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beratung und forschung · bewachungs- und sicherheitsgewerbe · branchenunabhängige callcenter · parteien und verbände · touristi sonstige dienstleistungen · wohnungs- und immobilienwirtschaft · zeitarbeitsunternehmen · beratung und forschung · bewachungs- und sicherheitsgewerbe · branchenunabhängige callcenter · parteien und verbände · touristik · sonstige dienstleistungen · wohnungs- und immobilienwirtschaft · zeitarbeitsunternehmen · beratung und forschung · bewachungs- und sicherheitsgewerbe · branchenunabhängige callcenter · parteien und verbände · touristik · sonstige dienstleistungen · wohnungs- und immobilienwirtschaft · zeitarbeitsunternehmen report 02/2010 die besonderen Kollege Pille – wie die Arbeit uns krank macht

krank macht - ver.di

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beratung und forschung · bewachungs- und sicherheitsgewerbe · branchenunabhängige callcenter · parteien und verbände · touristisonstige dienstleistungen · wohnungs- und immobilienwirtschaft · zeitarbeitsunternehmen · beratung und forschung · bewachungs- undsicherheitsgewerbe · branchenunabhängige callcenter · parteien und verbände · touristik · sonstige dienstleistungen · wohnungs- undimmobilienwirtschaft · zeitarbeitsunternehmen · beratung und forschung · bewachungs- und sicherheitsgewerbe · branchenunabhängigecallcenter · parteien und verbände · touristik · sonstige dienstleistungen · wohnungs- und immobilienwirtschaft · zeitarbeitsunternehmen

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Petra GerstenkornMitglied des ver.di-Bundesvorstandesund Leiterin des Fachbereichs Besondere Dienstleistungen

IMPRESSUMDer ver.di Report die besonderen Nr. 02/2010 · September 2010Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)Fachbereich Besondere DienstleistungenPaula-Thiede-Ufer 10 · 10179 BerlinInternet: www.verdi.deV.i.S.d.P.: Petra GerstenkornFB-Redaktionsteam: Ulrich Beiderwieden, Annemarie Dinse, Hans-Peter Kilian, Bernd Lohrum, Bernd Steuber, Dr. Stephan TregelRedaktionelle Bearbeitung: Uta von SchrenkLayout: einsatz · Wolfgang WohlersDruck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 64295 DarmstadtTitelbilder: Werner Bachmeier

Die Artikel stellen die Meinungsvielfalt unseres Fachbereiches dar und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung des Bundesfachbereichs vorstandes wider.

SER V ICEFachbereich Besondere DienstleistungenInternet: http://besondere-dienste.verdi.deAnsprechpartnerin „die besonderen-Report“:[email protected]: 030/69 56-35 00d

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T H E M E N

SCHWERPUNKT:ARBE IT UND GESUNDHE IT

Großbaustelle Gesundheit 3

Gesundheitsrisiko:Leiharbeit 4Marktforschung 5Callcenter/Arbeitslosigkeit 6

Interview zu den neuen Berufskrankheiten 7

SOZ IALESSparsame Ideen 8

KAMPAGNEGerecht geht anders 9

TOUR IST IKOutsourcing 10

Harte Tarifrunde 11

I LLEGAL IS IERTEver.di-Beratung 12

D IE L INKE HAMBURGGemeinsamer Betriebsrat 13

INTERNESKooperation der Fachbereiche 5 und 13 14

PORTRÄTWir Deklassierten 15

Sommer in Berlin

Nachdem die „Wildsäue“ und „Gurkentruppen“ sich inden wohlverdienten Sommerurlaub verabschiedethaben, sind doch ein paar „Stallwachen“ im Land, inder Hauptstadt geblieben. Denen scheint nun – bei 40 Grad Celsius im Schatten – die Sonne aufs Gehirn.Das macht sie anscheinend schwindelig, denn sie torkeln durch die Sommerlöcher mit allerlei kuriosenMitteilungen.

Da wird zunächst die Rentengarantie in Frage gestellt.Gar nicht lustig finden die ver.di-Senior/innen Hannoverdiesen Vorschlag des altersmäßig nahen, aber sonstdoch sehr fernen Herrn Brüderle.

Und dann singt auch noch ein Chor daheimgebliebenerAbgeordneter, die den Begriff Generationengerechtig -keit einzig und allein auf junge Menschen anwendenwollen. Auch irgendwie schräg; aber – wie gesagt – 40 Grad im Wetterwechsel in Berlin.Schwere Regenwolken. Vom Fernsehturm am Alex istkaum noch die Restaurantkugel auszumachen. Und plötzlich haben wir ein Problem, weil in derkonjunk turellen Erholung die Fachkräfte fehlen. Aha.Auch nicht neu.

Wenn die Politik jahrelang nur an die Unternehmenappelliert, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen wenn eine schwarz-gelbe Regierung sich in denKoalitionsvertrag „Überprüfung“ – und gemeint ist„Einschränkung“ – der Fördermaßnahmen fürJugendliche, insbesondere zur Erlangung des Haupt -schulabschlusses schreibt, dann sind die Aussichtentrübe. Zuerst für junge Menschen, aber dann – „Heilig’s Blechle!“ – auch für die Industrie.

Die Sonne bricht wieder durch die Wolken. Nun sind„die Aufstocker“ ins Blickfeld geraten, also Menschen,die von ihrer Hände Arbeit allein nicht leben können.Immerhin fast 1.400.000 Erwerbstätige.

Man stelle sich mal vor, wir hätten einen gesetzlichenMindestlohn von 8,50 Euro. Das brächte Geld in dieSozialkassen und Entlastung der Sozialhaushalte.

Aber es ist Sommer in Berlin. Politische Weitsichtgedeiht da nicht.

Fotos v.o.n.u.: W

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SCHWERPUNKT: ARBE IT UND GESUNDHE IT

W Argumente gegen die Kopfpauschale

1. Unser Gesundheitswesenwird aus dem Arbeitseinkommenfinanziert. Jedoch: Während dieReallöhne in der vergangenenDekade gleich geblieben sind,haben die Einkommen aus Unter -nehmertätigkeit und Vermögen um rund ein Drittel zugelegt. Die Arbeitgeber tragen nur noch38 Prozent zur Finanzierung bei.Die Versicherten zahlen inzwischenjährlich 10 Milliarden Euro auseigener Tasche für Rezept-,Praxisgebühren, Krankenhaus -gelder und sonstige Zuzahlungen.Die Kopfpauschale? Nichtsanderes als Umverteilung vonunten nach oben.

2. Die Arbeitgeberbeiträge sind seit Juli 2005 bei 7 Prozentein gefroren, alle künftigen Kosten -steigerungen müssen die Ver -sicherten allein tragen. Jedoch:Viele Krankheiten sind berufs -bedingt und Arbeitgeber haben sokeinerlei Anreiz mehr, in betriebli-che Gesundheitsvorsorge zu inves -tieren. Die Ausgaben für arbeits -bedingte Erkrankungen belaufensich jährlich auf 15 MilliardenEuro, Tendenz steigend. Vor allem psychisch bedingte Erkrankungennehmen zu – aufgrund desStresses am Arbeitsplatz. Wer ander Entstehung eines Problemsbeteiligt ist, muss auch an des-sen Lösung beteiligt werden!

3. Mit der Kopfpauschale sollen Krankenpflegerinnen undManager künftig den gleichenBetrag in die Krankenversicherungeinzahlen. Das bedeutet: Werwenig verdient, muss einen deut-lich höheren Prozentsatz von seinem Bruttoentgelt abführen alsein Spitzenverdiener. Niedriglohn -empfänger werden durch dieKopfpauschale an den Rand derArmut gebracht. Berechnungender Krankenkassen zufolge müss-ten bei einer Vollumstellung aufdie Kopfpauschale 60 Prozent allerVersicherten Sozialausgleich bean-tragen. Die Folge: Ein Volk vonBittstellern! W

Stephan Tregel

K O M M E N T A R

ren und gesunden Arbeitsbedingungen gelangen.Und dies gilt auch für die ver.di- und DGB-Mit -arbeiter/innen, die alle zu unserem Fach bereichgehören.

Gute Arbeit, gesunde Arbeit erreichen wir nur,wenn wir die unfreiwillige Teilzeit abbauen oderdie Befristungen, von denen immerhin 33 Prozentaller Beschäftigten betroffen sind. Das Ansteigendes Niedriglohnsektors und der prekären odergeringfügigen Beschäftigung stehen einer gesun-den Arbeitswelt entgegen. Denn soziale Teilhabeund Sicherheit für den Einzelnen gehen Stück fürStück verloren.

Doch wie ist gute Arbeit zu erreichen? Wirver.dianer/innen müssten als Erstes die Beleg -schaften mit einbeziehen. Der DGB-Index GuteArbeit bietet hier eine gute Einstiegs möglichkeit,liefert er doch Hinweise auf die Problemlagen.Betriebs- und Personalräte können als erstenSchritt zusammen mit der Belegschaft die betrieb-lichen Arbeitsbedingungen analysieren. Der nächs -te Schritt wäre die Entwicklung eines effektivenArbeits- und Gesundheitsschutzes im Betrieb, umgesundheitsförderliche Arbeitszeiten herbeizu-führen, psychische Belastungen zu vermeiden, dieGestaltung der Arbeitsaufgaben zu verbessern,Zwangshaltungen zu vermeiden oder auch dieArbeitsumgebung zu beeinflussen. Warum nichtden Mitarbeiter/innen Entspannungstechnikenoder andere gesundheitsbezogene Qualifizie -rungs maßnahmen ermöglichen?

Gesundheit ergibt sich aus vielen Bausteinen:Bildung, Ernährung, Einkommen, soziale Ge rech -tig keit, Chancengleichheit, angemessene Wohn-und Lebensbedingungen. Und sie alle sindgewerkschaftliche Baustellen. Die EU-Richtlinie89/391/EWG sieht Verbesserungen vor, die kei-nen rein wirtschaftlichen Überlegungen unterge-ordnet werden dürfen. Dazu gehören dieVerbesserung von Sicherheit, Arbeitshygiene undGesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Was dasbedeutet? Wir brauchen Tarifverträge zumArbeits- und Gesundheitsschutz. W

HANS-PETER KILIAN

Auf dem DGB-Kongress im Mai wurde alsLeitantrag „Gute Arbeit für eine zukunfts -

fähige Arbeitsgesellschaft“ beschlossen. DieserBeschluss bedeutet auf politischer Ebene denKampf gegen prekäre Arbeitsbedingungen mitder Forderung nach einem gesetzlichen Mindest -lohn von 8,50 Euro sowie die Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf, Arbeitszeitverkürzung beiLohnausgleich, Altersteilzeit, gute Bildung undArbeitnehmerdatenschutz. Arbeit hat neben derwirtschaftlichen auch eine sinnstiftende Funktionund darf schon gar nicht krank machen.

Was bedeutet dies für unserenFachbereich 13?

Nach Auskunft der drei Bundesfachgruppen -leiter/innen haben wir keinen einzigen Tarif -vertrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz undnur vereinzelt Betriebsvereinbarungen zu diesemThema. Dabei vertritt der Fachbereich 13 durch-aus auch Sparten mit per se schlechten Arbeits -bedingungen. Dazu gehören zum Beispiel dieLeiharbeit mit ihren wechselnden Anforderungenan die Einsatzkräfte, das Wach- und Sicherheits -gewerbe mit seinen überlangen Arbeitszeiten, dieCallcenter mit ihren stressigen Anforderungenoder die Friseur/innen mit dem Umgang vonChemikalien und ihren niedrigen Löhnen.

Die Arbeitgeber müssen weit verantwortungs-voller mit der Gesundheit ihrer Mitarbeiter/innenumgehen. Das zeigen immer wieder arbeitsmedi-zinische Studien über physische und psychischeErkrankungen infolge von Stress und anderenkrankmachenden Arbeitsbedingungen. Wie vieleKolleg/innen werfen schnell eine Pille ein, um fitfür den Job zu sein? Und zu einem verantwor-tungsvollen Umgang gehören Respekt vor demAlter, die Beachtung von körperlichen und psychi-schen Belastungen sowie das Erkennen von kör-perlichen und psychischen Grenzen. Wir müssenauch in unserem Fachbereich zu gerechten, siche-

Gesunde Arbeitnehmer/innen hat nur der, der für gute Arbeit sorgt.

Was Betriebs- und Personalräte dafür tun können

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SCHWERPUNKT: ARBE IT UND GESUNDHE IT

auch die Gewerkschaften und Unternehmer -verbände engagieren.

Nach Informationen der Verwaltungs-Berufs -genossenschaft ist die Unfallrate sogar nochgestiegen: Im Jahr 2009 gab es rund 65.000Arbeits- und 10.000 Wegeunfälle – davon insge-samt 24 tödliche Unfälle. „Als Problem zeigt sichimmer wieder eine mangelnde Zusammenarbeitzwischen den Entleih- und Verleihbetrieben beiden erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen“,sagt Horst Riesenberg-Mordeja, ver.di-Sekretärfür Arbeits- und Gesundheitsschutz. Ein ältererBericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (BAuA) zeigt, dass die Unfall -häufigkeit in der Zeitarbeit rasant gestiegen ist,allein um 16 Prozent in dem Zeitraum 2005 bis2006.

Horst Riesenberg-Mordeja sieht die Haupt -ursache für die erhöhten Unfallzahlen darin, dasssich Ver- und Entleiher nur unzureichend koordi-nieren. „Da werden Leute ins Unternehmen rein-geholt, vielleicht vom Verleiher mit Schutz -kleidung ausgestattet, an eine Maschine gesetzt,und dann sollen die ohne gründliche Einweisungin die Risiken sofort loslegen – das kann nurschief gehen.“ Der Gewerk schafter fordert daher,dass die Entleiher stärker in die Pflicht genommenwerden, und denkt dabei vor allem an solideQualifizierungs maßnahmen und mehr Aufmerk -samkeit der Betriebsräte in den entleihendenUnternehmen.

Zu der meist dürftigen Unterrichtung über dieGefahrenpotenziale der Arbeit kommt als Risikohinzu: Leiharbeitnehmer/innen erledigen zumeistmonotone, körperlich schwerere Arbeiten als dieStammbelegschaft. Das belegen Zahlen derBAuA. „Was gehen uns die Leiharbeiter an, sindja nicht unsere Leute“, sei eine weit verbreiteteHaltung unter den Auftragsunternehmen, sagtGerd Denzel, bei ver.di im Fachbereich 13 fürLeiharbeit zuständig.

Die GDA will sich nun verstärkt der Proble -matik widmen. Im Rahmen des Projekts Zeitarbeitsollen bundesweit etwa 10.000 Betriebe, dieLeiharbeitnehmer/innen einsetzen, durch techni-sche Aufsichtspersonen von staat lichen Arbeits -schutzbehörden und Berufs genossen schaftenbesichtigt werden. W

Uta von Schrenk

Leiharbeitnehmer/innen haben ein zwei- bisdreifach erhöhtes Unfallrisiko im Vergleich zur

Stammbelegschaft. Davon geht der Verbanddeutscher Sicherheitsingenieure aus. Im Jahr2008 wurden 51.774 meldepflichtige Arbeits -unfälle von Zeitarbeitnehmern verzeichnet.„Damit weist dieser Wirtschaftszweig eine weitüber dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft lie-gende Unfallhäufigkeit auf“, heißt es in einemInformationsblatt der Gemeinsamen DeutschenArbeitsschutzstrategie (GDA), einer Initiative vonBund, Ländern und Unfallversicherungsträgern zuStärkung der Prävention bei Sicherheit undGesundheitsschutz bei der Arbeit, in der sich

Leiharbeit

Was tun bei einem Arbeitsunfall in der Leiharbeit?

Bei jedem Unfall, auch einem kleinen, an den Vorgesetzten wenden. Bei schwe-ren Verletzungen sofort zum Ersthelfer und zum Durchgangsarzt gehen, dieNamen der Ansprechpartner hängen in jedem Unternehmen aus. Die Berufs -genossen schaften (BG) machen hier im Notfall keinen Unterschied zwischen denBeschäftigten. Die anschließende Heilbehandlung übernimmt die BG des Leih -arbeits unternehmens. Auch kleinere Verletzungen bei Entleiher und Leiharbeits -unternehmen dokumentieren lassen, denn nur, wenn ein Arbeitsunfall aufgenom-men wurde, steht der/dem Betroffenen die Heilbehandlung durch die BG zu. DieBG unterhalten spezielle Kliniken zur Wiederherstellung nach einem Arbeits- undWegeunfall, die über das normale Krankenkassenniveau hinausgehen. Solltewider Erwarten nach Jahren eine kleine Verletzung doch zu größeren Behand -lungen führen, dann bleibt der Anspruch auf diese besondere Behandlung beieinem gemeldeten Arbeitsunfall erhalten. W Stefan Urlaub

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SCHWERPUNKT: ARBE IT UND GESUNDHE IT

lastung und Leistungsverdichtung beitragen.Und ganz wichtig: Sich für die Durchsetzungeines Branchen-/Haustarif vertrags einsetzen!

Neue Managementmethoden zur indirektenSteuerung von Arbeit, die zu einer Ablösung vonden hergebrachten Formen der „Kommando -wirtschaft“ führen und Beschäftigte immer mehrden Erfordernissen des Marktes aussetzen, konn-ten als eigentliche Ursache für den steigendenArbeitsdruck und die Arbeitsverdichtung ausge-macht werden. Wenn dem so ist, dann – so eineder Schlussfolgerungen – müssen die BetriebsräteEinfluss darauf nehmen! Daher wollen sich dieBranchenbetriebsräte um die Definition eigenerVorstellungen von „guter und fairer Arbeit in derMarktforschungsbranche“ kümmern, die Beleg -schaften hierfür mobilisieren und sich für einenBranchentarifvertrag einsetzen. W

Stephan Tregel

Zu den Arbeitsbedingungen in der Markt -forschungsbranche wurde Anfang 2007 vom

Betriebsräte-Arbeitskreis der Marktfor schungs -institute (brafo) eine Umfrage mit dem Titel:„Arbeit ohne Ende?“ durchgeführt. An dieserOnline-Befragung bei den Marktforschungs -unternehmen AC Nielsen, GfK, psyma, TNSEmnid und TNS Infratest im Januar 2007 habeninsgesamt 1.464 Kolleg/innen teilgenommen.

Die wichtigsten Ergebnisse sind:• Etwas über 60 Prozent der Befragten der

Markt forschungsinstitute beurteilen die Stim -mung im eigenen Arbeitsumfeld mit gut bissehr gut; über 70 Prozent identifizieren sichmit ihrer Arbeit. 80 Prozent sagen, dass siezum Erfolg des Unternehmens beitragen.

• Der Arbeitsdruck steigt und die Arbeits -verdichtung ist Alltag: Bei drei Viertel derBefragten hat die Arbeitsmenge zugenom-men. Jede/r zweite Befragte beklagt dieZunahme von Tätigkeiten, die nichts mit dereigentlichen Aufgabe zu tun haben (z.B.Verwaltungsarbeiten, Zeit- und Tätigkeits -dokumentation). Dies wird von 53 Prozent alsbelastend empfunden.

• Gut 10 Prozent arbeiten ständig, über 30Prozent häufig mehr als die Sollarbeitszeit; nuretwa jede/r Vierte muss selten oder nie Mehr -arbeit leisten. Gerade mal 8 Prozent kommenohne Mehrarbeit aus.

• Jeder Vierte fühlt sich von der Arbeit überfor-dert – als Gründe werden in erster Linie ein zuenger Zeitplan, zu viel Arbeit und übersteiger-te Erwartungen an die Verfügbarkeit (durchKunden und Vorgesetzte) genannt.

• Die am häufigsten genannten Auswirkungender Arbeitsbelastung auf das Team oder denBereich sind – unmittelbare Weitergabe des Drucks vom

Markt /vom Kunden – weniger Zeit für fachlichen Austausch – Abnahme der Qualität der Kommunikation – Zunahme des innerbetrieblichen

Wett bewerbs zwischen Abteilungen/Betriebs teilen

• Bei den Befragten selbst wirken sich dieArbeits belastungen in erster Linie aus in – sinkender Motivation – negativem Stress – physischen Erkrankungen

• Die wichtigsten Erwartungen an die Betriebs -räte sind: Mehr für Mitarbeiter qualifikationtun sowie zur Vermeidung von Arbeitsbe -

Marktforschung

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Arbeitsbelastung: Auswirkungen IFrage: Welche der folgenden möglichen Auswirkungen von Arbeitsbelastung haben Sie in den letzten 2 bis 3 Jahren bei sich selbst festgestellt?

1.464 Befragte: Prozentangaben ohne k.A. Ja, ist stärker geworden Ja, ist erstmalig aufgetreten Nein

Physische Erkrankten

Ich fühle mich negativ gestresst

Angst vor Arbeitsplatzverlust

Sinkende Motivation

Angst vor Fehlern

Weniger Zusammenhalt

Meine Kreativität ist blockiert

Innere Abkehr/überKündigung nachgedacht

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Arbeitsbelastung: Auswirkungen IIFrage: Welche der folgenden möglichen Auswirkungen von Arbeitsbelastung haben Sie in den letzten 2 bis 3 Jahren bei sich selbst festgestellt?

1.464 Befragte: Prozentangaben ohne k.A. Ja, ist stärker geworden Ja, ist erstmalig aufgetreten Nein

Angst vor Versagen

Ich fühle mich positiv gestresst

Angst vor Überforderung

Sinkende Leistungsbereitschaft

Grenze der Leistungsfähigkeit ist erreicht /überschritten

Sinkendes Selbstwertgefühl

Psychosomatische Krankheiten

Angst vor dem Vorgesetzten/Kollegen

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SCHWERPUNKT: ARBE IT UND GESUNDHE IT

Callcenter

Erwerbslosigkeit

Stressvermeidung, wenn Kunden schwierigwerden

3. Transparenz, Austausch und Qualifizierung:durchschaubar gestaltete Aufgaben undLeistungsvorgaben, Beteiligung der Beschäf -tigten an der Gestaltung ihrer Arbeits- undLeistungsbedingungen

4. Spielräume und Abwechslung zur Stress -bewältigung: abwechslungsreich organisierteAufgaben, Spielräume bei der Organisationder Call-Bearbeitung, begrenzte Anzahl dertäglichen Calls, Teams mit Selbstbestim -mungs möglichkeiten

5. Regelmäßige Pausen für Augenentlastungund Bewegung: Stündliche Bildschirmarbeits -pause, ruhige Pausenräume oder Ruhezonen

6. Schonender Stimmeinsatz: Training zumStimm einsatz, ausreichende Luftfeuchtigkeit,regelmäßiges Trinken

7. Prävention: Stärkung der individuellen Ge -sund heitskompetenz durch Sensibilisierungund Angebote wie z. B. Sitzschule, Pausen -bewegungsübungen, Ergonomieberatung amArbeitsplatz oder Antistresstraining W

Regine Rundnagel

Die Autorin ist Beraterin in der TBS Hessen,Geschäftsführung und Redaktion von www.eergo-online.de

Fehlende soziale Unterstützung wirkt sich hier bei Frauen negati-ver als bei Männern aus.

Auch geht die zunehmend schlechtere finanzielle Lage mithöheren Gesund heitsein schrän kungen einher.

Es gilt diesen Teufelskreislauf zu durchbrechen! Statt schlech-ter Wieder ein gliederung, höherer Verweildauer in Arbeits losig -keit, die wiederum zu schlechterer Gesundheit führt, benötigenwir für die Erwerbslosen gesundheits gerechte und persönlichfördernde Arbeits plätze. W

Hans-Peter Kilian

Die Arbeit im Callcenter ist keine einfacheTätigkeit: ein lauter Arbeitsplatz im Groß -

raumbüro, konzentriertes Eingeben und Lesenam Bildschirm, Dauersprechen, immer freundli-cher Umgang mit den Kunden und Bewältigungfachlicher Aufgaben.

Typische gesundheitliche Gefährdungen sind: • Schmerzen in Nacken/Schulter- und Rücken -

bereich – durch angespanntes Dauersitzen,Bewegungsarmut und ungünstige Körper -haltungen

• Augenbeschwerden – durch pausenlosesLesen am Bildschirm, schlechte Lesbarkeit derBildschirmdarstellung und ungünstigeBeleuch tung

• Dauerhektik und Stresszustände – durchhohe Leistungsanforderungen, Kennziffern -vor gaben und Arbeitsdruck, mangelhafteQualifikation, EDV-Probleme, Ablaufproblemeoder Lärm

• Emotionaler Stress – durch Zwang zumFreundlichsein mit Kunden

• Überhöhte Stimmbelastung durch fehlendesTraining und Mängel beim Raumklima

Gesunde Arbeit im Callcenter heißt: 1. Ergonomische Ausstattung der Bildschirm -

arbeitsplätze nach neuestem Stand: ausrei-chend große Flächenstandards, ergonomischeHeadsets, gebrauchstaugliche Software, leichtverstellbare Steh-Sitz-Tische, wirksamer Lärm -schutz

2. Stressfreie Kommunikation mit Kunden: gutesTraining und organisatorische Regelungen zur

Erwerbslosigkeit führt oft zu Orientierungs verlust, vermehrt zuSucht erkrankungen und Perspektivlosigkeit. Dies zieht soziale,

psychische und gesundheitliche Probleme nach sich, bis hin zurbeginnenden Vereinzelung und in den schlimmsten Fällen zuSelbstmordversuchen und Selbstmord.

Bei psychischen Erkrankungen Erwerbsloser liegt die Einnahmevon Antidepressiva um 90 Prozent höher als bei Erwerbstätigen,die langanhaltenden Krankenhaus aufenthalte sind bei Erwerbs -losen doppelt so hoch. Je länger die Erwerbs losig keit anhält,desto größer die Gesundheits einschränkung. Bei Älteren kommtes oft nach einem Jahr zu Rückzug, Distanzierung und Scham.

Versicherungstipp für Ehrenamtliche bei ver.di

Ehrenamtliche ver.di-Funktionäre können sich fürdie Ausübung ihrer� ehren-amtlichen Tätigkeiten�ver -sichern. Die VBG bietet einefreiwillige Versicherung an.Sie gilt sowohl für� Einzel -personen wie auch Organi -sationen. Derzeitige Kostenje Person und Jahr: 2,73Euro. Alle Tätigkeiten, die iminneren Zusammenhang mitdem Ehrenamt stehen, sind abgesichert. Auch der direkte Weg nach und vondem Ort der Tätigkeit istversichert. Weiteres unter:www.vbg.de

Hans-Peter Kilian

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die besonderen: Was sind die arbeitsbedingten Erkrankungen,mit denen ein Betriebs- oder Werksarzt heute konfrontiert ist?

Kai Werner Luckert: Nach wie vor sind die Betriebs- oderWerksärzte mit den klassischen Berufskrankheiten wie etwaErkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates, Lärmschwer -hörigkeit oder Hauterkrankungen konfrontiert. Jedoch in denletzten Jahren, bedingt durch die zunehmende Flexibilisierung,technische Innovationen und sich ständig wechselndeQualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter, sind Krank -heiten des psychischen und psychosomatischen Formenkreisesstark im Kommen.

Im Bereich der psychischen Krankheiten stiegen die krankheits-bedingten Fehltage von 8,3 Prozent im Jahr 2008 auf 8,6Prozent im Jahr 2009. Das ergab gerade erst eine Untersuchungder AOK. Damit stieg der Anteil psychischer Krankeiten an denFehltagen in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 80Prozent. Was ist aus Ihrer Sicht als Arbeits mediziner die Ursachefür diese Entwicklung?

Die Gründe liegen in der rasanten Zunahme der psychosozialenBelastungen und den sich rasant ändernden Anforderungen imArbeitsleben. Beispiele hierfür sind psychische Überbelastungdurch permanenten Zeitdruck, die zunehmend vom Arbeitgebereingeforderte Flexibilität, die hohen Anforderungen an denEinzelnen durch die starke Arbeitsverdichtung, die hohen ergebnis orientierten Ziele aber auch der häufige Wechsel vonMitarbeitern und Vorgesetzten. Vor allem das Verschwimmenvon Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben werden alsäußerst belastend empfunden. Als Folge des psychischenStresses, die nur noch unzureichende Trennung zwischen Privat-und Berufsleben und die dadurch fehlenden aber notwendigenErholungsphasen, treten vor allem das Burn-out-Syndrom, de -pres sive Episoden und somatoforme Störungen, das sind körper -liche Beschwerden ohne erkennbare organische Ursache, auf.

In Callcentern wird psychischer Druck von Arbeitnehmerseite gar bewusst als Führungsinstrument eingesetzt. Was halten Sievon dem so genannten Bossing?

Bossing ist Mobbing auf einer höheren Ebene. Es kann enormenegative gesundheitliche Einflüsse haben. Angefangen von leichteren Befindlichkeitsstörungen wie Nervosität, Schlaflosig -

keit, über Erkrankung wie „Magengeschwüren“, bis hin im schlimmsten Fall zum Suizid. Aber auch die Arbeitsleistung undArbeitsqualität des Mitarbeiters kann dadurch stark negativbeeinflusst werden – was teilweise zu erheblichen finanziellenKosten für ein Unternehmen führen kann. Bei Bossing verlierenalso immer beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Die einen haben zu viel Arbeit und werden unter Stress gesetzt.Und die anderen sind arbeitslos und werden deshalb krank. Was kann man angesichts solcher Entwicklungen als Betriebs-oder Werksarzt für die Belegschaft tun?

Die Aufgaben des Betriebs- oder Werksarztes liegen in derBeratung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers. Sollte einBetriebs- oder Werksarzt feststellen, dass ein Zustand welcherArt auch immer zu gesundheitlichen Risiken für den Mitarbeiterführen kann, ist er verpflichtet, dies dem Arbeitgeber anzu -zeigen. Er hat diesen hinsichtlich der möglichen Maßnahmen zuberaten und auf die Folgen bei Beibehaltung der Gefährdunghinzuweisen. Letztendlich entscheidet jedoch immer derArbeitgeber, da dieser auch das unternehmerische Risiko trägt.

Was ist aus Ihrer Sicht heute die Hauptaufgabe einesBetriebsarztes?

Natürlich treten in einer veränderten Arbeitswelt veränderteBelastungen und Gefährdungen auf. Jedoch das grundlegendePrinzip ist und bleibt das Gleiche: Den Mitarbeiter möglichst vorden Gefahren der beruflichen Tätigkeit zu schützen und allesihm Mögliche zu tun, um die Gesundheit des Mitarbeiters dauerhaft zu erhalten. Durch verstärkte Fokussierung auf die psychischen Belastungsfaktoren bei den in der jüngsten Zeitdurch geführten Gefährdungsbeurteilungen wird den veränder-ten Arbeitsbedingungen und Anforderungen auch Rechnung getragen.

Sie arbeiten beim TÜV Süd. Können sich Kolleg/innen oderBetriebsräte bei Ihnen Rat holen?

Wir haben immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte unserer Kollegen/innen und Betriebsräte. W

Interview: Uta von Schrenk

Dr. med. Kai Werner Luckert ist

Facharzt für Arbeitsmedizin und

Gebietsleiter Baden-Württemberg

beim TÜV Süd, Life Service GmbH.

Psychostress im Job: Der Arbeitsmediziner

Kai Werner Luckert über die neuen Krankheiten

am Arbeitsplatz

Beim Bossing verlieren immerbeide Seiten

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SOZ IALES

M E L D U N G E N

W Grundsatzerklärungvon ver.di

Wofür stehen wir, was istunser Selbstverständnis, was sindunsere Werte und unsere Leit -bilder? Darüber haben Bundes -vorstand und Gewerkschaftsratunserer Gewerkschaft beratenund im Frühjahr 2010 die„Grund satz erklärung“ der ver.dibeschlossen. Nachdem dieDiskussion über Entwürfe einesGrundsatzprogramms nach demletzten Bundeskongress im Herbst2007 nicht so recht in Gang kam– hier ging es um dreißigseitigePapiere – erarbeitete eine zehn-köpfige so genannte Steuerungs -gruppe aus haupt- und ehrenamt-lichen Führungskräften die fünf-seitige Grundsatzerklärung. Dieseerhält nun jedes neue Mitgliedmit seinem „Starterpaket“, nach-zulesen ist die Erklärung unter www.verdi.de/positionen/programmdebatte/grundsatzerklaerung

W 7. OKTOBERWelttag für menschen-würdige Arbeit

Der Welttag für menschen-würdige Arbeit am 7. Oktober isteine gemeinsame Kampagne desinternationalen Gewerkschafts -netzes UNI, des InternationalenGewerkschaftsbundes, des GlobalProgressive Forum und der AlertaSocial y Solidar. Die Ziele: Sensibi -lisierung der Bürger/innen, derPolitiker/innen und Institutionenfür dieses Thema.

Menschenwürdige Arbeit istder einzige Weg, Armut zu be -seitigen und so Demokratie undsozialen Zusammenhalt zu stärken. Menschenwürdige Arbeitmuss daher Mittelpunkt allerPolitik werden – auch auf inter-nationaler Ebene.

Am 7. Oktober planen DGBund Gewerkschaften eine Tagunghierzu in Berlin.

Siehe auch www.kapitalismus-kongress.de

lichen Rentenanspruch von 2,09 Euro bei einemJahr Hartz-IV-Bezug.

Eingliederungsmaßnahmen bei Hartz IV sollenzu „Ermessensleistungen“ umgewandelt werden.So entsteht eine persönliche Abhängigkeit derAntragsteller/innen von Behördenmit arbeiter/ -innen – zum Beispiel bei der Förderung der beruf-lichen Weiterbildung.

In unserem Fachbereich sind Beschäftigte imNiedriglohnbereich – etwa im Wach- und Sicher -heitsgewerbe, in der Zeitarbeit, den Callcenternoder bei den Friseur/innen – von den negativenAuswirkungen des Sparpaketes besonders be -troffen. Aufgrund zu niedriger Einkommen sindschon heute viele auf Aufstockungsbeträge ange-wiesen. Selbst das Einkommen bei einer Vollzeit -beschäftigung reicht oft nicht zum Lebens -unterhalt aus.

In Teilzeit Beschäftigte nutzen oft die Mög lich -keit, anstelle von Hartz IV auf Lohn + Wohngeld+ Kinderzuschlag zurückzugreifen. Die geplanteStreichung des Heizkostenzuschusses stellt daeine Kürzung des Wohngeldes dar.

Niedrige Einkommen sind zum einen schädlichfür die Wirtschaft. Denn das Kaufverhalten be -schränkt sich auf das Allernotwendigste. An de -rer seits ist es für die/den Betroffene/n selbstunmöglich, für das Alter Vorsorge treffen zu kön-nen. So gesehen, wird sich die soziale Lage vielerkünftig verschärfen.

Am 12. Juni fanden die ersten Kundgebungengegen die massiven Kürzungen im sozialenBereich statt. W

Weitere Informationen unter http://gerecht-geht-anders.de

VON ANNEMARIE DINSE

Die Auswirkungen des Sparpaketes derBundesregierung werden viele von uns tref-

fen – und manche noch mehr. Denn es soll vorallem bei Hartz IV, Elterngeld, Wohngeld und der Sozialhilfe eingespart werden.

Der Beitragssatz für die gesetzliche Kranken -versicherung ab 2011 soll von derzeit 14,9 auf15,5 Prozent erhöht werden. Zusatz beiträge sollen zukünftig von jeder Krankenkasse jährlichneu berechnet und festgelegt werden. Auch dieBegrenzung dieser Beiträge auf ein Prozent desBruttoeinkommens oder 37,50 Euro im Monatwird wegfallen.

Die Sparmaßnahmen der Kommunen sindunübersehbar. Die Beiträge etwa für Biblio -theken, Kitas, Senioren- oder Jugendzentren stei-gen. Öffentliche Bäder und Schulen können nichtmehr ausreichend renoviert werden. Für Straßen -reparaturen fehlt oft das Geld. Straßen be -leuchtun gen werden reduziert eingeschaltet.Rück gänge in der Wirtschaft hatten geringere Gewerbe steuereinnahmen zur Folge. Hier wärenzusätzliche Einnahmen erforderlich. Geplant iststattdessen die Abschaffung der Gewerbesteuer.

Das Elterngeld soll bei einem anzurechnendenNettoeinkommen von über 1240 Euro netto imMonat von derzeit 67 auf 65 Prozent abgesenktwerden. Gleichzeitig bleibt der Höchstbetragbeim Elterngeld von maximal 1800 Euro imMonat bestehen. Für Empfänger/innen vonArbeits losen geld II ist nach Ansicht der Regierungder Grundbedarf durch die Regelsätze undZusatz leistungen gesichert. Deshalb soll für dieseFamilien der Mindestsatz des Elterngeldes von300 Euro monatlich gestrichen werden.

Die Übergangszahlungen von Arbeitslosen -geld I zu Arbeitslosengeld II für maximal zweiJahre werden gestrichen. Bisher wurden fürSingles 160 Euro im ersten Jahr und für das zwei-te Jahr 80 Euro gezahlt. Für Verheiratete gab esmaximal das Doppelte.

Die bisherigen Rentenversicherungsbeiträgefür Hartz-IV-Empfänger/innen werden gestrichen.Zeiten der Erwerbslosigkeit wurden bislang als so genannte Anrechnungszeit dem Rentenkontogutgeschrieben. Dies ergab derzeit einen monat-

Viele Mitglieder des Fachbereichs 13 sind besonders stark von den Folgen

des Sparpaketes der schwarz-gelben Bundesregierung betroffen

Sparsame Ideen

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KAMPAGNE

B R - W A H L E N

W 96,9 ProzentBeteiligung

Bei der Betriebsratswahl derDienstleistungsgesellschaftVorpommern (DLV) in Lubminwurde eine Wahlbeteiligung von96,9% Prozent erreicht. Von den162 Wahlberechtigten gingen 157Wähler/innen an die Wahlurne.„Die sehr gute Wahlbeteiligungist Auftrag und Ansporn für denneu gewählten Betriebsrat, sichnoch stärker für die Interessenaller Beschäftigten desBewachungsgewerbes beim ehe-maligen Kernkraftwerk Lubmineinzusetzen“, sagt der neue stellvertretende Betriebsrats -vorsitzende Jörg Hickisch. Vonden sieben neu gewähltenBetriebsratsmitgliedern sindsechs in ver.di organisiert.

W ver.di bei GEMA gutvertreten

Bei den Betriebsratswahlen in den Bezirks- und General -direktionen der GEMA wurdendurch die Beschäftigten erneutKolleg/innen gewählt, die über-wiegend in ver.di organisiert sind.Von den insgesamt 57 Betriebs -ratsmitgliedern sind bisher 39 inver.di organisiert, ein Anteil von68,4 Prozent. Zwischenzeitlichhat sich auch der Gesamt -betriebs rat der GEMA neu konsti-tuiert, von 19 GBR-Mitgliedernsind 15 gewerkschaftlich organi-siert, das entspricht 78,9 Prozent.Zur Vorsitzenden des Gremiumswurde Sigrid Kunkel gewählt, ihrStellvertreter ist Ulrich Overbeck,beide sind Mitglied in ver.di.

Ulrich Beiderwieden

„Gerecht geht anders!“ – unter diesem Motto starten ver.di und der DGB

Aktionswochen gegen zentrale Vorhaben der schwarz-gelben Bundesregierung

Der Magerstaat

len. Und das, obwohl Deutschland bereits heuteeinen der schlankesten Staaten in Europa hat.

Während die Bundesregierung nun Kürzun -gen im Sozialbereich, bei Familien, bei Arbeits -losen, bei Hartz-IV-Empfängern plant, bleibenVermögende, reiche Erben oder Bezieher/innenhoher Einkommen verschont. Keine Wieder ein -führung der Vermögenssteuer, keine An hebungdes Spitzensteuersatzes bei der Einkommens -steuer, keine Reform der Erbschafts steuer, keineErhöhung des Steuer satzes für Unternehmen.Und vor allem: keine Finanz transaktionssteuer.Die vorgesehene Banken abgabe in Höhe vonrund sechs Milliarden Euro bis 2014 ist nicht alsBeteiligung an den bisher entstandenen Kostender Krise gedacht, sondern soll in einen „Restruk -turierungsfonds“ fließen, der für künftige Krisenzur Verfügung steht.

„Gerecht geht anders!“ sagen ver.di und derDGB. In der Zeit vom 24. Oktober bis 13. Novem -ber 2010 werden nun Aktionswochen durchge-führt, mit denen insbesondere in den Betriebenund Verwaltungen, aber auch in der Öffentlich-keit, zentrale Vorhaben der schwarz-gelbenBundesregierung kritisiert und für gewerk schaft -liche Alternativen geworben werden soll.

Für den Fachbereich „Besondere Dienst -leistungen“ bedeuten die Aktionswochen imBesonderen auch, die Entlohnungsbedingungenin der Leiharbeit darzustellen. W

Mehr über das, was geplant ist und was jede/rtun kann, unter www.gerecht-geht-anders.de

VON BERND STEUBER

Was die schwarz-gelbe Bundesregierung ein„ausgewogenes Konzept“ zur Konsolidie -

rung der Staatsfinanzen nennt, ihr Maß -nahmenpaket zur Finanzmarkt- und Wirtschafts -krise, ist nichts anderes als ein weiterer Hieb inRichtung sozialer Kahlschlag. Haben alle Steuer -reformen seit 1998 zusammen gerechnet zuEinnahmeausfällen beim Staat von knapp 340Milliarden Euro geführt, sollen nun im Rahmender „Schuldenbremse“ bis 2014 gut 80 Milli -arden Euro Ausgaben gespart werden – mehr alsdie Hälfte davon bei Arbeitslosen und beimöffentlichen Personal. Gerade einmal knapp 20Milliarden Euro müssen die Unternehmen leisten.Und die skandalösen Steuergeschenke für Hoteliersbleiben bestehen – bis die Mehr wert steuer insge-samt „reformiert“ (sprich: erhöht) wird.

Der Anteil der Staatsausgaben an der gesamtenWirtschaftsleistung sank von knapp 49 Prozent2004 auf unter 44 Prozent im Jahr 2008. Diegeplante Rotstiftpolitik für die nächsten Jahreführt zu einer weiteren Zuspitzung der Finanz -misere der Städte und Gemeinden, die Bundes -länder kürzen weiter ihre Finanz zuweisungen.Überall droht ein Anschlag auf öffentlicheLeistungen: die Schließung von Schwimmbädern,Bibliotheken, Theatern und der Ausverkauföffentlichen Eigentums. Der Druck steigt,Kooperationen mit der privaten Wirtschaft einzu-gehen, doch sogenannte Public-Private-Partner -ships (Öffentlich-private Partnerschaften) bedeu-ten in der Regel, dass die Bürger/innen am Endehöhere Gebühren für schlechtere Leistungen zah-

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A U S B I L D U N G

W THOMAS COOKAzubis ohne Tarifvertrag

Leider hat sich die ThomasCook AG dafür entschieden, nichtnur im Vertrieb kaum auszu -bilden, sondern den neuenAusbildungsjahrgang gezielt beider Thomas Cook Vertriebs-GmbHeinzustellen – ohne tarifvertrag -liche Ansprüche.

Der Flächen-Tarifvertrag siehteine Ausbildungsvergütung von567 Euro im 1. Ausbildungsjahrvor – eingestellt werden soll für550 Euro. Gleichzeitig sollen die Ansprüche auf Urlaubs- undWeihnachtsgeld schwinden,sowie die Ausbildungszeit von38,5 Stunden auf 40 Stunden proWoche angehoben werden. Hierwird die „Gleichbehandlung“ mit den Beschäftigten der TCV angeführt, die ebenfalls ohneTarifschutz arbeiten. Hier hattever.di bereits vorgeschlagen,einen Übergang in und auf dasNiveau des Flächentarifvertrageszu gestalten.

Der Druck auf die Tarif -vertrags parteien soll steigen –und man will sparen. Letztlichbleibt die Frage, ob hier dieAusbildung im Vordergrund stehtoder der Nutzen, der nach derHälfte der Ausbildungszeit auchim Tagesgeschäft entsteht.Schließlich sitzen die Azubis nichtim Kämmerlein, sondern arbeitenim Rahmen ihrer Ausbildung mit– mit echten Kunden und echtenAbschlüssen.

Marktführende haben einesoziale Verantwortung und sindauch in besonderem Maße kompetent, eine qualitativ hoch-wertige Ausbildung anzubieten. Bei TUI Deutschland werden über 130 Ausbildungsplätze imSommer besetzt – auch imVertrieb – mit Tarifvertrag! W

Ute Kittel

TOUR IST IK

Lesen, Schreiben, Knöpfchen drücken

VON UTE KITTEL

Der Bereich der Geschäftsreisen, der im ver-gangenen Jahr am meisten gelitten hat, ent-

wickelt sich besser als erwartet. Es wird flächen-deckend von „Erholung“ und wachsenden Um -sätzen gesprochen. Allerdings nur so lange wiever.di nicht über Vergütungserhöhungen spre-chen möchte.

Der Bereich des Businesstravel (BT) war viele Jahredie so genannte Cashcow der Unternehmen. DieSparte galt als stabil. In Folge der Wirtschafts-und Finanzkrise wurden in vielen Unternehmendie Reiseetats gekürzt, teilweise ganz eingefrorenoder gar das Reisen nur noch bei direktemKundenkontakt erlaubt. Auch wurden die Reisendem Diktat der günstigeren Klassen unterworfen– 3- statt 4-Sterne-Hotels, Economy- statt Busi -ness class, 2. statt 1. Klasse im Zug. Jetzt, nach-dem sich die Wirtschaft insgesamt erholt, werdendie Zügel gelockert und es darf wieder mehr undkomfortabler gereist werden.

Nur die Beschäftigten im BT-Bereich habennichts von dieser positiven Entwicklung. In gro-ßen Unternehmen gibt es einen Trend zum klassi-schen Outsourcing. Während der Marktführer imGeschäftsreisebereich, BCD Travel, bereits 2008aus dem Tarifverbund ausgetreten ist, haben sichdanach auch das Deutsche Reisebüro (DER OHG)entschieden, in der Geschäftsreisesparte eineweitere nicht tarifgebundene Tochter in Berlin zugründen. In der konzerneigenen tarifgebundenenSparte des DER wurden parallel über 50 Mit -arbeiter – nachdem sie erst durch Kurzarbeit zurKostenreduktion beigetragen haben – „abge-baut“.

Bei einem weiteren Branchenprimus, derHogg Robinson GmbH (HRG), wurde erst derZuschlag des Reiseetats von VW gefeiert, unddann erklärt, der Kunde wäre nur zu bedienen,wenn die Beschäftigten für diesen Etat in einereigens dafür umfirmierten Tochtergesellschaft –der HRG mobility service GmbH – angestellt wür-

Der Bereich der Geschäftsreisen entwickelt sich besser als erwartet.

Dennoch greifen die großen Unternehmen zum Outsourcing, um die

Tarifbindung zu unterlaufen

den. Natürlich ohne Tarifbindung. Auf Nachfrageerklärte die Geschäftsführung der HRG, manbrauche flexiblere Lösungen für diese Be schäf -tigtengruppe, da dies im Tarif nicht ginge.

Dabei sieht der Tarifvertrag nicht nur leis -tungsbezogene Entgeltbestandteile vor, sondernlässt auch bei Sonderzahlung/Weihnachtsgeldeine Spanne von 70 bis 140 Prozent zu oderRege lungen zu Jahresarbeitszeitkonten, mit zu -schlagsfreier Mehrarbeit bis zu 240 Stunden imJahr. Vorausgesetzt, die Regelungen werden ver-bindlich mit den Betriebsräten vereinbart. Indes:Die outgesourcten Betriebsteile haben nämlichkeine Betriebsräte.

Dass diese Unternehmen davon sprechen, siewären sozial verantwortliche Arbeitgeber, die denBeschäftigten durch mehr Anreiz auch dieMöglichkeit geben, mehr zu verdienen – durchLeistung – ist alles andere als glaubhaft: Wenn es um Ein- und Höhergruppierungen derKolleg/innen im Businesstravel geht, wollen dieArbeitgeber eine Eingruppierung oberhalb derGruppe C nicht zulassen. Schließlich würdendiese Beschäftigten ja nichts anderes machen alseine Anlernkraft in einem Callcenter, und drau-ßen am Markt würden diese Leute doch vielweniger verdienen, heißt es in den Chefetagen.Zudem sei dieser Job doch heute ganz einfach,man brauche das Wissen nicht mehr wie früher,sondern hätte dafür doch tolle Programme. Dashört sich an wie Lesen, Schreiben, Knöpfchendrücken. Stimmt aber nicht.

Denn die Hauptaufgabe der BT-Mitarbeiter istnicht nur das Buchen von Reisen, sondern auchdas Überwachen der Reiseetats und Reise -richtlinien der Unternehmen. Der Zeitdruck undTelefonstress, der zu dieser Arbeit gehört, erinnertan Akkord. Es gibt unterschiedliche Anforde -rungen an die Mitarbeiter im Geschäftsreise -bereich und in den Reisebüros – eines jedochhaben sie gemeinsam: Ohne Ausbildung zumReiseverkehrskaufmann/-frau geht gar nichts.Und das muss entlohnt werden. W

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F R A G E B O G E N

Die BTK hat indes beschlossen, ohne konkreteGehaltsforderung in die Gespräche zu gehen. DieIdee: das gesamte Tarifwerk so zu überarbeiten,dass alle Tätigkeitsmerkmale und Beschäftigten -gruppen abgebildet werden. Dies muss jedochaußerhalb einer Vergütungsrunde stattfinden.Aus Sicht der BTK kann es nicht dauerhaft darumgehen, zugunsten einer „Kostenneutralität“ zuverhandeln oder gar Niedriglöhne zu tarifieren.

Die Arbeitgeber jedoch wollen ein niedrigeresVergütungssystem – von zehn bis 15 Prozentgeringeren Grundgehältern ist die Rede. Sie wol-len mehr Flexibilität in den Vergütungs bestand -teilen – nutzen aber die bisherigen Möglichkeitendes Tarifvertrages nicht. Sie wollen Anpassungder Arbeitszeit – obwohl der Tarifvertrag schonheute zuschlagsfrei bis zu 240 Mehrarbeits -stunden im Jahr zulässt. Sie wollen Wettbewerb –vergleichen sich aber nicht mit ihrer Liga, sondernmit kleinen Unternehmen, die ihren Vollzeit -beschäftigten teilweise nur 1400 Euro zahlen.Veranstalter ohne Vertrieb oder umgekehrt – dasgeht nur, wenn man nicht zu den Markt -führenden gehören will. Und diese halten immer-hin am Flächentarifvertrag fest!

Eine schwierige Ausgangslage also. Zumal dieBeschäftigten in den Reisebüros Angst um ihreArbeitsplätze haben – weil ihr Unternehmen nichtgenug mit ihnen verdient.

Nach der Sondierung am 30. Juli wurde deut-lich: Der Wunsch der Arbeitgeber nach mehrFlexibilität geht einher mit dem Wunsch, Kostenzu sparen. Flexibilität bedeutet damit wenigerSicherheit für die Beschäftigten. Wer das nichtwill, muss jetzt aktiv mit ver.di werden. DieBeschäftigten müssen ihren eigenen Wert aucheinfordern. W

Weitere Informationen:http://besondere-dienste.verdi.de/-/75G

VON UTE KITTEL

Wie viel sind die Beschäftigten in der Touristikwert? Diese Frage wird wohl nicht abschlie-

ßend zu beantworten sein. Doch in der geradebegonnenen Tarifauseinandersetzung wird dieFrage beantwortet werden, was die großenTouristik konzerne bereit sind, für ihre Mitarbeiterauszugeben.

Die Bundestarifkommission (BTK) hat seit Januarmehrmals beraten, was in dem Jahr nach der Krisefür die Beschäftigten in der Touristik eine ange-messene Forderung ist und was für einen zu -kunftsfähigen Tarifvertrag getan werden müsste.

Die Touristikbranche hat die Krise überwun-den. Selbst die Aschewolke wurde verkraftet.Zwar gab es Einbußen in zwei- oder dreistelligerMillionenhöhe, doch sind die Touristiker optimis -tisch. Die Reiseunternehmen peilen laut Fach -presse wieder Wachstum an. Der Geschäfts reise -markt erholt sich sogar so schnell, dass einigeAnbieter Personalengpässe haben.

Und aus Sicht der Beschäftigten? Diese habenin den Reisebüros die Kosten gedeckelt, in demsie Kurzarbeit geleistet haben und teilweise nochleisten. Dabei fiel nicht überall in gleichem Maßedie Arbeit weg. Im Gegenteil: Der organisatori-sche Aufwand wurde höher – zumindest dort, woman mit reduzierten Arbeitskräften kaum die Öffnungszeiten der Reisebüros abdecken konnte.

Die Beschäftigten haben während des Erd -bebens in Haiti, der Aschewolke aus Island undden Unruhen in Thailand auch in diesem Jahrbewiesen, dass „Krise“ ein relativer Begriff ist. DieBeschäftigten haben – teilweise über das gesetz-lich zulässige Maß – Mehrarbeit und Überstundengeleistet. Sie haben nicht nur Hilfestellungengegeben, sondern auch versucht, gestrandeteKunden unter allen Umständen nach Hause zuholen. Die Belegschaften haben bewiesen, dassman sich in Krisensituationen auf sie verlassenkann. Also haben es die Arbeitnehmer/innenauch verdient, am Unternehmenserfolg beteiligtzu werden.

Ruhig wird es nicht werden:

Für die Tarifauseinandersetzung

Touristik wurden bislang drei

Verhandlungsrunden vereinbart

WertvollW ReiseleiterEin Traumberuf?

Alle kennen sie – sie tragenmaßgeblich zum Urlaubsgefühlund zum Urlaubserfolg bei – die Reiseleiter/innen, Fremden -führer/innen und Animateur/in -nen. Aber, wer weiß eigentlich, zu welchen Bedingungen dieseBeschäftigten arbeiten?

Wenn ein Reiseleiter sagt, ersei immer für den Gast da, dannmeint er das oft wörtlich. Pausen -regelungen und Arbeitszeit -grenzen werden in diesemBerufsbild kaum gekannt. Vonexistenzsichernden Gehälternkann man auch nicht ausgehen.Oft sind die Beschäftigten recht-und schutzlos, weil sie nichtdirekt in ihrem Zielgebiet einge-stellt wurden, sondern beiOrganisationen in der Schweiz.

Um aussagekräftige Informa -tionen über die Situation dieserBeschäftigtengruppe zu bekom-men, hat ver.di gemeinsam mitdem europäischen Verbin dungs -ausschuss für gewerkschaftlicheTourismusfragen (ETLC) eineFragebogenaktion gestartet.

Der Fragebogen ist in sechsSprachen zum Download einge-stellt und richtet sich nicht nur andie betroffenen Beschäftigten,sondern auch an Urlauber, die dieFragebögen vor Ort weitergebenmöchten. Je mehr sich beteiligen,umso deutlicher wird sich heraus -stellen, welcher Handlungs bedarffür die europäischen Gewerk -schaften besteht. W

Mehr Informationen:http:/besondere-dienste.verdi.de/-/7Ap oder online ausfüllenwww.etlc-network.eu/rights_for_guides/online-survey

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UNDOKUMENT IERTE ARBE IT

Beratung: Der Landesfachbereich Bayern versucht,

die Lebensumstände Illegalisierter in München zu verbessern

Anlaufstelle für Bulgaren in München gewor-den, die zwar Papiere, aber die gleichenProble me wie Illegalisierte haben (teilweise imFreien übernachten, Lohnbetrug, rassistischeAngriffe, Polizeischikanen, wenn Wohnungdann Mietwucher).

In München hat sich eine Art Tage löhner -markt entwickelt. Arbeitgeber holen sich anbekannten Plätzen Leute für ein paar StundenBeschäftigung (LKWs abladen, Bauarbeiten,Recyclinggewerbe, Landwirtschaft). ver.di hatbei einem Runden Tisch mit Stadträten,Kirchen und Wohlfahrtsverbänden die Stadtaufgefordert, in dieser Gegend wenigstenseinen Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stel-len, damit die Menschen sich ab und zu erho-len können. Die illegalisierten Kolleg/innenberichten, dass sie vor den Cafés oder Geschäf -ten von den Besitzern verjagt werden.

Im Juli thematisierte ver.di bei einem weite-ren Runden Tisch mit dem Amt für Migrationund Wohnen die Wohnungssituation derBetroffenen. Wegen des – zum Teil durchnichts gerechtfertigten – Vorgehens der Polizei(unbegründete, massive Kontrollen, bei denenübrigens einige Bulgaren dazu übergegangensind, ihren ver.di-Ausweis zu zeigen), hat ver.disich bei der Antidiskriminierungsstelle derStadt München beschwert und ein Treffen mitBeteiligung von Bulgaren organisiert. Dortwurde ein weiteres Gespräch mit dem Polizei -präsidenten und ver.di in punkto Vorgehengegen Ladenbesitzer vereinbart, die Illegali -sierte verjagen. Diese Betreiber werden nunvon der Stadt abgemahnt. Im Juli veranstaltetever.di zudem ein kleines Fest für die Bulgaren,bei dem unter anderem über die Notwendig -keit des gesetzlichen Mindestlohns diskutiertwurde.

Der Tagelöhnermarkt wird sich weiter aus-dehnen, auch die polnischen Arbeitnehmer/ -innen werden hier künftig ihre Arbeitskraftanbieten müssen. Das Ziel des Landesfach -bereiches ist es, die erste Anlaufstelle für dieseArbeitskräfte zu werden, um sie schnell zuorganisieren und ihnen Hilfestellung für dieVertretung ihrer eigenen Interessen geben zukönnen. Die Ansätze dafür sind viel verspre-chend, so haben am 1. Mai etwa 50 Bulgarenbereits eigene Forderungen erhoben. W

VON DAGMAR RÜDENBURG

Nach Schätzung von Experten gibt es inMünchen etwa 30.000 bis 50.000 Men -

schen, die aus verschiedenen Gründen ille -galisiert sind, also keinen Aufenthaltsstatushaben. Sie müssen „schwarz“ arbeiten, sindnicht krankenversichert, haben riesige Prob -leme bei der Wohnungssuche, besitzen keinKonto, sind von sozialen Leistungen ausge-schlossen und müssen immer damit rechnen,dass sie abgeschoben werden. Wenn sie Arbeithaben, werden sie miserabel bezahlt oder ganzum ihren Lohn betrogen.

Der Landesfachbereich Bayern bietet für dieseMenschen seit März Beratungen an. ver.di hatdafür im Vorfeld Kontakte mit sozial engagier-ten Menschen und Organisationen aufgenom-men, denn die arbeitsrechtliche Beratung decktnur einen Teil der vielfältigen Probleme ab. Diemedizinische Beratung leisten unentgeltlich die„Ärzte der Welt“, und auch die Aufenthalts -fragen bearbeiten andere Organisationen.

Das von ver.di geknüpfte Netzwerk hat sichals erfolgreich erwiesen – bis Ende Augustkonn ten bereits 174 ver.di-Eintritte durch dieBeratungstätigkeit verzeichnet werden. DerLandesfachbereich Bayern ist mittlerweile die

G E L D T R A N S P O R T

W MIT SICHERHEITTÖDLICH Demonstration in Hessen

Eine gespenstische Szeneriebot sich den etwa 100 Betriebs -räten aus der Geld- und Wert -transportbranche, die ins ost -hessische Friedewald kamen, umam Rande einer Tagung fürSicherheitsdienstleister, Bank-und Handelslogistiker gegen diegeplante Ein-Mann-Logistik zudemonstrieren. Qualm stieg auseinem Transporter auf, Sirenenund Trillerpfeifen ertönten,Strobos kopblitze erhellten dieSzenerie. In schwarze Anzügegekleidet trugen Kölner Kollegen„ein Opfer“ in einem Sarg durchdie Reihen der Demonstrant/in -nen.

ver.di will nicht, dass dieseSzene Realität wird! GerhardKönig, hessischer Fachbereichs -leiter, rief daher zu gemeinsamemWiderstand gegen eine „un -verantwortliche Ausnahme -genehmi gungspolitik“ der Berufs-genossen schaften auf und forderte eine stärkere Regulie -rung durch staatliche Stellen.

Die bisherige Praxis von zweibis drei Mann Besatzung ingepanzerten Fahrzeugen und ent-sprechender Sicherheitstechnikhabe sich bewährt – die Überfällepro Jahr könne man an einerHand abzählen, sagt der GBR-Vorsitzende von UNICORN, Guido Rehbusch. Zum Vergleich:Frankreich verzeichnet jährlich180 und England fast 1.000Überfälle – beides Länder mit 1-Mann-Logistik. Auch die hoch-toxischen Inhaltsstoffe vonFarbrauch patronen, welche beiÜberfällen gezündet werden,wurden thematisiert. BernhardDaust, GBR-Vorsitzender vonKötter, warnte vor dem Einsatz,da die gesundheitlichenKonsequenzen unerforscht seien.

Weitere Proteste in Nord -rhein-Westfalen werden folgen.Denn nicht nur Geld und Werte gilt es zu schützen, dieGesundheit und das Leben derMitarbeiter/innen müssen imFokus stehen. W

Markt der Tagelöhner

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DAS GUTE BE ISP IEL

DIE LINKE hat einen gemeinsamen Betriebsrat für

die Beschäftigten der Fraktion und der Abgeordneten gebildet

Lena Dammann nach ihrer Wahl: „Wir freuenuns sehr, dass wir bundesweit zu den Vorbildernin der Linken gehören.“ Dammann bedankte sichausdrücklich bei ver.di und den Abge ordnetenund hofft, dass auch andere Landtags- und dieBundestagsfraktion ihrer Partei dem Vorbild fol-gen. „DIE LINKE steht für einen Ausbau derMitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerin nenund Arbeitnehmer“, sagte Dammann, „wirhaben im eigenen Betrieb jetzt damit ange -fangen.“

Gerald Kemski, Hamburger Mitarbeiter vonSabine Wils, Leiterin der Delegation der Linken imEuropaparlament, und Chef der Betriebsgruppe„ver.di in der Linken“, wünscht sich weitereBetriebsräte nach dem Hamburger Vorbild: „Esgibt auch in der Linken Tendenzen zu prekärenArbeitsverhältnissen. Da kann ein Betriebsrat ein-schreiten.“

In der Bundestagsfraktion der Linken habenGespräche begonnen. Hier müssen die Vor -stellungen von 76 „Kleinunternehmen“ untereinen Hut gebracht werden, Widersprüchegeklärt, Zweifel ausgeräumt und ein juristischtragfähiges Konstrukt geschaffen werden.Parteichef Klaus Ernst begrüßt das Vorhaben.

Bleibt zu wünschen, dass auch in den anderenParteien über die vorhandenen Betriebsräte hin-aus dem Hamburger Vorbild gefolgt wird. DerFachbereich „Besondere Dienstleistungen“ stehtfür Verhandlungen bereit. W

VON BERND STEUBER

„Das habt ihr richtig gut gemacht“, war derKommentar von Claudia Wörmann-

Adam, unserer Bundesfachbereichsvorsitzenden,zu dem Tarifvertrag nach Paragraf 3 Betriebs -verfassungs gesetz, den der Hamburger Fach -bereich Anfang Juni mit dem Fraktionsvorstandund einzelnen Abgeordneten der Fraktion DIELINKE in Hamburg abgeschlossen hat.

Damit wurde ein wichtiger Meilenstein gesetzt,denn einen gemeinsamen Betriebsrat gibt essonst nur noch bei der Landtagsfraktion DIELINKE in Hessen. Bei den anderen Parteien exi-stiert eine solche Konstruktion nicht. Das Beson -dere daran ist, dass hier rechtlich zwei Betriebeexistieren, deren Beschäftigte einen gemein -samen Betriebsrat wählen: Einmal ist der Frak -tions vorstand Arbeitgeber der Fraktions mit -arbeiter/innen und dann ist jede/r Abge ordneteselbst auch Arbeitgeber für die persönlichen Mit -arbeiter/innen. Bisher haben sechs von acht Parla -mentarier/innen den Tarifvertrag unterschrieben.

Ulrike Fürniß, zuständige Sekretärin im Fach -bereich 13 in Hamburg: „Das war ein sehrschwieriger Weg, der ein Jahr gedauert hat, bisdie Vorbehalte der Abgeordneten abgebautwaren. Aber nun freuen wir uns über dieses tolleErgebnis. Und wir hoffen, dass die zwei anderenAbgeordneten auch noch unterzeichnen.“

Die Präambel des Paragraf-3-Tarifvertrageshält den gemeinsamen Betriebsrat auf Grund derim Wesentlichen übereinstimmenden Arbeits -bedingungen der Betroffenen für notwendig undzweckmäßig zur Wahrung und Förderung dergemeinsamen Interessen.

Auf Basis des Tarifvertrages fanden Mitte JuniBetriebsratswahlen statt, 29 Linkspartei-Beschäf -tigte wählten ihre dreiköpfige Interessen -vertretung. Und der Betriebsrat hat sich inzwi-schen konstituiert. Lena Dammann, Juristin derFraktion, wurde zur Vorsitzenden gewählt. BelaRogalla, wissenschaftlicher Mitarbeiter derAbgeordneten Christiane Schneider, wurde stellvertretender Vorsitzender, und SabrinaGlimmann, Fraktionsmitarbeiterin, ist das dritteBetriebsratsmitglied.

G L O S S E

W Wohlbefinden imFachbereich 14

Während ein Drittel der 400Delegierten, nämlich die vonver.di, auf dem DGB-Bundes -kongress im Mai dieses Jahres inBerlin lachen mussten, stauntendie anderen, was es bei uns sofür Fachgruppen gibt. Was wargeschehen? Gaby Landen: „Ichbin bei ver.di in dem buntenFachbereich 14 und gehöre dortzu der Fachgruppe ‚Touristik,Freizeit, Wohlbefinden’.“Während Letzteres korrekt war,Gaby ist schließlich Vorsitzendeder Bundesfachgruppe TFW, wardie „14“ natürlich einVersprecher. Und so wurdenabends an der Hotelbar diever.di-Fachbereiche neu numme-riert. Thomas Koczelnik(Fachbereich 10 / Postdienste,Speditionen und Logistik) wolltepartout nicht nur um eine Zahlsteigen wie der 13er, sondernbeanspruchte die Nummer 15.Eine Kollegin einer anderenGewerkschaft wollte schonMitglied bei „Wohlbefinden“werden. Ob es dies in ihrerOrganisation nicht gibt?

Einen guten und geschlosse-nen Eindruck hat ver.di auf demKongress auf jeden Fall hinter -lassen, nicht nur der „bunte“Fachbereich. Und politisch hatGaby mit ihrem Wortbeitrag aucheiniges bewegt. Ihr ging esdarum, dass der DGB und seineMitgliedsgewerkschaften tarif-treue Partner beauftragen.Dietmar Hexel, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes, versprach inseiner Erwiderung, darauf nochbesser zu achten und machtezugleich darauf aufmerksam,dass es immer schwieriger wird,besonders im Hotel- undGaststättengewerbe sowie imWach- und Sicherheitsbereich,aber die Verträge immerMindestlöhne vorsehen, auch fürSubunternehmen. Im Falle des fürden Kongress beauftragtenReisebüros, war dieses nachVertragsabschluss aus demFlächentarif ausgetreten. W

Ein Hamburger bitte!

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INTERNES

S E R V I C E

W CALLCENTERTagung für Betriebsräte

ver.di und das TBS-Netz bieten eine Fachtagung fürBetriebsräte aus Call- undServicecentern an. Das Motto:„Arbeit am Gängelband zwischen ACD-Steuerung undLeistungskennziffern“. DieTagung findet vom 16. bis 18.November in Kassel statt undbietet unter anderem Foren zu Leistungs- und Verhaltens -kontrolle, Stressmanagement,Arbeitsorganisation, Arbeitszeit -gestaltung und Kapazitäts -planung, Psychische Belastun -gen, ergonomische Arbeitsplatz -gestaltung sowie Datenschutzund E-Learning. Zudem geht esum Gute Arbeit, Tarifverträge undLeistungsbewertung. Referentensind unter anderem AnnelieBuntenbach vom DGB-Bundes -vorstand, Petra Gerstenkorn vom ver.di-Bundesvorstand undProfessor Wolfgang Däubler,zudem Kolleg/innen des TBS-Netzes und von ver.di.Weitere Informationen:https://besondere-dienste.verdi.de/veranstaltungenUlrich Beiderwieden

W DATENSCHUTZ-DEMONSTRATION „Freiheit statt Angst“

ver.di ruft als Teil eines breiten Bündnisses dazu auf, fürBürgerrechte, Beschäftigten -daten schutz und informationelleSelbstbestimmung auf die Straßezu gehen. Es gilt, rückwärts -gewandte Gesetzesinitiativen zurVorratsdatenspeicherung zu ver-hindern und den Datenschutz inArbeitswelt und Gesellschaft zustärken. Staatliche Datenkrakenwie ELENA müssen weg! DerBeschäftigtendatenschutz mussgestärkt werden!

„Freiheit statt Angst“11. September, 13.00 Uhr,Berlin, Potsdamer Platz.ver.di-Ansprechpartnerin:Annette Mü[email protected]: 030/69 56-22 44.

reichs vorstände im September dieses Jahres sindaber Indiz dafür, dieser Unterschiedlichkeit ange-messen begegnen zu wollen. Richtschnur sind dieim Kooperationsvertrag vom 7. Dezem ber 2007vereinbarten Ziele wie etwa Erhalt der Eigen -ständigkeit der kooperierenden Fachbe reiche,effiziente Nutzung der finanziellen und personel-len Ressourcen, Erprobung neuer Ar beits- undOrganisationsstrukturen sowie Bünde lung undStärkung fachbereichsübergreifender Aufgabenund Aktivitäten.

Getragen von der Erkenntnis, dass ver.di-Mitglieder eine betriebliche und branchenbezo-gene Identität haben, neben diesem spezifischenBedarf allerdings auch allgemeine Interessen,haben die beiden Fachbereiche auf der Bundes -ebene einen Katalog von Querschnittsaufgabenformuliert, den sie gemeinsam bearbeiten.

Highlights waren dabei die gemeinsamenArbeitstagungen „Prekäre Arbeit“ im September2008 und „Zukunft der Bildung“ im August2009, die bundesweit Anerkennung fanden. DieEntwicklung gemeinsamer politischer Ziele, dieErarbeitung von wirksamen Instrumenten gegenprekäre Beschäftigungsverhältnisse, die Debatteum die beste Bildung und eine gemeinsameÖffentlichkeitsarbeit standen im Fokus dieserTagungen. Es gilt jetzt, ihre Ergebnisse weiter zuverfolgen.

Da auch die Mitgliederzahlen in beiden Fach -bereichen sich durchaus erfreulich entwickeln, seiein wenig Stolz erlaubt: Die Bilanz ist positiv. Vordiesem Hintergrund haben die beiden Bundes -fachbereichsvorstände vor Beginn der Organi -sationswahlen die Fortsetzung der Koope rationfür eine weitere Wahlperiode beschlossen. W

KLAUS BÖHME UND CLAUDIA WÖRMANN-ADAM

Skepsis war zu spüren allenthalben in ver.di, alssich im Kongressjahr 2007 die Fachbereiche

„Bildung, Wissenschaft und Forschung“ und„Be sondere Dienstleistungen entschlossen, zu -nächst für die Dauer einer Wahlperiode auf derBundesebene zu kooperieren. Konnten doch dieFachlichkeiten kaum unterschiedlicher sein als bei diesen beiden Bereichen. Würden sich derWunsch, die Eigenständigkeit des jeweiligenFach bereichs zu erhalten, und der Wille, einenBeitrag zur geforderten Verkleinerung desBundesvorstands zu erbringen, als miteinandervereinbar erweisen?

Heute, drei Jahre später und im Vorfeld des näch-sten Bundeskongresses, ist von dieser Skepsisnichts mehr zu spüren. Gewichen ist sie allgemei-ner Anerkennung dafür, wie die Kooperations -partner sich in der Organisation als Einheit prä-sentieren. Möglich war dies, weil das Denken undHandeln aller Agierenden geprägt war von denGrundideen einer Kooperation – nämlich sich aufgleicher Augenhöhe zu begegnen und zusam-menzuarbeiten. Vor allem aber stand stets imVordergrund der Nutzen für alle Beteiligten.

Natürlich gab es auch Anlaufschwierigkeiten.Die Notwendigkeit, sich mit den Thematiken desjeweils anderen Partners auseinanderzusetzenund sich einzuarbeiten, hat vor allem auf derhauptamtlichen Ebene zunächst zu einem hohenMehraufwand geführt. Regelmäßige gemeinsa-me Sitzungen der beiden Präsidien und einegemeinsame Veranstaltung der Bundesfach be -

Eine positive Bilanz der Kooperation der ver.di-Fachbereiche „Besondere

Dienstleistungen“ und „Bildung, Wissenschaft und Forschung“ ziehen

Warum sind Landesfach bereichskonferenzen so wichtig?

Die Landesfachbereichs konferenzen sind vonhoher Bedeutung für die bisherige und für diekünftige Arbeit von ver.di. Hier finden die Vor -stellungen und Anforderungen der ver.di-Mit -glieder besonderes Gehör.

Das Motto ist: Vergangenes bewerten, umGegenwart zu meistern und Zukunft zu gestal-ten.• Scharnierfunktion für die Aufnahme der ört-

lichen Diskussionen und Anträge und fürderen Weiterleitung an die Bundesebene

• Zeit für gemeinsame Diskussionen gewerk-schaftspolitischer Aufgaben

• wichtiger Ort zum Austausch der vielfältigenErfahrungen in den Orten und Bezirken

• Netzwerkfunktion für die Festigung und denkünftigen Erfahrungsaustausch auf der be -zirklichen Ebene

Die Konferenzen sind damit ein lebendiges Bei -spiel für den demokratischen Aufbau von ver.di.

Angelika Hecker

Auf Augenhöhe

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PORTRÄT

Vom derzeitigen Hartz-IV-Regelsatz kannnicht einmal ein Gesunder menschenwürdig

leben. Aber was ist mit Älteren oder sogar kran-ken oder schwerbehinderten Erwerbslosen? EinDiabetiker wie ich kann bei einer Tafel kaumsein Essen ergänzen, denn Nudeln oder Reissowie gerade abgelaufene Mayonnaiseproduktesind in diesem Fall nicht gerade gesundheitsför-dernd. Teure Zuzahlungen für Arzneimittelgehen von meinen 359 Hartz-Euro ab, irgend-welche vom Arzt verschriebenen notwendigenMassagen sind kaum aufzubringen.

Will man sich Internetleisten, muss man sichdie Kosten beim Esseneinsparen, da ja dieKauf kraft auf dasAller notwendigste be -schränkt ist. Die Bei -träge für Bibliotheken sollen steigen – ich habemir schon lange kein Buch mehr ausleihen können. Meine Kultur beschränkt sich aufAusfüllen von Formularen für die weit über -teuerte GEZ.

Die Wohnungen sollen für Einzelpersonenzukünftig auf 25 Quadratmeter sinken. Warumnicht auf 17 Quadratmeter – soviel ist zumHalten eines Hofhundes erforderlich? Ich kannmit Ach und Krach gerade noch mein Licht undmeinen Strom bezahlen – wenn es teurer wird,greife ich auf Haushalts kerzen zurück, die

zudem noch wärmen. DieStreichung des Heiz kosten -

zuschusses wird michwohl zum Auf wärmen indie Gewerk schafts häuserführen. Vielleicht kommeich dort auf andere Ge -danken, wenn ich an die

Wurzeln der Arbeiter bewe -gung denke.

Der minimale Renten -bei trag soll wegfallen,

damit meine Altersarmut erhalten bleibt. Ichsehe mich jetzt schon beim Suchen nach einemKalabreserhut, um Almosen darin zu sammeln.

Dass 2010 die Europäische Union das Jahrzur Bekämpfung der Armut ausgerufen hat,kann ich nicht glauben. Deren größter Zahler,

Deutschland, hat für dieSpekulanten und Banken 100Milliarden ge zahlt und hältweitere 400 Milli arden bereit.30 Milliar den sollen dafür imSozial bereich bei prekär Be -schäf tigten, Familien und Er -werbs losen gestrichen wer-den. Vielen Dank an diePolitiker – egal welcherFarbe!

Ich bin nicht längerbereit, Gefühle wie Stress,

Ärger, Scham, Schuld und Traurig keit zuertragen, ich werde zivilen Ungehorsam leisten– und wenn die Gewerkschaften samt DGBnicht stärker für die Deklassierten eintreten,dann könnte der politische Streik auch sie treffen.

Achten wir darauf, dass aus dem heißenHerbst in Deutschland kein brandheißes Europawird. W

Aufgeschrieben von: Hans-Peter Kilian

Der Betroffene möchte anonym bleiben,sein Name ist der Redaktion bekannt.

Ein Hartz-IV-Bezieher beschreibt,

was für ihn die Sparmaßnahmen der schwarz-

gelben Bundesregierung bedeuten W Willkommen!Das Redaktionskollektiv von

„die besonderen report“ freutsich, ab dieser Ausgabe UlrichBeiderwieden als Mitglied begrüßen zu können – sein Vor -gänger Holger Menze widmetsich nun anderen Aufgabeninnerhalb von ver.di.

Ulrich Beiderwieden, gelern-ter Bankkaufmann, kennt dieGewerkschaftsarbeit von der Pike auf: Bereits früh war er alsJugendvertreter aktiv. 1980 ist er hauptamtlich bei der DAG inBielefeld, Bezirk Ostwestfalen,eingestiegen. In der Haupt -verwaltung der DAG, RessortIndustrie, hat er später Gesamt-und Konzernbetriebsräte betreutsowie Tarifverhandlungengeführt.

Bei ver.di ist Uli Beider -wieden BundesfachgruppenleiterFo.KuS.Ver.Di und so zuständigfür die Bereiche branchenunab-hängige Callcenter, Meinungs -forschung, Messen, technischeÜberwachungsorganisationen,Verbände und Parteien sowieZeitarbeit.

Die Streiks bei der GEMA imHerbst 2007 zur Durchsetzungneuer Tarifverträge und dieAktivitäten und Warnstreiks zumAbschluss des ersten Entgelt tarif -vertrages bei einem Callcenter-Dienstleister zählen zu seinenErfolgen. Unter anderem hier-durch konnte die Fachgruppe in den letzten drei Jahren einenjährlichen Nettomitglieder -zuwachs verbuchen. W

Stephan Tregel

Ulrich Beiderwieden

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