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Gruß ans Krankenbett Monatsblatt der katholischen Kirche (nicht nur) für kranke Menschen März 2013 Zeit zum Innehalten Zeit zum Nachdenken Impressum: Medieninhaberin, Herausgeberin: Krankenhaus- und Pflegeheimseelsorge der Erzdiözese Wien Herstellung: Buons & Druck H. Schmitz, 1200 Wien; Auflage: 4.700 Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Christoph Schmitz; Redakon: Rosemarie Hermann Alle: 1010 Wien, Stephansplatz 6/6/634, Tel.: 01 51 552-3369, Fax: 2118, Email: [email protected] Bilder: Pixelbube/fotolia; Randy Hines/Fotolia; Böhringer/wikimedia; Thomas Böhme/Fotolia; Go, du hast mich erforscht und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken. Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen. Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Muer. Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke. Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen. Deine Augen sahen, wie ich entstand, in deinem Buch war schon alles verzeichnet; meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war. Psalm 139, 1-3; 13-16

Krankenhausseelsorge gruss ans krankenbett 0313

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Page 1: Krankenhausseelsorge gruss ans krankenbett 0313

G r u ß a n s K r a n k e n b e t t

Monatsblatt der katholischen Kirche(nicht nur) für kranke Menschen

März 2013

Zeit zum Innehalten

Z e i t z u m N a c h d e n k e n

Impressum: Medieninhaberin, Herausgeberin: Krankenhaus- und Pfl egeheimseelsorge der Erzdiözese WienHerstellung: Butt ons & Druck H. Schmitz, 1200 Wien; Aufl age: 4.700 Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Christoph Schmitz; Redakti on: Rosemarie HermannAlle: 1010 Wien, Stephansplatz 6/6/634, Tel.: 01 51 552-3369, Fax: 2118, Email: [email protected]: Pixelbube/fotolia; Randy Hines/Fotolia; Böhringer/wikimedia; Thomas Böhme/Fotolia;

Gott , du hast mich erforscht und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken.Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen.

Denn du hast mein Inneres geschaff en, mich gewoben im Schoß meiner Mutt er.Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast.

Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke.Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen.

Deine Augen sahen, wie ich entstand, in deinem Buch war schon alles verzeichnet; meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war.

Psalm 139, 1-3; 13-16

Page 2: Krankenhausseelsorge gruss ans krankenbett 0313

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ein Ort des Innehaltens.

Nicht selten vergleiche ich meinen täg-lichen Dienst als Seelsorgerin im Kran-kenhaus mit dem Besuch einer großen Bibliothek. Die vielen Menschen, die hier auf Heilung hoffen und die hier einen Teil ihres Lebens verbringen, kommen mir als „lebende Bücher“ entgegen.

Frau P. treffe ich allein in ihrem Zimmer an, sie sitzt auf ihrem Bett. Frau P. ist eine sehr zarte Frau mit wa-chen, dunklen Augen und einem auf-merksamen Blick.Sie erzählt mir, sie verkürze sich ihre Zeit des Wartens auf die Visite oder auf das Essen oder auf Besuch mit Nachdenken. Manchmal auch mit Beten. Und manch-mal vermischen sich Denken, Beten und Schlafen. Das tue ihr gut. Wo sie doch zu sonst nichts mehr fähig sei…

Ich frage mich, würde ich diese Zeit des Wartens, die vermutlich auch eine Zeit des Bangens ist, nützen können, um innezuhalten?

Würde ich erfahren, dass das Wesentli-che ein Geschenk ist, dass ich weit mehr als meine Leistung bin?

Und würde ich z. B. draufkommen,dass ich etwas erwarten darf, ohne et-was dafür tun zu müssen?

Frau P. merkt an, dass sie Zeit ihres Le-bens nur selten die Muße gefunden hat, den Sinn ihres Daseins zu betrachten. „Da musste erst diese schwere Krankheit kommen, dass dafür Platz ist!“ Sie merkt an, dass es ihr nicht immer leicht fällt, dieses Nachdenken über das Erlebte – einiges würde sie jetzt anders machen, vor allem die dunklen Seiten würde sie gern herausreißen aus ihrem Lebensbuch.„In erster Linie bin ich jedoch dankbar dafür, dass ich für alle Aufgaben und Schicksalsschläge in meinem Leben immer die notwendige Kraft geschenkt bekommen habe. Das wird sich ja jetzt nicht ändern! Außerdem bin ich ganz schön neugierig, was da noch kommen wird…“

Frau P. lächelt mich an. Wir werden bei-de still. Im Moment gibt es nichts mehr zu sagen.Beim Verlassen des Zimmers denke ich mir, glücklich der Mensch, der den Stun-

den des unsicheren Wartens solch eine Sinnfülle entlocken kann!

Innehalten ist Atemholen für die Seele

Kleine Übungen des Innehaltens:

• Die Augen schließen, um klarer zu sehen.

• Die Augen schließen, um nach in-nen zu schauen.

• Mich mit der eigenen Lebenskraft beschäftigen, sie überhaupt erst erkennen.

• Mich leibhaftig spüren.• Nicht erstaunt sein, wenn die eige-

nen Lebensentwürfe ins Wanken geraten.

• Langsamer werden – das ist heutzu-tage ja geradezu revolutionär!

• Wahrzunehmen, was ist, ohne es zu bewerten.

• Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Wer bin ich jetzt? Wie geht es mir jetzt?

Martha Plößnig Seelsorgerin im Landesklinikum Weinviertel Mistelbach

Über viele Jahre,unter großen Kosten,reiste ich durch viele Länder,sah die hohen Berge,die Ozeane.

Nur, was ich nicht sah,war der glitzernde Tautropfen im Gras vor meiner Tür

Rabindranath Tagore

„Wer nicht zu sich selbst gelangt, der findet Gott nicht“Edith Stein