10
Z Rheumatol 2014 · 73:184–193 DOI 10.1007/s00393-014-1353-8 Online publiziert: 21. März 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 W. Fiori 1  · H.-J. Lakomek 2  · K. Buscham 2  · H. Lehmann 3  · A.-K. Fuchs 4  · F. Bessler 5  ·  N. Roeder 6 1 DRG-Research-Group, Medizinisches Management, Universitätsklinikum Münster 2 Klinik für Rheumatologie und Geriatrie, Johannes Wesling Klinikum Minden 3 Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Gießen 4 Immanuel-Krankenhaus Berlin 5 Evangelische Stiftung Volmarstein 6 DRG-Research-Group, Universitätsklinikum Münster Krankenhausfinan- zierung 2014 Relevantes für die internistische  Rheumatologie Die Selbstverwaltungspartner haben sich für das Jahr 2014 wieder auf die Fallpau- schalenvereinbarung (FPV 2014) mit den Abrechnungsregeln, dem Diagnosis-rela- ted groups(DRG)-Fallpauschalenkatalog und dem Katalog der Zusatzentgelte [1] sowie die Kodierrichtlinien (DKR 2014; [2]) und die Vereinbarung zu den Beson- deren Einrichtungen (VBE 2014) [3] eini- gen können. Ebenso wurden vom Deut- schen Institut für Medizinische Doku- mentation und Information (DIMDI) die neuen Versionen der Klassifikationssys- teme ICD-10-GM (Internationale statisti- sche Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Re- vision, German Modification) und OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) für 2014 [4] veröffentlicht. Die Auswirkungen der neuen DRG- Versionen auf Umverteilungseffekte zwi- schen Krankenhäusern sind nur noch ge- ring [5]. Die Effekte auf einzelne Fachab- teilungen oder Leistungsbereiche können jedoch durchaus noch relevant sein. Für die wirtschaftliche Situation der meisten Krankenhäuer spielen die ordnungspoli- tischen Rahmenbedingungen inzwischen eine bedeutendere Rolle. Hinzu kommt, dass die Anwendung der Klassifikations- systeme, der Kodierrichtlinien, der Ab- rechnungsregeln und der ordnungspoliti- schen Rahmenbedingungen zunehmend eigenständig durch die Gerichte interpre- tiert wird. Relevanteste Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen Das zum 1. August 2013 in Kraft getrete- ne Gesetz zur Beseitigung sozialer Überfor- derung bei Beitragsschulden in der Kran- kenversicherung hat gewisse Entlastungen für die Krankenhäuser mit sich gebracht. Die Neuerungen wirken sich 2014 insbe- sondere auf die Landesbasisfallwerte und damit auf die Preiskomponente aus. Zum einen steigert die bereits im Jahr 2013 über einen Zuschlag teilfinanzierte Erhöhung der Tariflöhne auch die Höhe des Basis- fallwerts 2014, zum anderen wurden die Bedingungen für die Verhandlungen der Landesbasisfallwerte angepasst. Veränderungsrate, Orientierungswert und Veränderungswert Der so genannte Veränderungswert stellt die Obergrenze dar, bis zu der die Lan- desbasisfallwerte steigen dürfen. Für die Ermittlung des Veränderungswerts sind wiederum die Veränderungsrate nach § 71 SGB V (Grundlohnrate) und der Orientierungswert maßgeblich. Die Ver- änderungsrate für 2014 beträgt 2,81% [6] und liegt damit erneut oberhalb des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Orientierungswerts von 2,02% [7], der die Kostenentwicklung (Personal- und Sach- kosten) in den Krankenhäusern abbilden soll. Da u. a. die realen Kosten der Kran- kenhäuser deutlich höher steigen, als dies durch die Methodik der Ermittlung des Orientierungswerts erfasst wird, bil- det ab 2014 die Veränderungsrate nach § 71 SGB V die Obergrenze für die Ver- handlung der Landesbasisfallwerte (d. h. die Veränderungsrate wird zum Verände- rungswert), wenn der Orientierungswert niedriger ist als die Veränderungsrate. Demnach dürfen die Landesbasisfallwer- te im Jahr 2014 maximal um 2,81% stei- gen. Allerdings sind Leistungssteigerun- gen bei der Ermittlung der Landesbasis- fallwerte absenkend zu berücksichtigen. In den Vorjahren konnte in den Verhand- lungen deshalb meist nicht der volle Ver- änderungswert realisiert werden. Konvergenz der Landesbasisfallwerte Für viele Bundesländer werden jedoch die genannten Regeln zur Vereinbarung der Landesbasisfallwerte nicht greifen. Im Jahr 2014 erfolgt – zumindest für die Redaktion U. Müller-Ladner, Bad Nauheim U. Lange, Bad Nauheim 184 | Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014 Standpunkte

Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

  • Upload
    n

  • View
    223

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

Z Rheumatol 2014 · 73:184–193DOI 10.1007/s00393-014-1353-8Online publiziert: 21. März 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

W. Fiori1 · H.-J. Lakomek2 · K. Buscham2 · H. Lehmann3 · A.-K. Fuchs4 · F. Bessler5 · N. Roeder6

1 DRG-Research-Group, Medizinisches Management, Universitätsklinikum Münster 2 Klinik für Rheumatologie und Geriatrie, Johannes Wesling Klinikum Minden 3 Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Gießen 4 Immanuel-Krankenhaus Berlin 5 Evangelische Stiftung Volmarstein 6 DRG-Research-Group, Universitätsklinikum Münster

Krankenhausfinan-zierung 2014Relevantes für die internistische Rheumatologie

Die Selbstverwaltungspartner haben sich für das Jahr 2014 wieder auf die Fallpau-schalenvereinbarung (FPV 2014) mit den Abrechnungsregeln, dem Diagnosis-rela-ted groups(DRG)-Fallpauschalenkatalog und dem Katalog der Zusatzentgelte [1] sowie die Kodierrichtlinien (DKR 2014; [2]) und die Vereinbarung zu den Beson-deren Einrichtungen (VBE 2014) [3] eini-gen können. Ebenso wurden vom Deut-schen Institut für Medizinische Doku-mentation und Information (DIMDI) die neuen Versionen der Klassifikationssys-teme ICD-10-GM (Internationale statisti-sche Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Re-vision, German Modification) und OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) für 2014 [4] veröffentlicht.

Die Auswirkungen der neuen DRG-Versionen auf Umverteilungseffekte zwi-schen Krankenhäusern sind nur noch ge-ring [5]. Die Effekte auf einzelne Fachab-teilungen oder Leistungsbereiche können jedoch durchaus noch relevant sein. Für die wirtschaftliche Situation der meisten Krankenhäuer spielen die ordnungspoli-tischen Rahmenbedingungen inzwischen eine bedeutendere Rolle. Hinzu kommt, dass die Anwendung der Klassifikations-systeme, der Kodierrichtlinien, der Ab-rechnungsregeln und der ordnungspoliti-schen Rahmenbedingungen zunehmend

eigenständig durch die Gerichte interpre-tiert wird.

Relevanteste Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen

Das zum 1. August 2013 in Kraft getrete-ne Gesetz zur Beseitigung sozialer Überfor-derung bei Beitragsschulden in der Kran-kenversicherung hat gewisse Entlastungen für die Krankenhäuser mit sich gebracht. Die Neuerungen wirken sich 2014 insbe-sondere auf die Landesbasisfallwerte und damit auf die Preiskomponente aus. Zum einen steigert die bereits im Jahr 2013 über einen Zuschlag teilfinanzierte Erhöhung der Tariflöhne auch die Höhe des Basis-fallwerts 2014, zum anderen wurden die Bedingungen für die Verhandlungen der Landesbasisfallwerte angepasst.

Veränderungsrate, Orientierungswert und Veränderungswert

Der so genannte Veränderungswert stellt die Obergrenze dar, bis zu der die Lan-desbasisfallwerte steigen dürfen. Für die Ermittlung des Veränderungswerts sind wiederum die Veränderungsrate nach § 71 SGB V (Grundlohnrate) und der Orientierungswert maßgeblich. Die Ver-

änderungsrate für 2014 beträgt 2,81% [6] und liegt damit erneut oberhalb des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Orientierungswerts von 2,02% [7], der die Kostenentwicklung (Personal- und Sach-kosten) in den Krankenhäusern abbilden soll.

Da u. a. die realen Kosten der Kran-kenhäuser deutlich höher steigen, als dies durch die Methodik der Ermittlung des Orientierungswerts erfasst wird, bil-det ab 2014 die Veränderungsrate nach § 71 SGB V die Obergrenze für die Ver-handlung der Landesbasisfallwerte (d. h. die Veränderungsrate wird zum Verände-rungswert), wenn der Orientierungswert niedriger ist als die Veränderungsrate. Demnach dürfen die Landesbasisfallwer-te im Jahr 2014 maximal um 2,81% stei-gen. Allerdings sind Leistungssteigerun-gen bei der Ermittlung der Landesbasis-fallwerte absenkend zu berücksichtigen. In den Vorjahren konnte in den Verhand-lungen deshalb meist nicht der volle Ver-änderungswert realisiert werden.

Konvergenz der Landesbasisfallwerte

Für viele Bundesländer werden jedoch die genannten Regeln zur Vereinbarung der Landesbasisfallwerte nicht greifen. Im Jahr 2014 erfolgt – zumindest für die

RedaktionU. Müller-Ladner, Bad Nauheim U. Lange, Bad Nauheim

184 |  Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014

Standpunkte

Page 2: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

Bundesländer, deren Landesbasisfallwert mehr als 1,25% unterhalb des vom Insti-tut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ermittelten Bundesbasisfallwerts von 3156,82 € für 2014 liegt – der letz-te Sprung der Konvergenz auf die untere Korridorgrenze (§ 10 Abs. 8 KHEntgG). Die untere Korridorgrenze für 2014 be-trägt 3117,36 €.

Für Berlin, Brandenburg, Mecklen-burg-Vorpommern, Niedersachsen, Sach-sen-Anhalt und Schleswig-Holstein wur-

de bereits der Landesbasisfallwert für 2014 entsprechend vereinbart. Für Sachsen und Thüringen liegen die Basisfallwerte, mit denen abgerechnet wird, aufgrund not-wendiger Korrekturen (Ausgleiche für Vorjahre) geringfügig darunter. Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Rhein-land-Pfalz und das Saarland weisen höhe-re Landesbasisfallwerte auf. Nur noch der Landesbasisfallwert von Rheinland-Pfalz liegt mehr als 2,5% oberhalb des Bundes-basisfallwerts.

Nach der vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenen und vom Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchung zu den Ursachen unterschiedlicher Basisfallwer-te der Länder können diese maximal nur zu einem Drittel empirisch erklärt werden [8]. Über die Zukunft der Landesbasisfall-werte und eine mögliche weitere Konver-genz wird daher vermutlich 2014 entschie-den werden.

Mehrerlösausgleich

Neben der Kostenbegrenzung auf Lan-desebene erfolgt zusätzlich eine Budgetie-rung auf der Ebene des einzelnen Kran-kenhauses. Leistungssteigerungen wer-den weiterhin nicht im Sinne eines Preis-systems („gleiches Geld für gleiche Leis-tung“) finanziert, sondern sind zu rabat-tieren. Wie im Vorjahr sind Mehrleistun-gen, die nicht mit den Kostenträgern ver-einbart werden konnten, als sogenannte Mehrerlöse zu überwiegend 65% auszu-gleichen, demnach zurückzuzahlen.

Ausnahmen in der Rheumatologie stellen lediglich Mehrerlöse aus dem Ein-satz von Zusatzentgelten für Arzneimittel und Medikalprodukten (z. B. Biologika) dar, die nur zu 25% auszugleichen sind. Allerdings dürfte ein vermehrter Einsatz damit trotzdem kaum kostendeckend er-folgen können.

Mehrleistungsabschläge

Ebenso wie im Vorjahr sind Mehrleistun-gen, die mit den Kostenträgern verein-bart werden können, mit einem Mehrleis-tungsabschlag von 25% zu versehen (Aus-nahme sachkostenlastige Leistungen wie beispielsweise der Einsatz von Biologika). Hinzu kommt, dass die im Vorjahr (2013) vereinbarten und damals bereits mit dem Mehrleistungsabschlag rabattierten Leis-tungen 2014 nochmals mit 25% zu rabat-tieren sind. Es empfiehlt sich dennoch, ge-plante Mehrleistungen zu vereinbaren, da die Mehrleistungsabschläge für Kranken-häuser günstiger sind als die Mehrerlös-ausgleiche.

Ausnahmen von den Mehrleistungsab-schlägen sind weiterhin theoretisch mög-lich, wenn mit den Verhandlungspartnern

Tab. 1 Auszug aus dem Fallpauschalenkatalog 2014 für die G-DRG I66A–C, I68B-E, I79Z und I97Z. (http://www.g-drg.de)

G-DRG Bezeichnung BWR VWD 1. Tag Abschlag

1. Tag  Zuschlag

I66A Andere Erkrankungen des Bindegewebes, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC

2,376(1,892)

16,7(14,7)

5(4)

32(30)

I66B Andere Erkrankungen des Bindegewebes, mehr als ein Belegungstag, ohne äußerst schwere CC oder Frakturen an Becken und Schenkelhals

0,869(0,865)

8,0(8,1)

2(2)

17(17)

I66C Andere Erkrankungen des Bindegewebes, ein Belegungstag

0,216(0,206)

1,0

I68B Nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, mehr als ein Belegungstag, mit schweren CC oder bei Para-/Tetraplegie, Alter >65 Jahre oder mit komplexer Diagnose außer bei Diszitis oder infektiöser Spondylopathie

1,299(1,094)

11,1(9,7)

3(2)

23(21)

I68C Nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, mehr als ein Belegungstag, mit schweren CC, Alter >65 Jahre oder äußerst schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie, ohne komplexe Diagnose, ohne Diszitis oder infektiöser Spondylopathie

1,237(0,981)

11,3(9,3)

3(2)

23(20)

I68D Nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, > ein Belegungstag, bei anderer Femur-fraktur, Alter <65 Jahre, mit schweren CC, ohne äußerst schwere CC, außer bei Para-/Tetraplegie, außer bei Diszitis oder infektiöser Spondylopathie, ohne komplexe Diagnose

0,616(0,601)

5,9(6,1)

13(14)

I68E Nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, ein Belegungstag

0,208(0,206)

1,0

I69A Knochenkrankheiten und spezifische Ar-thropathien mit komplexer Diagnose oder Muskel- und Sehnenerkrankungen bei Para-/Tetraplegie

0,837(0,892)

8,7(9,4)

2(2)

17(18)

I69B Knochenkrankheiten und spezifische Arthro-pathien ohne komplexe Diagnose

0,675(0,649)

6,6(6,8)

1(1)

15(15)

I79Z Fibromyalgie 0,843(0,841)

10,0(10,1)

2(2)

19(18)

I97Z Rheumatologische Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe

1,556(1,499)

15,2(15,6)

19(20)

BWR Bewertungsrelation, VWD mittlere Verweildauer, CC „complication or comorbidity“. Die Zahlen in Klammern geben die Vorjahreswerte an.

185Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014  | 

Page 3: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

vor Ort besondere Qualitätsvereinbarun-gen getroffen werden. Diese können die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität betreffen und müssen über die gesetzli-chen Qualitätsvorgaben oder die durch Regelungen des Gemeinsamen Bundes-ausschusses (G-BA) festgelegten Vorga-ben hinausgehen.

Die akutstationäre Rheumatologie zeichnet sich dadurch aus, dass bereits Kriterien und Daten zur Struktur-, Pro-zess- und Ergebnisqualität vorliegen, die entsprechende Vereinbarungen zuließen. Denkbar wären beispielsweise Vereinba-rungen, die die Strukturkriterien des VRA (Verband Rheumatologischer Akutklini-ken e. V.; [9, 10]) berücksichtigen sowie den Einsatz von Behandlungspfaden [11, 12] oder die Teilnahme an KOBRA, dem Outcome-Benchmarking-Projekt des VRA [13, 14] würdigen. Die Kostenträger könnten so im Kontext der Entgeltver-handlungen auf ihre offensiv vertretenes Bekenntnis zur qualitätsorientierten Ver-gütung [15] hingewiesen werden.

Versorgungszuschlag

Um die durch die Rabattierung der Mehr-leistungen auf den Ebenen des individuel-len Krankenhauses und nochmals bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwert ent-stehende „doppelte Degression“ und den dadurch entstehenden „Hamsterradef-fekt“ zu reduzieren, erhalten Krankenhäu-ser für 2014 noch einen sogenannten Ver-sorgungszuschlag (§ 8 Abs. 10 KHEntgG). Dieser beträgt 0,8% für die Erlöse aus be-werteten DRG-Fallpauschalen. Für Zu-satzentgelte und unbewertete G-DRG gilt dieser Zuschlag nicht.

Die Regelungen zu den Mehrleis-tungsabschlägen und dem Versorgungs-zuschlag laufen offiziell im Jahr 2014 aus. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass auch zukünftig weiter mengensteuernd in die Krankenhausfinanzierung ein-gegriffen wird. Inwiefern bis zum neu-en Gesetzgebungsverfahren bereits Er-gebnisse aus dem von den Selbstver-waltungspartnern in Auftrag zu geben-den Gutachten zur Leistungsentwicklung (§ 17b Abs. 9 KHG) vorliegen, bleibt ab-zuwarten. Ursprünglich wären die Er-gebnisse bereits bis zum 30. Juni 2013 zu veröffentlichen gewesen.

Relevante allgemeine Änderungen im G-DRG-System 2014

Bezüglich der formalen Kennzahlen weist das G-DRG-System 2014 erneut keine Überraschungen auf. Im Jahr 2014 wird es 1196 G-DRG-Fallpauschalen ge-ben (+9). Der Pauschalierungsgrad des G-DRG-Systems ist weiter gestiegen. So reichen 100 G-DRG (knapp über 8%) aus, um 60% aller deutschen Krankenhausfälle abzubilden [5]. Die restlichen fast 1100 G-DRG dienen insbesondere zur Abbildung von spezialisierten Fallkollektiven und von Extremkostenfällen.

Zusatzentgeltgruppen

Die Anzahl der Zusatzentgeltgruppen ist erneut moderat um 3 auf 159 Zusatzent-geltgruppen angestiegen. Bei den neuen Zusatzentgelten handelt es sich überwie-gend um Leistungen, die bereits zuvor als Zusatzentgelt für „Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ (NUB nach § 6 Abs. 2 KHEntgG; [16]) finanziert wur-den. Neu ist zudem das Zusatzentgelt für die spezialisierte stationäre palliativmedi-zinische Komplexbehandlung (ZE 45).

PCCL und CCL-Matrix

Die auch für die Rheumatologie bedeut-samsten Neuerungen dürften die Verän-derungen am Nebendiagnosenschwereg-radsystem („patient clinical complexi-ty level“, PCCL) sein. Neben der bislang umfangreichsten Überarbeitung der so-genannten Complication-and-comorbi-dity-level(CCL)-Matrix (Schweregradbe-wertung der einzelnen Nebendiagnosen) erfolgte für das Jahr 2014 auch erstmals eine Veränderung der Formel, nach der der PCCL berechnet wird. Einzelne Diag-nosen wirken nicht mehr so stark auf den PCCL ein. Der beobachtete Deckeneffekt, bei dem der meist gruppierungsrelevante PCCL von vier durch wenige Nebendiag-nosen schnell erreicht wird und eine wei-tere Differenzierung nicht mehr möglich ist, wird deutlich abgeschwächt. Dadurch kommt es jedoch auch zu einem erheb-lichen Rückgang von Fällen mit höheren PCCL, was Auswirkungen auf das gesam-te G-DRG-System hatte.

Hinzu kommen die Änderungen an 1098 Kodes in der CCL-Matrix. Es handelt sich fast ausschließlich um gezielte Basis-DRG-spezifische Abwertungen häufig ge-nutzter und streitbefangener Nebendiag-nosekodes [17]. Die wenigen Aufwertun-gen betreffen hingegen – wie in den Vor-jahren – seltene und meist sehr schwer-wiegende Nebendiagnosen. Erwähnens-wert ist die Neuaufnahme der Adipositas

Zusammenfassung · Abstract

Z Rheumatol 2014 · 73:184–193DOI 10.1007/s00393-014-1353-8© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

W. Fiori · H.-J. Lakomek · K. Buscham · H. Lehmann · A.-K. Fuchs · F. Bessler ·  N. RoederKrankenhausfinanzierung 2014. Relevantes für die internistische Rheumatologie

ZusammenfassungAuch rheumatologische Krankenhäuser und Fachabteilungen werden sich im Jahr 2014 weiter auf wirtschaftlich schwere Zeiten ein-richten müssen. Um sich den Herausfor-derungen stellen zu können, sind auch die Kenntnisse des neuen German-diagnosis-re-lated-groups(G-DRG)-Systems, der ordnungs-politischen Rahmenbedingungen sowie der aktuellen Rechtsprechung hilfreich. Der Ar-tikel stellt die wesentlichen Änderungen vor und diskutiert die sich daraus ergebenden Konsequenzen für Rheumakliniken.

SchlüsselwörterDRG · Kodierung · Rheumatische Erkrankungen · Zusatzentgelte · Fallprüfungen

Hospital financing in 2014. Relevant changes for rheumatology

AbstractAs with others medical disciplines hospitals specialized in rheumatology again face heavy economic burdens in 2014. To meet the chal-lenges knowledge of the new German diag-nosis-related groups (G-DRG) system, the leg-islative framework and current jurisprudence can be helpful. The following article presents the major changes and discusses the conse-quences for hospitals specialized in rheuma-tology.

KeywordsDiagnosis-related groups · Clinical coding · Rheumatic diseases · Additional payments · Audits

186 |  Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014

Page 4: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

mit einem Body-Mass-Index von mehr als 39 in die CCL-Matrix.

Wie in den Vorjahren auch ist in der Summe nahezu ausschließlich mit einer Verlagerung von Fällen in niedri-gere PCCL-Stufen zu rechnen, was je-doch nicht zwangsläufig mit einer gerin-geren Gesamtvergütung gleichzusetzen ist. Durch Änderungen an der CCL-Ma-trix und der PCCL-Formel resultiert auf-grund der Normierung des G-DRG-Sys-tems auf Bundesebene kein verändertes Erlösäquivalent (Casemix). Das bedeu-tet, dass die Höhe der Bewertungsrela-tionen einer neuen G-DRG-Systemversi-on so gewählt wird, dass die bundesdeut-schen Gesamtdaten aus dem Jahr der Kal-kulationsdaten gruppiert im alten und im neuen G-DRG-System einen vergleichba-ren Casemix erzielen. Einzelne Kranken-häuser bzw. Fachabteilungen werden je-doch unterschiedlich stark von den Än-derungen betroffen sein. Neben dem be-handelten Patientenspektrum ist der zu erwartende Effekt auf ein einzelnes Kran-kenhaus oder eine einzelne Fachabteilung auch von der bisherigen Kodierung ab-hängig.

DRG-Katalogeffekt

Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer neuen G-DRG-Systemversion werden mittels des DRG-Katalogeffekts gemes-

sen. Dieser wird berechnet, indem die identischen Abrechnungsdaten einmal nach der G-DRG-Version 2013 und noch-mals nach der G-DRG-Version 2014 grup-piert werden. Danach werden die jeweils resultierenden Casemix-Summen (Sum-me der Bewertungsrelationen) in Bezie-hung zueinander gesetzt. Der Katalog-effekt beschreibt den Einfluss des Wech-sels in eine neue G-DRG-Version auf die Erlöse bei gleichbleibender Leistungser-bringung und Kodierung. Im Katalogef-fekt sind sämtliche Veränderungen des G-DRG-Systems (veränderte DRG-Grup-pierungen, DRG-Bewertungen, Ab- und Zuschläge für Kurzlieger, Langlieger und verlegte Fälle) in Bezug auf die untersuch-te Fallmischung enthalten.

Relevante Änderungen für die Rheumatologie im G-DRG-System 2014

Relevante Änderungen in der Defini-tion der rheumatologischen G-DRG gab es für 2014 nicht. Die Bewertungsrelatio-nen und Verweildauerwerte des DRG-Fallpauschalenkatalogs für die wichtigs-ten G-DRG in der Rheumatologie finden sich in . Tab. 1.

Die für die Rheumatologie bedeut-samsten Änderungen für das Jahr 2014 dürften die oben beschriebene Über-arbeitung des Schweregradbewertungs-

systems für Nebendiagnosen (CCL-Mat-rix) und die veränderte Berechnung des PCCL darstellen. Es ist mit einem deut-lichen Rückgang höherer PCCL-Werte zu rechnen. Dadurch können – trotz for-mal gleichbleibender DRG-Definitionen – Fälle im Jahr 2014 in anderen G-DRG abgebildet werden als 2013. Insbesonde-re werden Fälle, die im Jahr 2013 noch in der G-DRG I66A abgebildet wurden, im Jahr 2014 in die G-DRG I66B gruppiert werden. Ebenso ändern sich selbstver-ständlich die Bewertungen und Verweil-dauerwerte von G-DRG, die sich unmit-telbar oder mittelbar über den PCCL de-finieren (beispielsweise G-DRG I66A). Dabei ist zu beachten, dass auch die Be-wertungen niedrigerer DRG-Splits stei-gen können, da sich in diesen G-DRG nun vermehrt auch aufwändigere Fäl-le, die nicht mehr die höheren PCCL er-reichen, abbilden. Für den eigenen Kata-logeffekt ist daher neben der Bewertung der einzelnen G-DRG auch die ehema-lige und zukünftige krankenhausindivi-duelle DRG-Mischung ausschlaggebend. Wurden beispielsweise im Jahr 2013 20% der Fälle der G-DRG I66A und 80% der Fälle der G-DRG I66B zugewiesen und 2014 würde aufgrund der Veränderungen beim PCCL nur noch 10% der Fälle dem A-Split zugewiesen, so hat dies neben der Neubewertungen der einzelnen G-DRG selbst einen entscheidenden Einfluss auf den Katalogeffekt. Dies soll am Beispiel in . Tab. 2 verdeutlicht werden.

Hinzu kommt, dass eine Steigerung der Bewertungsrelationen für Normallie-ger nicht zwangsläufig zu einem höheren Casemix im eigenen Krankenhaus führen muss. Darauf wurde bereits in den Veröf-fentlichungen der letzten Jahre mehrfach an Beispielen hingewiesen [18-22]. So ist beispielsweise aufgrund einer veränderten oberen Grenzverweildauer im Jahr 2014 die Vergütung von Langliegern in der G-DRG I69A ab dem 17. Tag stets 0,011 Be-wertungsrelationspunkte höher als 2013, obwohl die Bewertungsrelation für Nor-mallieger im Fallpauschalenkatalog um 0,055 Bewertungsrelationspunkte niedri-ger ausgewiesen wird. Umgekehrt verhält es sich bei der G-DRG I79Z (Fibromyal-gie), die für Normallieger zwar nahezu unverändert bewertet wurde (+0,002 Be-wertungsrelationspunkte), die Vergütung

Tab. 2 Beispiel für einen negativen Katalogeffekt trotz Aufwertung einzelner G-DRG auf-grund von Migrationen von Fällen durch niedrigere PCCL-Werte in den B-Split (Beispiel stark vereinfacht, weil nur Normallieger berücksichtigt wurden)

Jahr G-DRG BWR Fallzahl Casemix Gesamt

2013 I66A 1,892 20 37,84 107,04

I66B 0,865 80 69,20

2014 I66A 2,376 10 23,76 101,97

I66B 0,869 90 78,21

Tab. 3 Kennzahlen für die G-DRG I97Z (rheumatologische Komplexbehandlung bei Krank-heiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) aus den Fallpauschalen-katalogen 2009–2014

DRG- Version

Bewertungs-relation

Mittlere  Verweildauer

Erster Tag zusätzliches Entgelt

Bewertungs-relation/Tag

Externe  Verlegung Abschlag/Tag

2014 1,556 15,2 19 0,102 0,096

2013 1,499 15,6 20 0,097 0,090

2012 1,530 16,4 22 0,102 0,087

2011 1,479 16,5 22 0,094 0,084

2010 1,503 16,7 22 0,093 0,084

2009 1,564 17,0 23 0,097 0,086

187Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014  | 

Page 5: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

bei Langliegern jedoch 2014 deutlich ge-ringer ausfällt, sodass für das Gesamtkol-lektiv der Fibromyalgiepatienten eher von einem negativen Katalogeffekt ausgegan-gen werden kann. Für die Bewertung der G-DRG-Katalogänderung für das einzel-ne Krankenhaus ist daher auch das Ver-hältnis der entsprechenden Fallkollekti-ve (Kurzlieger, Normallieger, Langlieger) von Relevanz.

Rheumatologische Komplexbehandlung

Die Bewertung der G-DRG I97Z für die rheumatologische Komplexbehandlung ist für das Jahr 2014 wieder gestiegen (+3,8% für Normallieger). Überraschen-derweise ist die Bewertung trotz rückläu-figer Verweildauer gestiegen. Verantwort-lich hierfür waren überproportional hö-here Kosten in der Pflege und insbesonde-re vermutlich beim therapeutischen Per-sonal. Die Kosten für ärztliches Personal waren hingegen rückläufig [23].

Der durchschnittliche Casemix pro Belegungstag (Bewertungsrelation/mitt-lere Verweildauer) ist damit höher als 2013 (0,102 im Vergleich zu 0,096 [2013] und 0,093 [2012]). Beim Bundesbasisfall-wert von 3156,82 € würden im Jahr 2014 bei der Abrechnung eines Normalliegers in der G-DRG I97Z 4912 € erlöst. Bei

einer mittleren Verweildauer von 15,2 Ta-gen entspräche dies einem Erlös von etwa 323 € pro Tag.

Die Zahl der Fälle, auf deren Basis die Bewertungsrelation und Verweildauer-werte der G-DRG I97Z für 2014 kalkuliert wurden, lag bei 2203 Fällen und damit 25% niedriger als im Vorjahr (2937 Fälle, davor allerdings nur 1180 bzw. 1474 Fäl-le; [23]). Die Fälle stammten nur noch aus 10 Krankenhäusern (Vorjahreskalku-lation 14). Von den zehn fallzahlstärks-ten Krankenhäusern mit rheumatologi-scher Komplexbehandlung (mindestens 14 Behandlungstage) beteiligten sich nur noch zwei an der Kostenkalkulation für 2014 [24]. Die Kalkulation wird stark von diesen beiden Krankenhäusern domi-niert. Die Beteiligung von möglichst vie-len Krankenhäusern mit akutstationären Einrichtungen an der jährlichen Kosten-kalkulation des InEK ist für eine sachge-rechte Kalkulation sehr wichtig und wird vom VRA nachdrücklich unterstützt.

Die Quote an kinder- und jugendrheu-matologischen Fällen bei der Kalkulation der G-DRG I97Z ist im Vergleich zum Vorjahr (vermutlich durch Wegfall einzel-ner Kalkulationskrankenhäuser) wieder gestiegen. Kinder- und jugendrheumato-logische Einrichtungen haben weiterhin das Wahlrecht als Besondere Einrichtung (§ 1 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VBE 2014 in Ver-

bindung mit § 17b Abs. 1 Satz 15 KHG) von der Finanzierung über die G-DRG ausgenommen zu werden [3].

Anreize des G-DRG-Systems

Das G-DRG-System ist kein reines Fall-pauschalensystem. Bei Unter- oder Über-schreitung bestimmter Verweildauer-grenzen können auch tagespauschalie-rende Elemente die Rechnungshöhe mit-bestimmen. Aufgrund des Bruchs mit den systemimmanenten Anreizen einer Fall-pauschalierung bei der Finanzierung von Kurz- und Langliegern und hier insbeson-dere von Fällen mit einem Belegungstag [25] werden Fehlanreize zur Verweildau-erverlängerung thematisiert.

In . Tab. 4  finden sich, bezogen auf den Bundesbasisfallwert 2014 von 3156,82 €, die erzielbaren DRG-Erlöse pro Belegungstag. Diese schwanken für die im Fallpauschalenkatalog angegebenen mitt-leren Verweildauern (die expliziten Ein-belegungstag-DRG I66C und I68E aus-genommen) zwischen etwa 266 € (I79Z) und 449 € (I66A). Durch eine Verweil-dauerreduktion (beispielsweise durch Leistungsverdichtung) lässt sich der Erlös pro Belegungstag bis zur unteren Grenz-verweildauer erheblich steigern. Bei einer längeren Verweildauer hingegen kann der Erlös pro Belegungstag bis auf unter

Tab. 4 Verweildauerabhängige Erlöse pro Belegungstag der rheumatologischen DRG beim Bundesbasisfallwert 2014 von 3156,82 €

G-DRG BWR mVWD Erlös/Btag bei mVWD (€)

Max. Erlös/Btag (Inlier) Min. Erlös/Btag (Inlier) oGVD-Zu-schlag (€)

Erlös bei 1 Btaga (€)

Erlös/Btag bei 2 Btag (€)Wert Bei VWD Wert (€) Bei VWD

I66A 2,376 16,7 449,14 1250,10 6 241,95 31 303,05 681,87 1338,49

I66B 0,869 8,0 342,91 914,43 3 171,45 16 236,76 681,87 923,37

I66C 0,216 1,0 681,87 – – – – – 681,87 –

I68B 1,299 11,1 369,43 1025,18 4 186,40 22 255,70 656,62 1037,02

I68C 1,237 11,3 345,57 976,25 4 177,50 22 236,76 656,62 995,98

I68D 0,616 5,9 329,59 972,30 2 162,05 12 224,13 656,62 972,30

I68E 0,208 1,0 656,62 – – – – – 656,62 –

I69A 0,837 8,7 303,71 880,75 3 165,14 16 208,35 912,32 888,64

I69B 0,675 6,6 322,86 1065,43 2 152,20 14 220,98 650,30 1065,43

I79Z 0,843 10,0 266,12 887,07 3 147,84 18 186,25 899,69 890,22

I97Z 1,556 15,2 323,16 377,85 13 272,89 18 322,00 – –BWR Bewertungsrelation, mVWD mittlere Verweildauer in Belegungstagen (FP-Katalog), Btag Belegungstag, oGVD obere Grenzverweildauer. I66A andere Erkrankungen des Bindegewebes, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC, I66B andere Erkrankungen des Bindegewebes, mehr als ein Bele-gungstag, ohne äußerst schwere CC oder Frakturen an Becken und Schenkelhals, I66C Andere Erkrankungen des Bindegewebes, ein Belegungstag, I68B–D nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wirbelsäulenbereich, mehr als ein Belegungstag, I68E nicht operativ behandelte Erkrankungen und Verletzungen im Wir-belsäulenbereich, ein Belegungstag, I69A Knochenkrankheiten und spezifische Arthropathien mit komplexer Diagnose oder Muskel- und Sehnenerkrankungen bei Para-/Tetraplegie, I69B Knochenkrankheiten und spezifische Arthropathien ohne komplexe Diagnose, I79Z Fibromyalgie, I97Z rheumatologische Komplexbehandlung bei Krank-heiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe. aIn der Rheumatologie werden Einbelegungstag-Fälle in den Basis-DRG I66 und I68 in der Regel über die expliziten Einbelegungstag-DRG I66C und I68E abgebildet (Ausnahme Frakturen).

188 |  Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014

Standpunkte

Page 6: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

150 € absinken. Der Zuschlag pro Tag bei Überschreitung der oberen Grenzver-weildauer liegt meist knapp über 200 €. Ganz im Gegensatz dazu und in Kont-rast zu weit verbreiteten Ansichten ist der Erlös bei einer Verweildauer von einem Belegungstag mit Werten zwischen etwa 650 € (I69B) und 912 € (I69A) durchaus nicht niedrig.

Bei sogenannten impliziten Einbele-gungstag-DRG (I69B) und Basis-DRG mit expliziten Einbelegungstag-DRG (I66/I68) können jedoch mit geringfü-gig längeren Verweildauern systemfremd noch höhere Erlöse pro Tag erzielt wer-den. Strategien zur erlösorientierten Ver-weildauerverlängerung bieten sich den-noch nicht an. Ein Erfolg der Realisierung ist aufgrund der ohnehin nahezu stattfin-denden Vollprüfung von Fällen mit einer Verweildauer knapp höher oder gleich der unteren Grenzverweildauer und de-ren Erfolgsquote sehr unwahrscheinlich. Zudem würde diese auch medizinisch und rechtlich sehr zweifelhafte Strate-gie freie Kapazitäten blockieren, die zur Behandlung neuer Fälle genutzt werden könnten. Auch im Hinblick auf die meist nicht schlechte Finanzierung der Kurzlie-ger kann eine solche Strategie nicht emp-fohlen werden.

Im Gegensatz zu allen anderen G-DRG des Fachgebiets bietet die G-DRG I97Z für die rheumatologische Komplexbehand-lung weder viel finanzielles Potenzial bei Verweildauerverkürzung noch viel finan-zielles Risiko bei längeren Verweildauern. Eine Verweildauerverkürzung ist nur bis zu der im OPS festgeschriebenen mini-malen Behandlungsdauer von 14 Tagen (=13 Belegungstagen, wenn durchgängig und am Entlassungstag noch behandelt wird) möglich. Hier ist ein maximaler Er-lös von etwa 378 € pro Belegungstag zu er-zielen, der damit deutlich unter den maxi-malen Erlösen anderer rheumatologischer DRG liegt. Allerdings sinkt der Erlös pro Belegungstag bei längerer Verweildauer auch nicht so stark ab, wie bei den ande-ren rheumatologischen G-DRG (minimal etwa 273 €). Der Langliegerzuschlag liegt mit etwa 322 € pro Tag ebenfalls deutlich höher als bei den anderen rheumatologi-schen G-DRG.

Bei den oben angestellten Berechnun-gen muss beachtet werden, dass der Bun-

Tab. 5 Glossar

Basisfallwert Preiskomponente in einem DRG-SystemMultipliziert mit der Bewertungsrelation ergibt sich der Rechnungsbetrag. Seit 2009 wird technisch innerhalb eines Bundeslands mit einem einheitlichen Basisfallwert (Landesbasisfallwert) abgerechnet. Der Bundesbasisfallwert ist eine rechnerisch ermittelte Größe, die in der Echtabrechnung jedoch nicht zum Einsatz kommt

Belegungstage Abrechnungstechnische VerweildauerBelegungstage sind nach § 1 Abs. 7 der Vereinbarung zum Fallpauschalen-system für Krankenhäuser (FPV) der Aufnahmetag zur vollstationären Be-handlung sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts ohne den Verlegungs- oder Entlassungstag aus dem Krankenhaus. Wird eine Patientin/ein Patient am gleichen Tag verlegt oder entlassen, gilt dieser Tag als Aufnah-metag und wird als ein Belegungstag berücksichtigt

Bewertungs-relation

Relativgewicht, relatives KostengewichtDimensionsloses Maß für den durchschnittlichen Aufwand der Behandlung einer DRG-Fallpauschale

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BSG Bundessozialgericht

Casemix Summe von Bewertungsrelationen

Casemix-Index (CMI)

Mittlere ökonomische FallschwereDurchschnittliche Bewertungsrelation (Casemix/Fallzahl)

CC „Complication or comorbidity“Weist in DRG-Bezeichnungen auf den PCCL hin (s. dort)

CCL Komplikations- und Komorbiditätsstufe („complication and comorbidity level“)Schweregradbewertung von einzelnen Nebendiagnosen

DKG Deutsche Krankenhausgesellschaft

DKR Deutsche Kodierrichtlinien

FPV FallpauschalenvereinbarungEnthält die Abrechnungsregeln und als Anhang den Fallpauschalen- und Zusatzentgeltkatalog

G-BA Gemeinsamer BundesausschussOberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in Deutsch-land. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetz-lichen Krankenversicherung. Darüber hinaus beschließt der G-BA Maßnahmen der Qualitätssicherung. Die gesetzliche Grundlage findet in § 92 SGB V

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

ICD-10-GM International Classification of DiseasesAnpassung der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (10. Revision) an die Erfordernisse der deutschen Abrechnungssysteme (German Modification)

InEK Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbHInstitut der Selbstverwaltungspartner, das für die Weiterentwicklung des G-DRG-Systems verantwortlich ist

KHEntgG Krankenhausentgeltgesetz

KHG Krankenhausfinanzierungsgesetz

KOBRA Kontinuierliches Outcome-Benchmarking in der rheumatologischen  AkutversorgungProfessionell moderierter Benchmarkingprozess, in dem nach Messung von Patientenzufriedenheit, Ergebnisqualität und anderen Qualitätskriterien gemeinsame Ziele für die rheumatologische Akutversorgung definiert und durch den gegenseitigen konstruktiven Austausch Lösungsmöglichkeiten zur Zielerreichung vermittelt werden

MDK Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

Normallieger Fälle mit einer Verweildauer zwischen den Grenzverweildauern der abzurech-nenden DRG: es kommt die Bewertungsrelation des Fallpauschalenkatalogs zur Abrechnung

189Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014  | 

Page 7: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

desbasisfallwert lediglich eine rechnerisch ermittelte Größe zur Ermittlung der Lan-desbasisfallwerte darstellt. Für die Bewer-tung der krankenhauseigenen Erlöse und Kostendeckungsbeiträge muss der jewei-lige Landesbasisfallwert zu Grunde gelegt werden. Ebenso sind neben den eigenen Kosten auch Mehrleistungsabschläge so-wie Erlösausgleiche zu berücksichtigen.

Relevante Änderungen bei den Zusatzentgelten

Bei den Zusatzentgelten (ZE) für Medi-kamente gab es keine bedeutenden Neue-rungen für die Rheumatologie. Die Be-wertungen bereits existierender ZE für in der Rheumatologie eingesetzte Biologi-ka gingen tendenziell geringfügig zurück. Deutlich ist der Preisverfall von über 13% beim Einsatz von Humanimmunglobulin. Die Preise für den Einsatz von Humanim-munglobulin schwanken seit je her stark zwischen den verschiedenen G-DRG-

Systemversionen. Die Gaben von Certo-lizumab, Golimumab, Belimumab, Uste-kinumab sowie Canakinumab konnten 2014 (noch) nicht in den Zusatzentgelt-katalog aufgenommen werden und müs-sen daher – sofern fristgerecht beantragt – 2014 erneut als NUB-Entgelte (Neue Un-tersuchungs- und Behandlungsmethoden [NUB]; § 6 Abs. 2 KHEntgG) verhandelt werden. Krankenhäuser, die ein NUB-Antrag für die subkutane Gabe von Ab-atacept gestellt haben, dürfen bis zur Ein-stiegsdosisklasse des Zusatzentgelts für die parenterale Gabe (ZE118 für Erwach-sene: 500 mg) eine Vergütung vereinba-ren [26]. Höhere Dosen werden mit dem ZE118 vergütet.

Keine relevanten Neuerungen in FPV, DKR, ICD-10-GM und OPS 2014

Es gab keine für die Rheumatologie rele-vanten Neuerungen in den Abrechnungs-

regeln (FPV 2014), den Kodierrichtlinien (DKR 2014) und den Klassifikationssyste-men ICD-10-GM 2014 sowie OPS.

Neue Gesetzgebung zu Fallprüfungen der Krankenkassen

Der Gesetzgeber hat in letzter Minu-te eine gesetzliche Neuordnung der Fall-prüfungen der Krankenkassen an das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überfor-derung bei Beitragsschulden in der Kran-kenversicherung angehängt (Änderung des § 17c KHG). Er beauftragt darin die Selbstverwaltungspartner (GKV-Spitzen-verband und Deutsche Krankenhausge-sellschaft [DKG]), Näheres zum Prüf-verfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (ver-dachtsabhängige Einzelfallprüfungen) zu regeln. Konkret werden in der Gesetzes-begründung der Zeitpunkt der Übermitt-lung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, das Verfahren zwi-schen Krankenkassen und Krankenhäu-sern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauf-tragung des MDK, der Zeitpunkt der Be-auftragung des MDK, die Prüfungsdau-er, der Prüfungsort und die Abwicklung von Rückforderungen genannt. Ob sich die Selbstverwaltungspartner tatsächlich auf konkrete Regelungen einigen können, ist fraglich. Kommt bis zum 31. März 2014 keine Vereinbarung zu Stande, trifft die Schiedsstelle die ausstehenden und dann für alle Beteiligten (Krankenkasse, Kran-kenhaus und MDK) unmittelbar verbind-lichen Entscheidungen.

Schlichtungsausschuss

Weiterhin soll ein Schlichtungsausschuss auf Bundesebene zur verbindlichen Klä-rung von Kodier- und Abrechnungsfra-gen von grundsätzlicher Bedeutung ge-bildet werden. Die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses sind dann auch bei der Vereinbarung der Kodierrichtli-nien und der Abrechnungsbestimmun-gen zu berücksichtigen. Der Schlichtungs-ausschuss auf Bundesebene kann so Be-wegung in die zum Teil seit Jahren fest-gefahrenen Verhandlungen der Selbstver-waltungspartner zu strittigen Kodier- und Abrechnungsfragen bringen.

Tab. 5 Glossar (Fortsetzung)

NUB Neue Untersuchungs- und BehandlungsmethodenAdditive Vergütungskomponente des G-DRG-Systems für Innovationen (nach § 6 Abs. 2 KHEntgG), die jährlich von jedem Krankenhaus individuell beim InEK beantragt werden muss

OPS Operationen- und Prozedurenschlüssel (nach § 301 SGB V)

Orientierungs-wert

Kostenstruktur und -entwicklung in den KrankenhäusernDer Orientierungswert wird jeweils zum 30. September eines Jahres (erstmals 2012) durch das Statistische Bundesamt veröffentlicht

PCCL Patientenbezogene klinische Komplexitätsstufe („patient clinical comple-xity level“)Schweregradbewertung eines Gesamtfalles basierend auf der Nebendiagno-senkodierung (s. auch CCL)

SGB V Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch

VBE Vereinbarung zur Bestimmung von Besonderen Einrichtungen nach § 17b Abs. 1 Satz 15 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)

Veränderungs-rate

Einnahmeentwicklung der gesetzlichen KrankenversicherungDie Veränderungsrate (der Grundlohnsumme) wird jeweils zum 15. Septem-ber eines Jahres durch das Bundesministerium für Gesundheit veröffentlicht. § 71 SGB V legt fest, dass die Vergütungen für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung so auszugestalten sind, dass keine Beitragssatzerhöhun-gen notwendig sind. Maßstab ist die Entwicklung der Grundlohnsumme, d. h. der Summe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der Sozialver-sicherung

Veränderungs-wert

Begrenzung der Entwicklung des LandesbasisfallwerteDer Veränderungswert ist ab 2013 durch die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene zu verhandeln und löst die Veränderungsrate ab. In den Ver-änderungswert geht neben der Veränderungsrate der durch das Statistische Bundesamt auf Basis empirischer Daten zu ermittelnde Orientierungswert ein

VRA Verband Rheumatologischer Akutkliniken e. V.

ZE ZusatzentgeltAdditive Vergütungskomponente des G-DRG-Systems für eng begrenzte Aus-nahmen. Kann zusätzlich zu einer G-DRG abgerechnet werden

190 |  Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014

Standpunkte

Page 8: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

Im Gegensatz zum Schlichtungsaus-schuss auf Bundesebene ist es unwahr-scheinlich, dass die auf Landesebene ebenfalls einzurichtenden Schlichtungs-ausschüsse den Zweck der Bürokratiever-meidung erzielen werden. Die Schlich-tungsausschüsse auf Landesebene sollen bei Dissens zwischen Krankenhaus und Krankenkassen die Ergebnisse der Prü-fungen nach § 275 Absatz 1c SGB V über-prüfen. Das Schlichtungsverfahren ist bei Streitbeträgen unter 2000 € zwingend vor Erhebung einer Klage vor dem Sozialge-richt durchzuführen. Das Schlichtungs-verfahren hemmt vermutlich die Verjäh-rung (§ 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB), allerdings muss dann nach misslungener Schlich-tung kurzfristig Klage eingereicht wer-den. Strittig ist noch, ob die Schlichtung einen Verwaltungsakt darstellt. Bei einem Verwaltungsakt wäre der Klagegegner der Schlichtungsausschuss und nicht die Krankenkasse (bzw. bei deren Klage das Krankenhaus).

Ein Problem stellt dar, dass die Schlich-tungsausschüsse in den meisten Bundes-ländern (noch) nicht existieren und auch perspektivisch nicht in der Lage sein wer-den, das Streitvolumen (inhaltlich-fach-lich) zu bearbeiten. Um die Hemmung der Durchsetzung von Ansprüchen durch Verjährung zu verhindern, muss daher notfalls trotzdem eine Klage vor dem zu-ständigen Sozialgericht eingereicht wer-den (mit Verweis auf das Grundgesetz).

Der GKV-Spitzenverband, die DKG und viele Landesverbände haben inzwi-schen den Gesetzgeber um eine Anpas-sung der Regelungen zu den Landesaus-schüssen gebeten. Es bleibt zu hoffen, dass die neue Regierung Einsicht zeigt.

Auffälligkeitsprüfungen

Zusätzlich werden durch die gesetzli-che Neuregelung die Selbstverwaltungs-partner mit der modellhaften Erprobung von Auffälligkeitsprüfungen auf Grund-lage der bundesdeutschen Leistungsdaten nach § 21 KHEntgG beauftragt. Die Auf-fälligkeitsprüfungen sollen auf statisti-schen Auffälligkeiten für sekundäre Fehl-belegungen, insbesondere an der unteren Grenzverweildauer, basieren. Nähere Ein-zelheiten für die Durchführung und Aus-wertung sind von den Selbstverwaltungs-

partnern bis zum 31. März 2014 zu ver-einbaren (Kriterien, Auswahl/Anzahl der teilnehmenden Krankenhäuser) und Er-gebnisse in einem gemeinsamen Bericht bis zum 31. März 2015 zu veröffentlichen.

Mit den gesetzlichen Neuregelung fal-len die alten Stichprobenprüfungen nach § 17c KHG weg.

Rechtsprechung zu Fallprüfungen der Kostenträger

Die Prüfquoten der Kostenträger sind unverändert hoch und belasten durch die Personalbindung weiterhin die Effizienz der Leistungserbringung. Neben den of-fiziellen Einzelfallprüfungen der Kran-kenkassen über den MDK auf Grundla-ge des § 275 SGB V etablieren sich zuneh-mend direkte Fallbesprechungen mit den Kostenträgern. Nach den aktuellen Daten der Frühjahrsumfrage 2013 von medinfo-web [27] resultiert damit eine gewichte-te Gesamtprüfungsquote von 21% für das Jahr 2012.

Neben dem Gesetzgeber und den Part-nern der gemeinsamen Selbstverwaltung gestalten zunehmend die Gerichte die Kodierung und Abrechnung im G-DRG-System sowie die Rahmenbedingungen der Fallprüfungen mit. Im Jahr 2013 ist eine Vielzahl von Urteilen ergangen, de-ren Entscheidungen für viele Anwender überraschend waren und nicht immer die Intentionen des Gesetzgebers und der Selbstverwaltungspartner widerspiegel-ten. Die Gerichte nehmen damit als weite-re, unabhängige Systemgestalter verstärkt Einfluss auf die Krankenhausfinanzie-rung. Die Vielzahl der Urteile zum Prüf-verfahren nach § 275 SGB V sind im Hin-blick auf die von den Selbstverwaltungs-partnern nach § 17c KHG neu zu verein-barenden Regularien vermutlich nur von zeitlich befristeten Einfluss.

Bemerkenswert ist jedoch, dass das Bundessozialgericht (BSG) die überwie-gend praktizierten Potenzialprüfungen der Kostenträger als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig eingestuft hat [28]:

„Rechtsmissbräuchlich im dargestellten Sinn ist aber ein Prüfverhalten, das nicht von der einzelnen Abrechnung bzw der in ihr festzustellenden Auffälligkeit gelei-tet ist, sondern unabhängig davon und

systematisch eine Vielzahl von Abrech-nungsfällen einem Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zuführt, weil sie ein abstraktes Kürzungspotenzial enthal-ten. Zu denken ist hier z. B. an die syste-matische Prüfung von Abrechnungen, weil ihnen eine stationäre Behandlungsdauer an der unteren Grenzverweildauer zugrunde liegt und damit DRG-System bedingt ein hohes Kürzungspotenzial für den Fall be-steht, dass die Prüfung des Medizinischen Dienstes zu dem Ergebnis kommt, erfor-derlich iS des § 39 SGB V und damit aus-reichend sei eine stationäre Behandlung unterhalb der unteren Grenzverweildau-er gewesen“.

„Liegt keine Auffälligkeit im dargeleg-ten Rechtssinne vor, kann und muss der MDK bei einem solchen, auf bloß ver-meintliche Auffälligkeiten gestützten Auf-trag die Krankenkasse hierauf verweisen und den Auftrag ggf ablehnen“.

„Das Krankenhaus darf die Heraus-gabe von dennoch angeforderten Kran-kenbehandlungsunterlagen, die über das für die Abrechnung Erforderliche (vgl. § 301 SGB V) hinausgehen, unter Hin-weis auf das Fehlen von Auffälligkeiten verweigern“.

Inwiefern die Verweigerung der Mit-wirkung jedoch erfolgversprechend sein könnte, muss im Hinblick auf die häufig abweichende Rechtsprechung des 1. Se-nats des BSG kritisch hinterfragt werden. Dennoch könnte es für Krankenhäuser sinnvoll sein, im Gerichtsverfahren – trotz der Entscheidung eines Einzelfalls – auch auf die hohen Prüfquoten und die syste-matischen sowie verdachtsunabhängigen Prüfalgorithmen des betreffenden Kos-tenträgers zu verweisen.

Das BSG hat in Bezug auf die mul-timodale Schmerztherapie (OPS-Klas-se 8-918) Kriterien aufgestellt, die für die ärztliche Behandlungsleitung gelten und so vermutlich auch auf die rheumatologi-schen Komplexbehandlungen (OPS-Klas-se 8-983 und 8-986) übertragbar sind [29]. Der Verantwortliche i. S. des OPS-Kodes muss dabei nicht unbedingt der Chefarzt der jeweiligen Abteilung des Krankenhau-ses sein. Wird die Behandlungsleitung je-doch delegiert, so kann dies nur an einen an demselben Krankenhaus tätigen und dem Chefarzt zugeordneten Arzt über-

191Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014  | 

Page 9: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

tragen werden, der die Komplexbehand-lung in ihrer gesamten Bandbreite leitet sowie überwacht und dazu regelmäßig montags bis freitags mindestens halbtäg-lich im Hause sein muss. Zusätzlich bestä-tigt das BSG nochmals, dass auch der Ent-lassungstag, der nicht in die Berechnung der abrechnungstechnisch wichtigen Be-legungstage eingeht, als Behandlungstag gewertet werden darf.

Des Weiteren sei noch auf die zum Teil sehr überraschende Rechtsprechung des BSG zu vor- und nachstationären Be-handlungen [30] und zur Begründungs-pflicht für Krankenhäuser bei stationären Aufnahmen hingewiesen [31].

Zusammenfassung und Ausblick

Die wirtschaftliche Lage der Kranken-häuser hat sich in den letzten Jahren ver-schlechtert. Im Jahr 2012 hat jedes zwei-te Allgemeinkrankenhaus in Deutsch-land Verluste gemacht und die Erwartun-gen für die Jahre 2013 und 2014 fallen eher pessimistisch aus [32]. Mit Blick auf die Pläne der neuen Regierung [33] und die Erwartungen der Kostenträger [15] ist auch nicht von einer nachhaltigen fi-nanziellen Entlastung auszugehen. Eine zunehmend komplexer gestaltete Kran-kenhausfinanzierung zieht auch immer höhere Verwaltungsaufwände nach sich, die aus den von der Solidargemeinschaft bereitgestellten Ressourcen mitfinan-ziert werden müssen.Positiv ist zu bewerten, dass von der Re-gierung und den Kostenträgern verstärkt qualitative Aspekte in den Vordergrund gerückt werden. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, sofern die Qualitätsdiskussion ernsthaft und nicht primär aus Gründen der Rationalisierung über Marktbereini-gung oder zur Durchsetzung von wirt-schaftlichen Interessen und der Markt-macht großer Krankenkassen durch Ein-zelverträge geführt wird. Der VRA und die im VRA organisierten Kliniken ha-ben sich seit langem zu stetigen Quali-tätsverbesserungen bekannt und die-se nachhaltig gefördert [9-14]. Die akuts-tationäre Rheumatologie braucht daher eine Diskussion um die Qualität nicht zu fürchten. Die meisten VRA-Kliniken dürf-ten gut vorbereitet sein.

Korrespondenzadresse

Dr. W. FioriDRG-Research-Group, Medizinisches Management, Universitätsklinikum MünsterDomagkstr. 20, 48129 Mü[email protected]

Interessenkonflikt. H.-J. Lakomek, K. Buscham und A.-K. Fuchs geben an, dass kein Interessenkonflikt be-steht. W. Fiori führt selbständig und als Mitglied der DRG-Research-Group Schulungen, Beratungen und Gutachtertätigkeiten für eine Vielzahl von unterschied-lichen Akteuren im Gesundheitswesen durch. H. Leh-mann hat Vortragshonorare der Fimen Pfizer, Novar-tis und abbvie erhalten; zusätzlich eine Kongressreise-beihilfe der Firma medac. Eine Forschungsförderung erfolgte durch die Firma Wyeth (inzwischen von Pfizer übernommen). Das maximale Vortragshonorar betrug 2000 € (Vortrag im Ausland). N. Roeder gibt Beratungs-honorare der Firma Roche an.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

1. Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Kran-kenhäuser für das Jahr 2014 (Fallpauschalenver-einbarung 2014 – FPV 2014) mit dem Fallpauscha-len- und Zusatzentgeltkatalog als Anlagen. http://www.g-drg.de. Zugegriffen: 10.02.2014

2. Deutsche Kodierrichtlinien 2014. http://www.g-drg.de. Zugegriffen: 10.02.2014

3. Vereinbarungen zur Bestimmung von Besonde-ren Einrichtungen für das Jahr 2014 (VBE). http://www.g-drg.de. Zugegriffen: 10.02.2014

4. Deutsches Institut für Medizinische Dokumen-tation und Information (DIMDI): Klassifikations-systeme ICD-10-GM und OPS 2014. http://www.dimdi.de/static/de/klassi/index.htm. Zugegriffen: 10.02.2014

5. Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK GmbH): Abschlussbericht „Weiterent-wicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2014“, Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen, Teil I: Projektbericht, Siegburg, 18. Dezember 2013. http://www.g-drg.de. Zugegriffen: 10.02.2014

6. Bundesministerium für Gesundheit: Bekanntma-chung über die auf der Grundlage der vierteljähr-lichen Rechnungsergebnisse der Krankenkassen und des Gesundheitsfonds festzustellende durch-schnittliche Veränderungsrate der beitragspflich-tigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkas-sen je Mitglied nach § 71 Absatz 3 des Fünften Bu-ches Sozialgesetzbuch vom 06.09.2013, BAnz AT 13.09.2013 B2

7. Statistische Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 327 vom 30.09.2013. http://www.destatis.de/DE/Pres-seService/Presse/Pressemitteilungen/2013/09/PD13_327_231.html. Zugegriffen: 10.02.2014

8. Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsfor-schung: Wissenschaftliche Untersuchung zu den Ursachen unterschiedlicher Basisfallwerte der Län-der als Grundlage der Krankenhausfinanzierung. Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministe-riums für Gesundheit. http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-projekt-berichte/PB_LBFW_Endbericht.pdf. Zugegriffen: 10.02.2014

9. Lakomek H-J, Braun J, Gromnica-Ihle E et al (2011) Neufassung der Strukturqualität der akut-stationä-ren Rheumatologie – ein zukunftsweisendes Pro-jekt. Z Rheumatol 70:615–619

10. Michels H, Ganser G, Dannecker G et al (2006) Strukturqualität von kinder- und jugendrheuma-tologischen Akutkliniken und – abteilungen. Pro-jektgruppenarbeit der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) und des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken (VRA). Z Rheu-matol 65:315–326

11. Küttner T, Lakomek H-J, Hülsemann JL, Roeder N (2007) Klinische Behandlungspfade in der Inneren Medizin – Am Beispiel der akut-stationären Rheu-matologie. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln

12. Lakomek H-J, Hülsemann JL, Küttner T et al (2007) Klinische Behandlungspfade in der akut-stationä-ren Rheumatologie – ein strukturiertes Prozessma-nagement. Z Rheumatol 66:247–254

13. Roeder N, Lakomek H-J (2011) Outcome Bench-marking in der rheumatologischen Akutversor-gung (obra) – Projekt des Verbandes Rheumato-logischer Akutkliniken (VRA e. V.). Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes 105:322–416

14. Lakomek H-J, Krause A (2011) Treat-to-Target (T2T) aus der Sicht der stationären Rheumatologie. Z Rheumatol 70:656–663

15. 14 Positionen für 2014. Reform der Krankenhaus-versorgung aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes beschlossen vom Verwaltungsrat am 4. Septem-ber 2013. http://www.gkv-spitzenverband.de/me-dia/dokumente/presse/publikationen/Positions-papier_1414_Reform_Krankenhausversorgung_web_barrierefrei.pdf. Zugegriffen: 10.02.2014

16. Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK GmbH): Informationen nach §6 Abs. 2 KHEntgG für 2013: Neue Untersuchungs- und Be-handlungsmethoden. http://www.g-drg.de. Zuge-griffen: 10.02.2014

17. Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK GmbH): Übersicht über die CCL-Mat-rix-Änderungen für das Jahr 2014. http://www.g-drg.de. Zugegriffen: 10.02.2014

18. Fiori W, Lakomek H-J, Buscham K et al (2012) Kran-kenhausfinanzierung 2012 – Relevantes für die In-ternistische Rheumatologie. Z Rheumatol 71:231–240

19. Fiori W, Liedtke-Dyong A, Lakomek H-J et al (2011) Krankenhausfinanzierung 2011 – Relevantes für die Rheumatologie. Z Rheumatol 70:245–254

20. Fiori W, Liedtke-Dyong A, Lakomek H-J et al (2010) Das DRG-System 2010 – Relevantes für die Rheu-matologie. Z Rheumatol 69:263–273

21. Fiori W, Liedtke-Dyong A, Lakomek H-J et al (2009) Das DRG-System 2009. Relevantes für die Rheuma-tologie. Z Rheumatol 6:498–509

22. Fiori W, Lakomek H-J, Buscham K et al (2008) Das G-DRG-System 2008. Relevante Neuerungen für die Rheumatologie. Z Rheumatol 3:241–251

23. Institut für das Entgeltsystem im Kranken-haus GmbH (InEK GmbH): Report-Browser der Kostenkalkulationsdaten G-DRG V2009/2011, V2010/2012 und V2011/2013, V2012/2014. http://www.g-drg.de. Zugegriffen: 10.02.2014

24. Vortrag Dr. Heimig beim VRA-Workshop am 25.11.2013 in Köln

25. Fiori W, Bunzemeier H, Roeder N (2012) Diskus-sionsbeitrag zur Kalkulation von Kurzliegern im G-DRG-System. Krankenhaus 4:320–328

192 |  Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014

Standpunkte

Page 10: Krankenhausfinanzierung 2014; Hospital financing in 2014;

26. Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK GmbH): Aktuelle Aufstellung der In-formationen nach § 6 Abs. 2 KHEntgG für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden für 2014 vom 30.01.2014. http://www.g-drg.de. Zuge-griffen: 10.02.2014

27. Thieme M (2013) MDK-Prüfung in deutschen Krankenhäusern – Bestandsaufnahme 2012 – Trend 2013, Ergebnisse der Frühjahrsumfrage 2013. http://www.medinfoweb.de. Zugegriffen: 10.02.2014

28. Bundessozialgericht (BSG): Urteil vom 16.5.2013, Az. B 3 KR 32/12 R

29. Bundessozialgericht (BSG): Urteil vom 18.07.2013, Az. B 3 KR 7/12 R

30. Bundessozialgericht (BSG): Urteile vom 17.09.2013, Az.. B 1 KR 2/12 R, B 1 KR 21/12 R, B 1 KR 67/12 R B 1 KR 66/12 R und B 1 KR 51/12 R (an-ders hingegen: Urteil des BSG vom 17.07.2013, Az. B 6 KA 14/12 R)

31. Bundessozialgericht (BSG): Urteile vom 21.03.2013 (B 3 KR 28/12 R) und vom 16.05.2012 (Az. B 3 KR 14/11 R)

32. Blum K, Löffert S, Offermanns M, Steffen P (2013) Deutsches Krankenhausinstitut: Krankenhaus Ba-rometer. https://www.dki.de/sites/default/files/downloads/krankenhaus_barometer_2013.pdf. Zugegriffen: 10.02.2014

33. Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 18. Legislaturperio-de. http://www.tagesschau.de/inland/koalitions-vertrag136.pdf. Zugegriffen: 10.02.2014

J. Hacker (Hrsg.)Nova acta LeopoldinaNachhaltigkeit in der WissenschaftStuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesell-schaft 2013, 128 S., 20 Abb., 1 Tab., (ISBN 978-3-8047-3188-2), 21.95 EUR

Dieser kleine Band der Deutschen Akade-

mie der Naturforscher Leopoldina gibt die

Vorträge und Ergebnisse eines eintägigen

Workshops der Akademie wider, welcher

mit 16 führenden Wissenschaftlern als Vor-

tragende oder Moderatoren im November

2012 in Berlin stattfand. Die Beiträge gliedern

sich in drei Teile: Erforschung der Nachhaltig-

keit, nachhaltig forschen und nachhaltige

Forschung. Das Zitat „Das Wissen muss dem

kausalen Ausmaß unseres Handelns größen-

gleich sein!“ verdeutlicht die Verantwortung

der Forschung in unserem technologischem

Zeitalter und gibt den Hinweis, dass dieser

Band für die Forschungsstrategie einer jeden

Wissenschaftsdisziplin den philosophischen

Rahmen absteckt, und somit auf ein breites

Interesse stoßen sollte.

Die einleitenden Überlegungen begründen

die Betonung der Nachhaltigkeit (sustaina-

bility) mit dem Eintritt in eine geologische

Epoche des „Anthropozän“, in der die Ver-

änderungen in der Natur „Mensch-dominiert“

bewirkt sind. Auf den ersten Blick mag dies

für die Medizin nicht primär bedeutend sein.

Betroffen von dieser „großen Transformation“

ist aber die Wissenschaft als Ganzes.

An vielen Punkten wird von den einzelnen

Autoren die dominante Ökonomisierung der

Wissenschaft analysiert, Fehlentwicklungen

aufgezeigt und Lösungsvorschläge vor-

getragen. Ein Aspekt ist das Spannungsfeld

zwischen Grundlagenforschung und ange-

wandter Forschung. Es wird analysiert, dass

angewandte Forschung einen Beitrag zum

fundamentalen Verständnis leisten kann. Spä-

testens hier wird deutlich, dass dies auch für

den Forschenden in der Medizin interessant

ist: schneller technischer Fortschritt, rasanter

Erkenntnisgewinn in der Molekulartechno-

logie, Gentechnik, Nanotechnik, funktional-

bezogene Individualmedizin. Ein weiterer

Beitrag betont die Notwendigkeit des diskur-

siven Wissenstransfers (nachhaltige Transfor-

mationsprozesse) und die damit verbundene

Überzeugungsarbeit, neue Ergebnisse auch

berufspolitisch und gesellschaftspolitisch

wirksam werden zu lassen. Hierfür sind eige-

Buchbesprechungen

ne Kompetenzstrukturen für die Aus- und

Weiterbildung gefragt, welche die Fähigkei-

ten und das Wissen weitergeben.

Die klaren analytischen Aussagen und Folge-

rungen sind höchst aufschlussreich und inte-

ressant. Die einzelnen Beiträge ergänzen sich

gegenseitig und spiegeln ein abgerundetes

Bild gegenwärtiger und zukunftsorientierter

Forschungsphilosophie wider.

Der vorliegende Band der „Leopoldina“ ist

für Entscheidungsträger bei der Planung und

Führung von Forschungsprojekten zu emp-

fehlen. Auch für die Arbeit in den Vorständen

wissenschaftlicher und berufspolitischer

Organisationen und in Herausgebergremien

ist das Werk vorteilhaft, sowie für die Leser

wissenschaftlicher Zeitschriften als Akteure

außerhalb des genuin wissenschaftlichen

Umfeldes.

L. Beyer (Jena)

193Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014  |