle-Split-Hybrid) wird eine Fahrzeugachse von einem

konventionellen Verbrennungsmotor zum Beispiel mit einem automatisierten Getriebeund die andere Achse von einem elektrischen Antrieb angetrieben. Hierbei sind ver-schiedene Ausprägungen möglich [Faßnacht08]. Zum einen kann der konventionelleAntriebsstrang nur um ein Start-Stopp-System und eine elektrisch angetriebene Achseergänzt werden (siehe Abb. 3.63). In diesem Fall wird das 12-V-Bordnetz aus Kostengrün-den von einem Standardgenerator versorgt und es gibt keine elektrische Verbindung zumTraktionsbordnetz. Eine Übertragung von elektrischer Energie vom Verbrennungsmotorin die Hochleistungsbatterie ist nur „über die Straße“ möglich. Dies bedeutet, der Verbren-nungsmotor treibt das Fahrzeug an und die elektrische Maschine auf der anderen Achsebremst es generatorisch ab. Mit modernen Fahrdynamikregelungssystemen wie ESP wirdsicher verhindert, dass sich der Einsatz von zwei getrennten Antrieben auf verschiedenenAchsen negativ auf die Fahrdynamik auswirkt.

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T1

T2

R/L

G2

G1

M2G3

V

A

C

P3 M1

DC

AC

M 3~

Abb. 3.63 Bordnetz eines Parallel-4-Hybridantriebs (Axle-Split-Hybridantriebs) ohne elektrischerVerbindung zwischen Traktions- und 12-V-Bordnetz. A Start-Stopp-Steuergerät, C Kondensator,G1 Hochleistungsbatterie, G2 12-V-Batterie, G3 14-V-Generator, M1 elektrische Traktionsmaschi-ne, M2 Starter, P1 Pulswechselrichter für Traktionsmaschine, T1 Getriebe des konventionellenAntriebsstrangs, T2 Getriebe des elektrischen Antriebs, R/L ohmsche und induktive Verbraucher,V Verbrennungsmotor

Der Vorteil dieses Konzepts ist die kostengünstige und einfache Integration in beste-hende konventionelle Fahrzeugplattformen und die Realisierung von vielen Funktionenwie Boost, Rekuperation, Arbeitspunktoptimierung des Verbrennungsmotors und elektri-schem Fahren. Ein elektrischer Allradantrieb ist nur möglich, solange die Batterie ausrei-chend geladen und richtig temperiert ist. Das heißt, das System ist nur als Allradanfahrhilfegeeignet. Auch eine elektrische Klimatisierung ist mit diesem Konzept nicht möglich, dabei stehendem Fahrzeug, z. B. bei einem Stau, keine ausreichende Versorgung der Trakti-onsbatterie und somit des Klimakompressors möglich wäre.

Um diese Einschränkungen zu vermeiden, muss ein leistungsfähiger elektrischer An-trieb, z. B. ein separater Motor-Generator in den Riementrieb des Verbrennungsmotorsintegriert werden. Mit diesem in Abb. 3.64 gezeigten Konzept kann nun ein permanen-ter elektrischer Allradantrieb und eine elektrische Klimatisierung realisiert werden. Hierzu

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R/L

G2

G1

C

P4

P2

P1

P3

M2

T1

V

M1

T2M3

DC

DC

DC

DC

DC

AC

AC

AC

AC

AC

M 3~

M 3~

M 3~

Abb. 3.64 Bordnetz eines Axle-Split-Hybridantriebs mit separatem Motor-Generator im Riemen-trieb. C Kondensator, G1 Hochleistungsbatterie, G2 12-V-Batterie, M1 elektrische Traktionsmaschi-ne, M2 elektrische Maschine im Riementrieb des Verbrennungsmotors, M3 elektrische Maschinefür Klimakompressor, P1 Pulswechselrichter für elektrische Traktionsmaschine, P2 Pulswechselrich-ter für elektrischeMaschine im Riementrieb, P3 Pulswechselrichter für Klimakompressorantrieb, P4Potentialtrennender Gleichspannungswandler, T1 Getriebe des konventionellen Antriebsstrangs, T2Getriebe des elektrischen Antriebs, R/L ohmsche und induktive Verbraucher im 12-V-Bordnetz, VVerbrennungsmotor

versorgt die vom Riementrieb des Verbrennungsmotors angetriebene elektrische Maschi-ne das Bordnetz unabhängig vom Fahrzustand mit Energie. Das 12-V-Bordnetz wird übereinen potentialgetrennten Gleichspannungswandler versorgt. Die Kosten dieses Konzeptssind aufgrund der zusätzlichen Maschine mit Wechselrichter höher. Es bietet sich dahergut zur Hybridisierung von Sport Utility Vehicles (SUV) oderMittel- und Oberklassefahr-zeugen an.

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3.3.1.2 BordnetzsicherheitBetrachtet man zunächst denAspekt der elektrischen Sicherheit von konventionellen 12-V-Fahrzeugbordnetzen, so stellt man fest, dass von den dort berührbaren elektrischen Kom-ponenten grundsätzlich keine Gefahren für Menschen oder Tiere ausgehen, da die ver-wendete Spannungsebene sich noch imBereich der Sicherheitskleinspannung (Safety ExtraLowVoltage SELV, unter 60V) befindet. Ein Schutz gegen direktes Berühren ist nicht not-wendig. Aufwendigere Maßnahmen, welche eine elektrische Sicherheit z. B. im Sinne derISO 6469-3 sicherstellen, werden erst notwendig, sobald imFahrzeugbordnetz Gleichspan-nungen größer als 60V vorhanden sind. Dies ist praktisch immer der Fall, sobald es sichum ein Zweispannungs-Hybrid-Bordnetz handelt.

Bordnetzsicherheit für konventionelle BordnetzeIn konventionellen 12-V-Bordnetzen besteht durch Berührung mit spannungsführendenKomponenten wie beispielsweise der Batterie oder dem Generator grundsätzlich keineunmittelbare Gefahr für den Menschen. Ausgenommen sind hierbei Stromkreise, in wel-chen eine (teils deutlich) erhöhte Spannung zur Versorgung einzelner lokaler Verbrauchervorherrscht. Dies können z. B. Gasentladungslampen (umgangssprachlich als Xenonlichtbezeichnet) oder Zündkerzen sein. In diesen Teilbordnetzen treten lokal Spannungen vonbis zu mehreren Tausend Volt auf. Bei einer ordnungsgemäßen Implementierung ist indiesen Teilbordnetzen jedoch stets ein ausreichender Schutz gegen direktes Berühren ge-währleistet, sodass man ohne beabsichtigten Missbrauch nicht mit Teilen in Berührungkommen kann, welche eine kritische Spannung führen.

Im Falle eines Kurzschlusses zwischen einem 12-V-System und Masse können jedochenormeLeistungen imFehlerpfad umgesetztwerden. Eine vollgeladeneBlei-Säure-Batteriekann im Kurzschlussfall bis zu 1000A Strom liefern. Nimmt man an, dass die Klemmen-spannung dabei auf 10V einbricht, so erkennt man, dass bis zu 10 kW Leistung im Feh-lerpfad inWärme umgesetzt werden. Wird ein solcher Kurzschluss nicht schnellstmöglichabgeschaltet, besteht Brandgefahr im Kabelbaum und (durch die hohe Eigenerwärmung)an der Batterie selber.

Eine Möglichkeit, hochenergetische Fehlerfälle sicher abzuschalten, besteht im Ein-satz von Schmelzsicherungen. Abbildung 3.65 zeigt die grundsätzliche Topologie solcherSchutzelemente:Da die Batterie imKurzschluss-Fehlerfall dieHauptenergiequelle darstellt,sollte die Eingangsseite der Sicherungsboxmöglichst ortsnah amPluspol der Batterie ange-schlossen sein. Sämtliche elektrische Lasten im Fahrzeug werden dann auf der Ausgangs-seite der Sicherungsbox angeschlossen. So ist sichergestellt, dass alle Lasten unddie dazuge-hörigenKabelbäume gegen unzulässig hoheStröme geschützt sind. Eine Schmelzsicherungist als Schutzelement so ausgelegt, dass sie einen gewissen Maximalstrom – ihren Nenn-strom – dauerhaft leiten kann. Im Falle eines Kurzschlusses fließt durch die Sicherungjedoch ein Fehlerstrom, der weit oberhalb des Nennstroms liegt. Hierdurch schmilzt derLeiterdraht in der Sicherung innerhalb einer definierten Zeitspanne (z. B. maximal 300msbei 6-fachem Nennstrom), wodurch der Stromkreis irreversibel aufgetrennt wird.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 161

SicherungsboxBatterie

+ –

12 V

Kabel L

R

Abb. 3.65 Kurzschluss-Fehlerfall im konventionellen 12-V-Bordnetz

Eine Weiterentwicklung konventioneller Schmelzsicherungen stellen Halbleitersiche-rungen dar. Die Funktionsweise ist ähnlich wie bei Schmelzsicherungen (Unterbrechendes Stromkreises im Überstrom-Fehlerfall), der Aufbau jedoch völlig anders. Die Auf-gabe des schmelzenden Leiterdrahtes wird in der elektronischen Sicherung durch einenHalbleiter-Transistor übernommen (z. B. durch einen Leistungs-MOSFET). Der norma-le Betriebszustand des MOFSET ist dabei leitend. Eine Auswerteelektronik überwacht zujedem Zeitpunkt den durch den Transistor fließenden Strom. Überschreitet dieser einengewissen Grenzwert, so wird der Transistor auf „sperrend“ geschaltet, wodurch in wenigenMillisekunden der Fehlerpfad spannungsfrei geschaltet wird.

Eindeutige Vorteile der Halbleiter gegenüber Schmelzsicherungen liegen in der Rever-sibilität sowie der höheren Abschaltgeschwindigkeit. Außerdem erlauben MOSFET mitelektronischer Stromsensierung eine deutlich bessere Trennungsgüte zwischen normalenBetrieb und Fehlererkennung: Bei konventionellen Schmelzsicherungen muss der Leiter-draht aufwendig so entwickelt werden, dass er bis zum Nennstrom niemals schmilzt, dar-über jedoch möglichst schnell und zuverlässig. Mit Halbleitersicherungen besteht diesesProblem nicht mehr, da anhand von Stromgrenzwerten digital zwischen „sperren“ und„leiten“ unterschieden werden kann.

Bordnetzsicherheit für HybridfahrzeugeFür das Niederspannungsbordnetz eines Hybridfahrzeugs gelten die oben genannten An-forderungen an die Sicherheit und Verfügbarkeit eines konventionellen 12-V-Bordnetzes.Aufgrund der größeren auftretenden Spannung im Traktionsbordnetz und den damit ver-bundenen Gefahren gelten hier strengere Anforderungen an die Sicherheit. Die folgen-den Normen sind neben anderen relevant für die Sicherheit des Bordnetzes gegen elek-trischen Schlag: [ISO6469-3, ISO23273-3, EN60664-1, ECE100, VDE100-410, VDE122,FMVSS305, J2344, J2578]. Das Traktionsbordnetz muss potentialgetrennt von der Fahr-zeugmasse unddemNiederspannungsbordnetz ausgeführtwerden. Ein eventuellerGleich-spannungswandler zur Versorgung des 12-V-Bordnetzes aus dem Traktionsbordnetz mussebenfalls potentialgetrennt ausgeführt sein.

Generell darf ein einfacher Fehler nicht zu einer Personengefährdung führen. Maß-nahmen hierzu sind doppelte oder verstärkte Isolation, ein Potentialausgleich auf Fahr-

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zeugmasse aller leitenden berührbaren Teile von Traktionsnetzkomponenten, welche imFehlerfall, z. B. bei einemGehäuseschluss, eine gefährliche Spannung gegenüber Fahrzeug-masse führen können und Isolations- und Pilotlinienüberwachungen. Die Pilotlinie ist einevon Traktionsbordnetz galvanisch getrennte leitende Verbindung, welche parallel zu denTraktionsnetzkabeln geführt und überwacht wird. Falls ein Traktionsnetzstecker ausge-steckt oder eine Gehäuseabdeckung einer Traktionsnetzkomponente geöffnet wird, ist diePilotlinie unterbrochen, was detektiert werden kann und zum Abschalten des Traktions-netzes führt.

Die Isolationsüberwachung ermittelt den Isolationswiderstand zwischen dem positivensowie dem negativen Pol des Traktionsnetzes und der Fahrzeugmasse. Bei Unterschreiteneines Mindestwiderstands kann dann beispielsweise das Traktionsnetz abgeschaltet odereine entsprechendeWarnmeldung ausgegeben werden. Leitungen, welche eine gefährlicheSpannung führen, sind orange einzufärben und die Gehäuse von mit gefährlicher Span-nung betriebenen Komponenten mit entsprechenden Warnhinweisen zu versehen.

Über Schütze in der Traktionsbatterie können der Batteriezellenblock und das restlicheBordnetz voneinander getrennt werden. Im ausgeschalteten Zustand des Fahrzeugs oderbei einemUnfall oder Fehlerfall wird das Traktionsbordnetz von der Batterie getrennt undes werden innerhalb weniger Sekunden alle im restlichen Traktionsbordnetz verbliebenenEnergiespeicher auf eine ungefährliche Spannung entladen. Auf diese Weise wird die ge-fährliche Spannung auf die Batteriezellen oder den Batterieblock beschränkt. Ausgelöstwird diese Abschaltung außer über eine Betätigung des Zündschlüssels oder eines äquiva-lenten Schalters beimAbstellen des Fahrzeugs, durch denCrash-Sensor beiDetektion einesUnfalls, das Batteriemanagement selbst oder wie oben beschrieben von der Pilotlinien-oder Isolationsüberwachung.

Die Versorgung der nötigen Steuergeräte und Schütze erfolgt über das 12-V-Bordnetz.Ist das 12-V-Bordnetz nicht intakt, so kann auch das Traktionsbordnetz nicht zugeschaltetwerden. Im Servicefall kann durch Entfernen einer Brücke (Safety-Plug, siehe Abb. 3.66)in der Batterie deren Ausgangsklemmen und somit das Bordnetz spannungsfrei geschal-tet werden. Abbildung 3.66 zeigt die Verschaltung der aktiven Sicherheitsmaßnahmen wiezum Beispiel Isolations- und Pilotlinienüberwachung mit der Schützsteuerung der Batterieund weiterer Schutzmaßnahmen wie dem Safety-Plug.

Da diese Sicherheitsmaßnahmen teuer und aufwendig sind, liegt es nahe, möglichstviele Komponenten aus dem 12-V-Bordnetz zu versorgen und standardisierte 12-V-Komponenten zu verwenden, sofern dies nicht zu große Wirkungsgradeinbußen oderandere Nachteile mit sich bringt. Weil im Kurzschlussfall sehr große Batterieströme fließenkönnen, welche neben der Brandgefahr durch die Hitzeentwicklung zu einem Ausgasenoder Explodieren der Batterie führen können, muss eine geeignete Abschaltung überSchütze und Sicherungen dies sicher verhindern. Da beim Überladen oder Überentladendie Batterie geschädigt wird oder in diesem Fall gefährliche Reaktionen ablaufen können,muss auch dies ebenfalls sicher verhindert werden.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 163

HV

H2

H1

SP

HV+

HV–

I

C

P

S

Z

R

A

Abb. 3.66 Übersicht über Traktionsnetzzu- und -abschaltkonzept. A Steuergerät zur Schützan-steuerung mit Auswertelogik für Zu- und Abschaltung der Schütze, H Batteriegehäuse, H1, H2Hauptschütze (sind im aktiven Betrieb des Bordnetzes geschlossen),HV+,HV– Positiver und negati-ver Pol des Traktionsbordnetzes, SP Safety-Plug, P Pilotlinienauswertung, I Isolationsüberwachung,C Crash-Sensorauswertung, S Sicherung, Z Zündschlüssel oder Schalter, V Vorladeschütz, R Vor-ladewiderstand (damit die Kapazität des Zwischenkreises langsam über einen Widerstand geladenwird, wird beim Start zuerst V und H1 geschlossen und erst bei ausreichender Spannung im Trakti-onsbordnetz H2)

3.3.2 Steuergeräte und Kommunikation

Angefangen beim Einsatz weniger Steuergeräte hat sich deren Anzahl in heutigen Fahr-zeugen mit umfangreicher funktionaler Ausstattung auf bis zu 100 Stück erhöht. Mit demEinbau einer solchen Vielzahl an Steuergeräten stellen sich generell die Fragen nach einerSynchronisierung der Geräte und inwiefern sich durch geeignete Kommunikation zwi-schen diesen weitere Vorteile ausnutzen lassen.

Die Entwicklung der Vernetzungsstrategien zwischen Steuergeräten hat sowohl auf Ba-sis funktionsorientierter als auch zonenbasierter Ansätze stattgefunden. Im Mittelpunktbeider Ansätze stehen die Systemarchitektur und seine Definition. Diese bestimmt die imSystem eingesetzten Komponenten, deren Anzahl, Verknüpfung und Verteilung. Kompo-nenten sind dabei die eingesetzten Sensoren und Aktoren, die Bestandteile der Signal- undEnergieverteilung sowie die einzelnenUnterkomponenten der Signalverarbeitung inHard-und Software. Ein System wird nach außen hin durch seine Funktion sowie durch seinesichtbaren Schnittstellen beschrieben.

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a b

c d

M

D D

M

S

S

S

Abb. 3.67 Historisch gewachsene Entwicklung der Vernetzung von Steuergeräten. Kleine Kreisebedeuten Sensoren oder Aktoren, Quadrate Steuergeräte. a Insellösungen, b vernetzte Steuergeräte,cMaster-Slave-Lösungen, d Domänenleitrechner, zwei Hierarchieebenen von Steuergeräten

3.3.2.1 Funktionsorientierte VernetzungsstrategieWerden Steuergeräte je nach Einsatzzweck verschiedenen Fahrzeugfunktionsbereichen(Domänen) zugeordnet und lediglich innerhalb der Funktionsbereiche vernetzt, ent-spricht dies dem funktionsorientierten Ansatz. Im Groben werden dabei die folgendenBereiche unterschieden:

• Infotainment: Alles rund um die Information und Unterhaltung des Fahrers (Navigati-on, Radio, TV, Internet, Telefon);

• Antriebsstrang: Der Antriebsstrang des Fahrzeugs (hauptsächlich Getriebe, Motor unddas Zusammenspiel zwischen Verbrennungsmotor und Elektromotor bei Hybridfahr-zeugen);

• Fahrwerk: Die Fahrwerkskomponenten (Bremsen, Lenkung, Federung undDämpfung);• Karosserie: Karosseriefunktionen (Fensterheber, Türschließer, Scheinwerfer, passive Si-cherheit).

Abbildung 3.67 zeigt, wie sich die Kommunikationsnetze imLaufe der letzten ca. 20 Jah-re entwickelt haben. Mit Ausnahme der Insellösungen kommen noch heute alle Entwick-lungsstufen in Neufahrzeugen zum Einsatz, allerdings mit einer starken Tendenz zu denDomänenleitrechnern.

InsellösungenZum Zeitpunkt der Einführung elektronischer Steuergeräte wurde jede Funktion mit her-stellerspezifischer Hardware realisiert. Jede neue Funktion benötigte ein separates Steuer-gerät mit zugehörigen Sensoren und Aktoren. In dieser Stufe existiert keine Vernetzung

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3 Komponenten des Hybridantriebs 165

zwischen den Steuergeräten; die „Kommunikation“ zwischen Steuergerät, Sensor und Ak-tor findet durch diskrete Leitungen und nicht über Busse statt. Die Codierung der Signaleist nicht genormt. Ein Beispiel für ein solches System ist eine frühe Ausführung eines Anti-Blockier-Systems.

Vernetzte SteuergeräteBedingt durch den Einsatz mehrerer Steuergeräte wurden diese untereinander z. B. überein Bussystem vernetzt und konnten so gegenseitig von berechneten und erfassten Größenprofitieren und sich aufeinander synchronisieren.DieKommunikation fand über festgeleg-te Protokolle statt. Dies wird als „friedliche Koexistenz“ bezeichnet. Die Kommunikationfindet meistens deswegen statt, damit sich Steuergeräte in ihrer Funktion nicht gegensei-tig negativ beeinflussen. Sie arbeiten aber weiterhin autonom, d. h. sie bekommen keineAufträge von übergeordneten Steuergeräten.

Ein Vorteil dieser Entwicklungsstufe ist die unabhängige Entwicklung der einzelnenFunktionen, da nichtmehrere Steuergeräte für die Realisierung benötigt werden. AlsNach-teile sind die aus der unabhängigen Entwicklung heraus notwendige, aufwendige Appli-kation (unterstützt durch die hohe Variantenvielfalt bedingt durch zahlreiche Sonderaus-stattungen), sowie die nicht vorhandene Ausnutzung von Synergien zu nennen (Sensor-,Daten-, Hardwarefusion). Die Stufe wurde zuerst im Antriebsstrang eingeführt und wurdesukzessive auch in weiteren Bereichen eingesetzt.

Master-Slave-LösungenImLaufe derweiteren Entwicklungenwurden komplexereRegelsysteme entworfen, die nurdurch das synchronisierte Zusammenspiel von Steuergeräten aus zum Teil unterschiedli-chenDomänen realisiert werden konnten. In dieser Phasewurden bereits bestehende Steu-ergeräte als Master und Slaves definiert und mit zusätzlichen Funktionen versehen: Nebender Realisierung der ursprünglichen Aufgaben bieten die Slaves den Master-Geräten zu-sätzliche Dienste an, welche sie bei Bedarf ausführen. Die Master werten die vonmehrerenSteuergeräten gesammelten Sensorinformationen aus, berechnen übergeordnete Funktio-nen und sorgen für die Synchronisierung zwischen den einzelnen Teilnehmern.

Ein bekanntes Beispiel einer Master-Slave-Vernetzung stellt die Fahrdynamikregelung(ESP) dar: Während das Motorsteuergerät, sowie die für das ABS und die Antriebs-schlupfregelung zuständigen Steuergeräte ihre „normalen“ Aufgaben erledigen, berechnetein übergeordneter Master die für die Realisierung notwendigen Funktionen und leitet dieentsprechenden Daten an die Kommunikationspartner weiter. Auf diese Weise wird mitgeringem Mehraufwand auf bestehender Hardware eine komplexere Funktion realisiert.

Dies wird als „kooperative Koexistenz“ bezeichnet, da hier Synergien ausgenutzt wer-den (z. B. das Weiterleiten von Messwerten oder Berechnungsergebnissen). Nachteilig istder immer noch hoheApplikationsaufwand, der vergleichbar mit dem der vernetzten Steu-ergeräte ist. InMaster-Slave-Lösungenwurden Funktionen erstmals nicht mehr separat aufeinzelnen Steuergeräten realisiert, sondern auf mehrere Steuergeräte verteilt.

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166 N. Amann et al.

DomänenleitrechnerDen höchsten Entwicklungsstand funktionsorientierter Vernetzung stellt zurzeit das Kon-zept der Domänenleitrechner dar. Jedem Fahrzeugfunktionsbereich wird dabei ein Steu-ergerät als Leitrechner zugeteilt, welches die Informationen aller Sensoren auswertet undentsprechende Befehle an die „intelligenten Steller“ weiterleitet. Die Aufgaben sind folgen-dermaßen aufgeteilt: Die Steller erfüllen lediglich Grundfunktionen (Stellen, Einregeln),während der Leitrechner alle Berechnungen übernimmt. Die Beobachtung, Erkennungund Plausibilisierung der Messwerte findet bei diesem Konzept nur einmal zentral statt, sodass keine unterschiedlichen Interpretationen des aktuellen Fahrzustands entstehen kön-nen und keine Ergebnisse doppelt berechnet werden.

Hier können die Synergien der verschiedenen Fahrdynamikregler durch die zentraleSynchronisation und Steuerung am besten ausgenutzt werden. So können z. B. die Schwä-chen eines Systems durch ein anderes ausgeglichen werden. Ein weiterer Vorteil ist dernicht mehr vorhandene gegenseitige Störeingriff, so dass es nicht zum Aufschaukeln derverschiedenen Regelalgorithmen kommen kann. Auch der Applikationsaufwand sinkt indieser Stufe beträchtlich, da die Regler nicht unabhängig voneinander eingestellt werdenmüssen, sondern zentral über den Domänenleitrechner.

Ein Beispiel für ein solches System ist das von BMW eingesetzte integrierte Chassis-Management (ICM). Durch die unterschiedlichen Komplexitäten der einzelnen Fahrzeug-funktionsbereiche werden innerhalb eines Kfz meist verschiedene Netztopologien kombi-niert.Während sich die Entwicklung derVernetzung innerhalb vonKarosserie undAntriebmomentan auf der Stufe von Master-Slave-Lösungen befindet, liegt sie beim Infotainmentund beim Fahrwerk aufgrund der komplexen Funktionen teilweise auf Stufe 4.

3.3.2.2 Zonenorientierte VernetzungsstrategieDer funktionsorientierte Ansatz birgt Vorteile, die sich durch die Vernetzung eines Steu-ergerätes aufgrund der Zuordnung zu einem Fahrzeugfunktionsbereich ergeben. Hierzugehören die unabhängige Entwicklung der einzelnen Fahrzeugfunktionsbereiche z. B. be-züglich Sicherheitsanforderungen (welche sich u. a. auf das eingesetzte Protokoll inklusiveHardware, die Netztopologie und somit auf die entstehenden Kosten auswirken), sowie dieMöglichkeit der Implementierung und des Testens auf der zugehörigenHardware, da dieseim Vorhinein bekannt ist.

Sie besitzt jedoch auch einen nicht zu vernachlässigendenNachteil: Räumliche Aspekteinnerhalb eines Fahrzeugs werden nicht ausgenutzt. Daraus resultiert, dass beieinander lie-gende Steuergeräte nicht zu einem integriert werden, unnötige parallele Kommunikations-undVersorgungsleitungen durch das Fahrzeug verlegt werden undRessourcen benachbar-ter Steuergeräte nicht genutzt werden. Die Nachteile können durch eine zonenorientierteVerteilung der Steuergeräte (siehe Abb. 3.68) behoben werden: Die Steuergeräte werdenso platziert, dass diese räumlich günstig liegen − direkt bei den relevanten Sensoren undAktoren. Dadurch entstehen Zonen mit hoher Sensor-, Aktor- und Steuergerätedichte.

Die Steuergeräte, die in der zonenorientierten Vernetzung einen räumlichen Bereichbedienen, werden als universelle Steuergeräte ausgelegt, damit auf ihnen Funktionen aus

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3 Komponenten des Hybridantriebs 167

ba

Abb. 3.68 Vernetzung im Fahrzeug. a Funktionsorientierte Vernetzung, b Zonenorientierte Ver-netzung

beliebigen Funktionsbereichen implementiert werden können. Die Vernetzung findet jenach Bedarf statt. Vorstellbar ist z. B., dass ein Steuergerät die Signale einfacher Senso-ren einliest, verarbeitet und die relevanten Ergebnisse an einen Leitrechner weiterreicht.Nach außen wirkt die entsprechende Zone dann wie ein intelligenter Sensor-Cluster. Esist aber auch möglich, dass ein universelles Steuergerät die Aufgabe von zwei herkömmli-chen Steuergeräten übernimmt (Steuergerätefusion) undDaten mit anderen Steuergerätenaustauscht.

Aus der Zonenorientierung resultieren u. a. folgende Vorteile: Dünnere, leichtere Ka-belbäume und weniger Verkabelungsaufwand, Erleichterung einer modularen Bauweisedes Fahrzeugs und potentiell eine Verringerung der Anzahl benötigter Steuergeräte, so-wie eine Entlastung des Fahrzeugbusses. Aus all diesen Aspekten folgen eine Verringerungder Kosten bei der Herstellung und eine Verbesserung der Ausfallsicherheit, denn vieleElektronikausfälle imKfz werden durch Störungen in der Verkabelung (z. B. bei den Steck-verbindungen) verursacht.

Wichtig bei der Umsetzung ist, dass die Software nicht mehr auf speziell dafür entwi-ckelter Hardware läuft, sondern auf Universalsteuergeräten. Die Verteilung der Softwareauf bestimmte Steuergeräte ist erst bei der Integration ins Fahrzeug möglich.

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Signalverteilung

Signalverteilung

SignalverteilungSignalverteilung

EnergieversorgungEnergieversorgung

EnergieversorgungEnergieversorgung

Aktoren

Aktoren

Aktoren

Aktoren

Sen

sore

n

Sen

sore

n

Sen

sore

n

Sen

sore

nSteuergerät

Steuergerät

Steuergerät

Steuergerät

Software

Software

BasissoftwareBasissoftwareBetriebssystemBetriebssystem

ParameterFunktionssoftware

Funktionssoftwaremit Parameter

a b

c d

Abb. 3.69 Historische Entwicklung der Architektur von Systemkomponenten. a Herstellerspezifi-sche Hard- und Software, b Standardisierte Schnittstellen, c Trennung von Funktionssoftware undBetriebssystem, d Standardisierung der Schnittstellen zwischen Hard- und Software

3.3.2.3 ArchitekturenNeben der Vernetzung der eingesetzten Komponenten änderte sich auch die Architekturder Hard- und Software. Grundsätzlich kann diese Entwicklung in vier Stufen unterteiltwerden (Abb. 3.69).

Die erste Stufe von Steuergeräten bestand aus herstellerspezifischerHard- und Software.Jeder Hersteller hatte seine eigene, vollständige Lösung; sowohl die Hardware (Sensoren,Aktoren und Steuergeräte) als auch die Software konnte nicht (oder nur sehr bedingt) aus-getauscht werden.

Die zweite Stufe der Steuergerätevernetzung wirkte sich auch auf die Architektur ein-gesetzter Hard- und Software aus: Die Automobilindustrie hat sich auf Standardprotokollegeeinigt, über die die Steuergeräte miteinander kommunizieren, und diese offen gelegt, da-mit sie eine möglichst große Verbreitung finden. Durch diesen Schritt wurde es möglich,zusammengesetzte Systeme von verschiedenen Zulieferern zu kombinieren. Die Schnitt-stellen müssen klar definiert sein.

Durch die komplexeren, synchron auszuführenden Funktionen und Algorithmen be-stand der Wunsch nach einer einheitlichen Trennung zwischen Funktionssoftware undBetriebssystem. In der dritten Stufe wurde es mit der Einführung des OSEK-Standardsermöglicht, dass die Funktionssoftware verschiedener Hersteller auf einem Steuergerät

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3 Komponenten des Hybridantriebs 169

kombiniert und auf definierte Schnittstellen zugegriffen werden kann. Das Betriebssystemist dabei für den zeitlichen Ablauf, das Speichermanagement und die Priorisierung derFunktionssoftware zuständig. Bei Verwendung dieses Architekturansatzes müssen sich dieEntwickler vor der Implementierung auf eine Schnittstellenbeschreibung der eingesetztenHardware einigen. Auf diese Weise wird es der Funktionssoftware ermöglicht, beispiels-weise die A/D-Wandler des Steuergerätes auszulesen, eine Nachricht über den CAN-Buszu senden oder ein PWM-Signal zu generieren.

Die Zonenorientierung in der vierten Stufe erfordert es, die Schnittstellen zwischenHard- und Software vollständig zu standardisieren. Auf diese Weise kann die Funktions-software auf jedem beliebigen Steuergerät eingesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist,dass das Steuergerät über genügend Rechenleistung und die benötigte Peripherie verfügt.Beides wird durch universelle Steuergeräte erreicht, die in ihrem Funktionsumfang durchErweiterungen auf den jeweiligen Einsatzzweck adaptierbar sind. Neben der Trennungzwischen Funktions- und Basissoftware ist auch die Trennung zwischen Funktions- undApplikationsschicht wünschenswert, damit die Parameter bei Änderungen in der Funk-tionssoftware nicht zwingend neu angepasst werden müssen. Ein weiterer Vorteil ist dereinfachere Austausch der Applikationsschicht, wodurch die Funktionen leichter auf unter-schiedliche Bedürfnisse angepasst werden können.

Die Entwicklung derArchitektur führte insgesamt dazu, dass jede einzelneKomponenteeines mechatronischen Systems für sich austauschbar wurde. Diese Entwicklung hat vieleVorteile, z. B.:

• Durch den Einsatz von Universalsteuergeräten könnte die Ersatzteilversorgung von Ge-brauchtwagen besser realisiert werden, da beim Defekt aus einem großen Pool unter-schiedlicher Hardware gewählt werden kann.

• Durch die Modularisierung haben auch kleinere Firmen eine Chance, sich auf demMarkt zu etablieren. Dadurch wird der Wettbewerb beeinflusst, was sich positiv auf dieKosten und den gebotenen Funktionsumfang auswirkt.

• Da zusätzliche Funktionssoftware keine Hardwareadaption bedingt, können zahlreicheSonderausstattungen allein durch Software-Ergänzungen realisiert werden.

Dies birgt weitere Vorteile, wie z. B. eine kostengünstigere Skalierung der Ausstattungs-varianten für denHersteller, da dieser lediglich unterschiedliche Software-Versionen appli-zieren muss.Weiterhin kann der Kunde auch nachträglichmit geringem Aufwand Sonder-zubehör freischalten lassen. Weiterhin öffnet sich das Feld für den Aftersales-Markt, derdurch innovative Funktionen die Sicherheit, die Fahrdynamik und den Fahrkomfort desjeweiligen Fahrzeugs beeinflussen kann.

3.3.2.4 BussystemeDigitale Bussysteme zumDatenaustausch sind heute im Kraftfahrzeug weit verbreitet. We-sentliche Vorteile gegenüber der herkömmlichen Verkabelung, bei der Sender und Emp-fänger von Informationen je durch gesonderte Leitungen verbunden sind, liegen in gerin-

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geren Materialkosten für die Kabel (was die höheren Materialkosten für die Verarbeitungim Chip aufwiegt), in niedrigerem Bauraumbedarf und niedrigerer Masse sowie einer er-höhten Zuverlässigkeit wegen der geringeren Zahl fehleranfälliger Stecker. Die Verarbei-tung derMesswerte geschieht im Steuergerät sowieso in digitaler Form, daher bietet es sichan, sie auch digital zu übertragen, was außerdem gegen Störungen robuster ausgelegt wer-den kann als eine analoge Kodierung.

Durch die Bereitstellung der Messwerte auf einer Bus-Leitung können Signale einesSensors von mehreren Systemen verwendet werden. Außerdem kann man von einem Zu-gang aus alle Systeme imFahrzeug erreichen, die über denBus verbunden sind.Dies verein-facht die Diagnose sowie die Konfiguration aller Steuergeräte am Fertigungsende (Flash-Programmierung). Unter der Konfiguration der Steuergeräte wird das Verhalten des glei-chen Steuergerätes in unterschiedlichen Netzwerkumgebungen (z. B. unterschiedlich aus-gestatteten Fahrzeugen) verstanden.

Anforderungen an BussystemeHybridfahrzeuge sind gegenüber herkömmlichen Fahrzeugen durch modifizierte und zu-sätzliche Komponenten undTeilsysteme gekennzeichnet (elektrischeMaschine, Leistungs-elektronik, Batterie). Sie weisen aufgrund der Fahrzeugfunktionsbereiche-übergreifendenBetriebsstrategie einen sehr hohen Vernetzungsgrad auf. Konventionelle Fahrzeugfunkti-onsbereiche werden mitgenutzt, um aufwandsminimal die beteiligten Teilsysteme zu ko-ordinieren und zu steuern.

Die Anforderungen definieren sich hauptsächlich durch Zuverlässigkeit, Datenrate undKosten der Leitungen sowie der steuergeräteseitigen Bausteine zur Busanbindung. Die Zu-verlässigkeit umfasst sowohl Protokollaspekte wie die Auflösung von Mehrfachzugriffenals auch physikalische Aspekte wie die elektromagnetische Verträglichkeit, die in Hybrid-fahrzeugen noch eine verstärkte Rolle spielt. Dazu kommen physische Randbedingungen,wie sie auch bei anderen Fahrzeugen gegeben sind, wie die vergleichsweise raue Umgebungim Fahrzeug bezüglich Temperatur und Vibrationen.

Charakteristisch für den Fahrzeugbau sind hohe Stückzahlen und eine hohe Varian-tenvielfalt. Deswegen sind Kosten für Hardware ein Hauptkriterium, und eine Sonderaus-stattung darf die anderen Fahrzeugsysteme nicht beeinflussen. Eine Standardisierung derBusse ist nötig, weil die Komponenten unterschiedlicher Zulieferer zusammen funktionie-renmüssen. Auch sinken bei hohen Stückzahlen die Hardware-Kosten und die Versorgungmit Entwicklungstools ist rentabler.

Neben diesen Anforderungen, denen alle Systeme unterliegen, gibt es auch Anforde-rungen, bei denen sich die Systeme imKfz stark unterscheiden und die so zur Verwendungverschiedener Busse führen. So reicht beispielsweise für das Schalten der Beleuchtung ei-ne Bandbreite von einigen Bit pro Sekunde, die Motorsteuerung benötigt dagegen einige100 Kilobit pro Sekunde und Videoanwendungen mehrere Megabit pro Sekunde. Für Sys-teme, bei denen der Ausfall oder die verzögerte Ausführung einer Funktion sicherheitsrele-vant ist (z. B. Airbag, elektrische Überlagerungslenkung), muss eine Höchstdauer (Latenz)für die Datenübertragung in allen Fällen garantiert werden, ebenso müssenÜbertragungs-

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fehler erkannt werden. Bei Sicherheitssystemen wird in der Regel für die Zertifizierbarkeitder Nachweis gefordert, dass der Bus frei von Designfehlern ist (formale Verifikation).

Kennzeichnend für alle Busse − nicht nur die im Fahrzeug − ist, dass ein gemeinsamesMedium für den Datentransport mehreren Teilnehmern zur Verfügung steht. Außerdemwerden die Informationen in diskreter, meist zweiwertiger (binärer) Form dargestellt, undVerfälschungen der Daten beim Transport können grundsätzlich nicht vermieden werden.Deshalb gehört zu den Grundlagen beim Design eines Busses die Findung geeigneter Me-chanismen für die Auflösung von Zugriffskonflikten, die Behandlung von Störungen sowiedie Wahl einer geeigneten physischen Darstellung der Daten auf dem Medium. Hingegenspielt die Fähigkeit zum Routing, also zum Finden eines optimalen Weges in einem Netzaus vielen Knoten, im Fahrzeug mit seiner geringen räumlichen Ausdehnung, wo höchs-tens ein Zwischenknoten zwischen Sender und Empfänger von Nachrichten liegt, meistkeine Rolle.

Das OSI-ReferenzmodellVon der ISO (International Standardization Organization) wurde das OSI-Referenzmodell(Open Systems Interconnection) entwickelt, das oft als Basis zur Beschreibung von Kom-munikationsprotokollen und deren Vergleich verwendet wird. Darin wird die Funktioneines Datenkommunikationssystems auf verschiedene hierarchische Schichten verteilt, diejeweils die von einer darunterliegenden Schicht bereitgestellten Funktionen benutzen. DasOSI-Modell ist ein Hilfsmittel zur begrifflichen Strukturierung der Aufgabe eines Kommu-nikationssystems. Das Finden effizienter Lösungen ist nicht Zweck des Modells und wirdnicht unmittelbar unterstützt.

Es werden sieben Schichten definiert (Tab. 3.9) wobei jedoch nicht jedes Protokoll alledieseMöglichkeiten ausfüllt. In der Bitübertragungsschicht (physikalische Schicht) werdendie physikalischen Eigenschaften des Übertragungsmediums beschrieben, z. B. der Span-nungspegel oder die Form von Steckern. ImAuto werdenmeist elektromagnetischeWellenim Bereich kHz bis MHz auf speziellen Kabeln und Lichtleitern benutzt. Dazu können inZukunft noch andere Techniken wie Funk unterschiedlicher Frequenzen oder die Mitnut-zung bereits zur Versorgung mit elektrischer Leistung vorhandener Kabel kommen. Siesind aber für die klassischen Fahrzeugfunktionsbereiche Antriebsstrang und Fahrdynamiknoch nicht serienbewährt.

Am meisten verbreitet ist wegen der niedrigen Kosten die Übertragung per Kabel, ins-besondere als Spannungsdifferenz auf verdrillten Zweidrahtleitungen,mit oder ohne Schir-mung gegen Ab- und Einstrahlung, oder auf Eindrahtleitungen mit einer auf Masse be-zogenen Spannung. Lichtleiter aus Kunststoff oder Glasfasern (für den infraroten Spek-tralbereich) werden v. a. dort eingesetzt, wo hohe Datenraten gebraucht werden. Sie sindunempfindlich gegen elektromagnetische Einstrahlung, etwa durch die Zündanlage, je-doch aufwendig zu verlegen und ihre Alterungsbeständigkeit ist noch nicht ausreichendgesichert.

Zur Bitübertragungsschicht gehört auch die Beschreibung derCodierung. Bei optischenMedien bietet sich eine Amplitudencodierung durch die Helligkeit (Licht an, Licht aus) an.

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Tab. 3.9 Die sieben Schichten des OSI-Modells

Nr. Deutsche Bezeichnung Englische Bezeichnung7 Anwendungsschicht Application layer6 Darstellungsschicht Presentation layer5 Sitzungsschicht Session layer4 Transportschicht Transport layer3 Vermittlungsschicht Network layer2 Sicherungsschicht Data link layer1 Bitübertragungsschicht Physical layer

Bei hochfrequenten elektrischen Spannungssignalen auf einem Kabel gibt es verschiedeneMöglichkeiten, Bits darzustellen. Am einfachsten und bei Kfz-Bussen üblich ist die Codie-rung, bei der jedem Bit ein Spannungswert zugeordnet ist (Amplitudenmodulation), derwährend der gesamten Bitdauer anliegt (NonReturn to Zero, NRZ). Codierung durch stei-gende oder fallende Flanken (Manchester), Frequenzmodulation oder Phasenmodulationwerden im Fahrzeug wenig benutzt.

Die Sicherungsschicht bewirkt den korrekten Transport von Daten zwischen benach-barten Knoten. Datenbits werden zu Blöcken (Frames) zusammengefasst. Durch Hinzu-fügen weiterer Bits wie Prüfsummen oder Nummerierungen können bei der Übertragungauftretende Fehler erkannt oder auch korrigiert werden. Alternativ kann ein Fehler durchAnforderung einer erneuten Übertragung behoben werden.

Wenn nicht jeder Netzteilnehmer mit jedem direkt verbunden ist, muss einWeg für dieDaten gefunden werden, der über Zwischenstationen geht. Dies leistet die Vermittlungs-schicht.

Zu den Aufgaben der Transportschicht gehört es, große Datenpakete zu zerlegen undbeim Empfänger, den die Teile gegebenenfalls über unterschiedliche Wege zu unterschied-lichen Zeiten erreichen, wieder zusammenzubauen oder bei Auftreten von Übertragungs-fehlern dafür zu sorgen, dass ein Paket erneut übertragen wird.

Die oberen Schichten im OSI-Modell (Anwendungsschicht, Darstellungsschicht, Sit-zungsschicht) werden von den Bussen, die in den Fahrzeugfunktionsbereichen Antriebs-strang, Fahrzeugbewegung und Karosserie eingesetzt werden, meist nicht umgesetzt, spie-len jedoch eine Rolle, wennmobile Geräte der Telekommunikation ins Fahrzeug integriertwerden.

Realisierte BussystemeDie Menge existierender Busse ist unüberschaubar. Nur wenige haben dauerhaften Einsatzin der Großserie im Automobilbau gefunden, erwähnt seien CAN, LIN, FlexRay, MOST,PSI5 und zukünftig Ethernet [Reif10B, Bosch11]. Der erweiterte Kommunikationsbedarfin Fahrzeugen mit Hybridantrieb wird bisher meist mit dem CAN abgedeckt.

Üblich ist eine Klassifikation von Bussen entsprechend Tab. 3.10. Die für Hybridfahr-zeuge typische Kommunikation zwischen z. B. einem Steuergerät für die elektrische Ma-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 173

Tab. 3.10 Klassifikation von Bussystemen

Klasse Übertragungsraten Anwendung VertreterA Gering

(bis 10 kBit/s)Vernetzung von Sensoren undAktoren

LIN, PSI5

B Mittel(bis 125 kBit/s)

Komplexe Mechanismen zur Feh-lerbehandlung,Vernetzung von Steuergeräten imKomfort-Bereich

Low-Speed-CAN

C Hoch(bis 1MBit/s)

Echtzeitanforderungen, Ver-netzung von Steuergeräten imAntriebs- und Fahrwerksbereich

High-Speed-CAN

C+ Sehr hoch(bis 10MBit/s)

Echtzeitanforderungen, Ver-netzung von Steuergeräten imAntriebs- und Fahrwerksbereich

FlexRay

D Sehr hoch(über 10MBit/s)

Vernetzung von Steuergeräten imTelematik- und Multimediabe-reich

MOST

schine, einem Steuergerät für den Verbrennungsmotor, einem Steuergerät für das Brems-system und einem koordinierenden Steuergerät fällt typisch in die Klasse C, evtl. auch indie Klasse C+, damit ist der High-Speed-CAN [Etschb01] in den meisten Fällen der prä-destinierte Datenbus.

3.3.2.5 Anbindung des Fahrzeugs an InfrastrukturenFür Plug-in-Hybride und Elektrofahrzeuge, deren Vernetzung über das geschlossene Fahr-zeugnetz hinaus auch auf die Lade-Infrastruktur in öffentlichen oder privaten Energie-und Kommunikationsnetze zugreift, sind Erweiterungen der Vernetzung erforderlich. Ei-ne derartige Kommunikation kann zum Beispiel erforderlich sein, um die Aufladung mitder Ladesäule zu koordinieren, um die Aufladung abzurechnen oder für eine zukünftigeIntegration von Fahrzeugen als Puffer in Energienetze („Smart Grids“).

Zur Infrastrukturkopplung bieten sich drei Möglichkeiten, nämlich die Integration zu-sätzlicher Kommunikationsleitungen in das Ladekabel, die Modulation von Signalen aufdie Energieleitungen (Power Line Communication PLC) und die drahtlose Kommunikati-on zwischen Fahrzeug und Infrastruktur. ZusätzlicheKommunikationsleitungen verteuernKabel und Steckverbinder, sind aus Sicht der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)aber die am wenigsten problematische Lösung. Auf die physikalische Übertragungsebe-ne können frei definierte oder standardisierte Protokolle zur Datenübertragung und Ver-schlüsselung aufgesetztwerden. Eine abschließende Standardisierung ist derzeit noch nichterfolgt. Ein erster Normungsansatz erfolgt in [ISO15118].

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174 N. Amann et al.

3.3.3 Leistungselektronik

3.3.3.1 Grundlagen und SystemeinordnungDie Steuerung des Energieflusses zwischen Batterie und Elektroantrieb erfordert eine elek-tronische Stelleinrichtung. Diese wandelt die von der Batterie bereitgestellte Energie in diezumBetrieb desMotors erforderlichen, in Amplitude und Frequenz variablenWechselgrö-ßen von Stromund Spannung um.Gleichzeitigwird auch die entgegengesetzte Funktion imGeneratorbetrieb erfüllt. Um den Elektroantrieb in allen Betriebsbereichen entsprechendmit hohem Wirkungsgrad zu betreiben, sind hochkomplexe Regelungsfunktionen imple-mentiert, die zu jedem Zeitpunkt die optimale Spannung bereitstellen.

Neben dieser Hauptfunktionmuss derWechselrichter aber auch eine Reihe von Zusatz-aufgaben erfüllen. Dazu gehören der Anschluss der zur Regelung erforderlichen Senso-ren (Drehzahlgeber, Temperatursensoren), die Ansteuerung von Hilfsaggregaten wie z. B.Wasserpumpen, Magnetschalter und elektrische Kupplungen, Funktionen zum sicherenBetrieb des Elektroantriebes und der Überwachung der Isolation zum Schutz vor gefährli-chen Spannungen.

Neben dem Wechselrichter zählen auch Gleichspannungswandler zur Leistungselek-tronik und können sowohl integriert als auch als separates Gerät ausgeführt sein. Die-se, auch als DC/DC-Wandler bezeichneten Geräte verbinden das Traktionsnetz mit demherkömmlichen 12-V-Bordnetz und ermöglichen damit beispielsweise das Laden der Blei-batterie oder die zusätzliche Energiebereitstellung für leistungsstarke Verbraucher von derhöheren Spannungsebene aus. Eine zweite Verwendung solcherWandler besteht imHoch-setzen der Batteriespannung auf eine noch höhere Spannungsebene, z. B. von 200 auf 500Vbeim Toyota Prius. Damit lassen sich die Regeleigenschaften des Elektromotors durch dieBereitstellung einer stabilen und vom Ladezustand der Batterie unabhängigen Spannungerheblich verbessern.

3.3.3.2 Technik und BauelementeWichtigstes Element von leistungselektronischen Stellgliedern bilden gesteuerte Halb-leiterschalter. Abhängig vom Zustand der Ansteuerung sind sie entweder hochohmigoder leitend. Der normalerweise bei klassischen Verstärkern (z. B. für Audioanwendun-gen) verwendete lineare Betrieb würde zu sehr hohen Leistungsverlusten führen und derWirkungsgrad wäre entsprechend niedrig. Jedoch entstehen auch beim Schalten selbst,sowie auch bei der Stromführung im eingeschalteten Zustand Verluste, die über geeigneteKühlmechanismen abgeführt werden müssen.

Auf Grund der verwendeten Halbleitermaterialien und der Forderung nach möglichsthoher zulässiger Umgebungstemperatur ist dies eine anspruchsvolle technische Aufga-be. In den heutigen Hybridfahrzeugen wird in der Regel für die Kühlung ein eigenerNiedertemperatur-Kühlkreislauf verwendet. Die direkte Nutzung von Motorkühlwasserwäre natürlich wünschenswert, scheitert aber derzeit noch an den technischen Möglich-keiten der Halbleiterbauelemente.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 175

Abb. 3.70 Struktur ei-nes n-Kanal-MOSFET.G Gate, S Source, D Drain,P p-dotierter Bereich,N+ stark n-dotierter Bereich,UDS Drainspannung,UGS Gatespannung

Metall

Substrat

S G D

P

UGS

UDS

SiO2

N+

Je nach Höhe der Batteriespannung und Leistung des Elektroantriebes kommen alsSchalter hauptsächlichMOSFET (Metal Oxide Semiconductor Field Effect Transistor) oderIGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) zum Einsatz. Bei Spannungen kleiner als 100V,also beispielsweise auf der 12-V-Seite des Bordnetz-DC/DC-Wandlers sind MOSFET vor-teilhafter, bei höheren Spannungen werden IGBT verwendet. Die Standardisierung führtdabei zu abgestuften diskreten Spannungsklassen. Während bei MOSFET viele feine Ab-stufungen existieren, existieren bei den IGBT im Hybridfahrzeug praktisch nur die Span-nungsklassen 600 und 1200V.

Die Auswahl der Spannungsklasse richtet sich neben der verwendeten maximalen Bat-teriespannung auch nach den Überspannungen, die durch das Schalten selbst entstehenkönnen, hauptsächlich durch die Induktivitäten der Zuleitungen zum Elektromotor so-wie innerhalb des Wechselrichters selbst. Auch ein noch so geringes Überschreiten derzulässigen Spannung kann zumZerstören derHalbleiterschalter führen. Daher ist eine ent-sprechende Sicherheitsreserve nötig.

MOSFETDerMOSFET gehört zur Klasse der sogenannten unipolaren Bauelemente, d. h. am Strom-fluss ist immer nur eine Art von Ladungsträgern beteiligt, entweder Elektronen (beimn-Kanal-MOSFET) oder Löcher (beim p-Kanal-MOSFET) [Lutz06]. Die Ansteuerungdes Bauelementes erfolgt dabei durch das Anlegen einer Spannung UGS zwischen Gateund Source in Abb. 3.70. Im stationären Zustand fließt kein Strom in den Steuereingang(Gate) und es wird daher keine Ansteuerleistung benötigt. Zum Einschalten ist jedoch einUmladen der internen Kapazitäten notwendig, je nach erwünschter Schaltgeschwindig-keit (100 ns . . . 1 μs) fließen also kurzzeitig Ströme, die durchaus Größenordnungen vonmehreren Ampere annehmen können.

Die Vorteile des MOSFET liegen in seinem einfachem Aufbau sowie seiner hohenSchaltgeschwindigkeit. In der Praxis sind so Schaltgeschwindigkeiten bis in den MHz-Bereich realisierbar, wie sie beispielsweise bei schnell getakteten DC/DC-Wandlern kleinerLeistung eingesetzt werden. Bei höheren Strömen setzt die durch die größere Chipflächeanwachsende Eingangskapazität der Schaltgeschwindigkeit Grenzen. In der Praxis sind imkW-Bereich dann noch Werte bis etwa 100 kHz erreichbar.

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176 N. Amann et al.

Abb. 3.71 Struktur einesIGBT. G Gate, E Emitter,C Kollektor, N– schwach n-dotierter Bereich, N+ starkn-dotierter Bereich, P+ starkp-dotierter Bereich

Metall

SiO2

G E

N+ N+

P+

N–

C

In Hybridfahrzeugen werden MOSFET in Wechselrichtern zur Ansteuerung von Elek-troantrieben bei kleinen Spannungen und Leistungen verwendet, z. B. bei 12-V- oder42-V-Startergeneratoren. Daneben finden sie auf der 12-V-Seite von Bordnetzgleichstrom-wandlern Verwendung. Auf Grund seines Aufbaus beinhaltet ein MOSFET immer eineparasitäre Diode, so dass sich das Bauelement an seinen Klemmen wie eine Parallelschal-tung aus MOSFET und Diode verhält. Man kann in einfachen Fällen also auf den Einsatzvon zusätzlichen Freilaufdioden verzichten. Für schnell schaltende Anwendungen, wie sieimHybridfahrzeug stets vorkommen,muss in der Regel dennoch eine zusätzliche, in ihrenSchalteigenschaften optimierte Diode verwendet werden.

IGBTDer IGBT bildet im Prinzip eine Mischform aus MOSFET und herkömmlichem Bipo-lartransistor (Abb. 3.71). Die Ansteuerung erfolgt ähnlich zum MOSFET über das Gate.Bedingt durch den inneren Bipolartransistor (PNP-Struktur zwischen Kollektor und Emit-ter) fällt im eingeschalteten Zustand allerdings eine Spannung zwischen Kollektor undEmitter ab. Beim Abschalten kommt es zur Ausbildung des so genannten Tailstroms, derzu erhöhten Schaltverlusten gegenüber demMOSFET führt.

Der IGBT ist das wichtigste Bauelement im Wechselrichter heutiger Hybridfahrzeu-ge. Die Weiterentwicklung der Bauteiltechnologie ist daher Gegenstand intensiver For-schungsarbeiten und bestimmt wesentlich die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit desgesamten Hybridantriebs.

3.3.3.3 Topologien und Schaltungstechnik

GleichspannungswandlerDer Gleichspannungswandler oder DC/DC-Wandler erzeugt aus einemGleichspannungs-eingang mit einem bestimmten Strom und einer bestimmten Spannung mit Hilfe von

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3 Komponenten des Hybridantriebs 177

Abb. 3.72 Schaltungskonzepteines Gleichspannungs-wandlers (Abwärts-Aufwärts-Wandler). C1, C2Kondensatoren, L Induktivität,V1, V2 MOSFET, UL niedrigeSpannung, UH hohe Spannung

UH C1

C2

L

V1

V2 UL

leistungselektronischen Bauelementen eine Ausgangsspannung bzw. einen Ausgangs-strom in veränderter Höhe. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Konzepte zur Regelung vonSpannung und Strom und es sind viele verschiedene Schaltungskonzepte im Einsatz. Ent-scheidend für die Auswahl der Schaltungsart ist die Höhe und Güte der verwendeten undder zu erzeugenden Spannungen und Ströme. Auf Grund von Sicherheitsaspekten oderauch nur aus technischen Gründen kann eine Potentialtrennung erforderlich sein.

Die Hauptanwendung im Hybridfahrzeug besteht in der Verbindung zwischen demkonventionellen 12-V-Bordnetz und dem Traktionsnetz. Bei Plug-in-Hybridfahrzeugenkann auch eine Anpassung des externen Spannungspegels an die Batteriespannung zumLaden erforderlich sein. Bei beiden Anwendungen werden fast ausnahmslos potentialge-trennte Wandlerkonzepte verwendet, d. h. es werden spezielle Transformatoren anstellevon Speicherdrosseln eingesetzt.

Eine zweite Aufgabe besteht in dem Anheben der Spannung der Traktionsbatterieauf ein deutlich höheres Niveau, um damit Wirkungsgradvorteile für den Elektroantriebnutzbar zu machen. Abbildung 3.72 zeigt ein Schaltungskonzept eines Gleichspannungs-wandlers. Derartige Wandler verwendet beispielsweise Toyota im Prius sowie in allenLexus-Hybridfahrzeugen. Dabei werden aus unterschiedlichen Batterien Spannungen biszu 650V erzeugt.Diese Spannung bildet zugleich eine obereGrenze für dieAusführung dertypischen Wicklungen in den verwendeten Elektroantrieben. Bei noch höherer Spannungwürde es zu Teilentladungen in den Wicklungen, bedingt durch Schaltüberspannungendes Wechselrichters kommen. In Folge wären aufwendige Wicklungsisolationen nötig, diehöhere Kosten verursachen und auch negativen Einfluss auf denWirkungsgrad haben. Obso ein Wandler im Einzelfall tatsächlich Vorteile bringt, hängt neben der Gesamtstrukturdes Hybridantriebs vor allem vom Belastungszyklus ab. Auf jeden Fall ist aber ein sehrhoher Wirkungsgrad des Wandlers notwendig, der nur durch besondere Maßnahmenerreicht werden kann.

PulswechselrichterIn heutigen Hybrid- und Elektrofahrzeugen werden auf Grund ihres hohenWirkungsgra-des und ihres robusten Aufbaus fast ausschließlich Drehstromantriebe eingesetzt. Zur Be-reitstellung der zum Betrieb notwendigen mehrphasigenWechselspannung wird ein Puls-wechselrichter benötigt. Dieser erzeugt aus der Gleichspannung der Traktionsbatterie die

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178 N. Amann et al.

U CL2

L3

L1V1

V4

V2

V5

V3

V6Drehstromantrieb

Abb. 3.73 Schaltbild eines dreiphasigen Pulswechselrichters.CKondensator, L1, L2, L3Wicklungendes Drehstromantriebs, V1, V2, V3 High-Side-Schalter, V4, V5, V6 Low-Side-Schalter

Abb. 3.74 Dreiphasiges IGBT-Modul [Möhrstädt09]

entsprechende Anzahl phasenverschobenerWechselspannungen. Meist werden dreiphasi-ge Konzepte benutzt.

Die dabei am häufigsten eingesetzte Topologie ist die in Abb. 3.73 dargestellte Varian-te, die auch als B6-Brückenschaltung bezeichnet wird. Die sechs Leistungsschalter sind indrei gleichartig aufgebauten Brückenzweigen zusammengeschaltet, die aus je einem High-Side- und einem Low-Side-Schalter bestehen (Abb. 3.74). Zur Glättung der Eingangsspan-nung wird außerdem ein Kondensator benötigt, je nach Anforderungen in der Regel einFolienkondensator oder ein Elektrolytkondensator. Auf Grund der hohen verwendetenSpannungen kann dieser ein beträchtliches Bauvolumen erreichen. Außerdem sind die ho-hen Temperaturanforderungen im Wechselrichter damit nur schwer erfüllbar. Neben denHalbleiterschaltern ist auch der Kondensator ein kritisches Bauteil, das entscheidend dieZuverlässigkeit des Wechselrichters bestimmt.

Der Pulswechselrichter befindet sich meist in einem separaten Gehäuse (Abb. 3.75),was einen großen Aufwand zur Verkabelung erfordert. Bedingt durch die hohen Strömeund die Anforderungen an Isolierung und Schirmung tragen die Kabel wesentlich zu denKosten bei und erhöhen auch das Gewicht des Gesamtsystems. Außerdem sind geeigneteSteckverbinder notwendig. Auf demMarkt gibt es derzeit nur wenig Stecker, die zuverlässig

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3 Komponenten des Hybridantriebs 179

Abb. 3.75 Pulswechselrichterim separaten Gehäuse (RobertBosch GmbH)

den Forderungen nach Robustheit gegen Vibrationen und Hitzeeinwirkung entsprechen.Daher gibt es verstärkt Entwicklungen, die sich mit der Integration des Wechselrichters anoder in den Motor beschäftigen. Auf Grund der hohen Temperaturen und der Vibrations-belastungen ist dies jedoch ebenfalls keine leichte Aufgabe.

3.3.3.4 Zusätzliche AnforderungenNeben den bereits beschriebenen ergibt sich noch eine Reihe von zusätzlichen Anforde-rungen beim Betrieb von Pulswechselrichtern hoher Leistung im Hybridfahrzeug. Durchdie kleinen Zeitkonstanten bei einem auftretenden Defekt, z. B. durch Kurzschluss zweierPhasenleitungen und die damit verbundenen unzulässig hohen Ströme im Fehlerfall müs-sen zusätzliche Schaltungsteile integriertwerden, die denWechselrichter sicher und schnellabschalten können. Eine Überwachung und Fehlerbehandlung mittels Software ist in derRegel zu langsam. Die verwendeten Schalter vertragen selbst eine kurzzeitige Überlastungschlecht und können leicht durch Überspannung oder -strom zerstört werden.

Bedingt durch die ständigen Lastwechsel beim Betrieb in den verschiedenen Fahrzu-ständen kommt es zu einer Erwärmung der unterschiedlichen Materialien innerhalb desIGBT-Moduls (Abb. 3.77). Durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten derverwendeten Materialien entstehen mechanische Spannungen, die auf Dauer zum Ermü-dungsbruch führen. In Folge kann es zum Ablösen der Bonddrähte kommen (Abb. 3.76)oder es können Lötverbindungen aufbrechen. Die Belastung hängt sowohl von der Höhedes im Modul fließenden Stromes ab, als auch von dessen Dauer.

Daneben spielen auch passive Erwärmungen eineRolle, wie sie beispielsweise beimAuf-heizen nach einem Kaltstart auftreten. Die heutigen Montagetechnologien begrenzen diemöglichen Lastzyklen stark, so dass bei der Auslegung stets eine Lebensdauerbetrachtungvorgenommen werden muss. Daneben gibt es neuartige Fertigungsmethoden, die einenTeil der Fehlermechanismen beseitigen sollen, um so die Haltbarkeit des Leistungshalblei-termoduls deutlich zu verbessern. Zum Beispiel wird das Aluminium in den Bonddrähtendurch Kupfer ersetzt, oder es werden gar flächig ausgeführte Bondstreifen aus Silber ein-gesetzt.

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180 N. Amann et al.

Abb. 3.76 Ablösung desIGBT-Bonddrahts [Thoben06]

IGBT/Diode (Si)

Drahtbond (Al)

Leiterkarte

LastanschlüsseGehäuse

Steueranschlüsse

Keramik (Al O , AlN, Si N )2 3 3 4 Kontaktierung (Cu)

Bodenplatte (Cu, AlSiC, Mo/Cu)

Hartverguss(Epoxidharz)

Weichverguss (Silikongel)

Lot

Substrat 1 Substrat 2

Abb. 3.77 UnterschiedlicheMaterialien bei einem IGBT-Modul [Thoben06]

Außerdem werden die Lötungsprozesse verbessert, indem man die Schichtdicke desLots stark reduziert oder auch ganz auf Löten verzichtet und statt dessen auf einer mitSilberpulver beschichteten Fläche eine Pressverbindung hergestellt. In der Zukunft werdendiese Bestrebungen dazu führen, dass auch die häufigen Lastwechsel, die in Fahrzeugan-wendungen auftreten, problemlos über die Lebensdauer vertragen werden.

3.3.3.5 Aktuelle Entwicklungen

Materialien und BauelementeDie hohen Belastungen, vor allem durch Temperaturwechsel, sowie der Wunsch nach im-mer höheren Schaltfrequenzen lassen sich mit herkömmlichen Bauteilen nur schwer erfül-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 181

len. Daher gibt es zahlreiche Entwicklungstendenzen, die vor allem durch neueMaterialienund Fertigungstechnologien gekennzeichnet sind.

Bauteile mit kristallinem Silizium als Trägermaterial haben eine obere Einsatztempe-ratur von maximal 200 °C. Bedingt durch die verwendeten Verbindungstechniken, vor al-lem der Lote, reduziert sich die Temperatur weiter, so dass maximal 175 °C möglich sind.Für die Kühlwassertemperaturen sind derzeit damit unter Normalbedingungen noch etwa80 °C sinnvoll. Kurzfristige Überschreitungen sind möglich, aber unter Lebensdauerge-sichtspunkten zu bewerten.

Mit dem Einsatz von Siliziumkarbid (SiC) als Halbleitermaterial lassen sich dagegendeutlich höhere Chiptemperaturen nutzen. Damit wird möglicherweise eine direkte Nut-zung des Hochtemperatur-Kühlwassers möglich und eine Integration der Leistungselek-tronik in den Elektroantrieb rückt in greifbare Nähe. Darüber hinaus ergeben sich auchnoch günstigere Schalteigenschaften und man kann mit Bauteilen aus Siliziumkarbid we-sentlich höhere Schaltfrequenzen erreichen.

Leider stehen dem Einsatz des Materials hohe Kosten (gegenüber Silizium etwa dasHundertfache [Horrdin07]) entgegen, da insbesondere Herstellung und Kristallzüchtungwesentlich komplizierter als bei Silizium sind. Derzeit beschränkt sich daher der Einsatzfast ausschließlich auf SiC-Dioden als Freilaufdioden. Ein weiteres Bauteil ist der SiC-JFET,der in Forschungsprojekten bei DC/DC-Wandlern kleinerer Leistung zum Einsatz kommt.Darüber hinaus gibt es weitere neue Bauelemente, die jedoch noch kaum auf dem Markterhältlich sind. Ein weiteres Material mit ähnlichen Vorteilen bildet Galliumnitrid (GaN),das bereits seit längerer Zeit für LEDundHF-Schaltungen benutzt wird undnun für schnellschaltende DC/DC-Wandler kleiner Leistung Anwendung findet.

Aufbautechnologie und KühlungDie in Hybridfahrzeugen verwendeten Aufbautechniken sind vor allem an den auftre-tenden Belastungen orientiert. Neben der guten Wärmeleitfähigkeit der beteiligten Ma-terialien soll das Modul kompakte Abmessungen haben und zugleich mechanisch robustsein. Außerdem sollten die elektrischen Anschlüsse einen möglichst geringen ohmschenWiderstand und eine kleine Induktivität haben. Die heute verwendeten Module bildenmeist einen Kompromiss aus diesen Forderungen, der sich nicht zuletzt auch an erprobtenFertigungstechnologien und niedrigen Kosten orientiert. Daneben gibt es aber Neuent-wicklungen, die sich je nach Hersteller unterscheiden.

Die jüngsten Entwicklungen der japanischenAutomobilindustrie sind durch einen sehrkompakten dreidimensionalen Aufbau gekennzeichnet (siehe Abb. 3.78). Hier werden dieeinzelnen IGBT-Module übereinander gestapelt, jeweils getrennt durch einen Kühlkanal.Darüber hinaus werden die Module von oben und unten kontaktiert. Als Isolatormateri-al wird dabei anstelle des meist üblichen Aluminiumoxids das relativ teure Siliziumnitridverwendet.

Betrachtet man die im Hybridantrieb auftretenden thermischen Wechselbelastungen,so wird die Grenze der Lebensdauer durch die thermomechanischen Eigenschaften der ander Stromführung beteiligten Bauteile im IGBT-Modul bestimmt. Zum einen ist das die

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182 N. Amann et al.

Abb. 3.78 Aufbautechnik fürdie IGBT-Module im LexusLS600 h [Schulz08]. a Gesam-tes Modul mit Wasserkühlung,b Prinzipieller Aufbau

Leistungsmodul

Kühlmittel

a

b

Bondverbindung, zum andern die Lötverbindung direkt unter dem Chip. Der Bonddraht,der normalerweise aus mehreren etwa 500 μm dicken Aluminiumdrähten besteht, kannsich durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Silizium und Aluminiumablösen. Bei der Lötverbindung, vor allem zwischen Chip und Kupferfläche kommt es zurErmüdung des Lotmaterials und als Folge zu einer Verkleinerung der stromführenden Flä-che und nachfolgend zum Ausfall des Moduls.

Bei der Bondverbindung kann man das Aluminium durch Kupfer ersetzen, was nebender besseren elektrischen und thermischen Leitfähigkeit vor allem bessere mechanischeEigenschaften hat, so dass ein Fehler an dieser Stelle unwahrscheinlicher wird (Abb. 3.79).Eine andere Lösung besteht darin, den Aluminiumdraht durch ein dünnes Band aus Silberzu ersetzen (Abb. 3.80). Durch die nun flächig ausgeführte Verbindung und den deutlichhöheren Querschnitt werden alle Eigenschaften verbessert, dies allerdings zum Preis deut-lich höherer Fertigungskosten.

Die Lötung des Chips kann vermieden werden, indemman den Siliziumchip direkt aufeine vorher aufgebrachte Schicht aus Silber-Nanopartikeln presst. Eine andere Möglich-keit besteht darin, die Dicke der Lötverbindung zu reduzieren und damit die mechanischeStabilität zu erhöhen.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 183

Abb. 3.79 Kupfer-Bondtechnik [Guth10]

Abb. 3.80 Silber-Bondtechnik [Schulze10]

Die Leistungselektronik in Hybridfahrzeugen befindet sich derzeit in einer rasantenEntwicklung. Vor demHintergrund einer steigenden Anzahl von Fahrzeugen und der Ein-führung von Elektrofahrzeugen in Serie ist eine deutliche Steigerung der Lebensdauer derverwendeten Halbleitermodule unabdingbar. Die Leistungsdichte des gesamten Umrich-ters bildet durch die begrenzten Bauräume ebenfalls ein wichtiges Optimierungsziel undwird zusammen mit den Kosten über den Erfolg dieser Technologie mitentscheiden.

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3.4 Energiespeicher

Günter Gutmann, Matthias Beck, Markus G. Kliffken, Christine Ehret, Ro-bert Stawiarski und Frank Hentschel

3.4.1 Überblick: Rolle der Energiespeicher

Mit dem Begriff „Batterie“ wird zuerst die klassische Blei-Fahrzeug-Starterbatterie (Blei-batterie, Bleiakkumulator, Bleiakku) assoziiert. Sie hat einen Anteil von knapp der Hälfteam Umsatz aller wieder aufladbarer Batteriesysteme und ist mit Industriebatterien (einViertel) und Batterien für tragbare Geräte (auch – nach Cellular Phones, Digital Came-ras, Camcorders, Cordless Tools – 4C-Batterien, Consumer- oder Verbraucherbatteriengenannt) einer der wichtigsten Zweige des Batteriemarktes. 2010 wurden etwa 400 Mio.Starterbatterien hergestellt. Bei einer jährlichen Produktion von nahezu 78Mio. und einemBestand von ca. 1,015Mrd. Fahrzeugen weltweit gehen etwa drei Viertel der Starterbatteri-en in den Ersatzteil- und einViertel in denOriginalfahrzeug-Markt. Auf demBatteriemarktlastet ein hoher Kostendruck, wie auf allen Zulieferermärkten der Fahrzeugindustrie. Diedurchschnittliche Lebensdauer der Bleibatterie im Fahrzeug beträgt, mit steigender Ten-denz, etwa drei bis fünf Jahre, abhängig von Nutzung und Klima.

Trotz der begrenzten Lebensdauer und mäßiger Gebrauchseigenschaften in Bezug aufspezifische Energie (in Wh/kg), Energiedichte (in Wh/l) und Leistungsdichte (in W/kgoder W/l) hat die Bleibatterie ihren Platz als einziger Bordnetz-Energiespeicher im Kraft-fahrzeug für nahezu 100 Jahre behauptet. Ursache ist der konkurrenzlos niedrige Preis auf-grund der günstigen Kostensituation, die gekennzeichnet ist durch verfügbare Blei-Erze,niedrigen Energieverbrauch für die Metallgewinnung und Reindarstellung, eine einfacheund energiesparende Fertigungstechnik und einen etablierten Aufarbeitungsprozess, inden über 95% der Fahrzeugbatterien nach Gebrauch zurückgeführt werden. Als Energie-speicher für den elektrischen Starter hat die Bleibatterie dem Verbrennungsmotor den Er-folg im Kraftfahrzeug geebnet, seit er 1911 erstmals von Cadillac eingesetzt wurde [Schal-lenberg82].

In der Vergangenheit wurde die typische Fahrzeug-Starterbatterie (auch SLI-Batteriegenannt, für Start, Light, Ignition) als geschlossenes System mit frei beweglichem Elek-trolyten konzipiert. Die Auslegung wurde zunächst empirisch auf die Kaltstartleistung op-timiert. Steigende Ruheströme und leistungshungrige Verbraucher im Bordnetz stellen je-doch zunehmend neue Anforderungen in Bezug auf vermehrten Energiedurchsatz, höhereLeistungs- und Energiedichte und geringe Selbstentladung, neuerdings vor allem der Ein-satz von Start-Stopp-Systemen und Mikro-Hybriden.

Die Herstellung der Starterbatterien ist weitgehend automatisiert und, mit Ausnahmevon Nischenprodukten, nur mit den effizientesten Fertigungsanlagen konkurrenzfähig.Wegen der stetig steigenden fahrzeugseitigen Anforderungen werden die Grenzen desBleiakkus, die in seiner Chemie liegen, deutlich [Spier03]. Gezielte Maßnahmen der letz-ten Jahre an Bauart und Massen verbesserten die Ladungsannahme und Lebensdauer in

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3 Komponenten des Hybridantriebs 185

teilgeladenem Zustand und erlauben nunmehr eine breite Anwendung energiesparenderHybrid-Einstiegstechnologien.

Hybridfahrzeuge beziehen die Energie für denAntrieb zumTeil oder ganz aus Speicher-batterien. Als günstigster Kompromiss hinsichtlich Kosten, Verbrauch und Emissionenzeichnet sich ein Anteil der elektrischen Leistung von bis zu einemDrittel an der gesamtenLeistung von Verbrennungsmotor und elektrischem Antrieb ab. Voraussetzung dafür sindextrem leistungsfähige und langlebige Batterien. Die Fahrzeugmodelle Honda „Insight“und – absatzmäßig erfolgreicher – Toyota „Prius“ nützten erstmals Nickel-Metallhydrid-Batterien. Für die zweite Hybridgeneration werden bereits noch leistungsfähigere Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt. Elektrochemische Doppelschichtkondensatoren (DSK) für denFahrzeugeinsatz werden nur in geringem Umfang verwendet. Diese sind durch eine hoheLebensdauer und eine hohe spezifische Leistung charakterisiert, die Energiedichte ist je-doch begrenzt. Ihre Einsatzchancen liegen in der Unterstützung der Leistung von Batterienin Bordnetz undAntrieb, oder bei Anwendungen, die Stromimpulse für die Dauer wenigerSekunden erfordern.

Der Schwerpunkt des Abschn. 3.4 behandelt elektrische Energiespeicher. Diese sind beiheutigen und vermutlich auch zukünftigen Hybridfahrzeugen die Standardlösung. MobileArbeitsmaschinen haben oft umfangreiche hydraulische Systeme an Bord, die sich auchfür einen Hybridantrieb nutzen lassen, deshalb werden auch hydraulische Speicher undHybridsysteme erwähnt. Auch kinetische Energie ist eine mögliche Speicherform, daherwerden auch Schwungräder behandelt.

3.4.2 Bleibatterie

3.4.2.1 Elektrochemie des BleiakkumulatorsSchematisch ist die Funktionsweise des Bleiakkumulators in Abb. 3.81 dargestellt. Bei derEntladung, d. h. bei Schließen des äußeren Stromkreises über einen Lastwiderstand RL

(äußere Pfeile geben die Bewegungsrichtung der Elektronen an) wird Bleidioxid als Aktiv-masse der positiven Elektrode zu Bleisulfat reduziert und Blei als Aktivmasse der negativenElektrode zu Bleisulfat oxidiert. Der Vorgang ist weitgehend reversibel. Bei Umkehr desStromflusses (innere Pfeile geben die Bewegungsrichtung der Elektronen an) wird der Ak-kumulator geladen, wobei die maximale Ladespannung im Bordnetz etwa 2,4V pro Zellebeträgt.

Aus der Brutto-Reaktionsgleichung

Pb + PbO2 + H2SO4 ↔ PbSO4 + H2O; UNenn = ,V (3.41a)

, g + , g + , g = , g; Q = ,Ah (3.41b)

erhält manmit der NennspannungUNenn und der geflossenen LadungQ eine theoretischespezifischeEnergie von 167Wh/kg. Der Gesamt-Reaktionsgleichung kannman ferner ent-nehmen, dass die Schwefelsäure, die als Elektrolyt dient, an der Entladereaktion teilnimmt

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186 N. Amann et al.

Nennspannung 2,0 V

RL

e–e–

PbSO + 2 H4+

PbSO + 2 H O4 2

+ 2 H + 2 e+ –PbO + H SO2 42

Pb + H SO2 4

H SO2 4

+ 2 e–

15–37 Gew.-%

Abb. 3.81 Funktionsprinzip des Bleiakkumulators (schematisch). Die Pfeile geben die Bewegungs-richtung der Elektronen an, wobei sich die inneren Pfeile auf den Ladevorgang und die äußeren Pfeileauf den Entladevorgang beziehen

und dass sie während der Entladung verdünnt wird. Die mäßige Massenausnützung, d. h.der Anteil von etwa 30 bis 40% der in der Elektrode insgesamt vorhandenen Aktivmasse,der an der Reaktion teilnimmt, und die notwendigen passiven Bauteile (Masseträger, Zell-verbinder, Pole, Separatoren, Gehäuse) verringern die nutzbare Kapazität ebenso wie dererforderliche Elektrolytüberschuss. Deshalb liegt die praktisch erzielte spezifische Energienur bei etwa 30 bis 50Wh/kg (siehe Abschn. 3.4.2.5).

Die für ein wässriges System außerordentlich hohe Zellspannung von etwa 2,0V liegt0,77V über der theoretischen Zersetzungsspannung des Wassers und weist damit bereitsauf potentielle Probleme des Bleiakkus hin. Das Potential der positiven Elektrodemit PbO2

als Aktivmasse liegt so hoch, dass als kostengünstiger Stromableiter und Masseträger nurBlei einsetzbar ist, das durch seine Deckschicht aus PbO2 vor Korrosion weitgehend ge-schützt ist.

Das Potential der negativen Elektrode liegt 0,35V unter dem Gleichgewichtspotentialder Wasserstoffelektrode. Nur die hohe Überspannung, d. h. die Spannungsdifferenz zwi-schen thermodynamischer Gleichgewichtsspannung und der Spannung bei Einsetzen derWasserstoffabscheidung an Blei hemmt weitgehend die Wasserstoffentwicklung. Es dientdeshalb, meist in Form von Legierungen, auch als Träger der negativen Masse. Dies er-klärt die Empfindlichkeit des Bleiakkus gegen Verunreinigungen, die dieWasserstoff- oderSauerstoff-Überspannung herabsetzen, und deren Bedeutung für Funktion und Lebens-dauer.

Bleisulfat ist im Elektrolyten in nur geringem Ausmaß löslich; dennoch läuft dieElektroden-Reaktionen weitgehend über lösliche Zwischenprodukte ab. Die Brutto-Reaktionsgleichung lässt sich in Reaktionsgleichungen für die positive und negativeElektrode aufspalten (hier in Entladerichtung und unter Berücksichtigung des Disso-ziationsgrades des Elektrolyten beschrieben – nur etwa 1% der Schwefelsäure liegt völlig

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3 Komponenten des Hybridantriebs 187

dissoziiert als 2 H+ und SO− vor):

Gesamtreaktion: Pb + PbO2 + H + + HSO−4 ↔ PbSO4 + H2O , (3.42)

Positive Teilreaktion: PbO + H+ +HSO− + e−

↔ PbSO + HO , (3.43)

Negative Teilreaktion: Pb +HSO− ↔ PbSO +H+ + e− . (3.44)

Die Gleichgewichtsspannung der Zelle U0 hängt entsprechend der nernstschen Gleichung

U = U,S +RTnF

logaH+aHSO−

aHO(3.45)

von der Säurekonzentration ab. Darin bedeutet:

U,S = ,V das ist die Ruhespannung unter Standardbedingungen, d. h. bei 25 °C undbei Aktivität von H+ und HSO4

– gleich 1mol/l,a die Aktivitäten der Reaktionsteilnehmer in mol/l,R die allgemeine Gaskonstante, 8,3413 JMol–1 K–1,T die absolute Temperatur in K,n die Anzahl der umgesetzten Ladungen,F die Faraday-Konstante, 96486As bzw. 26,8 Ah.

Näherungsweisewird in der Praxis die Beziehung zwischenRuhespannungU0 und Säu-redichte ρ

U0 = (ρ + , )V (3.46)

verwendet, mit ρ in g/ml (siehe auch Abb. 3.85). Zusätzlich treten im Lade- und Entlade-betrieb die kinetisch gehinderten parasitären Reaktionen auf:

Positive Elektrode: Pb + H2O → PbO2 + 4 H ++ e− , (3.47)

Negative Elektrode: H+ + 2 e− → H2 . (3.48)

Reaktion (3.47) führt zur Korrosion des Gitters als Masseträger der positiven Elek-trode (Positiven), Reaktion (3.48) ist gleichzeitig die Überladereaktion an der negativenElektrode (Negativen). An der positiven Elektrode führt die Überladung zu Sauerstoff-Entwicklung:

Positive Elektrode: H2O→ O2 + H ++ 4 e− . (3.49)

Eine weitere Reaktion ist die Umkehr-Reaktion von (3.49), die Reduktion des an derPositiven bei Überladung gebildeten Sauerstoffs an der negativen Elektrode:

Negative Elektrode: O2 + 4 H ++ 4 e− → 2 H2O . (3.50)

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188 N. Amann et al.

Sie ist Voraussetzung für den Bau verschlossener Bleiakkumulatoren und funktioniertin ausreichender Schnelligkeit nur in relativ elektrolytarmen Bleiakkumulator-Typen, indenen der Sauerstoff durch Gaskanäle von der positiven an die negative Elektrode gelangenkann. Dies ist bei den in Abschn. 3.4.2.3 näher beschriebenen verschlossenen, auch als Val-ve Regulated Lead Acid (VRLA-Typen) bezeichneten Batterien mit Gelelektrolyt oder mitGlasfaserseparator (Absorptive Glass Mat AGM) der Fall. Gleichzeitig verschiebt die Re-aktion (3.50), die Sauerstoffreduktion, das Potential der negativen Elektrode zu positiverenWerten.Daher liegt bei spannungskonstantemLaden auch das Potential der positiven Elek-troden in verschlossenen Zellen bei positiveren Werten, verglichen zu Zellen mit freiemElektrolyten.

Ladung und Entladung erfolgen beide nach einem zweistufigen Lösungs-Fällungs-Mechanismus. Der erste Schritt der Entladung an der negativen Elektrode ist eine elektro-chemische Reaktion, die den Elektronentransfer an der Bleioberfläche – die Durchtritts-reaktion − beinhaltet. Die nachfolgende Fällungsreaktion ist eine chemische Reaktion, diein einiger Entfernung vom Ort der elektrochemischen Reaktion ablaufen kann:

Pb − 2 e− → Pb+ + SO2−4 → PbSO4

Durchtritt Lösung Fällung(3.51)

Sie ist von der Säurekonzentration und damit vom Ladezustand abhängig, da die Lös-lichkeit von PbSO4 ein Maximum bei etwa 10 Gewichtsprozent Schwefelsäure hat, dannaber mit zunehmender Säurekonzentration rasch abnimmt (Abb. 3.85). Ähnlich verläuftdie Entladereaktion an der positiven Elektrode:

Pb+ + 2 e− → Pb+ + SO2−4 → PbSO4

Durchtritt Lösung Fällung. (3.52)

In der Durchtrittsreaktion nehmen vierwertige Pb4+-Ionen zwei Elektronen auf und ge-hen als Pb2+ in Lösung, wo sie sofort chemisch zu PbSO4 reagieren. Gleichzeitig bildetsich während der Entladung an der positiven Elektrode Wasser, weil O2–-Ionen aus demPbO2 freigesetzt werden und mit den Protonen des Elektrolyten zu Wasser reagieren. DieLadereaktionen verlaufen in entgegengesetzter Richtung über die entsprechenden Zwi-schenstufen.

3.4.2.2 Aufbau des Bleiakkumulators

Aktive MassenDie aktiven Massen benötigen eine große Oberfläche zum Elektrolyten, damit die Reak-tionen bei hohen Lade- und Entladeströmen über die löslichen Verbindungen mit demerforderlichen Umsatz ablaufen können. Pro Amperestunde Umsatz gehen ca. 8 g Aktiv-masse, Pb und PbO2, in Lösung oder werden wieder abgeschieden. Sie weisen eine hohePorosität und große Volumenunterschiede in geladenem und entladenem Zustand auf.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 189

Tab. 3.11 Einige Eigenschaften der Aktivmassen der Elektroden des Bleiakkumulators; der überwie-gende Anteil der positiven Aktivmasse besteht aus β-PbO2

Negative Elektrode Positive ElektrodeDichte Element/Verbindung

entladen PbSO4 6,29 g/cm3 PbSO4 6,29 g/cm3

geladen Pb 11,34 g/cm3 (α-PbO2 9,87 g/cm3) β-PbO2 9,3 g/cm3

Verhältnis der Molvolumina entla-den zu geladen bzgl. Pb

, / = , , /, = ,

Elektrische Leitfähigkeit der (gela-denen) Massen

104 S cm–1 103 S cm–1

Porosität 50% 50%Spezifische Oberfläche 0,3–0,6m2/g 4–6m2/g

Die porösen aktiven Massen Pb und PbO2 werden in Trägergerüste eingebracht, die fürStromleitung und mechanische Stabilität sorgen. Typische Daten sind in Tab. 3.11 zusam-mengestellt.

In den aktivenMassenmüssenVerunreinigungen vermiedenwerden, die dieÜberspan-nungen von Wasserstoff und Sauerstoff herabsetzen. Als Ausgangsmaterial dient Blei miteiner Reinheit von 99,99%, das anoxidiert, zerkleinert und getrennt für positive und ne-gative Massen mit Wasser und Schwefelsäure sowie Additiven in einem Kneter gemischtund angeteigt wird. Additive für die positive Masse sind z. B. Glas- oder Polyolefin-Fasernzur Verbesserung der Stabilität, sowie Graphitfasern zur Verbesserung der Leitfähigkeit.Der negativen Massewerden Spreizmittel („Expander“), wie Ligninsulfonate, Ruß und Ba-riumsulfat (BaSO4) zugesetzt. BaSO4 ist isomorph mit dem PbSO4 und bildet Keime fürdessen feinkörnigeAbscheidung zur Erhaltung einer großenOberfläche. Ruß undKohlefa-sern dienen der Leitfähigkeit der Masse, der Spreizmittelzusatz bewirkt eine Abscheidungdes Bleis mit gleichbleibend hoher Oberfläche über viele Zyklen.

Eine besondere Rolle bei der aktuellen Einführung von Start-Stopp-Systemen undMikro-Hybriden kommt der Entwicklung von Negativen mit erhöhtem Kohlegehalt(„Enhanced-Carbon-Negative“, siehe Abb. 3.82) zu. Der gegenüber der Standardrezepturum 50 bis 100% gesteigerte Zusatz von weiteren 1 bis 3 Gewichtsprozent (entsprechend biszu 15 Volumenprozent) Kohle oder Graphit mit hohen Oberflächen brachte eine überra-schende, überproportionale Verbesserung der Zyklenfestigkeit, vor allem in teilgeladenemZustand. Er erleichtert offensichtlich die Ladungsannahme der Batterien bei hohen Strö-men, wie sie bei Rekuperation in diesen Systemen anfallen [Dickinson11].

Ein entsprechender Effekt wird durch den Ersatz oder Teilersatz der negativen Elektro-de mit einer DSK-Kohleelektrode erzielt, siehe Abschn. 3.4.2.6, Entwicklungstendenzen.Bei den „Enhanced-Carbon-Negativen“ werden neben Verbesserung der Leitfähigkeit undVergrößerung der Doppelschichtkapazität eine Vermehrung der Kristallisationskeime undeineBegrenzung desKornwachstums sowie ein Einfluss auf dieWasserstoff-Überspannungals Ursachen für die verbesserten Eigenschaften vermutet.

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190 N. Amann et al.

Lösung Diffusion Durchtritt

Kohle/GraphitAktives Masse-Pb

Skelett-Pb

Gitter-Pb

Kohle/Graphit

Abb. 3.82 Masse der negativen Elektrode mit erhöhtem Kohlenstoffgehalt. (Schematische Darstel-lung; Ladereaktion (Umkehr-Reaktion zu (3.44)) und REM-Aufnahme der Oberfläche, nach P.T.Moseley, ILZRO; modifiziert und Yuasa)

Unmittelbar an die Pastenfertigung anschließend werden die Gerüste pastiert, d. h. mitMassenpaste gefüllt, und die Pastenoberfläche rasch angetrocknet. Darauf erfolgt in Kam-mernmit kontrollierter Temperatur und Feuchtigkeit das „Reifen“ der Platten. Es dient derschonenden Trocknung und Weiteroxidation. In der Folge können die Platten entwederin Tanks formiert, gewaschen, getrocknet und imprägniert werden – sie werden dann zu„trocken vorgeladenen“ Batterien weiter verbaut – oder über den Zusammenbau der Plat-ten mit den Separatoren, Einbau in das Gehäuse, Elektrolytfüllung und Formierung imBatteriegehäuse zu „nassen“ Batterien verarbeitet werden.

Bei der Formierung bilden sich die endgültigen Verbindungen und Strukturen in denMassen.Unabhängig von der Geometrie des Masseträger-Gitters, das nur ein sehr weitma-schiger Stromableiter ist, formen sich in der positiven und in der negativen Masse häufigMikro- undMakrostrukturen aus unterschiedlich großen Partikeln von 1 bis 10 μm Längeund 1 μm Durchmesser, die eine Art von Leiterskelett ergeben [Pavlov82, Pavlov01].

MasseträgerAlsMasseträger und Stromableiter haben sich ausschließlich Bleilegierungen durchgesetzt.Reines Blei weist sowohl eine hohe Wasserstoff-Überspannung als auch die niedrigsteKorrosionsrate im Elektrolyten auf. Als Masseträger kann es wegen seiner geringen Fes-tigkeit jedoch nur in kleinen Wickelzellen mit gestützten Elektroden benützt werden.Deshalb werden Blei-Antimon- (Pb/Sb-), Blei-Zinn- (Pb/Sn-) oder Blei-Zinn-Calcium-(Pb/Sn/Ca-)Legierungen verwendet. Gitter mit hohem Antimonzusatz (4–11%) las-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 191

Stanzgitter GussgitterStreck-metallgitter

StarkeGitterstrukturMinimierterWiderstand

SaubereProduktion

Abb. 3.83 Ausführungen von Masseträgern in Starterbatterien (Varta)

sen sich einfach gießen und haben eine hohe Festigkeit. Antimon verbessert auch dieZyklenfestigkeit der positiven Masse. Es erhöht jedoch im Laufe des Betriebes den Was-serverbrauch der Zelle, indem Antimon, das an die negative Elektrode gelangt, dort dieWasserstoffentwicklung begünstigt. Für wartungsarme oder verschlossene Zellen sindsolche Gitter daher nicht geeignet. Eine Verringerung des Antimongehalts auf 0,5 bis 3%behebt den erhöhtenWasserverbrauch und erhält die günstigeWirkung für die Lebensdau-er der positiven Elektrode. Sie erfordert jedoch den Zusatz weiterer Legierungselemente,wie Zinn und Kupfer sowie von Schwefel oder Selen zur Ausbildung eines feinen Guss-korns.

ZurVerringerung desWasserverbrauchs, wie fürwartungsarmeoderwartungsfreie Bat-terien erforderlich, sind Pb/Ca-Legierungen mit einem Calcium-Gehalt unter 1% und ei-nem Zinn-Gehalt bis zu 3% besser geeignet. Von den Korrosionsprodukten bleibt Ca2+

in Lösung und stört nicht weiter, Zinn ersetzt teilweise Antimon in seiner Wirkung. FürAnwendungen bei hohen Temperaturen, wie sie unter der Motorhaube von Fahrzeugenauftreten können, verbessert der Zusatz von Silber (Ag) die Lebensdauer.

Die Formgebung der Ableitergitter erfolgt durch Fallguss oder durch Streckmetallbil-dung [Prengaman04] aus gewalzten oder gegossenen Bändern (Abb. 3.83). Eine weitereMethode ist das Stanzen und Prägen von Blei- und Bleilegierungsfolien. Gussplatten kön-nen herab bis zu einer Mindestdicke von 0,8mm gefertigt werden. Sie bieten den Vorteil,dass die Geometrie der Stromdichteverteilung leicht angepasst werden kann. Streckmetallist für hoheProduktionsvolumina geeignet und relativ leicht an verschiedene Zellengrößenanpassbar. Häufig werden im Starterbereich Hybrid-Plattensätze verwendet, eine Kom-bination von positiven Gussgittern mit niedrigem Antimongehalt und negativen Pb/Ca-Streckmetallgittern. Ihr Vorteil sind hohemechanische Stabilität und die Verhinderung desfrüher sogenanntenAntimon-frei-Effekts, der in den ersten Batterien mit Sb-freienGittern

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192 N. Amann et al.

Abb. 3.84 Spezifische Leit-fähigkeit von Schwefelsäurein Abhängigkeit des Säurean-teils und der Temperatur. DieSolidus-Region beschreibt denBereich der Eisbildung (nach[Bode77])

Gewichtsprozent H SO2 4

Leitf

ähig

keit

[cm

–1–1

zu plötzlichem Kapazitätsverlust der positiven Elektrode führte. Dieser Fehler wird heutesowohl dem Kontaktverlust zwischen Masse und Ableiter wie der Massenalterung selbstzugeordnet (Premature Capacity Loss PCL).

ElektrolytDie Eigenschaften der Schwefelsäure als Teilnehmer an der Zellreaktion beeinflussen Ka-pazität, Leistung, Lebensdauer, Korrosion und Temperaturverhalten der Batterie. Abbil-dung 3.84 zeigt den Verlauf der spezifischen Leitfähigkeit über der Konzentration und derTemperatur. Der Konzentrationsbereich und damit der Widerstand und die verfügbareLeistung sind von Ladezustand, Temperatur, Bauweise und Design der Batterie abhän-gig. Er muss in einem der Anwendung angemessenen Bereich bleiben. Insbesondere fürStarterakkus ist wichtig, dass der Elektrolyt nicht bei niedrigem Ladezustand bei tieferTemperatur einfriert (Solidus-Region in Abb. 3.86).

Bestimmte Verunreinigungen in der Schwefelsäure, wie Chrom, Mangan, Titan undChloride, dürfen sowohl in der Fertigung bei der Herstellung der Massenpasten als auchim Elektrolyten der fertigen Batterie nicht vorhanden sein, um vorzeitige Gasentwicklungan den Elektroden sowie Korrosion zu verhindern.

Die zunehmende Löslichkeit des Bleisulfats bei geringer werdender Elektrolytkonzen-tration, d. h. bei niedrigem Ladezustand (Abb. 3.85), fördert das Entstehen grobkörnigenBleisulfats (Sulfatierung) und ist eine der Hauptausfallursachen von Bleibatterien imWin-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 193

Säuredichte [g/ml]

Ruhespannung

Löslichkeit von Bleisulfat bei 25 °C

Löslichkeit von Bleisulfat bei 0 °C

Lösl

ichk

eit v

on B

leis

ulfa

t [m

g/l]

Ruh

espa

nnun

g [V

]

Säuredichteentladene Batterie

Säuredichtegeladene Batterie

Abb. 3.85 Abhängigkeit der Löslichkeit von Bleisulfat von der Säuredichte und der Temperatur so-wie der näherungsweise Zusammenhang von Elektrolytdichte und Zellspannung

Positives Gitter

Negatives Gitter

Positive Platte

Negative Platte

Negativer Plattensatz

Plattenblock

RobusterKastenund Deckel

Positiver Plattensatz

Deckel mit Sicherheitsventilund Deckel mit Zentralentgasung

Positive Platte mit Mikroglasvlies

Abb. 3.86 Starterbatterie in verschlossener Ausführung (Varta)

ter. Starterbatterien weisen durch die härtere Beanspruchung einen niedrigeren Ladezu-stand auf und neigen in diesem Fall bei Zyklenbetrieb und stärkeren Temperaturschwan-kungen zur Sulfatierung undKornvergröberung. Startfähigkeit wie Ladungsannahmewer-den dadurch rapid verschlechtert.

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194 N. Amann et al.

ZusammenbauUm die spezifizierte Belastbarkeit und Kapazität zu erreichen, werden mehrere positiveund negative Platten pro Zelle abwechselnd unter Zwischenlegen eines Separators gestapeltund parallel über eine Polbrücke verbunden. Der Separator ist auf die Bauart der Bat-terie abgestimmt. Jeder Block aus dem vereinigten positiven und negativen Plattensatzwird in das Batteriegehäuse eingeschoben und durch oder über die Zellwände hinweg überdie Zellverbinder in Serie verbunden, z. B. durch Pressschweißen. Die Batterie wird durchAufschweißen des Deckels auf das Gehäuse (beide meist aus Acrylnitril, Butadien, Styrol-Terpolymer ABS oder Polypropylen PP) geschlossen und, im Fall der trocken vorgeladenenAusführung, vor Gebrauch mit Elektrolyt gefüllt.

3.4.2.3 BauartenBei Starterbatterien (Abb. 3.86) unterscheidet man zwei Typen: geschlossene Batterien(Vented Flooded Batteries), die einen Deckel mit einer oder mehreren Öffnungen haben,durch die Gase entweichen können, und verschlossene Batterien (Valve regulated batte-ries, with gas recombination), die unter normalen Bedingungen verschlossen sind, aberein Ventil aufweisen, das bei vorgegebenem Überdruck das Entweichen von Gas erlaubt.In dieser Batterie ist der Elektrolyt festgelegt; Wasser kann nicht nachgefüllt werden.

Geschlossene BatterienDie Batterien der Blei-Antimon-Standardtechnologie erkennt man an den aufschraubba-ren Zellenstopfen. Die EN 50342 unterscheidet den Wasserverbrauch der Batterien mitflüssigem Elektrolyten bei 21 Tagen Konstantspannungsladen bei 14,4V und 40 °C nach„normal“ (größer als 4 g/Ah), gering (kleiner als 4 g/Ah) und sehr gering (kleiner als1 g/Ah).

Geschlossene und verschlossene Bauarten haben heute gewichtsoptimierte Gehäuseaus Polypropylen. Die Zellverbinder werden zur Widerstandsminimierung durch die seit-lichen Zellwände hindurchgeführt und verschweißt. Die Plattensätze aus positiven undnegativen Elektroden sowie Separatoren unterscheiden sich durch die Art der Separator-anordnung. Separatoren in Taschenform um die positiven Elektroden fangen Schlammauf und verhindern Bodenkurzschlüsse. Die Endpole sind entsprechend der hohen ge-forderten Leitfähigkeit dimensioniert. Öffnungen im Zellendeckel zum Druckausgleichsind mit Sintermetall-Flammsperren bestückt, die bei außerhalb der Batterie liegendenZündquellen ein Rückzünden von austretendem Wasserstoff in die Batterie verhindern.Gehäusedeckel von Batterien mit freiem Elektrolyten vermeiden durch Labyrinthdichtun-gen den Elektrolytaustritt beim Kippen.

Verschlossene BatterienVerschlossene Bleibatterien (auch VRLA-Batterien genannt, Valve Regulated Lead Acid)entstanden aus dem Bestreben, ein gasdichtes System herzustellen, was erstmals mit einerNi-Cd-Batterie 1953 gelang. Ansatz ist das Erzwingen eines internen Sauerstoff-Kreislaufsim Falle der Überladung (siehe Reaktionen (3.49) und (3.50) imAbschn. 3.4.2.1). Schlüssel

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3 Komponenten des Hybridantriebs 195

Tab. 3.12 Unterschied zwischen geschlossener und verschlossener Batterie

Komponente Geschlossen VerschlossenGehäuseöffnung Schraubstopfen Überdruck-Ventil („Valve Regulated“)Elektrolyt Frei Immobilisiert; ggf. mit SiO2 geliertSeparator Mikroporös, Kunststoff PE, oder Glasfaser-Vlies, teilgefülltPositives Gerüst Pb-Sb Pb-Ca-SnNegatives Gerüst Sb-arm Pb-Ca

Tab. 3.13 Fehlermechanismen: Anfälligkeit geschlossener und verschlossener Systeme; AGMGlas-faserseparator

Geschlossen VerschlossenAbschlammen ×Sulfatierung × ×Gitterkorrosion/Gitterdehnung ×Ladungsbalance pos./neg. ×Säureschichtung × Gel nicht, AGM etwasThermal Runaway ×Wasserverlust × ×

dafür sind eine Bauweise mit Gaspassage-Möglichkeiten zwischen positiver und negati-ver Elektrode durch geeignete Separatoren oder Gelierung des Elektrolyten mit SiO2, undein gasdichter Batteriekasten mit Überdruckventil. Die Unterschiede der Bauweisen zeigtTab. 3.12.

Mit SiO2 gelierte Elektrolyte bilden Gaskanäle aus, durch die der Sauerstoff bei Über-ladung wandert. Verschlossene Fahrzeugbatterien verwenden meist Glasfaservliese als Se-paratoren; ihre Plattensätze müssen den Zellkasten eng anliegend eingebaut werden. DerDruck auf die Plattensätze trägt wesentlich zur verbesserten Lebensdauer gegenüber Batte-rien mit freiem Elektrolyten bei. Beim Glasfaservlies wird der Separator nicht vollständig(90–75%) gefüllt, so dass nicht elektrolytgefüllte Poren für den Sauerstofftransport zur Ver-fügung stehen.

Glasfaserseparatoren (Absorptive Glass Mat, AGM) sind deutlich teurer als die mikro-porösen Separatoren geschlossener Zellen. Auch die Fertigungstoleranzen für verschlosse-ne Zellen mit Glasfaser-Separator sind enger, der Preis liegt daher nahezu doppelt so hochwie der von Standard-Starterbatterien. Ihre Stärke ist die Fähigkeit, in ihrer Lebensdau-er etwa die dreifache Energiemenge von Batterien geschlossener Bauweise durchsetzen zukönnen. Die typischen Fehlermechanismen unterscheiden sich etwas (Tab. 3.13).

Der Glasfaser-Separatorwurde zuerst für zylindrischeReinbleizellen entwickelt, die Ni-Cd-Batterien als Flugzeugstarter-Akkumulatoren ersetzen sollten. Seine Eigenschaften, dieMassen auf den Gittern zu fixieren, sowie die Sauerstoff-Rekombination in der Zelle zuermöglichen, war eine Grundlage für das Vordringen der Gitterplatten-Technologie in Hy-

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196 N. Amann et al.

Tab. 3.14 Gewichtsbeitrag der Komponenten zu einer typischen verschlossenenStarterbatterie, AMbezeichnet dabei aktive Massen

Bestandteil Beitrag zum Batteriegewicht[%]

Beitrag zum Energiegewicht[kg/kWh]

Bleigitter 15 3,75Positive AM 22 5,50Negative AM 25 6,25Separator 2 0,50Elektrolyt 26 6,50Gehäuse 5 1,25Pole etc. 5 1,25Gesamt 100 25,00

bridanwendungen und stationäre Anwendungsbereiche. Die zweite war die Entwicklungder „Enhanced-Carbon-Negativen“.

Tabelle 3.14 zeigt die Gewichtsanteile der Komponenten einer verschlossenen Batterie,wie in Abb. 3.86 beispielhaft in Explosionsdarstellung mit ihren Komponenten gezeigt, miteinem gewichtsbezogenen Energieinhalt von 40Wh/kg bei 20-stündiger Entladung. An-sätze für eine Verbesserung bieten eine höhere Ausnützung der aktiven Massen und dieVerringerung des Gewichts der Trägergerüste.

3.4.2.4 Eigenschaften von Bleibatterien

Thermisches VerhaltenFür die Starterbatterie im Fahrzeug sind Temperatureinflüsse von außen wichtiger als dieErwärmung durch den Betrieb. Aktive Kühlung ist nicht erforderlich. DieWärmekapazitätder elektrolytärmeren verschlossenen Batterien istmit 0,75–1,0 kJ kg−1 K−1 etwas niedrigerals die von Starterbatterien (mit freien Elektrolyt) mit 0,94–1,2 kJ kg−1 K−1, die Dämp-fung von Temperaturänderungen bei Wärmeentwicklung daher geringer. Die Wärmeka-pazität kann aus dem Gewicht der Komponenten und deren spezifischer Wärmekapazität(Tab. 3.15) berechnet werden.

Die Erwärmung der Zellen erfolgt durch Entropieänderung der Zellreaktion (reversi-ble Wärme) und durch joulesche Wärme aus Polarisations- und Ohmschen Verlusten, diemeist überwiegen. Die reversible Wärme beträgt Qrev = TΔS = , kJ, das sind 3,5% derumgesetzten Energie, die bei Ladung zusätzlich alsWärme frei wird. Der Temperaturkoef-fizient der Ruhespannung beträgt dU/dT = ,mVK−.

Überladen verschlossener Batterien kann dazu führen, dass die Wärmeentwicklung inder Zelle außer Kontrolle gerät (Thermal Runaway). Während der Überladung wird diegesamte elektrische Energie in Wärme umgewandelt: Sauerstoffentwicklung an der Positi-ven (Reaktion 3.49) und Sauerstoffreduktion an der Negativen (Reaktion 3.50) sind gleichschnell, die Verlustwärme heizt den Zellelektrolyten auf, so dass sein Widerstand sinkt

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3 Komponenten des Hybridantriebs 197

Tab. 3.15 Wärmekapazität der Komponenten (d Säuredichte)

Komponente SpezifischeWärmekapazität[kJ kg−1 K−1]

Pb 0,13PbO2 0,27PbSO4 0,34H2SO4 mit d = , g cm−3 3,10H2SO4 mit d = , g cm−3 2,80Polypropylen, PP 2,10Polystyrol, PS 1,20Glas 0,80

und bei spannungskonstantem Laden einen weiteren Anstieg des Überladestroms bewirkt.Dazu wird das Potential der negativen und der positiven Elektrode in positive Richtungverschoben, was die Sauerstoffentwicklung weiter begünstigt. DieWärmeproduktion über-steigt zunehmend die Wärmeabfuhr, so dass die Batterie schließlich thermisch zerstörtwird.

Daher ist bei verschlossenen Bleibatterien im Bordnetz ein einfaches Managementsys-tem erforderlich, das Temperatur und Spannung überwacht und so eine kurzfristige Span-nungsanhebung gestattet, um den Ladezustand zu erhöhen, ohne die Gefahr des „ThermalRunaway“, insbesondere bei älteren Batterien, zu provozieren.

Elektrisches Verhalten unter LastKapazitätsangaben für den Blei-Starterakku beziehen sich auf den 20-stündigen Entlade-strom, das ist jener Strom, angegeben in Ampére, der den Akku in 20 Stunden entlädt. Dieso ermittelte Kapazität oder Nennkapazität wird mit C = CN bezeichnet, als Ergebnisder Entladung mit dem Strom 0,05 C20A. Übliche Ströme im Bordnetz sind meist we-sentlich höher oder, im Fall der Ruheströme, sehr viel niedriger. Die nutzbare Kapazitätist stark vom Entladestrom (Abb. 3.87a) und von der Temperatur (Abb. 3.87b) abhängig.Näherungsweise kann die Beziehung zwischen Entladestrom und Entladedauer durch diePeukert-Gleichung wiedergegeben werden:

In t = C , (3.53)

wobei I den Entladestrom, T die Entladedauer und C, n batteriebezogene Konstanten (mitn ≈ , bis 1,4) bezeichnen. Sie gilt meist über einen größeren Bereich von Entladeströmen;weicht aber bei hohen Entladeraten ab (Abb. 3.87b).

Der Widerstand der Bleibatterie hängt von der Temperatur, dem Ladezustand und derDauer des Laststroms ab. Abbildung 3.88 zeigt diesen Zusammenhang. Die Entladetiefe(Depth of Discharge DOD) bezieht sich hier auf die Kapazität, die an der nach Norm ge-ladenen Batterie mit dem 5-stündigen Entladestrom gemessen wurde. Der vollgeladene

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198 N. Amann et al.

a

b

Entladedauer

Ent

lade

daue

r

Kle

mm

ensp

annu

ng [V

]

Entladestrom [A]

Abb. 3.87 aEntladekurvenscharen einer Starter-Batterie (12V, 65 Ah) bei 25 °C,bPeukert-Geradenbei 25 °C, 0 °C und −20 °C

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3 Komponenten des Hybridantriebs 199

Entladetiefe [%]

Bat

terie

wid

erst

and

[m]

Ω

Abb. 3.88 Widerstand Ri einer Bleibatterie mit 12V, 75 Ah in Abhängigkeit von der Entladetiefeund von der Temperatur. Entladestrom 75A, Ri berechnet aus ΔU nach 10 s

Zustand wird im Fahrzeug nicht erreicht; er liegt bei etwa 80% einer nach Norm gelade-nen Batterie und daher bereits näher am Minimum, das sich bei mittleren Entladetiefeneinstellt. Der Ladezustand wird auch mit „State of Charge“ (SOC) bezeichnet und in Pro-zenten angegeben. Der Ladezustand und die Entladetiefe sind komplementäre Werte, diesich auf 100% ergänzen. Der Widerstand nimmt mit steigender Temperatur ab und mitder Dauer des Laststroms zu (siehe Werte für −18 °C in Abb. 3.88).

AlterungsmechanismenDie Alterung, d. h. die Leistungs- und die Kapazitätsabnahme, wird durch Sulfatierung,das heißt Kornvergröberung der Aktivmassen, Gitterkorrosion undWasserverlust hervor-gerufen. Wasserverlust führt heute nur mehr bei Fehlbehandlung (zu hohe Ladespannung,Verunreinigungen bei Nachfüllen von Wasser) zu vorzeitigem Altern. Mechanismen, diezu vorzeitigem Kapazitätsverlust (Premature Capacity Loss, PCL) führen, wurden im Zu-sammenhang mit der Einführung verschlossener Zellen intensiv untersucht und führtenzu den in Tab. 3.16 dargestellten Ergebnissen. Bei Batterien im Bordnetz tritt wegen desstetig steigenden Ladungsumsatzes und aus Folge der ungenügenden Ladungsbilanz derPCL-3-Effekt an der negativen Elektrode vermehrt auf [Moseley01].

Gitter-KorrosionEine weitere Hauptursache für den Ausfall von Bleiakkus ist die Korrosion der positivenGitter (siehe Abb. 3.89). Die Korrosionsgeschwindigkeit entspricht dem Korrosionsstrom,

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Tab. 3.16 PCL-Effekte (Premature Capacity Loss). Ursachen und Abhilfen

Effekt Ursache AbhilfePCL 1 Widerstandszunahme zwi-

schen positivem Gitter undMasse

Änderung derGitterlegierungs-Zusammensetzung(Antimon-arm)

Zusatz von Zinn zu denantimonfreien Gitter-Legierungen

PCL 2 Zunehmende Quellung undVerlust des Zusammen-halts der positiven Masse –Erweichung der positivenMasse

Volumenzunahme bei Tie-fentladung von PbO2 zuPbSO4

Druck auf die Masse überGehäuse und Glasfaser-Separator ausüben

PCL 3 Irreversibler Kapazitätsver-lust bei Teilentladebetriebmit hohen Strömen (Parti-al State of Charge, PSoC),Sulfatierung der negativenPlatte

Unzureichende Ladungder negativen Masse, weildie Sauerstoffreduktionbereits vor Vollladung derNegativen beginnt, so dassdas Potential der Plattepositiver wird

Auswahl von Art undMenge geeigneter Spreiz-mittel (s. Abschn. 3.4.2.2);Kohle-Zusatz

Abb. 3.89 Aufbau der Korro-sionsschicht auf dem positivenMasseträger; Eindringtie-fe bei Gitterkorrosion (nach[Berndt01])

PbO aktive Masse2

Gitterkorrosion:Eindringtiefeca. 0,03–0,1 mm/a

Dichte PbO -Schicht2

PbO -Deckschichtx

Pb-Gitter

der der Korrosionsreaktion (3.47)

Pb + 2 HO→ α-PbO2 + 4 H ++ 4 e− (3.54)

zugeordnet ist. Er beträgt bei einer Ladespannung von 2,2V etwa 2 μA/cm2, was einerEindringtiefe von 0,03mm pro Jahr entspricht. In Starterbatterien im Bordnetz ist die Kor-rosion jedoch wegen der höheren Spannung von 2,4V pro Zelle eher dreimal so groß.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 201

SäureschichtungBei der Ladung des Bleiakkus wird in den positiven und negativen Elektroden Säure pro-duziert, die sich wegen ihrer größeren Dichte am Boden des Gehäuses ansammelt. Diesbewirkt im unteren Teil der Platten Sulfatierung der negativen Massen. In geschlossenenBatterien lässt sich die Säureschichtung durch Gasentwicklung mittels Überladen beseiti-gen. Bei verschlossenen Batterien mit Glasfaserseparator ist die Tendenz zur Säureschich-tung gering (vergleiche Tab. 3.13).

AbschlammungIn geschlossenen Akkumulatoren führt das Ausspülen von Aktivmasse-Partikeln und de-renAnsammlung amGehäuseboden zuKurzschlüssen.Durch Separatoren inTaschenformkann deren Ausbildung vermieden werden. In verschlossenen Batterien tritt dieser Fehlernicht auf, weil dieMassepartikel durch den angepressten Separator an ihrem Platz gehaltenwerden.

3.4.2.5 Stand der TechnikBlei-Traktionszellen oder stationäre Zellen, z. B. für die unterbrechungsfreie Stromversor-gung, sollen hier nicht betrachtet werden, ebenso wenig wie Hochleistungs-Folienzellen,die spezifische Leistungen bis 1800W/kg erzielen. Deren Lebensdauer ist auf maximal einJahr begrenzt, weil die Reinblei-Ableiterfolien korrodieren.

Für Kraftfahrzeugbatterien haben sich die Anforderungen massiv verändert. Der Kon-kurrenzdruck zwingt die Fahrzeughersteller zu möglichst kosteneffektiven Maßnahmenfür niedrigen Kraftstoffverbrauch und Emissionen. Dazu zählen Start-Stopp-Systeme undMikro-Hybride (Abb. 3.90). Beginnend im Jahr 2006 hat im Jahr 2012 bereits etwa dieHälfte aller Neufahrzeuge Start-Stopp-Automatik, bis 2015 sollen 70% erreicht werden.

Diesen neuen Anforderungenmuss batterieseitig entsprochen werden. Mikro-Hybridebleiben wegen des Kostendrucks auf absehbare Zeit an Bleibatterien als Speicher gebun-den, die dafür an die Anforderungen derMikro-Hybridisierung angepasst werdenmüssen.Diese belastet die Batterie bereits bei Start-Stopp-Systemenmit höheren zyklischen Lasten,führt zu einem niedrigeren mittleren Ladezustand und zu einemwesentlich höheren Ener-giedurchsatz als bei Starterbatterien [Spier03]. Er liegt für ausreichende Lebensdauer beieinem Durchsatz von wenigstens dem fünfhundert- bis sechshundertfachen der Nennka-pazität.

Die Schwierigkeit für aktuelle Blei-Fahrzeugbatterien ist nicht, die geforderte Leistungim Bordnetz zu erbringen, sondern unter Erhalt der Leistung bei gesteigertem Ladungs-umsatz die Lebensdauer zu erhalten. Der Bleiakkumulator wurde in der Vergangenheitvielfach empirisch optimiert. Seine Chemie ist inzwischen weitgehend verstanden. Verbes-serungen sind daher nur in begrenztem Umfang zu erwarten, vor allem unter Beachtungder Kosten, die der Hauptvorteil des Systems sind.

Nachteile sind die Zyklenlebensdauer und die Alterung bei Unterschreiten eines La-dezustandes von etwa 70–80% und gesteigertem Ladungsdurchsatz (siehe PCL-3-Fehler-mechanismus in Tab. 3.16). Viele kleine Beiträge zur Lebensdauer wurden seither durch

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202 N. Amann et al.

Kra

ftsto

ff-E

insp

arun

g100 %

50 %

20 %

10 %

5 %

0 %

Start-Stopp-Funktion

Mikro-Hybrid

Mild-Hybrid

Vollhybrid

Plug-in-HybridBatterie-Fahrzeug

Typische BatterieSpannung 12 V 12 V 36–144 V 200–300 V 300–500 VLeistung ~3 kW ~5 kW ~10 kW ~40 kW ~60 kWEnergie-inhalt

0,75 kWh 1 kWh 1 kWh 2 kWh 10–60 kWh

Pb geschlossenzyklenfest

VRLA, AGMzyklenfest

Li-ion

ion

NiMH

Li-ion

NiMH

NiMH

Alternativen

Konkurrenz derBatteriesysteme

Li-ion

VRLA, AGMC-reiche Neg.

Abb. 3.90 Kraftstoff- sowie CO2-Einsparung in Abhängigkeit vom Hybridisierungsgrad [Svens-son11]. AGMAbsorptiveGlassMat, Glasfaserseparator, VRLAValve Regulated LeadAcid, verschlos-sene Batterie, Neg. negative Elektrode

neue Additive zu denMassen, korrosionsstabilereGitterlegierungen und neue Separatorenin Verbindung mit der verschlossenen Bauweise und höherem Pressdruck des Separatorsauf die Massen erreicht (siehe z. B. Abb. 3.91).Mit der Einführung der AGM-Batterien undnegativen Elektroden mit gesteigertem Kohleanteil ist auch eine entscheidende Anhebungder Zyklenzahl in teilentladenem Zustand gelungen (siehe Abschn. 3.4.2.2, aktive Massen).

Blei-Starterakkumulatoren haben alle eine ähnliche Bauweise und unterscheiden sichin den spezifischen Daten nur geringfügig. Größere Unterschiede ergeben sich in derZyklenlebensdauer und der tolerierten durchgesetzten Energiemenge, sowie bei den Kos-ten. Unter den Starterbatterien kann man geschlossene SLI-Typen, geschlossene Typenmit hoher Zyklenfestigkeit für Start-Stopp-Einstiegssysteme, sowie verschlossene (VRLA-AGM-)Typenmit nochmals gesteigerter Zyklenfestigkeit, teilweisemit „Enhanced-Carbon-Negativen“ für Mikro-Hybride unterscheiden (Tab. 3.17 und Abb. 3.91).

Einstiegsmodelle mit Start-Stopp-Systemen verwenden geschlossene Batterien mitkunststoffarmierten Negativen. Das Micro-Hybrid-System von BMW, genannt „EfficientDynamics“, verwendet als Energiespeicher eine teilgeladene AGM-VRLA-Batterie, dieEnergie aus dem Generator aufnehmen kann. Das Batterie-Managementsystem registriert

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3 Komponenten des Hybridantriebs 203

Gitter

Positives Gitter

Positives Gitter

Negatives Gitter

Negatives Gitter

PositiveElektrode

Positive Platte

Positive Platte

Positive Platte

Positive Platte mit Mikroglasvlies

Negative Platte

Negative Platte

NegativeElektrodein Taschen-Separator Verbinder

NegativerPlattensatz

Negativer Plattensatz

Negativer Plattensatz

PositiverPlattensatz

Positiver Plattensatz

Positiver Plattensatz

Plattensatz

Plattenblock

Plattenblock

Stopfen Pol Polverbinder

Deckel mit Sicherheitsventilund Deckel mit Zentralentgasung

Robuster Kastenund Deckel

a

b

c

Abb. 3.91 a Geschlossene SLI-Starterbatterie (Exide), b geschlossene Batterie mit verbesserterZyklenfestigkeit (Varta), c verschlossene Batterie (VRLA-AGM) mit verbesserter Zyklenfestigkeit(Varta)

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204 N. Amann et al.

Tab. 3.17 Technische Kenndaten von Bleiakkumulatoren (DOD Entladetiefe, s. Abschn. 3.4.2.4,VRLA verschlossene Bauform). Bei niedrigem Ladezustand und seichten Zyklen (z. B. 5%) ist dieZyklenzahl von Zellen mit „Extended-C-Negativen“ bis zum Faktor 10 höher gegenüber Standard-und VRLA-PE-Vlies-Typen. Die kalendarische Lebensdauer beträgt für alle Typen 2–6 Jahre, ab-hängig vom Klima. Die Selbstentladung aller Typen beträgt 2−3% pro Monat. Der Nutzungs- undLagertemperaturbereich liegt für alle Typen bei –30 bis +70 °C

Eigenschaft Standardbatterie Starterbatterie mitverbesserter Zyklen-festigkeit

VRLA-AGM-Starterbatterie

Anwendung Einstieg, Ersatz, aufStartleistung opti-miert

Hoch zyklenfest, fürStart-Stopp-Funktion

Extrem zyklenfest, fürMikro-Hybrid

Bauweise Geschlossen Geschlossen VRLA, verschlossenGehäusedeckel Auslaufsicher, Ein-

zelzellenstopfen,Membrangassperre

Auslaufsicher, Si-cherheitsventil,Labyrinthsystem

Hermetisch verschlos-sen, Sicherheitsventil,Zentralentgasung

Plattensatz,Platten

Gitter gegossen, ge-streckt, gestanzt

Anwendungs-angepassteLegierungszusätze,Guss-, Streckmetall-gitter

Guss-, Streckmetallgitter

Masse Auf Startleistungoptimierte Massen

Dichtere aktive Mas-sen

Dichtere aktive Massenund Zusätze zu Ne-gativen, incl. Graphit(Extended C)

Separator Mikroporös, PE, PVC PE Taschenseparator,Polyester-Vlies

Glasfaser-Vlies (AGM)

Druck auf Plattensatz Niedrig Mittel HochLadestromakzeptanz Normal Normal HochStartleistung Normal (100%) 100% Hoch (115%)Spezifische Energiebei 25 °Cgewichtsbezogenvolumenbezogen

53Wh/kg103Wh/l

46Wh/kg81Wh/l

40Wh/kg93Wh/l

Zyklenlebensdauer(Ladungsdurchsatz alsn-faches der Nennka-pazität KN)

100 KN (20% DOD-Zyklen)

200 KN (20% DOD-Zyklen)

500 KN (20% DOD-Zyklen)

durchgehend den Ladezustand und stellt einenminimalen Ladezustand für denMotorstartdes Start-Stopp-Systems sicher. Sobald der Ladezustand unter einen Grenzwert fällt undkein Hinderungsgrund vorliegt, wird der Motor gestartet und die Start-Stopp-Funktionausgeschaltet. Die Bewertung der Restkapazität für den Motorstart bezieht die Außen-temperatur mit ein; bei tiefen Temperaturen wird ein höherer Ladezustand verlangt. Das

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3 Komponenten des Hybridantriebs 205

Abb. 3.92 VerschlosseneBatterie (VRLA-AGM)mitzylindrisch gewickelten Zellen(Exide)

Abb. 3.93 EuropäischeTypen-Nummer (EuropeanType Number, ETN) für Star-terbatterien (Moll)

System kann als typisch für Mikro-Hybride gelten. Zylindrische Wickelzellen in VRLA-AGM-Ausführung, wie in Abb. 3.92 gezeigt, werden für einen vermehrten Traktionsanteilim Hybrid-Betrieb vorgeschlagen.

Um die vielfältigen Anforderungen an Fahrzeugbatterien auch für Ersatzbeschaffungeneindeutig zu charakterisieren, wurde vom Arbeitskreis „Starterbatterie“ im Fachausschuss„Technik und Normung“ des Fachverbandes Batterien im Zentralverband Elektrotechnik-und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) eine Festlegung in Form der Europäischen Typen-Nummer (ETN) getroffen. Sie legt in einem Zahlencode Abmessungen, Spannung, Pol-anordnung, Kälteprüfstrom, Lebenserwartung etc. fest. Abb. 3.93 zeigt die EuropäischeTypen-Nummer (ETN) für Starterbatterien sowie die in ihr enthaltenen Schlüsseldaten.Die Publikationen des Fachverbandes Batterien im ZVEI enthalten zudem viele Hinweisezu Auswahl, Einsatz, Eigenschaften und Test von Batterien.

3.4.2.6 Entwicklungstendenzen bei Bleiakkumulatoren für FahrzeugeDer Bleiakkumulator hat für die breiten Fahrzeug-Anwendungen Start-Stopp und Mikro-Hybrid die erforderliche Anpassung im Hinblick auf Haltbarkeit gegenüber gesteiger-tem Ladungsdurchsatz und Rekuperationsstrom-Ladungsannahme erreicht. Negative„Enhanced-Carbon-Elektroden“ in VRLA-AGM-Batterien mit 3–5 Gewichtprozent Koh-lenstoff in Form von Aktivkohle und Graphit (entsprechend etwa 15 Volumenprozent)schaffen nahezu entsprechende Leistungen wie Hybridelemente von PbO2- und Kohle-Elektroden [Nakano07].

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206 N. Amann et al.

Abb. 3.94 a Bleiakkumulator,b zyklenfester Bleiakkumulatormit gesteigertem Kohlen-stoffgehalt der Negativen,c Blei-Akku-DSK-Hybrid(PbC, Axion Power), d gesplit-teter Blei-Akku-DSK-Hybrid(Ultra-Battery, CSIRO). DSKDoppelschichtkondensator

a

b

c

d

Für die angestrebte Verwendbarkeit im Hybridbetrieb unter Teilentladung und mithohen Lade- und Entladeströmen gab es erkennbare Entwicklungslinien von der Kom-bination einer Batterie mit einem Doppelschichtkondensator (DSK, siehe Abschn. 3.4.3),dem asymmetrischen PbO2-DSK-Kohleelektrode-Hybrid des Entwicklers Axion Power(PbC), demErsatz eines Teils der negativen Elektroden durch Kohleelektroden imBleiakkuselbst bei der so genannten „Ultra-Battery“ von CSIRO, Furukawa und East Penn und denbeschriebenen AGM-VRLA-Batterien mit gesteigertem Kohlenstoffgehalt der Negativen(Exide u. a.), siehe Abb. 3.94.

Bipolare Batterien konnten sich dagegen nicht durchsetzen. Sie sind aus bipolaren Elek-trodenplatten aufgebaut, das sind elektrolytdichte, korrosionsfeste Masseträger, die auf ei-ner Fläche mit positiver Masse, auf der anderen Fläche, d. h. elektrisch leitend verbunden,mit negativer Masse beschichtet sind. Die Elementbildung erfolgt durch Stapeln der Elek-troden mit jeweils entgegengesetzt polaren Seiten unter Zwischenlegen eines Separatorsund Füllen mit Elektrolyt. Dichtungen um die Kanten der Masseträger müssen Elektro-lytschlüsse verhindern. Selbst verhältnismäßig einfache Technologien wie Blei-Kunststoff-Verbundgitter waren nicht erfolgreich, obwohl vielfache Ansätze existierten und weiterhinverfolgt werden.

Dagegen kann die Einführung vonBatterieüberwachungs- und einfachenManagement-Systemen mit Spannungs- und Temperaturüberwachung die Lebensdauer des Bleiakkuseffektiv verbessern, indem sie ihn in dem günstigsten Betriebsbereich hält, beispielsweisedurch gelegentliche Spannungsanhebung der Ladespannung zur Vollladung. Mit zuneh-mender Sensitivität im Hinblick auf die Fahrzeugmasse sowie Skalierungseffekten bei denProduktionskosten wird die Lithium-Ionen-Batterie wegen ihres hohen Wirkungsgradesund 30–50% niedrigerer Masse vermehrt in den Starterbatteriemarkt eindringen.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 207

a b

3 3

Abb. 3.95 Prinzip der Ladungsspeicherung in elektrochemischen Doppelschichtkondensatoren.a entladener Zustand, b geladener Zustand. 1 Negative Elektrode, 2 Elektrolyt, 3 positive Elektro-de

3.4.3 Elektrochemische Doppelschichtkondensatoren

GrundlagenElektrochemischeDoppelschichtkondensatoren (DSK), bekannt unter den Bezeichnungen„Supercaps“ oder „Ultracaps“, speichern die Ladung im Unterschied zu Batterien elektro-statisch. Bei Anlegen einer Spannung trennen sich die positiven und negativen Ladungs-träger im Elektrolyten eines Doppelschichtkondensators und werden an den Elektrodengespeichert (Abb. 3.95).

Die gespeicherte Ladung wird wie bei gewöhnlichen Kondensatoren in Farad angege-ben. Doppelschichtkondensatoren unterscheiden sich lediglich durch das Dielektrikumvon anderen Kondensatoren. In Batterien erfolgt die Ladungsspeicherung immer mitTransfer von Elektronen unter Umwandlung von elektrischer in chemische Energie,deren Umsatz in Coulomb ausgedrückt wird und dem faradayschen Gesetz folgt. InDoppelschichtkondensatoren tritt dagegen der Elektronentransfer nicht oder in nicht nen-nenswertemUmfang auf. Nur bei stärkerer Bindung des Adsorbatmoleküls an das Substrat,wie im Fall der Chemisorption vonAnionenmit Elektronendonor-Eigenschaften, kann einpartieller Ladungsübergang erfolgen, der sich durch das Auftreten einer „Pseudokapazität“zeigt. Die Grundgleichungen für Doppelschichtkondensatoren lauten:

C =QU= ε

Sd

(3.55)

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208 N. Amann et al.

Abb. 3.96 Zusammenhangvon Spannung und umgesetz-ter Ladung bei Batterie undKondensator [Conway99];der Entladezustand des Kon-densators ist die Differenz ausmaximaler Ladung und tat-sächlicher Ladung, bezogenauf die maximale Ladung; derEntladezustand der Batterie istdie Entladetiefe DOD (sieheAbschn. 3.4.2.4) Entladezustand

Spa

nnun

g

Laden

EntladenIdealeBatterie

Idealer Kondensator

mit der Kapazität C, der Ladung Q, der Spannung U , der Dielektrizitätskonstanten ε, derOberfläche S und dem Elektrodenabstand d sowie

E =CU

. (3.56)

In einer idealen Batterie ist die Spannung von der umgesetzten Ladung innerhalb desArbeitsbereichs nahezu unabhängig. In Doppelschichtkondensatoren ist die Spannungdagegen ein Indikator für den Ladezustand (Abb. 3.96). Die gespeicherte Ladungsmengehängt für ein gegebenes System wesentlich von der für die Ladungsträger zugänglichenElektrodenoberfläche ab. Die gespeicherte Energie ist dem Quadrat der Spannung propor-tional.

AlterungWegen des Speicherprinzips ist die Alterung von Doppelschichtkondensatoren im Ver-gleich zu Speicherbatterien gering. Treiber für die Alterung der Doppelschicht sind hoheTemperaturen, der Wassergehalt des Elektrolyten und das Überschreiten des Spannungs-Stabilitätsfensters im organischen Lösemittel. Auswirkungen sind ein vergrößerter Wider-stand und Druckaufbau.

Auf der Ebene der Komponenten ist die Stabilität der Elektroden wegen der beschriebe-nen hohen Anforderungen an die Porenstruktur und an die Stabilität des Binders wichtig.Die Alterungsstabilität des organischen Lösemittels wird durch den Gehalt an Verunrei-nigungen und Wasser bestimmt, die des Leitsalzes durch Resistenz gegen hohe Tempera-turen. Der Separator muss ebenfalls stabil gegen Degradation sein. Besondere Ansprüchewerden an die Dichtheit der Poldurchführungen imGehäuse gestellt, weil Wasserdampf zuden besonders schädlichen Verunreinigungen zählt.

Auf Zellebene fördernOxidations- und Reduktionsreaktionen von Elektrodenmit demElektrolyten die Alterung. Der Einbau von Lösemittel oder Leitsalz in die Elektroden kannzu Porenverstopfung oder Abschuppen von Elektrodenmaterial führen. Schließlich kannes im Kontakt von Elektroden, Separator und Elektrolyt zu Quellen und Oxidation desSeparators kommen.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 209

Auf Batterieebene führt ein mangelhafter Gleichlauf der Zellen zu verstärkter Alterung.Sowohl größere Selbstentladung als auch höherer Widerstand einzelner Zellen bewirkenein Umpolen der Zellen im Verbund.

EntwicklungsstandVon den verschiedenen Doppelschichtkondensatorsystemen haben sich solchemit organi-schen Elektrolyten und (symmetrischen) Kohle- oderGraphitelektroden hoherOberflächedurchgesetzt. Sie können Ladespannungen von typisch 2,7 V erreichen, im Unterschiedvon Systemen mit wässrigen Elektrolyten (Schwefelsäure oder Kalilauge), die unter derZersetzungsspannung vonWasser (1,23V) arbeiten müssen. Eine weitere Begrenzung desEnergieinhalts von Doppelschichtkondensatoren ist durch die Verfügbarkeit der Ladungs-träger gegeben. In organischen Elektrolyten ist sie durch die Löslichkeit der Leitsalze imLösemittel bestimmt.

Stand der Technik sindDoppelschichtkondensatorenmit Acetonitril (AN) als Lösemit-tel, Tetraethylammoniumtetrafluoroborat (TEABF4, Et4N+BF4−) als Leitsalz und grafitier-ter Kohle mit großer Oberfläche von 1000 bis 2000m2g–1 und aktiven Poren von 2−5 nmDurchmesser. Die Aktivkohle wird mit gut leitender Kohle, Binder (meist Polyvinyliden-fluorid PVDF oder Polytetrafluorethylen PTFE) und einem wässrigen oder organischenFluid angeteigt, mittels Rakel auf ein vorgeätztes Aluminiumband aufgetragen und ge-trocknet. Der Fertigungsprozess entspricht weitgehend dem der Anodenfertigung von Li-thiumionenzellen.

Acetonitril wird in Japan wegen seiner Toxizität nicht eingesetzt, man verwendet dortPropylencarbonat-basierte Elektrolyte. Deren Leitfähigkeit liegt bei etwa der Hälfte derkonventionellen Acetonitril-Elektrolyte, auch das Verhalten bei tiefen Temperaturen istschlechter. Doppelschichtkondensatoren mit Acetonitril-Elektrolyt können zwischen−20 °C und 65 °C für Lade- und Entladedauern im Bereich von 20 s ohne wesentlicheLeistungs- und Kapazitätseinbuße betrieben werden. Die höchsten Werte werden bei40 °C erreicht, wo das Maximum der Elektrolyt-Leitfähigkeit liegt; bei −20 °C sind dieWerte etwa 25% niedriger.

Doppelschichtkondensatoren können in allen bei Batteriezellen üblichenBauweisen ge-fertigt werden. Dennoch dürfte die zylindrischeWickelzelle aus Kostengründen das güns-tigste Design darstellen. Besonders kritisch ist wegen der hohen Ströme die Dimensio-nierung der Ableiter und Kontakte (Abb. 3.97). Der Stand der Technik von Zellen mitorganischen Elektrolyten ist in Tab. 3.18 zusammengefasst.

Ebenso wie Lithiumbatterien benötigen Doppelschichtkondensatoren elektronischeSchutzschaltungen, um ein Überladen zu vermeiden, sowie einen gesteuerten Ladungs-ausgleich der Zellen untereinander, umUnterschiede in der Selbstentladung auszugleichen.Dafür gibt es aktive und passive (dissipative) Schaltungen. Sie haben zum Ziel, alle Zellenauf die gleiche Spannung zu bringen. In aktiven Schaltungen werden Zellen mit niedrigerSpannung auf Kosten höher geladener Zellen geladen. Passive Schaltungen ziehen alle Zel-len auf das Spannungsniveau der Zelle mit der niedrigsten Spannung. Die Zusatzkosten

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210 N. Amann et al.

Abb. 3.97 Schnitt durch eineDoppelschichtkondensator-Wickelzelle mit minimiertemelektrischem und thermi-schemWiderstand durchSchweißverbindungen vonElektrodenfahnen undPoldeckeln und kurzen Strom-wegen zwischen Elektrodenund Polen (EPCOS AG)

Tab. 3.18 Typische Daten von Doppelschichtkondensator-Zellen mit organischen Elektrolyten

Eigenschaft Bezogene GrößeZellspannung 2,7–2,9 V pro ZelleSpezifische Energie 4,5–5,5Wh/kgEnergiedichte 5,5–8Wh/lSpezifische Leistung 1,5–2,5 kW/kg

pro Zelle werden für Massenfertigung (100000 Stück) mit 1,67 € für aktive und 0,2 € fürpassive Elemente angenommen.

Die Zellenkosten selbst liegen für kleine Serien bei etwa 35 €/Wh, wobei die Relati-on von Leistung und Energieinhalt, wie in Tab. 3.18 angegeben, vorausgesetzt wird. BeiMassenfertigung werden Preise von 10 €/Wh erwartet. Lange Zeit war die einzige Mas-senanwendung in Fahrzeugen der redundante Energiespeicher für die elektrohydraulischeBremse des Vollhybrids Prius 2 vonToyota.Dessen „16-V-Batterie“ besteht aus 28 Zellen zuje 68 F, mit vier parallelen Strängen von je sieben seriengeschalteten Zellen, entsprechendeinem Energieinhalt von 1,4Wh.

In Hybridfahrzeugen ist zurzeit kein Vorteil für Doppelschichtkondensatoren zuerkennen. Nur bei Leistungsabgabe im Bereich bis zu 5 s könnten sie preislich mit Nickel-Metallhydrid- oder Li-Ionen-Batterien konkurrieren, z. B. im Pkw-Bordnetz und alsStadtbus-Energiespeicher. Für Start-Stopp-Systeme wurde eine kleine Doppelschicht-kondensator-Bank zur Unterstützung und Sicherstellung der Startleistung der Bleibatterierealisiert. Sie wird selbst aus einer teilentladenen Bleibatterie geladen und kann die gefor-derte hohe Startleistung für etwa 3 s liefern (Abb. 3.98).

Entwicklungstendenzen bei elektrochemischen DoppelschichtkondensatorenFür die klassischen symmetrischen DSK-Zellen zielt die Entwicklung auf stabilen Betriebmit höheren Spannungen. Dies setzt vor allem Elektrolyte mit hoher Zersetzungsspannung

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3 Komponenten des Hybridantriebs 211

Sensorkabel

Leistungskabel

5

4

23

1a

1b

a b

Abb. 3.98 Doppelschicht-Kondensatorbank zur Leistungsunterstützung der Bleibatterie für dasStart-Stopp-System des Peugeot 308 mit 1,6-l-e-HDi-Diesel [Peugeot]. a Gesamtsystem, b Dop-pelschichtkondensator-Bank. 1a Leistungselektronik, 1b 5-V-Supercaps, 2 Bleibatterie 12V, 70Ah,3 Steuergerät, 4 Starter-Generator, 5 Motor

Tab. 3.19 Doppelschichtkondensator (DSK) und Hybride mit Lithium-Ionen-System

System Negative Elektrode Positive Elektrode Max. ZellspannungDSK, organischerElektrolyt

DSK-C DSK-C 2,7V

Hybrid LixC6-Speicherelektrode DSK-C 4,2VHybrid Li4Ti5O12 DSK-C 2,8VHybrid DSK-C LixMeO2 2,5VLi-Ionen-Zelle LixC6 LixMeO2 4,2V

voraus. Eine andere Entwicklungsrichtung versucht, Kapazitätssteigerungen durch den Er-satz einer DSK-Elektrode mit einer Speicherelektrode zu erreichen. Durch die Kombinati-on von Doppelschicht- und Speicherelektrode in einer Zelle (Hybridisierung) erhält manverschiedene asymmetrische Hybride (Tab. 3.19). Vorteile der DSK-Hybride, bei denen ei-ne Elektrode durch eine Speicherelektrode ersetzt ist, sind höhere spezifische Kapazitätenund Spannungen. Ein Nachteil ist die Lebensdauer, die von der jeweiligen Speicherelektro-de bestimmt wird.

Hybride mit wässrigem Elektrolyten sind Kombinationen der positiven Elektrode desBleiakkus mit einer DSK-Graphitelektrode (siehe Abschn. 3.4.2.6). Sie erreichen eine Zy-klenzahl entsprechend dem 5000-fach umgesetzten Energieinhalt und sind daher auch fürstationäre Anwendungen geeignet.

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212 N. Amann et al.

Die FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) hat als „grünes Zeichen“ in derFormel Eins-Saison 2009 die Verwendung sogenannter Kinetic Energy Recovery Systeme(KERS)mit einer Leistung von 60 kW erlaubt. KERS umfasst dabei Schwungrad-, Batterie-oder Kondensator-Speicher. Aus Kostengründen verzichteten die meisten Teams auf eineWeiterführung.

3.4.4 Nickel-Metallhydrid-Akkumulatoren

Von den klassischen alkalischen Systemen haben Ni-Cd- und Ni-Fe-Batterien eine über100-jährige Geschichte. Sie wurden etwa gleichzeitig von Jungner und Edison 1899 erfun-den, um für den Bleiakku in der Fahrzeug-Traktionsanwendung wegen dessen bekannterSchwächen – mangelnde mechanische Robustheit und Lebensdauer – Ersatz zu schaffen.Ni-Cd blieb bis etwa 1970 das bevorzugte System für zyklenintensiven Betrieb, ferner zurAnwendung bei tiefen Temperaturen (Bahnanwendungenund exponierte Speicher zur un-terbrechungsfreien Stromversorgung, so genannte USV-Anlagen in kalten Klimazonen),bei sicherheitskritischen Anwendungen (Flugzeug-Starterbatterien, Raumfahrt) und ist esz. T. heute noch. Nach Vorarbeiten von Dassler (1933) und Neumann (1947) wurde au-ßerdem das erste völlig verschlossene, gasdichte System auf Basis des Sauerstoffkreislaufsverwirklicht und ab 1952 in denHandel gebracht, das Überladen und später auch Umpolenin Grenzen tolerierte.

Anstöße für die Weiterentwicklung gaben die hohen Zyklenanforderungen von in erd-nahenUmlaufbahnen von 90 bis 100 Minuten Dauer kreisenden Satelliten, deren Energie-bedarf im Erdschatten aus photovoltaisch erzeugter, in Batterien gespeicherter Energie ge-deckt wird. Ni-H2-Zellen kombinieren die stabileNickeloxidelektrode mit derWasserstoff-Katalysatorelektrode. Wasserstoffwird als negative Masse druckgespeichert; sein Druck isteinMaß für den Ladezustand, erfordert aber ein gegen Druckwechsel (bis 60 bar) undWas-serstoffversprödung widerstandsfähiges Gehäuse.

Ab etwa 1960 wurden Metallhydride als Wasserstoffspeicher für Verbrennungsmoto-ren intensiv untersucht [Buchner82]. Sie erreichen hohe Speicherdichten, so dass eineVolumenreduzierung, wenn auch keine Massereduzierung der Speicher im Vergleich zuDruckgas- oder Flüssigwasserstoff-Speicherung möglich ist. Mit der Entdeckung vonLaNi5 [Vucht70] wurde die namengebende Legierung einer Legierungsklasse von AB5-Metallen gefunden, die Justi et al. 1970 erstmals als Speicherelektrode einsetzten. Erst 1984gelangWillems (Philips) die Präparation einer Multikomponenten-Legierung dieser Klas-se mit nur mäßiger Korrosion in alkalischen Elektrolyten und einem Gleichgewichtsdrucknahe Atmosphärendruck.

Eine andere Klasse vonAB2-Multikomponenten-Legierungselektroden wurde in [Ovs-hinsky93] favorisiert. Die weitere Entwicklung erfolgte gezielt in Japan und kam ab et-wa 1987 zum Tragen, als steigender Bedarf an Gerätebatterien mit einem gleichzeitigenBann von Cadmium wegen seiner Toxizität zusammentraf. Mischmetall (Mm), eine anCermetall reiche Legierung seltener Erdmetalle, erwies sich als kostengünstiges, korro-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 213

sionsfestes Ausgangsmaterial für die Wasserstoff-Speicherelektrode. So konnten NiMH-Batterien das Ni-Cd-System in vielen Anwendungen ablösen, außer für den Einsatz beitiefen Temperaturen und für höchste Leistungen. Sowohl Jungner als auch Edison such-ten während der Entwicklung des Ni-Cd-Akkus systematisch nach nichtlöslichen Elektro-denmaterialien für die negative Elektrode, wie es Ni(OH)2 für die positive Elektrode ist.Hydrid-Speicherelektroden erfüllen diese Anforderung.

3.4.4.1 ElektrochemieDie Reaktionsgleichungen der Nickel-Metallhydrid-Zelle (NiMH-Zelle) sind:

Gesamtreaktion: /MmNi5H6 +NiOOH↔ 1/6 MmNi5 +Ni(OH)2 ,Zellspannung: ,V ,

(3.57)

Positive Elektrode: NiOOH +H2O + e− ↔ Ni(OH)2 + OH− ,U0 = + 0,490V ,

(3.58)

Negative Elektrode: / MmNi5H6 +OH− ↔ 1/6 MmNi5 +H2O + e− ,

U0 = −0,829V .(3.59)

Aus der Summe der Gleichgewichtsspannungen U0 der Teilreaktionen (3.57) und (3.58),gemessen gegen die Standard-Wasserstoffelektrode, ergibt sich die Zellspannung der Ge-samtreaktion.

Wasserstoff liegt während der Ladung in atomarer Form an der Oberfläche der Nega-tiven vor und wird in der Legierung gemäß Reaktion (3.59) gespeichert. Bei Entladungreagiert der Wasserstoff mit OH− des Elektrolyten wieder zu H2O. OH− wird bei der Ent-ladung (3.58) der NiOOH-Elektrode produziert. Reaktion (3.58) kann auch als Reaktioneines (hydratisierten) Protons H+ mit NiOOH beschrieben werden:

NiOOH +H+ + e− ↔ Ni(OH)2 ,U0 = +,V .

(3.60)

H+ diffundiert in das Feststoff-Gitter des NiOOH, so dass ein kontinuierlicher Über-gang in der Zusammensetzung von dem geladenen NiOOH zu dem entladenen Ni(OH)2stattfindet. H2O und OH− treten in der Gesamtbilanz nicht auf, so dass man bei der Zell-reaktion von einem „Protonen-shuttle“ zwischen den Elektroden sprechen kann. Die Elek-trolytkonzentration ändert sich praktisch nicht. Als Elektrolyt dient eine 6- bis 7,6-molareAlkalihydroxid-Lösung,meist KOHmit einemAnteil an LiOH von bis zu 0,4Mol pro Liter.Aus der Gesamtreaktion (3.57)

1/6 MmNi5H6 +NiOOH↔ 1/6 MmNi5 +Ni(OH)21/6 × 440,2 g + 91,7 g = 165,1 g

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214 N. Amann et al.

lassen sich für eine theoretische Ruhespannung von 1,32V und dem Umsatz von ei-nem Äquivalent eine theoretische gewichtsbezogene spezifische Energie von 26,8Ah ⋅1,32V/0,1651kg = 214,3Wh/kg berechnen. Praktisch erzielen leistungsoptimierte Zellenunter 45Wh/kg, energieoptimierte Zellen bis zu 85Wh/kg. Die Zellspannung ist der desNi-Cd-Systems sehr ähnlich.

Die Reaktionen bei Überladen sind Sauerstoffentwicklung an der positiven Elektrodeund Sauerstoffverzehr an der negativen Elektrode:

Positive Elektrode: OH− → O2 + 2 H2O + 4 e− ,U = +, V ,

(3.61)

Negative Elektrode: O2 + 2H2O + 4 e− → 4 OH− ,U = −,V ,

(3.62)

Gesamt: U0 = +,V ,

Zellspannung: ,V .

Die Reaktionen sind völlig symmetrisch. Voraussetzung dafür, dass der Sauerstoffkreis-lauf funktioniert, ist die entsprechende Überdimensionierung der Kapazität der negativenElektrode. In diesem Fall ist die Zelle auch in begrenztem Umfang tiefentlade- und umpol-fest, allerdings über einen Wasserstoffkreislauf:

Positive Elektrode: H2O + 2 e− → H2 + 2OH− ,

U = −,V ,(3.63)

Negative Elektrode: H2 + 2 OH− → 2 H2O + 2 e− ,U = −,V ,

(3.64)

Gesamt: U0 = ,V ,Zellspannung: − ,V .

An der umgepolten Positiven entwickelter Wasserstoff wird an der negativen Elektrode zuWasser oxidiert. Die Abweichungen der gemessenen Zellspannung von den theoretischenSpannungen kommen durch Polarisation und Mischpotentiale zustande.

Die negative Elektrode hat somit sowohl eine Speicherfunktion fürWasserstoff im nor-malen Lade- und Entladebetrieb (Reaktion (3.59)), als auch eine Katalysatorfunktion imFall des Überladens oder Umpolens: Durch den Separator antransportierter Sauerstoff undWasserstoff werden an der elektrolytfeuchten Oberfläche der Negativen zu OH− reduziert(Reaktion (3.62)) und zu Wasser oxidiert (Reaktion (3.64)). An der positiven Elektrodelaufen neben der normalen Lade- und Entladereaktion (3.58) die mit Sauerstoffentwick-lung verbundeneÜberladereaktion (3.61) und diemitWasserstoffentwicklung verbundeneUmpolreaktion (3.63) ab.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 215

Tab. 3.20 Daten von Nickel-Metallhydrid-Zellen (SOC Ladezustand, State of Charge, DOD Entla-dezustand, Depth of Discharge; jeweils ausgedrückt in Prozent des vollen Lade- oder Entladezustan-des)

Eigenschaft Hochenergie-Zellen Hochleistungs-ZellenSpezifische Energie bei 25 °C:gewichtsbezogen 75Wh/kg 45Wh/kgvolumenbezogen 180Wh/l 125Wh/lSpezifische Leistung bei 25 °C: 18 s Pulslast laden oder entladengewichtsbezogen 250W/kg 750 bzw. 1000W/kg (bei 50%

SOC)volumenbezogen 600W/l 2100 bzw. 2800W/lZyklenlebensdauer über 2500 bei 100% DOD über 300000 bei ± 3% DODKalendarische Lebensdauer über 12 Jahre über 12 JahreSelbstentladung (bei 25 °C) 20–30% pro Monat (25 °C) 20–30% pro Monat (25 °C)Temperaturbereich:in Funktion −10 bis +60 °Caußer Betrieb/Lagerung −30 bis +70 °C

3.4.4.2 Stand der TechnikDen Stand der Technik für Hochleistungs- und Hochenergiezellen zeigt Tab. 3.20.

3.4.4.3 ZellendesignDie Überdimensionierung der negativen Elektrode (Abb. 3.99)muss für alle Betriebsberei-che aufrechterhalten werden. Dabei sind Temperatur- und Belastungsverhalten der beidenElektroden zu berücksichtigen. Bei niedrigen Temperaturen und hohen Entladeraten wirddie negative Elektrode begrenzend und bestimmt damit den zulässigen Betriebsbereich derZelle.

Hydrid-SpeicherelektrodeWasserstoff-Gleichgewichtsdruck undKorrosionsstabilität der Hydrid-Speicherelektrodenlassen sich durch Legierungszusätze beeinflussen. Die Hydrierung der Legierung ist mitVolumenzunahme verbunden. Bei vollständiger Ladung und Entladung beträgt die Volu-menänderung etwa 15–20%, je nach Zusammensetzung. Zyklische Hydrierung und De-hydrierung führt durch die mechanische Beanspruchung zum Zerkleinern der Legierung,was verfahrenstechnisch genutzt wird. Gleichzeitig ist dies auch der bestimmende Alte-rungsmechanismus in der Zelle bei Entladetiefen über 10%.

Im Zuge der Hydridbildung entsteht eine nach innen wachsende β-AB5Hx-Schicht ander Oberfläche der Speicherlegierung. Die Dehydrierung beginnt ebenfalls an der Ober-fläche, nur wächst nunmehr die dehydrierte α-AB5-Schicht nach innen (Abb. 3.100). Diegestrichelte Linie zeigt den Stabilitätsbereich des Hydrids. Mit steigender Temperatur neh-men Wasserstoff-Gleichgewichtsdruck und damit der Zellinnendruck zu, was bei Betrieb

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216 N. Amann et al.

NiOOH

4 e– 2 e–

=

O2

2HO

4OH–

a

Entlade-reserve

Lade-reserve

MH

M

Ni(OH)2

SOC 0 %

=

H2

2H2O

2 OH–22

Arbeits-bereich

Entlade-reserve

MH

M

SOC 100 %

SOC 0 %

2

b

SOC 100 %

Lade-reserve

Arbeits-bereich

Abb. 3.99 Elektrodenauslegung in NiMH-Zellen: a zur Überlade-, b zur Umpolsicherheit; SOCLadezustand

a + ba b

T

T1

T2

T3

x in AB H5 x

H-D

ruck

2

a

b-Phase

a-Phase Hydrid-Bildung

–H2

–H2

+H2

+H2

Dehydrierung

b

Abb. 3.100 a Zusammensetzung einer Wasserstoff-Speicherlegierung in Abhängigkeit von H2-Druck und Temperatur T (schematisch).Der Stabilitätsbereich des Hydrids ist schraffiert dargestellt,mit von T3 über T2 und T1 abnehmender Umgebungstemperatur, b schematischer Reaktionsablauf

außerhalb der Spezifikation zum Ansprechen des Sicherheitsventils führen kann. Die Ka-pazität nimmt mit steigender Temperatur ab.

Unter den Legierungsbestandteilen ist die Rolle von Kobalt interessant: es verringertdie Volumenarbeit und damit die Alterung, trägt aber auch zu höheren Kosten bei. Wegender guten Leitfähigkeit der Legierung können die Elektroden einfach z. B. durch Aufwal-zen von mit Polytetrafluorethylen-Fasern (PTFE), einem chemisch stabilen Elastomer,gebundenen Legierungskörnern auf geeignete Stromableitergerüste hergestellt werden(Abb. 3.101).

Positive Elektrodeβ-Ni(OH)2, α-Ni(OH)2, β-NiOOH und γ-NiOOH gelten als die zwei- bzw. dreiwertigenModellphasen der Nickeloxidelektrode. Alle Phasen haben Schichtstruktur, wobei der Ab-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 217

Abb. 3.101 MitPolytetrafluorethylen-Fasernoder Fibriden (helle, faden-förmige Gebilde) gebundeneWasserstoff-Speicherelektrode(Hoppecke)

[Ni(OH) ] [H O] + K2 3 2 2+

Lagernin KOH

g-NiOOH

b-NiOOH

Ni Ni

(H2O)2

OH OH

OHOH

a-Ni(OH)2

b-Ni(OH)2

Überladenin KOH

Volumen 175 % Volumen 121 %

Volumen 84 %Volumen 100 %

K[NiO ] [H O] + 5 e + 6 H2 3 2 2+-

a-Phase b-Phase

Abb. 3.102 Reaktionsschema der Nickeloxid-Elektrode („Bode-Diagramm“) sowie Struktur undVolumina der Phasen (schematisch); das Volumen ist auf das Volumen von β-Ni(OH)2 bezogen

stand zwischen den Schichten der β-Ni(OH)2-Phase nur 4,6 Å gegenüber dem der hydrati-sierten α-Ni(OH)2-Phase von 8 Å beträgt. Die Elektrodenmasse ist allerdings weitgehendamorph.

Nach dem Reaktionsschema von Bode geht die hydratisierte α-Phase bei Lagerungin KOH in die dehydratisierte β-Phase über. Die normale Lade- und Entladereaktionläuft über die β-Ni+2(OH)2-Phasen und β-Ni+3OOH-Phasen ab. Bei Überladen von β-NiOOH in konzentrierter KOH entsteht γ-NiOOH, das sich zu α-Ni(OH)2 entladen lässt.Im „Bode-Diagramm“ in Abb. 3.102 sind die relativen Volumenänderungen der Phasenvermerkt. Für eine hohe Zyklenlebensdauer ist die Lade- und Entladereaktion im Be-reich der homogenen β-Phasen als Festkörperreaktion erforderlich. Eine Stabilisierungder β-Phasenwird durch Co(OH)2 als Additiv zur positiven Masse (3–6 Gewichtsprozent)erreicht [Shukla01]. Die Fertigung kann nach verschiedenen Verfahren erfolgen (Tab. 3.21und Abb. 3.103). Für hochbelastbare Zellen sind Taschenplattenelektroden nicht geeignet.

Für hochbelastbareZellen, z. B. inHybridfahrzeugen,werden Sinter- oder Schaumgerüst-Elektroden bevorzugt. Die Leitfähigkeit der hoch porösen Schaumgerüste muss beigrößeren Elektrodendimensionen allerdings durch zusätzliche Nickelstromableiter unter-stützt werden. Durch Ni(OH)2-Material hoher Schüttdichte gelang es, den Füllungsgrad

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218 N. Amann et al.

100 µm10 µm

10 µm

a

c d

b

Abb. 3.103 Sinter- und Schaumgerüste sowie imprägnierte Elektroden. a Nickel-Schaumgerüst,b Massenpaste der Schaumgerüste, c Sinterelektrodengerüst, d Imprägnierte Sinterelektrode. Maß-stab (a) abweichend (ZSW)

der positiven Elektroden und damit auch die Kapazität der Zellen zu vergrößern. Dieskann aber wegen stärkerer Volumenänderungen zu verringerter Zyklenfestigkeit führen,was für Anwendungen in Hybridfahrzeugen nicht hinnehmbar ist.

SeparatorenÜblich sind Faservliese aus Polyamid (PA) oder Polypropylen (PP). Polyamid ist besser be-netzbar, aber im Kontakt mit der Positiven weniger oxidationsstabil. Polypropylen-Fasernbenötigen Netzmittel oder eine hydrophilisierende Oberflächenbehandlung. Besonderskritisch ist die Elektrolytfüllung des Separators: sie muss für gute Leitfähigkeit ausreichen,im Überladefall freie Poren für den Sauerstofftransport von der Positiven zur Negativenermöglichen, aber auch Reserven für Legierungskorrosion, Hydrolyse des Separators undAlterung der Positiven (γ-NiOOH-Bildung bei Überladen) aufweisen.

BauweiseZylindrische Zellen sind zur Aufnahme eines höheren Betriebsdrucks geeignet. Die Ele-mentbildung durch Aufwickeln übereinander liegender Bänder aus Separator, Positiver,Separator und Negativer ist kostengünstiger herzustellen als durch Aufschichten der Ein-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 219

Tab. 3.21 Elektrodensubstrate und Imprägnier-Verfahren

Masseträger Porosität des Substrats Porengröße desSubstrats

Füllverfahren

Taschenplatte Nicht anzugeben.(Aktivmassen-Pressling wird vonLochblechstreifen ausStahl eingeschlossen),Masse-Porosität ≈ 33%

Nicht anzugeben Ni(OH)2, C und Ni-Flitterwerden als Pressling vor-geformt, nur für niedrigeEntladeraten und prismati-sche Zellen

Faserverbund-Gerüst(PP, Ni)

80–90% 25 μm Vibrationsfüllung mit wäss-riger Massenpaste, fürniedrige bis hohe Entla-deraten, nur prismatischeZellen

Nickel-Schaumgerüstauf Basis vonPolyacrylnitril-Schaum (PAN),Kunststoff pyrolysiert

92–95% 200 μm Pastenfüllung mittels Walzeoder Rakel, hohe Entladera-ten (kleine Zellen)

Sinterplatten aus Car-bonylnickel

70–75% 5 μm Chemische oder elektro-chemische Fällung ausLösung, hohe Entladeraten

KunststoffgebundeneAktivmassen

Nicht anzugeben, Ak-tivmasse wird durchPolytetrafluorethylen-Fibride (PTFE)gebunden, Masse-Porosität ≈ 33%

Nicht anzugeben Aufwalzen mit PTFE-Suspension verkneteterAktivmasse (Wasser oderMineralöl als Fluid) aufStreckmetallsubstrat, mittle-re Entladeraten

zelkomponenten zu prismatischen Stapeln. Die Stromtragfähigkeit des Wickels limitiertdie Zellenkapazität zylindrischer Zellen auf etwa 30Ah.

Prismatische Zellen können keinem hohen Betriebsdruck standhalten. Der Aufbau derElemente ist aufwendiger, der mechanische Druck auf das Zellenpaket im Betrieb u. U.gleichmäßiger und die Dimensionierung der Stromableiter einfacher. Die Packungsdichteder prismatischen Module in der Batterie ist günstiger und wiegt den Nachteil der gerin-geren Energiedichte auf.

Für die Hybridfahrzeugbatterien ging Panasonic Electric Vehicle Energy Co. (PEVE)von Modulen aus zylindrischen Zellen auf prismatische Zellen über (Abb. 3.104 undTab. 3.22), zunächst mit Kunststoffgehäusen, später mit Metallgehäusen, während Sanyo,als zweiter bedeutender Hersteller für NiMH-Hybridfahrzeugbatterien, bei Modulen auszylindrischen Zellen blieb.

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220 N. Amann et al.

Abb. 3.104 Module fürNiMH-Batterien des ToyotaPrius. a Zylindrische Bauweise,b Prismatische Bauweise

a

b

Tab. 3.22 Entwicklung der Batteriemodule im Prius-Antriebsstrang über die Modellzyklen [Wiki]

Batteriedaten ModellcodeNHW10 NHW11 NHW20 ZVW30

Erstes Verkaufsjahr 1997 2000 2003 2009Anzahl Module zu 6 Zellen 40 38 28 28Gesamt-Zellenzahl 240 228 168 168Batteriespannung in V 288 273,6 201,6 201,6Kapazität in Ah 6,0 6,5 6,5 6,5Energieinhalt in Wh 1728 1778 1310 1310Modul-Leistung in W 872 1050 1352 1352Batteriegewicht in kg 57 50 45 44

3.4.4.4 Betriebs- und AlterungsverhaltenDas Betriebsverhalten ist im spezifizierten Leistungs- und Temperaturbereich weitgehenddurch die positive, kapazitätsbegrenzende Elektrode gekennzeichnet. Die Spannungshys-terese bei Laden und Entladen (Abb. 3.105) ist eine Eigenschaft der positiven Elektrodeund bedingt einen schlechteren Energie-Wirkungsgrad (Verhältnis der entnommenen zuden geladenen Wattstunden), verglichen z. B. mit dem Bleiakku. Die Ladungsannahmeist bei einstündigem Ladestrom höher als bei zehnstündiger Ladung. Entsprechend mussder Ladefaktor (Verhältnis der geladenen zur entnommenen Ladungsmenge; Kehrwert istder Ah-Ladewirkungsgrad) bei niedrigen Laderaten höher gewählt werden. Er liegt fürVollzyklen typisch zwischen 1,10 und 1,03. Der beste Wirkungsgrad wird bei etwa 10 °Cerreicht. Abhängig von der Zusammensetzung der Positiven und von Elektrolytzusätzennimmt die Ladungsannahme über 35 °C deutlich ab, die Selbstentladung dagegen zu.

Im Prinzip ist der NiMH-Akkumulator langlebig, sicher, leistungsfähig und zyklenfest.Daher ist er als Hybridfahrzeugbatterie prädestiniert. Einige Grundregeln bei seiner Be-handlung müssen jedoch beachtet werden. Im Fahrzeug übernimmt diese Aufgabe das

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3 Komponenten des Hybridantriebs 221

Abb. 3.105 Hysterese der Ru-hespannung einer NiMH-Zellebeim Laden und Entladen(ZSW)

1,00

1,05

1,10

1,15

1,20

1,25

1,30

1,35

1,40

1,45

1,50

0 20 40 60 80 100 120

Laden

Entladen

Ladezustand [%]

Span

nung

[V

]

Batteriemanagement. Lagerung bei einer Spannung unter 0,9 V pro Zelle ist zu vermei-den, weil dann CoOOH, das die Leitfähigkeit der positiven Masse sicherstellt, zu schlechtleitenden Verbindungen reduziert wird. Bei dauernder Zyklisierung im Teilentladebereichkann der bekannten Memory-Effekt (Abb. 3.106) auftreten, der ein Absinken der Entlade-spannung bewirkt. Er ist durch eineVollladung zu beheben.Durch gelegentlichesVollladenkann auch eineKapazitätsangleichung der Zellen nach längerer Betriebsdauer erreicht wer-den, wenn unterschiedliche Selbstentladung zu unterschiedlichen Ladezuständen geführthat. Massives Überladen ist wegen der Bildung von γ-NiOOH zu vermeiden, weil es zuQuellung der Positiven, Verringerung der verfügbaren Elektrolytmenge und Auspressenvon Elektrolyt aus dem Separator führt.

Im Zyklenbetrieb dominiert als Alterungsmechanismus jedoch das Aufbrechen der ne-gativen Speicherlegierung unter Oberflächenvergrößerung undKorrosion sowie Absorpti-on von Elektrolyt. Dadurch wird der Separator in vermehrtem Ausmaß ausgequetscht undtrocknet schließlich nahezu aus. Als Folge steigt derWiderstand, die notwendigeÜberlade-und Umpol-Reserve wird verringert und die Zelle fällt letztlich hochohmig aus. Bei Ent-ladetiefen unter 10% spielt offenbar die Volumenarbeit der Elektroden bei der Alterungkeine Rolle mehr; so werden bei 3% Entladetiefe nahezu eine halbeMillion Zyklen erreicht(Abb. 3.107).

SicherheitGegen elektrische Fehlbehandlung ist die NiMH-Zelle in weiten Grenzen inhärent sicher.Zur Beurteilung von Fehlfunktionen genügt eine Spannungsüberwachung von Modulenaus bis zu zwölf Zellen. Fehler wie Überladen oder Übertemperaturen müssen durch dasBatteriemanagement abgefangen werden. Zellinterner Kurzschluss sowie, bei Fehlfunktiondes Batteriemanagements, begrenztes Überladen sind ebenfalls unkritisch. Gegen Defor-mation und Einwirkung von Feuer von außen (als Folge eines Unfalls) schützen das Batte-riegehäuse und einmöglichst Crash-sicherer Einbau im Fahrzeug, beispielsweise über oderhinter der Hinterachse (Abb. 3.108).

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222 N. Amann et al.

Erste komplette Entladung

Zweiter Entladezyklus

2 VollzyklenVollzyklen Teil-Entladezyklen

Zweite Entladung

Erste Entladung

Entspricht 60 % DOD

1 2 3

1,7

1,3

1,3

1,4

1,2

1,1

1,1

0,9

1,0

0,7

1,5

1,5

Zel

lens

pann

ung

[V]

Zel

lens

pann

ung

[V]

Zeit [h]

Entladezeit [h]

0 20 40 60 80 100 120

a

b

Abb. 3.106 Zum Memory-Effekt an einer NiMH-Zelle: a Ausbildung, b Abbau; DOD bezeichnetden Entladezustand (ZSW)

3.4.5 Lithium-Ionen-Batterien

Lithium-Batteriesysteme haben die Voraussetzung für den höchsten massebezogenenEnergieinhalt von Speichersystemen: Lithium hat das negativste Normalpotential von−3,05V gegen Wasserstoff, das niedrigste Atomgewicht aller Metalle und eine geringeDichte von 0,534 g/cm3. Es lässt sich mit einer Vielzahl von Kathodenmaterialien zu2-, 3- und 4-V-Systemen kombinieren, vorzugsweise mit Oxiden, die mit Lithium Einla-gerungsverbindungen bilden (Abb. 3.109). Voraussetzung ist allerdings ein nichtwässrigerElektrolyt mit ausreichend großem Stabilitätsfenster; das ist ein Spannungsbereich, in dem

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3 Komponenten des Hybridantriebs 223

Abb. 3.107 Alterungsver-halten von zylindrischen6,5-Ah-NiMH-Zellen bei Zy-klenbelastung (Varta)

Abb. 3.108 Anordnung der NiMH-Batterie im Modell ZVW30 des Toyota Prius [Hybridcars]

der Elektrolyt, also das Leitsalz und das Lösungsmittel, nicht chemisch mit den Zellkom-ponenten reagiert.

Der hohe Energieinhalt und die Reaktivität von Lithium sowie der niedrige Schmelz-punkt von 180 °C bedingen jedoch auch Sicherheitsrisiken. Seit etwa 1965 wurde intensivan der Entwicklung von aufladbaren Lithiumbatterien gearbeitet. Folgende Schritte führtenletztlich zu einer erfolgreichen Darstellung von Gerätebatterien, die 1991 von Sony einge-führt und seitdem in zunehmender Zahl produziert werden:

1. Die Phlegmatisierung der Li-Elektrode. Sie gelang durch Entwicklung von Interkalati-onsverbindungen für Lithium, von denen bisher Kohlenstoff den besten Kompromissaller Eigenschaften zeigte. Interkalation bezeichnet dabei die Einlagerung von Atomenoder Ionen in ein Kristallgitter. Das Elektrodenpotential ist nur wenig positiver als dasvon Lithium-Metall, und Graphit kann Li bis zur Zusammensetzung LiC6 aufnehmen.

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224 N. Amann et al.

Spa

nnun

g ge

gen

Li-M

etal

l [V

]

4

3

0

1

2

5

4

3

1

2

5

LiMn

LiCoO

LiFePO

Li-Metall

MnO

x

3-V-Systeme

0

2O4

2

LiNiO2

4

Li4Ti5O12

LiSiGraphit

2

Li V3O8

Positive Elektrode

4-V-Systeme

Negative Elektrode

Bildung der Grenzschicht unterhalb von 0,8 VKohle amorph

Abb. 3.109 Wiederaufladbare 3-V- und 4-V-Li-Ionen-Batteriesysteme. Zur Entstehung der Grenz-schicht (Solid Electrolyte Interface SEI) siehe Abschn. 3.4.5.4

2. Elektrolyte mit ausreichendem Stabilitätsfenster. Mischungen organischer Carbona-te und Ester als Lösemittel, mit LiPF6 als Leitsalz und Additiven zur Beeinflussungder Eigenschaften der Elektroden-Grenzschichten (SEI, Solid Electrolyte Interpha-ses/Interfaces), als Überladeschutz sowie als Entflammbarkeits-Hemmer erfüllen dieAnforderungen.

3. Separatoren, die dünn, frei von durchgehenden Löchern (pinholes), und oxidationssta-bil im Kontakt mit den positiven Elektroden sind. Üblich sind mikroporöse Folien ausPolyolefinen (PE oder PP) von 10 bis 35 μm Dicke.

4. Fertigungsverfahren für dünne (30 bis 100 μm dicke) Schichten aktiver positiver Mas-sen, um die Nachteile der schlechten Leitfähigkeit zu kompensieren und eine hohe Leis-tung zu erzielen.

Diese Li-Ionen-Batterien haben wegen ihrer überlegenen Eigenschaften auf demMarktderKonsumentenbatterienNiMH-Zellenweitgehend verdrängt. Sie werden sichwegen derhohen spezifischen Energie und Leistung, der niedrigen Selbstentladung und des besserenWirkungsgrades auch für Hybridfahrzeuge gegenüber NiMH-Batterien weiter durchset-zen, sobald der Preis entsprechend und die Sicherheit gewährleistet ist. Die Betriebsbedin-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 225

gungen in Hybridfahrzeugen – seichte Zyklen bei mittlerem Ladezustand – kommen einerhohen Lebensdauer entgegen.

Li-Ionen-Batterien enthalten pro kWh nur einen Bruchteil der Übergangsmetalloxid-Massen, verglichen mit NiMH-Batterien. Die Verfügbarkeit aller erforderlichen Rohstoffeist gut, ebenso die von Ersatzstoffen. Die fortschreitende Materialentwicklung bietet guteAussichten zur weiteren Verbesserung von Sicherheit, Energieinhalt, Leistung und Kostenauf Zellebene und kann in eine existierende, ausgereifte Fertigungstechnik schnell inte-griert werden.

3.4.5.1 ElektrochemieFür eine typische Zelle nach dem Stand der Technik lässt sich folgende Gesamtreaktionangeben:

2 LiMO2 + 6 C↔ 2 Li,MO2 + LiC6 ,2 ⋅ 97,9 g + 72 g = 267,8 g ,U0 = 4,2V

(3.65)

mit U0 als Ruhespannung in voll geladenem Zustand.Als theoretischen Energieinhalt erhält man 420Wh/kg, bei Annahme von Kobalt als M

(alternativeMetalle wie Ni oderMn haben ähnliches Atomgewicht), 0,5 e− Umsatz proMolKathode und einer Ruhespannung von 4,2V, wie in der Gleichung für die Gesamtreaktionangegeben. Die Elektrodenreaktionen sind:

Positive Elektrode: LiMO2 ↔ Li−xMO2 + x Li + + x e− , (3.66)

Negative Elektrode: x Li + + 6 C + x e− ↔ LixC6 , (3.67)

Gesamt: LiMO2 + 6 C↔ Li−xMO2 + LixC6 . (3.68)

Positive und negative Elektrode sind sogenannte Interkalations- oder Einlagerungs-Elektroden. Bei Entladung ist die Negative die Li+-Ionenquelle, die Positive die Senke. DieZellspannung ist die Differenz des chemischen Potentials von Lithium in den beiden Elek-troden. Bei Eintritt oder Austritt von Li+ in dasWirtsgitter wird zur Aufrechterhaltung derLadungsneutralität ein Elektron e− zugeführt oder abgegeben. Die Ladungsspeicherungerfolgt durch die Redox-Reaktion im Wirtsgitter für das Li+-Ion (Abb. 3.110). Die Sta-bilität der Wirtsgitter begrenzt die Aufnahmefähigkeit für Li+-Ionen. Man beachte, dassmetallisches Lithium in Li-Ionen-Zellen nicht vorhanden ist. Eine Besonderheit ist diePassivschicht (Solid-Electrolyte Interface, SEI) an der negativen Elektrode. Sie ist für dieAnwendungseigenschaften wichtig (siehe Abschn. 3.4.5.3).

Im Unterschied zu Zellen mit wässrigen Elektrolyten fehlen bei Überladen oder Umpo-len reversible Ersatzreaktionen, die Ladung aufnehmen und in Wärme umwandeln könn-ten. Nach dem Ausschöpfen der Zellreaktion erfolgt eine Elektrolytzersetzung, die verhin-dert werden muss. Dies erfolgt durch Begrenzen der Lade- und Entladespannung jeder

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226 N. Amann et al.

Abb. 3.110 Funktionsprinzip der Li-Ionen-Zellen (schematisch)

einzelnen Zelle, erfordert daher die elektrische Überwachung aller Einzelzellen. Versuche,die Zellchemie überladesicher zu gestalten, waren bisher erst ansatzweise erfolgreich.

Als Alternative zu Kohlenstoff als negatives Substrat werden Zinn oder Silizium imGe-mischmitKohle genannt. Sie haben einwesentlich höheres Speichervermögen für Lithium,zeigen beim Zyklisieren aber eine ausgeprägte Volumenarbeit und sind dementsprechendwenig zyklenfest. Trotz der niedrigeren Zellenspannung haben auch Li-Ionen-SystememitLithiumtitanat Li4Ti5O12 als Negative Interesse gefunden, weil sich wegen des positivenPotentials an der Anode kein SEI ausbildet (Abb. 3.109). In Kombination mit den üblichenEinlagerungskathoden erhält man eine geringere spezifische Energie, aber eine höhere Le-bensdauer, weil neben dem entfallenden Masseverlust durch Deckschichtbildung die Vo-lumenarbeit der Negativen sehr niedrig (Zero-Strain-Elektrode) und damit die Alterunggering ist.

3.4.5.2 Stand der TechnikZellen nach dem Stand der Technik bestehen aus folgenden Komponenten:

• Negativen Elektroden aus Kohlenstoff (synthetischer Graphit, Naturgraphit, „Hard Car-bon“), in den bei erstmaligem Laden Li-Ionen eingebaut werden. Er wird in dünnerSchicht mit Binder und Ruß als Leitmaterial auf eine Kupfer-Folie als Stromableiter auf-getragen.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 227

Tab. 3.23 Eigenschaften aktueller Li-Ionen-Zellen; nach Ablauf der Lebensdauer fällt die Kapazitätauf 80% der Anfangskapazität ab oder die spezifizierten Leistungsanforderungen werden nichtmehrerfüllt: DOD Entladetiefe, SOC Ladezustand

Eigenschaft Hochenergie-Zellen Hochleistungs-ZellenSpezifische Energie bei 25 °C:gewichtsbezogen 150Wh/kg 65Wh/kgvolumenbezogen 300Wh/l 130Wh/lSpezifische Leistung bei 25 °C: (30-s-Puls bei 50% DOD) (10-s-Puls, Laden oder Entla-

den)gewichtsbezogen 600W/kg 1200 bis 1500W/kg (50% SOC)volumenbezogen 1200W/l 2400 bis 3000W/lZyklenlebensdauer über 2000 bei 100% DOD über 300000 bei ±3% DODKalendarische Lebensdauer 7–10 Jahre 7–10 JahreSelbstentladung 2–3% pro Monat (bei 25 °C) bis 10% pro Monat (bei 55 °C)Temperaturbereich:in Funktion –25 bis +50 °C –25 bis +50 °Cohne Last –30 bis +70 °C –30 bis +70 °C

• Mikroporösen Separatorfolien aus Polypropylen und Polyethylen, die meist als „Shut-down-Separator“ ausgebildet sind. Bei Temperaturen über 135 °C schmilzt die Polyethy-len-Schicht und unterbricht den Ionentransport. Der Separator kann ferner Keramik-Partikel (Separion) enthalten und wirkt so als zell-internes Sicherheitselement.

• Einem Elektrolyt aus einem Lösemittelgemisch von Ethylencarbonat (EC), Propylencar-bonat (PC), Ethylmethylcarbonat (EMC), Dimethylcarbonat (DMC), Diethylcarbonat(DEC) und anderen; einem darin gelösten Leitsalz, vorzugsweise LiPF6, und funktionel-len Zusätzen.

• Positiven Elektroden aus lithiierten Übergangsmetalloxiden, auf einer Aluminium-Folieals Ableiter. FürKonsumentenzellenwird oftnoch LiCoO2 eingesetzt. Es ist reproduzier-bar herzustellen, bietet einen akzeptablen Kompromiss aus spezifischer Kapazität undLeistung,muss jedoch für zukünftige kostensensitive Anwendungen ersetzt werden (sie-he Abschnitt über positive Elektroden).

Charakteristische Eigenschaften der Li-Ionen-Zellen nach dem Stand der Technik sindin Tab. 3.23 aufgeführt. Die Daten gelten für neue Zellen, nicht für Module oder für dasBatteriesystem.Herausragend imVergleich zu anderenBatteriesystemen sind die hohe spe-zifische Energie und, für Hybride interessant, die hohe spezifische Leistung. Sie beträgtselbst bei −25 °C noch etwa 25% der Leistung bei 25 °C.

Im Batterieverbund benötigen Li-Ionenzellen, ebenso wie Doppelschichtkondensa-toren (siehe Abschn. 3.4.3), ein Batteriemanagement mit Einzelzellen-Spannungsüber-wachung und einer Schaltung für den Ladungsausgleich zwischen Zellen, die durchunterschiedliche Selbstentladung differierende Ladezustände aufweisen können. Eine

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228 N. Amann et al.

gleichmäßige Temperierung der Zellen sorgt für einen verbesserten Gleichlauf der Zellen.Verpackungsfaktoren, die für Batteriegehäuse, elektrisches und thermisches Managementangesetzt werden müssen, liegen volumenbezogen zwischen 1,5 und 2; gewichtsbezogenzwischen 1,3 bis 1,6. Für die Batterieauslegung ist zu berücksichtigen, dass die gefordertenLeistungen zu Ende der Lebensdauer noch erfüllt werden müssen.

3.4.5.3 ZellenkomponentenJede Kombination hat Stärken und Schwächen für bestimmte Anwendungen. Die Kostender Komponenten unterscheiden sich ebenfalls. Mit zunehmendem Batteriebedarf werdenVerfügbarkeit und Nachhaltigkeit der Rohstoffe wichtig.

Negative ElektrodeIn den ersten kommerziellen Li-Ionen-Zellen wurde Petrolkoks als Interkalations-Anodeverwendet. Das Wirtsmaterial wurde inzwischen in Bezug auf Speichereigenschaften undKosten vielfach optimiert. Wichtige Eigenschaften sind reversible und irreversible Li+-Aufnahme sowie Zyklenlebensdauer, in der sich polykristalline, grafitische Materialien,„Hard Carbon“, nicht grafitierbare Kohle aus Polymeren, und „Soft Carbon“, grafitierbareKohle mit Pech als Ausgangsstoff mit unterschiedlich geordneten Strukturen und Ober-flächen, unterscheiden. Physikalische Eigenschaften und Gebrauchseigenschaften sindinsgesamt schwierig zuzuordnen.

In geladenem Zustand liegt Lithium als Ion, nicht in metallischer Form, im Graphitgit-ter vor. Trotz des nur etwa 50 bis 100 mVnegativerenAbscheidungspotentials von Li-Metallwird die Bildung metallischer Dendriten auf den Kohlenstoffsubstraten vermieden. Daranist die Passivschicht (SEI) maßgeblich beteiligt, die sich durch Reduktion des Lösemittelsdes Elektrolyten bildet.

Graphite als Substrat neigen zu Schichtablösung, Lösemittel-Kointerkalation und Al-terung. Das Speichervermögen beträgt 372mAh/g. Der Li+-Einbau führt zu einer Gitter-dehnung von etwa 10%. Dadurch besteht bei tiefen Temperaturen eher die Gefahr einerLithium-Metallabscheidung. Amorpher Kohlenstoff, grafitierbarer Soft Carbon, z. B. Pe-trolkoks oder Ruß haben eine Speicherkapazität von 275–400 mAh/g. Mindestens ebensohoheKapazitäten werden von nicht grafitierbarenHardCarbons, z. B. Glaskohlenstoff oderAktivkohle berichtet. Sie enthalten entsprechend ihrer Oberfläche größere irreversible An-teile, die in die Passivschicht eingehen. Energiedichte und Stabilität sindmeist gegenläufig.Amorpher Kohlenstoff ist sicherer, weil die Interkalation bereits bei einem positiveren Po-tential von 0,8V beginnt. In der Praxis werden Mischungen oder mit amorpher Kohlebeschichtete Grafite eingesetzt.

Die spezifische Kapazität der Kohle-Einlagerungsverbindungen ist gegenüber Lithi-ummetall massiv verringert. Deshalb wurde die Eignung von verschiedener Metalle undHalbmetalle, wie Silizium oder Zinn (Sony Nexelion), als Legierungselemente untersucht(Tab. 3.24).Die spezifischeKapazität von Silizium-LegierungenmitmaximalemEnergiein-halt reicht bis zu 3990mAh/g bei Li22Si5, ist aber wegen der großen Volumenänderungen

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3 Komponenten des Hybridantriebs 229

Tab. 3.24 Anodensubstrate und Materialien für Li-Ion-Elektroden

Anodenwirtsmaterial Spannung gegen Li/Li+ Kapazität, massebezogenGrafit (LiC6) 0,05–0,2 V 372mAh/gHard Carbon 0,2–0,8 V über 480mAh/gSoft Carbon 0,2–0,8 V über 275mAh/gLi4Ti5O12 1,5 V 150mAh/gSn (+ Co + C) 0,2–0,8 V 1000mAh/gSi/C/CMC (Li15Si4) 0,45–0,6 V 1000mAh/g

nicht nutzbar. Die Grenze dürfte, wie in der Tab. 3.24 angegeben, für entsprechende Mi-schungen [Bridel10] bei etwa 1000 mAh/g liegen.

Grenzfläche zwischen Elektrode und ElektrolytDie Grenzschicht (Solid Electrolyte Interface SEI) an der Grenzfläche der negativen Elek-trode zum Elektrolyten entsteht bei der Erstladung der Zelle. Seine Entstehung kann nichtverhindert werden, die Eigenschaften sind aber durch den Elektrolyten beeinflussbar. Dadie Li-Ionen durch das SEI hindurchmüssen, trägt es durch Erhöhung des Innenwiderstan-des wesentlich zur Zellcharakteristik bei und bestimmt Leistung, Alterung und Sicherheitder Zelle mit.

Zum Aufbaumechanismus der Grenzschicht gibt es unterschiedliche Vorstellungen(siehe z. B. [Peled, Besenhard93]). Die Passivschicht ist nicht elektronenleitend, jedochporös und ionenleitend als Voraussetzung für den Li-Ionentransport, und erhöht denZellenwiderstand. Sie besteht aus einem Partikel-Mosaik von Li2O, LiF, Li2CO3 undorganischen Zersetzungsprodukten von Lösemittelmolekülen, die bei Co-Interkalationsolvatisierter Li+-Ionen entstehen können. Die Schichtbildung ist durch geeignete Additi-ve zu manipulieren. Die Grenzschicht ist maßgebend für das Funktionieren der reaktivenAnode, indem es eine weitere Reaktion des Li+ und damit dessen Verbrauch verhindert,und bildet eine Sicherheitsbarriere an der Anode. Sie ist aber auch maßgeblich an derAlterung der Zelle beteiligt.

Gebildet wird sie im ersten Formierzyklus im Kontakt mit dem Elektrolyten und beiSpannungen unter 0,8 V gegen die Li-Elektrode (Abb. 3.109) und enthält Li2O, LiF, Li2CO3

und Reduktionsprodukte des Lösemittelgemischs des Elektrolyten. Durch die Volumenar-beit der negativen Elektrode im Zyklenbetrieb bekommt sie Risse und verstärkt sich, sodass ihr Widerstand zunimmt [Peled, Besenhard93]. Sie ist für die Stabilität der Negativenund für die Lebensdauer der Zelle mit verantwortlich, weil aktive Zellen-Komponentenzunehmend in die inaktive Deckschicht überführt werden.

ElektrolytDer Elektrolyt besteht aus den bereits genannten Lösemittelgemischen und Leitsalz [Xu04].Von den Lösemitteln wird gutes Lösevermögen, chemische Stabilität gegen die Arbeits-elektroden, niedrige Viskosität, ein hoher Flammpunkt, ein niedriger Schmelzpunkt und

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230 N. Amann et al.

ein hoher Siedepunkt erwartet, sie sollen ferner nicht toxisch und trotzdem preisgüns-tig sein. Ein einzelnes Lösemittel kann nicht alle Anforderungen erfüllen, was zu den inAbschn. 3.4.5.2 erwähnten Gemischen führt. Das Leitsalzmuss unter den Zellenbedingun-gen stabil, vollständig gelöst und dissoziiert sein und eine gute Beweglichkeit des solvati-sierten Li+-Ions ermöglichen. LiPF6 bietet in der Summe seiner Eigenschaften den bestenKompromiss, trotz seiner Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit und hohe Temperaturen.

Hochreine Lösemittel und Leitsalze sind erforderlich, um Nebenreaktionen zwi-schen Aktivmaterialien und Elektrolyt zu vermeiden. Insbesondere Spuren von Wasserund Flusssäure (HF) führen zu einer Abnahme der Lebensdauer. Erst die industrielleHerstellung von reinem LiPF6 in Japan ermöglichte die kommerzielle Produktion vonLi-Ionenzellen. Die Leitfähigkeit beträgt typisch 5mS/cm bei Raumtemperatur. Additive,die in geringen Konzentrationen den Lösemittelgemischen zugegeben werden, erfüllenverschiedene Aufgaben. Sie beeinflussen die Bildung der Grenzschicht, verringern dieEntflammbarkeit oder können Löslichkeit und Leitfähigkeit oder die Überladesicherheitverbessern. Solche Additive enthaltende Elektrolyte werden deshalb auch Funktionselek-trolyte genannt.

Polymer-ElektrolyteDie unter der Bezeichnung Li-Polymer im Handel befindlichen Zellen enthalten keinenechten Polymerelektrolyten, sondern eine Polymerstruktur, in der flüssiger Elektrolyt alsGel enthalten ist (Abb. 3.111). Der Gel-Elektrolyt besteht aus zwei Komponenten und er-setzt den flüssigen Elektrolyten und den Separator. Polymerkomponenten sind z. B. Poly-vinylidenfluorid (PVdF), Polymethylmethacrylat (PMMA), Polyacrylnitril (PAN), als flüs-sige Komponenten werden weitgehend die konventionellen Elektrolyte verwendet. Sie ha-ben daher auch einen ähnlichen Leitwert wie Flüssigelektrolyte. Zur Sicherheit kann dieGelschicht auf Separator-Membranen aufgetragen werden. Damit lässt sich die Elektro-lytschichtdicke verringern und die „Shutdown-Funktion“ implementieren. Gel-Polymer-Elektrolyte lassen sich besonders einfach in so genannte „Coffee-Bag-Zellen“ (Zellen mitprismatischem Foliengehäuse) integrieren.

SeparatorenVorzugsweise werden mikroporöse Polyolefin-Separatoren (PE und PP) verwendet, weilsie die notwendige chemische Stabilität im Kontakt mit den Elektroden zeigen und dieFertigungsverfahren sicher und etabliert sind [Arora04]. Die Porosität liegt bei 30–50%,die Porengröße bei 0,03–0,5 μm, die Dicke bei 20–30 μm. Für Gel-Polymerzellen wer-den bereits 9 μm dicke Membranen gefertigt. Keramikbeschichtete Separatoren bietenSicherheitsvorteile, ihre Wirkungsweise ist jedoch noch nicht völlig geklärt (Degussa„Separion“).

Bei kleinen Zellen haben sich die sogenannten „Shutdown-Separatoren“ bewährt.Im Fall eines Kurzschlusses schmilzt durch die Zellenerwärmung die zwischen zweiPolypropen-Lagen angeordnete mittlere Polyethylen-Schicht und unterbricht den Strom-transport und damit die Wärmeproduktion in der Zelle (Abb. 3.112).

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3 Komponenten des Hybridantriebs 231

KathodeLiCoO2

~0,15 mm

Separator25 µm

AnodeGrafit

0,25 mm

Separator25 µm

KathodeLiCoO2

~0,15 mm

Aluminium-Folie(Pos. Stromableiter)

MikroporösesPolyolefin

Kupfer-FolieNeg. Stromableiter

Aluminium-Folie(Pos. Stromableiter)

MikroporösesPolyolefin

~0,

5 m

m

Abb. 3.111 Aufbau eines Li-Ionen-Zell-Elements mit Gel-Polymer-Elektrolyt

PP-Smp. ca. 160 °C

PE-Smp. ca. 130 °C

a b

Abb. 3.112 „Shutdown-Separator“ aus PP-PE-PP. a Oberfläche, b Querschnitt [Arora04]

Positive ElektrodeFür die Eigenschaften der Materialien sind die Struktur wegen Aufnahmevermögen undVolumenänderung bei Li+-Ein- und -Ausbau, sowie Temperaturstabilität und Löslich-keit der Komponenten im Elektrolyten wichtig. Abhängig vom Strukturtyp erhält mandurch unterschiedliche Li+-Diffusionswege Unterschiede in den Transporteigenschaften,Reaktionsmechanismen, Potentialverläufen und in der Stabilität in lithiiertem (geladenen)und delithiierten (entladenen) Zustand. Die technisch wichtigen Eigenschaften sind inAbb. 3.109 und Tab. 3.25 zusammengefasst. Der nutzbare Bereich sind die zulässigenWer-te für x in der chemischen Reaktion LiMO2 + 6 C ↔ Li−xMO2 + LixC6. Die Spannunggegen Li/Li+ ist nahezu gleich der Zellspannung im geladenen Zustand.

Abbildung 3.113 zeigt die Entladekurven der wichtigsten positiven Elektrodenmas-sen. LiCoO2, wie kommerziell verwendet, ist das Bezugsmaterial. Substituierte gemischteNickel-Kobaltoxide, wie beispielsweise LiNi0,80Co0,15Al0,15O2 weisen zwar eine etwasniedrigere Entladespannung auf, bieten aber eine ausgezeichnete spezifische Kapazi-

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232 N. Amann et al.

Tab. 3.25 Anorganische Kathodenmaterialien für Li-Ionen-Zellen

Kathodenmaterial Spezifische Kapazität Nutzbarer Bereich Spannung gegenLi/Li+

LiCoO2, LCO 150–170mAh/g 0,55 bis 0,60 4,0 VLiNi0,80Co0,15Al0,15O2, NCA 180–195mAh/g 0,65 bis 0,70 3,8 VLiNi1/3Co1/3Mn1/3O2, NCM 150–170mAh/g 0,55 bis 0,60 3,85 VLiMn2O4, LMO, LMS 100–120mAh/g 0,75 bis 0,80 4,0 VLiFePO4, LFP 160mAh/g 0,95 3,4 V

3000

3200

3400

3600

3800

4000

4200

4400

0 20 100 120 140 160 180 200

LiFePO4

LiCoO2Li(Ni,Co)O2

Li(Ni,Co,Mn)O2LiMn O42

40 60 80

Spezifische Kapazität [mAh/g]

Pote

ntia

l [m

V]

gege

n Li

/Li+

Abb. 3.113 Entladekurven für verschiedene positive Elektrodenmassen von Kathodenmaterialien;die spezifische Kapazität bezeichnet hier im Unterschied zu Kondensatoren die entnehmbare La-dungsmenge in mAh/g [Wachtler09, Whittingham04]

tät und Zyklenlebensdauer. Dies gilt auch für die gemischte symmetrische VerbindungLi(Ni0,34Co0,33Mn0,33)O2. Der lithiierte Mangan-Spinell LiMn2O4 hat bei hohem Ladezu-stand eine relativ stabile Struktur und geringe Löslichkeit. Die nutzbare Kapazität ist jedochgeringer als bei den Schichtstruktur-Oxiden. Unter den neuen Kathodenmaterialien sindLithium-Vanadiumphosphat Li3V2(PO4)3 und vor allem Lithium-Eisenphosphat LiFePO4

aussichtsreiche Kandidaten. Sie sind potentiell kostengünstig. LiFePO4 und FePO4 als ge-und entladene Aktivmaterialien bilden ein Zweiphasensystem mit im Wesentlichen glei-cher Struktur. Entsprechend der gibbsschen Phasenregel zeigt es eine konstante Spannungüber den gesamten Entladebereich [Winter04].

3.4.5.4 ZellendesignEntsprechend der ersten Anwendungen für portable Geräte wurden zunächst Zellen fürkleine Kapazitäten von etwa 0,3 bis 2 Ah entwickelt. Neben zylindrischenZellen waren diessolche mit Foliengehäusen, insbesondere für Zellen mit Gelelektrolyt (siehe Abb. 3.114).Daneben gibt es noch prismatische Zellen mit dem klassischen Metallgehäuse. Vorteileder jeweiligen Bauart sind in Tab. 3.26 aufgelistet. Schwachstellen der Foliengehäuse sinddie Dichtheit der Gehäuse und der Poldurchführungen an den Schweißstellen gegen Was-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 233

PTC-Element

Positiver Pol

Dichtung

Einweg-UnterbrecherPositiver Ableiter

Isolier-scheiben

Berstscheibe

Zellgehäuse

NegativerAbleiter

PositiveElektrode

Separator

Laminierter FilmLithium-verbindungen(Kathode)

Grafit-verbindungen(Anode)

NegativeElektrode

a b

Abb. 3.114 Lithium-Zellen. a Zylindrische Bauart, b Prismatisches Foliengehäuse („Coffee-Bag“)

Tab. 3.26 Vorteile zylindrischer und prismatischer Zellenbauformen

Zylindrische Bauart Prismatische BauartEinfache, sichere Fertigungstechnik (Elektro-denwickel)Druckfestes Gehäuse (bis 40 bar)Definierter Öffnungsdruck der BerstscheibeZuverlässige Dichtheit

Flache BauweiseBessereWärmeabfuhr, gleichmäßige Tempera-turverteilungFlexible DimensionierungEinfacher Batterieaufbau

serdampf, trotz mit Aluminium kaschierter Folien. Li-Ionen-Zellen bauen im Laufe ihresLebens durch parasitäre Reaktionen einen Innendruck auf, der mit zylindrischen Gehäu-sen besser aufgefangen wird. Dies und der definierte Öffnungsdruck der Berstscheibe sindwesentliche Sicherheitselemente. Nachteile der zylindrischen Zellen sind hohe Tempera-turgradienten in der Zelle und eine schlechte Packungsdichte im Batteriegehäuse.

SicherheitWegen des Gefährdungspotentials durch den brennbaren Elektrolyten und die reaktivenElektrodenmassen bei Missbrauch, Fehlfunktionen und Gewalteinwirkung muss bei derEntwicklung einer Fahrzeugbatterie die Sicherheit an erster Stelle stehen. Die Sicherheits-strategie für Li-Ionen-Batterien baut Gefahren für Insassen und Umwelt mit mehrstufi-gen Barrieren vor: auf Zell-Niveau mit Auswahl der sichersten Chemie und der sichers-ten Zellengestaltung, auf Modul-Niveau, so vorhanden, mit Maßnahmen zum Vermeidendes Lawineneffekts, d. h. Entzünden weiterer Zellen bei Brand einer Zelle. Auf Batterie-Niveau erfolgt der Schutz der Zellen und der Batterie durch das Batterie-Management-System (BMS). Es verhindert eine elektrische und thermische Überlastung für den Fall,dass spezifizierte Betriebsbedingungen (Ober- undUntergrenze der Einzelzellenspannung,Grenzströme, Grenztemperaturen) überschritten werden, und schaltet bei einem externenKurzschluss oder bei einem Isolationsfehler die Batterie ab.

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234 N. Amann et al.

Kühlmodul

Lithium-Ionen-zellen

Batteriemanage-mentsystemKühlmittel-anschlussElektrischerAnschlussZellspannungs-überwachung

Abb. 3.115 Mild-Hybrid-Serienanwendung einer Li-Ionen-Batterie in der E-Klasse von Mercedes-Benz (Daimler AG)

Bei einem Unfall oder einer Fehlfunktion des Batteriemanagementsystems bietet einstabiles Batteriegehäuse Schutz sowohl für die Zellen als auch für dieUmwelt vor Feuer odervor mechanischen Einwirkungen. Es muss daher für die Aufnahme mechanischer Kräftevon innen und von außen (durch wegfliegende Zellenteile, Unfalleinwirkungen, Stoß oderFall), austretender Elektrolytflüssigkeiten- oder -Dämpfe und zur Beherrschung einer ex-plosiven Atmosphäre durch Lösemitteldämpfe ausgelegt werden. Abbildung 3.115 zeigt dieEinbausituation der Li-Ionen-Batterie nach den oben genannten Kriterien in der E-Klassevon Mercedes-Benz.

AlterungFür den praktischen Gebrauch ist wichtig, dass Li-Ionen-Zellen bei einem mittleren La-dezustand am wenigsten altern. Bei hoher Zellspannung, die gut mit dem Ladezustandkorreliert, tritt Elektrolytzersetzung, bei niedriger Spannung Ableiterkorrosion auf. Ho-he Temperatur beschleunigt die Alterung und schadet insbesondere Zellen mit Mangan-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 235

Spinellen durch die erhöhte Löslichkeit desMangans. Effekte der Zell-Alterung sindVerlustan verfügbaren Li+-Ionen und Aktivmaterialien, was zu Kapazitätsverringerung und Wi-derstandserhöhung führt [Vetter05].

Ausblick, EntwicklungstendenzenDas Lithium-Ionen-System verfügt bereits heute imVergleich zu anderen Batteriesystemenüber die höchste spezifische Leistung und die höchste spezifische Energie. Neue Materiali-en haben ein großes Potential für eine Kostenreduzierung, für eine weitere Steigerung derspezifischen Energie und der Lebensdauer. Gegenüber alkalischen Zellen wird nur 1/3 derAnzahl vonZellen für die gleiche Spannung benötigt, was die Systemzuverlässigkeit erhöht.Für die Anwendung in Fahrzeugen (siehe Abb. 3.115) sind die Beherrschung des komple-xen Batteriesystems und der Aufbau einer Massenfertigung für große Batterien wichtig.EineweiterewichtigeAufgabe besteht darin, für die jeweiligeAnwendung den bestenKom-promiss zwischen Leistung, Kapazität, Lebensdauer, Sicherheit und Preis zu suchen. FürAnwendungen in Hybridfahrzeugen, bei denen Leistung und hohe Zyklenzahlen bei mitt-lerem Ladezustand und geringer Entladetiefe, nicht aber hoher Energieinhalt gefragt sind,sind Zellen mit LiFePO4 eine gute Wahl. Mit zunehmender rein elektrischer Fahrleistungist hohe spezifische Energie gefordert.

Aktuelle Forschungsarbeiten, die selbst bei durchgehendem Erfolg einen komplettenEntwicklungszyklus von etwa zehn Jahren durchlaufen müssen, zielen in diese Richtung.Sie beziehen sich auf die sogenannten „5-V-Kathodenmaterialien“, beispielsweise Lithium-reiche zusammengesetzte Oxide mit Schichtstruktur wie Li2MnO3-LiMO2, wobei M Co-balt, Nickel oderMangan ist.Weitere Beispiele sind Spinellewie LiNi0,5Mn1,5O4 oder Phos-phate wie LiCoPO4 und LiNiPO4 mit Olivinstruktur. Diese Kathodenmaterialien erfor-dern wiederum entsprechend stabile Elektrolyte, meist Zusätze zu Standardelektrolyten.Auch „Inorganic Liquids“, bei Raumtemperatur flüssige Salze mit großem Stabilitätsbe-reich, werden untersucht. Die Firma Envia Systems erwartet z. B. aus der Kombinationeiner „HCMR-Kathode“ (High Capacity Manganese Rich) mit einer nanostrukturiertenSiC-Kompositanode Zellen mit 400Wh/kg.

3.4.6 Anwendung elektrochemischer Speicher in Kraftfahrzeugen

3.4.6.1 BordnetzDie fahrzeugseitigen Anforderungen an Leistung und Energie im Bordnetz steigen ständig.Ursache ist die Zunahme der Komfortsysteme und die Umwandlung hydraulisch betätig-ter Dauerverbraucher in sparsamere, elektrische und bedarfsgesteuerte Verbraucher, umeinen Beitrag zur Senkung des Fahrzeugverbrauchs und der Emissionen zu erreichen.Treiber dieser Entwicklung sind zum einen Kundenwünsche, zum anderen gesetzlicheAuflagen und Konkurrenzdruck. Eine Liste bereits vielfach eingeführter Aggregate zeigtTab. 3.27.

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236 N. Amann et al.

Tab. 3.27 Belastung von Bordnetzen durch elektrische Aggregate

Aggregat Spitzenlast in WScheinwerfer, Beleuchtung 600Elektrischer Fensterheber 700Heckscheibenheizung 1500Elektrische Sitzverstellung 1000Sitzheizung 500ABS 2500Elektrischer Kühlerventilator 500ElektrischeWasserpumpe 500Elektrische Servolenkung 1500Elektrische Zusatzheizung 3000Frontscheibenheizung 1500Katalysator-Vorheizung 2000Elektrischer Klimakompressor 3500Elektromagnetische Ventilsteuerung 4000Elektrische Bremse 2500Elektrische Lenkung 1500Aktives Fahrwerk 12000

Die Bordnetz-Durchschnittsleistung lag 1960 bei etwa 300W und stieg nach 1990 auf1,5 kW, was als Obergrenze für das 12-V-Bordnetz angesehen wurde. In der Folge wurdedaher intensiv an Komponenten und Vorschriften für ein 42-V-Bordnetz gearbeitet. Trotzweiter gestiegenem Leistungsbedarf, der in vielen Modellen bereits über 3 kW liegt, wurdedas 42-V-Bordnetz wegen seiner Komplexität und Zusatzkosten der Komponenten nichtweiter verfolgt.

Das höhere Spannungsniveau ist allerdings für den elektrischen Antrieb hybridisier-ter Fahrzeuge unbedingt erforderlich. Mit der jüngsten, massiven Einführung der Start-Stopp-Systeme undMikrohybride ist derWunsch nach verbesserter Rekuperationsleistungdringlicher geworden, zumal die Bleibatteriemit der „EnhancedCarbon-Negativen“ die ge-steigerten Anforderungen bewältigt (siehe Abschn. 3.4.2.2). Deshalb haben die deutschenHersteller Audi, BMW, Daimler, Ford, Opel, Porsche und Volkswagen eine Initiative füreine 48-V-Technologie ergriffen [Vollmer11]. Zukünftige Fahrzeuge sollen als Erweiterungdes 12-V-Bordnetzes ein 48-V-Bordnetz für Hochstrom-Lieferanten und -Verbraucher er-halten. Es wurden Spezifikationen ausgearbeitet, die eine Spannungsgrenze von 60V ein-halten [Radon12].

Eine hohe Priorität im Bordnetz hat die Startsicherheit, auch bei wochenlangen Stand-zeiten von Fahrzeugen, z. B. auf Flughafen-Parkplätzen. Die gelegentliche Aktivierung„schlafender“ Überwachungsfunktionen bei Inbetriebnahme von in der Umgebung par-kenden Fahrzeugen kostet zusätzlich Energie, die über Verluste durch den Ruhestromhinausgehen, und kann die Batterie nach sechs Wochen unter den auslegungsgemäßen

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3 Komponenten des Hybridantriebs 237

Ladezustand von 50% entladen. Außerdem muss die Bordnetzbatterie die Startleistungunter allen Umständen sicherstellen, die Ruhestromverbraucher ausreichend lang versor-gen und die Differenz zwischen der Leistungsbilanz von Verbrauchern und Generatorüberbrücken. Nach Generatorausfall muss der Fahrzeugbetrieb aus der Batterie ebenfallsfür kurze Zeit gewährleistet sein.

Batterien können entweder auf hohe Leistung oder auf hohen Energieinhalt optimiertwerden, woraus sich je nach den Anforderungen Funktions- und Kostenvorteile erzielenlassen. Für erweiterte Funktionen (Start-Stopp-Funktion, By-Wire-Systeme) ist die Tei-lung des Bordnetzes in Verbraucher mit hohem Energieumsatz und Verbraucher mit ho-her Leistungsaufnahme sinnvoll. Die Startfunktion allein kann auch durch einen Doppel-schichtkondensator mit 300 bis 500 F gewährleistet werden, der bei Bedarf aus einer weitentladenen Bordnetzbatterie geladen wird und die Startleistung dennoch sicher erbringt[Knorr04], siehe hierzu auch Abb. 3.98.

Für sicherheitskritische By-Wire-Systeme ist eine sichere Versorgung unabdingbar. DieVersorgung überGenerator undBatterie ist zwar bereits redundant, dochwird für derartigeSysteme eine weitere Rückfallebene gefordert. Hier existieren Lösungenmit 12- bis 14-Ah-Bleibatterien mit Überwachung von Ladezustand und Batterie-Lebensdaueranzeige, odermit Doppelschichtkondensatoren. Die neu eingeführten Aggregate belasten das Bordnetzvor allem mit hohen Lastspitzen. Die höhere Belastung, Temperatureinflüsse, By-Wire-Systemeunddas kritischereVerhalten von verschlossenenBatterien empfehlen denEinsatzvon Batteriemanagementsystemen, die Temperatur und Ladezustand berücksichtigen.

Mit Start-Stopp-Funktion undMikro-Hybridisierung hat der Bleiakku in seiner aktuel-len Ausführung als relativ teure VRLA-AGM-Batteriemit einem hohenKohlenstoff-Anteilder Negativen einen wichtigen Anteil am Massenabsatz verteidigt. Diese Anwendungenerfordern zwingend die Verwendung verschlossener Bleibatterien. Leistung und Energie-inhalt sind den konkurrierenden Li-Ionen-Systemen trotz aller Verbesserungen unterle-gen. Um den Verbrennungsmotor in eingekuppeltem Zustand zu starten und über Leer-laufdrehzahl zu beschleunigen, wurden alternativ Hochleistungs-Li-Ionen-Batterien zurLeistungsunterstützung konventioneller, kostengünstiger Blei-Starterbatterien in kleinerSerie eingesetzt [Takeshita04]. Eine weitere Möglichkeit ist die Startleistungsunterstützungdurch Supercaps, siehe Abb. 3.98 und [Conway99]. Für den Bleiakku ist eine integrierteBatteriesensorik (Spannung, Temperatur und nachMöglichkeit Strom), verbunden mit ei-nem Batteriemanagement im Zwei-Batterien-Bordnetz Voraussetzung für verbesserte Le-bensdauer.

Integration in das FahrzeugDie Batterie ist ein großes, schweres Bauteil, das zusätzlich nicht die üblichen fahrzeug-spezifischen Temperatur-Anforderungen an mechanische oder elektrische Komponentenerfüllt. Daher muss ein geeigneter Raum im Fahrzeug gefunden werden. Motornahe Un-terbringung hat den Vorteil kurzer Kabellängen und den Nachteil hoher thermischer Be-lastung (Abb. 3.116). Säurenebel treten im Normalfall bei verschlossenen Batterien nichtmehr auf. Eine Belüftung des Batterieraumes muss jedoch gewährleistet sein. Das Gefähr-

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a b c

Abb. 3.116 Anordnung von Batterien in Pkw in Hinblick auf die Temperaturbelastung. a In einerKunststoff-Batteriebox im Motorraum eines Kleinwagens, b Hinter der Spritzwand im Motorraumeines Mittelklassefahrzeugs, c Unter dem Gepäckraum eines Kleinwagens (die Auspuffrohre sindbeidseitig vorbeigeführt), nach [Meissner04]

dungspotential durch die Batterie (Funkenbildung, Säureaustritt, Masse) muss auch fürden Crash-Fall berücksichtigt werden. So kann beispielsweise ein Abtrennen des Bord-netzes mittels eines einmal auslösenden, nicht wieder einschaltenden Sicherheitsschalterserfolgen.

Thermische BelastungUnter der Motorhaube treten im Sommer an der Batterie je nach Unterbringung Tempe-raturen von 70 bis 85 °C auf, die bei Betrieb in heißen Ländern zu einer Verkürzung derLebensdauer führen. Alternative chemische Speichersysteme (Nicht-Blei-Systeme) habenmeist Temperaturgrenzen von etwa 60 °C und benötigten somit aktive Kühlung.

Mechanische Belastung, VibrationIm Pkw-Bereich liegt die Beanspruchung im Normalbetrieb bei Beschleunigungswertenvon 2–3 g. Der normale Sitz des Plattenpakets im Gehäuse eines Starterakkus nimmt dieseKräfte auf. In Geländefahrzeugen, Baustellen-, landwirtschaftlich und militärisch genutz-ten Fahrzeugen können Beschleunigungen bis 15 g auftreten. Die Frequenzen liegen bei10–30Hz. Dafür ist zur Fixierung der Plattenpakete und zur Verstärkung der Gehäuse einerheblicher Aufwand notwendig. Auch die Batteriehalterung im Fahrzeugmuss an die auf-tretenden Kräfte angepasst werden.

3.4.6.2 Elektrochemische Speichersysteme für HybridfahrzeugeElektrochemische Speicher sind eine Schlüsselkomponente des Hybridantriebs. Erst dieEntwicklung langlebiger Hochleistungsspeicher mit einer spezifischen Leistung von min-destens 1 kW/kgmachte den Einsatz imHybrid sinnvoll, weil je nach Fahrzyklus derMehr-verbrauch durch das Zusatzgewicht der elektrischen Komponenten, vorzugsweise das derBatterie, durch den besseren Wirkungsgrad des Antriebes überkompensiert wird. Lade-und Entladeraten von mindestens 10, besser von mehr als 20 CNA sind für Hybridfahr-zeugbatterien erforderlich; wobei CN die Nennkapazität bezeichnet, d. h. den Strom in A,der die Batterie in 20 Stunden entlädt.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 239

Der Grad der Hybridisierung, d. h., die Größe der elektrischen Antriebsleistung undderen Anteil an der gesamten Antriebsleistung, bestimmt die Effizienz des Antriebes. Mitder installierten elektrischen Leistung steigt die Möglichkeit zur Rekuperation. Die Reku-perationsleistung muss der Energiespeicher annehmen können. Die Ladungsannahme derBatterie hängt von ihrem Widerstand und der zulässigen Ladespannung ab. Naturgemäßkann eine Batterie bei hohem Ladezustand eine geringere Ladeleistung annehmen als beiniedrigem Ladezustand.

Auslegungskriterien für HybridbatterienDas United States Advanced Battery Consortium (USABC) hat im Freedom-CAR-Pro-gramm Festlegungen getroffen (Tab. 3.28), die die Spanne sinnvoller unterer und obererLeistungsgrenzen und Energieanforderungen an Hybridbatterien gut abbilden.

Elektrische AnforderungenDer Arbeitspunkt wird zweckmäßig bei einem Ladezustand von 50–60% liegen. Die Leis-tung und die bei dieser Leistung verfügbare Energie werden für den Fahrzeugantrieb fest-gelegt, für einen Vollhybrid typisch im Rahmen der Eckwerte der Tab. 3.28. Eine Anleitungzur Auslegung der Batterie nach den gewählten Daten ist ebenfalls in [Hunt03] beschrie-ben. Dazu wird die Leistung der Batterie über die entnommene Energie bei Lade- undEntladepulsen charakterisiert. Zusätzlich wird ein Leistungsverlust durch Alterung vor-gehalten, so dass das Leistungsverhalten des Fahrzeugs über die Lebensdauer konstantbleibt. Die verfügbare Energie nimmt über die Lebensdauer ab, muss aber mindestens imgewählten Rahmen bleiben. Wirkungsgrad, Lebensdauer und Selbstentladung sind syste-mabhängig (vgl. Abschn. 3.4.2, 3.4.3, 3.4.4 und 3.4.5).

Die Freedom-CAR-Batteriespezifikationen leiten sich direkt von fixierten Hybridfahr-zeug-Anforderungen ab. Die Leistung der als partiell emissionsfrei eingestuften Fahrzeuge(Partial Zero Emission Vehicle PZEV), bestimmt die Bewertung für „Credits“, d. h. Gut-schriften, die für den Verkauf konventioneller Fahrzeuge in Kalifornien erworben werdenmüssen. Nur für Hybridfahrzeuge mit einer Leistung über 10 kW und einer Traktions-systemspannung über 60V gibt es ab 2012 noch Credits, vermehrte Credits gibt es beiLeistungen von mindestens 50 kW.

Thermische AnforderungenHohe Temperaturen fördern das Altern der Batterien, sowohl im Zyklenbetrieb als auchbei Stillstandszeiten. Für Lebensdauertests wurden daher Temperaturprofile verschiede-ner Klimazonen festgelegt. Das United States Advanced Battery Consortium verwendetbeispielsweise die extremen Profile von Buffalo und von Palm Springs (Tab. 3.29). Da dieStandzeiten im Fahrzeugbetrieb überwiegen, wobei nicht aktiv gekühlt werden kann, altertdie Batterie überwiegend in diesen, speziell in heißen Klimazonen. Die Alterung durch dieAnzahl der Zyklen tritt bei den geringen Entladetiefen üblicher Auslegungen dagegen inden Hintergrund.

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Tab. 3.28 Anforderungen an die Batterie gemäß United States Battery Consortium [Hunt03]

Eigenschaft Einheit Untere Leistungsgrenzenund Energieanforderun-gen

Obere Leistungsgrenzenund Energieanforderun-gen

Entladeleistung(10-s-Puls)

kW 25 40

Maximaler Ladepuls(10 s, Rekuperation)

kW 20(55-Wh-Puls)

35(97-Wh-Puls)

Gesamte verfügbareEnergie (im Bereich derEntladetiefe, der dieLeistungsanforderungbedienen kann)

kWh 0,3 0,5

Minimaler Gesamt-Energiewirkungsgrad

% 90 (25-Wh-Zyklus) 90 (50-Wh-Zyklus)

Kaltstartleistung bei−30 °C (drei 2-s-Start-impulse, dazwischen10 s Pause)

kW 5 7

Zyklen-Lebensdauerfür spezifizierte Lade-zustands-Inkremente

Zyklenzahl 30000025-Wh-Zyklen(7,5MWh Durchsatz)

30000050-Wh-Zyklen(15MWh Durchsatz)

KalendarischeLebensdauer

Jahre 15 15

Höchstgewicht kg 40 60Maximalvolumen l 32 45Grenzen derBetriebsspannung

V Minimum 220Maximum 400

Minimum 220Maximum 400

Maximal zulässigeSelbstentladung

Wh pro Tag 50 50

Temperaturbereich:Arbeitsbereichzulässige Ruhe-temperatur

°C −30 bis +52−46 bis +66

−30 bis +52−46 bis +66

Serienpreis bei100000 Einheitenpro Jahr

US-Dollar 500 800

Im Betrieb sollte, unabhängig vom verwendeten Batteriesystem, eine Temperatur von30 °C möglichst nicht überschritten werden. Aktive Kühlung ist erforderlich, weil sich beiden möglichen häufigen und hohen Lade- und Entladeraten die Batterie im Betrieb leichtunzulässig erwärmen kann. Die Kühlmitteltemperatur muss daher unter 30 °C liegen. Inden bisher gebauten Fahrzeugen erbringt die Klimaanlage die Kühlleistung mit. Bei Luft-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 241

Tab. 3.29 Thermische Anforderungen an die Batterie nach [USABC96]; die Zahlenwerte geben dieProzent der Testdauer in den Temperaturbereichen verschiedener Klimate an; T ist die Temperatur

Temperaturbereich Batterien füralle Zonen

Batterien fürheißes Klima

Batterien fürkaltes Klima

Kalt: T ≤ − ○C 10 – 10Kühl: − ○C < T < ○C 15 – 15Normal: ○C ≤ T ≤ ○C 50 50 60Warm: ○C < T < ○C 15 40 15Heiß: T ≥ ○C 10 10 –

kühlung wird Zapf luft aus dem Passagierraum verwendet. Flüssigkühlung erfordert eineErweiterung des Kühlkreislaufs der Klimaanlage.

SicherheitSowohl bei auftretenden Fehlern als auch im Missbrauchsfall darf von der Batterie keineGefahr ausgehen. Das Batteriemanagement muss jeden möglichen Fehler beherrschen, derwährend des Betriebs auftreten kann, z. B. internen oder externen Kurzschluss, thermischeoder elektrische Überlastung, Isolationsfehler. Bei Unfällen dürfen Passagiere undUmweltdurch die Batterie nicht zu Schaden kommen.

Dies verlangt die Anordnung der Batterie in einer wenig crash-gefährdeten Positionim Fahrzeug. Meist ist dies der Bereich vor, über oder hinter der Hinterachse. Nach ei-nemStandardcrashmuss ein ausreichender Isolationswiderstand gewährleistet sein. Da dieBatteriespannung über 60V liegt, ist eine allpolige Abschaltung erforderlich. Das Batterie-gehäuse schützt vor umherfliegenden Teilen und fängt toxische Substanzen auf. Zu denSicherheitsanforderungen siehe auch IEC 69. Sicherheitstests und Einstufungen der Er-gebnisse sind in den entsprechenden EUCAR-Sicherheitsvorschriften [Josefowitz05] undin den USCAR-Sicherheitsvorschriften enthalten.

BatteriemanagementAufgaben des Batteriemanagementsystems (Abb. 3.117) sind Betriebsüberwachung undWahrnehmender Sicherheitsfunktionen, wie eben beschrieben. Zur Betriebsüberwachunggehört die Kontrolle von Batterie-, Zell- oder Modulspannung, von Zell-Temperatur undTemperaturverteilung, die Leistungsprognose, die Einhaltung des Soll-Ladezustands, derLadungsausgleich der Zellen sowie eine Bewertung des Alterungszustandes. Das Batte-riemanagementsystem verfügt über die Algorithmen zur Erfüllung dieser Aufgaben undbekommt die dafür nötigen batterieseitigen Informationen von deren Sensorik (Span-nung, Strom, Temperatur) sowie die fahrzeugseitigen Informationen und Anforderungenaus dem Hybrid-Steuergerät.

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242 N. Amann et al.

Batterie-Management-System

ThermischeÜberwachung

ZellenModule

Aktorik Sensorik

Batteriesystem:Gehäuse und Peripherie

Information

Kühlung

StromanschlussSch

nitts

telle

n zu

m F

ahrz

eug

Abb. 3.117 Blockdiagramm des Batteriesystems

3.4.6.3 AusblickIm Bordnetz wird der Blei-Akkumulator in verschlossener Bauweise und mit Glasfaser-Separator dominieren. Als Hybrid-Antriebsbatterie hat sich das NiMH-System bewährt.Unter den zukünftigen Technologien haben Li-Ionen-Batterien Potential in Bezug auf ver-besserte Eigenschaften und günstigere Kosten, um längerfristig die Nachfolge in Plug-in-Hybriden und Elektrofahrzeugen anzutreten [Bitsche04].

3.4.7 Hydraulische Hybridantriebe und Energiespeicher

3.4.7.1 Abgrenzung zum elektrischen HybridDie Grundidee hydrostatischer Hybride ist, die kinetische Energie beim Bremsen nicht inWärme umzusetzen, sondern mit einer Hydraulikeinheit in hydraulische Energie umzu-wandeln und in einem hydraulischen Speicher aufzunehmen. Beim nächsten Beschleuni-gungsvorgang wird die gespeicherte Energie aus dem hydraulischen Speicher mittels derHydraulikeinheit wieder in den Fahrantrieb eingespeist und entlastet so den antreibendenVerbrennungsmotor. Treibstoffeinsparungen bis zu 25% und eine entsprechende Reduk-tion des CO2-Ausstoßes werden so möglich. Darüber hinaus sinkt der Verschleiß der me-chanischen Bremse erheblich.

In der Grundarchitektur ist das hydrostatisch-regenerative Bremssystem einem elektri-schen Hybridantrieb ähnlich, indem es einen zusätzlichen Energiespeicher und -wandleran den vorhandenen Antriebsstrang mit Verbrennungsmotor anbindet. Aufgrund der un-terschiedlichen Eigenschaften der einzelnen Komponenten im elektrischen und hydrauli-schen Hybridantrieb, insbesondere der Batterien gegenüber den hydraulischen Speichern,können die Potentiale zur Verbrauchsreduzierung unterschiedlich genutzt werden.

Beim elektrischen Hybrid verfügen die Batterien über eine große Energiedichte undkönnen langsam und kontinuierlich große Mengen Energie bezogen auf ihre Baugrößespeichern. Aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Leistungsdichte und wegen des ho-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 243

Abb. 3.118 Das Ragone-Diagramm ordnet verschie-dene Energiespeicher nachEnergie- und Leistungsdichte(Bosch-Rexroth)

1000

100

10

1

0,1

0,0110 100 1000 10000 100000 1000000

Leistungsdichte {W/kg]

Ene

rgie

dich

te {

Wh/

kg]

hen Innenwiderstands ist es schwierig, bei sinnvollen Baugrößen größere Energiemengen,wie sie beimBremsen auftreten, innerhalb kurzer Zeit zu speichern. Außerdemkönnen nurbegrenzte Energiemengen zum Anfahren in kurzer Zeit aus ihnen abgefordert werden.

Bei hydraulischen Hybridantrieben hingegen bieten hydraulische Blasenspeicher einesehr viel höhere Leistungsdichte als elektrische Batterien. Dieser Zusammenhang ist inAbb. 3.118 auf dem sogenannten Ragone-Diagramm dargestellt. Die kinetische Energiekann beim Bremsen selbst bei großen mobilen Arbeitsmaschinen und starken Verzöge-rungen innerhalb kurzer Zeit vollständig in hydraulische Energie umgewandelt und voneinem hydraulischen Blasenspeicher aufgenommen werden.

Hydraulische Speicher bieten jedoch eine vergleichsweise geringe Energiedichte. Sinn-volle Baugrößen erlauben die Speicherung der kinetischen Energie eines Fahrzeugs, al-so der Energie für einen kompletten Bremsvorgang. Im Allgemeinen ist es jedoch nichtmöglich, zusätzliche Energie zu speichern, wie sie etwa bei der kontinuierlichen Umwand-lung und Speicherung ungenutzter Antriebsleistung eines Dieselmotors entsteht. Darausergeben sich für Fahrzeuge mit elektrischen und hydraulischen Hybridantrieben unter-schiedlicheBetriebsstrategien und letztlich eignen sich dieseKonzepte für unterschiedlicheFahrzeugkategorien.

Beim elektrischen Hybridantrieb liegt der Fokus auf der Lastpunktanhebung des Ver-brennungsmotors und Speicherung der kontinuierlich erzeugten Energie. Diese so gespei-cherte Energie kann bei kleinen bis mittleren Lastanforderungen oder Leistungsspitzenwieder in den Antrieb eingespeist werden wie auf Abb. 3.119 dargestellt. Während des mo-torischen Betriebs der elektrischen Maschine unterstützt diese im ersten Abschnitt denVerbrennungsmotor und übernimmt im zweiten Abschnitt den kompletten Antrieb undder Verbrennungsmotor kann abgestellt werden.

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244 N. Amann et al.

Abb. 3.119 Typisches Ein-satzprofil eines elektrischenHybridantriebs

Leis

tung

Ges

chw

indi

gkei

t

Ant

rieb

Bre

mse

n

Elektrische Maschineim Motorbetrieb

ElektrischeMaschine im

Generatorbetrieb

Verbrennungs-Motor

Bremse

Zeit

Zeit

Währenddes generatorischenBetriebs der elektrischenMaschinewird die Batterie gela-den. Im ersten Abschnitt des generatorischen Betriebs wird die elektrischeMaschine durchden Verbrennungsmotor angetrieben und letzterer kann in einem Betriebspunkt höhererLast betrieben werden, was sich in der Regel positiv auf den spezifischen Verbrauch unddas spezifische Emissionsverhalten auswirkt. Im zweiten Abschnitt des generatorischenBetriebs wird die elektrische Maschine durch die kinetische Energie des Fahrzeugs an-getrieben. Aufgrund der Leistungsdichte der Batterie ist die Größe der aufgenommenenLeistung jedoch begrenzt und darüber hinaus abgeforderte Bremsleistung muss über eineweitere Bremseinrichtung, in der Regel die Betriebsbremse, aufgenommen werden.

Der Nutzen elektrischer Hybridantriebe für mobile Arbeitsmaschinen, insbesondereArbeitsmaschinenmit höherenGewichtenwie etwaMüllsammelfahrzeuge, ist begrenzt, dadort aufgrund der Masse der Fahrzeuge hohe Brems- und Anfahrleistungen auftreten. Derelektrische Hybrid ist aufgrund seiner Eigenschaften vornehmlich für Pkw-Anwendungenimmoderaten Teillastverkehr geeignet, insbesondere großzügig motorisierte Pkw in euro-päischen oder nordamerikanischen Fahrzyklen.

Beim hydraulischen Hybridantrieb liegt der Fokus auf der Nutzung der kinetischenEnergie beim Bremsen, wie in Abb. 3.120 gezeigt ist. Während des Pumpenbetriebs derHydraulikeinheit, welcher dem generatorischen Betrieb der elektrischen Maschine ent-spricht, wird die kinetische Energie beim Bremsen in einen hydraulischen Speicher ge-laden. Aufgrund der hohen Leistungsdichte hydraulischer Speicher können hydraulischeHybridantriebe selbst bei großen, schweren mobilen Arbeitsmaschinen wie etwa Müll-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 245

Abb. 3.120 Typisches Ein-satzprofil eines hydraulischenHybridantriebs

Leis

tung

Ges

chw

indi

gkei

t

Ant

rieb

Bre

mse

n

Hydraulik-einheit im

Motorbetrieb

Hydraulik-einheit im

Pumpenbetrieb

Zeit

Zeit

Verbrennungs-Motor

sammelfahrzeugen oder Stadtbussen so ausgelegt werden, dass die komplette kinetischeEnergie beim Bremsen in den Speichern aufgenommen werden kann.

BeimAnfahren des Fahrzeugswirkt die hydraulischeEinheit imMotorbetrieb undwan-delt die Energie aus dem hydraulischen Speicher in mechanische Energie zum Vortriebdes Fahrzeugs um. Dieses System ist daher für schwere Fahrzeuge mit hohen Brems- undAnfahrleistungen geeignet, wie sie etwa bei Müllsammelfahrzeugen, Stadtbussen oder all-gemein bei Fahrzeugen mit hoher Umschlagsleistung im zyklischen Betrieb auftreten.

3.4.7.2 Aufbau und Systemkomponentendes hydrostatisch-regenerativen Bremssystems

Die für das hydrostatisch-regenerative Bremssystem erforderlichen Systemkomponentenund ihre Einbindung in den Antriebsstrang eines Fahrzeugs zeigt Abb. 3.121. Diese Kom-ponenten basieren auf bereits bewährten Serienkomponenten. Die Auslegung der System-komponenten, insbesondere die Größe des Energiespeichers wird auf das jeweilige Fahr-zeug und seine Einsatzbedingungen abgestimmt.

Blasenspeicher und TankBei hydrostatisch-regenerativen Bremssystemen dienen Blasenspeicher als hydraulischeEnergiespeicher. Diese Speicher bestehen aus einem Stahlmantel, der eine Speicherblaseaus Gummi mit Stickstofffüllung beinhaltet. Das Hydrauliköl wird durch die hydraulischeEinheit in diesen Stahlmantel gefördert und verdichtet den Stickstoff in der Gummiblase

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246 N. Amann et al.

1

2

3

4b

4

7

6

5

1 2

3 4

5

6

77

a

b

Abb. 3.121 Hydrostatisch-regeneratives Bremssystem und seine Systemkomponenten (Bosch-Rexroth). a Aufbau, b Integration der Komponenten. 1 Getriebe mit Kupplung, 2 Axialkolbenma-schine, 3 hydraulischer Blasenspeicher, 4 Ventilsteuerblock einschließlich Druckbegrenzungsventil,4b als Speichersicherheitsventil, 5 Tank, 6 Verbrennungsmotor mit Getriebe, 7 Antriebsachse

bis zummaximal zulässigen Betriebsdruck von 350 bar. Das Ölvolumen für das System istentweder durch einen separaten Hydrauliktank bereitzustellen oder ein oft vorhandenerHydrauliktank an mobilen Arbeitsmaschinen kann entsprechend vergrößert werden.

AxialkolbenmaschineAls hydraulische Einheit kommt beim hydrostatisch-regenerativen Bremssystem eine Axi-alkolbenmaschine in Schrägscheibenbauart zum Einsatz. Diese Axialkolbenmaschinensind technisch ausgereift und robust und haben sich über Jahrzehnte im schweren Einsatz

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3 Komponenten des Hybridantriebs 247

wie beispielsweise in Baumaschinen bewährt. Diese Hydraulikeinheiten stehen in einergroßen Vielfalt in fein abgestuften Baugrößen zur Verfügung.

Die gewählten Hydraulikeinheiten können sowohl generatorisch im Pumpenbetrieb alsauch antreibend im Motorbetrieb betrieben werden. Dazu kann bei diesen Einheiten dergeförderte Volumenstrom stufenlos in seiner absoluten Größe und seiner Förderrichtungverstellt werden. So fördert die Hydraulikeinheit im Pumpenbetrieb aus einem Hydrau-liktank in den Hydraulikspeicher. Das aufzuwendende Antriebsmoment entspricht dabeidem zur Verfügung gestellten Bremsmoment und ermittelt sich aus dem geförderten Volu-menstrom und dem anliegenden Speicherdruck. Im Motorbetrieb wird die Hydraulikein-heit so verstellt, dass sich die Förderrichtung umkehrt und sich der Druck im Speicher überdie Hydraulikeinheit in den Tank entspannt. Dabei gibt die Hydraulikeinheit ein Antriebs-moment ab. Wiederum ergibt sich das Antriebsmoment aus dem geförderten Volumen-strom und dem Speicherdruck. Die Verstellung der Axialkolbenmaschine erfolgt mittelseines elektrischen Signals des Steuergeräts. Die Ansteuerung berücksichtigt dabei den vomLadezustand abhängigen Druck im Speicher und passt zur Erzielung eines Sollmomentsden Volumenstrom der Hydraulikeinheit an den Speicherdruck an.

GetriebeDas Getriebe im hydrostatisch-regenerativen Bremssystem verbindet die Kardanwelle mitder Hydraulikeinheit. Das Getriebe ist als einstufiges Stirnradgetriebe ausgeführt, mit ei-ner vomSteuergerät elektrisch angesteuerten Lamellenkupplung. Die Getriebeübersetzungist so gewählt, dass die Nenndrehzahl der Axialkolbenmaschine bei der maximalen Fahr-geschwindigkeit für die Bremsfunktion des hydrostatisch-regenerativen Bremssystems er-reicht wird. Diese maximale Fahrgeschwindigkeit ist nicht notwendigerweise die bauart-bedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs, sondern wird abhängig von der Fahrzeu-ganwendung oft kleiner gewählt, um eine aufwendige Überdimensionierung der Kompo-nenten ohne zusätzlichen Nutzen zu vermeiden.

Ventilsteuerblock und SicherheitsventilDer Ventilsteuerblock ist das Bindeglied zwischen der Hydraulikeinheit und dem hydrau-lischen Speicher. Er nimmt ein elektrisch angesteuertes Wegeventil auf, das den hydrau-lischen Speicher und die Hydraulikeinheit trennen und verbinden kann. Die elektrischeAnsteuerung erfolgt durch das Steuergerät. Ebenfalls befindet sich als Sicherheitseinrich-tung ein Druckbegrenzungsventil auf dem Ventilblock, das die Anlage vor Überdruckschützt.

3.4.7.3 Ergebnisse an einem Abfallsammelfahrzeugmit hydrostatisch-regenerativem Bremssystem

Die Funktionalität des hydrostatisch-regenerativen Bremssystems wurde unter definiertenTestbedingungen ausgiebig mit Erprobungsfahrzeugen überprüft und wie in Abb. 3.122dargestellt nachgewiesen. Im oberen Diagramm ist das Moment an der Kardanwelleund seiner Anteile aus dem Moment des Dieselmotors und dem des hydrostatisch-

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248 N. Amann et al.

Gesamtmoment(Kardanwelle)

Dieselmotormoment(Kardanwelle)

Hydrostatisch-regeneratives Bremsmoment(Kardanwelle)

Zeit [s]

Zeit [s]

Ges

chw

indi

gkei

t [km

/h]

Mom

ent [

%]

aktueller Gang

aktu

elle

r G

ang

Fahrzeuggeschwindigkeit

Abb. 3.122 Beschleunigungs- und Bremsvorgang mit dem hydrostatisch-regenerativen Bremssys-tem. Das Drehmoment in % bezieht sich auf das maximale Drehmoment des Dieselmotors ohneGetriebe

regenerativen Bremssystems, bezogen auf das maximale Moment des Dieselmotors ohneGetriebe dargestellt – daher rühren die Prozentwerte über 100%.

Beim Anfahren mit dem hydrostatisch-regenerativen Bremssystem kann man nacheinem ersten Anstieg des Dieselmotormoments die Entlastung des Verbrennungsmotorserkennen. Diese Entlastung führt zur Kraftstoffersparnis und deswegen auch zur CO2-Reduktion. Zusätzlich tritt während des Gangwechsels keine Zugkraftunterbrechung auf,da das hydrostatisch-regenerative Bremssystem das Moment kontinuierlich an den Ab-trieb liefert, und somit das kurzzeitige Auskuppeln des Verbrennungsmotors überbrückt.Die Eliminierung der Zugkraftunterbrechung erhöht den Fahrkomfort und ermöglicht einverbessertes Beschleunigungsverhalten des Fahrzeugs.

Beim anschließenden Bremsvorgang wird das Bremsmoment an der Kardanwelleausschließlich über das hydrostatisch-regenerative Bremssystem aufgebracht. Die kon-ventionelle Betriebsbremse muss nicht eingesetzt werden, was deren Verschleiß deutlichreduziert und so eine maximale Rekuperation der verfügbaren kinetischen Energieerlaubt.

Für den Betreiber sind die möglichen Kraftstoffeinsparungen beim Einsatz des hydro-statisch-regenerativen Bremssystems in seinem Fahrzeug entscheidend. Dabei müssensich die zusätzlichen Anschaffungskosten in einem möglichst kurzen Zeitrahmen durchBetriebskostenersparnisse amortisieren. Tabelle 3.30 zeigt die Ergebnisse eines Kraft-stoffverbrauchsmessfahrt für ein Müllsammelfahrzeug mit 20 Tonnen Gesamtgewicht.Der Fahrzyklus im Müllsammelbetrieb wurde dabei auf einer Teststrecke nachgestellt;

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3 Komponenten des Hybridantriebs 249

Tab. 3.30 Gemessene Verbrauchseinsparung an einem Müllsammelfahrzeug mit einem hydro-statisch-regenerativen Bremssystem, abhängig vom Testzyklus

Abstand von Start und Stop Verbrauchseinsparung10m 16%25m 24%50m 31%75m 35%100m 30%

mit unterschiedlichen Abständen, zwischen denen das Fahrzeug anfährt und wieder ab-bremst. Diese Werte werden auch im täglichen Praxiseinsatz der Müllsammelfahrzeugemit hydrostatisch-regenerativem Bremssystem bestätigt.

3.4.7.4 Ergebnisse an einem Abfallsammelfahrzeugmit hydrostatisch-regenerativem Bremssystem

Das hydrostatisch-regenerative Bremssystem ist ein Beitrag, das Potential zur Energieein-sparung in fahrendenmobilen Arbeitsmaschinen ohne Leistungsbeschränkungen tatsäch-lich zu nutzen. Gegenüber den elektrischen Hybridsystemenmit Batterien als Energiespei-cher zeichnet sich das hydrostatisch-regenerative Bremssystem insbesondere dadurch aus,dass es auf Grund der enormen Leistungsdichte der hydraulischen Komponenten insbe-sondere für schwere mobile Arbeitsmaschinen sehr gut geeignet ist, wie etwa Stadtbusseund Müllsammelfahrzeuge. Die auftretenden Leistungen während des Transfers der kine-tischen Energie des Fahrzeugs in den hydraulischen Speicher beim Bremsen und wiederzurück beim Anfahren können mit hydraulischen Komponenten umgewandelt werden.So kann bis auf Verluste auf Grund der Komponentenwirkungsgrade alle zur Verfügungstehende kinetische Energie beim Bremsen zur Entlastung des Verbrennungsmotors beimAnfahren herangezogen werden – mit entsprechend positiver Auswirkung auf den Ver-brauch der Fahrzeuge.

3.4.8 Schwungräder

Ein Schwungrad ist ein mechanischer Energiespeicher, mit dem Energie als kinetischeEnergie (Bewegungsenergie) einer rotierenden Masse gespeichert werden kann. Häufigwerden Schwungräder zum Ausgleich von kurzzeitigen Lastschwankungen, zur Erzielunghoher Leistungsspitzen und zur Überbrückung von Leistungsunterbrechungen verwendet.Es kann auch zur Speicherung von Energie ähnlich einem elektrischen Kondensator odereiner elektrochemischen Batterie eingesetzt werden.

In Fahrzeugen kann mit einem Schwungrad als Energiespeicher die kinetische Energiebeim Abbremsen des Fahrzeuges gespeichert werden. Bei einem regenerativen Bremsvor-gang wird die kinetische Energie auf ein oder mehrere Schwungräder übertragen. Diese

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250 N. Amann et al.

gespeicherte Energie kann während eines Beschleunigungsvorgangs wieder auf das Fahr-zeug übertragen werden [Biermann81].

Die im Schwungrad gespeicherte Energie W lässt sich aus dem Massenträgheitsmo-ment J und der Winkelgeschwindigkeit ω des Schwungrades zu W = / Jω berechnen.DasMassenträgheitsmoment J ist dabei proportional zur Massem und zum Quadrat ihresAbstandes r von der Drehachse. Je nach radialer Massenverteilung muss dabei ein Form-faktor Kf berücksichtigt werden. Der Wert des Formfaktors Kf liegt, jeweils bezogen aufden gleichen Außendurchmesser, z. B. bei einem dünnen Kreisring bei 1, bei einer geloch-ten Kreisscheibe bei der der Innendurchmesser halb so groß ist wie der Außendurchmesserbei 0,75 und bei einem massiven Zylinder bei 0,5.

Die je Masseneinheit maximal speicherbare Energie, auch massespezifische Energie-dichte des Schwungrades genannt, wird durch dasVerhältnis vonZugfestigkeit σ zurDichteρ des verwendeten Materials und durch den Formfaktor Kf beschrieben. Aus der Energie-dichte W/m kann das Quadrat der maximalen Umfangsgeschwindigkeit υmax berechnetwerden:

Wm=

K f σρ=

K f υmax . (3.69)

Hohe spezifische Energiedichten lassen sich also mit hoher Zugfestigkeit, kleiner Dichtedes Materials und weitgehender Konzentration der Masse am Umfang des Schwungradesrealisieren. Als Kenngröße für die Leistungsfähigkeit eines Schwungrades kann auch diemaximale Umfangsgeschwindigkeit angegeben werden [Widmer85].

Schwungradspeicher werden im Betrieb nicht ganz entladen, da bei niedrigen Dreh-zahlen nur noch kleine Leistungen übertragen werden können. Mit der minimalen Win-kelgeschwindigkeit ωmin und der maximalen Winkelgeschwindigkeit ωmax ergibt sich dertechnisch nutzbare Energieinhalt des Schwungrades zu

W =J(ω

max − ωmin) .

Liegt die minimale Drehzahl bei der Hälfte der Maximaldrehzahl, können drei Viertel derinsgesamt speicherbaren Energie technisch genutzt werden [Sprengel86].

Ein Schwungradspeichersystem besteht aus dem Rotor, dem Gehäuse, den Lagern undeiner Energieübertragungseinrichtung zur Kopplung mit dem Fahrzeugantrieb. Die nutz-bare Leistung des Schwungrades hängt, unabhängig von der speicherbaren Energie, nurvon der Leistungsfähigkeit dieser Übertragungseinrichtung ab. Beim Schwungradspeichersind also, anders als bei den meisten anderen Energiespeichern, speicherbare Energie undzu- bzw. abführbare Leistung unabhängig voneinander. Die Speicherzeitkonstante, defi-niert als Verhältnis der Maximalwerte von Leistung und Energie, kann also besonders gutan die Anforderungen angepasst werden kann [Reiner94].

Die Energieübertragung kann sowohl mechanisch mit einem stufenlosen Getriebe(Continuously Variable Transmission CVT) als auch elektrisch mit einem elektromecha-nischen Energiewandler realisiert werden. Dieser wird heute häufig als umrichtergespeiste,

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3 Komponenten des Hybridantriebs 251

Abb. 3.123 Elektrodynami-scher Schwungradspeichermit permanenterregtemSynchronmotor und vaku-umdichtem Schutzgehäuse(Magnet Motor Starnberg).1 Schutzgehäuse, 2 Perma-nenterregter Synchronmotor(Stator), 3 Rotor innerhalb desSchwungrades, 4 Karbonfaser-Epoxidharz-Wickelkörper,5 Präzisionskugellager

Tab. 3.31 Massebezogene speicherbare Energie und dazugehörige maximale Umfangsgeschwindig-keit

MaximaleZugspannung

Dichte MassebezogenegespeicherteEnergie

MaximaleUmfangs-Geschwindigkeit

MN/m2 kg/m3 Wh/kg m/sStahl 1500 7800 53 620Aluminium 600 2700 62 667Titan 1200 4500 74 730GlasfaserverstärkterKunststoff

1600 2000 222 1270

CarbonfaserverstärkterKunststoff

2000 1500 444 1790

permanenterregte Synchronmaschine, die mit dem Schwungradrotor zu einer mechani-schen Einheit verbundenen ist, ausgeführt (Abb. 3.123). Rein mechanische Energieüber-tragung mit einem Stufenlos-Getriebe ist bisher nur in besonderen Einzelfällen eingesetztworden [TerGazarian94].

Schwungräder werden heute nicht mehr aus hochzugfesten Walz- und Schmiedestäh-len hergestellt, sondern aus Faserverbundwerkstoffen, mit denen deutlich höhere Energie-dichten entsprechend dem Verhältnis von Zugfestigkeit σ zu Werkstoffdichte ρ realisiertwerden können. Tabelle 3.31 zeigt die massebezogene speicherbare Energie und die dazugehörige maximale Umfangsgeschwindigkeit bei Schwungrädern aus Stahl, Titan, glasfa-serverstärktem Kunststoff (GFK) oder carbonfaserverstärktemKunststoff (CFK). DieWer-te der speicherbaren Energie sind, wie in der Literatur oft angegeben, allein auf die Massedes Schwungrades bezogen. Praktisch erreichbare spezifische Werte des GesamtsystemsSchwungrad sind durch Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors und der Massen vonAntrieb, Lagern, Gehäuse, kardanischer Lagerung usw. deutlich kleiner [vDruten99].

Das Gehäuse eines Schwungradspeichers soll einerseits zur Reduzierung der Gasrei-bungsverluste den Betrieb des Rotors in einer Atmosphäre geringen Druckes ermöglichen

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252 N. Amann et al.

Tab. 3.32 Kennwerte von elektromechanischen Schwungradspeichern (unter Einbeziehung vonSchutzgehäuse, Lagern, elektrischemAntrieb und Sicherheitseinrichtungen)

Kennwert Zahlenwert EinheitSpezifische Leistung 500–4000 W/kgSpezifische Energie 5–55 Wh/kgSpeicherzeitkonstante 20–200 sLeistungsdichte 700–6000 W/lEnergiedichte 10–60 Wh/lWirkungsgrad (Auf- und Entladen) je 90 %Energieverlust im Leerlauf 2–10 %/hKosten 10000–25000 €/kWhLebensdauer 20 AZyklenzahl 1000000 –

und andererseits eine Schutzfunktion beim Bersten des Schwungrades erfüllen. Die Lage-rung von Schwungrädernmuss sehr hohe Sicherheitsanforderungen erfüllen und sollmög-lichst geringe Reibungsverluste verursachen. Für schnell laufende Schwungräder kommenkeramische Lager mit permanentmagnetischer Lagerentlastung oder elektromagnetischeLager ohne mechanische Berührung zum Einsatz.

Die Aufhängung des Schwungradspeichers im Fahrzeug erfolgt idealer Weise karda-nisch, da dann keineReaktionskräfte beiDrehungen umdie Fahrzeugachsen auftreten kön-nen. Bei der Aufhängung im Fahrzeug über eine gedämpfte Federung sollten Schwungrad-systeme zur Vermeidung vonPräzessionskräften beimKurvenfahren senkrecht aufgehängtwerden. Präzessionskräfte können so nur beim Kippen und bei Steigungsänderungen auf-treten [Khammas07]. Über den elektromechanischen Energiewandler wird die Energie inelektrischer Form eingespeist und entnommen, welche wiederum als kinetische Energiedurch Erhöhung und Verminderung der Drehzahl gespeichert wird.

Schwungradspeicher sind besonders in solchen Fahrzeugen sinnvoll, bei deren Betriebhäufige Brems- und Beschleunigungsphasen auftreten (z. B. bei Stadtbussen und Bahnenim öffentlichen Nahverkehr [Reiner00]). Sie bilden zusammenmit demVerbrennungsmo-tor und dem Elektromotor ein Hybridantriebssystem. Bei realisierten Hybridbussen mitSchwungradspeicher liegt die Treibstoffeinsparung bei etwa 25% gegenüber Omnibussenohne Speicherung der Energie beim Bremsen.

Schwungradspeicher stehen bei Hybridantrieben in Konkurrenz zu elektrostatischenSpeichern mit Supercaps und elektrochemischen Speichern mit Hochleistungsbatterien.Die pro Masse speicherbare Energie von Schwungrädern ist deutlich höher als die vonSupercaps und ihre Lebensdauer deutlich höher als die von Batterien. Der Einsatz vonSchwungradspeichern kann besonders dann wirtschaftlich sinnvoll sein, wenn die hoheLebensdauer von 20 Jahren und die mögliche Zahl vonmehr als 106 Lastzyklen ausgenutztwerden kann (Tab. 3.32).

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3 Komponenten des Hybridantriebs 253

Moderne Schwungradspeicher mit Faserverbundkreisel sind inhärent sicher und stel-len auch bei Unfällen keine besondere Gefahr dar, da im Zerstörungsfall der Rotor auscarbonfaserverstärktem Kunststoff in kleine Teile zerfasert [vdBurg98]. Die Bruchstückewerden vom Schutzgehäuse aufgefangen, so dass keine schweren Teile nach außen dringenkönnen. Die im Zerstörungsfall frei werdende Energie würde lediglich eine geringe Erwär-mung des zerstörten Systems um 10 bis 20K verursachen. Die im Falle eines Unfalls vomSchwungrad ausgehende Gefahr wäre nicht größer als die, die in diesem Fall von brennba-ren Flüssigkeiten und Feststoffen ausgehen würde.

Interesse an einem System zur rekuperativen Bremsung ist in den Rennfahrzeugender Formel 1 erneut aufgekommen [Kawamura10]. Einige der bedeutenden Formel-1-Rennsportteams haben Lösungsmöglichkeiten eines funktionierenden Systems mit einemSchwungradspeicher entwickelt. So hat beispielsweise Williams ein Kinetic Energy Reco-very System (KERS) für das Formel-1-Rennfahrzeug in der Saison 2009 eingesetzt. DiesesSystem besitzt ein Schwungrad mit einem Energieinhalt von 400 kJ und einer Leistungvon 60 kW. Die gespeicherte Energie reicht für 6,6 s zur Beschleunigung des Fahrzeugs.Ein solches System besteht aus einem Schwungrad, einer Kupplung und einem stufen-losen Getriebe. Ein von der Firma Ricardo entwickeltes System weist eine Energiedichtevon 200 kJ/kg bei einer maximalen Drehzahl von 60000min−1, einen Durchmesser von280mm und ein Gewicht von ca. 13 kg auf. Dabei kann ein Energieinhalt von 0,5 kWhgespeichert werden [Feulner10, Feulner11].

3.5 Fahrzeuggetriebe

Pedro Casals

3.5.1 Grundlagen

Aufgrund der Eigenheiten eines Verbrennungsmotors ist es in den meisten Anwendungs-fällen nicht ausreichend, ein Fahrzeug ohne die Möglichkeit einer Veränderung der Über-setzungsverhältnisse zwischen Verbrennungsmotor und angetriebenen Rädern zu betrei-ben. Welche Getriebearten dafür eingesetzt werden und welche Auswirkungen sich durcheine Hybridisierung auf die heute üblichen konventionellen Getriebe ergeben, soll auf denfolgenden Seiten behandelt werden.

Die Fortbewegung in einem Fahrzeug ist stets mit der Überwindung der sich damitergebenden Fahrwiderstände verbunden. Dazu zählen:

• Rollwiderstand (durch Verluste aus Verformungen an der Radaufstandsfläche),• Luftwiderstand (abhängig von der Formgebung, der Querschnittsfläche und der Ge-schwindigkeit des Fahrzeugs),

• Steigungswiderstand (streckenabhängig),

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254 N. Amann et al.

• Beschleunigungswiderstand (abhängig von Fahrzeugmasse und Massenträgheiten derrotierenden Bauteile).

Aus der Summe der Fahrwiderstände ergibt sich der Zugkraftbedarf FB des Fahrzeugs,der, soweit möglich, durch das Zugkraftangebot FA des Verbrennungsmotors gedeckt wer-den muss:

FB = FA . (3.70)

Bei der Erfüllung dieser Aufgabe hat der Verbrennungsmotor im Gegensatz zum Elek-tromotor (Abschn. 3.2) einige prinzipbedingte Nachteile, auf die im Folgenden kurz ein-gegangen wird:

• Es ist eine Minimaldrehzahl erforderlich, ab der der Verbrennungsmotor eigenlauffähigist (Leerlaufdrehzahl).

• Es ist keine Drehrichtungsumkehr möglich.• Die maximale Leistung steht nur bei einer bestimmten Drehzahl zur Verfügung.• Der Motorwirkungsgrad ist nur in einem kleinen Betriebsbereich optimal.

Die sich aus diesen Nachteilen ergebenden Konsequenzen lassen sich mit Abb. 3.124gut verdeutlichen. Ausgehend von der maximalen Leistung Pmax des Verbrennungsmotorsergibt sich die theoretisch mögliche Zugkrafthyperbel (obere begrenzende Linie) zu

FZ =Pmax

υ(3.71)

mit der Geschwindigkeit υ des Fahrzeugs. Anders ausgedrückt ist dies die Zugkraft FZ, dievorhanden wäre, wenn der Verbrennungsmotor stets im Punkt maximaler Leistung Pmax

betrieben werden könnte. Da der Verbrennungsmotor seine maximale Leistung aber nurbei einer bestimmten Drehzahl zur Verfügung stellt, weicht das reale Zugkraftangebot desVerbrennungsmotors (untere Linie) deutlich von der Zugkrafthyperbel ab; zurück bleibtein großer, dem Fahrer nicht zur Verfügung stehender Bereich (schraffiert).

Damit lässt sich nun die ersteAufgabe einesGetriebes gut definieren, nämlichDrehzahl-undDrehmoment des Verbrennungsmotors so zuwandeln, dass sich ideale Zugkrafthyper-bel und reales Zugkraftangebot des Verbrennungsmotors in weiten Bereichen annähern.Dies geschieht, in dem das Fahrzeuggetriebe eine bestimmte Anzahl von Gängen mit un-terschiedlichen Übersetzungen bereitstellt. Ideal wären dafür stufenlose Getriebe. Da dieseaber das Drehmoment über Reibschluss übertragen, was bezüglich desWirkungsgrads un-günstig ist, kommen die eigentlichen Vorteile des stets idealen Betriebspunktes nicht vollzum Tragen.

Bei Personenkraftwagen (Pkw) haben sich daher Getriebe mit fünf und sechs Gängenals Handschaltgetriebe etabliert, moderne Automatikgetriebe haben bis zu neun Gänge.Bei Lastkraftwagen (Lkw) hingegen findet man Getriebe mit bis zu 16 Gängen. Dies be-gründet sich damit, dass durch die großen Lasten der Lkw ein ungünstigeres Verhältnis

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3 Komponenten des Hybridantriebs 255

Kraftschlussgrenze

Zugkrafthyberbel

Zugkraftangebot desVerbrennungsmotors

Geschwindigkeit Geschwindigkeit

Zug

kraf

t

Zug

kraf

t

MaximaleGeschwindigkeit Fahr-

widerstand

1.

2.

3.

4. Gang

Abb. 3.124 Zugkraftangebot eines Verbrennungsmotors ohne und mit Getriebe als Funktion derFahrzeuggeschwindigkeit (nach [Naunheimer07])

von Zugkraftangebot (bereitgestellt durch Verbrennungsmotor) zu Zugkraftbedarf (hoheFahrwiderstände) hat.

Ein weiterer Nachteil des Verbrennungsmotors bleibt trotz Getriebes, nämlich das Un-vermögen, ab Stillstand ein Drehmoment zu erzeugen. Daher ist es nötig, den Verbren-nungsmotor vomAntriebsstrang bei Fahrzeugstillstand entkoppeln zu können. Diese Auf-gabe wird durch ein Anfahrelement, z. B. eine Kupplung, übernommen. Soll nun das Fahr-zeug anfahren, somuss die Kupplung solange das Drehmoment schlupfend (d.h.mitDreh-zahldifferenz zwischen An- und Abtrieb) übertragen, bis die erreichte Fahrzeuggeschwin-digkeit mit der Mindestdrehzahl des Verbrennungsmotors korreliert.

Der Unterschied zwischen einer Kupplung und einemGetriebe wird nun deutlich: EineKupplung kann nur Drehzahl wandeln, ein Getriebe hingegen Drehzahl undDrehmoment(Abb. 3.125).Während eine Kupplung nur aus zwei Gliedern besteht, nämlich demAntriebund dem Abtrieb, und damit zwangsläufig der Betrag des Eingangsmoments gleich demBetrag des Ausgangsmoments ist, wird beim Getriebe durch eine Gehäuseabstützung ei-neDrehmomentwandlung ermöglicht. Zusätzlich kann die Ausgangsdrehzahl auch größersein als die Eingangsdrehzahl, je nach Wahl der Übersetzung.

Im Folgenden soll nun betrachtet werden, wie die Übersetzungen der Gänge optimaler-weise zu wählen sind. Zunächst wird der Begriff der Getriebespreizung φG eingeführt, derals Quotient aus der maximalen Übersetzung imax und der minimalen Übersetzung imin

definiert ist:φG =

imax

imin. (3.72)

TypischeWerte für die Spreizung im Pkw liegen zwischen vier und sieben. Die maxima-le Übersetzung, also die Übersetzung des ersten Ganges, wird so gewählt, dass zum einenein sicheres Anfahren am Berg auch bei voller Zuladung inklusive Anhänger gewährleistetist, zum anderen auch eine gute Beschleunigung ermöglicht wird. Dabei ist zu beachten,

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256 N. Amann et al.

Getriebenan

Tan

n ab

Tab

Kupplungnan

Tan

nab

Tab

nC TC

a b

Abb. 3.125 Differenzierung zwischen Kupplung und Getriebe. a Bei Kupplungen ist das Eingangs-moment gleich minus demAusgangsmoment (Tan +Tab = ), während die Abtriebsdrehzahl kleineroder gleich der Antriebsdrehzahl ist (nan ≥ nab), bGetriebe können durch die GehäuseabstützungCauch Drehmoment wandeln (Tan + Tab + TC = ), für die Drehzahlen bedeutet dies: nan ≥ nab odernan ≤ nab, nC = .

dass eine hohe Anfahrübersetzung und damit hohe Zugkräfte nicht zwangsläufig zu einerguten Beschleunigung führen. Eine Begrenzung bildet die Haftgrenze der Reifen, d. h., abeinem gewissen Punkt können die Räder diese Kraft nicht mehr auf die Straße übertragen,so dass es zu keiner Verbesserung der Beschleunigung kommen kann.

Auch kommt es bei der Beschleunigung eines Fahrzeugs nicht nur zu einer translatori-schen Beschleunigung der Fahrzeugmasse, sondern esmüssen zusätzlich rotatorischeMas-sen, d. h. Räder, Wellen, Zahnräder, Kupplung und Motor beschleunigt werden. Jedes dre-hende Bauteil besitzt einMassenträgheitsmoment, das einemAbbremsen oder Beschleuni-gen des Bauteils entgegenwirkt. Je größer nun die Anfahrübersetzung gewählt wird, destostärker müssen die Bauteile vor der Übersetzung (Motor, Kupplung, Bauteile an Getrie-beeingangswelle) beschleunigt werden. Für eine optimale Beschleunigung muss also eineÜbersetzung gefunden werden, die zum einen so groß ist, dass genügend Zugkraft vorhan-den ist, gleichzeitig aber die Massenträgheiten der rotierenden Bauteile noch nicht zu starkins Gewicht fallen.

Bei derWahl derminimalenÜbersetzung, also des höchstenGanges, gibt es verschiede-neAspekte, die sich allgemein nicht vereinbaren lassen. Ein wichtiges Auslegungskriteriumist es,mit der zur Verfügung stehendenMotorleistung die größtmögliche Höchstgeschwin-digkeit zu erreichen. Dies ist der Fall, wenn sich die Summe der Fahrwiderstände und diezur Verfügung stehende Zugkraft (der Verbrennungsmotor ist dabei im Punkt maximalerLeistung) aufheben (Abb. 3.124).

Diese Forderung steht aber gleichzeitig im Widerspruch, auch bei höheren Geschwin-digkeiten durch niedrige Motordrehzahlen einen geringen Kraftstoffverbrauch zu erzielen.Daher wird bei einigen Fahrzeugen die Höchstgeschwindigkeit nicht im höchstenGang er-reicht, sondern im zweithöchsten. Der höchste Gang dient dann der Drehzahlreduzierung(als Schongang, auch als Overdrive bezeichnet) mit einer verminderten Endgeschwindig-keit (Abb. 3.126).

Es bleibt noch zu klären, wie die Übersetzungen der verbleibenden Gänge zwischenmaximaler und minimaler Übersetzung gewählt werden. Bei der dafür nötigen Gangab-stufung gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die geometrische Stufung und die pro-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 257

Verbrennungsmotor-Volllastlinien

1. 2. 3. 4. 5. Gang

Fahrwiderst

and

Geschwindigkeit

Leis

tung

Pmax

vmax,5vmax,4

Abb. 3.126 Geschwindigkeits-Leistungs-Diagramm(nach [Naunheimer07]): Die Höchstgeschwin-digkeit υmax,4 wird im vierten Gang erreicht. Der fünfte Gang ist zur Verbrauchsreduzierung alsSchongang ausgeführt, weswegen in diesemGang eine geringere Höchstgeschwindigkeit υmax,5 mög-lich ist. Pmax maximale Leistung

gressive Stufung. Bei der geometrischen Stufung ist der Stufensprung, also das Verhältniszweier benachbarter Gänge zueinander, konstant. Der Stufensprung φ ist damit definiertals:

φ =in−in

, (3.73)

wobei in die Übersetzung des n-ten Gangs bezeichnet. Bei der progressiven Stufung hinge-gen ist der Stufensprung nicht konstant, sondern vergrößert sich mit zunehmender Über-setzung, oder anders ausgedrückt: je höher der Gang, desto kleiner ist der Stufensprung.

Wannwelche Art der Stufung Verwendung findet, hängt stark vomEinsatzfall des Fahr-zeugs ab. Die geometrische Gangabstufung ist hauptsächlich bei Nutzfahrzeuggetrieben zufinden.Diese haben nur geringe spezifische Leistungen (auf das Fahrzeuggewicht bezogen),so dass eine feine Abstufung in allen Geschwindigkeitsbereichen nötig ist, bei gleichzei-tig hoher Spreizung. Diese Randbedingungen lassen sich günstig durch Gruppengetrie-be erfüllen. Dabei wird einem mehrgängigen Hauptgetriebe Übersetzungsstufen vor- undnachgeschaltet, wodurch entweder bei gleich bleibendem Stufensprung die Spreizung er-höht wird (Range-Gruppe) oder aber bei gleich bleibender Spreizung der Stufensprungverkleinert wird (Split-Gruppe). Durch Mehrfachnutzung des Hauptgetriebes erhält manso ein relativ kompaktes Getriebemit hoherGangzahl (bei Fernverkehr-Lkw bis zu 16Gän-ge mit einem Viergang-Hauptgetriebe). Ein Beispiel für ein Gruppengetriebe mit einemDreigang-Hauptgetriebe zeigt Abb. 3.127. Für eine sinnvolle Ausnutzung des Hauptgetrie-beswird diesesmit einer geometrischen Stufung versehen. Somit ergeben sich zwangsläufigkonstante Stufensprünge über den gesamten Übersetzungsbereich.

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258 N. Amann et al.

R1.2.3.

Split-Gruppe

Range-Gruppe

KLKH

Abb. 3.127 Getriebeschema eines Gruppengetriebes mit zwölf Gängen: Durch die Splitgruppe wirddie Gangfolge verdichtet (Verkleinerung des Stufensprungs φ), mit Hilfe der Range-Gruppe wird dieGetriebespreizung φG erhöht. Mit KL und KH werden die Konstantübersetzungen am Getriebeein-gang bezeichnet

Die progressive Gangabstufung findet man hauptsächlich bei Pkw und leichten Lkw.Aufgrund des recht hohen Zugkraftüberschusses bei Pkw im unteren Geschwindigkeits-bereich können hier größere Lücken zwischen der Zugkrafthyperbel und dem Zugkraft-angebot (Abb. 3.124) in Kauf genommen werden. Wichtiger ist es hingegen, im für Pkwrelevanten Geschwindigkeitsbereich durch einen kleineren Stufensprung das Zugkraftan-gebot gut an die Leistungshyperbel anzunähern. Damit ist es möglich, stets eine geeigne-te Übersetzung hinsichtlich Fahrleistungen, aber auch günstigem Kraftstoffverbrauch zurVerfügung zu stellen.

Bisher wurde die Notwendigkeit des Getriebes für den Antriebsstrang behandelt undauch dieGrundgrößen zur Charakterisierung, d. h. die Gangzahl, die SpreizungφG undderStufensprung φ, wurden eingeführt. Nun wird auf die möglichen Antriebsstrangkonfigu-rationen eingegangen. Der Begriff „Antriebsstrangkonfiguration“ beschreibt die Positionund Ausrichtung des Verbunds aus Verbrennungsmotor und Getriebe im Fahrzeug. DieBetrachtung der verschiedenen Antriebsstrangkonfigurationen ist daher von Bedeutung,da jede Antriebsstrangkonfiguration eine spezifische Getriebelösung erfordert und dieseauch einen Einfluss auf die Hybridisierung der Getriebe haben kann. Dieser Gesichtspunktwird in Abschn. 3.5.3 genauer betrachtet.

Die häufigsteAntriebsstrangkonfiguration bis hin zur oberenMittelklasse ist der Front-Quer-Antrieb (Abb. 3.128). Hier wird die Einheit aus Verbrennungsmotor und Getriebequer zur Fahrtrichtung eingebaut. Der Antrieb des Fahrzeugs erfolgt über die Vorderräder.Ein Vorteil dieser Konfiguration, aber auch anderer frontangetriebenen Konfigurationen(Front-Längs-Anordnung, z. B. im Audi A4), ist das sichere Fahrverhalten und der gute

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3 Komponenten des Hybridantriebs 259

Fahrtrichtung Fahrtrichtung Fahrtrichtung

Fahrtrichtung Fahrtrichtung Fahrtrichtung

Abb. 3.128 Schematische Darstellung möglicher Antriebsstrangkonfigurationen (nach [Wag-ner06])

Geradeauslauf. Auch muss die Antriebskraft nicht aufwendig an die weit entfernte Hinter-achse geleitetwerden, sondernwird in derNähe ihrer Entstehung auf die Straße übertragen.Dadurch, dass der Motor vor der Vorderachse verbaut ist, lastet auch ein größerer Teil desFahrzeuggewichts auf der Vorderachse. Hierdurch entstehen gerade im winterlichen Be-trieb Traktionsvorteile. Beim Beschleunigen hingegen wird die Vorderachse entlastet unddie Hinterachse belastet, so dass die übertragbaren Zugkräfte verringert werden.

Daher findet man bei den leistungsstarken Fahrzeugen der oberen Mittelklasse undOberklasse hauptsächlich Fahrzeuge mit dem „klassischen“ Standardantrieb. Der Verbren-nungsmotor sitzt hier über und nicht vor der Vorderachse, was ein ausgeglichenes Ge-wichtsverhältnis begünstigt. Motor und Getriebe sind in Längsrichtung verbaut, das Ge-triebe ragt in den Bereich des Fahrzeuginnenraums hinein (Getriebetunnel, Einschrän-kung des Fußraums). Über eine Antriebswelle wird die Leistung vom Getriebe zu einemAchsdifferential geleitet, welches wiederum die Leistung auf die beiden Hinterräder ver-teilt. Um ein günstiges Fahrverhalten zu gewährleisten, ist eine aufwendige Hinterachs-konstruktion notwendig.

3.5.2 Getriebearten

Noch nie gab es so viele unterschiedliche Getriebetypen auf dem Markt für Pkw wieheute. Auf der einen Seite stehen die klassischen Handschaltgetriebe und Wandler-Automatikgetriebe, die seit vielen Jahrzehnten den Markt unter sich aufteilen. Je nachMarktanforderung und damit je nach Region undKontinent unterscheiden sich dieMarkt-anteile deutlich voneinander. So werden in den USA annähernd 90% der Fahrzeuge mit

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260 N. Amann et al.

vF

t

FZ

t

t

a

Schaltzeit SchaltzeitSchaltzeit

Abb. 3.129 VereinfachteDarstellung eines Hochschaltvorgangs mit Unterbrechung der Zugkraft FZals Funktion der Zeit t (nach [Naunheimer07]): Betrachtet wird ein Beschleunigungsvorgang, wo-bei der Verlust der Fahrgeschwindigkeit υF während des Schaltvorgangs durch die Fahrwiderständehervorgerufen wird. Nach dem Schaltvorgang erfolgt eine Weiterbeschleunigung a im neuen Gang

Wandler-Automatikgetriebe (Automatic Transmission AT) verkauft, da ein hoher Fahr-komfort und die leichte, unkomplizierte Fahrzeugbedienung wesentliche Gesichtspunktebei der Kaufentscheidung auf diesem Markt sind. In Europa dagegen werden Fahrzeugehauptsächlich mit Handschaltgetrieben (Manual Transmission MT) ausgestattet.

Lange Zeit warenWandler-Automatikgetriebe mit den Vorurteilen belegt, einen hohenKraftstoffverbrauch zu verursachen und die Fahrleistungen des Fahrzeugs einzuschränken.Aufgrund neuester Entwicklungen sind diese Ansichten gegenstandslos, so dass Automa-tikgetriebe nun auch in Europa zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auf der anderenSeite haben sich in den letzten Jahren neue Getriebebauformen etabliert. Hierzu zählenso genannte automatisierte Schaltgetriebe (Automated Manual Transmission AMT), Dop-pelkupplungsgetriebe (Double Clutch Transmission DCT), aber auch stufenlose Getriebe(ContinuouslyVariable TransmissionCVT).All dieseGetriebe lassen sich in zweiGruppenaufteilen, nämlich in Getriebe mit und in Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung.

3.5.2.1 Getriebe mit ZugkraftunterbrechungGetriebe mit Zugkraftunterbrechung zeichnen sich dadurch aus, dass das Getriebe vordem Schaltvorgang lastfrei geschaltet werden muss, d. h. entweder durch den Fahrer durchBetätigung des Kupplungspedals oder aber durch einen Aktor, der die Arbeit des Fah-rers übernimmt. Somit ist während des Schaltvorgangs die Kraftübertragung zwischendem Verbrennungsmotor und den Rädern unterbrochen. Da in dieser Zeit kein Vortrieberfolgen kann, kommt es im Beschleunigungsverlauf zu einem Einbruch, was wiederumzu einer Geschwindigkeitsabnahme führt. Damit dieser Geschwindigkeitsverlust nicht zuhoch wird, darf der Schaltvorgang nicht zu lange dauern (Abb. 3.129). Typische Vertre-ter dieser Getriebe sind das Handschaltgetriebe und das daraus abgeleitete automatisierteHandschaltgetriebe, bei dem der Fahrer durch Automatisierung von Kupplung und Schal-tungsbetätigung entlastet wird.

Die Trennung zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe erfolgt meist über einetrockene Kupplung. Neben ihrer Aufgabe, die Kraftübertragung für den Schaltvorgang

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3 Komponenten des Hybridantriebs 261

Abb. 3.130 Einscheiben-Trockenkupplung (ZF SachsAG)

Ausrücklager

Druckplatte

Kupplungsbelag

Getriebe-eingangswelle

Membranfeder

Torsionsdämpfer

zu unterbrechen und die Übertragung des maximalen Moments zu gewährleisten, mussdiese auch die vom Verbrennungsmotor erzeugten Drehschwingungen dämpfen, da dieSchwingungen sich sonst auf den Antriebsstrang übertragen und für Geräusche sorgen(z. B. Getrieberasseln). Diese Aufgabe wird zunehmend wichtiger, da durch die modernenDirekteinspritzer sowohl beim Otto- als auch beim Dieselmotor die Drehungleichför-migkeiten zugenommen haben. Zusätzlich wird dieses Verhalten durch Ablenkung derVerbrennungsmotordrehzahl zur Verbrauchsreduzierung verstärkt. Eine andere Möglich-keit, dieser Entwicklung zu begegnen, wäre es, die Massenträgheit der Schwungscheibe zuerhöhen. Dagegen spricht letztlich, dass durch solch eine Maßnahme die Dynamik sowohldes Motors als auch des Fahrzeugs unnötig eingeschränkt würde.

Das Kupplungsgehäuse mit der Druckplatte ist mit dem Verbrennungsmotor fest ver-bunden (Abb. 3.130).Dazwischen befindet sich dieKupplungsscheibe, die über ein Schwin-gungsdämpfungssystemmit derGetriebeeingangswelle verbunden ist. Imunbetätigten Zu-stand ist die Kupplung über eineMembranfeder geschlossen. Hierzu findet man auch häu-fig die Bezeichnung „Normally Closed Clutch“. Soll nun die Kupplung geöffnet werden,wird über ein Ausrücklager (verschiebliches Axiallager) Kraft auf die Membranfeder aus-geübt, so dass es zu einer Entlastung der Kupplung kommt, bis diese vollständig geöffnetist.

Durch die beim Anfahren und Schalten auftretenden Differenzdrehzahlen und durchdie dadurch entstehende Reibung unterliegt der Kupplungsbelag einem Verschleiß. Wich-tig ist aber, dass trotz der Belagabnutzung die Anpresskraftwegunabhängig konstant bleibt,um ein sicheres Übertragen des maximalen Motormoments über die gesamte Lebensdau-

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262 N. Amann et al.

R1.2.K 3. 4.6.

5.

Kupplung mitTorsionsdämpfer

Abb. 3.131 Radsatzschema eines Handschaltgetriebes mit sechs Gängen. Die Beschriftung wird imText erklärt

er zu gewährleisten. Sichergestellt wird dies durch die Charakteristik der Membranfeder.Diese zeigt im Gegensatz zu einer Schraubenfeder kein lineares Verhalten.

Wie amRadsatzschema einesHandschaltgetriebes zu sehen ist (Abb. 3.131), sindHand-schaltgetriebe in Vorgelege-Bauweise aufgebaut, d. h. bei geschlossener Kupplung wird dievom Verbrennungsmotor zur Verfügung gestellte Leistung zunächst über eine konstanteÜbersetzung K (auch Konstante genannt) auf die Vorgelegewelle übertragen. Da diese injedem Gang (mit Ausnahme des Direktgangs) Leistung überträgt, muss diese den Belas-tungsanforderungen entsprechend dimensioniert sein. Dies ist auch der Grund, warumsich die Konstante K amGetriebeeingang befindet, da hier die geringsten Drehmomentbe-lastungen auftreten.

Von der Vorgelegewelle aus wird nun die Leistung auf das Zahnradpaar des jeweils ge-schalteten Gangs geleitet (1–4, 6 und R in Abb. 3.131). Da diese nicht dauerhaft Leistungübertragen wie die Konstante K, erfolgt die Auslegung in Abhängigkeit der Belastung undNutzungshäufigkeit (Lastkollektiv). Bei Getrieben für Standardantrieb mit koaxialem An-und Abtrieb gibt es zusätzlich die Möglichkeit eines Direktgangs (hier der fünfte Gang),bei dem An- und Abtrieb direkt miteinander verbunden werden können.

Getriebe, in denen bei einer Schaltung Zahnräder verschoben werden, um eine Kraft-übertragung zu ermöglichen und damit unterschiedliche Übersetzungen zu realisieren(sog. Schieberäder), findet man in Pkw- wie auch in Lkw-Getrieben seit geraumer Zeitnicht mehr. In modernen Getrieben sind alle Zahnräder stets miteinander im Eingriff. Da-bei ist bei einem schaltbaren Zahnradpaar ein Zahnrad dreh- und axialfest mit der Welle

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3 Komponenten des Hybridantriebs 263

a b

Abb. 3.132 Schematische Darstellung einer Klauenschaltung (a) und einer Sperrsynchronisie-rung (b): 1 Getriebewelle, 2 Losrad, 3 innenverzahnte Schiebemuffe, 4 Kupplungskörper mitSchaltverzahnung und Reibkonus, 5 Synchronring mit Gegenkonus und Sperrverzahnung, 6 Syn-chronkörper

verbunden (Festrad), das andere ist axialfest, aber drehbar auf der An- oder Abtriebswel-le gelagert (Losrad). Um nun eine Verbindung zwischen Welle und Losrad herzustellen,bedarf es einer Schalteinrichtung.

Die Schalteinrichtung hat zunächst die primäre Aufgabe, Losrad und Welle form-schlüssig miteinander zu verbinden. Gewöhnlich findet man in Getrieben entwederKlauenschaltungen oder Sperrsynchronisierungen (Abb. 3.132). Bei beiden Schalteinrich-tungen erfolgt die formschlüssige Verbindung durch eine innenverzahnte Schiebemuffe.Mit dieser können zwei Schaltstellen abwechselnd geschaltet werden. Dafür ist es aber not-wendig, dass die Schaltstellen zu benachbarten Gängen gehören (z. B. dritter und vierterGang mit einer gemeinsamen Schiebemuffe), damit ein logisches Schaltschema möglichwird.

Die Sperrsynchronisierung hat zusätzlich die Aufgabe, die Drehzahlen der sich unter-schiedlich schnell drehenden Teile aneinander anzugleichen und die Schalteinrichtung solange zu sperren, bis ein Gleichlauf der sich drehenden Teile erfolgt ist. Die Aufgaben kanneine Klauenschaltung nicht erfüllen, so dass die Drehzahlanpassung entweder durch denFahrer oder durch eine zentrale Synchronisiereinheit erfolgen muss. Nur bei kleinen Ge-trieben mit kleinen Massenträgheitsmomenten (z. B. Motorradgetriebe) oder bei kleinenDifferenzdrehzahlen (kleiner Stufensprung zwischen den Gängen) kann ganz auf eine Syn-chronisiereinrichtung verzichtet werden.

Zur Kühlung und Schmierung der Bauteile ist das Getriebegehäuse soweit mit Öl be-füllt, dass die Zahnräder zum Teil darin eintauchen und durch ihre Drehbewegung das

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264 N. Amann et al.

Öl an andere Stellen verteilen. Dadurch kann auf eine separate Ölpumpe meist verzichtetwerden.

Die Vorteile der Handschaltgetriebe in Vorgelegebauweise liegen in ihrer Einfachheit,Flexibilität und den geringen Verlusten. Jedem Gang ist ein eigenes Radsatzpaar zuge-ordnet, so dass für jeden Gang eine geeignete Übersetzung gewählt werden kann, ohneBeeinflussung der Übersetzungen der anderen Gänge. Wie in Abschn. 3.5.2.2 gezeigt wird,besteht diese Möglichkeit bei Automatikgetrieben in Planetenradsatz-Bauweise nicht odernur sehr eingeschränkt. Im Rahmen eines Baukastensystems kann ein Getriebe so an un-terschiedliche Anwendungen angepasst werden. Als Beispiel sind hier die Unterschiede imnutzbaren Drehzahlbereich vonOtto- undDieselmotoren zu nennen.Durch den kleinerenDrehzahlbereich bei Dieselmotoren (kleinere Motorspreizung) bedarf es einer größerenGetriebespreizung bei meist gleicher Gangzahl. Die Änderung der Gangübersetzungenkann aber auch nachträglich erfolgen, um z. B. durch kleinere Übersetzungen in den hö-heren Gängen das Drehzahlniveau zu verringern und damit den Lastpunkt bei gleicherLeistung in einen günstigeren Bereich zu verschieben. Gerade im Hinblick auf die Bemü-hungen zurCO2-Reduzierung ist dies ein probatesMittel, ummit geringemAufwand einengünstigeren Kraftstoffverbrauch zu erzielen, was aber mit Einbußen in der Fahrdynamikverbunden ist.

Dadurch, dass die Gänge durch Formschluss eingelegt bleiben und die Energie zurSchaltungs- und Kupplungsbetätigung vom Fahrer (oder bei automatisierten Schaltgetrie-ben durch einen elektromechanischen, elektrohydraulischen oder pneumatischen Aktor)bereitgestellt wird und zumeist auf eine verlustbehaftete Ölpumpe verzichtet werden kann,treten bei dieser Art von Getrieben nur wenig Verluste auf. Diese teilen sich in leistungsab-hängige und leistungsunabhängige Verluste auf. Zu den leistungsunabhängigen Verlustenzählen Verluste durch Reibung an den Dichtungen, Planschen des Öls, Schleppverluste deroffenen Schaltelemente und die lastunabhängigen Anteile der Verzahnungs- und Lager-verluste. Aufgrund des geringen Umfangs dieser Verluste kann deswegen meist auf einenGetriebeölkühler verzichtet werden. Die Wärmeabfuhr erfolgt dabei über die Luftumströ-mung abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit.

Trotz der genannten Vorteile haben diese Getriebe hinsichtlich des Komforts einigeNachteile. Ein Aspekt dabei ist, dass der Fahrer die Gänge selbst wechseln muss und da-mit auch bezüglich der Wahl der richtigen Übersetzung verantwortlich ist. Gerade aberbei sportlichen Fahrzeugen ist dies gewollt. Durch die Automatisierung des Schaltgetrie-bes kann dieser Nachteil aufgehoben werden. Dadurch kommt es zu einer Entlastung desFahrers und durch die rechnergestützte Übersetzungswahl können Verbrauch und Fahr-leistung verbessert werden.

Ein Nachteil haben aber beide Ausprägungen: die Zugkraftunterbrechung. Je stärkerdie Beschleunigung ist, desto deutlicher ist die Zugkraftunterbrechung bei jedem Schalt-vorgang zu spüren. DurchOptimierung des Schaltablaufs können zwarVerbesserungen er-reicht werden, ein Automatikgetriebe ohne Zugkraftunterbrechung kann aber damit nichtersetzt werden. Eine Etablierung von automatisierten Schaltgetrieben konnte aufgrund desguten Kosten-Nutzen-Verhältnisses im Wesentlichen bei Lkw erreicht werden. Aber auch

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3 Komponenten des Hybridantriebs 265

vFFZ

t t

t

a

Schaltzeit Schaltzeit Schaltzeit

Abb. 3.133 Vereinfachte Darstellung eines Hochschaltvorgangs ohne Zugkraftunterbrechung[Naunheimer07]: Die Lastübergänge sind zur Vereinfachung sprungförmig dargestellt. In der Reali-tät werden diese aber verzögert durchgeführt, um Schwingungsanregungen im Antriebsstrang zuvermeiden. Die leicht erhöhte Zugkraft während des Schaltvorgangs ist durch die Verzögerungder Massenträgheiten des Verbrennungsmotors (Ausnutzung der kinetischen Energie) begründet.FZ Zugkraft, υF Fahrgeschwindigkeit, a Beschleunigung, t Zeit

im Kleinwagensegment werden automatisierte Schaltgetriebe im geringen Umfang einge-setzt.

Eine Ausnahme bilden dabei Sportwagen mit sehr hoch drehenden Motoren. Ein Ge-triebe in Vorgelegebauweise beherrscht im Gegensatz zu Getrieben mit Planetenradsätzen(bei denen die Drehzahlen der Planeten zu großwerden) sehr hoheDrehzahlen, weswegenes lange Zeit bei diesen Fahrzeugen die einzigeMöglichkeit einer Automatik darstellte. Die-se werden aber immer stärker durch Doppelkupplungsgetriebe verdrängt. Auch diese sindin Vorgelegebauweise aufgebaut, haben aber nicht die als sehr unangenehm empfundeneZugkraftunterbrechung.

3.5.2.2 Getriebe ohne ZugkraftunterbrechungDen eben beschriebenen Hauptnachteil der Handschaltgetriebe und automatisiertenHandschaltgetriebe, dass die Zugkraft unterbrochen wird, gibt es bei den nun folgendbeschriebenen Getrieben nicht. Während der Schaltung kommt es bei zwei Schaltele-menten zu einer Lastübernahme, so dass zwar die Zugkraft aufgrund der sich änderndenÜbersetzung beim Hochschalten abnimmt (Abb. 3.133), aber nicht unterbrochen wird, sodass es zu keinem Einbruch der Geschwindigkeit und Beschleunigung kommt. Diese Formdes Schaltens wird Lastschaltung genannt. Bei geschickter Steuerung der Lastübernahmewährend des Schaltvorgangs wird dieser von den Fahrzeuginsassen nicht oder nur sehrschwach wahrgenommen.

Das klassischeGetriebe ohne Zugkraftunterbrechung ist derWandler-Stufenautomat inPlanetengetriebebauweise. Am Beispiel eines Acht-Gang-Automatikgetriebes soll folgendnun die Funktionsweise erklärt werden (Abb. 3.134). Neben demVorteil der Lastschaltungbietet ein Automatikgetriebe (Wandlerautomatikgetriebe und Doppelkupplungsgetriebe)eine Erhöhung des Fahrkomforts und damit eine spürbare Entlastung für den Fahrer durchautomatisches Anfahren und eine automatische Übersetzungsverstellung.

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266 N. Amann et al.

Abb. 3.134 8-Gang-Wandler-Automatikgetriebe (ZFGetriebe GmbH). a Getrie-beschema, b SchaltschemamitÜbersetzungen und Stufen-sprüngen, c Getriebeschnitt. A,B Bremsen, C, D, E Kupplun-gen, RS 1–4 Planetenradsätze

Drehmomentwandler

Parksperre

Kupplungen

Bremsen

Ölpumpe

R

4,7011,50

3,1321,49

2,1031,26

1,6741,30

Gang-sprung

Über-setzung

KupplungBremseGang

0,670,841,001,29

EDCBA

51,29

61,19

7

Gesamt7,05

81,25

–3,30Gesamt7,05

a

b

c

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3 Komponenten des Hybridantriebs 267

Pumpenrad

Turbinenrad

Leitrad

Freilauf

Nabe fürGetriebeeingangswelle

Turbinentorsionsdämpfer

Überbrückungskupplung

Abb. 3.135 Hydrodynamischer Wandler mit Turbinentorsionsdämpfer (TTD) (ZF Sachs AG)

Als Anfahrelement dient ein ölbefüllter hydrodynamischerWandler. Diesen kann mansich als eine Kombination aus Hydraulikpumpe, Hydraulikturbine und einem Leitrad vor-stellen (Abb. 3.135). Die mechanische Energie des Verbrennungsmotors wird dabei vomPumpenrad in hydraulische Energie umgewandelt, in der Turbine wiederum wird dieseEnergie zurück in mechanische Energie gewandelt. Das Pumpenrad ist mit dem Verbren-nungsmotor fest verbunden, das Turbinenrad hingegen mit der Getriebeeingangswelle.

AmLeitrad wird die aus dem Turbinenrad strömende Flüssigkeit so umgelenkt, dass sieoptimal in das Pumpenrad strömen kann.Das Leitrad ist über einen Freilauf gehäusefest, sodass es sich bei kleinen Differenzgeschwindigkeiten zwischen Pumpen- und Turbinenradfreimitdrehen kann,wenn eineUmlenkungnicht erforderlich ist oder sogar schädlichwäre(das Leitrad wird dann von hinten angeströmt). Durch die Abstützung des Leitrads amGehäuse erhöht sich das Moment am Turbinenrad. Damit kann ein Wandler nicht nurDrehzahlen wandeln wie eine Kupplung, sondern gleichzeitig auch Drehmoment, so dassder Wandler damit die Definition eines Getriebes erfüllt (Abb. 3.135).

Durch die fehlende mechanische (starre) Verbindung zwischen Verbrennungsmo-tor und Getriebeeingangswelle übernimmt der Wandler gleichzeitig die Funktion einesSchwingungsdämpfers. Damit aber Drehmoment übertragen werden kann, bedarf esstets einer Differenzdrehzahl zwischen Pumpen- und Turbinenrad. Je geringer die Diffe-renzdrehzahl, desto kleiner wird das übertragbare Moment. Dieser so genannte Schlupfbedeutet aber auch Verluste, so dass der Wirkungsgrad eines Wandlers stets kleiner als

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eins ist. Der entstehende Schlupf ist dabei abhängig von Motormoment, Wandler- undSchaufelgeometrie.

Um diese Verluste möglichst gering zu halten, werden Wandler auch mit einer Wand-lerüberbrückungskupplung ausgestattet. Bei Überbrückung büßt der Wandler aber seineschwingungsdämpfenden Eigenschaften ein. Abhilfe schaffen zusätzliche Torsionsschwin-gungsdämpfer, die in den Wandler integriert werden (Abb. 3.135). Je früher die Wandler-überbrückungskupplung ohne Weiterleitung von Drehungleichförmigkeiten geschlossenund damit der Verbrennungsmotor verlustfrei an das Getriebe angekoppelt werden kann,desto größer ist die daraus resultierendeVerbrauchseinsparung. Zusätzlich kann in schwin-gungskritischen Drehzahlbereichen an der Wandlerüberbrückungskupplung ein definier-ter Schlupf eingestellt werden.

Dreht der Verbrennungsmotor im Leerlauf und das Fahrzeug steht still, so wird durchdie sich daraus ergebende Drehzahldifferenz zwischen Pumpen- und Turbinenrad einMo-ment auf die Getriebeeingangswelle übertragen (Kriechmoment), so dass der Wagen ohneBetätigung der Bremse losrollt. Die Verluste im Stillstand lassen sich durch kontrolliertesÖffnen eines Schaltelements im Getriebe aber deutlich verringern.

Für die automatische Betätigung ist eine Energieversorgung zum Schalten und Haltender Gänge erforderlich. Diese erfolgt durch eine fest mit dem Pumpenrad des Wandlersund damit mit dem Verbrennungsmotor verbundene Ölpumpe. Sie versorgt das Getriebemit dem nötigen Kühl- und Drucköl.

Die Übersetzungen des Getriebes werden nicht durch Stirnradstufen, sondern durchPlanetenradsätze realisiert. Ein Planetenradsatz besteht aus einem Sonnenrad, drei odermehr Planetenrädern, die über einen Planetenträger (auch Steg genannt) miteinander ver-bunden sind, und einem innenverzahnten Hohlrad (Abb. 3.136). Je nachdem, welches derdrei Elemente festgehalten wird und welches den An- oder Abtrieb bildet, können mitdem gleichen Planetenradsatz unterschiedliche Übersetzungen realisiert werden. Mit dendrei Anschlussmöglichkeiten ergeben sich somit insgesamt sieben mögliche Übersetzun-gen, davon ein trivialer Bewegungszustand (Getriebe läuft als Block um). Ein besonderesMerkmal eines Planetengetriebes ist der koaxiale An- und Abtrieb, so dass es zu keinemAchsversatz wie bei Stirnradstufen kommt.

Im Beispielgetriebe in Abb. 3.134 sind vier Planetenradsätze eingebaut. Durch derenZusammenwirken ergeben sich acht Gänge und ein Rückwärtsgang. Mit Hilfe von dreiKupplungen und zwei Bremsen werden die Anschlüsse der Planetensätze so miteinan-der oder mit dem Gehäuse verbunden, dass sich daraus eine progressive Stufung ergibt.Dadurch, dass die Übersetzungen der einzelnen Gänge nicht durch jeweils einen Plane-tenradsatz bestimmt werden, sondern durch das Zusammenwirken mehrerer, ergeben sichAbhängigkeiten in den Gangübersetzungen, so dass diese nicht beliebig voneinander ge-wählt werden können.

Ein Gangwechsel erfolgt durch das Umschalten zweier Schaltelemente. Während einSchaltelement geschlossen wird, wird gleichzeitig ein anderes geöffnet. In dieser Über-schneidung erfolgt eine Lastübernahme durch die sich zuschaltende Kupplung oder Brem-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 269

HohlradHohlrad

PlanetPlanet

StegSteg

Sonnen-rad

Sonnen-rad

Abb. 3.136 SchematischeDarstellung eines Planetengetriebes

se. Die Qualität der Schaltung wird dabei durch die Ansteuerung der beteiligten Schaltele-mente bestimmt.

Wie im Schaltschema in Abb. 3.134 zu sehen ist, wird bei einem Gangwechsel immernur ein Schaltelement geschlossen und gleichzeitig ein Schaltelement geöffnet, da definierteBetriebszustände im Getriebe herrschen müssen, um eine saubere Lastschaltung ausfüh-ren zu können. Damit ist auch erklärt, warum bei einem Automatikgetriebe nicht beliebigzwischen den Gängen gesprungen werden kann. In unserem betrachteten Beispiel sindvon den fünf vorhandenen Schaltelementen bei geschaltetem Gang drei Schaltelementegeschlossen. Bei einem Gangwechsel bleiben davon zwei geschlossen, nur das dritte öffnetsich, während ein weiteres sich zuschaltet. Betrachtet man beispielhaft den vierten Gang,so ergeben sich alsmöglicheAnschlussgänge nur Gänge, die sich nur in einem geschaltetenSchaltelement unterscheiden. Das sind in diesem Fall die Gänge 2, 3, 5, 6 und 8, nicht aberGang 1 und Gang 7.

Als Schaltelemente, d. h. Bremsen und Kupplungen, werden meist Lamellenschaltele-mente verwendet. Diese bestehen aus einer Mehrzahl von Stahl- und Belagslamellen, umbei gleicher Betätigungskraft eine höhere Reibung zu erzeugen. Im unbelasteten Zustandwerden diese Schaltelemente durch Federkraft offen gehalten (Normally Opened Clutch).Die Betätigung erfolgt durch den in der (vomVerbrennungsmotor angetriebenen) Ölpum-pe erzeugten Hydraulikdruck, mit dem ein Kolben die Lamellen zusammendrückt. Beieinem Schaltvorgang wird also im hydraulischen Steuergerät ein für die zu schließendeKupplung oder Bremse zuständiger Ölkanal durch ein Ventil geöffnet, während durch einanderes Ventil der Öldruck für das zu öffnende Schaltelement abgesenkt wird. Zur Ver-anschaulichung des Aufbaus von Lamellenschaltelementen eignet sich die in Abb. 3.140dargestellte Doppelkupplung.

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Abb. 3.137 Parksperre, bestehend aus Sperrklinke und Parksperrenrad am Getriebeausgang [Sche-rer08]

Da bei Bremsen ein Anschluss stets still steht, ist es verhältnismäßig einfach, durch Öl-kanäle den Betätigungskolben anzusteuern. Anders sieht es bei den Kupplungen aus, beidenen sich beide Anschlüsse drehen. In diesem Fall muss das Öl durch Ölkanäle in denWellen und durch Drehdurchführungen an das jeweilige Schaltelement geleitet werden.Die Drehdurchführungen sind mit Dichtungen versehen, die aber aufgrund von Reibungdurch die Differenzdrehzahl der sich drehenden Teile Verluste erzeugen.

Zur besseren Wärmeabfuhr wird Öl in das Schaltelement geleitet. Auch bei geöffne-tem Schaltelement befindet sich immer etwas Öl zwischen den Lamellen. Dieses führt beiDrehzahldifferenz auch im geöffneten Schaltzustand zu einer Kraftwirkung zwischen denLamellen, dem so genannten Schleppmoment. Diese Verluste sind abhängig von der Um-fangsgeschwindigkeit, der verbleibenden Ölmenge und der Geometrie der Belagsnutung.Bei höherenUmfangsgeschwindigkeiten fangen zudemdie Lamellen an zu taumeln, so dasssich dadurch die Verluste zusätzlich erhöhen. Um diese Verluste so gering wie möglich zuhalten, ist es schon in der Phase der Radsatzsuche wichtig, ein Räderschema zu finden, beidem möglichst wenige Schaltelemente offen bleiben.

Wird nun ein Fahrzeug abgestellt, so legt der Fahrer bei einemHandschaltgetriebe einenGang ein, um ihn zusätzlich zur Handbremse vor dem Wegrollen zu sichern. Diese Mög-lichkeit besteht bei einem Automatikgetriebe nicht, da die Schaltelemente und damit dieGänge aktiv über den Öldruck betätigt werden und dieser bei abgeschaltetem Verbren-nungsmotor nicht mehr vorhanden ist. Daher benötigt man ein zusätzliches Element, dieParksperre (Abb. 3.137).

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3 Komponenten des Hybridantriebs 271

Wird der Schalthebel vomFahrer in die Parkposition geschoben, sowird eine Sperrklin-ke betätigt, die in die Verzahnung des Parksperrenrades am Getriebeausgang greift und sodie Getriebeausgangswelle formschlüssig blockiert. Die Zahnform und die Klinkenformsind so gewählt, dass ein Einrasten der Klinke nur im Stillstand oder bei sehr geringen Ge-schwindigkeiten möglich ist. Diese Funktion ist wichtig, um durch Fehlbedienungen oderMissbrauch Schäden zu verhindern.

Entscheidend für die Güte eines Automatikgetriebes ist nicht nur die Qualität derSchaltvorgänge, die stets richtige Gangwahl oder auch die Reaktionsfähigkeit auf Fah-rerwünsche, sondern mit zunehmender Bedeutung die Möglichkeiten zur Verringerungdes Kraftstoffverbrauchs. Die wichtigsten Verlustquellen wurden in den vorangegangenenSeiten beleuchtet. Ein gutes Automatikgetriebe zeichnet sich daher aus durch:

• eine für den Anwendungsfall geeignete Spreizung und Gangzahl,• einen Radsatz, der speziell in denHauptfahrgängen einen hohenVerzahnungswirkungs-grad aufweist,

• eine geringe Anzahl offener Schaltelemente zur Verringerung der Schleppmomente,• ein optimiertes Hydrauliksystem zur Verlustminimierung,• eine gute Torsionsschwingungsdämpfung, um möglichst früh die Wandlerüber-brückungskupplung zu betätigen und damit die Verluste imWandler zu minimieren.

Vorurteile über Automatikgetriebe wie hoher Kraftstoffverbrauch und schlechte Fahrleis-tungen treffen damit immer weniger zu.

In den letzten Jahren haben sich Doppelkupplungsgetriebe als Alternative zu den klas-sischen Wandlerautomatikgetrieben etabliert. So sollen die Vorteile des Automatikgetrie-bes (komfortabel, lastschaltfähig) mit denen des Schaltgetriebes (freie Übersetzungswahl,Eignung für hohe Drehzahlen) verbunden werden. Der prinzipielle Aufbau eines Doppel-kupplungsgetriebes ähnelt daher sehr dem eines Handschaltgetriebes mit Vorgelegewelle,Stirnrädern und Synchronisierungen, weswegen darauf nicht mehr gesondert eingegangenwird. Vielmehr sollen nun die Besonderheiten beleuchtet werden.

Ein Doppelkupplungsgetriebe besteht aus zwei ineinander geschachtelten Teilgetriebenin Vorgelegebauweise, wobei ein Teilgetriebe aus den ungeraden Gängen besteht, das an-dere Teilgetriebe aus den geraden Gängen (Abb. 3.138 und 3.139). Über zwei Kupplungenwird nun zwischen den beiden Teilgetrieben hin und her geschaltet. Ist z. B. ein Gang imersten Teilgetriebe geschaltet, so kann bereits im zweiten Teilgetriebe ein Gang vorgewähltwerden. Indem nun die Kupplung des zweiten Teilgetriebes geschlossen wird, währenddie Kupplung des ersten Teilgetriebes geöffnet wird, erfolgt die Lastübernahme ohne Zug-kraftunterbrechung. Durch ein optimiertes Hydrauliksystem sind Schaltungen kaummehrwahrnehmbar, vergleichbar mit dem Gangwechsel beim Wandler-Automatikgetriebe.

Die Kupplungen können sowohl aus nassen, d. h. in Öl laufenden Lamellenkupplun-gen bestehen (Abb. 3.140), vergleichbar mit denen eines Automatikgetriebes, oder aberaus trockenen Kupplungen, wie bei einem Handschaltgetriebe. Die Entscheidung darüber,welche Art der Kupplung Verwendung findet, hängt vom Einsatzfall und dem zu übertra-

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VM

K1

K2

Teilgetriebe 1Gänge 1, 3, 5, 7

Teilgetriebe 2Gänge R, 2, 4, 6

Abb. 3.138 Schematischer Aufbau eines Doppelkupplungsgetriebes. K1, K2 Kupplungen, VM Ver-brennungsmotor

R 1.2.K 3.4. 6. 5.7.K1 K2

Abb. 3.139 Radsatzschema eines Doppelkupplungsgetriebes mit sieben Gängen (ZF GetriebeGmbH). Die Zahlen und der Buchstabe R beziehen sich auf die verschiedenen Gänge, K auf diekonstante Übersetzung der Vorgelegewelle. K1 und K2 sind Kupplungen

genden Drehmoment ab. Aufgrund der besseren Wärmeabfuhr wird daher bei höherenDrehmomenten (mehr als 250Nm) eine nasse Kupplung bevorzugt, auch wenn dadurchdie Verluste des Getriebes ansteigen, da eine Ölpumpe dauerhaft den Hydraulikdruck zumaktiven Zuhalten der Kupplung aufbringen muss. Zusätzlich entstehen Schleppverluste bei

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3 Komponenten des Hybridantriebs 273

Anschluss Verbrennungsmotor

Innenlamellenträger

Außenlamellenträger

Betätigungskolben

Kupplung für Teilgetriebe 1

Kupplung für Teilgetriebe 2

Abb. 3.140 Aufbau einer nasslaufendenDoppelkupplung (ZF Sachs AG)

geöffneter Kupplung. Um diesemöglichst gering zu halten, wird bei der Auslegung auf aus-reichendes Lüftspiel geachtet und der durch die Kupplung fließende Kühlölstrom zeitlichund mengenmäßig gesteuert [Fischer08].

Durch den Aufbau des Doppelkupplungsgetriebes mit zwei Teilgetrieben ist es nichtmöglich, in einen beliebigen Gang zu springen, da für eine Lastschaltung nur Gänge des je-weils anderenTeilgetriebes in Frage kommen. DasÜberspringen eines Ganges ist demnachnur mit Unterstützung des anderen Getriebezweigs ohne Zugkraftunterbrechung möglich.

Häufig wird die Frage diskutiert, welches lastschaltbare Automatikgetriebe, also Dop-pelkupplungsgetriebe oder Wandler-Automatikgetriebe, das bessere Konzept darstellt. Ei-ne generelle und eindeutige Antwort kann dazu aber nicht gegeben werden. Jedes der bei-den Getriebesysteme bietet spezifische Vorteile, die aber an anderer Stelle wiederum mitNachteilen erkauft werden. Auchmuss bedacht werden, dass sich Technologien weiter ent-wickeln. Schwächen eines Getriebesystems können dadurch an Bedeutung verlieren.

So haftete lange der Makel am Wandler-Automatikgetriebe, dass für Anwendungenin sportlichen Fahrzeugen die Reaktionszeit von der Auslösung der Schaltung bis zurAusführung der Schaltung zu langwar. Bezüglich dieser Spontaneität haben hingegenDop-pelkupplungsgetriebe Maßstäbe gesetzt. Mittlerweile aber wurden durch Verbesserung

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der Steuerungs- und Regelungstechnik die Reaktions- und Schaltzeiten bei Wandler-Auto-matikgetrieben so weit verkürzt, dass deren Spontaneität mit der von Doppelkupplungs-getrieben vergleichbar ist.

Im Hinblick auf die Auswirkungen der Getriebebauform auf den Verbrauch haben Un-tersuchungen gezeigt, dass Fahrzeuge mit modernen Automatikgetrieben mit sechs Gän-gen nur noch durchschnittlich 3,5% mehr verbrauchen als Fahrzeuge mit Handschaltge-triebe. Bei der gleichen Betrachtung hatten Doppelkupplungsgetriebe einen Nachteil von4,2% [Wagner06]. Durch weitere Verbesserungen der Wandler-Automatikgetriebe mit biszu neun Gängen konnte der Verbrauchsnachteil nochmals deutlich verringert und sogarumgekehrt werden.

Eine Bevorzugung des einen oder auch anderen Getriebesystems kann auch in den spe-zifischenAnforderungen der jeweiligenAntriebsstrangkonfiguration liegen. So eignen sichWandler-Automatikgetriebe in Planetengetriebebauweise aufgrund ihres koaxialen Auf-baus besonders gut für den Standardantrieb. Bei Doppelkupplungsgetrieben kann sich hin-gegen der vorhandene Achsversatz bei Front-Längs- und Front-Quer-Antrieb als günstigerweisen, um die Leistung an die anzutreibenden Räder zu führen. Die Auswahl des op-timalen Getriebesystems hängt dabei vom Bauaufwand, Gewicht, Kosten und der damitverbundenen Getriebeverluste bei der jeweiligen Antriebsstrangkonfiguration ab.

Weitere Entscheidungsmerkmale liegen in den Kundenwünschen, d. h. in einer markt-spezifischen, aber auch Fahrzeugklassen-spezifischen Differenzierung. So eignet sich z. B.bei Sportwagen und sportlichen Limousinenmit Hochdrehzahlmotoren das Doppelkupp-lungsgetriebe besonders aufgrund seiner Eignung für hohe Drehzahlen, der schnellenSchaltzeiten und der steiferen Anbindung an den Verbrennungsmotor (Reaktion auf er-höhte Lastanforderungen wird spürbarer). Der Wandler-Automat hingegen erfüllt durchseinen hydrodynamischen Wandler als Anfahrelement einen hohen Komfortanspruch,wobei durch gezielte Überbrückung des Wandlers und Verbesserungen in der Schaltdyna-mik mittlerweile auch sportliche Ansprüche erfüllt werden können.

3.5.3 Einfluss der Hybridisierung auf das Getriebe

Warum wurden die verschiedenen Getriebekonzepte nun so ausführlich betrachtet? Vie-le der Punkte, die hier angesprochen wurden, sind für das Verständnis wichtig, einigehaben aber auch einen direkten Einfluss auf die Hybridisierung. So gibt es Bauteile, die auf-grund der Hybridisierung weggelassen werden, so dass Ihre Funktionen oder zumindestTeilfunktionen von anderen Bauteilen übernommen werden müssen. Der Einfluss einerHybridisierung auf ein konventionelles Getriebe kann sich dabei nur auf Parallelhybridebeziehen. Serielle und leistungsverzweigte Hybride verfügen nicht über die in diesem Ka-pitel behandelten Getriebe (siehe auch Kap. 2).

Welchen Einfluss eineHybridisierung auf das Getriebe hat, hängt zunächst einmal starkvon der Ausprägung der Hybridisierung ab. So ergeben sich bei einem Vollhybrid durchdas elektrische Fahren andere Anforderungen an das Getriebe als z. B. bei einem Mikro-

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3 Komponenten des Hybridantriebs 275

Abb. 3.141 Hydraulischer Impulsspeicher (HIS) (ZF Getriebe GmbH)

Hybrid. Letztgenannte haben als wesentlicheHybridfunktion die Start-Stopp-Fähigkeit desVerbrennungsmotors, d. h. bei Fahrzeugstillstand und teilweise schon beim Ausrollen imniedrigen Geschwindigkeitsbereich wird der Verbrennungsmotor abgestellt, um bei einerWeiterfahrt unverzüglich wieder in Betrieb gesetzt zu werden. Dafür ist getriebeseitig kei-ne Elektrifizierung in Form einer elektrischen Maschine nötig. Vielmehr werden motor-seitig Änderungen in Form eines verstärkten Ritzelstarters oder eines kurbeltriebseitigenRiemen-Starter-Generators (RSG) vorgenommen.

Durch den eingeschränkten Funktionsumfang bei Mikro-Hybriden können diese so-wohl bei manuellen Handschaltgetrieben als auch bei Automatikgetrieben Verwendungfinden. Bei einem höheren Hybridisierungsgrad haben die Hybridfunktionen einen zugroßen Einfluss auf das Getriebe und dessen Funktionen, so dass Mild- und Vollhybridenur mit automatisierten Getrieben und Automatikgetrieben sinnvoll kombinierbar sind.So wäre z. B. ein Fahrzeug mit Handschaltgetriebe nicht so gut bedienbar, wenn der Fahrerselbst den Wiederstart des Verbrennungsmotors während einer rein elektrischen Fahrtkoordinieren müsste.

Ohne Änderungen am Getriebe kommt man bei Verwendung von Mikro-Hybridenim Allgemeinen nicht aus. Automatikgetriebe mit hydraulischer Steuerung benötigen zurFunktion Energie in hydraulischer Form, die bei laufendemMotor durch eine im Getriebeverbaute Ölpumpe zur Verfügung gestellt wird. Die Ölpumpe ist dabei über den Wandlerdirekt mit dem Verbrennungsmotor verbunden. Wird der Motor nun abgestellt, bricht dieÖlversorgung ein. Solange das Fahrzeug steht, ist dies unerheblich. Wird der Motor wie-der gestartet, läuft zwar gleichzeitig die Ölpumpewieder an, der erforderlicheÖldruck bautsich aber zu langsam auf, so dass es zu einer verzögerten Reaktionsfähigkeit kommt. DieserProblematik kann durch eine elektrische Zusatzölpumpe oder durch einen hydraulischenImpulsspeicher (HIS) [Bek08] begegnet werden (Abb. 3.141).

Im Falle des hydraulischen Impulsspeichers wird im Fahrbetrieb mit Hilfe des System-drucks eine begrenzte Ölmenge gegen eine Federkraft im hydraulischen Impulsspeichergespeichert. Soll nun bei einem Verbrennungsmotorstart die hydraulische Betriebsbereit-

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schaft des Getriebes sehr kurzfristig hergestellt werden, wird die Feder schlagartig ent-spannt und damit der benötigte Systemdruck hergestellt.

Bei Mild- und Vollhybriden bedarf es getriebeseitig erheblich mehr Änderungen. Somuss bei diesen Systemen eine elektrische Maschine in den Antriebsstrang integriert wer-den, zusätzlich dazu ein Anfahrelement (wenn nicht schon vorhanden) und bei Vollhy-briden eine Trennkupplung zwischen Verbrennungsmotor und elektrischer Maschine zurErmöglichung des elektrischen Fahrens.

Dabei gibt es entscheidende Unterschiede bei den verwendeten Getriebetechnologien.Wird für eine Hybridisierung ein Wandler-Automatikgetriebe verwendet, so kann durchEntfall des hydrodynamischenWandlers dessen Bauraum für ein Hybridmodul, bestehendaus elektrischer Maschine und Trennkupplung, verwendet werden. Dadurch ist zusätzli-cher Bauraum, der zu einer Getriebeverlängerung führen kann, nicht zwingend erforder-lich. Beim Doppelkupplungsgetriebe hingegen kann kein Raum durch Entfall von Bautei-len gespart werden, so dass es hier bei der Integration der elektrischen Maschine zwischenVerbrennungsmotor und Getriebe zwangsläufig zu einer axialen Verlängerung des Getrie-bes kommt. Durch eine geeignete Anordnung (z. B. wird die Trennkupplung im innerenDurchmesser der elektrischen Maschine integriert) kann aber die Verlängerung begrenztwerden.

Wie hoch dieser Nachteil zu bemessen ist, hängt stets vom Anwendungsfall ab. Einedadurch resultierende Verschiebung des Getriebes in Richtung Fahrgastzelle wird durchdie Getriebetunnelgeometrie beschränkt. Bei einer Verschiebung des Verbrennungsmo-tors nach vorne ist zu beachten, dass auch hier der Bauraum beschränkt sein kann undzusätzliche Einflussfaktorenwie Achslastverlagerung oder Fußgängerschutz berücksichtigtwerden müssen.

Beim Vollhybrid wird anstelle des hydrodynamischen Wandlers bauraumneutral einHybridmodul eingebaut, das aus einem Torsionsdämpfer, einer Trennkupplung (nasslau-fende Lamellenkupplung) zwischen elektrischer Maschine und Verbrennungsmotor fürdas elektrische Fahren und der elektrischen Maschine besteht (Abb. 3.142). Eine integrier-te elektrische Ölpumpe versorgt das Getriebe mit dem nötigen Öldruck, auch wenn derVerbrennungsmotor ausgeschaltet ist.

Da der hydrodynamische Wandler entfällt, müssen seine Funktionen durch andereBauteile übernommen werden. So wird zur Entkoppelung von Drehungleichförmigkei-ten ein separater Torsionsdämpfer nötig, eine Funktion, die sonst im Wandler integriertist (Abb. 3.135). Die Anfahrfunktion wird von einem bereits vorhandenen getriebeinte-grierten nassen Lamellenschaltelement übernommen, das an die erhöhten Anforderungenangepasst wird.

Für den Betriebszustand des elektrischen Fahrens ist beimVollhybrid eineMotortrenn-kupplung eingebaut. Ausgeführt als nasslaufende Lamellenkupplung mit geringem Durch-messer kann sie im inneren Teil der elektrischen Maschine bauraumoptimiert unterge-bracht werden (Abb. 3.142). Zur Reduzierung der Schleppmomente im geöffneten Zustandist es ratsam, eine spezielle Nutung der Reibbeläge zu verwenden. Zusätzlich ist es möglich,

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3 Komponenten des Hybridantriebs 277

Torsionsdämpfer

Wandlerüberbrückungs-kupplung

HydrodynamischerWandler

Elektrische Maschine

Trennkupplung zwischenVerbrennungsmotor und elektrischer Maschine

Torsionsdämpfer

a b

Abb. 3.142 Bauraumneutrale Hybridisierung eines Acht-Gang-Automatikgetriebes (ausAbb. 3.134). Der hydrodynamische Wandler (a) wird durch ein Hybridmodul (b) ersetzt (ZFSachs AG)

den Torsionsdämpfer durch eine Schlupfregelbarkeit der Motortrennkupplung zu unter-stützen [Kubalczyk08].

Kann bei Doppelkupplungsgetrieben aufgrund der prinzipbedingten Bauraumverlän-gerung keine elektrische Maschine integriert werden, ist es auch möglich, die elektrischeMaschine seitlich amGetriebe anzuordnen und über eine Übersetzung an eines der Teilge-triebe anzubinden (Abb. 3.143). Diese Form der Anbindung kann sich bei der Integrationder elektrischen Maschine in Front-Quer-Antriebsstränge als vorteilhaft erweisen. Im ein-fachsten Fall ist dabei die elektrische Maschine am Teilgetriebe mit den geraden Gängenfest über eine zusätzlicheÜbersetzungsstufe angebunden. Das Teilgetriebe mit den ungera-den Gängen kommt für eine feste Anbindung nicht in Frage, da bei Kriechfahrt im ersten

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VM K1

K2

Gänge1, 3, 5, 7

GängeR, 2, 4, 6

EM

VM K1

K2

Gänge1, 3, 5, 7

GängeR, 2, 4, 6

EMK0

VM K1

K2

Gänge1, 3, 5, 7

GängeR, 2, 4, 6

EMNTG1

TG2

a b c

Abb. 3.143 Hybridisierungsmöglichkeiten eines Doppelkupplungsgetriebes (nach [Blessing08]):a Elektrische Maschine zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe, b feste Anbindung der elek-trischen Maschine an ein Teilgetriebe, c zusätzliche Schaltstelle an der Anbindung der elektrischenMaschine. EM elektrischeMaschine, K0, K1, K2 Kupplungen, N neutrale Stellung, TG1, TG2 Teilge-triebe, VM Verbrennungsmotor

Gang die Generatorfunktion durch die niedrigen Drehzahlen der elektrischen Maschinenicht erfüllt werden kann.

Beim Parallelhybrid mit der elektrischen Maschine zwischen Verbrennungsmotor undGetriebe ist diese zur Vermeidung von zusätzlichem axialen Bauraum sehr schmal ausge-führt und weist zur Erzeugung von hohenDrehmomenten einen großen Durchmesser auf.Da eine zusätzliche Übersetzungsstufe fehlt, entspricht der Betriebsdrehzahlbereich demdes Verbrennungsmotors. Bei der seitlichenAnbindung der elektrischenMaschine ergebensich durch die veränderten Einbaubedingungen auch andere geometrische Randbedingun-gen, weswegen diese einen geringeren Durchmesser, dafür aber eine größere Länge besitzt.Durch die zusätzliche Übersetzungsstufe ist die elektrische Maschine nicht mehr an denDrehzahlbereich des Verbrennungsmotors gebunden, sodass es gewisse Freiheiten in derWahl der für den Anwendungsfall optimalen Übersetzung gibt.

Die feste Anbindung der elektrischen Maschine an ein Teilgetriebe birgt aber auchNachteile. So ist es z. B. nicht möglich, beim Rekuperieren und auch beim elektrischenFahren eine Lastschaltung durchzuführen. Um die Einschränkungen zu vermindern, gibtes die Möglichkeit, über eine zusätzliche Schaltstelle an der Anbindung der elektrischenMaschine zwischen Teilgetriebe 1 und 2 umzuschalten (Abb. 3.143). Diese funktionelleErweiterung bringt aber auch einen zusätzlichen Bauaufwand mit sich. Eine vertiefendeBetrachtung dazu findet sich in [Blessing08].

Ein weiterer Nachteil ist das Fehlen einer schlupfregelbaren Entkopplungsmöglich-keit zwischen Fahrzeug (Getriebeausgang) und elektrischer Maschine während der Fahrt.Beim Wiederstart des Verbrennungsmotors können somit Schwingungen des Startvor-gangs auf das Fahrzeug übertragen werden und von den Fahrzeuginsassen als kom-fortmindernd wahrgenommen werden. Beim Einbau der elektrischen Maschine in denAntriebsstrang (zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe) hingegen können für denStartvorgang die getriebeseitigen Kupplungen so angesteuert werden, dass ein definier-ter Schlupf entsteht und so die entstehenden Schwingungen vom Fahrzeug entkoppeltwerden.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 279

Abb. 3.144 Zahnriemen mitUmlenkrollen (Robert BoschGmbH)

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Hybridisierung von Getrieben differenziertzu betrachten ist. Ein „bestes“ System gibt es auch hier nicht. Vielmehr sind Einflüsse derAntriebsstrangkonfiguration, des Fahrzeugsegments, des verwendetenGetriebesystems imkonventionellen Fahrzeug, wie auch firmenspezifische Aspekte ausschlaggebend.

3.6 Nebenaggregate

Dieter Kraft

3.6.1 Einleitung

Die Bezeichnung Nebenaggregate umfasst sämtliche Komponenten eines Kraftfahrzeugs,welche von der Antriebsmaschine direkt oder indirekt angetrieben werden. TypischeVertreter der Nebenaggregate sind Starter, Generatoren, Kühlmittelpumpen, Motoröl-pumpen, Hydraulikpumpen, Kraftstoffpumpen, Einspritzpumpen, Klimakompressorenund Bremskraftverstärker. Der Antrieb erfolgt typischerweise über Keilriemen, Zahnrie-men (Abb. 3.144) oder Zahnkette, vermehrt auch elektrisch.Die benötigteAntriebsleistungwird entweder direkt mechanisch oder indirekt elektrisch der Verbrennungskraftmaschineentzogen und trägt somit zum Kraftstoffverbrauch bei.

3.6.2 Mechanischer und elektrischer Antrieb

Die Entscheidung, ob ein mechanischer oder ein elektrischer Antrieb von Nebenaggrega-ten vorteilhafter ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, da sie von unterschiedlichenFaktoren abhängt. Aus energetischer Sicht besitzt ein mechanisch betriebenes Aggregat

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bezogen auf die abgegebene Leistung den besseren Wirkungsgrad. Da mechanisch ange-triebene Aggregate auf den jeweils ungünstigsten Fall ausgelegt werden, die Kühlwasser-pumpe z. B. so, dass sie im sommerlichenBerufsverkehr bei wenig Fahrtwind und geringenDrehzahlen ausreichend fördert, geben sie in den übrigen Betriebspunkten oftmals mehrLeistung als gefordert ab. Der auf die tatsächlich geforderte Leistung bezogene Wirkungs-grad ist folglich geringer.

Mit rein elektrischen angetriebenen Nebenaggregaten lässt sich die abgegebene Leis-tung der Nebenaggregate an den aktuellen Leistungsbedarf anpassen. Die typischerweisezumAntrieb verwendeten elektromotorischenAntriebe besitzenWirkungsgrade zwischen50% und 90%, abhängig von Antriebstechnologie und Betriebspunkt. Mit diesen elek-trischen Antrieben lassen sich die Aggregate, zum Beispiel über ein Relais, phasenweisezuschalten oder über ein pulsweitenmoduliertes Ansteuersignal leistungsgesteuert betrei-ben.

Vereinzelt werden mechanisch angetriebene Nebenaggregate über elektrisch ansteuer-bare Kupplungen mit dem Verbrennungsmotor gekoppelt. Dies erlaubt ein zeitweiligesAbschalten des Aggregats. Eingesetzt werden Magnetkupplungen beispielsweise für me-chanische Motorkühlungspumpen, da während des Verbrennungsmotorwarmlaufs keineKühlung benötigt wird.

Ist der Effizienzgewinn durch eine bedarfsgerechte elektrische Ansteuerung aus-reichend groß und sind die Kosten nicht zu hoch, werden bereits heute elektrischeNebenaggregate eingesetzt. Dies ist beispielsweise bei den heute weit verbreiteten elek-trischen Kühlerlüftern der Fall, die nur in seltenen thermischen Grenzsituationen einehohe Leistung abgeben müssen. Weitere Gründe für den Einsatz elektrischer Nebenaggre-gate sind oft bauraumbedingt. Steht kein mechanischer Antrieb zur Verfügung oder sollein Aggregat möglichst vielseitig in unterschiedliche Fahrzeuge integrierbar sein, sind reinelektrische Antriebe unverzichtbar. Ein typisches Beispiel stellen elektrisch angetriebeneKraftstoff-Vorförderpumpen dar, welche als Modul in den Tank des Fahrzeugs integriertwerden.

Strategische wirtschaftliche Gründe für oder wider den Einsatz elektrifizierter Aggre-gate, z. B. aufgrund einer Gleichteilstrategie, können für Fahrzeughersteller ebenso weitereArgumente darstellen wie pauschale Strategieentscheidungen, den Riementrieb des Ver-brennungsmotors gänzlich zu eliminieren.

3.6.3 Einsatz von Nebenaggregatenin unterschiedlichen Antriebssträngen

In Abhängigkeit des jeweiligen Antriebsstrangsystems entstehen aufgrund unterschiedli-cher Leistungs- und Betriebsanforderungen unterschiedliche Anforderungen anNebenag-gregate.

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3 Komponenten des Hybridantriebs 281

3.6.3.1 Konventioneller AntriebsstrangDer Großteil heute auf dem Markt existierender Nebenaggregate ist für den Einsatz inFahrzeugen mit konventionellem, nicht elektrifiziertem Antriebsstrang ausgelegt. Die Ag-gregate sind in der Regel mechanischmit demRiementrieb gekoppelt. Einige der Nebenag-gregate wurden in der Vergangenheit als optionale Fahrzeugsonderausstattung angeboten,wie zum Beispiel der Klimakompressor der Klimaanlage oder die Lenkhilfepumpe für dieServolenkung. Heutzutage gehört der Großteil dieser optionalen Zusatzaggregate zur Stan-dardausstattung eines modernen Pkw. Der durch die Aggregate erzielte Mehrkomfort, wiez. B. eine Klimatisierung der Fahrgastzelle, soll daher auch in einem Hybridfahrzeug zurVerfügung stehen.

Fahrzeuge mit konventionellem Antriebsstrang können während des gesamten Fahr-zeugbetriebs einen laufenden Verbrennungsmotor voraussetzen, der damit den Neben-aggregaten als Antrieb zur Verfügung steht. Mechanisch mit dem Verbrennungsmotorgekoppelte Nebenaggregate liefern eine von der Verbrennungsmotordrehzahl abhängigeAusgangsleistung. Der Grunddrehzahlbereich der Aggregate wird dabei über das Über-setzungsverhältnis, beispielsweise den Riemenscheibendurchmesser, eingestellt. Abhängigvon der jeweiligen Funktion der Nebenaggregate kann eine Anpassung der Leistungscha-rakteristik erfolgen, zum Beispiel über die Anpassungder Turbinengeometrie einer Pumpeoder die Auslegung eines Magnetkreises für einen Generator.

Maßgeblicher Auslegungspunkt vieler Nebenaggregate ist der Leerlaufbetrieb. Da hierdie niedrigste Drehzahl im System auftritt, stellt der Leerlauf für die meisten Aggregate denPunkt mit der geringsten verfügbaren Leistung dar. Ein Generator wird daher so ausgelegt,dass er bei Leerlaufdrehzahl mindestens ein Drittel seiner Leistung abgibt [Reif10B]. ZurKompensation kurzzeitig hoher Leistungsanforderungen im Leerlauf kann durch automa-tisches Anheben der Leerlaufdrehzahl eine Leistungserhöhung erwirkt werden. Umgesetztwird dies beispielsweise bei hohen elektrischen Bordnetzlasten zur Erhöhung der Genera-torleistung.

Neben dem mechanischen Antrieb, z. B. über Riemen, stehen weitere Möglichkeitenzur Verfügung, die vom Verbrennungsmotor abgegebene Energie zu nutzen. So wird bei-spielsweise das mittels der mechanischen Kühlmittelpumpe umgewälzte heiße Kühlwassereinerseits über den Kühler und andererseits über den Heizungswärmetauscher gepumptund dient damit der Beheizung der Fahrgastzelle (Abb. 3.145).Weiterhin kann der bei Ver-brennungsmotorenmitDrosselklappe entstehendeUnterdruck zurVersorgung des Brems-kraftverstärkers verwendet werden.

3.6.3.2 Teilweise elektrifizierter AntriebsstrangGegenwärtig nimmt die Elektrifizierung des Antriebsstrangs zur Steigerung von Effizienzund Fahrkomfort zu. Die einfachste Möglichkeit zur Effizienzsteigerung lässt sich durcheine Start-Stopp-Funktion erzielen, die den Verbrennungsmotor abstellt, wenn er nichtbenötigt wird. Wird der Verbrennungsmotor wieder benötigt, erfolgt ein automatischerWiederstart. Dies bietet Vorteile im Stop-and-Go-Betrieb. Ein fortschreitender Elektrifi-zierungsgrad wird mit Vollhybrid-Fahrzeugen erreicht. Sie verfügen ebenfalls über eine

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Abb. 3.145 Vereinfach-ter Kühlkreislauf einesVerbrennungsmotors.1 Verbrennungsmotor, 2 Ther-mostatventil, 3 Hauptkühlermit Kühlerlüfter, 4 mecha-nische Kühlmittelpumpe,5 Heizungswärmetauschermit Lüftergebläse

MM

T

T

13

2

4

5

Start-Stopp-Funktion. Die Dauer der Stopp-Phasen eines Vollhybridfahrzeugs ist längerals bei reinen Start-Stopp-Fahrzeugen, da neben den Stillstandsphasen des Fahrzeugs auchPhasen rein elektrischen Fahrens auftreten.

Heutige Start-Stopp- undHybridfahrzeuge besitzen derzeit noch einen geringenMarkt-anteil und werden, abgesehen von Ausnahmen wie dem Toyota Prius, in der Regel aufBasis bestehender Fahrzeugplattformen angeboten. Es ist daher vorteilhaft, die eingesetz-ten Nebenaggregate des konventionellen Antriebsstrangs soweit wie möglich auch für dieelektrifizierten Fahrzeuge derselben Fahrzeugplattform zu verbauen.

Einige Antriebsstrukturen für Hybrid-Fahrzeuge bieten den Freiheitsgrad, den Ver-brennungsmotor in Drehzahlbereichen mit hohen Wirkungsgraden zu betreiben. Hierzuzählen leistungsverzweigte oder serielle Hybridantriebe. Serielle Hybridfahrzeuge werdenim Extremfall bei einer konstanten Verbrennungsmotordrehzahl betrieben, die dann auchden Nebenaggregaten zur Verfügung steht. Mechanisch angetriebenen Nebenaggregatenin teilweise elektrifizierten Antriebssträngen steht während Phasen mit abgestelltem Ver-brennungsmotor kein Antrieb zur Verfügung. Es existieren daher verschiedene Strategien,welche die Funktion der Nebenaggregate bei Motorstopp weiterhin ermöglichen.

Erzwungener Start des VerbrennungsmotorsMüssenmit demVerbrennungsmotor gekoppelte Nebenaggregate nur zeitweise zugeschal-tet werden, kann ein Start des Verbrennungsmotors erzwungen werden. Bei Zuschaltender Klimaanlage mit mechanischem Klimakompressor kann beispielsweise der Motorstarterfolgen. Diese einfache und kostengünstige Strategie reduziert das mögliche Kraftstoff-einsparpotential des Hybridfahrzeugs, da im Extremfall der Start-Stopp-Betrieb gänzlichunterbunden wird.

Zwischenspeichern von EnergieSind die vorhandenen Stopp-Phasen hinreichend kurz, kann durch Zwischenspeichernder von den Nebenaggregaten umgewandelten Energie eine Stopp-Phase überbrückt wer-den. Auf dem Markt existieren beispielsweise Speicherverdampfer für die Klimaanlage,welche während kurzer Stopp-Phasen eine Aufrechterhaltung der Fahrgastzellenklimati-sierung erlauben.Dasselbe Prinzip gilt bei Einsatz einesGenerators inKombinationmit der12-V-Batterie als Speicher. Während der Stillstandsphasenwird die elektrische Energie für

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das Bordnetz nicht mehr vom Generator geliefert, sondern aus der 12-V-Batterie entnom-men. In Phasen verbrennungsmotorischen Betriebs muss dann ein Wiederaufladen derBatterie erfolgen. Lange Stillstandsphasen erfordern folglich bei gleicher Auslegung einegrößere Batteriekapazität und beschleunigen die Batteriealterung durch höhere und häu-figere Ladungswechsel. Die Strategie der Zwischenspeicherung in Kombination mit einemerzwungenen Wiederstart eignet sich aufgrund der kurzen Stillstandphasen insbesonderefür Start-Stopp-Fahrzeuge.

Nutzung der elektrischen Maschine zum Betrieb der NebenaggregateBei einigen Antriebsstrukturen ist es möglich, einzelne Nebenaggregate mit der für denHybridantrieb vorgesehenen elektrischen Maschine anzutreiben. Hierfür müssen die Ne-benaggregate, z. B. mit einer Kupplung, vomVerbrennungsmotor abgekoppelt werden, umein Mitschleppen des inaktiven Verbrennungsmotors zu verhindern. Ein Abkoppeln derNebenaggregate kann am Riementrieb erfolgen. Bei elektrifizierten Doppelkupplungsge-trieben ist ein an das Getriebe gekoppelter Klimakompressor beispielsweise auch über diegetriebeeigenen Kupplungen trennbar.

Die Option der Kopplung mit dem elektrischen Antrieb bietet sich insbesondere beiVollhybrid-Fahrzeugen an, da bei deren Auslegung der elektrischen Maschinenleistungdie Versorgung der Nebenaggregate berücksichtigt wird. Die Traktionsbatterie kann die-se Leistung vorübergehend, z. B. während der Stillstandsphasen des Verbrennungsmotors,zur Verfügung zu stellen.

Elektrifizierung der NebenaggregateMüssen Phasen von mehreren Minuten ohne verbrennungsmotorischen Betrieb über-brücktwerden, ist eine vollständige Elektrifizierung vonNebenaggregaten sinnvoll. Hierfürwerden Nebenaggregate mit einem eigenen, integrierten elektrischen Antrieb versehen.Ist dieser Antrieb elektrisch regelbar, kann das elektrifizierte Aggregat die momentangeforderte Leistung bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Ihr Betrieb ist dann im Energie-management des Gesamtfahrzeuges zu berücksichtigen (siehe hierzu auch Kap. 4).

Elektrische Nebenaggregate können inHybridfahrzeugen außer aus dem konventionel-len 12-V-Bordnetz auch aus demTraktionsbordnetz versorgt werden. Die Verwendung vonder höheren Spannung von einigen hundert Volt verbessert dabei den Wirkungsgrad auf-grund der eingesetzten elektrischen Antriebskonzepte und aufgrund der Reduktion der„ohmschen Verluste“. Zusätzlich wird das 12-V-Bordnetz von leistungsstarken Verbrau-chern entlastet und die Energiebilanz durchVermeidung vonVerlusten bei der Spannungs-wandlung verbessert. Der Betrieb von Aggregaten mit der Spannung des Traktionsnetzesist allerdings nicht immer möglich und sinnvoll, da die Anforderungen an die Spannungs-sicherheit mit einem hohenMehraufwand verbunden sind. Für elektrische Klimakompres-soren ist der Betrieb mit der Spannung des Traktionsnetzes jedoch schon heute Stand derTechnik.

Sinnvoll ist der Einsatz voll elektrifizierter Nebenaggregate besonders für Hybridfahr-zeuge mit hohem Komfortanspruch, insbesondere für Plug-in-Hybridfahrzeuge, welche

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für einige Kilometer rein elektrisch angetrieben werden können. Durch die vollständigeElektrifizierung stehen während dieses Fahrzustands alle Funktionen uneingeschränkt zurVerfügung.Wird in Zukunft eine vollständige Elektrifizierung aller Nebenaggregate umge-setzt, kann durch denWegfall des Riemenantriebs zusätzlicher Bauraum imAntriebsstranggewonnen und damit Flexibilität bei der Konstruktion erreicht werden. Diese kann z. B. zurIntegration elektrischer Maschinen genutzt werden.

Hybride Nebenaggregat-AntriebeEine weitere Möglichkeit ist der hybride Antrieb von Nebenaggregaten. Bevorzugt wer-den dabei Aggregate mechanisch angetrieben. Zusätzlich verfügen diese Aggregate übereinen eigenen elektrischen Hilfsantrieb. Hiermit können die Versorgung bei Stillstand desVerbrennungsmotors sichergestellt, sowie bei simultanem Betrieb Leistungsdefizite kom-pensiert werden. Bekannt ist dieses Konzept bislang für Klimakompressoren. BesondereVorteile bietet dieser Ansatz fürHybridfahrzeuge. Bei angepasster Auslegung erlaubt diesesKonzept höhereGesamtwirkungsgrade als reinmechanische oder rein elektrische Konzep-te. Nachteile besitzt dieses Konzept aufgrund der komplexeren Auslegung und der höherenKosten.

Die Auslegung von eigens für ein Hybridfahrzeug entwickelten Nebenaggregaten er-fordert Kenntnisse über den gesamten Hybridantrieb. Dabei spielt die Ankopplung an denAntriebsstrang, die Verwendung von Energiespeichern und das Betriebsprofil, wie zumBeispiel beim seriellen Hybrid, eine entscheidende Rolle.

3.6.3.3 Vollständig elektrifizierter AntriebsstrangIn Zukunftwerden sich Fahrzeuge zunehmend inRichtung einer vollständigen Elektrifizie-rung weiterentwickeln. Mögliche Antriebssysteme sind batteriebetriebene Elektrofahrzeu-ge, Elektrofahrzeuge mit Range-Extendern und Brennstoffzellenfahrzeuge. Bedingt durchdie im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen ca. um den Faktor 500 geringere Energiedichte(vgl. Abschn. 3.4) und die Kosten für die elektrischen Energiespeicher werden bei die-sen Fahrzeugen hohe Anforderungen an die Gesamteffizienz gestellt. Da der Wegfall desklassischen Verbrennungsmotors neue Freiheitsgrade bezüglich des Einbauorts und derKopplung der Aggregate ermöglicht, sind für diese Klasse der vollständig elektrifiziertenFahrzeuge neue Konzeptansätze hinsichtlich der Nebenaggregate denkbar.

Prinzipiell ist für vollständig elektrifizierte Fahrzeuge eine mechanische Kopplung derNebenaggregate mit dem Antriebsstrang möglich. Aus energetischer Sicht bringt dies kei-ne Vorteile, da der Antrieb ohnehin elektrisch erfolgt und zudem weitestgehend fest an dieDrehzahl des Antriebsstrangs oder der elektrischen Maschine gekoppelt ist. Sinnvoll istdaher eine nahezu vollständige Elektrifizierung der noch erforderlichen Nebenaggregate.Wenn derartige Fahrzeuge keinen Verbrennungsmotor besitzen, sind direkt zum BetriebdesVerbrennungsmotors benötigteHilfsaggregate überflüssig. Ein rein elektrischer Betriebder noch verbleibenden Nebenaggregate erlaubt zudem einen angepassten und bedarfsge-rechten Betrieb, der es ermöglicht, die hohenAnforderungen an die Effizienz des Fahrzeugszu erfüllen.

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Batteriebetriebene elektrische Fahrzeuge besitzen im Vergleich zu konventionellenFahrzeugen eine deutlich reduzierte Reichweite. Das Aufladen eines elektrischen Ener-giespeichers ist zudem zeitaufwendiger als das Betanken eines konventionellen Fahr-zeuges. Aus diesen Gründen wird in Elektrofahrzeugen der Einsatz eines so genanntenRange-Extenders oder einer Auxiliary Power Unit erwogen. Hierbei handelt es sich umZusatzaggregate zur Erzeugung elektrischer Energie aus chemischen Energiequellen, bei-spielsweise mit konstanter Drehzahl betriebene Verbrennungsmotoren. Range-Extenderkönnen dabei als autonome Zusatz-Konzepte oder als fest integrierte On-Board-Lösungenausgelegt werden. Die zum Betrieb des Range-Extenders erforderlichen mechanischenHilfsaggregate sollten aus Gründen des Wirkungsgrades eigens auf das Betriebsprofil desRange-Extenders ausgelegt werden.

Die Auslegung elektrifizierter Nebenaggregate erfolgt anhand des maximal erforderli-chen Leistungsbedarfs. Um denWirkungsgrad der elektrifizierten Nebenaggregate zu ver-bessern, ist neben der Komponentenauslegung insbesondere eine intelligente Ansteuer-strategie von entscheidender Bedeutung. DieWirkungsgradnachteile durch die elektrischeEnergiewandlung lassen sich insbesondere durch eine bedarfsgerechte Ansteuerung in-nerhalb des Systemverbunds aufwiegen. Ziel einer energieminimalen Ansteuerstrategie istes daher, die Funktion des Nebenaggregats im aktuellen Betriebszustand unter minima-ler Energieaufwendung gewährleisten zu können. Diese Anpassung erfordert fundierteKenntnisse über das Systemverhalten und den Systemzustand, da sich energieoptimaleBetriebsbereiche in der Regel in Grenzbereichen befinden. So muss beispielsweise eineelektrisch angesteuerte Pumpe den minimal für eine Kühlung erforderlichen Volumen-strom aufbringen, ohne dabei Überhitzungen zu verursachen.

Für den vollständig elektrifizierten Antriebsstrang gelten besonders strenge Anforde-rungen hinsichtlich eines niedrigen Energiebedarfs, da bei batteriebetriebenen Elektro-fahrzeugen Verluste der Nebenaggregate die Reichweite signifikant reduzieren oder mitteurer zusätzlicher Batteriekapazität aufgewogen werden müssen.

Bei batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen steht die Abwärme des Verbrennungsmo-tors zur Fahrgastzellenbeheizung nicht mehr zur Verfügung. Energie zum Heizen kannprinzipiell elektrisch erzeugt werden, was entweder aufgrund der benötigten Batteriekapa-zität die Kosten drastisch erhöht oder die Reichweite des Fahrzeugs empfindlich reduzierenkann. Mit intelligenten Strategien zur Abwärmenutzung einiger Nebenaggregate und desAntriebs sowie eines Thermomanagementsystems lassen sich daher die Gesamteffizienzdes Fahrzeugs und damit die Reichweite erhöhen.

Für Nebenaggregate in Elektrofahrzeugen bestehen zudem verschärfte Anforderungenhinsichtlich der Geräusch- und Schwingungsemissionen. Aufgrund der verringerten Fahr-geräusche nehmen die Passagiere die Geräusche der Nebenaggregate intensiver wahr. Ver-glichen mit konventionellen Fahrzeugen treten daher Geräusche und Schwingungen beielektrifizierten Fahrzeugen merklich in den Vordergrund.

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Abb. 3.146 Elektrische Ma-schine für den Einsatz in einemHybridfahrzeug (Robert BoschGmbH)

Klemmenkasten

Rotor mitPermanent-magneten

Welle

Kühlanschluss

Stator mitWicklung

3.6.4 Aggregate im Hybridfahrzeug

3.6.4.1 Elektrische MaschineZur Realisierung eines elektrifizierten Fahrzeugs werden eigens hierfür entwickelte elek-trische Maschinen eingesetzt (siehe Abb. 3.146). Diese können an unterschiedlichen Stel-len in den Antriebsstrang integriert werden. Möglichkeiten sind dabei beispielsweise diekonventionelle Kopplungmit dem Riementrieb oder die direkte Kopplungmit der Kurbel-welle des Verbrennungsmotors. Weiterhin ist eine Integration in das Hauptgetriebe oderAchsdifferential genausomöglich wie die Realisierung als Radnabenmotor. Abhängig vomgewählten Einbauort unterscheiden sich damit auch die Umweltbedingungen der Neben-aggregate.

Ebenso vielfältig wie die Integrationsmöglichkeiten im Antriebsstrang sind die jewei-ligen Betriebsprofile. Sie hängen neben der Auslegung des Fahrzeugs, insbesondere beiHybridfahrzeugen, auch sehr stark von der jeweiligen Betriebstrategie ab. Anstelle des kon-ventionellen Starters kann bei vielen Hybridantrieben ein Start des Verbrennungsmotorsdurch die elektrische Maschine erfolgen. Die Starthäufigkeit hängt dabei ebenfalls von dergewählten Betriebsstrategie ab. Teilweisewird der konventionelle Starterweiterhin für Erst-starts verwendet, Wiederstarts des Verbrennungsmotors übernimmt die elektrische Ma-schine.

Die Lebensdauerauslegung der elektrischen Maschine hat daher aufgrund der vielsei-tigen Integrations- und Betriebsmöglichkeiten weitaus fallspezifischer zu erfolgen als beikonventionellen Nebenaggregaten. Die Regelung der elektrischen Maschine erfolgt überdie in Abschn. 3.3 beschriebene Leistungselektronik.

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3.6.4.2 LenkkraftunterstützungBei den Lenksystemen zeichnet sich in den letzten Jahren ein deutlicher Trend von hydrau-lischen Systemen zu rein elektrischen Lenksystemen ab. Ein Ziel dabei ist die Reduzierungdes Kraftstoffverbrauchs und somit der CO2-Emissionen. Da hydraulische Lenksystemeein Nebenaggregat in Form einer Hydraulikpumpe benötigen, welchemeist direkt mit demVerbrennungsmotor gekoppelt ist, haben diese Systeme energetische Nachteile. Die Pum-pe fördert bei solchen Systemen permanent die maximale Ölmenge, auch wenn nicht odernur wenig gelenkt wird (z. B. bei Autobahnfahrt).

Eine Möglichkeit, hydraulische Lenksysteme bezüglich ihres Energiebedarfs zu opti-mieren, stellen volumenstromgeregelte Pumpen oder die elektrohydraulische Servolen-kung dar. Bei der elektrohydraulischen Servolenkung wird dieHydraulikpumpe von einemElektromotor angetrieben, der wiederum aus dem Bordnetz des Fahrzeugs versorgt wird.Somit kann die Leistung der Pumpe in Situationen, in denen nicht oder wenig gelenkt wird,heruntergeregelt werden. Ein Nachteil bei diesem System ist, dass die Pumpe im Fahrbe-trieb nie komplett ausgeschaltet werden kann, da im Falle einer plötzlichen Lenkbewegungein Druckaufbau nicht schnell genug erfolgt.

Abbildung 3.147 stellt den mittleren Energiebedarf der unterschiedlichen Systeme ge-genüber. Man erkennt gegenüber der Standard-Hydrauliklenkung von links nach rechtsabnehmende Verbräuche für die Hydrauliklenkung mit volumenstromgeregelter Pumpe,die elektrohydraulische Servolenkung und die elektromechanische Servolenkung.

Den Schritt zu einem reinen bedarfsgerechten System stellt die elektromechanische Ser-volenkung dar. Bei diesem System unterstützt ein elektrischer Antrieb den Fahrer beimLenken. Der Motor wird nur dann angesteuert, wenn der Fahrer lenkt. Somit ergibt sicheine deutliche Energieeinsparung gegenüber allen anderen Lenksystemen. Elektromecha-nische Lenksysteme gibt es in verschiedenen Ausführungsvarianten (Abb. 3.148). Wesent-liche Unterschiede sind die verwendeten Getriebekonzepte und Anordnungspunkte derServoantriebe, was zuUnterschieden in der erreichbaren Lenkleistung führt. DieHauptkri-terien zur Auswahl eines Lenksystems sind Lenkkräfte (Zahnstangenkraft), Lenkgeschwin-digkeit (Lenkradumdrehungen pro Sekunde) und der verfügbare Bauraum.

Bei der in Kleinst- und Kleinwagen eingesetzten Lenksäulen-Variante (Abb. 3.148a)wird die Unterstützungskraft mit Hilfe eines Schneckengetriebes in die Lenksäule einge-leitet. Die übertragbare Unterstützungskraft ist durch die Lenkwelle und das Ritzel desLenkgetriebes begrenzt. Bei der ebenfalls in Kleinst- und Kleinwagen eingesetzten Ritzel-Variante (Abb. 3.148b) wird die Unterstützungskraft in das Ritzel der Lenkung mit Hil-fe eines Schneckengetriebes eingeleitet. Die übertragbare Unterstützungskraft ist durchdas Ritzel des Lenkgetriebes begrenzt. Bei der Doppelritzelvariante (Abb. 3.148c) wirddie Unterstützungskraft an einem zusätzlichen Ritzel mit einem Schneckengetriebe in dieLenkung eingeleitet. Das zusätzliche Ritzel ermöglicht die Übertragung höhererUnterstüt-zungskräfte und kann vom Kleinwagen bis in die Mittelkasse eingesetzt werden.

Die achsparallele Variante (Abb. 3.148d) verwendet als Servogetriebe eine Kombinati-on aus Riemengetriebe und Kugelgewindetrieb. Der Kugelgewindetrieb befindet sich auf

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0

100

200

300

400

500

600

Standard-Hydrauliklenkung

Hydrauliklenkungmit volumen-

stromgeregelterPumpe

ElektrohydraulischeServolenkung

ElektromechanischeServolenkung

Dur

chsc

nitts

leis

tung

[W]

Abb. 3.147 Durchschnittlich aufgenommene Leistung im kundenrelevanten Fahrbetrieb für ver-schiedene Lenksysteme

Tab. 3.33 Leistungsaufnahme von elektromechanischen Servolenkungen in verschiedenen Fahr-zeugklassen

Fahrzeugklasse Aufgenommene elektrische Leistung [W] Bordnetzstrom [A]Kleinstwagen 300–480 25–40Kleinwagen 480–780 40–65Mittelklasse 780–1080 65–90Oberklasse 1080–1440 90–120

der Zahnstange. Der Riemen verbindet ihn mit dem Motorritzel. Der Aufbau bedingt ei-ne parallele Anordnung des Motors zur Zahnstange. Dieser Lenkungstyp kann sehr großeUnterstützungskräfte erzeugen und kann somit vom Kleinwagen bis in die Oberklasse ein-gesetzt werden.

Die Aufnahmeleistung einer elektromechanischen Lenkung errechnet sich aus Lenk-geschwindigkeit, Zahnstangenkraft und dem Wirkungsgrad des Systems. Typische Leis-tungsklassen für ein 12-V-Bordnetz sind in Tab. 3.33 dargestellt. Die aufgenommeneelektrische Leistung erscheint zunächst sehr hoch, diese wird allerdings nur bei weni-gen Fahrmanövern, z. B. beim Parken, benötigt. Die durchschnittliche aufgenommeneelektrische Leistung einer Elektrolenkung liegt im kundenrelevanten Fahrbetrieb unter10W.

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a b

c d

Abb.3.148 Ausführungsvarianten von elektromechanischen Lenksystemen. aLenksäulen-Variante,b Ritzel-Variante, c Doppelritzel-Variante, d achsparallele Variante. Die Lenkkraftunterstützung istjeweils rot gezeichnet

Heutige Entwicklungen zeigen, dass durchOptimierung des 12-V-Bordnetzes eine elek-tromechanische Lenkung bis in die Oberklasse realisiert werden kann. Der Einsatz solcherSysteme in der Oberklasse erfordert neben einer Bordnetzoptimierung (bedarfsgerechteGeneratorregelung und Bordnetzmanagement) auch ein Lenksystem mit optimalem Wir-kungsgrad.

Ein Betrieb der elektromechanischen Servolenkung bei mehreren hundert Volt wür-de den Vorteil bringen, die Spitzenströme zu reduzieren. Allerdings hat diese Änderungstarke Auswirkungen auf wesentliche Komponenten der Elektrolenkung. Diese wären z. B.das Steuergerätmit Leistungsendstufe, der Elektromotor unddie Steckerverbindungen.DieAnpassungen würden sehr hohe Kosten verursachen, die dem Nutzen nicht gegenüber-ständen. Daher ist aus heutiger Sicht ein Betrieb der elektromechanischen Servolenkungbei mehreren hundert Volt nicht wirtschaftlich realisierbar.

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Abb. 3.149 Aufbau einesDC/DC-Wandlers.Ue Ein-gangsspannung aus demTraktionsnetz von mehrerenhundert Volt, Ua Ausgangs-spannung zur Versorgung des12-V-Bordnetzes

Ue

Ua

Schaltereinheit

Transformator

Gleichrichter

Filter

3.6.4.3 DC/DC-Wandler zur BordnetzversorgungZur Umwandlung der Spannung des Traktionsnetzes in Schutzkleinspannung für das12-V-Bordnetz wird ein DC/DC-Wandler eingesetzt. Dieser DC/DC-Wandler kann da-her als „elektrifizierter Ersatz“ des mechanischen, riementriebgekoppelten Generatorsbetrachtet werden. Typische Leistungsklassen liegen zwischen 1,5 und 3 kW. HöhereKurzzeit-Lasten werden aus der 12-V-Batterie bereitgestellt. Im Wesentlichen besteht derDC/DC-Wandler aus einer Schaltereinheit, einem Transformator zur Potentialtrennung,einem nachgeschalteten Gleichrichter, sowie einem Filter (Abb. 3.149).

Der DC/DC-Wandler kann auch bidirektional ausgeführt werden, was die Speisungdes Traktionsnetzes aus der 12-V-Batterie ermöglicht. Damit gewinnen Hybridfahrzeu-ge, welche zum Verbrennungsmotorstart die elektrische Maschine benötigen, bei defek-ter oder entladener Traktionsbatterie die Möglichkeit zum Start des Verbrennungsmotors.Die Fahrzeugintegration des DC/DC-Wandlers ist an verschiedenen Einbauorten möglich.Aufgrund des erforderlichen Anschlusses an das Traktionsnetz und den damit verbunde-nen Sicherheitsanforderungen ist eine Integration in das Gehäuse des Umrichters für dieelektrische Maschine vorteilhaft.

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tB tE

UB

US

UF

mit Stabilisierung

ohne Stabilisierung

~~

Abb. 3.150 Verlauf der Spannung an sensiblen Verbrauchern während eines Startvorgangs mitund ohne Stabilisierung mit einem DC/DC-Wandler. U Spannung, UB Batteriespannung vor demStartvorgang, US Ausgangsspannung des DC/DC-Wandlers,UF Mindestspannung, die für eine ein-wandfreie Funktion von sensiblen Verbrauchern nötig ist, t Zeit, tB Beginn des Starts, tE Ende desStarts. Im graumarkierten Bereich können bei den sensiblenVerbrauchern Funktionsstörungen auf-treten

3.6.4.4 Potentialtrennender DC/DC-Wandler zur BordnetzstabilisierungEinige Hybridfahrzeuge sowie reine Start-Stopp-Fahrzeuge verwenden zum Start des Ver-brennungsmotors weiterhin den konventionellen Starter, welcher mit Energie aus dem 12-V-Bordnetz betrieben wird. Das Starten und Stoppen des Verbrennungsmotors führt dabeizu einem kurzzeitigen Einbruch der Bordnetzspannung.

Dieses Einbrechen der Bordnetzspannung kann zu einem Flackern der Instrumenten-und Displaybeleuchtung oder zu Beeinträchtigungen des Radios oder Navigationssystemsführen. Dies tritt in gleichem Maße auch bei konventionellen Fahrzeugen auf, wird dortaber als weniger störend empfunden, da die Komforteinbußen nur einmalig beim Fahr-zeugstart auftreten. Als Abhilfe kann zur Abstützung des Bordnetzes ein DC/DC-Wandlereingesetzt werden, der kurzzeitig die Spannung aufrecht erhält (Abb. 3.150). Eine vollstän-dige Abstützung aller elektrischen Verbraucher ist in der Regel nicht erforderlich, daherwerden nur besonders sensible Verbraucher abgestützt. Typische Leistungsklassen befin-den sich daher in diesen Anwendungsbereichen zwischen 200 und 400W.

3.6.5 Betrieb vonNebenaggregaten im Traktionsnetz

Mit der Einführung voll elektrifizierter Fahrzeuge steht Nebenaggregaten ein höheresSpannungsniveau zur Verfügung. Da die damit verbundenen Sicherheitsanforderungeneinen erheblichenMehraufwandmit sich bringen, ist die Elektrifizierung vonNebenaggre-gaten im Traktionsnetz genau abzuwägen. Ihr Einsatz wird typischerweise dann gewählt,wenn Nebenaggregate einen sehr hohen Energiebedarf besitzen und somit beträchtlichzur Gesamteffizienz des Fahrzeugs beitragen. Zum anderen ist es dann sinnvoll, wennkurzzeitig sehr hohe Leistungen von Nebenaggregaten abverlangt werden.

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3.6.6 Energiemanagement

Die zum Antrieb der Nebenaggregate benötigte Energie hat bei modernen Fahrzeugeneinen signifikanten Einfluss auf den Gesamtenergieverbrauch des Fahrzeugs. Mechanischangetriebene Nebenaggregate belasteten die Kurbelwelle mit einem zusätzlichen Moment.Für elektrisch angetriebene Aggregate wird das zusätzliche Moment indirekt durch dieelektrischeMaschine ausgeübt. Hohe Belastungen durch Nebenaggregate senken daher diemaximal verfügbare Vortriebsleistung.

Werden Nebenaggregate so betrieben, dass mehr Energie erzeugt als aktuell benötigtwird, führt dies zu einemMehrverbrauch des Fahrzeugs. Mit einem intelligenten Energie-management für die Nebenaggregate kann daher ein wertvoller Beitrag zur Verbesserungder Leistung undder Gesamteffizienz geliefert werden. Zu berücksichtigen sind dabei prin-zipiell alle im Fahrzeug verfügbaren Energieformen, hautsächlich die elektrische Energie,die Wärme und die im Kraftstoff chemisch gespeicherte Energie.

Aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung ist künftig von einer steigenden Belastungdurch elektrische Bordnetzverbraucher auszugehen. Ziel des elektrischen Energiemana-gements ist es, den Bedarf der Nebenaggregate so genau wie möglich einzuschätzen undbedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Dabei ist in allen Betriebszuständen ausreichendEnergie in den elektrischen Energiespeichern vorzuhalten. Weiterhin ist zur Verbesserungder Wirkungsgradkette ein unnötiges Zwischenspeichern von elektrischer Energie nachMöglichkeit zu vermeiden.

Ermöglicht wird ein elektrisches Energiemanagement vor allem durch effizient undvariabel einstellbare elektrische Antriebe sowie der genauen Kenntnis der Komponenten-und Systemcharakteristik. EineKernkomponente stellt dabei das elektronische Batteriema-nagement dar, welches über die Erfassung elektrischer Größen sowie der Temperatur aktu-elle sowie künftig zu erwartende Zustände der Batterie berechnen kann (vgl. Abschn. 3.4).

Die Intention des thermischen Energiemanagements ist es, die Aggregate bei thermischoptimalen Bedingungen zu betreiben und trotzdem möglichst wenig kühlen zu müssen.Umgesetzt wird ein solches intelligentes Thermomanagement über die betriebsoptimierteRegelung der verschiedenenWärme- und Stoffströme imFahrzeug [Bosch11].Hierfür sindthermisch optimierte Aggregate sowie die Kenntnis über Komponenten und Systemcha-rakteristik erforderlich. Weiteres Ziel des thermischen Energiemanagements ist die Nut-zung von Abwärme oder verfügbarer Kühlleistung, wie beispielweise die Nutzung von kli-matisierter Luft aus der Fahrgastzelle zur Kühlung der Traktionsbatterie [Reif10K].

Zur Regelung eines effizienten Energiemanagements werden ferner Mess- und Schätz-werte physikalischer Größen sowie geeignete Regelalgorithmen zur Ansteuerung benötigt.In Zukunft werden dabei vermehrt auch prädiktive Regler, beispielsweise gestützt durchGPS-, Verkehrs- oder Klimadaten, eine größere Rolle spielen, um ein vorausschauendesGesamt-Energiemanagement unter Berücksichtigung extern auf das Fahrzeug wirkenderEinflüsse einzusetzen. Das Augenmerk wird sich dabei auch auf mehrdimensionale Opti-mierungskriterien richten, welche Kriterien wie die Gewichtung unterschiedlicher Ener-gieformen oder die Alterung von Aggregaten berücksichtigen (vgl. Kap. 4).

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Meist rechtfertigt derzeit der apparative und finanzielle Aufwand für das Energiemana-gement nur wenige wichtige Maßnahmenmit hohemEinfluss. Es ist zu erwarten, dass sichdies künftig aufgrund der hohenAnforderungen an die Gesamteffizienz des Fahrzeugs undder vermehrten Berücksichtigung von Verbrauchern wie der Klimaanlage in den gesetz-lichen Abgaszyklen ändern wird. Nebenaggregate tragen zum Gesamtenergiebedarf desFahrzeuges heute bis zu 75% bei. Damit sind die Nebenaggregate ein lohnendes Optimie-rungsfeld und bedürfen Ansätze für innovative Technologien [Lunanova09].

Literatur

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4Betriebsstrategien

Jan-Welm Biermann und Christian Renner

4.1 Einleitung

Die für den Betrieb eines Kraftfahrzeugs erforderliche Energie wird bei konventionellenFahrzeugantrieben ausschließlich vom Verbrennungsmotor bereitgestellt. Hierzu wird dieim Kraftstoff enthaltene Energie in mechanische Energie umgewandelt und dann über Ge-triebe,Differential und Seitenwellen an dieAntriebsräder des Fahrzeugs übertragen.DurchSchalten der verschiedenen Übersetzungsstufen können Drehmoment und Drehzahl desMotors dem jeweiligen Wunsch des Fahrers angepasst werden. Lediglich bei stufenlosenGetrieben (Continuously Variable Transmissions CVT) geschieht dies nicht in vorgege-benen Übersetzungsstufen, sondern stufenlos. Abgesehen von dieser Energie- und Ken-nungswandlung besteht kein weiterer Freiheitsgrad hinsichtlich der Energiebereitstellungund -übertragung bei konventionell mit Verbrennungsmotor angetriebenen Kraftfahrzeu-gen.

Bei Hybridantrieben hingegen eröffnet die Kombination von Verbrennungs- und elek-trischer Maschine prinzipbedingt die drei Möglichkeiten, das Fahrzeug nur mit dem Ver-brennungsmotor, nur mit der elektrischen Maschine oder mit beiden gemeinsam anzu-treiben. Um das Fahrzeug beispielsweise mit möglichst niedrigem Kraftstoff- und Energie-verbrauch einsetzen zu können, ist die Frage, welcher Energiewandler wann und wie zubetreiben ist, unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirkungsgrade kontinuierlich neu zubeantworten. Diese Optimierung leistet das sogenannte Energiemanagement nach einerwährend der Entwicklung festzulegenden Betriebsstrategie.

Prof. Dr.-Ing. habil. Jan-Welm BiermannB, Dipl.-Ing. Christian RennerWiesbaden, Deutschlande-mail: [email protected]

301K. Reif et al. (Hrsg.), Kraftfahrzeug-Hybridantriebe, ATZ/MTZ-Fachbuch,DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1_4,© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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302 J.-W. Biermann und C. Renner

4.2 Antriebskomponenten

Die Betriebsstrategie eines Hybridfahrzeugs muss alle das jeweilige Attribut beeinflus-senden Komponenten und deren aktuelle Eigenschaften berücksichtigen. Im Falle derOptimierung des Attributes Kraftstoff- oder Energieverbrauch sind dies insbesondere dieEnergiewandler Verbrennungsmotor und elektrische Maschine sowie die Batterie undgegebenenfalls weitere Speicher. Weitere Attribute sind beispielsweise die Abgasemissio-nen des Antriebs sowie der Geräusch- und Schwingungskomfort. Nachfolgend werdenbeispielhaft die für den Energieverbrauch charakteristischen Eigenschaften einzelner An-triebskomponenten dargestellt.

4.2.1 Verbrennungsmotor

Die thermischeWandlung der im Kraftstoff gespeicherten Energie in mechanische Energiebewerkstelligt der Verbrennungsmotor. Je nach Arbeitsprinzip sowie Drehzahl und Dreh-moment erfolgt dies mit unterschiedlich gutem Wirkungsgrad. Dies lässt sich mit Hilfevon Abb. 4.1 erkennen, in der das Verbrauchskennfeld eines modernen Pkw-Ottomotorsdargestellt ist.

Typisch für Verbrennungsmotoren ist, dass sich der Betriebspunkt mit dem niedrigstenspezifischen Kraftstoffverbrauch und somit dem besten Wandlungswirkungsgrad etwa beieinem Drittel der Höchstdrehzahl und Dreiviertel des Maximaldrehmomentes befindet.Im Bereich der für den Stadtverkehr typischen Arbeitsweise mit niedriger Drehmoment-abgabe erreichen Verbrennungsmotoren vergleichbar schlechte Wirkungsgrade. Dies giltinsbesondere für den Stop-and-Go-Verkehr. Hieraus resultieren die relativ hohen Kraft-stoffverbräuche für den Stadtverkehr.

Bei Hybridantrieben ergibt sich für den Betrieb des Verbrennungsmotors ein entschei-dender Vorteil, da mit der elektrischen Maschine ein zweites Antriebsaggregat zur Verfü-gung steht. Insofern kann beispielsweise bei parallelen Hybridkonzepten die Drehmomen-tabgabe des Verbrennungsmotors unabhängig vom Drehmomentbedarf am Rad gestaltetwerden (siehe Abb. 4.2, Punkt 3). Die erhöhte Drehmomentabgabe (Lastpunktanhebung)bei effektiverer Energiewandlung wird insbesondere zur Ladung der Batterie genutzt. Beiseriellen und leistungsverzweigten Hybridantrieben kann zudem auch die Drehzahl unab-hängig von der Raddrehzahl gestaltet werden (siehe Abb. 4.2, Punkt 2). Die abgegebeneMotorleistung bleibt dabei unverändert. Übernimmt ausschließlich der Elektromotor denAntrieb des Fahrzeugs, kann der Verbrennungsmotor ausgeschaltet werden (sieheAbb. 4.2,Punkt 1).

Neben der Reduktion von Kraftstoffverbrauch und Abgasemissionen bieten sich hierauch andere Potentiale an, wie z. B. die Reduktion des Fahrzeuggeräusches. Aufgrund derEntkoppelung des Verbrennungsmotors von den Antriebsrädern sind vollständig andereBetriebsarten wie z. B. der intermittierende Betrieb des Verbrennungsmotors im Kennfeld-bestpunkt möglich.

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4 Betriebsstrategien 303

1000 2000 3000 4000 5000 6000 70000

50

100

150

200

250

600

Drehzahl [min ]–1

maximales Drehmoment [Nm] spez. Kraftstoffverbrauch [g/kWh]

400

235

250

300

Dre

hmom

ent [

Nm

]

Abb. 4.1 Verbrauchskennfeld eines Pkw-Ottomotors (Volkswagen AG)

4.2.2 ElektrischeMaschine

Elektrische Maschinen unterscheiden sich von Verbrennungsmotoren, wie in Abb. 4.3 zuerkennen ist, zum einen durch einen erheblich höheren Wirkungsgrad, zum anderen lie-fern sie bereits im Stillstand ihr maximales Drehmoment.

Des Weiteren ist zu beachten, dass elektrische Maschinen ohne Abgasemission betrie-ben werden. Da zudem die Geräuschentwicklung erheblich geringer als die eines Verbren-nungsmotors ist, bietet sich bei Hybridfahrzeugen der ausschließlich elektrische Betriebinsbesondere im Stadtverkehr bei niedrigen Geschwindigkeiten an. Ein weiterer prinzi-pieller Vorteil gegenüber einem Verbrennungsmotor ist, dass elektrische Maschinen auchals Generator betrieben werden können. Damit eröffnet sich die Möglichkeit der Reku-peration, d. h. der Wandlung von kinetischer Energie in elektrische Energie während desBremsvorgangs, die zum Laden der Batterie benutzt werden kann.

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304 J.-W. Biermann und C. Renner

maximales Drehmoment [Nm]

konstante Leistung 5 kW verschiedene Betriebspunkte

spez. Kraftstoffverbrauch [g/kWh]

Drehzahl [min ]–1

Dre

hmom

ent [

Nm

]

1000 2000 3000 4000 5000 6000

20

40

60

80

100

120

00

240

235

245

250

260

260

300

400

600

1

3

2

Abb. 4.2 Beeinflussung des Verbrennungsmotor-Betriebspunktes

4.2.3 Energiespeicher

Neben Verbrennungsmotor und elektrischer Maschine ist beim Hybridantrieb des Weite-ren der Energiespeicher in das Energiemanagement einzubeziehen. Aktuell werdenNickel-Metallhydrid-Batterien, Lithium-Ionen-Batterien sowieDoppelschichtkondensatoren ein-gesetzt. Diese können über einen Generator aufgeladen werden, der hierzu die kinetischeEnergie in elektrische Energie wandelt. Beim Plug-in-Hybrid wird die Batterie bevorzugtdirekt aus dem elektrischen Versorgungsnetz wieder aufgeladen. Grundsätzlich sind La-dezustand (State of Charge SOC) und Alterungszustand (State of Health SOH) wichtigeEingangsgrößen für die Betriebsstrategie von Hybridfahrzeugen.

Zu berücksichtigen sind ebenfalls der Wirkungsgrad beim Laden und Entladen desEnergiespeichers sowie die dabei anfallenden Energieverluste. Durch entsprechende Küh-lung ist eine Überhitzung der Batterie, d. h. ein Verlassen der zulässigen Betriebsgrenzen

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4 Betriebsstrategien 305

max. (min.) Drehmoment [Nm]

konstante Leistung [kW]

Wirkungsgrad [%]

Drehzahl [min ]–1

Dre

hmom

ent [

Nm

]

20001000 3000 4000 5000 6000 7000

–200

–100

0

100

200

300

–300

0

20

40

–20

–40

50

90

92

92

92

858080

90

70

70

85

Abb. 4.3 Wirkungsgradkennfeld einer durch Permanentmagnete erregten Synchronmaschine

zu vermeiden. Diese Überwachung obliegt dem Batteriemanagementsystem, das in die Be-triebsstrategie integriert ist.

4.2.4 Nebenaggregate

Bei heutigen mit einem Otto- oder Dieselmotor ausgerüsteten Fahrzeugen wird das An-triebsaggregat nach dem Starten kontinuierlich betrieben und erst am Ende der Fahrt ab-gestellt. Damit steht der Verbrennungsmotor für den Antrieb der Nebenaggregate in allenBetriebsweisen zur Verfügung. Eine Ausnahme bilden hier lediglich moderne Fahrzeugemit Start-Stopp-Funktion.

Demgegenüber wird bei Hybridantrieben der Verbrennungsmotor oft nur zeitweise be-trieben. In dieser Situation muss jedoch sichergestellt werden, dass Nebenaggregate wiez. B. Servolenkung, Klimaanlage und Heizung aus Sicherheits- und Komfortgründen wei-

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306 J.-W. Biermann und C. Renner

terbetrieben werden. Dies bedeutet, dass diese Aggregate auf elektrischen Betrieb umge-stellt werden und ihre Antriebsleistung bei ausgeschaltetem Verbrennungsmotor aus derBatterie beziehen. Dieser potentielle Leistungsbedarf von mehreren Kilowatt zum Beispielbei Klimaanlagen stellt somit auch einenwesentlichen Einfluss auf den Energiehaushalt desHybridfahrzeugs dar, dem die Betriebsstrategie Rechnung tragen muss.

4.3 Entwurf von Betriebsstrategien

4.3.1 Basisanforderungen

Aufgabe der Betriebsstrategie ist es nun, das Zusammenspiel der einzelnen Komponen-ten in Abhängigkeit von Fahrsituation und Leistungsanforderung zu koordinieren. Sie legtfest, wann und wie die einzelnen Komponenten in den verschiedenen Betriebszuständendes Hybridfahrzeugs eingesetzt werden. Dies umfasst verschiedene Funktionen mit unter-schiedlichem Zeithorizont.

An erster Stelle steht hier, den Drehmomentwunsch des Fahrers umzusetzen. Dies be-sagt, dass der Verbrennungsmotor und die elektrische Maschine so anzusteuern sind, dasssich das vom Fahrer gewünschte Antriebs- oder Bremsmoment ergibt. Dieser Vorgangmuss im realen Fahrzeugbetrieb in Echtzeit erfolgen.

Einen etwas erweiterten Zeithorizont im Bereich von einigen Sekunden weisen dieFunktionen auf, die Abläufe wie den Start und Stopp des Verbrennungsmotors sowie denGangwechsel steuern.

Die Ladezustandsregelung, deren Aufgabe es ist, den Ladezustand der Batterie in vor-gegebenen Grenzen zu halten, hat je nach Batteriekapazität einen Zeithorizont im Bereichmehrerer Minuten. Einerseits muss genügend Energie für elektrisches Fahren zur Verfü-gung stehen, andererseits soll die elektrische Energie bei Rekuperationsvorgängen voll-ständig aufgenommen werden können, ohne dass Spannungsgrenzen beim Laden der Bat-terie überschritten werden. Eine wesentliche Frage ist dabei, ab welchen Leistungs- oderDrehmomentanforderungen der Verbrennungsmotor gestartet oder gestoppt wird, undwie stark durch Lastpunkanhebung die Batterie nachgeladen wird.

Zusammenfassend erfolgt eine Auflistung der Grundfunktionen und Effekte zur Ver-brauchsminderung eines Hybridantriebs. Aufgabe bei der Entwicklung eines Hybridfahr-zeugs und der zugehörigen Steuerung – und somit Gegenstand der weiteren Betrachtun-gen – ist die geeignete Kombination und Optimierung dieser Grundfunktionen:

• Start-Stopp-Betrieb,• Boosten,• Rekuperation,• elektrisches Fahren,• Lastpunktanhebung und Lastpunktverlagerung.

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4 Betriebsstrategien 307

Aus diesen Funktionen ergeben sich somit auch die Aufgaben der Betriebsstra-tegie.

DieOptimierung hat imAllgemeinen das Ziel, denKraftstoffverbrauch desHybridfahr-zeugs zu reduzieren.Abgesehen von den zuvor genanntenAttributen Schadstoffemissionenund Geräusch ist zudem eine möglichst niedrige Batteriebelastung hinsichtlich einer lan-gen Batterielebensdauer von entscheidender Bedeutung.

4.3.1.1 Start-Stopp-BetriebUnter Start-Stopp-Betrieb versteht man das Abschalten des Verbrennungsmotors bei ste-hendem oder langsam mit Schrittgeschwindigkeit rollendem Fahrzeug. Dadurch entfälltder Leerlaufverbrauch des Verbrennungsmotors für diesen Zeitraum. Um diese Funktiondarzustellen, bedarf es zumindest eines Systems zum schnellen Wiederstart des Verbren-nungsmotors, wie zum Beispiel eines riemengetriebenen Starter-Generators. Alternativensind optimierte herkömmliche Starter und Kurbelwellen-Starter-Generatoren. Zusätzlichist ein Energiemanagement für die Starterbatterie notwendig, um den Ladezustand derBatterie zu überwachen und zu gewährleisten, dass hinreichend Energie und Leistung füreinen zuverlässigenWiederstart des Verbrennungsmotors zur Verfügung steht. Ein solchesSystem kennzeichnet einen Mikro-Hybrid.

Bei einem Voll-Hybrid-Fahrzeug erfolgt der Start des Verbrennungsmotors über eineelektrische Maschine. Der Verbrennungsmotor wird nicht nur im Stand, sondern unterUmständen auch bei mittleren Geschwindigkeiten abgeschaltet. Diese dann ausschließlichelektrische Fahrweise ist kennzeichnend für einen Voll-Hybrid.

4.3.1.2 BoostenBeimBoostenwerden die Leistungsabgaben vonVerbrennungsmotor und elektrischerMa-schine addiert. Von Vorteil hierbei ist, dass die Leistung und das Antriebsmoment desElektroantriebs nahezu verzögerungsfrei abgerufen und somit das Ansprechverhalten desFahrzeugs verbessert werden kann. Aufgrund der somit erhöhten Elastizität des Antriebskann gegebenenfalls ein höherer Gang oder eine längere Getriebeabstufung gewählt wer-den als in einem vergleichbaren, konventionell angetriebenen Fahrzeug. Gleichzeitig kannin einemgewissenUmfang die Leistung desVerbrennungsmotors reduziertwerden, da nunder Elektroantrieb zusätzliche Leistung bereitstellt. Wegen des begrenzten Energieinhaltesder Batterie kann das Boosten nicht beliebig lange erfolgen. Die Dauerhöchstgeschwin-digkeit und Steigfähigkeit des Fahrzeugs werden somit weiterhin ausschließlich von derSpitzenleistung des Verbrennungsmotors bestimmt.

Die Reduktion der Verbrennungsmotorgröße („Down-Sizing“) führt zu dem positivenEffekt, dass die relative Motorlast und somit auch der Wirkungsgrad ansteigt. Aufgabe derBetriebsstrategie ist hier, im Spannungsfeld maximaler Fahrleistung auf der einen und be-grenzten Energieinhalts des Speichers auf der anderen Seite einen für den Fahrer positivzu erfahrenden Kompromiss darzustellen.

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308 J.-W. Biermann und C. Renner

Bre

msk

raft

Bremspedalkraft

Bre

msk

raft

Bremspedalkraft

TotalTotal

Radbremsehinten

Radbremsevorn

regenerativeBremse

Radbremsehinten

regenerativeBremse

Radbremsevorn

a b

Abb. 4.4 Strategien zur Bremskraftverteilung: a parallele Bremskraftverteilung, b serielle Brems-kraftverteilung [Ogura97]

4.3.1.3 RekuperationBeim Verzögern des Fahrzeugs wird die elektrische Maschine als Generator betrieben; dieso erzeugte elektrische Energie wird in der Batterie gespeichert. Im Gegensatz zu heutigenFahrzeugen nur mit Verbrennungsmotor kann so zumindest ein Teil der kinetischen Ener-gie umgewandelt und gespeichert werden. Eine wesentliche Aufgabenstellung ist hierbeidie Kombination der Nutzbremsung per Generator mit den weiterhin für hohe Verzö-gerungen notwendigen mechanischen Reibbremsen. Um einen maximalen Effekt aus derNutzbremsung zu erzielen, sollte zunächst die Leistungsfähigkeit der elektrischen Maschi-ne voll ausgeschöpft werden, bevor dann die Reibbremsen zusätzlich eingesetzt werden.

Dies erfordert ein intelligentes Bremssystem, bei dem der Bremsdruck an den ange-triebenen Rädern entsprechend dem vom elektrischen Antrieb bereitgestellten Bremsmo-ment reduziert werden kann. Dabei erfolgt bis zu einem gewissen Grad eine Entkopplungvon Bremspedal und Reibbremsen. Der Fahrer betätigt das Bremspedal, das mit einemBremspedal-Gefühlemulator verbunden ist. Die eigentliche Bremsdruckerzeugung wirdvom Pedal entkoppelt elektronisch geregelt. Diese Art der Kombination von elektrischerNutzbremsung undmechanischer Reibbremsung wird als serielle Strategie bezeichnet (sie-he Abb. 4.4b), da zunächst die elektrische Nutzbremsung erfolgt und erst bei höheren Ver-zögerungen die Reibbremsen der angetriebenen Achse zum Einsatz kommen.

Eine andere, einfache Lösung besteht darin, parallel zum Druckaufbau der mechani-schen Bremsen die Rekuperation vorzunehmen (siehe Abb. 4.4a). Dabei wird angestrebt,den Leerweg der konventionellen Bremsen für dieRekuperation zunutzen, so dass das kon-ventionelle hydraulische Bremssystem ohne Modifikationen übernommen werden kann.Das Diagramm in Abb. 4.4 zeigt den Verlauf der Bremskräfte bei beiden Lösungsansätzenfür ein Fahrzeug mit Frontantrieb.

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4 Betriebsstrategien 309

Des Weiteren ist die Anordnung der elektrischen Maschine im Antriebsstrang zu be-rücksichtigen. Ist die elektrische Maschine vor dem Getriebe angeordnet, d. h. die Gang-übersetzungen sind auch für die elektrische Maschine wirksam, ergibt sich die Notwen-digkeit des Zurückschaltens bei aktiver Nutzbremsung. Im Falle eines Stufengetriebes mitZugkraftunterbrechung entfällt somit während der Schaltung die Möglichkeit zur Reku-peration. Ist die elektrische Maschine radnah im Antriebsstrang integriert, besteht dieseProblematik nicht.

4.3.1.4 Elektrisches FahrenDie Funktion „elektrisches Fahren“ kennzeichnet einen Voll-Hybrid. Dabei stellen sichzwei Fragen:

1. Wann wird der elektrische Antrieb und wann der Verbrennungsmotor eingesetzt?2. Wie erzeugt man die zum elektrischen Fahren notwendige Energie und wie lädt man

die Batterie in geeigneter Weise auf?

Im Falle eines Plug-in-Hybrids, der hauptsächlich über ein Ladekabel aus dem öffentli-chen Stromnetz aufgeladen wird, ist die Frage 2 leicht zu beantworten. Fragestellung 1 lässtsich unter anderem mit Hilfe einer Wirkungsgradbetrachtung beantworten. Eine denkba-re Strategie zum Erreichen eines möglichst geringen Energiebedarfes des Gesamtsystemsbesteht darin, das Fahrzeug unter stationären Bedingungen nur mit einemMotor anzutrei-ben. Aus Komfortgründen sollten dabei häufige Betriebswechsel vermieden werden.

Ist ein Betriebspunkt sowohl mit dem Elektroantrieb als auch mit dem Verbren-nungsmotor darstellbar, kann beispielsweise ein Vergleich des Primärenergiebedarfesals Entscheidungskriterium dienen. Bei der entsprechenden Wirkungsgradkette sind imFall des Verbrennungsmotors dessen Wirkungsgrad, der Aufwand zur Verteilung undErzeugung (Raffinerieprozess) des Kraftstoffes sowie der Energieaufwand bis hin zurÖlförderung (Bohrloch) zu berücksichtigen. Beim Elektroantrieb kommen derWirkungs-grad des Elektromotors, der der Batterie beim Fahrbetrieb und späterem Wiederaufladensowie Verluste im Ladegerät und bei der Stromerzeugung und -verteilung zum Tragen,wobei je nach Primärenergiemix der Stromerzeugung von unterschiedlichen Zahlen aus-zugehen ist.

In Abb. 4.5 ist hierzu der Primärenergiewirkungsgrad eines parallelen Hybridantriebsmit Netznachladung der Traktionsbatterie und automatischem 4-Gang-Getriebe für denstationären Betrieb über der Geschwindigkeit aufgetragen. Im 1. und 2. Gang ist aufgrunddes schlechten Teillastwirkungsgrads der Elektromotor im Vorteil, während im 3. und4. Gang der Verbrennungsmotor vorzuziehen ist.

Auf dieser Basis lässt sich eine Betriebsstrategie ableiten, die in Abb. 4.6 visualisiertist. Bei positiver Leistungsanforderung, d. h. bei Konstantfahrt oder Beschleunigungist die Leistungsaufteilung geschwindigkeitsabhängig. Obwohl der Verbrennungsmo-tor im 3. Gang bereits ab 30 km/h Wirkungsgradvorteile aufweist, wird das Fahrzeugaufgrund des schlechten Beschleunigungsvermögens durch den Verbrennungsmotor in

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310 J.-W. Biermann und C. Renner

Abb. 4.5 Primärener-giewirkungsgrade vonVerbrennungsmotor und Elek-tromotor bei stationärer Fahrtin der Ebene [Buschhaus94]

0

5

10

15

20

25

0 20 40 60 80 100

Geschwindigkeit [km/h]

Prim

ären

ergi

ewirk

ungs

grad

[%]

1. Gang

2. Gang

3. Gang

4. Gang

ElektromotorVerbrennungsmotor

–40

–20

0

20

40

60

80

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160

Geschwindigkeit [km/h]

Leis

tung

sanf

orde

rung

[kW

]

DauerleistungSpitzenleistung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160

verbrennungsmotorisch

elektrisch

elektrisch + verbrennungsmotorisch

elektrisch

Abb. 4.6 Betriebsstrategie eines parallelen Hybridfahrzeugs [Buschhaus94]. Die Pfeile symbolisie-ren eine Zuordnung der grau ausgefüllten Fläche entweder zum elektrischen oder zum verbren-nungsmotorischen Betrieb, je nachdem, woher der Übergang erfolgte (siehe Text)

diesem Betriebspunkt weiterhin bis zu einer Geschwindigkeit von 65 km/h ausschließ-lich elektrisch angetrieben. Erst wenn die Antriebsleistung 40 kW überschreitet, wirdder Verbrennungsmotor als Leistungsbooster automatisch zugeschaltet und seine Leis-tung drehmomentaddierend überlagert. Oberhalb von 65 km/h wird automatisch vomElektro- auf den Verbrennungsmotor umgeschaltet. Das Fahrzeug verhält sich dann wieein konventionelles Fahrzeug, solange die Leistungsanforderung 50 kW nicht überschrei-tet. Oberhalb von 50 kW Leistungsanforderung wird der Elektromotor hinzugeschaltet.Um ein schnelles Entladen der Batterie zu vermeiden, wird die Leistung des Elektromotorsab einer Geschwindigkeit von 120 km/h linear bis 130 km/h auf 0 kW reduziert.

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4 Betriebsstrategien 311

Abb. 4.7 Betriebsweise vonPlug-in-Fahrzeugen [Karbow-ski06]

Lade

zust

and

in %

30

90

EntladungLadungs-erhaltung

Strecke

BeimÜbergang vomElektro- zumVerbrennungsmotorbetrieb und zurück ist eineHys-terese integriert. So wird ein unkontrolliertes und häufiges Hin- und Herschalten zwi-schen den Motoren verhindert. Während einer Bremsung wird möglichst die kompletteinstallierte elektrische Generatorleistung für die Rekuperation genutzt. Die unterschiedli-chen Drehzahl-Drehmoment-Charakteristika der beiden Maschinen werden durch unter-schiedliche Schaltstrategien im Elektro-, Hybrid- und Verbrennungsmotorbetrieb berück-sichtigt [Buschhaus94, Busch96].

Die hier beschriebene Betriebsstrategie führt jedoch zu einer kontinuierlichen Entla-dung der Batterie, auch wenn bei höheren Leistungsanforderungen der Verbrennungsmo-tor bei noch vollgeladener Batterie gestartet wird. Erst bei niedrigen Ladezuständen derBatterie wird deshalb der Verbrennungsmotor bereits bei geringen Leistungsanforderun-gen gestartet, so dass ein weiteres Entladen der Batterie vermieden wird. Den Verlauf desLadegrades in diesen beiden Phasen, die im Englischenmit Charge Depleting (Entladung)und Charge Sustaining (Ladungserhaltung) bezeichnet werden, zeigt Abb. 4.7.

Im Sinne eines geringen Energieverbrauchs ist es sinnvoll, möglichst nur in der Ent-ladung zu fahren, aber dabei den ganzen Ladehub der Batterie zu nutzen. Ist im Vorausbekannt, zumBeispiel über eine Eingabe des Fahrers imNavigationssystem, welche Entfer-nung zurückgelegt werden soll, kann die Betriebsstrategie die Einschaltschwelle des Ver-brennungsmotors so modifizieren, dass mit Erreichen des Ziels gerade die untere Lade-grenze erreicht wird. Ist die Strecke relativ kurz und der elektrische Antrieb leistungsfähiggenug, um gewöhnliche Fahrsituationen abzudecken, kann diese Fahrt komplett elektrischerfolgen. Im Vordergrund steht hierbei die Reduktion der Energiekosten, auch wenn dieBetrachtung des Primärenergiebedarfs eine Aktivierung des Verbrennungsmotors vorse-hen würde.

4.3.1.5 Lastpunktanhebung und LastpunktverlagerungBeim autarkenHybridwird die Batterie während der Fahrt aufgeladen. DerVerbrennungs-motor gibt ein höheresMoment ab, als für den Fahrbetrieb erforderlich ist. Dieses wird zumAntrieb des Generators und damit zum Laden der Batterie genutzt. Hier können hinsicht-lich der Betriebsstrategie ähnliche Überlegungen angestellt werden.

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312 J.-W. Biermann und C. Renner

0 5 10 15 20 250

1

2

3

4

5

6

Leistung [kW]

190 g/kWh

1000 min-1

1500 min-1

2000 min-1

2500 min-1K

rafts

toffv

erbr

auch

[kg/

h]

Abb. 4.8 Willanslinien: Zusätzlicher Kraftstoffverbrauch bei Lastpunktanhebung für verschiedeneDrehzahlen; zum Vergleich ist eine Gerade mit der Steigung 190 g/kWh gestrichelt eingezeichnet

Die Idee ist dabei, einem Betriebspunkt, der mit dem Elektroantrieb abgedeckt wird,den beim vorgelagerten Laden entstandenen Kraftstoffverbrauch zuzuordnen. Dazu wirdfolgendeWirkungsgradkette betrachtet. Zunächst wird der Wirkungsgrad oder Kraftstoff-verbrauch bestimmt,mit demderVerbrennungsmotor – ausgehend von einembestimmtenBetriebspunkt, in dem er nur das Fahrzeug antreibt – zusätzlich Moment zum Laden abge-ben kann. Dies ist der so genannte Mehrleistungsverbrauch. Die nächsten Verluste tretenin der elektrischen Maschine auf, die im Generatorbetrieb die Batterie lädt. In der Batterietreten beim Laden und Entladen weitere Verluste auf. Schließlich fallen im Elektroantriebbeim Betreiben des Fahrzeugs ebenfalls Verluste an.

Zur Analyse des Verbrauchsverhaltens von Verbrennungsmotoren infolge zusätzlicherLeistungs- und Momentabgabe bietet sich die so genannte Willanslinien-Darstellung an,die in Abb. 4.8 gezeigt ist. Dargestellt ist der zusätzliche Kraftstoffverbrauch des Verbren-nungsmotors über der Leistung bei verschiedenen Drehzahlen. Bei den Kurvenverläufenhandelt es sich annähernd um Geraden mit einer fast identischen Steigung unabhängigvon der Drehzahl. Erst zu vergleichbar hohen Leistungen hin verschlechtert sich der Wir-kungsgrad. Das besagt, dass ausgehend von einem Betriebspunkt die zusätzliche Leistungin weiten Kennfeldbereichenmit einem fixenWirkungsgrad unabhängig von der Drehzahlund der Zusatzleistung bereitgestellt wird. In dem hier gezeigten Motorbeispiel beträgt derspezifische Kraftstoffverbrauch für die Zusatzleistung ca. 190 g/kWh (vgl. gestrichelte Ge-rade in Abb. 4.8).

Man ist also relativ flexibel in Bezug auf den Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors,wann und wie man Lastpunktanhebung zum Nachladen betreibt. Berücksichtigt man nun

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4 Betriebsstrategien 313

235

240

240

250

400250

260300270

400 600

Drehzahl [min ]–1

1000 2000 3000 4000 5000 60000

20

40

60

80

100

120D

rehm

omen

t [N

m]

600

260

25026

0

300

270

maximales Drehmoment [Nm]

Grenze elektrischer Betrieb

spez. Kraftstoffverbrauch VM [g/kWh]

spez. Kraftstoffverbrauch EM [g/kWh]

Abb. 4.9 Resultierender spezifischer Kraftstoffverbrauch bei Elektrobetrieb [Renner05]. Unterhalbder grünen Linie ist der Elektrobetrieb günstiger. EM elektrischeMaschine,VMVerbrennungsmotor

dieWirkungsgradkette vonGenerator, Batterie beim Laden und Entladen sowie elektrischeMaschine als Fahrmotor beim rein elektrischen Fahren, kann man den virtuellen spezifi-schen Kraftstoffverbrauch des Elektrobetriebs berechnen. So ergibt sich auch, in welchemMoment- und Leistungsbereich der Elektrobetrieb insgesamtmit Nachladen über den Ver-brennungsmotor im autarken Betrieb günstiger ist.

Das Ergebnis einer solchen Rechnung ist in Abb. 4.9 gezeigt. Blau dargestellt ist das fürden spezifischen Verbrauch des Verbrennungsmotors charakteristische Muschelkennfeld;rot gekennzeichnet ist das resultierende Verbrauchskennfeld für den elektrischen Fahrbe-trieb. Grün eingezeichnet ist die Grenzlinie, unterhalb der die elektrische Betriebsweisegünstiger ist. Wie man erkennen kann, ist im zyklusrelevanten Drehzahlbereich bis ca.2500/min der Elektrobetrieb bis zu einem Moment von ca. 40Nm günstiger. Diese Liniekennzeichnet somit auch den Startpunkt des Verbrennungsmotors in der Betriebsstrategie.

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314 J.-W. Biermann und C. Renner

Ladezustand [%]

Bed

arfs

mom

ent [

Nm

]

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

EinschaltschwelleVerbrennungsmotor

AusschaltschwelleVerbrennungsmotor

120

100

80

60

40

20

0

–20

Abb. 4.10 Betriebsstrategie zur Stabilisierung des Ladezustands

Ferner wird der Verbrennungsmotor, falls er aktiviert und das Bedarfsmoment niedrigersein sollte, durch Lastpunktanhebung auf dieses Niveau gebracht.

Eine aus solchenÜberlegungen hergeleitete ladezustandsabhängige Ein- undAusschalt-schwelle für den Verbrennungsmotor zeigt Abb. 4.10. In einem Fenster des Ladezustandsvon 50–80% ist der Schwellwert zum Starten fixmit 40Nm hinterlegt. DerWert, unterhalbdessen der Verbrennungsmotor abgeschaltet wird, ist deutlich niedriger. Die so erzeugteHysterese vermeidet, wie erwähnt, ein häufiges Starten und Stoppen des Verbrennungsmo-tors. Sinkt der Ladezustand unter 50%, wird die Startschwelle für den Verbrennungsmotorabgesenkt. Einem weiteren Entladen der Batterie wird entgegengewirkt, indem nun ver-mehrt verbrennungsmotorisch gefahren wird. Steigt der Ladezustand über 80%, erhöhtsich der Schwellwert, um vermehrt elektrisch zu fahren und so den Ladezustand wieder inden Sollbereich zu bringen.

Die Höhe der Ladeleistung bei eingeschaltetem Verbrennungsmotor wird durch meh-rere Aspekte bestimmt. So darf beispielsweise die zusätzliche Ladeleistung nicht so hochsein, dass sich bei Betrieb des Verbrennungsmotors in der Nähe der Volllastlinie wiederschlechtere spezifischeMehrverbrauchswerte einstellen. Hohe Ladeleistungen würden desWeiteren zu mit dem Quadrat des Ladestromes ansteigenden Verlusten in der Batterieführen. Allerdings besteht auch dieNotwendigkeit, die Batterie imFalle eines niedrigen La-dezustandes relativ rasch wieder in den Nennbereich des Ladezustandes zu bringen. Diesist erforderlich, damit elektrisches Fahren bei niedrigen Lasten schnell wieder möglich istund der Verbrennungsmotor nicht aus dem Nachladezwang auch bei niedrigen Lasten ak-tiviert werden muss.

ZumEntwurf und zurUmsetzung dieser Strategien in Simulationsprogrammen oder imrealen Steuergerät bieten sich sogenannte Zustandsautomaten an. Diese Automaten beste-

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4 Betriebsstrategien 315

hen aus Zuständen, Bedingungen, bei deren Erfüllung ein Zustandwechsel stattfindet, undAktionen, die beim Eintritt sowie während oder beim Verlassen eines Zustandes ausgelöstwerden. Hier bietet es sich zum Beispiel an, dem elektrischen Betrieb und dem Betrieb mitaktivemVerbrennungsmotor Zustände zuzuordnen undÜbergangszustände zu definieren,wie zum Beispiel das eigentliche Starten des Verbrennungsmotors, die Drehzahlsynchro-nisation oder das Schließen der Trennkupplung. Ebenso lässt sich ein Schaltvorgang übersolche, nacheinander zutreffende Zustände mit entsprechenden Übergangsbedingungengut abbilden. In jedem dieser Zustände ist dann festgelegt, wie die einzelnen Komponen-ten angesteuert werden.

4.3.2 Entwicklungsprozess

Die Entwicklung der Betriebsstrategie ist aufgrund der Komplexität des Antriebsystemsein aufwendiger iterativer Prozess, bei dem rechnergestützte Methoden zum Einsatz kom-men. Ausgehend vom Fahrzeugkonzept werden Simulationsprogramme aufgebaut, die dieLängsdynamik und alle Energieflüsse sowie Verluste detailliert abbilden. Diese Modellebilden nun die Basis für den Entwurf der Betriebsstrategie mit dem Ziel, das Energiema-nagement zu optimieren. Weitere Aspekte wie das Emissions- oder das Aufwärmverhaltender einzelnen Aggregate lassen sich ebenfalls mit abbilden, so dass die Betriebsstrategieauch diesen Aspekten gerecht werden kann.

Die Simulation bietet den Vorteil, relativ einfach, kostengünstig und ohne Gefahr fürreale Prototypen verschiedene Konzepte vergleichen sowie deren Betriebsstrategien ent-werfen und testen zu können. Dabei erlauben es moderne Programme, ohne großen Auf-wand Parameterstudien durchzuführen und so die Betriebsstrategie zu optimieren.

Der eigentliche Entwurf der Strategie basiert auf heuristischen und empirischen Un-tersuchungen sowie analytischen Systemoptimierungen, die entweder einmalig oder fort-laufend während des Betriebs durchgeführt werden. Hier bieten sich Verfahren wie diedynamische Programmierung an, die für einen gegebenen Antrieb in einem Zyklus die aufeine bestimmte Kostenfunktion ausgerichtete optimale Lösung liefern kann. In die Kos-tenfunktion gehen neben dem Kraftstoffverbrauch auch Schadstoffemissionen sowie derEnergieumsatz in der Batterie ein, um so eine adäquate Lösung zu finden.

Der so vorab ermittelte, bezüglich der gewählten Gewichtung der einzelnen Kriterienoptimale Betrieb der einzelnen Komponenten liefert zunächst einen Referenzwert, welcherKraftstoffverbrauch unter den gegebenen Randbedingungenmöglich ist. Damit ergibt sicheine Basis zur Beurteilung unterschiedlicher Betriebsstrategien. Ferner lassen sich so auchverschiedene Kriterien und Zusammenhänge ermitteln, die in der Betriebsstrategie um-gesetzt werden. In einem beschränkten Umfang kann eine solche Optimierung auch imFahrzeug erfolgen, wenn zum Beispiel durch eine Vorausschau der Leistungsbedarf für dienahe Zukunft mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhergesagt wird.

Ausgehend von diesem Software-in-the-Loop-Modell, bei dem der Regler als Software-Ausführung ein Software-Modell des Antriebs steuert, wird in weiteren Schritten die Reg-

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316 J.-W. Biermann und C. Renner

Moduldesign

Architekturdesign

Anforderungs-spezifikation

Modulimplementierung

Modultest beiImplementierungsänderungen

Integrationstests beiSpezifikationsänderungen

Funktionstests beiAnforderungs-änderungen

Abb. 4.11 V-Modell bei der Software-Entwicklung. Die schwarzen Pfeile deuten an, dass die in denlinks gezeigten Projektphasen entstehenden Dokumente bei den Tests im rechten Teil als Referenzdienen. Die farbigen Pfeile deuten eine Hierarchie der Projektphasen mit einemmöglichen Rekursi-onspfad an

lersoftware auf die Zielhardware des Steuergeräts codiert. Dabei stehen mit Autocode-Ge-neratoren leistungsfähige Tools zur Verfügung, um die Reglermodelle vom Simulations-modell auf den Mikrocontroller des Steuergerätes zu transferieren. Das so mit der Be-triebsstrategie programmierte Steuergerät wird zunächst in einer Hardware-in-the-Loop-Umgebung (HIL) in Betrieb genommen und anhand von Streckenmodellen validiert.

Im Kontext des bei der Softwareentwicklung häufig genannten V-Modells (sieheAbb. 4.11) stellen die reinen Softwaresimulationsmodelle ein Mittel dar, die Entwick-lung der Anforderungsspezifikation bis hin zu Moduldesign und -implementierung zuunterstützen. HIL-Methoden und automatische Code-Generierung sind geeignete Werk-zeuge, um ausgehend von derModulimplementierung, die unterschiedlichen Tests auf denverschiedenen Integrationsebenen durchzuführen [Borgeest10].

Abschließend erfolgen die Inbetriebnahme und die Applikation der Strategie im realenFahrzeug. Die sich bei der Erprobung im realen Fahrzeug ergebendenModifikationen wer-den in weiteren iterativen Schritten sukzessive in die Software eingepflegt. Diese Änderun-gen werden auch in die Simulationsmodelle eingepflegt, um auch dort auf dem aktuellenStand zu bleiben. Die die Erprobung begleitende Simulation unter der Nutzung von Soft-und Hardware-in-the-Loop-Tests bietet den Vorteil, beliebige Fahrsituationen und Appli-kationsstände reproduzierbar und zuverlässig zu testen, wie es im realen Prototypen nichtmöglich wäre. Der Einsatz dieser Methoden ist somit beim Entwicklungsprozess notwen-

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4 Betriebsstrategien 317

dig.Welche Betriebszustände einHybridfahrzeug, gesteuert durch die Betriebsstrategie, imVerlauf des europäischen Fahrzyklus aufweist, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.

4.4 Anwendungsbeispiel

4.4.1 Fahrzeug

Im Folgenden wird ein Hybrid-Demonstratorfahrzeug beschrieben. Es handelt sich dabeium einen Vollhybriden, der im Rahmen eines vomBundesministerium fürWirtschaft undTechnologie geförderten Projektes aufgebaut wurde. Abbildung 4.12 zeigt die Antriebss-truktur des Fahrzeugs [Toepler08].

Das Fahrzeug ist mit einem automatisierten Schaltgetriebe ausgestattet, an dessenAusgangswelle eine elektrische Maschine über einen Kettentrieb gekoppelt ist. Die Leis-tung dieser elektrischen Maschine beträgt 37 kW. Das zweite Antriebsaggregat ist einDreizylinder-Ottomotor mit einem Hubraum von einem Liter und einer Maximalleistungvon 44 kW. Als Energiespeicher kommt eine Lithium-Ionen-Batterie zum Einsatz, die imHeckbereich des Fahrzeugs untergebracht ist. Die Nennspannung beträgt 288V bei einerKapazität 7,5 Ah.

In Abb. 4.13 ist das Demonstratorfahrzeug zu sehen. Das Fahrzeug bietet die typischenHybridfunktionen rein elektrisches Fahren, Rekuperation sowieBoostbetrieb. Bei demhierbeschriebenen Parallelhybrid ist die Drehzahl der elektrischen Maschine proportional zur

1

17

3

2

4

87

16

1514

13

5 6

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109

12

Abb. 4.12 Antriebsstruktur eines Vollhybrid-Fahrzeugs. 1 12-V-Verbraucher, 2 12-V-Batterie,3 Gleichspannungswandler, 4 Verbrennungsmotor, 5 Motorsteuerung, 6 Bordrechner, 7 Anzeige,8 Gangwählhebel, 9 Hybridsteuergerät, 10 Traktionsbatterie, 11 Batteriemanangement, 12 GPS- undTMC-Empfänger (Traffic Message Channel), 13 Getriebesteuerung, 14 Getriebe, 15 elektrische Ma-schine, 16 Steuergerät für die elektrische Maschine, 17 Leistungselektronik

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318 J.-W. Biermann und C. Renner

Abb. 4.13 Demonstrator auf Basis eines Subkompaktklassefahrzeugs

Fahrzeuggeschwindigkeit. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, die Zugkraftunterbre-chung bei einem Schaltvorgang durch den Antrieb mit der elektrischen Maschine abzu-mildern.

4.4.2 Betriebsstrategie

Das Verhalten im europäischen Fahrzyklus zeigen die Abb. 4.14 bis 4.16. Dargestellt istin Abb. 4.14 der Verlauf des Ladezustands sowie der Leistungen von Verbrennungsmotorund Elektromotor im neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ, auch NEDC, New EuropeanDriving Cycle genannt). Anhand des Ladezustand-Verlaufs wird ersichtlich, dass im in-nerstädtischen Teil vermehrt elektrisch gefahren wird, während die Konstantfahrtphasenbei höheren Geschwindigkeiten und die Verzögerungsphase verstärkt zum Nachladen derBatterie genutzt werden. Insgesamt stellt sich so am Zyklusende wieder der anfänglicheLadezustand der Batterie ein.

Abbildung 4.15 zeigt beispielhaft einen Ausschnitt aus dem innerstädtischen Bereichdes neuen europäischen Fahrzyklus. Bei Fahrzeugstillstand ist der Verbrennungsmotor ab-geschaltet. Aus dem Stand heraus fährt das Fahrzeug mit dem elektrischen Antrieb an.Der erste und der zweite „Hügel“ im Zyklus werden rein elektrisch durchfahren. Bei Errei-chen der Einschaltschwelle im dritten „Hügel“ wird der Verbrennungsmotor gestartet; erübernimmt den Antrieb des Fahrzeugs in der Beschleunigungsphase. Während der Fahrtmit konstanter Geschwindigkeit wird die elektrische Maschine als Generator betrieben,um die Batterie zu laden. Hierdurch werden die Last am Verbrennungsmotor angehoben

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4 Betriebsstrategien 319

0 200 400 600 800 1000 12000

20406080

100120

0 200 400 600 800 1000 120060

62

64

66

68

70

0 200 400 600 800 1000 1200–30–20–10

0102030

Zeit [s]VerbrennungsmotorElektromotor

Ges

chw

indi

gkei

t [km

/h]

Lade

zust

and

[%]

Leis

tung

[kW

]

Abb. 4.14 Ladezustand und Leistungen im neuen europäischen Fahrzyklus

und die Betriebspunkte in Bereiche günstigeren Verbrauchs verschoben.Mit Erreichen derKonstantfahrtphase von 50 km/h sinkt die Leistungsanforderung; der Verbrennungsmotorwird nach einer kurzen Nachlaufphase wieder abgeschaltet. Danach treibt die elektrischeMaschine das Fahrzeug an. Beim Verzögern wird diese hingegen generatorisch betrieben,die Leistung nimmt nun negative Werte an und die Batterie wird wieder geladen.

Ein ähnliches Bild ergibt sich auch im außerstädtischen Teil des neuen europäischenFahrzyklus (Abb. 4.16). Das Fahrzeug fährt wieder elektrisch an; etwas später wird der Ver-brennungsmotor dazugeschaltet. Bei aktivem Verbrennungsmotor findet eine Lastpunkt-anhebung zum Laden der Batterie statt. Die Leistungsanforderung für konstant 70 km/hist so hoch, dass der Verbrennungsmotor auch während dieser Phase aktiv bleibt und dieBatterie weiter geladen wird. Beim Verzögern auf 50 km/h wird der Verbrennungsmotorabgeschaltet; die Konstantfahrtphase mit 50 km/h wird elektrisch durchfahren. Mit demBeginn der Beschleunigung auf 70 km/h startet der Verbrennungsmotor. Er ist nun bis zumBeginn der Verzögerung aktiv; gleichzeitig wird die Batterie nachgeladen.

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320 J.-W. Biermann und C. Renner

VerbrennungsmotorElektromotor

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 2000

20

40

60

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 20064

66

68

70

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200–20

–10

0

10

20

Zeit [s]

Ges

chw

indi

gkei

t [km

/h]

Lade

zust

and

[%]

Leis

tung

[kW

]

Abb. 4.15 Ladezustand und Leistungen im innerstädtischen Teil des neuen europäischen Fahrzy-klus

In den Beschleunigungsphasen wird das Laden der Batterie unterbrochen, teilweisegreift die elektrische Maschine unterstützend ein. Beim Beschleunigen auf 70 km/h undspäter auf 120 km/h reicht die Leistung des Verbrennungsmotors im gewählten Gang auf-grund der hohen Beschleunigungsanforderung alleine nicht mehr aus. Die elektrischeMa-schine treibt nun unterstützend mit an. Die letzte Phase beinhaltet die Abbremsung von120 km/h bis zum Stillstand, bei der eine generatorische Spitzenleistung von ca. 25 kWkurzfristig abgerufen wird. Alleine hierdurch wird die Batterie um 7% geladen. Für eineüber den Zyklus ausgeglichene Ladebilanz muss der Ladezustand zu Beginn des Testzyklusentsprechend hoch gewählt werden.

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4 Betriebsstrategien 321

800 850 900 950 1000 1050 1100 11500

20406080

100120

800 850 900 950 1000 1050 1100 115060

62

64

66

68

70

800 850 900 950 1000 1050 1100 1150–30–20–10

0102030

Zeit [s]

VerbrennungsmotorElektromotor

Ges

chw

indi

gkei

t [km

/h]

Lade

zust

and

[%]

Leis

tung

[kW

]

Abb. 4.16 Ladezustand und Leistungen im außerstädtischen Teil des neuen europäischen Fahrzy-klus

4.4.3 Prädiktive Betriebsstrategie

Neben den bisher beschriebenen Strategien, die auf Basis von Informationen aus demFahrzeug (Ladezustand, Geschwindigkeit, etc.) und Anforderungen des Fahrers (Gaspe-dal, Bremspedal) den Betriebszustand des Hybridfahrzeugs festlegen, bietet es sich an,auch zusätzliche Informationen über den Verkehr mit in die Entscheidungsfindung ein-zubinden. Grundsätzlich können Informationen über die Fahrzeugumgebung in statischeund dynamische Informationen eingeteilt werden. Die statischen Streckeninformatio-nen können einer digitalen Karte entnommen werden. Während aktuelle digitale Kartenkeinerlei Informationen über die Straßeninfrastruktur aufweisen, werden diese bei dernächsten Generation voraussichtlich verfügbar sein. Diese Karten enthalten dann sowohlSteigungsinformationen, als auch Informationen über Kurvenradien und Beschilderun-gen.

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322 J.-W. Biermann und C. Renner

Dynamische Informationen über den vorausfahrenden Verkehr können bereits heutemit üblichen Abstandssensoren ermittelt werden. Eine Stauerkennung kann in einer einfa-chen Version über die Nutzung der heute europaweit verfügbaren RDS-TMC-Nachrichten(Radio Data System, Traffic Message Channel (RDS)) realisiert werden. Eine lokale undaktuellere Stauerkennung lässt sich mit Hilfe der Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikationermöglichen.

Mögliche Datenquellen für ein vorausschauendes Energiemanagement sind das eigeneFahrzeug (Geschwindigkeit, Beschleunigung undGierrate vomFahrdynamik-Steuergerät),das Vorderfahrzeug (Abstand und Geschwindigkeit, mit dem Radar gemessen), die Ver-kehrssituation (Stadt, Überland, Autobahn), der Verkehrszustand (Stop and Go, freieFahrt) und Streckeninformationen über Geschwindigkeitsbeschränkungen, Kurvenradienund Höhenverlauf, z. B. aus digitalen Karten.

Mit der Verfügbarkeit dieser Daten ergeben sich weitere Optionen für die Auslegungder Betriebsstrategie. So können die Daten genutzt werden, um die Ladezustandsregelungder Batterie an die streckenspezifischen Besonderheiten anzupassen. Dies beinhaltet dieEinbeziehung statischer Informationen wie z. B. die Streckentopographie, aber auch sichverändernde Parameter wie z. B. die Verkehrsdichte.

Mögliche Szenarien für ein Vorausschausystem sind die Nutzung des Streckenprofilsund der Topologie zur Vorhersage eines zu erwartenden Leistungsprofils. So kann vor ei-ner Steigung die Batterie stärker geladen werden, um bei Bergauffahrt ein ausreichendesBoostmoment zu gewährleisten. Vor einer lang andauernden Talfahrt ist ein niedriger Bat-terieladegrad einzustellen. So kann ein möglichst großer Teil der potentiellen Energie um-gewandelt und gespeichert werden, ohne die obere Spannungs- oder Ladezustandsgrenzeder Batterie zu erreichen.Auch vor einemVerkehrsstau oder zu erwartenden Stop-and-Go-Situationen kann die Betriebsstrategie angepasst werden. Hier bietet es sich an, die Batterievor der Langsamfahrsituationmöglichstweit aufzuladen, um eine hohe „elektrische Reich-weite“ zu realisieren.

Neben der Optimierung der Ladezustandsregelung kann ein Vorausschausystem auchgenutzt werden, um die Geschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs zu beeinflussen. Eine typi-sche Fahrsituation, bei der ein solcher Eingriff ein Potential zur Kraftstoffverbrauchsre-duktion bietet, ist eine Ortseinfahrt. Hier kann ein Eingriff über die adaptive Geschwin-digkeitsregelanlage erfolgen. Dabei ist eine gleichmäßige Verzögerung anzustreben, dieeinen möglichst hohen Rekuperationsgrad der kinetischen Energie und den weitestgehen-den Verzicht auf die mechanische Betriebsbremse ermöglicht.

Page 337: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

4 Betriebsstrategien 323

Literatur

[Borgeest10] Borgeest, K.: Elektronik in der Fahrzeugtechnik, 2. Aufl. Vieweg-Teubner, Wiesbaden(2010)[Busch96] Busch R.: „Entwicklung und Realisierung einer vollautomatischen Betriebsstrategie füreinen leistungsorientierten Hybridantrieb“, Dissertation am Institut für Kraftfahrwesen Aachen,RWTH Aachen 1996[Buschhaus94] Buschhaus W.: „Entwicklung eines leistungsorientierten Hybridantriebs mit vollau-tomatischer Betriebsstrategie“, Dissertation am Institut für Kraftfahrwesen, RWTH Aachen 1994[Karbowski06] Karbowski D., Rousseau A., Pagerit S., Sharer P.: „Plug-in vehicle control strategy:from global optimization to real-time application“, EVS 22, Yokohama, Japan[Ogura97] Ogura M., Aoki Y.: „The Honda EV Plus Regenerative Braking System“, EVS 14, Brüssel,1997[Renner05] Renner C., Meinheit H.: „Parallel, kombiniert oder leistungsverzweigt? Ein simulations-gestützter Konzeptvergleich!“ Tagung Tag des Hybrids 2005, Institut für Kraftfahrwesen Aachen,RWTH Aachen, 4. Oktober 2005[Toepler08] Toepler F.: „ika-Hybrid III – Subkompaktklasse-Fahrzeug mit vorausschauender Be-triebsstrategie“, Tagung Alternative Fahrzeugantriebe und ihre Energiespeicher, TAE Esslingen,13. Juni 2008

Page 338: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

5Simulation und Auslegung

Dieter Kraft, Thomas Huber und Sandra Sterzing-Oppel

5.1 Modellierung und Simulation

Die komplexe Entwicklungsaufgabe der Auslegung eines Hybridantriebes mit einerVielzahl vonWechselwirkungen und Abhängigkeiten kannmit modellgestützten Entwick-lungsmethoden beherrscht werden. Abbildung 5.1 zeigt die unterschiedlichen Komponen-ten des Hybridantriebsstranges und verdeutlicht die Abhängigkeiten. Spannungslage undMaximalstrom der Batterie beeinflussen direkt die mögliche mechanische Abgabeleistungder elektrischen Maschine. Für eine optimale Leistung müssen diese beiden Komponen-ten aufeinander abgestimmt werden. Die Größe der elektrischen Maschine wiederumentscheidet über ein mögliches Downsizing des Verbrennungsmotors. Nicht zuletzt be-stimmen die einzelnen Komponenten und deren aktueller Zustand über den möglichenEinsatz im Fahrbetrieb.

Eine übergeordnete Steuerung entscheidet aus den an sie gemeldeten aktuellen Zu-ständen und den Betriebsgrenzen der Komponenten, wie diese zum aktuellen Zeitpunkteingesetzt werden. Die optimale Auslegung der Komponenten und deren bestmöglicheAusnutzung im Betrieb bestimmen damit letztlich das nutzbare Verbrauchseinsparpoten-tial eines Hybridfahrzeugs.

Immodellgestützten Entwicklungsprozess werdenmit Hilfe numerischer Simulationendie verschiedenen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen für die Auslegung der Kom-ponenten und deren weitergehende Entwicklung berücksichtigt. Grundlage für die mo-dellgestützte Entwicklung sind geeignete mathematische Simulationsmodelle, die je nachZielsetzung der Untersuchung auf unterschiedlichen Detaillierungsniveaus das reale Sys-

Dr. Dieter KraftB, Dipl.-Ing. Thomas Huber, Dr. Sandra Sterzing-OppelWiesbaden, Deutschlande-mail: [email protected]

325K. Reif et al. (Hrsg.), Kraftfahrzeug-Hybridantriebe, ATZ/MTZ-Fachbuch,DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1_5,© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

Page 339: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

326 D. Kraft et al.

Bremse

Ver-brennungs-motor

Steuerung

ElektrischeMaschine

Batterie

Getriebe

Abb. 5.1 Funktionales Zusammenspiel undWechselwirkung zwischen einzelnen Komponenten imHybridfahrzeug

Abb. 5.2 CharakterisierungverschiedenerModellierungs-ebenen nach [Lasa00]

Netzwerk-EbeneEchtzeitfähigkeit

Parameter

Geometrie-EbeneHoher Rechenaufwand

System-EbeneKleiner Rechenaufwand

Ergebnisse

Parameter Ergebnisse

temverhalten abbilden. Nach [Lasa00] (siehe auch Abb. 5.2) unterscheidet man fürmecha-tronische Systeme Modelle auf:

• Geometrie-Ebene,• Netzwerk-Ebene,• System-Ebene.

Den höchstenDetaillierungsgrad weisenModelle der Geometrie-Ebene auf. Diese wer-den beispielsweise für die Berechnung des magnetischen Flusses innerhalb einer elektri-schen Maschine genutzt. Den geringsten Detaillierungsgrad weist das System-Modell auf,

Page 340: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

5 Simulation und Auslegung 327

Fahrzyklus Fahrzeug Rad Getriebe Kupplung Verbrennungs-motor

Hybridmodul

+ _

BatteriePWR

Rückwärts: Sollwert

Vorwärts: Istwert

Abb. 5.3 Beispielhafter Aufbau eines Hybridfahrzeuges als Modell in einer Rückwärtssimulation(PWR: Pulswechselrichter)

bei dem teilweise physikalische Zusammenhänge durch Kennfelder oder analytische Zu-sammenhänge ersetztwerden, umdenRechenaufwand zu reduzieren. Ergebnisse aus über-geordnetenModellenwerden in der nächstenDetaillierungsstufe als Eingang oder Randbe-dingung für die rechenaufwendigeren Modelle verwendet. Ergebnisse aus den detailliertenModellen finden wiederum Eingang, z. B. als Parameter oder Kennfeld, in die übergeord-neten Modelle.

Die unterschiedlichen Varianten von Hybridfahrzeugen sind für die weitergehende Be-trachtung auf System-Ebenemodelliert. Dadurch sind ausführliche Simulationsstudien zurErmittlung der Verbrauchseinsparung durch Hybridfahrzeuge möglich. Zudem könnenAussagen zur Dimensionierung der benötigten Hybridkomponenten getroffen werden.Hierbei kommt für die Systemebene Gesamtfahrzeug die sogenannte Rückwärtssimula-tion zum Einsatz, bei der vom Geschwindigkeitsprofil ausgehend die für den Vortriebbenötigte Momentenanforderung berechnet wird. Daraus ergeben sich mit der Betriebs-strategie für den Hybridantrieb die erforderlichen Drehzahlen und Momente für denVerbrennungsmotor und die elektrische Maschine.

InAbb. 5.3 ist beispielhaft einModell für dieRückwärtssimulation einesHybridfahrzeu-ges dargestellt. Aus dem definierten Fahrzyklus, gegeben durch einen Geschwindigkeits-Zeit-Verlauf, werden die Anforderungen als Sollwerte bis zu den Antriebsaggregaten abge-leitet. Die von den Aggregaten erreichten Betriebspunkte werden über den so genanntenVorwärtspfad bis zum Fahrzeug zurückgemeldet. Somit ist ein Abgleich zwischen Soll-und Ist-Geschwindigkeit möglich, der im nächsten Zeitschritt durch die Betriebsstrategieauszugleichen ist. Die Einzelheiten der Modellierung der Fahrzeugkomponenten sind in[Tellermann09] dargestellt.

Page 341: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

328 D. Kraft et al.

Abb. 5.4 Vergleich zwischenSimulationsergebnis und Fahr-zeugmessung: Drehzahl derelektrischenMaschine

MessungSimulation

0 500 1000 1500 2000Zeit [s]

3000

2500

2000

1500

1000

500

0

Dre

hzah

l [m

in]

–1

Abb. 5.5 Vergleich zwischenSimulationsergebnis und Fahr-zeugmessung: Drehmomentdes Verbrennungsmotors

MessungSimulation

0 500 1000 1500 2000Zeit [s]

0

400

350

300

250

200

150

100

50

Dre

hmom

ent [

Nm

]

5.2 Validierung der Simulationsmodelle

Soweit für einzelne Hybridfahrzeuge und konventionelle Fahrzeuge Messungen verfügbarsind, ist eine (teilweise) Validierung der Simulationsumgebung möglich. Anhand dieserkann die Gültigkeit der über die Simulation gewonnenen Erkenntnisse bestätigt werden.

Zum Vergleich von Simulation und Messung muss die Simulation mit den gleichenRandbedingungen wie die Messung erfolgen. Hierzu werden die Fahrzyklusdaten ei-nes bestehenden Hybridfahrzeuges auf einem Rollenprüfstand ermittelt. Das erfassteGeschwindigkeits-Zeit-Profil und die Startwerte der Messung werden der Simulation alsInput zur Verfügung gestellt. Anschließend werden die über CAN erfassten zeitlich auf-

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5 Simulation und Auslegung 329

Abb. 5.6 Vergleich zwischenSimulationsergebnis und Fahr-zeugmessung: Ladezustand derBatterie

MessungSimulation

0 500 1000 1500 2000Zeit [s]

74

72

70

68

66

64

62

60

58

56

54

Lade

zust

and

[%]

Abb. 5.7 Vergleich zwischenSimulationsergebnis und Fahr-zeugmessung: Momentanerund kumulierter Kraftstoffver-brauch

0 500 1000 1500 2000Zeit [s]

Simulation kumuliertMessung kumuliertSimulation momentanMessung momentan

Ver

brau

ch

gelösten Daten wie Momente und Drehzahlen von Verbrennungsmotor und elektrischerMaschine, sowie Batterieladezustand und Verbrauch aus der Messungmit den simuliertenWerten verglichen.

Am Beispiel eines Parallelhybrids zeigt Abb. 5.4 die Verläufe der Drehzahl der elektri-schen Maschine in Messung und Simulation. Die Übereinstimmung der Gangschaltungenist hier sehr gut, lediglich einige wenige erfolgen leicht zeitverzögert. Aufgrund der quasi-stationären Simulation im Ein-Sekunden-Raster kann es hier zu Verschiebungen kommen.Die gute Übereinstimmung der Gangschaltungen und somit der Drehzahlen von elektri-scher Maschine und Verbrennungsmotor ist die Grundlage für die Vergleichbarkeit derDrehmomente in Simulation und Messung.

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330 D. Kraft et al.

Abbildung 5.5 zeigt beispielhaft den Verlauf des Verbrennungsmotormoments. Auchhier tritt eine sehr hohe Übereinstimmung auf. Lediglich im Zeitbereich zwischen 1000 sund 1100 s wird bei der Messung vomVerbrennungsmotormoment ein Drehmoment aus-geübt, während in der Simulation der Verbrennungsmotor kein Moment liefert und elek-trisch gefahren wird.

Aufgrund dieser Abweichung in der Betriebsstrategie zwischen Simulation und Mes-sung tritt imVerlauf des Batterieladezustandes in diesemBereich ebenfalls ein Abweichungauf (Abb. 5.6). Abbildung 5.7 zeigt den momentanen und den kumulierten Verbrauch imZyklus. Die Abweichung im kumulierten Zyklusverbrauch liegt in diesem Beispiel unter4%. Anhand der Rollenmessung konnte trotz kleinerer Abweichungen eine gute Überein-stimmung zwischen Simulation und Messung nachgewiesen werden.

5.3 Optimale Auslegung von Hybridfahrzeugen

5.3.1 Bestimmung von Zielgrößen

Grundlage der Bestimmung einzelner Zielgrößen ist die Abbildung des Verhaltens einesHybridfahrzeugs.Damit können für eine gegebene Fahrzeug- undKomponentenauslegungAusgangsgrößen wie Kraftstoffverbrauch, Fahrleistungen, Fahrkomfort und Aufwand er-mittelt werden. Voraussetzung dafür ist die Festlegung von Eingangsgrößen wie zum Bei-spiel

• Fahrzeugklasse,• Antriebsstruktur,• Komponentenauswahl,• Komponentendimensionierung,• Betriebsstrategie,• Fahrprofil.

In Abschn. 5.1 wurde die Abbildung des Systemverhaltens mit mathematischenModel-len beschrieben. Die Simulationsumgebung wird im Folgenden als eine Funktion S be-trachtet, die jedem Vektor u von Eingangsgrößen einen Vektor y von Ausgangsgrößenzuweist:

y = S(u) .

Die Auswertung dieser Funktion ist in diesem Fall ein Durchlauf der Simulation für ge-gebene Eingangswerte und dauert auf einem handelsüblichen PC (2-GHz-Prozessor, 1 GBArbeitsspeicher) wenige Minuten. Zielgrößen für die Optimierung sind entweder direktAusgangsgrößen yi ∈ y der Funktion y = S(u) oder können aus diesen berechnet werden.Im Folgenden wird angenommen, dass der Ausgangsvektor y = [y , y, . . . , yp]T sämtlicheZielgrößen yi als Komponenten enthält.

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5 Simulation und Auslegung 331

Abb. 5.8 Beispielhafter Ver-lauf einer zu optimierendenFunktion y = S(u) im IntervallU = [u , u]

y

uu*

y*y5

u1 u3 u4 u2 u5

5.3.2 Optimierung einer einzelnen Zielgröße

Aus der Literatur sind viele Verfahren zur Optimierung einer Zielgröße bekannt. Die Ein-gangsgrößen liegen innerhalb eines Suchraums U und es gibt eine Funktion y = S(u), mitder die Bestimmung der Zielgröße in Abhängigkeit der Eingangsgrößen möglich ist.

Eine Veranschaulichung dafür liefert Abb. 5.8. Dargestellt ist der Fall für eine Zielgrößey und eine Eingangsgröße u. Gesucht wird die Stelle u* im Suchintervall U = [u , u], beider y = S(u) den kleinsten Wert annimmt. Das ist das globale Minimum y*. Die beiden„Dellen“ im rechten Bereich der Abbildung bei u3 und u4 sind lokale Minima. Dort ist ykleiner als in der näheren Umgebung, es gibt aber innerhalb des Suchintervalls U nochkleinere Werte. Außerhalb des Suchintervalls darf y auch kleinere Werte als y∗ annehmen,z. B. y5 = S(u5). Diese sind für die Bestimmung des globalen Minimums im SuchintervallU nicht relevant.

Durch die Optimierung erhält man sowohl den minimalen Wert y∗der Zielgröße alsauch denWert u∗der Eingangsgröße, der zu diesemminimalenWert führt. Die Suche nacheinemMaximum ist völlig analog. Einen Überblick übermöglicheOptimierungsverfahrenfindet man z. B. in [Tellermann09].

Analytische Optimierungsverfahren benötigen die Beschreibung von y = S(u) als ge-schlossene analytische Funktion. In vielen Anwendungsfällen ist dies nicht möglich. Dortist der Einsatz von numerischen Optimierungsverfahren notwendig.

Deterministische Verfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass sie bei gleichen Start-punkten im Suchraum immer den gleichen Zielwert auf dem gleichen Weg erreichen. Sieeignen sich gut, um lokaleMinima aufzufinden. Für dasAuffinden des globalenMinimumsist der wiederholte Einsatz der Verfahren mit unterschiedlichen Startpunkten notwendig.

Stochastische Verfahren verwenden Zufallsprozesse, um zum Beispiel die Punkte imSuchraum festzulegen, an denen die Funktion y = S(u) ausgewertet wird. Beim Monte-Carlo-Verfahren werden alle Punkte durch Zufallsprozesse bestimmt. Das erfordert einegroße Anzahl von Auswertungen, ermöglicht aber das Auffinden des globalen Minimumsinnerhalb des Suchraums.

Evolutionäre Algorithmen simulieren einen Evolutionsprozess von Organismen. Dereinzelne Organismus entspricht dabei einem Punkt im Suchraum, der Wert der Zielgröße

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332 D. Kraft et al.

an diesem Punkt wird als „Fitness“ interpretiert. Mehrere Organismen ergeben eine Popu-lation. Durch Verfahrenwie Selektion, Mutation und Rekombination wird eine Populationweiterentwickelt, um die Gesamtfitness zu steigern. Durch den Einsatz einer Populationwird eine parallele Suche ermöglicht. Dadurch steigt die Sicherheit, auch das globale Mi-nimum zu finden.

5.3.3 Optimierungmehrerer Zielgrößen

Die bisher behandelten Optimierungsverfahren beschäftigen sich mit der Optimierung ei-ner einzelnen Zielgröße. Bei komplexen vernetzten Systemen genügt die Betrachtung einereinzelnen Zielgröße häufig nicht mehr. Zudem gibt es meist Wechselwirkungen zwischenden zu optimierenden verschiedenen Zielgrößen.

Ein Beispiel für ein solches Mehrgrößen-Optimierungsproblem findet man innerhalbder Systementwicklung für Hybridfahrzeuge. Ziel ist dort unter anderem die Bestimmungder bestmöglichen Antriebsstruktur. Einzelne Anforderungen an diese beste Antriebs-struktur sind nicht unabhängig voneinander und widersprechen sich teilweise. So ist imAllgemeinen eine größere Verbrauchsreduktion oder eine Verbesserung der Fahrleistun-gen mit einem erhöhten Aufwand bei der Realisierung verbunden.

Eine Möglichkeit, die bekannten Verfahren zu erweitern, besteht darin, mehrere Ziel-größen yi ; i = , ..., pmit unterschiedlichen Gewichtungen gi ; i = , ..., p zu einem einzel-nen Wert

G =p

i=gi yi

zusammenzufassen. Mit G als neuer Zielgröße für die Optimierung ist der Einsatz der be-kannten Verfahren weiterhin möglich. Die einzelnen Gewichtungen gi müssen dazu vorder Optimierung festgelegt werden. Dabei ist es schwer, einen guten Kompromiss zu fin-den, wenn sich einzelne Zielgrößen yi innerhalb des Suchraums U stark unterschiedlichverhalten.

Ein Ausweg aus dieser Situation ist die Optimierung für alle möglichen Gewichtungengi . Das Ergebnis ist die sogenannte Pareto-Menge oder Pareto-Front, die die bestmöglichenKompromisse zwischen einzelnen Zielgrößen beinhaltet. Das bedeutet für jede Zielgröße,dass ihr Wert nicht mehr besser werden kann, ohne dass sich der Wert von mindestenseiner anderen Zielgröße verschlechtert. Abbildung 5.9 veranschaulicht das Ergebnis fürdie gleichzeitige Minimierung bezüglich der Zielgröße y2 und die Maximierung bezüglichder Zielgröße y1 (siehe hierzu [Kruse07]).

Jedes Kreuz in Abb. 5.9 steht für einen Versuch der gleichzeitigen Maximierung von y1und der Minimierung von y2. Alle Punkte links und oberhalb von B dominieren B. Dasbedeutet, dass diese Punkte, im Bild z. B. A, bessere Lösungen des Optimierungsproblemssind, da mindestens eine Zielgröße einen besseren Wert annimmt und keine Verschlech-terung in der anderen Zielgröße auftritt. Umgekehrt dominiert B alle Punkte rechts und

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5 Simulation und Auslegung 333

Abb. 5.9 Schematische Dar-stellung einer Pareto-Menge

B

D

A C

Pareto-Mengey1

y2

×

×

×

×

××

×

×

unterhalb von B, da bezüglich keiner Zielgröße eine Verbesserung erreicht wird, im Bildz. B. D. Andere Punkte sind aus Sicht von B unbestimmt, da sich eine Zielgröße verbessertwährend sich die andere Zielgröße verschlechtert. Diesen Fall verdeutlicht im Bild z. B. derPunkt C. Die durchgezogene blaue Linie besteht aus den Pareto-optimalen Lösungen. Dassind genau die Lösungen, die von keinen anderen Lösungen dominiert werden.

Jeder einzelne Punkt der Pareto-Menge kann durch dieOptimierung für eine bestimmteKombination G von Gewichtungen bestimmt werden. Die gesamte Pareto-Menge bestehtaus den optimalen Lösungen für alle möglichen Kombinationen von Gewichtungen. DieOptimierung für jede einzelne Kombination G ist mit Verfahren aus Abschn. 5.2 mög-lich. Durch die große Anzahl an möglichen Gewichtungen erfordert die Bestimmung derPareto-Menge auf diesemWeg viele einzelne Optimierungsdurchläufe. Evolutionäre Algo-rithmen ermöglichen die gleichzeitige Optimierung bezüglich mehrerer Zielgrößen. Diegesuchte Pareto-Menge kann so in einem einzigen Optimierungsdurchlauf bestimmt wer-den [Kruse07]. Unabhängig vom verwendeten Verfahren erfordert die Bestimmung derPareto-Menge eine hohe Zahl von Auswertungen der Funktion y = S(u).

5.3.4 Datenbasierte Modellierung

Die Rechenzeit für eine Optimierung kann reduziert werden, indem die Auswertung derFunktion y = S(u) beschleunigt wird. Ein Ansatz dazu ist die Beschreibung von S durchein vereinfachtes Modell, mit dem nur die Beziehung zwischen Eingängen und Ausgängennachgebildet wird.

Verzichtet man dabei auf die explizite Berücksichtigung von physikalischen Zusam-menhängen erhältman ein sogenanntes „Black-Box-Modell“ oder „datenbasiertesModell“.Verschiedene Beschreibungsansätze für Black-Box-Modelle sind aus der Identifikation vondynamischen Systemen bekannt [Nelles01]. Beispiele sind neuronale Netze oder Funkti-onsreihenentwicklungen mit vorgegebenen Basisfunktionen. So kann die Funktion S zum

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334 D. Kraft et al.

Beispiel durch

y = S(u) =m∑

i=θi fi(u)

mit den freien Parametern θi und den Basisfunktionen fi(u) angenähert werden.Im Allgemeinen gibt es bei der Modellierung eine Abweichung

ε =p

i=(yi − y i)

zwischen den Ausgangsgrößen yi der ursprünglichen Funktion und demAusgangsgrößeny i desModells. Zentrale Aufgabe derModellierung ist damit die Festlegung der Basisfunk-tionen und die Bestimmung der freien Parameter für eine möglichst geringe Abweichungε. Abhängig vom verwendeten Modellierungsverfahren werden unterschiedlich viele Aus-wertungen für ein Modell derselben Güte benötigt. Voraussetzung für die Modellierung istdie Auswertung von y = S(u) für verschiedene Eingänge u. Ob eine Auswertung durch ei-ne Messung, z. B. an einem Motorprüfstand, oder eine Computersimulation erfolgt, spieltdabei keine Rolle.

Bei der Grundbedatung von Verbrennungsmotoren werden schon längere Zeit Mo-dellierungsverfahren auf Basis der statistischen Versuchsplanung (Design of Experiments,DOE) eingesetzt. Bei diesen Verfahren gab es in den letzten Jahren entscheidende Wei-terentwicklungen [Kruse07]. Der Grundgedanke, die Modellierung mit Basisfunktionenfi(u) und freien Parametern θi durchzuführen, bleibt dabei erhalten. Bei der klassischenstatistischen Versuchsplanung werden als Basisfunktionen nur Polynome der Eingangs-größen u verwendet. Die freien Parameter werden durch Minimierung der quadratischenAbweichung ε2 bestimmt. Für mehrdimensionale Abhängigkeiten und nichtlineare Wech-selwirkungen zwischen einzelnen Eingangs- und Ausgangsgrößen sind Polynom nur nochbedingt geeignet.

Aktuelle Verfahren arbeiten mit Gauß-Prozessen [Rasmussen06, Kruse07]. Sie liefernfür gegebene Ein- undAusgangsdaten sowohl geeignete Basisfunktionen als auch die freienParameter, die zu einemmöglichst geringen Modellfehler führen. Die Modellgüte wird an-hand von zwei Parametern beschrieben, dem Korrelationskoeffizienten R2 alsMaß für denrelativen und der Standardabweichung σ alsMaß für den absolutenModellfehler.Wird dasModell als Grundlage für eineMehrgrößenoptimierung verwendet, sollte der Korrelations-koeffizient R > 0,9 sein. Die Größe der Standardabweichung hängt von der modelliertenAusgangsgröße ab. Statistisch gesehen sind bei einer Normalverteilung 68% aller Auswer-tungen von S in einem Bereich von ± σ um den modellierten Ausgang y.

Um ein Modell mit der notwendigen Güte für Optimierungsrechnungen zu erstellen,benötigt man, abhängig von der Komplexität von y = S(u), unterschiedlich viele Auswer-tungen für jeden berücksichtigten Eingang. Der Zeitaufwand für die Bestimmung einerPareto-Menge mittels direkter Auswertung von S wird dem Zeitaufwand mit dem Zwi-schenschritt der Modellierung gegenübergestellt. In Tab. 5.1 sind Anhaltswerte für beide

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5 Simulation und Auslegung 335

Tab. 5.1 Vergleich des Zeitaufwands für die Optimierung mit und ohne Modellierung

Optimierung mitModellierung

Optimierung ohneModellierung

Auswertungen Simulationsumgebung 100 1000Zeitaufwand für Auswertungen 300min 3000minZeitaufwand für Modellerstellung 100min –Gesamtdauer 400min 3000min

Verfahren angegeben. Der Zeitaufwand der Optimierungsalgorithmen kann dabei gegen-über einer Auswertung von y = S(u) vernachlässigt werden.

Die Werte in Tab. 5.1 wurden auf einem handelsüblichen Computer (2-GHz-Prozessor,1 GB Arbeitsspeicher) ermittelt. Aufgabe war die Optimierung von Kraftstoffverbrauchund Zusatzaufwand bei drei vorhandenen Eingangsgrößen. Die angegebenen Zeitaufwän-de berücksichtigen nicht nur die reine Rechenzeit, sondern auch die benötigte Bearbei-tungszeit durch einen Nutzer. Das datenbasierte Modell der Simulationsumgebung verrin-gert in diesem Beispiel die Gesamtdauer zur Erstellung der Pareto-Menge. Je mehr Ein-gangsgrößen berücksichtigt werden, desto größer wird die Zeitersparnis gegenüber derdirekten Optimierung.

Zusätzlich zu der Zeitersparnis bietet dieModellierung noch einen entscheidendenVor-teil gegenüber der direkten Optimierung. Mit einem vorhandenenModell wird die quan-titative Analyse von Zusammenhängen zwischen Ein- und Ausgangsgrößen möglich. ImGegensatz zur Auswertung von y = S(u), die in der Regel viel Rechenzeit in Anspruchnimmt, ist die Auswertung des datenbasierten Modells effektiver. Damit können wesentli-che Einflussfaktoren auf einzelne Ausgänge bestimmt werden. Ebenso wird deutlich, wenneinzelne Eingangsgrößen keine Auswirkungen auf einen bestimmten Ausgang haben.

5.4 Ergebnisse der optimalen Auslegung

Ausgehend von den hier vorgestellten Methodenwird die optimale Auslegung vonHybrid-fahrzeugen an einem Beispiel Schritt für Schritt durchgeführt.

5.4.1 Ausgangspunkt und Ziele

Bezugspunkt für die Hybridfahrzeuge ist ein konventionelles Fahrzeug der Kompaktklasse,wie in Tab. 5.2 beschrieben. Dieses Fahrzeug wird mit der Simulationsumgebung aus Ab-schn. 5.3 nachgebildet. Darauf aufbauend werden verschiedene Antriebsstrukturen unter-sucht. Dabei wird das Simulationsmodell des Referenzfahrzeugs umdie hybridspezifischenAnteile erweitert. Eine Übersicht über die dazu verwendeten Komponenten gibt Tab. 5.3.

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336 D. Kraft et al.

Tab. 5.2 Konventionelles Referenzfahrzeug

Fahrzeugklasse Kompaktklasse (ähnlich VWGolf)Verbrennungsmotor Vierzylinder-Ottomotor mit 2,0 l Hubraum und

Saugrohreinspritzung, 100 kW LeistungMasse 1400 kgGetriebe Doppelkupplungsgetriebe mit sechs GängenLeistung der Bordnetzverbraucher 350W

Tab. 5.3 Erweiterung durch Hybridantrieb

Antriebsstrukturen Parallel-2-Hybrid,Parallel-4-Hybrid (Axle-Split),Drehmomentverzweigter Hybrid

Elektrische Maschine Permanenterregte SynchronmaschineBatterie Li-Ionen-Batterie mit 5,5 AhSuchbereicheDrehmoment elektrische MaschineLeistung elektrische Maschine

50–250Nm5–40 kW

Zusammen mit einer adaptiven optimalen Betriebsstrategie werden optimale Hybrid-auslegungen für den Einsatz im neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) berechnet. Zie-le der Auslegung sind minimaler Kraftstoffverbrauch und minimaler Zusatzaufwand. Dadie Simulationsergebnisse für ein Hybridfahrzeug immer mit dem Simulationsergebnisdes konventionellen Ausgangsfahrzeugs verglichenwerden, entspricht derminimale Kraft-stoffverbrauch des Hybridfahrzeugs auch der maximalen Verbrauchseinsparung, also dermaximalen CO2-Einsparung gegenüber dem konventionellen Fahrzeug. Ein weiteres Zielist der Vergleich der verschiedenen Antriebsstrukturen untereinander.

5.4.2 Modellierung

Die verschiedenen Simulationsmodelle für die Antriebsstrukturen Parallel-2-Hybrid,Parallel-4-Hybrid und drehmomentverzweigter Hybrid werden dazu benutzt, datenba-sierte Modelle zu parametrieren. Es werden jeweils Modelle für die CO2-Einsparung undden Zusatzaufwand in Abhängigkeit von Leistung und maximalem Drehmoment deselektrischen Antriebs erstellt. Fahrzeugklasse, Verbrennungsmotor, Bordnetzverbraucher,Getriebe und Fahrzyklus bleiben dabei unverändert. Das Gesamtgewicht und die Batterieändern sich in Abhängigkeit des jeweils verwendeten elektrischen Antriebs. Die Batteriewird dabei immer so ausgelegt, dass die gewünschte Leistung des elektrischen Antriebsimmer zur Verfügung steht.

Abbildung 5.10 zeigt die verschiedenenKombinationen von Eingangsgrößen (Drehmo-ment, Leistung), an denen die Simulationsumgebung ausgewertet wurde. Aus diesen Er-

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5 Simulation und Auslegung 337

Abb. 5.10 Eingangsgrößen alsGrundlage für die Erstellungder datenbasiertenModelle:Drehmoment und Leistung deselektrischen Antriebs

50 100 150 200 2505

10

15

20

25

30

35

40

Drehmoment [Nm]

Leis

tung

[kW

]

Tab. 5.4 Güte der erstellten datenbasierten Modelle (Korrelationskoeffizient R2 und Standardab-weichung σ)

Antriebsstruktur R σParallel-2-Hybrid 0,98 0,35Parallel-4-Hybrid 0,97 0,40Drehmomentverzweigter Hybrid 0,97 0,44

Abb. 5.11 CO2-Einsparungbeim Parallel-2-Hybrid in Ab-hängigkeit der Auslegung deselektrischen Antriebs (Leistungund Drehmoment)

50100

150200

250

10

20

30

4014

16

18

20

22

24

Leistung [kW]

CO

-Ein

spar

ung

[%]

2

Drehmoment [Nm]

gebnissen wurden jeweils datenbasierte Modelle generiert. Die erreichte Modellgüte zeigtTab. 5.4. Die mit dem beschriebenen Verfahren erzeugten Modelle sind gut genug, umsie als Basis für eine Optimierungsrechnung einzusetzen. Mit dem erstellten Modell kanndirekt die CO2-Einsparung in Abhängigkeit von Leistung und Maximalmoment der elek-trischen Maschine dargestellt werden. Abbildung 5.11 zeigt den Zusammenhang für denuntersuchten Parallel-2-Hybrid.

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338 D. Kraft et al.

Abb. 5.12 Ergebnis derMehrgrößenoptimierung. Dar-gestellt sind die Pareto-Mengefür den Parallel-2-Hybrid unddas konventionelle Fahrzeugim Ursprung

0 20 40 60 80 100 1200

5

10

15

20

25

Zusatzaufwand

Pareto-Menge

CO

2-E

insp

arun

g [%

]5.4.3 Optimierung

Ausgangspunkt für die Bestimmung der Pareto-Menge sind die datenbasierten Modellefür den Parallel-2-Hybrid, den Parallel-4-Hybrid und den drehmomentverzweigten Hy-brid. Abbildung 5.12 zeigt die Pareto-Menge für den Parallel-2-Hybrid im neuen euro-päischen Fahrzyklus. Die schwarze Linie umfasst alle Lösungen, die von keiner anderenLösung dominiert werden (siehe Abschn. 5.3.3). Das bedeutet in diesem Fall, dass es füreinen gegebenen Zusatzaufwand keine Auslegung der elektrischenMaschine innerhalb desbetrachteten Suchraums gibt, die zu einer größeren CO2-Einsparung führt. Die Pareto-Menge in Abb. 5.12 bildet deshalb die Grenze der erreichbaren CO2-Einsparung für einengegebenen Zusatzaufwand in einem Parallel-2-Hybrid.

5.4.4 Vergleich von Hybridkonzepten

In verschiedenen Hybridkonzepten führt dieselbe Auslegung der elektrischen Maschineund der Batterie zu unterschiedlichen CO2-Einsparungen und zu unterschiedlichen Zu-satzaufwänden. Ein objektiver Vergleich verschiedener Hybridkonzepte darf daher nichtauf Basis einer gegebenen elektrischenMaschine erfolgen, sondernmuss für einen gegebe-nen Zusatzaufwand immer die Auslegung mit der größten CO2-Einsparung berücksichti-gen. Die Pareto-Mengen aus Abschn. 5.3.3 bilden daher den idealen Vergleichsmaßstab fürAntriebsstrukturen. Den Vergleich von Parallel-2-Hybrid, Parallel-4-Hybrid und drehmo-mentverzweigtem Hybrid zeigt Abb. 5.13.

5.4.5 Validierung der Ergebnisse

Zum Vergleich der verschiedenen Antriebsstrukturen werden Optimierungsergebnisseverwendet, die auf datenbasierten Modellen basieren. Tabelle 5.4 zeigt die Güte die-

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5 Simulation und Auslegung 339

Abb. 5.13 Vergleich derPareto-Mengen von verschie-denen Antriebsstrukturen.Blaue Linie: drehmomentver-zweigter Hybrid, schwarzeLinie: Parallel-2-Hybrid, roteLinie: Parallel-4-Hybrid

Zusatzaufwand

CO

2-E

insp

arun

g [%

]

80 85 90 95 100 105 110 115 120

16

18

20

22

24

26

Abb. 5.14 Abgleich derPareto-Mengen mit Ergeb-nissen aus der Simulation. Dieoptimale Auslegung ist jeweilsmit Quadraten, die Validie-rung mit Rauten markiert.Der drehmomentverzweigteHybrid ist mit blauer Far-be, der Parallel-2-Hybridmit schwarzer Farbe und derParallel-4-Hybrid mit roterFarbe eingezeichnet. Die Qua-drate sind teilweise durch dieRauten verdeckt Zusatzaufwand

CO

2-E

insp

arun

g [%

]

80 85 90 95 100 105 110 115 12015

20

25

30

ser Modelle. Zur Veranschaulichung der Werte wurden optimale Auslegungen aus denPareto-Mengen entnommen und als Eingangsgrößen für die Simulationsmodelle verwen-det. Den Vergleich zwischen Ergebnissen aus der Simulation und den Pareto-Mengen zeigtAbb. 5.14.

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Page 353: Kraftfahrzeug-Hybridantriebe ||

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Sachverzeichnis

α , β-Koordinaten, 1361. Maxwell-Gleichung, 952. Maxwell-Gleichung, 964C-Batterie, 1844-V-Li-Ionen-Batteriesystem, 22412-V-Bordnetz, 14512-V-Bordnetz eines Hybridfahrzeugs, 15414-V-Bordnetz, 144100-%-Lade-Entladezyklus, 147β-PbO2, 189

AAbfallsammelfahrzeug, 247Abgasrückführrate, 83Abgasturboaufladung, 82Abschalteingriff, 149Abschlammung, 201Absorptive Glass Mat (AGM), 188, 195Abtrennung kritischer Verbraucher, 151Abtrieb, 255Abwärmenutzung, 285Abweichung, 334Acetonitril (AN), 209Achsantriebsmodul, 131α-Achse, 136Achslastverlagerung, 276Achsversatz, 268Aggregat, 280Aggregat am Verbrennungsmotor, 24aktive Masse, 188Aktivkohle, 209, 228allpolige Abschaltung, 241Allradantrieb, 36Alterung, 199, 208, 234Alterungsmechanismus, 199Alterungsverhalten, 220

Alterungszustand, 304analytische Funktion, 331analytisches Optimierungsverfahren, 331Anfahren, 248Anfahrübersetzung, 256angepasstes Hebeldiagramm, 49Anodensubstrat, 229anorganisches Kathodenmaterial, 232Anpresskraft, 261Anschlussgang, 269Antimon, 191Antimonzusatz, 190Antrieb, 255Antrieb, alternativer, 85antriebsfähige Hinterachse, 35Antriebskombination, 36Antriebskomponente, 302Antriebsstrangkonfiguration, 258Antriebswelle, 94Anwendungsschicht, 172Architektur, 168Architektur von Systemkomponenten, 168AS-HEV, 33Asynchronfahrmotor, 134Asynchronmaschine, 122Atkinson-Zyklus, 78Aufbautechnologie, 181Aufladen der Batterie, 22, 68Ausgangsdrehzahl, 255Ausgangsleistungsverzweigung, 44, 53, 58Ausgangsmoment, 255ausgeführter paralleler Hybrid, 40ausgekoppelt, 45Auslegung des Hybridsystems, 325Auslegungskriterien für Hybridbatterien, 239Ausrücklager, 261

341K. Reif et al. (Hrsg.), Kraftfahrzeug-Hybridantriebe, ATZ/MTZ-Fachbuch,DOI 10.1007/978-3-8348-2050-1,© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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342 Sachverzeichnis

Ausschaltschwelle, 314Außenläufer, 111Automat, 314Automatikgetriebe, 265Axialkolbenmaschine, 246Axiallager, 261Axialverdichter, 90Axle-Split, 336Axle-Split-Hybridantrieb, 158

BB6-Brückenschaltung, 178Basisfunktion, 333Batterie, 12Batterieaustausch, 71Batteriemanagement, 227, 241Batteriemanagementsystem, 305Batteriemodul, 220Batteriesystem, 242Batterieüberwachungssystem, 206bauraumneutrale Hybridisierung, 277Begrenzung, 143Belagabnutzung, 261Belagslamellen, 269Beschilderung, 321Beschleunigungsvorgang, 248Beschleunigungswiderstand, 254Betätigungskraft, 269Betriebskennlinie, 118Betriebskostenersparnis, 248Betriebspunkt, 309Betriebsstrategie, 301Betriebsstrategie eines parallelen

Hybridfahrzeugs, 310Betriebsverhalten, 220Betriebsweise, 27, 311Betriebszustand, 59, 306Bewegungsenergie, 249Bewertung, 40bipolare Batterie, 206Bipolartransistor, 176Bitübertragungsschicht, 171Black-Box-Modell, 333Blasenspeicher, 245Blei, 185Bleibatterie, 185Bleidioxid, 185Bleisulfat, 185Blei-Traktionszelle, 201

Blockdiagramm, 242Bonddraht, 179Bondstreifen, 179Bondverbindung, 182Boosten, 23, 68, 307Bordnetz, 144, 235Bordnetz eines Axle-Split-Hybridantriebs, 159Bordnetz eines leistungsverzweigten

Hybridfahrzeugs, 156Bordnetz eines Parallel-4-Hybridantriebs, 158Bordnetz für Mild- und Vollhybridfahrzeug,

153Bordnetzarchitektur, 146Bordnetzsicherheit, 160Bordnetzstabilisierung, 291Bordnetztopologie, 144Bordnetztopologie eines

Parallelhybridfahrzeugs, 155Bremsablauf, 20Bremsanlage für Hybridfahrzeug, 18Bremsdruckerzeugung, 308Bremskraftsimulator, 18Bremskraftverteilung, 308Bremsmoment, 248, 308Bremspedal-Gefühlemulator, 308Bremssystem für Hybridfahrzeug, 18Bremsverzögerung, 20Bremsvorgang, 20, 248Brennkammer, 92Brutto-Reaktionsgleichung, 185BSG, 33Bus-Leitung, 170Bussystem, 169

Ccarbonfaserverstärkter Kunststoff (CFK), 251Carnot-Wirkungsgrad, 86Charge Depleting, 311Charge Sustaining, 311Chevrolet Volt, 58Clarke-Transformation, 136CO2, 2CO2-Ausstoß, 2CO2-Einsparung, 337Code-Generierung, 316Coffee-Bag, 233Compound Split, L2, 54Consumerbatterie, 184

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Sachverzeichnis 343

Continuously Variable Transmission (CVT),250

Controlled Auto-Ignition (CAI), 80crash-gefährdet, 241Crash-Sensor, 162

Dd-Achse, 136Dampferzeugungsanlage, 89Dampfmotor, 88Darstellungsschicht, 172Daten von Nickel-Metallhydrid-Zellen, 215datenbasierte Modellierung, 333Dauermagnet, 106Dauerverbraucher, 147DC/DC-Wandler, 152, 290, 291Dehydrierung, 215Demonstrator, 318Depth of Discharge (DOD), 197Design of Experiments (DOE), 334deterministisches Verfahren, 331Dieselhybrid, 82Dieselmotor, 82Dieselstart, 84Differenzdrehzahl, 263Direct Injection (DI), 81Direkteinspritzung, 81Direktgang, 262Domänenleitrechner, 166Doppelkupplungsgetriebe, 271, 272, 278Doppelschichtkondensator (DSK), 149, 207Doppelschicht-Kondensatorbank, 211Doppelschichtkondensator-Wickelzelle, 210Down-Sizing, 76, 307Drain, 175Drainspannung, 175Drehfeld, 97Drehfeldmaschine, 98Drehfeldtheorie, 97Drehmoment, 43, 47, 49, 108, 128, 255Drehmomentdichte, 121Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie, 129Drehmomentengleichgewicht, 47Drehmomentenverhältnis, 43Drehmomenterhöhung, 68drehmomentverzweigter Hybrid, 38, 336Drehmomentwandler, 13Drehmomentwandlung, 255Drehmomentwunsch, 306

Drehrichtungsumkehr, 254Drehschwingung, 261Drehstrom-Asynchronmaschine, 123, 129Drehstrommaschine, 94Drehstromwicklung, 103Drehungleichförmigkeit, 261Drehwinkel, 136, 142Drehwinkelsensor, 142Drehzahl, 43, 255Drehzahlanpassung, 263Drehzahlplan nach Kutzbach, 45Drehzahlverhältnis, 43Drehzahlwandler, 13Dreieckschaltung, 103Dreiphasensystem, 104dreiphasiger Pulswechselrichter, 178dreisträngiger Kurzschluss, 119dreisträngiges, ständerfestes

Koordinatensystem, 135Dreiwellen-Gasturbine, 91Dreizylinder-Dampfmotor, 89Druckplatte, 261DSK-Kohleelektrode, 189Durchflutungsgesetz, 95Durchtrittsreaktion, 188

Eeffektiver Wirkungsgrad, 22Effektivwert, 100eigenlauffähig, 254Eigenschaften aktueller Li-Ionen-Zellen, 227Eigenschaften von Bleibatterien, 196einfacher Planetenradsatz, 45Einfachkäfigläufer-Maschine, 123Eingangsdrehzahl, 255Eingangsgröße, 331eingangsleistungsverzweigter Hybridantrieb, 57Eingangsleistungsverzweigung, 44, 50, 52, 59Eingangsmoment, 255eingebetteter Magnet, 110, 112eingekoppelt, 45Einsatztemperatur, 181Einschaltschwelle, 314, 318Einschaltschwelle des Verbrennungsmotors, 311Einscheiben-Kreiskolbenmotor, 31Einscheiben-Trockenkupplung, 261einsträngiges Ersatzschaltbild, 126Einteilung von Fahrzeugantrieben, 63Einwellen-Gasturbine, 90

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344 Sachverzeichnis

Einzelradantrieb, 131, 133Einzelspule, 110Einzelzahnwicklung, 107, 109Eisenbahnantrieb, 50Eisenblech, 105Eisensteg, 110elektrifiziertes Aggregat, 24elektrifiziertes Nebenaggregat, 285Elektrifizierung des Nebenaggregats, 283Elektrik, 143elektrisch angetriebenes Nebenaggregat, 280elektrische Antriebsleistung, 64elektrische Energie, 93elektrische Erregerwicklung, 111elektrische Last, 147elektrische Leistung, 56elektrische Maschine, 93, 103, 283, 286, 303elektrische Reichweite, 17elektrische Vakuumpumpe, 18elektrischeWinkelgeschwindigkeit, 138elektrischer Allradantrieb, 158elektrischer Antrieb, 93elektrischer Betrieb, 303elektrischer Klimakompressor, 155, 283elektrischer Leistungsanteil, 44elektrischer Pfad, 61elektrischer Verbraucher, 144elektrischerWechselrichterverlust, 157elektrisches Aggregat, 236elektrisches Fahren, 17, 67, 309Elektrobetrieb, 313Elektroblech, 105Elektrochemie, 213, 225Elektrochemie des Bleiakkumulators, 185elektrochemischer Doppelschichtkondensator,

207Elektrode, 185Elektrodenauslegung, 216Elektrodenreaktion, 225Elektrodensubstrat, 219elektrodynamischer Schwungradspeicher, 251Elektrofahrzeug, 3elektrohydraulische Servolenkung, 287Elektrolenkung, 289Elektrolyt, 186, 192, 224, 229Elektrolytaustritt, 194Elektrolytzersetzung, 225elektromechanische Servolenkung, 287elektromechanisches Lenksystem, 289

Elektronik, 143Emissionsreduzierung, 76Emissionsvorteil, 84Energiebedarf, 309Energiebordnetz, 144Energiedichte, 12, 250Energiemanagement, 68, 149, 283, 292Energiespeicher, 9, 184, 304Energieumsatz beim Bremsen, 21Energieumwandlung, 8Energieverbrauch, 288Energiewandler, 8Energie-Wirkungsgrad, 220Enhanced-Carbon-Elektroden, 205Enhanced-Carbon-Negative, 189Entkopplungsnetzwerk, 139Entladedauer, 197Entladekurve, 232Entladekurvenschar, 198Entladestrom, 197Entladetiefe, 197Entladung, 311Entwicklungsprozess, 315Entwurf der Strategie, 315Entwurf von Betriebsstrategien, 306erhöhter Kohlegehalt, 189erhöhter Lastpunkt, 22Ermüdungsbruch, 179Ersatzschaltbild, 115, 125Erststart, 65europäische Typen-Nummer, 205European Type Number (ETN), 205evolutionärer Algorithmus, 331Expander, 189extern aufladbare Hybride, 68

FFällungsreaktion, 188Fahrbereich, 57Fahrdynamik, 3Fahrkomfort, 3, 26, 27Fahrmotor, 130Fahrwiderstand, 253Fahrzeugbordnetz, 145Fahrzeuggetriebe, 253Fahrzeugmessung, 328Fahrzeug-Starterbatterie, 184Fahrzeugstillstand, 275Fahrzyklus, 15

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Sachverzeichnis 345

Faktor der elektrischen Leistungsverzweigung,44

Fallguss, 191faradaysches Gesetz, 207Faserverbundkreisel, 253Fehlbehandlung, 221Fehlermechanismus, 179Fehlerpfad, 161Fehlfunktionen, 221Felderregerkurve, 97, 98feldorientierte Regelung, 134Feldschwächbereich, 116, 141Feldschwächung, 140Ferdinand Porsche, 4fester Gang, 59Festrad, 263Flussvorgabe, 139Foliengehäuse, 232Formfaktor, 100, 250Formschluss, 264Fourier-Analyse, 100Freedom-CAR-Batteriespezifikation, 239friedliche Koexistenz, 165Front-Längs-Antrieb, 274Front-Quer-Antrieb, 274Funktion, 331funktionsorientierte Vernetzung, 167funktionsorientierte Vernetzungsstrategie, 164Funktionsprinzip der Li-Ionen-Zelle, 226Funktionsreihenentwicklung, 333Funktionssoftware, 169Fußgängerschutz, 276

GGang, 255Gangabstufung, 256Gangwechsel, 268, 306Gangzahl, 271Gasturbine, 90Gate, 175Gatespannung, 175Gauß-Prozess, 334Gefährdungspotential, 233Gehäuseabstützung, 255Gelelektrolyt, 232Gelenkbus, 30Gel-Polymer-Elektrolyt, 231generatorischer Betrieb, 93geometrische Stufung, 256

Geräuschverhalten, 27Gesamtreaktion, 213, 225Gesamtwirkungsgrad, 9, 29Geschichte, 4geschichtete Otto-Direkteinspritzung (stratified

GDI), 80geschlossene Batterie, 194geschlossene SLI-Starterbatterie, 203Geschwindigkeits-Leistungs-Diagramm, 257gestabter Kupferkäfig, 134gesteuerter Halbleiterschalter, 174Getriebe, 256Getriebe mit Zugkraftunterbrechung, 260Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung, 265Getriebeart, 259Getriebeeingangswelle, 261Getrieberasseln, 261Getriebeschema, 258Getriebespreizung, 255Getriebetunnel, 259Getriebetunnelgeometrie, 276Getriebeverlängerung, 276Getriebewirkungsgrad, 44Gewichtung, 332Gitter-Korrosion, 199Glasfaserseparator, 195glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK), 251Gleichgewichtsspannung, 187Gleichlauf, 228Gleichspannungswandler, 174, 177Gleichspannungs-Zwischenkreis, 127Gleichstromanschluss, 71globales Minimum, 331Gottlieb Daimler, 4Grad der Hybridisierung, 62Graphit, 228gravimetrische Energiedichte, 12gravimetrische Leistungsdichte, 12Grenzschicht, 229Grundbedatung, 334Grundstellbereich, 116Gruppengetriebe, 257, 258Gussgitter, 191

HHalbleiterbauelement, 174Halbleitersicherung, 161Halbstundenleistung, 129Hardware-in-the-Loop-Umgebung (HIL), 316

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346 Sachverzeichnis

hartmagnetischeWerkstoffe, 106Hauptfeldfluss, 126Hauptfeldreaktanz, 126Hauptgetriebe, 257Hebelanalogie, 45Hebeldiagramm zum Planetengetriebe, 47Heizwert, 22HIL-Methode, 316Hochenergie-Zelle, 215Hochleistungs-Zelle, 215Hochschaltvorgang, 260, 265Hochspannungssystem, 144Höchstgeschwindigkeit, 256hohe Zyklenanforderung, 212Hohlrad, 45, 268Hybridantrieb, 2, 7Hybridbus, 30Hybrid-Demonstratorfahrzeug, 317hybride Antriebsstruktur, 7hybride Nebenaggregat-Antriebe, 284Hybridfahrzeug, 1Hybrid-Funktion, 64Hybridgetriebe mit Synchronmaschine, 121Hybridisierung, 274Hybridisierungsgrad, 202Hybridisierungsmöglichkeit, 278Hybridmodul, 277Hydraulikeinheit, 242, 244Hydrauliköl, 245Hydraulikpumpe, 267Hydraulikturbine, 267hydraulische Energie, 267hydraulischer Blasenspeicher, 243hydraulischer Hybridantrieb, 242hydraulischer Impulsspeicher (HIS), 275hydraulischer Speicher, 243Hydridbildung, 215Hydrid-Speicherelektrode, 215hydrodynamischer Wandler, 267hydrostatischer Hybrid, 242hydrostatisch-regeneratives Bremssystem, 242,

246Hysterese, 314Hysterese der Ruhespannung, 221Hysteresekurve, 105Hystereseverlust, 105

IIGBT, 154, 176

IGBT-Bonddraht, 180IGBT-Modul, 180, 182Imprägnier-Verfahren, 219Induktionsgesetz, 95induktives Laden, 71Infrastruktur, 173Inkrementalgeber, 142Innenläufer, 94, 111Input Split, L1-In, 44, 52Insellösung, 164integrierter Motor-Generator (IMG), 156, 157intelligenter Steller, 166intelligentes Bremssystem, 308Interkalations-Anode, 228International Standardization Organization

(ISO), 171inverse Clarke-Transformation, 137inverse Park-Transformation, 136ISG, 33Isolationslinienüberwachungen, 162Isolationsmaterial, 105Isolationswiderstand, 162

KKabel, 69Käfigläufer, 123, 124Kaltstart, 88kardanisch, 252Kardanwelle, 248Karl Benz, 4kaskadierte Struktur, 142Katalysator, 81Katalysator-Heizstrategie, 82Kathodenmaterial, 232Keilriemen, 279Kenndaten von Bleiakkumulatoren, 204Kenngrößen eines Dieselmotors, 83Kennwerte von Stirlingmotoren, 88kinetische Energie, 249Kippmoment, 128Kipppunkt, 128Kippschlupf, 128Klauenschaltung, 263Klimaanlage, 282Koerzitivfeldstärke, 105Kohle-Einlagerungsverbindung, 228Kohleelektrode, 206Kombination, 36kombinierte Leistungsverzweigung, 54

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Sachverzeichnis 347

kombinierter paralleler Hybrid, 36Komforteinbuße, 291Kommunikation, 163Kompaktklasse, 335Komponente, 7Komponente des Bordnetzes, 144konventionelle Bremsanlage, 17konventionelle Getriebeart, 14Konzepte, 27kooperative Koexistenz, 165Koordinatensysteme der Synchronmaschine,

109Koordinatensysteme in der Drehfeldmaschine,

135Korrelationskoeffizient, 334Korrosionsreaktion, 200Korrosionsschicht, 200Kraftfahrzeugbatterie, 201Kraftstoffmassenstrom, 22Kraftstoffverbrauch, 25, 302Kreisprozess, 85Kriechmoment, 268Kühlanschluss, 94Kühlkreislauf, 282Kühlung, 174, 181Kugelgewindetrieb, 287Kupfer-Bondtechnik, 183Kupferverlust, 110Kupplung, 256Kupplungsgehäuse, 261Kupplungskörper, 263Kupplungsscheibe, 261Kurbelwellen-Starter-Generator, 66, 307Kurvenradius, 321Kurzschluss-Fehlerfall, 161Kurzschlussstrom, 119kurzzeitige Leistungsanforderung, 145Kurzzeitspeicher, 10Kurzzeit-Verbraucher, 147

LLadegerät, 69Ladekabel, 173Ladeleistung, 314Lademodus, 70Lademöglichkeit von Batterien, 69Laden, 70Ladesäule, 173Ladestation, 71

Ladezeit, 71Ladezustand, 199, 304, 311, 321Ladezustandsregelung, 306Ladung, 208Ladungsbilanzierung, 147Ladungserhaltung, 311Ladungsspeicherung, 207, 225Ladungswechselverlust, 77länderspezifische Rahmenbedingungen, 5Längsrichtung, 259Läufer, 94Läuferbauform, 108, 110Läuferdrehzahl, 107läuferfestes d-q-Koordinatensystem, 115läuferflussorientierte Koordinatensystem, 134Läufer-Stromkreis, 126Läuferzeitkonstante, 127Lamellen, 269Lamellenschaltelement, 269langsames Aufladen, 70Langzeitspeicher, 10Langzeitverbraucher, 147Lastanforderung, 76Lastpunktanhebung, 312Lastpunktverschiebung, 21, 68Lastschaltung, 265Lastübernahme, 265Lebensdauerbetrachtung, 179Leerlauf, 125Leerlaufbetrieb, 281Leerweg, 18Leistung, 43, 321Leistungsanforderung, 310Leistungsdichte, 12Leistungselektronik, 174Leistungshalbleiter, 154Leistungshybrid, 29Leistungsübertragung, 42Leistungsverhältnis, 43leistungsverzweigter Hybrid, 39, 42, 43leistungsverzweigtes Hybridfahrzeug, 156Leistungsverzweigung, 39Leistungswandlung, 42Leistungswunsch, 11Leitermaterial, 106Leiterschleife, 95Leitfähigkeit, 107Leitrad, 267Leitsalz, 229

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348 Sachverzeichnis

Lenkgeschwindigkeit, 287Lenkkraft, 287Lenkkraftunterstützung, 287Lenkradumdrehungen, 287Lenksystem, 287, 288Lexus, 57Li-Elektrode, 223Li-Ion-Elektrode, 229Li-Ionen-Batterie, 336Li-Ionen-Zelle, 232Li-Ionen-Zell-Element, 231Linearmotor, 113, 114lithiiertes Übergangsmetalloxid, 227Lithium-Ionen-Batterie, 222Lithium-Zelle, 233Lösemittelgemisch, 229Löslichkeit von Bleisulfat, 193Lötungsprozess, 180Lötverbindung, 182Lohner-Porsche, 30lokales Minimum, 331Lorentzkraft, 97Losrad, 263Luftspalt, 97Luftspaltmagnet, 110, 111Luftwiderstand, 253

Mmagere Gemischschicht, 80magere Selbstzündung, 80Magnetfluss, 71magnetische Feldkonstante, 95magnetische Feldstärke, 95magnetische Flussdichte, 94magnetische Induktion, 94magnetische Spannung, 100magnetischer Fluss, 95magnetischer Kurzschluss, 110Management-System, 206Massenausnützung, 186Massenträgheit, 256Massenträgheitsmoment, 250, 256, 263massespezifische Energiedichte, 250Masseträger, 190Master-Slave-Lösung, 165mechanisch angetriebenes Nebenaggregat, 280mechanische Belastung, 238mechanische Bremsleistung, 21mechanische Drehfrequenz, 125

mechanischer Leistungspfad, 69mechanischer Pfad, 61mechanischer Reibbremsung, 308Mehrgrößenoptimierung, 338Mehrgrößen-Optimierungsproblem, 332Mehrleistungsverbrauch, 312Membranfeder, 261Memory-Effekt, 222Messgröße, 141Metallgehäuse, 232Metallhydrid, 212Mikro-Hybrid, 33, 67, 205, 307mikroporöse Separatorfolie, 227mikroporöser Polyolefin-Separator, 230Mild-Hybrid, 33, 34, 67, 155Militärfahrzeug, 92Miller-Zyklus, 79Minimaldrehzahl, 254Mittelspannungssystem, 144mittlerer Leistungsbedarf, 148Mixte, 4Mixte-Hybrid, 30Modell, 327modellgestützter Entwicklungsprozess, 325Modellgüte, 334Modellierung, 325, 335, 336Modellierungsebene, 326Modularisierung, 169Module für NiMH-Batterien, 220Modus der Leistungsverzweigung, 55Moment in der Maschine, 138Monte-Carlo-Verfahren, 331MOSFET, 154, 175Motorbetrieb, 245Motorgleichungen der permanenterregten

Synchronmaschine, 137motorischer Betrieb, 93Motorleistung, 302Motorstart, 282Motorstopp, 150, 282Motorwirkungsgrad, 254Müllsammelfahrzeug, 249Multi Point Injection (MPI), 81Muschelkennfeld, 313

NNachladezwang, 314Nachoxidation, 82Nadelwickler, 108

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Sachverzeichnis 349

nasse Kupplung, 272nasslaufende Doppelkupplung, 273nasslaufende Lamellenkupplung, 276Nebenaggregat, 24, 279, 281, 305negative Elektrode, 187, 189, 190, 213, 225, 228negative Teilreaktion, 187Nennkapazität, 197Nennscheinleistung, 104Nennspannung, 185Neodym-Eisen-Bor, 106Netz, 69neuer europäischer Fahrzyklus (NEFZ), 318,

336neuronales Netz, 333New European Driving Cycle (NEDC), 318Ni-Cd-Akku, 213Ni-Cd-System, 213Nickel-Metallhydrid-Akkumulator, 212Nickel-Metallhydrid-Zelle (NiMH-Zelle), 213Nickeloxid-Elektrode, 217Niederspannungsbordnetz, 148Niederspannungs-Runddrahtwicklung, 123Niederspannungssystem, 144Niedertemperatur-Kühlkreislauf, 174n-Kanal-MOSFET, 175NOx -Speicherkatalysator, 84Normally Closed Clutch, 261Normally Opened Clutch, 269Nut, 98, 103Nutauskleidung, 123Nutöffnung, 98Nutzahl-Kombination, 124Nutzbremsung, 308

OOberwelle, 102Oberwellenspektrum, 108Öldruck, 269Ölkanal, 269Ölpreis, 4Ölpumpe, 264, 268Opazität, 84Opel Ampera, 58Open Systems Interconnection (OSI), 171optimale Auslegung, 330, 335optimaler Lastpunkt, 28Optimierung, 331, 335, 338Optimierung mehrerer Zielgrößen, 332organische Elektrolyte, 209

OSEK-Standard, 168OSI-Referenzmodell, 171Ottomotor, 78Output Split, L1-Out, 44, 53Overdrive, 256

PP1-Hybrid, 32, 34P2-HEV, 33P2-Hybrid, 32P3-Hybrid, 32, 35P4-Hybrid, 33, 35P12-Hybrid, 37P14-Hybrid, 37Parallel Torque Split (PTS), 38Parallel-1-Hybrid, 34Parallel-2-Hybrid, 34, 336Parallel-3-Hybrid, 35Parallel-4-Hybrid, 35, 336paralleler Hybride, 31Parallelhybrid, 317, 329Parallelhybridfahrzeug, 155Pareto-Front, 332Pareto-Menge, 333, 339Pareto-optimale Lösung, 333Parksperre, 270Parksperrenrad, 270Park-Transformation, 136Partikelemission, 84Passivschicht, 225Pb, 185PbO2, 186PbO2-DSK-Kohleelektrode-Hybrid, 206PbSO4, 185Pedalwegsensor, 18permanenterregte Läufer, 110permanenterregte Synchronmaschine, 119, 134,

251, 336permanentmagneterregte Synchronmaschine,

110Phlegmatisierung, 223P-Hybrid, 31Pilotlinienüberwachungen, 162p-Kanal-MOSFET, 175Pkw-Ottomotor, 303Planetengetriebe, 45Planetengetriebebauweise, 265Planetenrad, 45, 268Planetenradsatz, 45, 268

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350 Sachverzeichnis

Planetenträger, 45, 268Plattensatz, 194Platzhaltereintrag, 1Plug-in-Fahrzeug, 311Plug-in-Hybrid (PHEV), 68Pol, 97Pollage, 127Polpaarzahl, 125Polradspannung, 138Polteilung τp, 98Polymer-Elektrolyt, 230Polynome, 334Polzahl, 108positive Elektrode, 187, 189, 213, 216, 225, 231positive Teilreaktion, 187potentialgetrennt, 161potentialgetrenntes Wandlerkonzept, 177potentialtrennender DC/DC-Wandler, 291Potentialtrennung, 290prädiktive Betriebsstrategie, 321Präzessionskraft, 252Premature Capacity Loss (PCL), 199Pressverbindung, 180Primärenergie, 76Primärenergieträger, 9Primärenergiewirkungsgrad, 309Primärspule, 71prismatische Bauart, 233prismatische Zelle, 219, 232prismatisches Foliengehäuse, 233Prius-Antriebsstrang, 220progressive Stufung, 257Projektphase, 316Pulswechselrichter, 177Pumpenbetrieb, 244Pumpenrad, 267Pumpverlust, 78p-V-Diagramm, 79

Qq-Achse, 136

RRadialverdichter, 90Radio Data System, 322Radnabenmotor, 30radnaher Motor, 29Radsatzschema, 262Ragone-Diagramm, 11, 12, 243

Range-Extender (RE), 30, 69Range-Extender Electric Vehicle (REEV), 69Range-Gruppe, 257Raumzeiger, 101, 135Raumzeiger-Diagramm, 101Ravigneaux-Planetengetriebe, 57RDS-TMC-Nachrichten, 322Rechenzeit, 335rechtwinkliges Koordinatensystem, 136regenerativer Bremsvorgang, 249regeneratives Bremsen, 17regeneratives Bremsmodul, 19Regenerator, 85Reibkonus, 263Reibung, 269Reichweite, 69Reichweitenverlängerer, 69Rekuperation, 308Rekuperationsvorgang, 306rekuperatives Bremsen, 17, 67rekuperatives Bremssystem, 18relative Permeabilität, 95Reluktanzeffekt, 113Reluktanzmaschine, 113Remanenzinduktion, 105Reproduzierbarkeit des Wiederstarts, 65resultierender spezifischer Kraftstoffverbrauch,

313reversible Wärme, 196Riemengetriebe, 287riemengetriebener Starter-Generator (RSG), 66,

307Riemen-Starter-Generator (RSG), 275Riementrieb, 283Ritzel, 287Rollwiderstand, 253rotierende Drehwelle, 100rotierendes Bauteil, 256Rotor, 94RSG, 33Rückwärtssimulation, 327Ruhestromverbraucher, 237

SSAE, 63Sättigung, 106Säurekonzentration, 187Säureschichtung, 201Safety Extra Low Voltage (SELV), 160

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Sachverzeichnis 351

Safety-Plug, 162Saugrohreinspritzung, 81Schalteinrichtung, 263Schaltelement, 268Schaltkomfort, 26, 27Schaltschema, 269Schaltungsunterstützung, 68Schaltvorgang, 260Schaumgerüst-Elektrode, 217Scheitelwert, 100Schiebemuffe, 263Schleppbetrieb, 152Schlupf, 125, 268Schmelzsicherung, 160Schneckengetriebe, 287Schnell-Ladestation, 71Schongang, 256Schutzkleinspannung, 144Schwefelsäure, 192Schwingungsanalyse, 27Schwingungsdämpfer, 267Schwingungsdämpfungssystem, 261Schwingungsverhalten, 27Schwungrad, 249Schwungradspeicher, 250SCR-System, 84Sehnung, 99Selbstentladung, 227Selbstzündung, 80Selective Catalytic Reduction, 84Sensor-Cluster, 167Sensorik, 141separater Motor-Generator (SMG), 157Separator, 194, 201, 218, 224, 230serieller Hybrid, 28, 42Shutdown-Separator, 230, 231Sicherheit, 221, 233, 241Sicherheitselement, 233Sicherheitskleinspannung, 160sicherheitsrelevante Verbraucher, 148Sicherheitsstrategie, 233Sicherungsbox, 160Sicherungsschicht, 172Side-by-Side-Hybrid, 38Silber-Bondtechnik, 183Siliziumkarbid (SiC), 181Simulation, 325Simulationsergebnis, 328Simulationsstudie, 327

Simulationsumgebung, 330Sinter-Elektrode, 217Sintermetall-Flammsperre, 194Sitzungsschicht, 172SLI-Batterie, 184Softwareentwicklung, 316Software-in-the-Loop-Modell, 315Solid Electrolyte Interface (SEI), 225, 229Sonnenrad, 45, 268Source, 175Spannungsebene, 160Spannungsharmonische, 102Spannungsinduzierung, 101Speicher, 8speicherbare Energie, 251Speichergröße, 64Speicherverdampfer, 282Speisefrequenz, 127Sperrklinke, 270Sperrsynchronisierung, 263spezifische Leitfähigkeit von Schwefelsäure, 192Spitzenleistungsbedarf, 148Spitzen-Stromaufnahme, 147Split-Gruppe, 257Spreizmittel, 189Spreizung, 271Stabilisierung, 291Stabilitätsfenster, 224Stadtbus, 131, 249Stadtbus-Niederflurachse, 133Ständer, 94Ständeraufbau, 107Ständerblechpaket, 103Ständernut, 124ständerorientiertes Koordinatensystem, 134Ständerspannung, 137Ständerstrom, 137Ständerstromfrequenz, 107Ständer-Stromkreis, 126Ständerwicklung, 103, 123Stahllamellen, 269Standardabweichung, 334Standardisierung, 168Standübersetzung, 47, 48Stanzgitter, 191Starteinrichtung, 65Starter, 62Starterbatterie, 193Startfähigkeit, 79, 151

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352 Sachverzeichnis

Startphase, 80Start-Stopp-Betrieb, 282, 307Start-Stopp-Fahrzeug, 153Start-Stopp-Funktion, 24, 63, 67Start-Stopp-System, 62, 149, 202, 211Startverhalten, 80Startvorgang, 150, 291State of Charge (SOC), 199, 304State of Health (SOH), 304statistische Versuchsplanung, 334Stator, 94Stauerkennung, 322Stecker, 69, 70Steg, 268Steigungsinformation, 321Steigungswiderstand, 253Sternpunkt, 103Sternschaltung, 103Steuergerätefusion, 167Stickoxid-Emission, 79, 83Stillstand, 125Stirling-Kreisprozess, 85Stirlingmaschine, 87Stirlingmotor, 85, 87stochastischesVerfahren, 331Störgrößenkompensation, 139Strafzahlung, 2Strang, 100Strangwiderstand, 126Streckenmetallgitter, 191Streufeldreaktanz, 126Stromrichter, 127Strukturbild, 138Strukturbild der feldorientierten Regelung, 139Strukturbild Kaskadenregelung, 143Stufenaufladung, 82Stufengetriebe, 13stufenloses Getriebe, 13, 250Stufensprung, 257Stundenleistung, 129Subkompaktklassefahrzeug, 318Sulfatierung, 193Synchronmaschine, 107Synchronring, 263

TTeilgetriebe, 271, 278Teillastbereich, 80Temperaturbelastung, 238

Thermal Runaway, 197thermische Wechselbelastung, 181thermisches Energiemanagement, 292tiefentladefest, 214Torque Ripple, 142Torsionsdämpfer, 276Torsionsschwingungsdämpfer, 268Toyota Prius, 56Traffic Message Channel (TMC), 322Traktionsbordnetz, 146, 153, 161, 283Traktionsnetz, 144, 291Traktionsnetzkomponente, 162Transformation, 134Transformator, 290transformatorische Induktion, 97Transportschicht, 172Transversalflussmaschine, 113Trennschalter, 151Trübung des Abgases, 83TS-HEV, 33Turbine, 267Turbineneintritt, 90Turbinenrad, 267Turbinentorsionsdämpfer (TTD), 267Two-Mode-Hybrid, 55, 59Two-Mode-Hybrid-System, 55

UU, V, W-Koordinaten, 136Überladen, 196, 214, 225überladesicher, 226Übersetzung, 255Übersetzungsverhältnis, 126Überstrom-Fehlerfall, 161Umfangsgeschwindigkeit, 46, 250, 251umlaufendes Drehfeld, 134Ummagnetisierung, 105Umpolen, 214, 225umpolfest, 214Umrichter, 127Umrichterspeisung, 127Umweltbewusstsein, 4Universalsteuergerät, 169US-City-Zyklus, 25US-Highway-Zyklus, 26

Vvakuumabhängiges Bremssystem, 19Validierung, 328, 338

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Sachverzeichnis 353

Valve Regulated Batteries, 194Valve Regulated Lead Acid (VRLA-Typen), 188,

194Varianten des Parallelhybrids, 33Vented Flooded Batteries, 194Ventilsteuerblock, 247Ventilüberschneidung, 82Verbindung verschiedener Planetenradsätze, 50Verbindungssteg, 45Verbrauch, 25, 26Verbraucherabschaltung, 150Verbraucherbatterie, 184Verbrauchersteuerung, 149Verbrauchseinsparung, 249, 268Verbrauchskennfeld, 303Verbrennungsmotor, 75, 302Verbrennungsmotor-Betriebspunkt, 304Verdichter, 90Verdichterturbine, 90Verdichtungsverhältnis, 79Vergleich von Hybridkonzepten, 338Verluste, 264Vermittlungsschicht, 172vernetztes Steuergerät, 164Vernetzung im Fahrzeug, 167Vernetzungsstrategie, 163verschlossene Ausführung, 193verschlossene Batterie (VRLA-AGM), 194, 203verschlossener Bleiakkumulator, 188verteilte Drehstromwicklung, 123verteilte Wicklung, 101, 107verteiltes Wicklungssystem, 108Verunreinigung, 189Verzahnungswirkungsgrad, 271Verzögerung, 20, 308Vibration, 238Vielstofffähigkeit, 92V-Modells, 316Voll-Hybrid, 67, 68, 155, 307Vollhybrid-Fahrzeug, 317Vollladen, 221Volllastlinie, 314vollständig elektrifizierter Antriebsstrang, 284vollständige Elektrifizierung, 284volumenstromgeregelte Pumpe, 287volumetrische Energiedichte, 12volumetrische Leistungsdichte, 12vorausschauendes Energiemanagement, 322Vorausschausystem, 322

Vorgelege-Bauweise, 262Vorgelegewelle, 262Vorteil eines Hybridantriebs, 14Vortriebsleistung, 292vorzeitiger Kapazitätsverlust, 199VRLA-Batterie, 194

WWärmekapazität, 197Wärmeleitfähigkeit, 181wässriges System, 186Wandler, 8, 267Wandlerautomatikgetriebe, 265Wandler-Stufenautomat, 265Wandlerüberbrückungskupplung, 268Wankelmotor, 31Wasserstoff-Speicherelektrode, 217Wasserstoff-Speicherlegierung, 216Wasserverlust, 199Wechselrichter, 174Wechselstromnetz, 70Weltmarktbedingung, 5Werkstoff, 105Wickelkopf, 107Wickelkopfende, 123Wickelprozess, 108Wickelsystem, 107Wicklungsverteilung, 99Wicklungswiderstand der Käfigwicklung, 126Wiederstart, 65, 66Wiederstart des Verbrennungsmotors, 150Willanslinien, 312Winkelgeschwindigkeit, 43, 46, 250Wirbelstrom, 106Wirbelstromverlust, 106Wirkungsgrad, 9Wirkungsgrad η des idealen Kreisprozesses, 86Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors, 22Wirkungsgrad im Testzyklus, 25Wirkungsgradkette, 309

ZZähnezahl, 46Zahnkette, 279Zahnrad, 262Zahnradpaar, 262Zahnriemen, 279Zahnspulenwicklung, 107Zahnstangenkraft, 287

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354 Sachverzeichnis

Zeigerbild, 116Zeigerdiagramm, 115Zelle, 187Zellendesign, 232Zellenkomponente, 228Zellspannung, 213Zentralverband Elektrotechnik- und

Elektronikindustrie e. V. (ZVEI), 205Zerstörungsfall, 253Zielgröße, 330zonenorientierte Vernetzung, 167zonenorientierte Vernetzungsstrategie, 166Zonung, 99Zugfestigkeit, 250Zugkraft, 265Zugkraftangebot, 254Zugkraftbedarf, 254Zugkrafthyperbel, 254Zugkraftüberschuss, 258Zugkraftunterbrechung, 38, 248, 260, 264, 309zusammengesetzter Planetenradsatz, 48

Zusatzleistung, 312Zustand, 315Zustandsautomat, 314zweifache Leistungsverzweigung, 54, 59Zweischichtwicklung, 124Zweitbatterie, 149Zweiwellen-Gasturbine, 90Zwischenkreisspannung, 157Zwischenschieber, 123Zwischenspeichern von Energie, 282Zwischenspeicherung, 283Zyklenfestigkeit, 189Zyklisierung, 152Zyklisierungsanforderung, 147Zyklus-Wirkungsgrad, 23, 25Zylinderabschaltsystem, 78Zylinderabschaltung, 77zylindrische Bauart, 233zylindrischeWickelzelle, 205, 209zylindrische Zelle, 218, 232