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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

Inhaltsverzeichnis

1� Bedeutung des Klimaschutzes .......................................................................... 1�1.1� Gefahren des Klimawandels ................................................................................ 1�

1.2� Entwicklung des Klimaschutzregimes ................................................................ 7�

1.3� Handlungsspielräume der Landesregierung .................................................... 11�

2� Vision: Niedrigemissionsland Baden-Württemberg ...................................... 15�2.1� Ausgangspunkt: Emissionsentwicklung in Baden-Württemberg ................... 15�

2.2� Ziel für 2050: Zwei Tonnen CO2-eq pro Kopf .................................................... 19�

2.3� Zwischenziele ..................................................................................................... 21�

2.4� Sektorale Ziele .................................................................................................... 23�

3� Klimaschutzmaßnahmen in einzelnen Sektoren ........................................... 25�3.1� Energiewirtschaft ............................................................................................... 25�

3.2� Industrie und Gewerbe ....................................................................................... 83�

3.3� Private Haushalte und öffentlicher Sektor ...................................................... 107�

3.4� Verkehr .............................................................................................................. 131�

3.5� Emissionen aus industriellen Prozessen, Produktanwendungen und aus der Gewinnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen ................ 155�

3.6� Land- und Forstwirtschaft sowie Landnutzung ............................................. 161�

3.7� Abfallwirtschaft ................................................................................................ 181�

4� Klimaschutzmaßnahmen in Querschnittbereichen ...................................... 193�4.1� Vorbildwirkung der Landesregierung ............................................................. 193�

4.2� Kommunaler Klimaschutz ............................................................................... 197�

4.3� Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit ............................................ 205�

4.4� Klimafreundliches Wirtschaften ...................................................................... 215�

4.5� Umweltgerechter Klimaschutz ........................................................................ 223�

4.6� Forschung und Entwicklung ........................................................................... 229�

5� Monitoring des KSK 2020PLUS Baden-Württemberg .................................. 233�5.1� Die Struktur des Monitoring ............................................................................ 233�

5.2� Überwachung der THG-Einsparungen ............................................................ 234�

5.3� Überwachung anderer quantitativer Zielvorgaben auf Maßnahmenebene .. 235�

5.4� Umsetzungsgrad der einzelnen Maßnahmen (Nachverfolgung) ................... 235�

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1 Bedeutung des Klimaschutzes

1.1 Gefahren des Klimawandels

Die Existenz einer von Menschen hervorgerufenen Veränderung des Klimas ist mittlerweile eine weitgehend allgemein akzeptierte Tatsache. Der 2007 erschienene vierte Sachstands-bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Pa-nel on Climate Change - IPCC) dokumentiert den nahezu einhelligen Konsens der Wissen-schaft darüber, dass sich das Weltklima erwärmt und der Mensch hierzu maßgeblich bei-trägt.

Hauptursache für die weltweite Erwärmung ist die Verbrennung fossiler Energieträger und der damit verbundene Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Die Treibhausgase in der Atmosphäre lassen die Sonnenstrahlung passieren, halten aber die von der Erde aus-gehende Wärmestrahlung zurück, so dass nahe der Erdoberfläche eine Art „Wärmestau“ entsteht. Der natürliche Treibhauseffekt ist lebensnotwendig, ohne ihn wäre die Erde ge-froren. In den letzten 1.000 Jahren stand die Erde so in einem relativ stabilen thermischen Gleichgewicht. Die globale Temperatur schwankte bis in jüngere Zeit nur um wenig mehr als ein halbes Grad und auch innerhalb der vergangenen 10.000 Jahre lediglich um ± 1 Grad. Der natürliche Treibhauseffekt wird jedoch seit Beginn der Industrialisierung durch den zu-sätzlichen Ausstoß von Treibhausgasen verstärkt.

Hauptursache des Anstiegs ist der Einsatz fossiler, d.h. kohlenstoffhaltiger Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas, bei deren Verbrennung CO2-Emissionen an die Atmosphäre abge-geben werden. Auch dauerhafte Waldrodungen und der Umbruch von Ackerland tragen zum Anstieg der CO2-Konzentration bei. Daneben beeinflussen weitere Treibhausgase wie Me-than (CH4) und Lachgas (N2O) das Klima. Sie entstehen vor allem in der Landwirtschaft und bei Industrieprozessen. In den letzten 10.000 Jahren, also während der derzeit andauernden Warmzeit, betrug die Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre etwa 280 ppm (parts per million). Seit Beginn der Industrialisierung ist sie auf knapp 390 ppm anges-tiegen. Damit hat der CO2-Gehalt der Atmosphäre den höchsten Wert seit 700.000 Jahren erreicht. Wahrscheinlich lag der Wert sogar seit mehreren Millionen Jahren niemals annä-hernd so hoch wie heute.

1.1.1 Bereits beobachtete Klimaänderungen

Als Folge des erhöhten Gehalts an Treibhausgasen in der Atmosphäre steigt die Temperatur weltweit an. Elf der zwölf Jahre zwischen 1995 und 2006 gehören zu den zwölf wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnung Mitte des 19. Jahrhunderts. Insgesamt ist die globale Mitteltemperatur über die letzten 100 Jahre um 0,76 Grad angestiegen, wobei die Erwärmung in den letzten 50 Jahren fast doppelt so schnell voranschreitet wie über die ge-samten 100 Jahre. Hinter diesem Durchschnittswert verbergen sich große regionale und sai

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sonale Unterschiede: So fällt die Erwärmung an den Polen deutlich stärker aus als in den Tropen und die Wintertemperaturen steigen im Schnitt stärker an als die Sommertempera-turen.

Erste Folgen der Erderwärmung lassen sich weltweit beobachten: Niederschlagsmuster und auch die Niederschlagsmengen verändern sich und ein Großteil der Gletscher verliert an Masse. Zu den sichtbaren Auswirkungen gehören außerdem der Rekordrückgang des arkti-schen Meereises im Jahr 2007, auftauende Permafrostböden und anhaltende Dürren im Westen der USA, in Australien und der afrikanischen Sahelzone. Auch in Europa mehren sich die Anzeichen des voranschreitenden Klimawandels und der damit einhergehenden Schäden. So verschiebt sich der Frühlingsanfang kontinuierlich nach vorn, die steigende Schneefallgrenze in den Alpen führt in den betroffenen Skigebieten zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Temperaturen im Sommer erreichen bisher unbekannte Höchst-werte.

Eine weitere Folge der Erwärmung ist der Anstieg des Meeresspiegels. Insgesamt ist der Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um ca. 17 cm angestiegen. Seit 2000 hat sich diese Ent-wicklung beschleunigt: Satellitenmessungen zeigen für das vergangene Jahrzehnt einen Anstieg von 3 cm, während der Anstieg im 20. Jahrhundert weltweit noch bei 1,5 – 2,0 cm pro Jahrzehnt lag.

1.1.2 Zukünftige Auswirkungen des Klimawandels weltweit

Jüngste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass der Klimawandel schneller voran-schreitet und größere Auswirkungen zeitigt, als bisher angenommen. Der Grund dafür ist zum einen, dass die globalen Treibhausgasemissionen seit 2000 deutlich schneller anstei-gen als noch in den 1990er Jahren. Aufgrund des starken Wirtschafts- und Bevölkerungs-wachstums hat sich die Geschwindigkeit nahezu verdreifacht. Kann der Anstieg nicht be-grenzt werden, droht nach neuesten Berechnungen eine Erwärmung zwischen 3 und 7 Grad bis 2100.

Auf der anderen Seite deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass der Erwärmungstrend bisher durch Luftpartikel abgebremst wird, die das Sonnenlicht reflektieren. Dadurch ist ein Verzögerungseffekt entstanden, der nach der weltweiten Einführung von Luftreinhaltungs-maßnahmen wegfallen könnte. Einen ähnlichen Puffereffekt haben die Ozeane und Wälder, die einen Teil der von Menschen verursachten CO2-Emissionen aufnehmen. Es vermehren sich jedoch die Anzeichen dafür, dass die Aufnahmekapazität der Ozeane bei höheren Emissionen nachlassen könnte – die Folge wäre, dass der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre schneller ansteigt, auch wenn die Emissionen auf gleichem Niveau bleiben. Schließlich zeigen die bereits beobachtbaren Folgen der Klimaveränderungen, insbesondere der Meeresspiegelanstieg und der Rückgang des arktischen Meereises, dass einzelne Ele-mente des Klimasystems stärker auf den Temperaturanstieg reagieren als in der Vergangen-heit angenommen wurde. Nach neuesten Erkenntnissen könnten zudem bei Erreichen be-stimmter Stellenwerte unumkehrbare Veränderungen in einzelnen Ökosystemen auftreten, die das Leben auf der Erde grundlegend verändern würden.

Diese Beobachtungen unterstreichen die Bedeutung des EU-Ziels, den Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Zwar kann auch die Erreichung dieses Ziel weitreichende Schäden für Menschen und Umwelt nicht vollstän-

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dig verhindern. Eine Erwärmung über 2 Grad wäre aber aller Voraussicht nach mit unkalku-lierbaren Risiken für das Zusammenleben der Weltbevölkerung verbunden.

Für viele Regionen außerhalb Europas wird der Klimawandel sehr viel stärkere Belastungen mit sich bringen als in Europa. Dies liegt zum einen an den ungünstigeren Auswirkungen der Klimaänderungen in diesen Ländern, vor allem aber daran, dass wirtschaftlich schwächere Länder über geringere Ressourcen zur Abfederung negativer Auswirkungen verfügen.

So zeigen die Klimabeobachtungen schon heute, dass insbesondere im Sahel, im Mittel-meerraum, im südlichen Afrika und in Teilen von Südasien die Trockenheit zunimmt – eine Entwicklung, die sich aller Voraussicht nach in den nächsten Jahrzehnten verstärken wird.

Erhebliche Risiken entstehen zudem durch den erwarteten Anstieg des Meeresspiegels. Der IPCC geht in seinem Bericht von 2007 davon aus, dass der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts um 0,18 bis 0,59 m ansteigen könnte – je nachdem wie hoch die Treib-hausgasemissionen ausfallen. Neuere Schätzungen gehen sogar von einem Anstieg um bis 1,40 m aus. Durch den Meeresspiegelanstieg entstehen erhebliche Risiken für die bevölke-rungsreichen Küstenregionen und für niedrigliegende Inseln. Schätzungen zufolge lebt rund ein Fünftel der Weltbevölkerung weniger als 30 km vom Meer entfernt. Auch die meisten Großstädte der Welt liegen am Meer. Da die Attraktivität von Städten ungebrochen ist, wird der Anteil der Weltbevölkerung in Küstennähe auch in Zukunft weiter ansteigen. Vor allem in den asiatischen Flussdeltas und in den niedrig gelegenen Küstenregionen Asiens und Afri-kas dürften Millionen von Menschen von Überschwemmungen, Grundwasserversalzung und Küstenabbruch bedroht sein.

Gleichzeitig werden Küstengebiete auch durch Sturmfluten und intensivere tropische Wirbel-stürme bedroht. Beobachtungen und Modellrechnungen sprechen dafür, dass ein Anstieg der tropischen Meerestemperaturen zwar nicht die Anzahl von Wirbelstürmen erhöhen wird, wohl aber deren Stärke, so dass mit höheren Schäden zu rechnen ist.

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für globale Umweltfragen geht davon aus, dass diese Entwicklungen Ursache neuer Migrationsströme sein werden und regionale Konf-likte verschärfen können. Sofern der Erderwärmung kein Einhalt geboten wird, könnte die globale Klimaveränderung daher auch zu einem Sicherheitsrisiko werden. Die Vereinten Na-tionen tragen dieser Gefahr Rechnung: Im April 2007 diskutierte der UN-Sicherheitsrat zum ersten Mal über den Klimawandel und dessen mögliche Folgen für die internationale Sicher-heit.

1.1.3 Zukünftige Auswirkungen des Klimawandels in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg gehört zu den von den Klimaveränderungen am stärksten betroffenen Gebieten Deutschlands. In den letzten 100 Jahren ist die Temperatur in Baden-Württemberg im Durchschnitt um mehr als 1 Grad angestiegen und dieser Trend wird sich aller Voraus-sicht nach zukünftig fortsetzen oder sogar noch verstärken.

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Studien, die die regionalen Auswirkungen des Klimawandels für Baden-Württemberg bis zum Jahr 2055 bzw. für Deutschland bis zum Jahr 2100 anhand von Modellen prognostizieren, zeigen klar, dass die Mitteltemperaturen in Baden-Württemberg vor allem im Sommer und Winter stark ansteigen werden. Im Herbst und im Frühjahr werden dagegen geringere Ver-änderungen erwartet.

Selbst wenn die globalen Treibhausgasemissionen gesenkt werden können, wird in Baden-Württemberg mit einem Anstieg der Winter- und Sommertemperaturen um 0,7 – 1,1 Grad bis zur Mitte des Jahrhunderts und um 2,5 – 2,7 Grad bis 2100 gerechnet (gegenüber dem 30-Jahres-Mittel 1961–1990). Sollte dieses optimistische Szenario nicht eintreten und die Emis-sionen weiter steigen, könnten die Sommer- und Wintertemperaturen bis zur Mitte des Jahr-hunderts um 1,8 – 1,9 Grad und bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 4,1 Grad ansteigen.

Am Oberrhein werden deutschlandweit die höchsten Temperaturwerte erwartet. Vor allem am südlichen Oberrhein wird es voraussichtlich zu häufigeren und länger andauernden Hit-zewellen kommen. So wird die Zahl der heißen Tagen, an denen das Thermometer auf über 30 Grad steigt, bis zum Ende des Jahrhunderts auf bis zu 20 Tage pro Jahr ansteigen und es ist deutlich häufiger mit tropischen Nächten zur rechnen, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Frosttage.

Veränderungen werden auch bei der Verteilung der Niederschläge über die Jahreszeiten erwartet. Während die Jahresniederschlagsmenge voraussichtlich leicht ansteigen wird, ist vor allem in den Sommermonaten mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen zu rech-nen. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte in Baden-Württemberg im Sommer bis zu ei-nem Drittel weniger Regen fallen. Im Winter und im Frühjahr werden die Niederschläge da-gegen zunehmen. Für die Wintermonate wird ein Anstieg um bis zu 20 % bis zum Ende des Jahrhunderts prognostiziert.

Während das Eintreten deutlich trockenerer Sommer erst gegen Ende des 21. Jahrhunderts erwartet wird, dürften die Winterniederschläge bereits in den nächsten Jahrzehnten anstei-gen. Es ist davon auszugehen, dass der Niederschlag häufiger als zurzeit als Starknieder-schlag fallen wird, der hohes Schadenspotential birgt. Das Forschungsprogramm „Heraus-forderung Klimawandel Baden-Württemberg“ belegt, dass Starkniederschlägen für Regionen mit stark ausgeprägtem Relief ein besonders hohes Gefährdungspotenzial zukommt. So zeigt zum Beispiel die Erfahrung, dass die Täler kleinerer Flüsse in Mittelgebirgsräumen an-fällig für schnell auftretende Hochwässer („flash floods“) nach Starkniederschlägen sind. Die Täler sind oft dicht besiedelt, so dass solche Hochwässer erhebliche Schäden anrichten können. In Baden-Württemberg sind vor allem der Schwarzwald, die Schwäbische Alb und der Kraichgau betroffen.

1.1.4 Anpassung an den unvermeidbaren Klimawandel in Baden-Württemberg

Selbst wenn die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre auf dem Niveau des Jahres 2000 eingefroren werden könnte, wäre dennoch ein Anstieg der globalen Mittel-temperatur um 1 Grad bis Ende des Jahrhunderts zu erwarten. Diese Erwärmung resultiert aus der Trägheit des Klimasystems, das erst mit einer bedeutenden Verzögerung auf den Anstieg der Treibhausgaskonzentration reagiert. Eine Anpassung an die schon erfolgende Klimaänderung ist daher unumgänglich, unabhängig davon, ob die internationalen Anstren-gungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen Erfolg haben werden.

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Baden-Württemberg hat sich der Herausforderung der Klimaanpassung frühzeitig ange-nommen. 1999 rief das Land zusammen mit Bayern das Forschungsprojekt KLIWA „Klima-veränderungen und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft“ ins Leben. 2002 folgte das Verbundprojekt KLARA „Klimawandel - Auswirkungen, Risiken, Anpassung“, das 2005 mit einem umfassenden Bereich zu den Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Le-bens- und Wirtschaftsbereiche in Baden-Württemberg abgeschlossen wurde. In dem Projekt wurden die Klimaveränderungen im Zeitraum 1951 bis 2000 untersucht und Entwicklungs-prognosen bis 2050 abgeleitet. Die Studie zeigt, dass ein hoher Anpassungsdruck für die Gesellschaft sowie für die Tier- und Pflanzenwelt entstehen wird. Insbesondere im Bereich der Gesundheitsvorsorge, im Naturschutz und in der Land- und Forstwirtschaft müssen sich alle Beteiligten möglichst frühzeitig auf die neuen Bedingungen einstellen. Gleichzeitig zeigte das Projekt auch Chancen des Klimawandels auf, z.B. bessere Anbaubedingungen für Wein und Obst oder die steigende Attraktivität des Landes für Sommergäste.

Im Anschluss an KLARA initiierte das Ministerium für Umwelt, Verkehr und Naturschutz im Herbst 2006 das Forschungsprogramm „Herausforderung Klimawandel Baden-Württemberg“ mit einem Fördervolumen von insgesamt 2,8 Mio. Euro.1 In dem Forschungsprogamm, das Mitte 2010 mit einem Symposium abschloss, wurden verschiedene Fragestellungen zur Ent-wicklung des zukünftigen Klimas bearbeitet und Auswirkungen auf Menschen und Ökosys-teme untersucht.

Im Einzelnen waren die folgenden Fragen Gegenstand des Projekts:

• Regionale Simulationen künftiger Starkniederschlagsereignisse in Baden-Württemberg;

• Abschätzung regionaler Klimaänderungen der kommenden Dekaden und ihrer Unsi-cherheiten;

• Einschleppung von Krankheitserregern aus dem mediterranen Raum;

• Einfluss von Klima und Klimaveränderungen auf die Zunahme von Pollenallergien;

• Auswirkungen des Klimawandels auf Biotope Baden-Württembergs;

• Strategien zur Reduzierung des Sturmschadensrisikos für Wälder.

Um den Klimafolgen in Baden-Württemberg Rechnung zu tragen, wird die Landesregierung eine Anpassungsstrategie entwickeln, die die Betroffenen vor allem über die Möglichkeiten informiert, zielgerichtet auf die spezifisch regionalen Klimaveränderungen zu reagieren. Die Anpassungsstrategie des Landes wird im Zusammenhang mit der auf Bundesebene aufge-legten Deutschen Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels entwickelt. Die An-passung an den unvermeidbaren Klimawandel ist daher nicht Gegenstand des vorliegenden Konzepts, das ausschließlich Vermeidungsmaßnahmen umfasst.

1 Projektwebsite: http://www.herausforderung-klimawandel-bw.de/

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1.2 Entwicklung des Klimaschutzregimes

1.2.1 Internationaler Klimaschutz und Klimarahmenkonvention der UN

Die Bundesrepublik Deutschland ist Vertragspartei der wichtigsten völkerrechtlichen Ab-kommen zum Klimaschutz, insbesondere der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls. Das Leitziel der Klimarahmenkonvention (KRK) besteht darin, die Treibhaus-gaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, das eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert (Art. 2). Während die KRK dazu aber lediglich allgemeine Pflichten und Leitlinien enthält, sieht das Kyoto-Protokoll für bestimmte Vertragsparteien, zu denen auch Deutschland gehört, konkrete Reduktionspflichten inner-halb definierter Zeiträume vor. So muss die Europäische Gemeinschaft im ersten Verpflich-tungszeitraum von 2008 bis 2012 ihre Gesamtemissionen um mindestens 8 % unter das Ni-veau von 1990 senken (Art. 3 Abs. 1 des Kyoto-Protokoll). Das spezifische Minderungsziel Deutschlands beträgt 21 %. Für die Zeit nach 2012 existieren bisher keine verbindlichen Re-duktionsvereinbarungen.

Da die Vertragsstaaten sich in Kopenhagen weder auf ein verbindliches Regelwerk für die Fortführung des globalen Klimaschutzes noch auf institutionelle Eckpunkte für die Verhand-lung eines solchen Vertragswerks haben einigen können, ist die Zukunft der globalen Klima-schutzbemühungen für die Zeit nach 2012 weiterhin ungewiss. Ein von 25 Staaten erarbeite-tes Abschlussdokument bekräftigt lediglich die Absicht, die langfristige Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Klimawandels zu verstärken. Es wird zudem anerkannt, dass die Wissen-schaft eine Begrenzung der Erwärmung auf max. 2 Grad für notwendig hält.2 Quantitative Reduktionsziele werden nicht genannt. Die Industrieländer sowie einige Schwellenländer haben jedoch auf freiwilliger Basis bis Ende Januar 2010 dem Sekretariat der Klimarahmen-konvention gemeldet, zu welchen Reduktionszielen sie sich bis 2020 verpflichten möchten. Der Kopenhagen Akkord hat keine bindende Kraft, da er vom Plenum der Vertragsstaaten nicht angenommen wurde.

Der globalen Erderwärmung kann erfolgreich nur mit einem weltweiten Klimaschutzregime entgegengewirkt werden. Die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz von Kopenhagen im Jahr 2009 können viele Erwartungen nicht erfüllen und bedeuten daher einen Ansporn für die Länder, die sich beim Klimaschutz ehrgeizige Ziele auf die Fahnen geschrieben haben.

Deutschland ist insgesamt nur für rund 3 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Baden-Württemberg wiederum trägt nur mit ungefähr 0,3 % zu den weltweiten Emissionen bei. Gleichwohl können gerade „von unten“, von den Regionen, wichtige Impulse ausgehen, die zur Entstehung einer verbindlichen Klimarahmenkonvention der UN, die das Kyoto-Abkommen konsequent fortsetzt, beitragen. Die Entwicklungs- und Schwellenländer fordern

2 UNFCCC Entscheidung 2/CP.15, in der der Kopenhagen Akkord enthalten ist, Absatz 2: „[…] we shall, recognizing the scientific view that the increase in global temperature should be below 2 de-grees Celsius, on the basis of equity and in the context of sustainable development, enhance our long-term cooperative action to combat climate change.”

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zu Recht eine Vorbildfunktion der entwickelten Industrienationen ein, von denen der größte Teil der klimaschädlichen Treibhausgase stammt. Nicht nur die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch Baden-Württemberg wollen sich dieser globalen Verantwortung stellen.

Der weltweite Klimaschutz ist auch deswegen eine besondere Herausforderung, weil die Entwicklungs- und Schwellenländer den Wohlstand anstreben, der in der westlichen Welt inzwischen Standard geworden ist. Aus der Sicht des Klimaschutzes geht es darum, diese Entwicklung und diesen Wohlstand nicht zu Lasten des Klimas zu erreichen, denn es droht eine weitere Zunahme der Treibhausgasemissionen. Der weltweite Energiebedarf sollte daher mittel- und langfristig nicht auf der Basis fossiler Energieträger gedeckt werden son-dern soweit wie möglich durch erneuerbare Energien, verbunden mit einer effizienten Ener-gieverwendung und einer nachhaltigen Lebensweise.

Aus der Sicht des Landes Baden-Württemberg ist es wichtig, die wirtschaftsstrategische Be-deutung des Klimaschutzes zu betonen. Die Chancen für ein verbindliches internationales Klimaschutzabkommen würden steigen, wenn den beteiligten Staaten das wirtschaftliche Potenzial des Klimaschutzes stärker vor Augen geführt würde. Baden-Württemberg – und das ist die Chance der Impulsgebung „von unten“ – kann sich dabei mit vielen ganz konkre-ten Beispielen einbringen. Der Klimaschutz ist insgesamt ein positiver Wirtschaftsfaktor für das Land, mit dem Arbeitsplätze, Kosteneinsparungen, Technologieentwicklungen, Wert-schöpfung und Exportmöglichkeiten verbunden sind. Es hat sich gezeigt, dass wirtschaft-licher Fortschritt nicht zwangsläufig mehr Treibhausgasemissionen bedeutet – Wachstum, Wohlstand und Klimaschutz sind kein Widerspruch. Diese Vorteile und Chancen der ver-schiedenen Maßnahmen des Klimaschutzes müssen zukünftig stärker in die internationalen Klimaverhandlungen einfließen.

Vor diesem Hintergrund unterstützt das Land das zweigleisige Vorgehen der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland beim Klimaschutz. Im Sinne einer Doppelstrate-gie geht es zum einen um einen wirksamen Klimaschutz in der Europäischen Union und in Deutschland, mit dem zugleich die wirtschaftsstrategischen Chancen des neuen Energie-marktes und neuer Forschungsbereiche ergriffen werden. Zugleich können diese Ebenen intensiv auf ein verbindliches internationales Klimaschutzabkommen hinwirken, das sich an dem Ziel, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, orientiert. Um dieses Ziel zu errei-chen, müssten sich die Staaten zugleich zu konkreten Klimaschutzmaßnahmen verpflichten, wobei insbesondere die gerechte Verteilung der Lasten zwischen den Staaten, daneben ab-er auch die Auswirkungen für die Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Wirtschaft zu berücksichtigen sind.

Die internationalen Klimaschutzverhandlungen zeigen, dass gerade die Regionen ein Motor für pragmatischen Klimaschutz sein können. Der Klimaschutz vor Ort funktioniert, warum soll er nicht auch weltweit funktionieren? Baden-Württemberg wird in diesem Rahmen wie schon in der Vergangenheit seine politischen Einflussmöglichkeiten auf Bundesebene und in der Europäischen Union nutzen und Impulse geben, um den internationalen Klimaschutz weiter voranzubringen. Dazu zählen neben Veranstaltungen in der Vertretung des Landes in Brüssel auch informelle Gespräche bei den internationalen Verhandlungen über eine Klima-rahmenkonvention und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wie zum Beispiel im Rahmen der Oberrhein-Konferenz, der Internationalen Bodensee-Konferenz oder mit eu-ropäischen und außereuropäischen Partnerregionen, die sich ähnliche Ziele gesetzt haben. Die Netzwerkbildung, beispielsweise mit den chinesischen Provinzen Jiangsu und Liaoning oder mit

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Ontario, Kanada, ist im Hinblick auf den gegenseitigen Erfahrungsaustausch über Innovation und positive Beispiele (sog. „Best Practice“) ein wichtiges Element, um die Botschaft, dass Klimaschutz funktioniert und mit positiven wirtschaftlichen Effekten verbunden ist, auf die internationale Ebene zu transportieren.

1.2.2 Europäische Union

Das zentrale Ziel der Europäischen Union ist die Begrenzung des Anstiegs der globalen Mit-teltemperatur auf maximal 2 Grad über vorindustriellem Niveau. Auf der Tagung des Europä-ischen Rates vom März 2007 haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten beschlossen, den gemeinschaftsweiten Ausstoß von Treibhausgasen unabhängig vom Ver-lauf der Klimaverhandlungen bis 2020 um 20 % und bei einer entsprechenden Verpflichtung anderer Industrieländer und einer angemessenen Beteiligung der Schwellenländer um 30 % gegenüber 1990 zu senken.3. Zur Erreichung dieses Ziels hat die EU im Dezember 2008 ein Klima- und Energiepaket verabschiedet. Eine einseitige Erhöhung des EU-Reduktionsziels wurde inzwischen zwar diskutiert, aber nicht beschlossen.

Mit Blick auf das Jahr 2050 hat die EU bisher kein verbindliches Reduktionsziel vereinbart. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates der Umweltminister zur Position der EU bei der Klimakonferenz in Kopenhagen wird jedoch festgestellt, dass die Emissionen der Industrieländern bis 2050 um „insgesamt mindestens 80 bis 95 % gegenüber dem Niveau von 1990“ reduziert werden müssen. Außerdem stellt der Rat fest, „dass aus verfügbaren Elementen wie den derzeitigen Bevölkerungsvorausschätzungen hervorgeht, dass bis 2050 die weltweiten durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro Kopf auf ungefähr zwei Ton-nen CO2-Äquivalent4 gesenkt werden müssen und dass langfristig die nationalen Pro-Kopf-Emissionen der Industrieländer und der Entwicklungsländer schrittweise einander angegli-chen werden müssen, wobei den einzelstaatlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen ist.“5

1.2.3 Bundesebene

In Deutschland hat die Bundesregierung in einer Regierungserklärung vom April 2007 öffent-lich bestätigt, dass eine Reduktion der Treibhausgasemissionen der EU um 30 % bis 2020 einen Beitrag von Deutschland in Höhe von -40 % bis 2020 verlangt.6 Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung im August 2007 in Meseberg Eckpunkte für ein „Integriertes Energie- und Klimaprogramm“ beschlossen. In Umsetzung dieses Programms hat der Bundestag

3 Rat der EU, Europäischer Rat vom 8./9. März 2007, Schlussfolgerungen des Vorsitzes vom 2. Mai 2007, 7224/1/07 REV 1, Ziff. 31.

4 Zu den wichtigsten Treibhausgasen zählen neben Kohlendioxid (CO2) auch Methan (CH4) und Lachgas (N2O). CO2-Äquivalent ist eine relative Maßeinheit, die dazu dient, Emissionen verschiedener Treibhausgase anhand ihres Beitrags zum Treibhaus-effekt zu vergleichen. Für eine vorgegebene Treibhausgasemission gibt das CO2-Äquivalent an, welche Menge CO2 über eine festgelegte Zeit dieselbe Auswirkung auf den Treibhauseffekt hätte.

5 Schlussfolgerungen des Europäischen Rates der Umweltminister zur Position der EU bei der Klimakonferenz in Kopenhagen v. 21. Oktober 2009, Dokument Nr. 14790/09, S. 4.

6 Regierungserklärung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, zur Klimapolitik der Bundesregierung nach den Beschlüssen des Europäischen Rates vor dem Deutschen Bundestag am 26. April 2007.

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zwei umfangreiche Gesetzespakete beschlossen, mit denen eine Minderung von ca. 36 % gegenüber 1990 erreicht werden soll.

Im Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 bekräftigten CDU, CSU und FDP das 40%-Reduktionsziel unabhängig von der weiterhin ausstehenden Entscheidung der EU, ob das Reduktionsziel der Gemeinschaft von 20 auf 30 % erhöht wird.

Im September 2010 hat die Bundesregierung ihr „Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ beschlossen. Das Energiekonzept wurde durch ein 10-Punkte-Sofortprogramm und mehrere Gesetzesentwürfe (Änderungen zum Atomgesetz, Kernbrennstoffsteuergesetz, Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“) ergänzt, die zum 01.01.2011 in Kraft treten sollen. Danach sollen bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 % und bis 2050 um mindestens 80 % reduziert werden. Das Energiekonzept ist allerdings noch zu unbestimmt, als dass seine Auswirkun-gen auf die THG-Einsparungen in Baden-Württemberg quantifiziert werden könnten. Daher berücksichtigen die im Klimaschutzkonzept 2020PLUS Baden-Württemberg“ dargestellten Abschätzungen der THG-Einsparungen die Auswirkungen aus dem Energiekonzept des Bundes noch nicht.

Mit ihrem Energiekonzept formuliert die Bundesregierung „Leitlinien für eine umweltscho-nende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ und beschreibt „erstmalig den Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien“. Der Zielhorizont des Konzepts reicht dabei bis zum Jahr 2050, insbesondere für 2020 werden Zwischenziele genannt. Ausgangspunkt des Energiekonzepts sind Klimaschutzziele. Ausgehend von den Beschlüssen der Koalitionsver-einbarung sollen die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 %, bis 2050 um mindestens 80 % reduziert werden, jeweils bezogen auf 1990. Hieraus abgeleitet werden weitere Ziele abgeleitet:

• Bis 2020 soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch 18 % betragen. Für 2050 werden 60 % angestrebt.

• Bis 2020 soll der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Brutto-stromverbrauch 35 % betragen. Die Zielmarke für 2050 ist 80 %.

• Bis 2020 soll der Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 um 20 % und bis 2050 um 50 % sinken.

• Der Stromverbrauch soll bis 2020 gegenüber 2008 in einer Größenordnung von 10 % und bis 2050 in einer Größenordnung von 25 % sinken.

• Die Sanierungsrate für Gebäude soll von derzeit jährlich weniger als 1 % auf 2 % des gesamten Gebäudebestands verdoppelt werden.

• Im Verkehrsbereich soll der Endenergieverbrauch bis 2020 um rund 10 % und bis 2050 um rund 40 % gegenüber 2005 zurückgehen.

Aus Sicht des Landes ergänzen sich das Energiekonzept der Bundesregierung und das Kli-maschutzkonzept 2020PLUS in ihren Zielsetzungen und Maßnahmen, soweit letztere im Energiekonzept bereits konkretisiert sind.

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1.3 Handlungsspielräume der Landesregierung

1.3.1 Welche Gestaltungsspielräume gibt es?

Klimaschutz ist ein Querschnittsthema, das viele Lebensbereiche berührt. Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für die Luftreinhaltung und damit eine Kern-kompetenz für den Klimaschutz. Zusammen mit den Zuständigkeiten für das Recht der Wirt-schaft und den Verkehr wird die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder weitgehend be-schränkt und deren Gestaltungsspielräume begrenzt. Den Ländern verbleiben Regelungs-spielräume, wenn der Bund seine Zuständigkeit nicht voll ausschöpft oder ausdrücklich Öff-nungsklauseln vorsieht. Ein Beispiel dafür ist das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz des Bundes. Hier hat das Land den vorhandenen Spielraum im Bundesrecht genutzt und ein ei-genes Erneuerbare-Wärme-Gesetz erlassen, das zusätzlich zu der bundesweiten Nutzungs-pflicht für erneuerbare Energien in Neubauten auch eine Nutzungsplicht für bestehende Wohngebäude vorsieht.

Allerdings kann das Land im Bundesrat Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundes nehmen und eigene Gesetzesinitiativen einbringen. Über den Bundesrat hat das Land zudem Mit-wirkungsmöglichkeiten in Gesetzgebungsverfahren der EU. Durch den Vertrag von Lissabon wurde die Rolle der Länder nochmals gestärkt. Beim Vollzug klimaschutzrelevanter Vor-schriften der EU und des Bundes kann die Landesregierung eigene Akzente setzen. Schließ-lich bieten das Kommunal-, Landessplanungs- und Bauordnungsrecht Möglichkeiten, die Weichen stärker in Richtung Klimaschutz zu stellen. Dies ist in den Entscheidungen auf kommunaler Ebene zu berücksichtigen.

Darüber hinaus kann das Land über Förderprogramme, Bildungsinitiativen oder die For-schungsförderung für den Schutz des Klimas aktiv werden. Es kann den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen des Landes durch eine klimafreundliche Beschaffung oder energetische Maßnahmen in den Landesliegenschaften ein Vorbild sein. Vor allem aber kann das Land mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit Kommunen, Verbänden und Unter-nehmen ins Gespräch kommen, um alle Entscheidungsträger im Land für das Thema Klima-schutz zu sensibilisieren und sie in ihren eigenen Bemühungen zu unterstützen. Dabei er-folgt die Realisierung finanzwirksamer Maßnahmen nach Maßgabe der jeweiligen Haus-haltspläne und nach den Vorgaben der Mittelfristigen Finanzplanung.

1.3.2 Umsetzung des Klimaschutzkonzepts 2010

Von den genannten Gestaltungsmöglichkeiten hat Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren intensiv Gebrauch gemacht. Bereits 1994 hat das Land - als eines der ersten Bun-desländer - ein Klimaschutzkonzept vorgelegt. Im Jahr 2000 folgte der Umweltplan und 2005 das Klimaschutzkonzept 2010, das durch das vorliegende Konzept fortgeschrieben wird.

Ziel des Klimaschutzkonzepts 2010 war es zum einen, die Erfüllung der auf Deutschland entfallenden Reduktionspflicht des Kyoto-Protokolls zu unterstützen (Reduktion der deutsch-landweiten Treibhausgasemissionen um 21 % bis zum Zeitraum 2008–2012 bezogen auf das Niveau von 1990). Zum anderen strebte das Land an, den Anteil der erneuerbaren

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Energien am Primärenergieverbrauch von 2,4 % auf 4,8 % zu verdoppeln und den Anteil an der Stromerzeugung von 6 % auf 11,5 % anzuheben.

Beide Ziele sind nicht nur erreicht sondern übertroffen worden. Bereits 2008 lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch bei 8,9 %, der Anteil an der Strom-erzeugung betrug 13,6 %. Ebenso hat Deutschland – nach derzeitigem Stand – das Kyoto-Ziel bereits übertroffen. Im Jahr 2008 lagen die Treibhausgasemissionen 22,2 % unter dem Niveau von 1990 und für das Jahr 2009 wird – vor allem auf Grund der Wirtschaftskrise – ein weiterer massiver Rückgang erwartet.

Auch die einzelnen Handlungsschwerpunkte des Klimaschutzkonzepts 2010 konnten weit-gehend umgesetzt werden. Von den insgesamt 93 Maßnahmen in den verschiedenen Sekto-ren waren im Jahr 2009 79 Maßnahmen entweder abgeschlossen oder befanden sich in der Umsetzungsphase. Die Umsetzung von 14 Maßnahmen ist noch offen bzw. erscheint unter veränderten Rahmenbedingungen nicht mehr sinnvoll.

Die Untersuchung ausgewählter Maßnahmen des Klimaschutzkonzepts 2010 durch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung zeigt zudem potenziell positive gesamtwirt-schaftliche Effekte der klimapolitischen Maßnahmen auf Bruttoproduktion und Beschäftigung in Baden-Württemberg. Insbesondere die Unternehmen im Baugewerbe und im Stahl- und Maschinenbausektor, teilweise auch die Unternehmen im Handels- und Dienstleistungs-sektor, profitierten von den angestoßenen Maßnahmen.

Gleichzeitig hat der Statusbericht zur Umsetzung des Klimaschutzkonzepts 2010 auch ge-zeigt, dass im Klimaschutz weiterhin großer Handlungsbedarf besteht. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung des Stromverbrauchs in privaten Haushalten, der trotz der Effizienzver-besserung bei vielen Haushaltsgeräten weiter ansteigt. Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist im Vergleich zum vorhandenen Potenzial ebenfalls nur unzureichend vorangeschritten und auf sektoraler Ebene leistet vor allem der Verkehrssektor bisher einen zu geringen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen.

1.3.3 Einbindung in sonstige Strategien der Landesregierung

Die Landesregierung hat eine Reihe von anderen für den Klimaschutz bedeutsamen Fach-strategien verabschiedet bzw. in Bearbeitung. Von besonderer Bedeutung für den Klima-schutz ist das im Jahr 2009 verabschiedete „Energiekonzept Baden-Württemberg 2020“. Das Konzept liefert den Orientierungsrahmen für eine zukünftige klimagerechte Energiepolitik des Landes und bildet daher auch eine wichtige Leitplanke für die Entwicklung des vorliegenden Klimaschutzkonzepts.

Mit dem Energiekonzept setzt sich das Land Baden-Württemberg konkrete energiepolitische Ziele in fünf Handlungsfeldern. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf mindestens 20 % gesteigert werden. Der Anteil der erneuerba-ren Energien an der Wärmebereitstellung soll im Jahr 2020 bei 16 % liegen und der Anteil am Primärenergieverbrauch mindestens 13 % betragen. Außerdem soll die Energieprodukti-vität in Baden- Württemberg bis zum Jahr 2020 im Mittel um mindestens 2 % p.a. gesteigert werden, so dass immer weniger Energie pro Euro Wirtschaftsleistung eingesetzt wird. Der Primärenergieverbrauch soll bis 2020 um mindestens 10 % gesenkt werden. Dies setzt vor-aus, dass der Stromverbrauch zumindest auf gleichem Niveau gehalten werden muss. Um den Energieeinsatz bei der Stromerzeugung effizienter zu gestalten, soll schließlich der An-

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teil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung bis 2020 auf mindestens 20 % ver-doppelt werden.

Auf Grundlage des Energiekonzepts wurde darüber hinaus der Biomasse-Aktionsplan des Landes fortgeschrieben und im Januar 2010 veröffentlicht. Der Biomasse-Aktionsplan gibt einen detaillierten Überblick über die Biomassepotenziale, die in Baden-Württemberg unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien für die energetische Nutzung zur Verfügung stehen. Der Aktionsplan ist daher ebenfalls im Rahmen der Erstellung des Klimaschutz-konzepts zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sind für das Klimaschutzkonzept auch die Nachhaltigkeitsstrategie des Lan-des, der Umweltplan und der Generalverkehrsplan von großer Bedeutung. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie wurden Fragen des Klimaschutzes und Klimawandels sowie der Energieeffizienz in den verschiedenen Facharbeitsgruppen aufgegriffen. Die Ergebnisse sind in das Klimaschutzkonzept ebenso eingeflossen wie die Zielsetzungen des Umweltplans, der am 17. Dezember 2007 vom Ministerrat verabschiedet wurde. Darüber hinaus ist das Klima-schutzkonzept auch mit dem Entwurf des Generalverkehrsplanes abgestimmt, der sich der-zeit in der Verbändeanhörung befindet.

1.3.4 Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und Belastbarkeit der Bürger

Umweltfreundlichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie sind die Leitli-nien der baden-württembergischen Energiepolitik. Dies bedeutet, dass auch der Klimaschutz die finanziellen Belastungen für Wirtschaft und Bürger nicht außer Acht lassen darf.

Im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes werden deshalb die Auswirkungen der der geplanten Maßnahmen auf das Land Baden-Württemberg als Wirtschaftsstandort angemessen berück-sichtigt. Ziel ist es, Klimaschutz so auszugestalten, dass dadurch die internationale Wettbe-werbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft nicht gefährdet wird. Gleichzeitig bietet der Klima-schutz aber auch wirtschaftliche Chancen. Klimaschutz ist auch als Wettbewerbsmotor für neue Technologien zu sehen. Dies ist gerade für das exportorientierte Land Baden-Württemberg von grundlegender Bedeutung.

Beim Klimaschutz sind nicht zuletzt auch die Bürger gefordert. Viele Klimaschutzmaßnah-men, die kurzfristig mit Kosten verbunden sind, wie etwa Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung, rechnen sich jedoch langfristig. Trotzdem ist auch im Rahmen des Kli-maschutzkonzeptes darauf zu achten, dass die wirtschaftliche Belastbarkeit der Betroffenen nicht überfordert wird.

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2 Vision: Niedrigemissionsland Baden-Württemberg

Der Schutz unseres Klimas ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Es ist eine Herausforderung mit hoher Dringlichkeit, und gleichzeitig eine langfristige Aufga-be, die nur mit einer langfristig angelegten Strategie erfolgreich bewältigt werden kann. Das vorliegende Klimaschutzkonzept 2020PLUS trägt beiden Aspekten Rechnung.

Dementsprechend ist jedem der folgenden Fachkapitel eine sektorale Vision vorangestellt. Sie ist nicht als abschließend fixierte Zielvorstellung der Landesregierung für den jeweiligen Sektor zu verstehen. Die Visionen stellen aus heutiger Sicht denkbare Entwicklungen dar, deren Realisierung von einer Vielzahl an Annahmen und künftigen Entwicklungen abhängt.

Das Konzept wird von der Vision getragen, dass Baden-Württemberg im Jahr 2050 ein Nied-rigemissionsland sein wird. Dabei wird Baden-Württemberg seinen Bewohnern weiterhin hohe Lebensqualität bieten und – getragen von Innovation – ein wirtschaftlich starkes Land bleiben.

Aus dieser langfristigen Vision werden im Klimaschutzkonzept 2020PLUS konkrete Schritte und Maßnahmen abgeleitet, die bis 2020 umgesetzt werden sollen. Diese Maßnahmen bil-den somit die Antwort auf die Kernfrage: Was muss heute geschehen, damit die Vision eines klimafreundlichen Baden-Württembergs bis zur Mitte des Jahrhunderts Wirklichkeit werden kann?

Das Klimaschutzkonzept 2020PLUS misst dem Klimaschutz eine herausragende wirt-schaftsstrategische Bedeutung bei. Die Chancen für ein verbindliches internationales Klima-schutzabkommen würden steigen, wenn den beteiligten Staaten das wirtschaftliche Potenzial des Klimaschutzes klarer verdeutlicht würde. Baden-Württemberg – und das ist die Chance der Impulsgebung „von unten“ – kann sich dabei mit vielen ganz konkreten Beispielen ein-bringen. Der Klimaschutz ist insgesamt ein positiver Wirtschaftsfaktor für das Land, mit dem Arbeitsplätze, Kosteneinsparungen, Technologieentwicklungen, Wertschöpfung und Ex-portmöglichkeiten verbunden sind. Es hat sich gezeigt, dass wirtschaftlicher Fortschritt nicht zwangsläufig mehr Treibhausgasemissionen bedeutet – Wachstum, Wohlstand und Klima-schutz sind kein Widerspruch. Diese Vorteile und Chancen der verschiedenen Maßnahmen des Klimaschutzes müssen zukünftig stärker in die internationalen Klimaverhandlungen ein-fließen.

2.1 Ausgangspunkt: Emissionsentwicklung in Baden-Württemberg

Die Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg lagen 2008 bei 82,3 Mio. t CO2eq. Das sind etwa 10 % der Gesamtemissionen in Deutschland. Gegenüber 1990 haben sich die Emissionen in Baden-Württemberg relativ um 8 % bzw. um den absoluten Wert von 6,8 Mio. t CO2eq reduziert. Insgesamt konnten so die Pro-Kopf-Emissionen von 9,1 t CO2eq im Jahr 1990 auf 7,7 t CO2eq im Jahr 2008 gesenkt werden. Dieser Wert liegt weit unter dem deut-schen Durchschnitt von 10,2 t CO2eq (Stand 2008).

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Die Treibhausgasemissionen Baden-Württembergs werden auf Grundlage des Quellen-prinzips angegeben. Bei der Quellenbilanz handelt es sich um eine auf den Primärenergie-verbrauch eines Landes bezogene Darstellung der CO2-Emission, basierend auf den Emis-sionen des Umwandlungsbereiches und des Endenergieverbrauchs. Unberücksichtigt blei-ben die Emissionen, die durch die Erzeugung von importiertem Strom verursacht werden. Emissionen von der Nutzung von Kraftstoffen im Verkehr wird dort berücksichtigt, wo der Kraftstoff verkauft worden ist und nicht dort, wo die entsprechende Fahrleistung erbracht wird.

Den größten Anteil an den Gesamtemissionen in Baden-Württemberg haben die energie-bedingten Emissionen. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Gesamtemissionen in Abhän-gigkeit der energiebedingten Emissionen für den Zeitraum 1990 bis 2008. Die energiebe-dingten Emissionen sanken in diesem Zeitraum um etwa 2 % während sich die Gesamt-emissionen um 8 % reduzierten.

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Abbildung 1: Entwicklung der Treibhausgase in Baden-Württemberg von 1990-2008 (StaLa 2010)

Die energiebedingten Emissionen teilen sich auf in Emissionen aus Kraftwerken, Industrie, Haushalten und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) sowie aus dem Verkehr. Abbil-dung 2Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. zeigt die Entwicklung der ein-zelnen Bereiche seit 1990. Es zeigt sich, dass die Industrie ihre Emissionen bisher am stärk-sten reduziert hat, während die Emissionen aus Kraftwerken im gleichen Zeitraum um 2,3 Mio. t CO2eq anstiegen. Die Emissionsreduktion der Industrie wurde hauptsächlich durch einen verminderten Einsatz fossiler Energieträger und die Substitution von Heizöl durch Er-dgas erreicht.

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Abbildung 2: Entwicklung der energiebedingten Emissionen aus den Kraftwerken, Industrie, Haushalten und GHD sowie aus dem Verkehr (StaLa 2010)

Nicht-energiebedingte Emissionen entstehen hauptsächlich in der Landwirtschaft, in der Ab-fallwirtschaft, durch industrielle Prozesse und Produktanwendung sowie bei der Brennstoff-gewinnung und -verteilung. Abbildung 3Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden wer-den. zeigt die Entwicklung dieser Emissionen seit 1990. Insgesamt sanken die nicht-energiebedingten Emissionen zwischen 1990 und 2008 um 5,1 Mio. t CO2eq. Dies entspricht einem relativen Rückgang um 37 %. Besonders stark konnten die Emissionen der Abfallwirt-schaft gesenkt werden (um 78 % gegenüber 1990), weil die Ablagerung nicht vorbehandelter Siedlungsabfälle weitgehend eingestellt wurde. Die Emissionen der Landwirtschaft zeigen ebenfalls einen rückläufigen Trend; sie sanken seit 1990 um 17 %.

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Abbildung 3: Entwicklung der Treibhausgase aus der Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, Prozesse und Produktanwendung sowie aus der Brennstoffgewinnung und –verteilung (StaLa 2010)

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Im Jahr 2008 waren in Baden-Württemberg die Hauptemittenten von Treibhausgasen der Verkehr mit einem Anteil von 26 %, Haushalte und GHD mit zusammen 25 % sowie Kraft-werke mit 24 %. Der Anteil der Industrie lag bei 14 % (nur energiebedingten Emissionen). Die Emissionen aus industriellen Prozessen werden in der Kategorie „Prozesse und Pro-duktanwendungen“ erfasst, die einen Anteil von 3 % an den Gesamtemissionen stellt. Die Landwirtschaft emittierte etwa 6% der gesamten THG-Emissionen Baden-Württembergs (siehe Abbildung 4Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

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Abbildung 4: Aufteilung der Treibhausgasemissionen Baden-Württembergs 2008 (StaLa 2010)

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2.2 Ziel für 2050: Zwei Tonnen CO2-eq pro Kopf

Vor der 15. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Kopenhagen wurden von Fachleuten verschiedene Vorschläge unterbreitet, wie stark Industrie- und Entwicklungs-länder in den nächsten Jahren ihre Treibhausgasemissionen einschränken müssten, um ge-fährlichen Klimawandel zu verhindern. Grundlage waren zum einen modellbasierte Berech-nungen, welche Emissionsmenge global noch möglich ist, ohne die Einhaltung des 2-Grad-Ziels zu gefährden. Geprüft wurde daneben, welche Ziele mit Blick auf die vorhandenen Minderungsoptionen wirtschaftlich machbar sind.

Alle maßgeblichen Untersuchungen schlagen vor, das Gesamtbudget an Treibhausgas-emissionen, die noch ausgestoßen werden dürfen, so auf die Einzelstaaten zu verteilen, dass jedem Erdbewohner das gleiche Emissionsbudget zusteht. Eine gerechte globale Ver-teilung soll demnach auf dem Gleichheitsprinzip aufbauen. Um die Möglichkeit zum langsa-men Angleich der bisher sehr unterschiedlichen Emissionsniveaus zu geben, schlägt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung in seinem „Budgetansatz“ vor, einen inter-nationalen Emissionshandel einzuführen. Gegen Mitte des Jahrhunderts soll dann weltweit die Angleichung des Pro-Kopf-Ausstoßes erreicht werden. Zum Pro-Kopf-Ausstoß, der 2050 global erreicht sein sollte, wird unter Fachleuten eine Spanne von 1 Tonne CO2 bis 2 Tonnen CO2 pro Kopf diskutiert. Werden auch die weiteren Treibhausgase wie Methan und Lachgas berücksichtigt, entsprechen diese Werte – je nach Zusammensetzung der Gesamt-emissionen – etwas höheren Werten, die dann in CO2-Äquivalenten angegeben werden. Aus klimawissenschaftlicher notwendig und wirtschaftlich vertretbar erscheint das von Sir Nicho-las Stern vorgetragene Ziel: Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre sollte unter 500 ppm CO2-eq gehalten werden. Um dies zu erreichen, müssen die globalen Emis-sionen bis 2050 gegenüber dem Niveau von 1990 halbiert werden und unter 20 Mrd. t CO2-eq pro Jahr fallen. Ausgehend von einer Weltbevölkerung von rund 10 Mrd. Menschen im Jahr 2050 würden demnach jedem Einwohner der Erde jährlich ca. 2 t CO2-eq zur Verfü-gung stehen. Anschließend sollte eine weitere Reduzierung der Gesamtemissionen auf 10 Mrd. t CO2-eq erfolgen.

Die Vorgaben der Wissenschaft und die darauf aufbauenden Verhandlungsziele der EU für die internationalen Klimaschutzverhandlungen sind eindeutig: Bis 2050 müssen die Pro-Kopf-Emissionen aller Staaten auf 2 t CO2-eq pro Jahr gesenkt werden.

Nach den Prognosen des Statischen Bundesamtes werden in Baden-Württemberg Mitte des Jahrhunderts ca. 9,7 Mio. Menschen leben. Hochgerechnet auf diese Bevölkerung ergibt sich für Baden-Württemberg das Ziel, das Niveau der Treibhausgasemissionen auf ca. 20 Mio. t CO2-eq zu senken.

Im Verhältnis zu den absoluten Emissionen im Jahr 1990, bedeutet dieses Ziel eine Reduk-tion um 78 % (siehe Tabelle 1). Um das Ziel zu erreichen, müssen die Treibhausgasemis-sionen bis 2050 jedes Jahr um durchschnittlich 1,4 Mio. t CO2-eq sinken.

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Jahr CO2 (Energie-bedingt)

CO2 (Industrie-prozesse) Methan (CH4) Distickstoff (N2O) Summe in CO2-

Äquivalenten

1.000t 1990 =100 1.000t 1990

=100 1.000t 1990 =100 1.000t 1990

=100 1.000t 1990 =100

1990 74.347 100 3.020 100 357 100 13,6 100 89.105 100

2000 74.940 101 2.633 87 223 62 13,2 97 86.354 97

2005 77.222 104 2.341 78 171 48 11,3 83 86.656 97

2006 78.283 105 2.442 81 168 47 11,2 82 87.704 98

2007 70.952 95 2.603 86 160 45 11,6 85 80.495 90

…. … …

2050 20.000 22 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (2009). Tabelle 1: Emissionen an CO2, CH4 und N2O in Baden-Württemberg seit 1990

Die Landesregierung hat sich daher das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen des Lan-des bis 2050 um 80 % zu senken. Dieses Ziel liegt am unteren Rand der prozentualen Re-duktionen, die für Industrieländer bisher diskutiert werden. Die Betrachtung der Pro-Kopf-Emissionen zeigt allerdings, wie ambitioniert das Ziel dennoch ist. Sollte dasselbe Pro-Kopf-Ziel in ganz Deutschland erreicht werden, müssten die Emissionen um 88 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Die relativ geringere Minderung in Baden-Württemberg resultiert aus den im Bundesvergleich heute schon niedrigen Pro-Kopf-Emissionen.

Das Land kann dieses ehrgeizige Ziel nicht allein aus eigener Kraft erreichen. Die Hand-lungsspielräume der Landesregierung in der Klimapolitik sind aufgrund der Gesetzgebungs-kompetenzen auf EU- und Bundesebene sowie durch die kommunale Eigenverantwort-lichkeit begrenzt. Daher sind auch die politischen Möglichkeiten zur Umsetzung des Klima-schutzzieles abhängig von den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Brüssel und Berlin vorgeben. Andererseits verfügt ein bedeutendes Bundesland wie Baden-Württemberg über Einflussmöglichkeiten auf die Bundesebene, nicht zuletzt über das Mitbestimmungsrecht im Bundesrat.

Die Landesregierung wird sowohl die landeseigenen Handlungsmöglichkeiten als auch die Mitverantwortung im Bund und innerhalb der EU nutzen, um den Klimaschutz in Baden-Württemberg voranzutreiben.

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2.3 Zwischenziele

Emissionen schwanken mit der Konjunktur und dem Temperaturverlauf, wie der sprungartige Rückgang der Emissionen Baden-Württembergs im Jahr 2007 eindrucksvoll belegt. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass die Emissionsentwicklung gradlinig auf ein bestimmtes Re-duktionsziel zuläuft, selbst wenn effektive Maßnahmen umgesetzt werden.

Um frühzeitig überprüfen zu können, ob die Klimaschutzmaßnahmen wirken, sind Zwischen-ziele jedoch unerlässlich. Tabelle 2 zeigt die Zwischenziele für die Erreichung des -80 %-Ziels auf, wenn ein linearer Reduktionspfad zugrunde gelegt wird.

Jahr Jährliche Reduktion Summe der Emissionen an CO2, CH4 und N2O

in 1.000 t CO2-eq in 1.000 t CO2-eq Reduktion in % ggü. 1990

1990 89.105

2007 80.495 -10 %

2020 -1.410 pro Jahr 62.000 -30 %

2030 -1.410 pro Jahr 48.000 -46 %

2040 -1.410 pro Jahr 34.000 -62 %

2050 -1.410 pro Jahr 20.000 -80 % Quelle: Berechnungen Ecologic Institut. Tabelle 2: Vorschlag Zwischenziele für die Jahre 2020, 2030 und 2040

Für 2020 ergibt sich auf Grundlage dieser Berechnung ein Zwischenziel von -30%. Betrach-tet man die relativ geringe Reduktion zwischen 1990 und 2007 von 8,6 Mio. t CO2-eq, ist dieses Ziel durchaus ambitioniert. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine zeitliche Ver-schiebung der Anstrengungen dazu führt, dass zu einem späteren Zeitpunkt umso stärker reduziert werden muss, um das Gesamtziel für 2050 zu erreichen.

Das Ziel von -30% bis 2020 liegt unter dem 40%-Ziel der Bundesregierung für Deutschland insgesamt. Tabelle 3 zeigt jedoch, dass die Reduktionsanstrengung, die Baden-Württemberg zur Erreichung dieses Ziels leisten muss, mit den in Deutschland insgesamt notwendigen Anstrengungen vergleichbar ist bzw. sogar leicht darüber liegt.

Emissionen Deutschland Emissionen Baden-Württemberg

Mio. t CO2-eq in % t pro-Kopf Mio. t CO2-eq in % t pro-Kopf

Ist 2007 956,8 11,6 80,5 7,5

Soll 2020 739,2 9,2 62,0 5,7

Reduktion ggü. 2007 218 -22,7 2,4 18,5 -23,0 1,8

Quelle: UBA 2009, Destatis 2007 und 2009, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2009.

Tabelle 3: Beitrag Baden-Württembergs zur Erreichung des 40%-Ziels für 2020

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Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen hat der Strukturwandel in den Neuen Bundes-ländern in den 90er Jahren einen erheblichen Beitrag zur Emissionsreduktion geleistet. Im Jahr 2007 hatte Deutschland seine Treibhausgasemissionen bereits um 22,3 % gegenüber 1990 abgesenkt. Baden-Württemberg hat im gleichen Zeitraum ein starkes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum erlebt, nicht zuletzt durch Zuwanderung aus den Neuen Bundes-ländern. Zum anderen ist die Emissionsstruktur der Bundesländer sehr unterschiedlich. Ba-den-Württembergs Pro-Kopf-Emissionen liegen schon heute um 4 t niedriger als der Bundes-durchschnitt, so dass der absolute Minderungsbeitrag des Landes entsprechend geringer ausfallen wird als im Bundesmittel.

Relativ zum Ausgangswert von 2007 verlangt das hier vorgeschlagene Landesziel eine Min-derung, die sogar leicht über der bundesweit notwendigen Minderung liegt. Ein Landesziel von -30°% bis 2020 in Baden-Württemberg gefährdet somit keineswegs das Bundesziel von -40 %, sondern leistet einen angemessenen Beitrag zu seiner Erreichung.

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2.4 Sektorale Ziele

Was bedeutet eine Absenkung der Treibhausgasemissionen auf ein Fünftel des Wertes von 1990 für die einzelnen Wirtschafts- und Lebensbereiche in Baden-Württemberg? Kann eine Minderung in dieser Größenordnung mit heute schon bekannten Technologien bis zur Mitte des Jahrhunderts erreicht werden und wie kann dies geschehen? Diese Fragen liegen den Ausarbeitungen der einzelnen Kapitel zugrunde. Im ersten Schritt wurde für jeden der ver-schiedenen Wirtschaftsbereiche eine Vision für das Jahr 2050 entwickelt, die beschreibt, wie der Sektor mit einem Bruchteil des heutigen Emissionsniveaus aussehen könnte.

Ausgangspunkt war dabei der Gedanke, dass die Emissionen grundsätzlich im jedem Sektor um rund 80 % gesenkt werden müssen, damit das Gesamtziel erreicht werden kann. Eine Ausnahme von dieser Regel bilden die Bereiche Industrie und Landwirtschaft, da die Klima-schutzbemühungen in diesen Bereichen an technologische Grenzen stoßen. Nach derzeiti-gem Kenntnisstand wären Minderungen in der geforderten Höhe von 80 % nur über eine massive Absenkung der Produktionsmenge möglich. Daher wurden die Ziele aufbauend auf der wissenschaftlichen Literatur angepasst: Für die Landwirtschaft wurde zunächst ein Re-duktionsziel von -40 % für 2050 und für die Industrie das Ziel von -60 % angestrebt.

Diese Zielwerte für 2050 wurden als erste Grobabschätzung den sektorspezifischen Potenti-alabschätzungen zugrunde gelegt. Die detaillierte Analyse hat gezeigt, dass die Ziele in allen Sektoren erreichbar sind, sofern ambitionierte Maßnahmen ergriffen und die richtigen Rah-menbedingungen gesetzt werden. In einigen Sektoren, z.B. in der Abfallwirtschaft, bei Haus-halten und Gewerbe und bei der Strom- und Fernwärmeerzeugung (Umwandlungssektor) ist bis 2050 sogar eine Treibhausgasreduktion von über 80 % möglich (vgl. Tabelle 4).

Sektoren Ausgangspunkt 2007 Ziele 2020 Ziele 2050

Umwandlungssektor +15 % -22 % -98 %

Private Haushalte und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen -17 % -35 % -89 %

Industrie -26 % -34 % -60 %

Verkehr -1 % -27 % -80 %

Abfallwirtschaft -75 % -90 % -92 %

Landwirtschaft -18 % -32 % -41 %

Gesamt (ggü. 1990) -10 % -30 % -80 %

Anmerkung: Einbezogen werden Emissionen an Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) nach Quellenbilanzprin-zip.

Tabelle 4: Sektorale Treibhausgasminderungsziele für Baden-Württemberg 2020 und 2050 gegenüber 1990

Die Untersuchung der Minderungspotentiale in den verschiedenen Sektoren hat auch ge-zeigt, dass die ehrgeizigen Ziele für 2050 nur erreicht werden können, wenn die Weichen für diese künftige Entwicklung heute gestellt werden. Von der Zukunftsvision ausgehend müs-sen Rückschlüsse für heutige Schritte gezogen werden. Es gilt Technologien zu entwickeln und Pfade für die Zukunft zu eröffnen, auch wenn damit bis 2020 noch keine nennenswerten

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Emissionsminderungen zu erreichen sind. Daher wurden im Klimaschutzkonzept 2020PLUS alle konkreten Maßnahmen für den Zeitraum bis 2020 auf Grundlage der Visionen für 2050 entwickelt. Ziel ist es, Baden-Württemberg auf einen Pfad hin zum langfristigen Ziel für 2050 zu führen.

Ziel der bis 2020 umzusetzenden Maßnahmen ist es außerdem, das Zwischenziel von -30 % gegenüber 1990 zu erreichen. Hier galt ebenfalls das Grundprinzip, dass die Treibhausgas-emissionen jedes Sektors um rund 30 % abgesenkt werden müssen. Allerdings wurden auch die Unterschiede in der Ausgangssituation berücksichtigt: So haben die Treibhausgas-emissionen in einigen Sektoren zwischen 1990 und 2007 schon stark abgenommen, wäh-rend in anderen Bereichen gleichbleibende oder sogar steigende Emissionen zu verzeichnen waren. Tabelle 4 zeigt die Ausgangssituation im Jahr 2007 sowie die Sektorziele für 2020 und 2050 im Überblick. Diese Ziele beruhen auf den errechneten Reduktionspotenzialen der Maßnahmen, die in den folgenden Kapiteln dargestellt sind. Da die Berechnungen gewissen Unsicherheiten unterliegen, sind die Ziele jedoch als Richtwerte zu verstehen. Entscheidend ist, dass die Gesamtziele erreicht werden.

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3 Klimaschutzmaßnahmen in einzelnen Sektoren

3.1 Energiewirtschaft

Die Energieversorgung und namentlich die Stromerzeugung trägt zu 24 % zu den THG-Emissionen in Baden-Württemberg bei. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf erwartbare zusätzliche Bedarfe – Stichworte Elektromobilität, verstärkter Einsatz von Wärmepumpen bei der Raumwärme, zusätzliche und neue elektrische Anwendungen – kommt dem Umbau des Energieversorgungssystems auf der Basis erneuerbarer Energien eine zentrale Bedeutung zu. Ein solcher Umbau wird sich auch massiv auf die Strukturen der Energieversorgung, ein-schließlich der Infrastrukturen, auswirken.

Wesentliche Ansatzpunkte hierfür sind bereits im Energiekonzept des Landes sowie im Bio-masseaktionsplan enthalten. Mit den dort genannten Maßnahmen soll das Minderungsziel des Klimaschutzkonzeptes 2020 PLUS (- 30 %) erreicht werden. Der Monitoringbericht 2010 vom Energiekonzept zeigt allerdings eine Reihe von Defiziten in der Umsetzung auf. Das folgende Kapitel greift die genannten Vorgaben und die Erkenntnisse aus dem Monitoring unter besonderer Berücksichtigung der THG-Minderung auf und skizziert mögliche Entwick-lungspfade bis zum Jahr 2050. Betrachtet werden die Teilbereiche

Umwandlungssektor – Schwerpunkt Stromerzeugung

Transformation der Energienetze

Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen

Erschließung des nachhaltigen Biomassepotenzials zur energetischen Nutzung.

Die Verbrauchsseite einschließlich der Wärmeversorgung wird in den folgenden Sektorkapi-teln behandelt.

3.1.1 Umwandlungssektor – Schwerpunkt Stromerzeugung

3.1.1.1 Ausgangssituation

Die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung (einschließlich Strom- und Wärmeerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen) tragen zu 24 % zu den Treibhausgasemissionen in Ba-den-Württemberg bei (StaLA 2008). Sie beziffern sich auf 17,04 Mio. Tonnen und stammen zu 83 % aus der Steinkohleverstromung. Kernenergie wird in der Stromproduktion als CO2-frei eingestuft, weshalb diese in der inländischen Stromerzeugung (ohne Importe) einen sehr niedrigen CO2-Emissionsfaktor von 282 g CO2/kWh erreicht. Auf Bundesebene lag der durchschnittliche CO2-Emissionsfaktor der Stromerzeugung 1990 bei 727 g CO2/kWh (UBA 2007).

Die Erfassung der Treibhausgasemissionen erfolgt auf Basis der Energiebilanz des Landes nach dem Inlandsprinzip. Dies bedeutet, dass nur die Emissionen des tatsächlich in Baden-

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Württemberg erzeugten Stroms in die Bilanzierung eingehen. Die Emissionen, die bei der Produktion des Importstroms entstehen, werden dabei nicht erfasst. Abbildung 5 zeigt die Strombereitstellung und die resultierenden CO2-Emissionen in Baden-Württemberg für 1990.

Abbildung 5: Strombereitstellung und resultierende CO2-Emissionen in Baden-Württemberg 1990 (StaLA 2010a, 2010c).

Ab 2003 wurde die Erfassung der Emissionen aus der Strom- und Wärmeerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) jedoch geändert. Um die Werte vergleichen zu können, muss der Emissionswert für 1990 daher auf 15,5 Mio. t CO2/a korrigiert werden. Der deutli-che Anstieg des Strombedarfs führte vor allem zur Steigerung des Stromimports, der 2007 13 % der Strombereitstellung ausmachte. Da der importierte Strom in der Energiebilanz nicht mit Emissionen berücksichtigt ist, resultiert der Anstieg der CO2-Emissionen von 1990 bis 2007 allein aus der Zunahme der inländischen Erzeugung auf Basis fossiler Brennstoffe (vgl. Abbildung 6).

Abbildung 6: Strombereitstellung und resultierende CO2-Emissionen in Baden- Württemberg 2007 (StaLA 2010b, 2010c).

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Im Erzeugungsmix 2007 dominieren nach wie vor Kernenergie und Steinkohle. Deren abso-lute Erzeugung hat im Vergleich zu 1990 zugenommen, während sie anteilig an Bedeutung verloren haben. Dagegen hat die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien nicht nur ab-solut, sondern auch prozentual erheblich hinzu gewonnen. Sie konnte von 7 % im Jahr 1990 auf 11 % im Jahr 2007 zulegen. Den größten Zuwachs (bezogen auf den gesamten Strom-mix) verzeichnete der Stromimport, der von 4 % im Jahr 1990 auf 13 % im Jahr 2007 anges-tiegen ist.

Der CO2-Emissionsfaktor für die Stromerzeugung im Inland konnte durch den starken Zu-wachs der erneuerbaren Energien im Vergleich zu 1990 etwas verringert werden. Er lag 2007 bei 244 g CO2/kWh. Damit ist die Stromerzeugung in Baden-Württemberg nach wie vor mit einem wesentlich geringeren Emissionsfaktor belastet, als dies auf Bundesebene (624 g CO2/kWh) der Fall ist.

3.1.1.2 Vision 2050

Die Stromversorgung in Baden-Württemberg könnte im Jahr 2050 weitgehend CO2-frei durch den flächendeckenden Einsatz erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung erfolgen und das heutige Energiesystem weitgehend umgebaut sein. Die Kernenergie wird unter Berücksichti-gung der im Jahr 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerung nicht mehr zur Stromerzeugung eingesetzt. Die Kohlekraftwerke im Land dürften bis 2050 voraussichtlich alle vom Netz ge-gangen sein; sofern sie noch in Betrieb sind, sind sie mit Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) ausgerüstet. Bis 2050 sind alle Sparten der erneuerbaren Energien kostenseitig zumindest konkurrenzfähig gegenüber fossiler Stromerzeugung. Die Energieversorgungsunternehmen dürften daher den erneuerbaren Energien allein schon aus ökonomischen Gründen bei Investitionsentscheidungen den Vorzug geben. Hierdurch könnte im Stromsektor eine Übererfüllung des 80-%-Reduktionsziels für Baden-Württemberg mög-lich sein, da außer einem Restbetrag aus der thermischen Verwertung von Abfällen in der Stromerzeugung keine CO2-Emissionen mehr anfallen dürften.

In der Stromerzeugung könnte im Jahr 2050 das Inlandsprinzip verwirklicht sein, das heißt der Strombedarf könnte weitgehend aus den in Baden-Württemberg vorhandenen Potenzia-len gedeckt werden. Denn eine lastnahe Stromerzeugung bleibt ungeachtet der Reduzierung der Importabhängigkeit, ein auch hinsichtlich der Netzstabilität notwendiger Beitrag zur Ver-sorgungssicherheit in Baden-Württemberg. Die Auswahl der Beiträge einzelner Technologien wird den Kriterien Ökologie, Wirtschaftlichkeit, Akzeptanz, Versorgungssicherheit und infrast-rukturelle Anforderungen folgen.

Eine Variable stellen die Stromimporte dar; aus ökonomischen Gründen, aber auch aus Gründen der Akzeptanz könnte sich ein höherer Importanteil entwickeln Die Entwicklung zu einer CO2-neutralen Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien in Baden-Württemberg dürfte sowohl in vergleichbare Entwicklungen auf Bundesebene als auch im europäischen Verbund eingebettet sein.

Nach Baden-Württemberg importierter Strom wird daher Strom aus erneuerbaren Energien sein. Begrenzte Stromimporte sind aus ökonomischen Gründen ebenso wie aus infrastruktu-rellen Erwägungen sinnvoll.

Der Strombedarf 2050 wird sich auf etwa 60,1 TWh belaufen. Diese Annahme beruht auf den Verbrauchserwartungen in den Sektoren – unter Berücksichtigung der vorgesehenen

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Steigerungen der Energieeffizienz sowie auf Verbrauchssteigerungen durch Energieträger-verschiebungen (z.B. Elektromobilität). Im Vergleich zu 2007 ist das ein Rückgang um rund 23 TWh oder knapp 28 %.

Der Fernwärmebedarf wird sich von 13,8 TWhth im Jahr 2007 auf 6,8 TWhth bis 2050 annä-hernd halbieren, vollständig aus erneuerbaren Quellen (Geothermie (4 TWhth) und Biomasse in Kraftwärme-Kopplung (1,75 TWh)) stammen, Für die Stromerzeugung im Jahr 2050 wird ein Mix aus allen in Baden-Württemberg verfügbaren erneuerbaren Energiequellen benötigt. Neben den genannten Quellen Geothermie (1 TWhel) und Biomassestrom aus Kraft-Wärme-Kopplung (1,75 TWhel) könnten das weitere Biomassequellen (4,96 TWhel), Wasserkraft (6,4 TWh), Photovoltaik (bis zu 17,1 TWh) und Windenergie (bis zu 20,2 TWh) sowie Strom-erzeugung aus der thermischen Abfallverwertung (0,4 TWh) sein. Somit summiert sich die Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Abfall auf 51,8 TWh. Hinzu kommen etwa 8,3 TWh Importstrom aus erneuerbaren Energien. Die einzelnen Technologien könnten wie folgt zusammen gesetzt sein, wobei das in Baden-Württemberg technisch verfügbare Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft wird.

Der Anteil der Geothermie dürfte mit 1 TWh/a weit unter dem theoretisch in Baden-Württemberg vorhandenen Potenzial liegen. Dies liegt zum einen an der Technologieverfüg-barkeit; wichtiger ist aber, dass 2050 weitere Wärmesenken fehlen werden, die für den wirt-schaftlichen Betrieb geothermischer Stromerzeugungsanlegen von essentieller Bedeutung sind.

Der Anteil der Biomasse in der Stromerzeugung könnte 63 PJ zum nachhaltig verfügbaren Biomassepotenzial (ohne den Anbau von Energiepflanzen) beitragen. Davon werden 21 PJ in KWK genutzt. Weitere 21 PJ werden als gasförmige Biomasse zentral in Gas- und Dampf-kraftwerken (GuD) und mangels Nachfrage ohne Wärmeauskopplung verstromt. Die genann-ten GuD-Kraftwerke werden vorzugsweise im Winter zum Einsatz kommen, wenn die Strom-erzeugung aus Photovoltaik witterungsbedingt nur sehr schwach ausgeprägt ist. Die Bio-masse-GuD können geregelt werden und sind deshalb wichtig zum Ausgleich der schwan-kenden Einspeisung aus Windenergie und Photovoltaik.

Die Bereithaltung von GuD-Kraftwerken erlaubt es, Wasserstoff bzw. das Erdgassubstitut (Substitute Natural Gas - SNG) einzusetzen, das aus überschüssiger Wind oder Photovol-taikstromerzeugung gewonnen wird. Das Erdgassubstitut SNG kann zudem im Gasnetz zwischengespeichert werden.

Die Windenergienutzung in Baden-Württemberg könnte bis zu einem Drittel zur Stromerzeu-gung im Jahre 2050 beitragen. Dies entspräche 20,2 TWh/a. Um diese Menge an Windener-gie vollständig in Baden-Württemberg zu produzieren, müssten langfristig jährlich bis zu 150 Windkraftanlagen neu gebaut und rechnerisch nach heutigem Kenntnisstand bis zu 1.268 km2 für Windkraftanlagen in Anspruch genommen werden. Darin einbezogen ist ein geringer Anteil an Landschaftsschutzgebietsflächen (ca. 3%, rund 24.500 ha). Ob solche Flächen tatsächlich benötigt werden und verfügbar sind, hängt u. a. von der Wettbewerbsfähigkeit der verschiedenen Windenergiestandorte und insbesondere der Verfügbarkeit von Offshore-Windenergie ab. Ob die Flächen für eine Windkraftnutzung tatsächlich verfügbar sind, hängt ab von der raumordnerischen Verträglichkeit einer Windkraftnutzung der entsprechenden Flächen, die von den Trägern der Regionalplanung nach dem Raumordnungsgesetz des Bundes in einem umfassenden Abwägungsprozess zu prüfen ist, sowie insbesondere auch von den fachrechtlichen Vorgaben in den Bereichen des Natur-, Landschafts- und Immissi-onsschutzes.

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.Für die Stromerzeugung aus Photovoltaik steht ein theoretisch geeignetes Dachflächenpo-tenzial von 157,3 km² zur Verfügung. Davon wird ein Drittel für die solarthermische Nutzung reserviert. Bis 2050 wurde der Wirkungsgrad der photovoltaischen Stromerzeugung auf 30 % (heute 16-18 %) gesteigert Bei einer Nutzung des gesamten PV-Potenzial von etwa 28 % kann 2050 mit etwa 17,1 TWh mehr als ein Viertel des Strombedarfs aus Photovoltaik ge-deckt werden. Auf Freiflächenanlagen kann dabei weitgehend verzichtet werden, wenn ein größerer Teil des Dachflächenpotenzials ausgeschöpft wird.

Die Wasserkraft in Baden-Württemberg wird in begrenztem Umfang und unter Beachtung der Belange der Gewässerökologie auf 6 - 6,4 TWh/a ausgebaut.

Die Stromerzeugung 2050 wird nicht zu 100 % CO2-neutral sein können, weil auch dann noch Abfallmengen vorhanden sein werden, die energetisch genutzt werden (Beitrag zur Stromerzeugung von 0,44 TWh mit CO2-Emissionen von rund 0,4-0,5 Mio. t CO2).

Der Stromimport wird mit 14 % auch 2050 eine ähnlich wichtige Rolle bei der Deckung des Strombedarfs spielen wie heute. Baden-Württemberg könnte zwar bei stärkerer Nutzung der Photovoltaik und der Windenergie allein mit diesen beiden Energieträgern mehr als 110 % des Strombedarfs decken. Mit dem Mix aus allen verfügbaren erneuerbaren Energien wären es sogar 135 %. Aufgrund des hohen Anteils der fluktuierenden Erzeugung aus Wind und Sonne ist es jedoch sinnvoll, bei der Ausschöpfung des inländischen Potenzials nicht bis an die Grenzen zu gehen, sondern die Eigenversorgung Baden-Württembergs bei 86 % etwa auf heutigem Niveau zu belassen. Der importierte Strom stammt dann aus anderen deut-schen Bundesländern, beispielsweise in Form von Offshore-Windstrom, oder aus den euro-päischen Nachbarländern. Ebenfalls denkbar ist der Import von Strom aus solarthermischen Kraftwerken in Spanien oder Nordafrika, denn bis 2050 sollte die heute noch fehlende Lö-sung des Transportproblems für diesen Strom gelöst sein.

Der nahezu ausschließliche Einsatz erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung im Jahr 2050 stellt eine große infrastrukturelle Herausforderung insbesondere mit Blick auf die Netze dar. Betroffen sind alle Spannungsebenen (vgl. unten, 3.1.2, Transformation der Stromnet-ze).

Im Jahr 2050 dürften aufgrund des hohen Anteils fluktuierender Stromerzeugung ca. 20 % des Strombedarfs auf unterschiedlichste Weise zwischengespeichert bzw. verlagert werden. Einen Teil der erforderlichen Speicherung könnten Pumpspeicherwerke übernehmen. Weite-re 15 % der erzeugten Strommenge werden sowohl mit anderen deutschen Bundesländern als auch mit den europäischen Nachbarstaaten ausgetauscht. Hierdurch dürfte sich der tat-sächliche Bedarf an Speicherkapazität im Land erheblich reduzieren (ca. 5 % des Strombe-darfs).

3.1.1.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Das langfristige Ziel, die Stromversorgung Baden-Württembergs vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen, ist sehr ambitioniert. Nur wenn wir heute beginnen, den Transformati-onsprozess einzuleiten, kann das gesteckte Ziel erreicht werden. Das Jahr 2020 stellt einen ersten Meilenstein der Vision 2050 dar. Für den Sektor Stromerzeugung soll bis zum Jahr 2020 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 30 % bezogen auf das Jahr 1990 als Zwischenziel angestrebt werden. Schon innerhalb der nächsten zehn Jahre müssen dafür richtungweisende Entscheidungen getroffen werden, die das Energiesystem

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langfristig beeinflussen. Die im Herbst 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung der deut-schen Kernkraftwerke dient im Sinne einer „Brücke“ der Erreichung dieses ambitionierten Ziels.

Im Umwandlungssektor betreffen die Maßnahmen bis 2020 zum einen den weiteren Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die einen großen Beitrag zum 30%-Minderungsziel der Treibhausgasemissionen leisten können. Ein zweiter Baustein auf dem Weg dorthin ist der vermehrte Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung und somit eine er-hebliche Steigerung der Energieeffizienz beim Einsatz fossiler und biogener Energieträger zur Strom- und Wärmeerzeugung. Die Kraft-Wärme-Kopplung auf fossiler Basis ist dabei als eine erforderliche Übergangstechnologie auf dem Weg zur vollständig auf erneuerbaren Energien basierenden Stromerzeugung zu sehen. Parallel dazu muss schon heute der Weg für ein wesentlich stärkeres Wachstum der Erneuerbaren in Baden-Württemberg nach 2020 geebnet werden. Der Bestimmung des Stromerzeugungsmixes im Jahr 2020 liegt das Ener-giekonzept 2020 der Landesregierung zugrunde, das einen Anteil von 50 % Kernenergie, 30 % fossilen Energieträgern und 20 % erneuerbaren Energien vorsieht. Bezogen auf die Bruttostromerzeugung von 72 TWh bedeutet dies, dass 2020 14,4 TWh Strom aus der Nut-zung erneuerbarer Energien bereitgestellt werden. Die Anteile der Einzeltechnologien zeigt Abbildung 7.

Geothermie; 0,3 TWh

Photovoltaik; 2,7 TWh

Windenergie; 1,2 TWh

Biomasse; 4,7 TWh

Wasserkraft; 5,5 TWh

Erneuerbare Energien; 14,4 TWh

Kernenergie; 35,4 TWh

Fossil nicht KWK; 10,25 TWh

Fossil KWK; 12,35 TWh

(+ 0,85 TWh aus Biomasse-KWK)

Importe; 10,7 TWh

Abbildung 7: Zusammensetzung der Strombereitstellung in Baden-Württemberg 2020 nach dem Energiekonzept 2020

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung erneuerbarer Energien zur Strom-erzeugung sind durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bereits attraktiv ausgestal-tet, da die über 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung kostendeckend ausgelegt ist. In Baden-Württemberg ist sowohl der Ausbaugrad bezogen auf das vorhandene Potenzial als auch die Ausbauaktivität in den einzelnen Sparten der regenerativen Stromerzeugung sehr unterschiedlich. Während sich die Nutzung von Bioenergie und die solare Stromerzeugung derzeit sehr positiv entwickelt, sind in einigen Bereichen, insbesondere der Windenergie, nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Die Gründe für den schleppenden Ausbau liegen einer-seits in den rechtlichen Rahmenbedingungen, die häufig die Standort-Auswahl einschränken, andererseits gibt es oftmals Akzeptanzprobleme seitens der Bevölkerung und der politischen Mandatsträger.

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Die Option, Kohlendioxid abzuscheiden und zu speichern (CCS) stellt aus Sicht des Landes lediglich eine Übergangstechnologie bis zum Auslaufen der Kohleverstromung dar, mit der Option, deren CO2-Emissionen in den 2030er und 2040er Jahren zu vermindern. Realisti-scher Weise wird CCS großtechnisch nicht vor 2025 verfügbar sein. Zudem werden CCS-(Kohle-)kraftwerke aufgrund der großen Potenziale der erneuerbaren Energien langfristig nicht benötigt werden, sondern stattdessen alle potenziellen Speichermöglichkeiten für er-neuerbaren Strom erschlossen werden müssen. Bei einer Weiterverfolgung der CCS-Technik in Deutschland wären daher Nutzungskonkurrenzen insbesondere zu Druckluftspei-cher zu vermeiden. Allerdings ist CCS eine Option bei nicht vermeidbaren Emissionen bei-spielsweise aus der Zementindustrie oder sofern CO2 auch aus der Verstromung erneuerba-rer Energien, insbesondere von Biomasse, abgeschieden werden sollte.

Die schwankende regenerative Stromerzeugung stellt die Stabilität der Stromversorgung vor neue Herausforderungen, deshalb müssen der Entwicklung und Integration geeigneter Spei-chertechnologien sowie dem Netzausbau und der Netzertüchtigung mehr Bedeutung beige-messen werden (vgl. auch unten, Kap. 3.1.2).

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Maßnahme SE1 Photovoltaik – Unterstützung für Fortführung des EEG

Ziel Unterstützung des kontinuierlichen, flächendeckenden Ausbaus der Photovoltaik mit einem Zubauziel von 500 MWp/a ab spätestens 2020, so dass die Photovoltaik langfristig eine tragende Rolle in Baden-Württembergs Stromerzeugung übernehmen kann.

Sachstand Ende des Jahres 2007 betrug die installierte Photovoltaik-Leistung in Baden-Württemberg 877 MWp, wovon allein 255 MWp im Verlauf des Jahres 2007 neu installiert wurden. Das Energiekonzept 2020 der Landesregierung enthält die Zielsetzung bis 2020 mindestens 2,7 TWh/a Strom aus Photovoltaik zu erzeugen. Mit der Ende 2009 installierten Leistung von 1.824 MWp dürften 2010 bereits 1,64 TWh Photovoltaikstrom erzeugt werden.

Der Ausbau der Photovoltaik wird durch das EEG auf Bundesebene bestimmt. Es garantiert die vorrangige Abnahme des erzeugten Stroms und eine Einspeisevergütung für 20 Jahre. Nach aktuellen Abschätzungen werden die Stromgestehungskosten aus Photovoltaik zwi-schen 2013 und 2014 das Niveau des Haushaltsstroms erreichen.

Beschreibung Die erfolgreiche Unterstützung der Markteinführung durch das EEG bedarf zumindest mit-telfristig einer Fortführung. Die Landesregierung wird sich für die Erhaltung des EEG als Förderinstrument einsetzen. Die wichtigsten Elemente sind dabei die Anschluss- und Ab-nahmegarantie, die Investitionssicherheit und Kostendeckung über die Vergütungssätze. Bei der anstehenden Novellierung des EEG im Jahre 2011 soll der Druck auf Innovationen und Kostensenkungen verstärkt und zugleich die Förderung wirtschaftlicher sowie die Ein-speisung effizienter gestaltet werden.

Zielgruppe „Dachflächenbesitzer“ aller Art, Bürgerinnen und Bürger, Energieversorgungsunternehmen, sonstige Investoren.

THG-Einsparung Bei Erreichen der Zielsetzung des Energiekonzepts 2020 von 2,7 TWh Photovoltaikstrom werden 2020 im Vergleich zu 2007 ca. 1,2 Mio. t CO2/a eingespart.

Maßnahme SE2 Photovoltaik – Auswirkungen auf das Niederspannungsnetz

Ziel Siehe Maßnahme SE1.

Sachstand Die Fragestellung ist auch Gegenstand der „dena-Netzstudie II“.

Beschreibung Die mit dem Ausbau der Photovoltaik zunehmende Belastung der Stromnetze insbesondere auf Niederspannungsebene ist nur unzureichend untersucht. Bislang befassen sich sämtli-che Studien zur Netzproblematik nahezu ausschließlich mit der Wirkung der Windstromein-speisung auf das Netz auf Hoch- und Höchstspannungsebene. Gerade weil die Photovol-taik in Baden-Württemberg zukünftig eine tragende Rolle übernehmen kann, besteht hier Handlungsbedarf. Das Land wird im Dialog mit den Betreibern der Mittelspannungs- und Niederspannungsnetze klären, welcher Handlungs- und ggf. Untersuchungsbedarf hinsich-tlich einer steigenden Photovoltaik-Anschlussleistung auf das Niederspannungsnetz besteht und ggf. ein Forschungsvorhaben aufsetzen. Ziel ist dabei, mögliche Hemmnisse für eine flächendeckende Verbreitung der Photovoltaik frühzeitig auszuloten und in Kooperation mit den Netzbetreibern Strategien zu ihrer Beseitigung zu entwickeln.

Zielgruppe Forschungseinrichtungen, Netzbetreiber, Energieversorgungsunternehmen.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 1.

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Maßnahme SE3 PV-Leitfaden

Ziel Siehe Maßnahme SE1.

Sachstand Siehe Maßnahme SE1.

Beschreibung Um die Akzeptanz der Photovoltaik zu fördern, sollte auch jenen Bürgerinnen und Bürgern, die über kein eigenes Dach zur Installation einer Anlage verfügen, die Möglichkeit gegeben werden, sich an solchen Anlagen zu beteiligen. Solche Anlagen könnten auf geeigneten Dachflächen auf Liegenschaften des Landes und der Kommunen entstehen. Das Land wird einen „Leitfaden Bürger-PV-Anlage“ erarbeiten, der eine Orientierung bietet, wie derartige Anlagen in der Praxis umgesetzt werden können (Rechtsform, Höhe der Beteiligung, Ge-winnausschüttung usw.). Hier empfiehlt sich auch eine Kooperation mit Energieversorgern oder Stadtwerken, die in diesem Bereich schon Erfahrungen gesammelt haben.

Zielgruppe Bürgerinnen und Bürger, Kommunen, Energieversorgungsunternehmen, sonstige Investo-ren.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE1.

Maßnahme SE4 Fortführung der Solarinitiative an Landesliegenschaften

Ziel Siehe Maßnahme SE1.

Sachstand Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung hat beim verstärkten Einsatz erneuer-barer Energien in Landesliegenschaften in den letzten Jahren auch die Errichtung von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) mit externen Kooperationspartnern intensiviert.

Bisher konnten auf landeseigenen Dachflächen insgesamt ca. 43.000 m2 PV-Modulfläche errichtet werden, deren installierte Leistung insgesamt ca. 5100 kWp (Kilowatt-Peak) be-trägt. Die Anlagen erzeugen 4.7000.000 kWh Strom pro Jahr. Damit können jährlich rund 1.000 Tonnen CO2-Emission vermieden werden.

Beschreibung Es besteht eine Pflicht, bei großen Baumaßnahmen an Landesliegenschaften den Einsatz erneuerbarer Energie (Einsatz Biomasse, Kraft-Wärme-Kopplung, thermische Solaranla-gen, Geothermie und Photovoltaik) zu prüfen. Die Überlassung geeigneter Dachflächen an private Dritte zur Installation von Photovoltaik-Anlagen wird fortgeführt. Sofern Dach flächen geeignet sind und keine Einschränkungen aufgrund denkmalschutzrechtlicher Vorschriften, der Bausubstanz und der Nutzung gelten, stehen landeseigene Dachflächen grundsätzlich zur Errichtung von Photovoltaikanlagen zur Verfügung.

Zielgruppe Landesliegenschaften, Investoren

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE1.

Maßnahme SE5 Windenergie – Überprüfung der Neuausweisung von Vorrangflächen

Ziel Die Windenergie soll als wirtschaftliche und ökologisch vertretbare Stromerzeugungstech-nologie in Baden-Württemberg etabliert werden, so dass die Zielsetzung des Energiekon-zepts 2020 (1,2 TWh in 2020) sicher erreicht und darüber hinaus die Basis für weiteres kontinuierliches Wachstum geschaffen wird.

Sachstand Ende des Jahres 2007 waren in Baden-Württemberg Windenergieanlagen mit einer Ge-samtleistung von 404 MW installiert, wobei der Zubau in Höhe von 79 MW eine Steigerung

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der installierten Gesamtleistung um knapp 25 % bedeutete. Danach ist der Zubau erheblich zurückgegangen, so dass die Leistung bis Ende 2009 mit zusätzlich installierten 48 MW (insgesamt 452 MW) nur knapp 12 % über dem Wert von 2007 lag.

Beispielsweise haben in Baden-Württemberg die Träger der Regionalplanung die Aufgabe der planerischen Steuerung der Standorte für Windkraftanlagen. Liegen entsprechende regionalplanerische Festlegungen vor, ist der Bau von regionalbedeutsamen Windkraftan-lagen grundsätzlich nur in den festgelegten Vorranggebieten zulässig. Die geringe Ausbau-aktivität wirft auch die Frage auf, ob eventuell zum einen zu wenig Vorrangflächen ausge-wiesen wurden und zum anderen, ob einige dieser Flächen nicht die notwendige Windhöf-figkeit für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen aufweisen.

Beschreibung Die Landesregierung setzt sich weiter für die Überprüfung der festgelegten Vorranggebiete und die Neufestlegung nachweislich geeigneter Vorranggebiete ein. Hierzu lässt die Lan-desregierung eine landesweite Untersuchung zur Windhöffigkeit potenzieller Standorte durchführen. Dabei sollte verstärkt eine Ausweisung von Vorrangflächen im Wald geprüft werden.

Zielgruppe Regionalverbände, Kommunen, WEA-Betreiber/Investoren, Bürgerinnen und Bürger.

THG-Einsparung Bei Erreichen der Zielsetzung des Energiekonzepts 2020 von 1,2 TWh Windstrom werden 2020 im Vergleich zu 2007 ca. 0,5 Mio. t CO2/a eingespart.

Maßnahme SE6 Windenergie – Kriterienkatalog für WEA in Landschaftsschutzgebieten

Ziel Siehe Maßnahme SE5.

Sachstand Siehe Maßnahme SE5.

Beschreibung Damit die Windenergie längerfristig zu einer tragenden Säule der Energieversorgung im Land werden kann, sind auch Flächenpotenziale in bestehenden Schutzgebieten, vor allem in Landschaftsschutzgebieten, zu prüfen (ca. 3 % der Landschaftsschutzgebiete, d.h. rund 24.500 ha). Um Landschaftsschutz und Ökonomie gleichermaßen Rechnung zu tragen, sollten zusammen mit den Stadt- und Landkreisen als Verordnungsgebern frühzeitig Hin-weise für eine mögliche Windenergienutzung in Landschaftsschutzgebieten gegeben wer-den.

Zielgruppe Regionalverbände, Kommunen, WEA-Betreiber/Investoren, Bürgerinnen und Bürger.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 5.

Maßnahme SE7 Windenergie – Bereitstellung der Landeswaldflächen für die Windenergienutzung

Ziel Siehe Maßnahme SE 5.

Sachstand Siehe Maßnahme SE 5.

Beschreibung Damit die Windenergie längerfristig zu einer tragenden Säule der Energieversorgung im Land werden kann, sind geeignete Waldflächen zu erschließen. Das Land Baden-Württemberg verfügt über zahlreiche eigene Waldflächen, deren Eignung bei entsprechen-der Windhöffigkeit als Windenergieanlagenstandort überprüft werden sollte. Bei Eignung sollten diese aktiv als Windenergieanlagenstandorte vermarktet und potenziellen Betreibern bzw. Investoren angeboten werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die entsprechende regionalplanerische Gebietsausweisung erfolgt ist und die im Einzelfall erforderlichen ge-

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nehmigungsrechtlichen und sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Eine Verpachtung dieser Flächen wäre mit Einnahmen auf Landesseite verbunden.

Zielgruppe WEA-Betreiber/Investoren.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 5.

Maßnahme SE8 Windenergie - Akzeptanzsteigerung und aktive Unterstützung von Kommunen

Ziel Siehe Maßnahme SE5.

Sachstand Siehe Maßnahme SE5.

Beschreibung Zur Steigerung der Akzeptanz von Windenergieanlagen bei Kommunen und Bürgerinnen und Bürgern werden die Maßnahmen des Wirtschaftsministeriums fortgeführt werden, bei-spielsweise:

a. Gezielte Kommunikation der potenziellen Gewerbesteuereinkommen durch Windener-gieanlagen in den Standort-Gemeinden.

b. „Tag der offenen Windenergieanlage“: Betreiber von Windparks könnten an einem Tag im Jahr Besucher vor Ort über Windenergieanlagen informieren und eventuell das Be-treten / Besteigen von Anlagen ermöglichen, um das Interesse an der Technik zu wecken. Die Politik könnte die Koordination und Kommunikation eines solchen Tages übernehmen.

c. Die Kommunikation der Vorteile, aber auch die Aufklärung über Nachteile von erneuer-baren Energien, speziell der Windenergie, könnte mit Hilfe eines „Info-Mobils“ vor allem Personen in ländlichen Gebieten erreichen.

Zielgruppe Regionalverbände, Kommunen, WEA-Betreiber/Investoren, Bürgerinnen und Bürger.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 5.

Maßnahme SE9 Wasserkraft – Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für Repowering I

Ziel Steigerung der Stromerzeugung aus Wasserkraftwerken auf 5,5 TWh/a in 2020 gemäß Energiekonzept unter strenger Beachtung der Gewässerökologie.

Sachstand 2007 betrug die installierte Leistung von Wasserkraftanlagen in Baden-Württemberg 775 MW, die Stromerzeugung lag bei rund 5.150 GWh. Damit trägt die Wasserkraft dort mit knapp 7 % zur Stromerzeugung bei und ist bisher die wichtigste erneuerbare Energiequelle. Große Wasserkraftanlagen gab es im Land schon vor Einführung des EEG, da deren Stromgestehungskosten mit konventionellen Kraftwerken konkurrieren können. Durch das EEG entstand ein zusätzlicher wirtschaftlicher Anreiz für Kleinwasserkraftanlagen, die einen deutlich höheren Vergütungssatz erhalten als Großanlagen. Ohne Modernisierung bei Be-standsanlagen wäre ein Leistungsverlust zu erwarten, da eine Mindestwasserführung und Durchgängigkeit gegeben sein muss.

Beschreibung Das Land wird die beteiligten Akteure insbesondere der Wasserbehörden und der Betreiber von Kleinwasserkraftanlagen bei der Suche nach einvernehmlichen Lösungen zur optima-len Verbindung ökologischer und ökonomischer Aspekte unterstützen. Fortsetzung der bestehenden Aktivitäten.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Zielgruppe Wasserbehörden; Anlagenbetreiber/Investoren; Kommunen

THG-Einsparung Bei Erreichen der Zielsetzung des Energiekonzepts 2020 von 5,5 TWh Strom aus Wasser-kraft werden 2020 ca. 0,3 Mio. t CO2/a zusätzlich im Vergleich zu 2007 eingespart.

Maßnahme SE10 Wasserkraft – Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für Repowering II

Ziel Siehe Maßnahme SE9.

Sachstand Siehe Maßnahme SE9.

Beschreibung Es ist zu prüfen, ob im Zuge einer Novellierung des Wassergesetzes die Erneuerungen der Zulassung an die Erschließung von ökologisch und wirtschaftlich vertretbaren Ausbaureser-ven im Rahmen von Modernisierungsvorhaben geknüpft werden sollten.

Zielgruppe Anlagenbetreiber und Investoren.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE9.

Maßnahme SE11 Geothermie – Schaffung von Rahmenbedingungen, die Ausbau ermöglichen

Ziel Einstieg in die Nutzung der Geothermie zur Stromerzeugung, um längerfristig einen nen-nenswerten Anteil der geothermischen Stromerzeugung (0,3 TWh im Jahr 2020), ins-besondere unter dem Aspekt der Abwärmenutzung für Nah- und Fernwärme zu erreichen.

Sachstand Bei der Stromerzeugung aus Geothermie handelt es sich um eine Technologie im Demons-trationsstadium. Trotz vielversprechender Temperaturverläufe im Oberrheingraben und einer erheblichen Anzahl vergebener Konzessionen und Aufsuchungserlaubnisse wurde die erste Anlage in Baden-Württembergerst im Jahr 2009 in Betrieb genommen. Neben den technischen Herausforderungen erschweren die durch tiefengeothermische Nutzung bzw. Nutzbarmachung ausgelösten seismologischen Aktivitäten in Basel und Landau sowie die der oberflächennahen Geothermie zuzuordnenden Ereignisse in Stauffen und Schorndorf den Ausbau der Geothermie. Zukünftig sollen bereits im Genehmigungsverfahren die seis-mischen Risiken abgeschätzt und ggf. Vorsorge getroffen werden. Entsprechende Vorga-ben für die Antragsteller werden derzeit erarbeitet.

Zur wissenschaftlichen Begleitung des Ausbaus der Geothermienutzung wurde das Lan-desforschungszentrums Geothermie (LZFG) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gegründet. Das LGFZ befindet sich derzeit im Aufbau.

Beschreibung Steigerung der Akzeptanz über die Aufklärung der Kommunen und der Bevölkerung. Das Land wird Informationsmaterialien zu den Chancen und Risiken der tiefengeothermischen Strom- und Wärmeerzeugung erstellen, um potenzielle Antragsteller bei einer aktiven In-formations- und Aufklärungsarbeit zu unterstützen.

Zielgruppe Bürgerinnen und Bürger, Kommunen.

THG-Einsparung Bei Erreichen der Zielsetzung des Energiekonzepts 2020 von 0,3 TWh Strom aus Geo-thermie werden 2020 ca. 0,2 Mio. t CO2/a im Vergleich zu 2007 eingespart.

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Maßnahme SE12 Stromspeicher – Unterstützung für Pumpspeicherkraftwerke

Ziel Weiterentwicklung von Stromspeichertechnologien sowie deren verstärkte Nutzung zum Ausgleich fluktuierender erneuerbarer Stromerzeugung.

Sachstand Die Pumpspeichertechnik ist aktuell die einzig wirtschaftlich darstellbare Technologie für die Speicherung von großen Mengen elektrischen Stroms. In Baden-Württemberg sind Pump-speicherkraftwerke mit insgesamt 2 GW Leistung installiert, was in etwa 30 % der gesamten Pumpspeicherleistung in Deutschland entspricht. Die Potenziale für einen weiteren Ausbau sind aufgrund geographischer Voraussetzungen stark begrenzt. Im Schwarzwald in Atdorf (Schluchseewerk AG, max. 1.400 MW) und in Forbach (EnBW, max. 270 MW) befinden sich sehr große Projekte in Planung.

Beschreibung Die Landesregierung wird die Umsetzung von Pumpspeicherkraftwerken im Rahmen der laufenden Informations- und Öffentlichkeitsarbeit weiterhin unterstützen. Der Aus- bzw. Neubau von Pumpspeicherkraftwerken ist mit erheblichen ökologischen Auswirkungen vor Ort verbunden. Mit dem Konflikt von Klimaschutz- und lokalen Naturschutzaspekten ist dabei unter Berücksichtigung beider Seiten zielorientiert umzugehen.

Zielgruppe Bürgerinnen und Bürger.

THG-Einsparung Pumpspeicher erbringen ihre Speicherleistung unabhängig von der Herkunft des gespei-cherten Stroms und den damit verbundenen CO2-Emissionen. Im Betrieb selbst entstehen keine CO2-Emissionen. Der Ausbau von Speicherkapazitäten ist jedoch erforderlich, um die fluktuierende Einspeisung CO2-freien Stroms aus erneuerbaren Energien in Zukunft abfe-dern zu können und somit deren Integration in das Netz und die Transformation des Ge-samtsystems voranzutreiben.

Maßnahme SE13 Stromspeicher – Forschung und Entwicklung Speichertechnologien

Ziel Siehe Maßnahme SE12.

Sachstand Wenn erneuerbaren Energien einen immer größeren Anteil an der Stromerzeugung über-nehmen, dann müssen neue Speichertechnologien weiterentwickelt und ausgebaut werden, um die fluktuierende Einspeisung der Photovoltaik und Windenergie ausgleichen und an den Bedarf anpassen zu können. Deswegen wird vermehrt an alternativen Speichertechno-logien geforscht, beispielsweise an Druckluftspeichern oder der chemischen Speicherung von Strom.

Das EEG sieht zwar vor, dass auch erneuerbar erzeugter Strom, welcher zwischengespei-chert wurde, vergütet wird. Es regelt aber nicht den Rahmen und die Höhe dieser Vergü-tung. Da es keinen zusätzlichen Speicherbonus gibt und erneuerbar erzeugter Strom jeder-zeit vorrangig zu einem festen Preis vergütet wird (der heute in der Regel noch über dem Börsenstrompreis liegt), besteht im Moment kein Anreiz für eine Speicherung und bedarfs-angepasste Einspeisung.

Die Fragestellung ist auch Gegenstand der „dena-Netzstudie II“.

Beschreibung Das Land wird die Forschung und Entwicklung im Bereich neuer Speichertechnologien in enger Abstimmung mit dem Bund unterstützen, um zeitnah Alternativen und Ergänzungen zur Pumpspeichertechnologie verfügbar zu haben. Der Fokus sollte dabei auf solchen Technologien liegen, die im Land einsetzbar sind, bspw. Batteriespeichertechnologien oder die Umwandlung von Überschussstrom in Erdgas-Substitute und deren Speicherung im Erdgasnetz. Druckluftspeicher werden in Baden-Württemberg wegen der fehlenden unterir-dischen Speichermöglichkeiten kaum eine Rolle spielen.

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Denkbar wäre die Initiierung eines Forschungswettbewerbs der insbesondere auf die Ent-wicklung von Speicherkonzepten und deren unmittelbare Umsetzung und Erprobung in der Praxis abzielt. Möglich wäre auch eine Verknüpfung mit Pilot- oder Modellprojekten, die im Anschluss an die Entwicklungsphase die neuen Technologien und Konzepte in der Praxis erproben.

Zielgruppe Energieversorgungsunternehmen, Forschungseinrichtungen.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 12.

Maßnahme SE14 Stromspeicher – Rahmenbedingungen für Speicherung von EE-Strom

Ziel Siehe Maßnahme SE12.

Sachstand Siehe Maßnahme SE12.

Beschreibung Das Land wird auf die Entwicklung von verlässlichen und wirtschaftlich attraktiven Rahmen-bedingungen für die Speicherung erneuerbar erzeugten Stroms (auch in Zusammenspiel mit einem so genannten virtuellen Kraftwerk) als Grundlage für Investitionsentscheidungen hinwirken:

• Regelung der Vergütung von zwischengespeichertem erneuerbaren Strom, der aus verschiedenen erneuerbaren Erzeugungsanlagen in den Speicher eingespeist wird.

• Entwicklung eines Speicherbonuses, der die Verluste des Speichervorgangs kompen-siert und somit wirtschaftliche Anreize für den Neubau von Speicherkapazitäten bieten kann.

Die Landesregierung wird sich auf Bundesebene für eine schnelle und zielführende Klärung der offenen Fragen einsetzen.

Zielgruppe Speicherbetreiber, Energieversorgungsunternehmen, Investoren.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 12.

Maßnahme SE15 Kraft-Wärme-Kopplung – Verbesserung der Datenbasis

Ziel Solange noch auf fossile Energieträger zur Stromerzeugung zurückgegriffen werden muss, muss deren Einsatz so effizient wie möglich erfolgen. Über die gekoppelte Strom- und Wärmeerzeugung können sowohl der Primärenergieeinsatz als auch die resultierenden CO2-Emissionen in erheblichem Maße gesenkt werden.

Sachstand In Baden-Württemberg betrug der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Nettostrom-erzeugung 2007 mit 5,93 TWh rund 9 %. Im Vergleich zu den Vorjahren war sie entgegen der Zielsetzung der Landesregierung, die im Energiekonzept 2020 einen Ausbau des An-teils Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung auf 20 % (13,2 TWh) anstrebt, rück-läufig. Eine Dokumentation der Entwicklung wird durch die bisher unzureichende statisti-sche Erfassung in diesem Bereich erschwert. Bislang können weder die Entwicklung noch die tatsächliche Zusammensetzung des Kraft-Wärme-Kopplungssektors zuverlässig abge-bildet werden. Der Sektor teilt sich in die Segmente Kleinst-Blockheizkraftwerke (bis 10 kWel), Blockheizkraftwerke (BHKW) zur direkten Objektversorgung, die Versorgung von Nah- und Fernwärmenetzen sowie die Kraft-Wärme-Kopplung im industriellen Bereich.

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Beschreibung Wie bereits im Energiekonzept Baden-Württemberg 2020 vorgesehen und im ersten Bericht zum Monitoring des Energiekonzepts Baden-Württemberg 2020 aufgeführt, muss die Da-tenbasis für die Erfassung der tatsächlichen Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung verbessert werden, um feststellen zu können, in welchen Segmenten das Land besonders aktiv werden muss und ob das Engagement des Landes überhaupt Wirkung zeigt. Die aktive Einbindung des Statistischen Landesamts ist hier zwingend erforderlich. Daher erar-beitet das Wirtschaftsministerium zusammen mit dem Statistischem Landesamt ein Erhe-bungs- und Umsetzungskonzept..

Zielgruppe Land Baden-Württemberg (Grundlage für erfolgreiches Monitoring).

THG-Einsparung Bei Erreichen des Ausbauziels von 13,2 TWh Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung können 2020 aus dem fossil betriebenen Anteil im Vergleich zu 2007 1,3 Mio. t CO2/a eingespart werden.

Maßnahme SE16 Kraft-Wärme-Kopplung - Aufklärung Wohnungswirtschaft und Industrie

Ziel der Maß-nahme

Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Beschreibung Wie bereits im ersten Bericht zum Monitoring des Energiekonzepts Baden-Württemberg 2020 aufgeführt, sind die Nutzungs- und Anwendungsmöglichkeiten der Kraft-Wärme-Kopplung ebenso wie die damit verbundene mögliche Inanspruchnahme von Fördermitteln, vor allem die Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG), nach der jetzt auch für den Eigenstromverbrauch der KWK-Zuschlag gewährt wird und somit durchaus ökonomisch attraktive Konstellationen ermöglicht, viel zu wenig bekannt. Um dieses Infor-mationsdefizit sowie die generell mangelnde Akzeptanz einer leitungsgebundenen Wärme-versorgung abzubauen sollte ebenfalls gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium gezielt Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit zum Thema Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wer-den. Als besonders wichtige Adressaten sind diesbezüglich die Wohnungswirtschaft (auch hinsichtlich der ersatzweisen Erfüllung des EEWärmeG und EWärmeG) und die Industrie zu sehen, die man im Rahmen von Branchentagen, bei denen insbesondere zusätzlich das Thema Contracting im Mittelpunkt stehen sollte, gezielt ansprechen sollte.

Zielgruppe Wohnungswirtschaft, Dienstleistungsbetriebe (z.B. Hotels), Contracting-Unternehmen, Industrie, Stadtwerke

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

Maßnahme SE17 Kraft-Wärme-Kopplung – Fortführung des Mini-BHKW-Förderprogramms

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Beschreibung Das Mini-BHKW-Förderprogramm des Bundes (bis zu einer elektrischen Leistung von 50 kW) wurde im Jahr 2009 gestoppt. Das Land wird sich über eine Bundesratsinitiative für die Wiederauflage bzw. Fortführung des Programms einsetzen.

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Zielgruppe Aktiv: Land Baden-Württemberg. Wirkung auf: Gebäudebesitzer.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

Maßnahme SE18 Kraft-Wärme-Kopplung - Ausweitung Förderprogramm Klimaschutz-Plus

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Beschreibung Für den Bereich der Kleinst-Blockheizkraftwerke bis 10 kWel und Objekte mit größeren BHKW bis 100 kWel sollte die Ausweitung des Förderprogramms Klimaschutz-Plus auch für Wohngebäude bis 50 kWel analog dem Mini-BHKW-Förderprogramm übernommen werden. Sofern die Initiative zur Fortführung des Bundesprogramms (vergl. SE17) nicht zum Erfolg führt, wird das Land prüfen, ob die Förderung für BHKW-Anlagen zur Beheizung von Nicht-wohngebäuden auf größere Wohngebäude in sein Klimaschutz-Plus-Programm übernom-men und die Mittel für das Programm an die Nachfrage anpasst werden können.

Maßnahmentyp Schaffung von Anreizen (Förderung der Kleinst-BHKW und der Objektversorgung im Klima-schutz-Plus auch im Wohngebäudebereich, wenn auf Bundesebene keine Fortführung der Förderung erreicht werden kann. Die Förderung hatte erstmals Bewegung in den Markt gebracht und Investitionen wirtschaftlich attraktiv werden lassen. Diese Entwicklung sollte fortgeführt werden).

Zielgruppe Wohnungswirtschaft, Dienstleistungsbetriebe (z.B. Hotels), Contracting-Unternehmen, Industrie, Stadtwerke, kommunale Unternehmen

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

Maßnahme SE19 Kraft-Wärme-Kopplung – BHKW-Check und -Flotten-Contracting

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Für den verstärkten Einsatz von BHKW-Anlagen zur Beheizung von Gebäuden bestehen sowohl im Vorfeld als auch auf die Umsetzung bezogen vielfache Hemmnisse.

Beschreibung Das Vorgehen besteht aus zwei Schritten.

(a) Im ersten Schritt sollen potenziellen Investoren der Zugang zu und eine Entscheidung über eine mögliche Investition in ein BHKW erleichtert werden. Dazu wird ein Instrument zur einfachen Analyse der Energieverbrauchs- und Gebäudedaten sowie zur überschlägigen Auslegung und Wirtschaftlichkeitsabschätzung eines BHKW („BHKW-Check“) entwickelt und landesweit beworben. Dabei soll weitestgehend auf bereits vorhandene Instrumente aufge-baut werden. Der Check soll für Interessenten in der Startphase kostenfrei sein. Nach der Probephase soll geprüft werden, zu welchem Preis der Check angeboten werden kann, ohne dass die Nachfrage deutlich sinkt.

(b) Im zweiten Schritt könnten Contracting-Lösungen für Abhilfe bei der Umsetzung sorgen. Um den Transaktionsaufwand in Grenzen zu halten, sollten – ausgehend von den unter (a) erstellten „BHKW-Checks“ – gleichartige Fälle identifiziert sowie weitestgehend standardi-sierte Lösungen definiert („Standard-BHKW“) und gemeinsam umgesetzt werden („Flotten-Contracting“).

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Zielgruppe Gebäudebesitzer.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE 15.

Maßnahme SE20 Kraft-Wärme-Kopplung - Initiative für Nachbesserung des KWKG

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Beschreibung Wie bereits im ersten Bericht zum Monitoring des Energiekonzepts Baden-Württemberg 2020 aufgeführt, kann im Bereich der industriellen Kraft-Wärme-Kopplung ein neuer Impuls gegeben werden, indem das Land über eine Initiative auf Bundesebene eine Nachbesse-rung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes erwirkt. Bislang besteht für industrielle Anwen-dungen eine Begrenzung der Förderung auf maximal vier Jahre und 30.000 Vollbenut-zungsstunden. Dies ist für viele industrielle Anwendungen nicht ausreichend, um eine öko-nomisch attraktive Alternative zur herkömmlichen Prozesswärme- und Stromversorgung darzustellen. Hilfreich in diesem Zusammenhang könnte ein runder Tisch mit Experten sein, um die Maßnahmen im Bereich der industriellen KWK zu bündeln. Zudem wird das Land gegenüber dem Bund generell - d.h. nicht nur bezogen auf den Sektor Industrie - anregen, zu prüfen, ob die aktuellen Förderinstrumente und –maßnahmen ausreichend sind, und sich für eine Weiterentwicklung der Fördersystematik einsetzen wie bereits im Energiekonzept Baden-Württemberg 2020 vorgesehen.

Zielgruppe Industrie

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

Maßnahme SE21 Kraft-Wärme-Kopplung – Unterstützung für industrielle KWK-Kooperationen

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Industriebetriebe versorgen sich bis heute weitgehend selbstständig mit Strom und Wärme. In wenigen Fällen wird Energie (insbesondere Strom) gemeinschaftlich eingekauft. Energie-erzeugungsgemeinschaften haben sich bisher allerdings kaum durchsetzen können.

Beschreibung Der Zusammenschluss von industriellen Energieverbrauchern erschließt für KWK-Anlagen hohe Potenziale, da Gemeinschaftsanlagen kleiner dimensioniert bzw. besser ausgelastet werden können. In Kooperation mit den IHK sollen für eine gemeinschaftliche Strom- und Wärmeerzeugung in Frage kommende Unternehmen gesucht und angesprochen werden. Weitergehende Einzelfallberatungen werden vom Land finanziell unterstützt. Nachfolgende Investitionen könnten ggf. über Bürgschaften abgesichert werden. Dabei könnten auch die im Rahmen von Energieeffizienztischen (siehe Maßnahme IN8/GHD4) gewonnenen Erkenn-tnisse genutzt werden.

Zielgruppe Akteur: Land Baden-Württemberg, IHK, Beratungseinrichtungen. Wirkung auf: Industrieunternehmen.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

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Maßnahme SE22 Kraft-Wärme-Kopplung – Weiterentwicklung des EWärmeG

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Das EWärmeG des Landes schreibt für Gebäude, bei denen die Heizungsanlage ausge-tauscht wird, einen Pflichtanteil aus erneuerbaren Energien in Höhe von mindestens 10 % vor. Zugelassen sind hier – unter Anderen – Biogas zur direkten und KWK-Anlagen zur er-satzweisen Erfüllung der Anforderungen. Der Einsatz von Biogas in reinen Wärmeerzeu-gungsanlagen zur Beheizung von Wohngebäuden ist gegenüber KWK-Anlagen weniger effizient.

Beschreibung Im Rahmen des Erfahrungsberichts zum EWärmeG wird geprüft, ob Biogas bei größeren Wohngebäuden nicht mehr als zur direkten Erfüllung der Anforderungen geeignet aufgeführt wird. Biogas könnte stattdessen nur noch in KWK-Anlagen zur Erfüllung der Anforderungen – und damit mit höherer Effizienz analog zum EEWärmeG – eingesetzt werden.

Zielgruppe Akteur: Land Baden-Württemberg. Wirkung auf: Besitzer von Wohngebäuden.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

Maßnahme SE23 Kraft-Wärme-Kopplung – Unterstützung von Nahwärmenetzen

Ziel Siehe Maßnahme SE15.

Sachstand Siehe Maßnahme SE15.

Beschreibung Wie bereits im ersten Bericht zum Monitoring des Energiekonzepts Baden-Württemberg 2020 ausgeführt, sind unterstützende Maßnahmen neben der Fortführung bestehender För-dermaßnahmen (z.B. Bioenergiedörfer) seitens des Landes insbesondere im Bereich der Altbausanierung erforderlich. Gemeinden sollten verpflichtet werden, Wärmeversorgungs-pläne zu erstellen, die Kooperationsinitiative Nahwärme sollte verstärkt werden und Stadt-werken die im Rahmen dieser Initiative entwickelten Instrumente z.B. Wärmeatlas, Wirt-schaftlichkeitsberechnungen zur Verfügung stellen. Der Bedeutung lokaler und regionaler Energiekonzepte zur Identifizierung von Wärmesenken ist verstärkt Rechnung ebenso wie der mangelnden Akzeptanz einer leitungsgebundenen Wärmeversorgung (siehe SE 15) zu tragen. Mit der L-Bank ist eine Förderung der Refinanzierung von Wärmenetzen im Bestand zu prüfen sowie allgemein die Frage der Verknüpfung von Fördermaßnahmen zur Altbausa-nierung mit dem Ausbau von Nahwärmenetzen und die Wirkung der Impulse der Förderung des Neu- und Ausbaus von Wärmenetzen durch das novellierte KWKG (vgl. auch Maßnah-men EN10 – EN17).

Zielgruppe Akteur: Land Baden-Württemberg, Energieagenturen, Beratungseinrichtungen, Stadtwerke, Kommunen Wirkung auf: Gebäudebesitzer.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme SE15.

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3.1.1.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und zur Effizienzsteigerung im Bereich der konventionellen Energieerzeugung auf Basis fossiler Energieträger durch den forcierten Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung können bis 2020 in der Summe CO2-Emissionen in Höhe von rund 5 Mio. t CO2/a vermeiden. Der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien führt dabei zu einer Reduktion um knapp 3,7 Mio. t CO2/a, während die verstärkte Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung eine Reduktion von 1,3 Mio. t CO2/a bewirkt. Dabei wird davon ausgegangen, dass Kernenergie von den erneuerbaren Energien nicht ersetzt wird, da Kernkraftwerke im Bundesvergleich im Grundlastbereich die niedrigsten Grenzkosten aufweisen.

Die aufgeführten Maßnahmen sollen zunächst dazu führen, dass sich die Stromerzeugung gemäß den Vorgaben des Energiekonzepts 2020 entwickelt. Bei Einhaltung der strukturellen Zusammensetzung und der erzeugten Strommenge werden 2020 noch 12,7 Mio. t CO2 emit-tiert. Dies entspricht im Vergleich zu 2007 einer Reduktion um 28 %, verglichen mit dem an-gepassten Wert für 1990 (15,5 Mio. t CO2) jedoch nur 18 %. Um das Minderungsziel zu er-reichen, müssten im Stromerzeugungssektor 2020 zusätzlich 1,85 Mio. t CO2/a vermieden werden.

Auch wenn die für die Verbrauchssektoren entwickelten Maßnahmen zu einer erheblichen Senkung des Stromverbrauchs führen, wird sich dies auf die Emissionen der Stromerzeu-gung zunächst nicht auswirken, weil davon auszugehen ist, dass eine Verbrauchssenkung zuerst zu Lasten des Stromimports nach Baden-Württemberg geht, sich jedoch nicht in der Emissionsbilanz der Strombereitstellung widerspiegelt. Der Importstrom muss jedoch mit dem durchschnittlichen Emissionsfaktor für Deutschland bilanziert werden. 2020 wird dieser gemäß Leitszenario für den bundesdeutschen Strommix mit 449 g CO2/kWh beziffert, so dass mit der Stromverbrauchsminderung durchaus erhebliche CO2-Emissionsreduktionen außerhalb Baden-Württembergs verbunden sind.

Ein schnellerer Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, der 2020 zu einer Übererfüllung der Zielsetzungen des Energiekonzepts 2020 führen würde, würde ebenfalls nur dann positiv auf die Emissionsbilanz der Strombereitstellung in Baden-Württemberg wir-ken, wenn die erneuerbaren Energien fossile Stromerzeugung verdrängen. Ein schnellerer Ausbau ist, wenn die empfohlenen Maßnahmen konsequent umgesetzt werden, sowohl im Bereich der Photovoltaik als auch in der Windenergie möglich. Um die zur Erreichung des 30 %-Minderungsziels bis zum Jahr 2020 fehlenden 1,85 Mio. t CO2 einzusparen, bräuchte man zusätzlich Strom aus Photovoltaik und aus Windenergie (siehe Abbildung 8).

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Geothermie; 0,3 TWh

Photovoltaik; 4,3 TWh

Windenergie; 2,5 TWh

Biomasse; 4,7 TWh

Wasserkraft; 5,5 TWh

Erneuerbare Energien; 17,3 TWh

Importe; 10,7 TWh

Fossil KWK; 12,35 TWh (+ 0,85

TWh aus Biomasse- KWK)

Fossil nicht KWK; 7,4 TWh

Kernenergie; 35,4 TWh

Abbildung 8: Mögliche Zusammensetzung der Strombereitstellung in Baden-Württemberg im Jahr 2020 in Anlehnung an das Energiekonzept 2020 mit leicht erhöhten Anteilen aus erneuerbaren Energien zur Umsetzung des CO2-Minderungsziel von 30 %

Die Kraftwerksneubauten bzw. -modernisierungs- und -erweiterungsmaßnahmen auf Kohle-basis in Mannheim und Karlsruhe werden voraussichtlich für eine lange Zeit die Emissionen dieses Sektors bestimmen. Auch wenn sie bis 2050 ihre zu erwartende Lebensdauer von 40-45 Jahren noch nicht erreicht haben, ist anzunehmen, dass sie aus ökonomischen Gründen schon vorher den Betrieb einstellen werden oder auf regenerative Brennstoffe (z.B. SNG (s.o.)) umgestellt werden.

Maßnahmen, die die Energiespeicherung betreffen, haben primär keine Wirkung auf die CO2-Emissionen, sind aber für die Umsetzung der Vision 2050 von strategisch herausragen-der Bedeutung. Hier muss heute mit der Weichenstellung begonnen werden, um die Trans-formation der Strom- und Fernwärmeerzeugung hin zu einer nahezu CO2-emissionsfreien Energiebereitstellung bis 2050 vollziehen zu können.

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3.1.2 Transformation der Energienetze

3.1.2.1 Ausgangssituation

Die Netze sind ein wesentlicher Schlüssel beim Umbau der Energieversorgung hin zur ver-stärkten Nutzung von erneuerbaren Energien:

der Ausbau der Übertragungsnetze ist erforderlich, um den in Offshore-Windparks erzeugten Strom von Nord nach Süd zu transportieren und den Austausch von fluktuierend anfallendem Strom zwischen Regionen und Staaten zu gewährleisten;

der Ausbau der Mittel- und Niederspannungsnetze ist erforderlich, um die zunehmende Stromeinspeisung der PV- und Windenergieanlagen aufzunehmen;

der Umbau der Netze zu „Smart Grids“ ist erforderlich, um ein besseres Lastmanagement zwischen – zunehmend flukturierendem – Angebot und der Nachfrage zu erreichen.

Die folgenden Abschnitte beschreiben die Ausgangssituation in Bezug auf die Energienetze. Darunter fallen die Strom-, Gas-, und Wärmenetze.

Ausgangssituation Stromnetze

Das Stromnetz in Baden-Württemberg gliedert sich wie in anderen Bundesländern in vier Spannungsebenen: Höchst-, Hoch-, Mittel- und Niederspannung. Es wird unterschieden in Übertragungsnetz, das dem Stromtransport dient, und Verteilnetz, das den Strom an lokale Stromversorger und Endkunden verteilt. Die Netzstrukturen sind auf einem hohen techni-schen Niveau.

Die Netznutzung sowie der Netzzugang sind auf Bundesebene durch entsprechende Ge-setze und Verordnungen geregelt (EnWG, EEG, KWK, Netzzugangsverordnungen, Netzan-schlussverordnungen).

In Baden-Württemberg agiert derzeit die EnBW Energie Baden-Württemberg AG als zentra-ler Übertragungsnetzbetreiber und rund 120 Verteilnetzbetreiber sind für den Betrieb der Verteilnetze verantwortlich. Zu den größten Verteilnetzbetreibern die SÜWAG Netz GmbH, die Energiedienst Netze GmbH, die Netzgesellschaft Ostwürttemberg GmbH, die Stadtwerke Karlsruhe GmbH sowie ebenfalls die EnBW. Die Struktur der Verteilernetzbetreiber ist also vergleichsweise heterogen.

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Abbildung 9: Ausgangssituation Stromnetzbetreiber

Die Energiewirtschaft Baden-Württembergs durchläuft derzeit eine dynamische Um-strukturierung. Diese ist durch eine wachsende Anzahl und Vielfältigkeit von Akteuren sowie eine zunehmende Dezentralisierung gekennzeichnet. Entscheidende Rahmenbedingung ist derzeit das Auslaufen vieler Konzessionsverträge. Diese werden zwischen Gemeinde (Kon-zessionsgeber) und Konzessionsnehmer (in der Regel Energieversorgungsunternehmen) geschlossen und regeln die Nutzung öffentlicher Straßen und Wegen für die Versorgung mit Gas, Strom und Wasser. Da im Jahr 2008 bereits eine Reihe von Konzessionsverträgen beendet wurden, wird in Baden-Württemberg derzeit eine im bundesweiten Vergleich über-proportional hohe Anzahl von Stadtwerken neu gegründet. Die Hauptaufgabe der Netzbe-treiber besteht derzeit darin, die Netzinfrastruktur wirtschaftlich und technisch sicher zu be-treiben. Das heißt, dass Parameter wie Spannung und Frequenz in Abhängigkeit des Last-verhaltens bzw. des Stromverbrauchs innerhalb der Netzinfrastruktur konstant gehalten wer-den müssen. Weicht die dem Netz entnommene Strommenge von der vorhergesagten und durch Erzeugungsfahrpläne abgedeckten Nachfrage ab, muss kurzfristig Regelenergie bereit gestellt werden um den sicheren Betrieb weiterhin zu gewährleisten. Für die Beschaffung der Regelenergie ist in Baden-Württemberg die EnBW bzw. deren Übertragungsnetzbetreiber zuständig.

K.GROUP

Ausgangssituation Stromnetzbetreiber

Tendenz zu heterogener Netzbetreiberstruktur auf Verteilnetz-Ebene

Stromverteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg

Quelle: Analyse K.GROUP

SÜWAG

SWKarlsruhe

SÜWAG

EnergiedienstNetze

NetzgesellschaftOstwürttemberg

SÜWAG

EnBW Regional

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K.GROUP

Auslaufende Konzessionen Strom über Zeitpunkte

* Schätzung ecoprog

Hohe Aktivitäten in BW im Bereich Stromnetz-Konzessionen

70

320

60

145

50

145125 135

50

100

50

100

150

200

250

300

350

2006 2007 2008 2009 2010 2011* 2012* 2013* 2014* 2015*

Abbildung 10: Auslaufende Konzessionen Strom über Zeitpunkte

Die Netznutzungsentgelte, welche die Netznutzer, in letzter Instanz also die Energiever-braucher, für die Nutzung der Energienetze zu entrichten hat, werden seit Januar 2009 mit-tels der Anreizregulierung reguliert. Die Anreizregulierung verfolgt das Ziel, die Netznut-zungsentgelte im Strom- und Gasnetz durch Erlösobergrenzen zu senken. Beim Strom be-trägt der Anteil der Netzentgelte am Strompreis rund ein Drittel, beim Gas rund ein Viertel. Um angemessene Netzentgelte zu gewährleisten, werden die Netzbetreiber über einen Effi-zienzvergleich miteinander verglichen. Die weniger effizienten Netzbetreiber müssen ihre vermeidbaren Kosten in vergleichsweise kurzem Zeitraum senken. Gleichzeitig ist es wichtig, das Netz in seiner Substanz zu erhalten und auszubauen. Die notwendigen Investitionen in Netzstrukturen werden durch Investitionspauschalen und Ausnahmegenehmigungen abge-federt. Ein Qualitätsfaktor ermöglicht entsprechende Zu- oder Abschläge auf die Netzerlöse.

Diese und andere bestehende Regelungen zur Liberalisierung der Energiewirtschaft gewähr-leisten den Betrieb der Bestandsnetze und tragen zu Effizienzgewinnen bzw. Kostensenkung in der jetzigen Netzstruktur bei. Wird das Erzeugungs- bzw. Primärenergieträgerportfolio in der Strom-, Gas- und Wärmeversorgung künftig in Richtung regenerativer Energiequellen umgebaut, werden Investitionen in Netzarchitekturen notwendig. Die vorhandenen Instru-menten und Mechanismen werden dann möglicherweise nicht mehr ausreichen und müssen daher kritisch geprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

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Ausgangssituation Gasnetze

Analog zum Stromnetz mit seiner Unterscheidung in Spannungsebenen wird beim Gas in Druckstufen unterschieden: Niederdruck – Mitteldruck – Hochdruck. Entsprechend agieren als Marktteilnehmer Netz im Gasbereich Verteil- und Transportnetzbetreiber.

Baden-Württemberg als Ganzes ist in der Gasversorgung fast vollständig von Importen ab-hängig. Der Rohstoff Erdgas spielt eine wichtige Rolle, da er bei der Wärmeversorgung zu-nehmend Heizöl ersetzt und durch seine Speicherbarkeit die Anforderungen an flexible Mit-tellast-Stromerzeugung in stromgeführten KWK-Anlagen erfüllt.

K.GROUP

Struktur des Erdgasnetzes in BW

GVS dominiert die Erdgastransportleitungen,die Stadtwerke die Erdgasverteilnetze

Quelle: http://www.gvs-netz.de/

Abbildung 11: Struktur des Erdgasnetzes in BW

Der Gaspreis ist zumindest bislang durch Ölpreisbindung und politische Krisen der Export-länder einer hohen Volatilität unterworfen. Höhere Beschaffungspreise für Erdgas wirken sich direkt auf die Gestehungskosten von Stromerzeugung mit Erdgas aus. Das Förderma-ximum der weltweiten Gasförderung ist unsicher und ca. 2030-2050 erreicht.

Das Verteilnetz zum Endkunden umfasst die Anbindung von Gewerbekunden und Haus-haltskunden. Zahlreiche Versorger gehen aufgrund schrumpfender Abnehmer und spezifi-scher Verbrauchsmengen dazu über, nicht weiter in den Netzausbau zu investieren. Teilwei-se sind Doppelinfrastrukturen – Erdgas- und Wärmenetze – vorhanden.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

49

Verbraucher von Erdgas sind private Haushalte, Industrie und Gewerbe sowie der Umwand-lungssektor (Heizkraftwerke und Heizwerke). Die Energieversorgungsunternehmen planen gasbasierte Kraftwerke in der Größenordnung von mehreren 100 MWp7. Es wäre grundsätz-lich sinnvoll die Abwärme der Kraftwerke zu nutzen. Allerdings sind häufig nicht genügend Kunden in einem kleinen Umkreis vorhanden und bei Spitzenlasteinsätzen scheint ein pas-sender Wärmebedarf eher unwahrscheinlich.

K.GROUP

Ausgangssituation Gasnetzbetreiber

Tendenz zu heterogener Netzbetreiberstruktur auf Verteilnetz-Ebene

Badenova

Thüga Energie-

netz

Erdgas Südwest

EnBWGasnetz

24/7Netze

Gasverteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg

Quelle: Analyse K.GROUP

Abbildung 12: Ausgangssituation Gasnetzbetreiber

Neben Erdgas gewinnen Biogase und künstliche Erdgase aus Umwandlungsprozessen von Holz, Kohle oder (Wind)-Strom in bescheidenem Umfang an Bedeutung. Gase auf Biomas-sebasis werden in KWK-Anlagen vermehrt zu Strom und Wärme umgewandelt sowie aufbe-reitet ins Verteilnetz eingespeist. Synthetisches natürliches Gas (SNG, synthetic natural gas) wird in Versuchsanlagen erstellt, jedoch noch nicht in nennenswertem Umfang.

Sobald es gelingt, die Erzeugung von SNG mittels überschüssigem Strom aus erneuerbaren Energien wirtschaftlich darzustellen, könnte das vorhandene Gasnetz als Zwischenspeicher dienen.

7 Schätzung K.GROUP.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Ausgangssituation Wärmenetze

Durch die steigenden Kosten fossiler Rohstoffe und zunehmenden Anforderungen an den Klimaschutz, setzt in der Wärmeversorgung bereits heute ein Umsteuern zu effizienten und erneuerbaren Lösungen ein. Es herrscht jedoch weitgehend Unklarheit, welche Wärmelö-sung hinsichtlich Wirtschaftlichkeit/Preisstabilität und Klimaschutz die zielführende ist. Bei der leitungsgebundenen Wärmeversorgung ist zwischen Fern- und Nahwärmesystemen zu unterscheiden.

Fernwärmesysteme sind vor allem in größeren Städten zu finden, beispielsweise in Stutt-gart, Mannheim und Freiburg und als wirtschaftliche Wärmeversorgung bedeutsam. Die Wärme stammt i.d.R. als Koppelprodukt aus der Stromerzeugung aus Kohle, Müll, Erdgas und Biomasse.

Nahwärmesysteme können aktuell ohne gestaltende Unterstützung (von Bund, Land und Kommunen) nur in Nischen wirtschaftlich erfolgreich sein. Ihre Einsatzmöglichkeiten sind unter aktuellen Rahmenbedingungen beschränkt und die begrenzenden Größen wie die feh-lende Sommernachfrage, die gedeckelten Erlöse und die Risiken beim Wärmeabsatz werden sich absehbar nicht von selbst verbessern. Nichtsdestotrotz ist Nahwärme aus ökologischer Sicht und als Teil der (kommunalen) Wärmeversorgung in Nischen eine geeignete Alternati-ve zu dezentralen fossilen Heizsystemen, für deren Verbreitung sich die Rahmenbedingun-gen verbessern sollten.

Die Landesregierung hat den Ausbau der Wärmenetze in Baden-Württemberg zu einem wichtigen Baustein der Wärmeversorgung erklärt und wird dazu beitragen, die KWK-Quote im Stromsektor zu erhöhen, wovon auch der Wärmesektor profitieren wird. Im Bund ist die Verdoppelung des Status quo auf 25 % KWK-Strom in 2020 angestrebt. Mit dem Energie-konzept hat sich das Land das Ziel gesetzt, mehr als 20 % KWK-Strom zu erreichen. Da als Beitrag zu diesem Ziel eine Steigerung der KWK-Stromerzeugung mit Nutzung der Wärme in Nahwärmenetzen von 1 auf 3 TWh Strom avisiert ist, kann daraus auch ein ehrgeiziges Ziel zum Ausbau von Nahwärmenetzen abgeleitet werden. Der Anteil der Wärmeversorgung mit-tels Nahwärme müsste von ca. 3-4 % in 20108 verdreifacht werden, um die in KWK erzeugte Wärme zu nutzen. Dieser Anteil entspricht einer absoluten Steigerung der Wärmenutzung aus Nahwärmenetzen von ca. 4 TWh auf 10 TWh bis 2020. Einen Anreiz zum Anschluss von Wärmenutzern (z.B. Haushalte oder Gewerbe) an Wärmenetze bieten die Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetze von Bund und Land. Hauptzweck dieses Gesetzes ist die Förde-rung erneuerbarer Wärmeerzeugung. Anstelle dessen können aber auch verschiedene, auf die Steigerung der Energieeffizienz zielende Maßnahmen eingesetzt werden. Als solche gilt der Einsatz einer KWK-Anlage zur Deckung des Wärmebedarfs oder der Anschluss eines Gebäudes an ein Wärmenetz, das mit KWK oder erneuerbaren Energien betrieben wird.

8 Quelle AGFW

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

51

3.1.2.2 Vision 2050

Im Jahr 2050 – idealerweise deutlich früher – werden die Netzinfrastrukturen einheitlichen Markt- und Regulierungsmechanismen folgen. Technische und organisatorische Restriktio-nen für dezentrale Einspeisungen sind entfallen. Der systemische Regelungsrahmen ermög-licht es einer hohen Anzahl von Akteuren (Investoren, Betreiber und Nutzer), ihre persönli-chen und wirtschaftlichen Interessen (Rendite, Investitionssicherheit, Komfort, Nutzungskos-ten) im Einklang mit ökologischen Erfordernissen zu befriedigen. Die Basisinfrastruktur „Net-ze“ ist somit Bestandteil eines kommerzialisierungsfähigen Gesamtsystems „Energie“.

Die Netzinfrastruktur wird die entscheidende Basis sein, um sowohl auf der Produktions- (supply) als auch Konsumseite (demand) attraktive Geschäftsmodelle zu ermöglichen. (Nah-) Wärmenetze könnten 2050 mit ca. 10 % Abdeckung zur Wärmeversorgung beitragen; gleiches gilt für die Gasnetze mit möglicherweise sogar unter 10 % Abdeckung aufgrund schrumpfender Nachfrage. Fernwärmesysteme dienen nicht mehr der Zusatzvermarktung des Abfallproduktes Wärme aus fossilen Großanlagen, sondern Investoren zum Aufbau von lokalen bzw. regenerativen Wärmeinfrastrukturen.

Vision Stromnetze

Die Stromnetze in Baden-Württemberg werden 2050 fast vollständig mit regenerativem Strom versorgt, welcher in Baden-Württemberg selbst erzeugt wird. Lediglich ein Reststrom-anteil von 10-15 % wird importiert. Sowohl kleine, dezentrale Erzeugungs- bzw. Speicher-technologien als auch mittlere und große regenerative Erzeugungsparks sind mit Verbrau-chern bzw. Endgeräten über intelligente „smarte“ Stromnetze verbunden. Die Herausforde-rung, die naturgemäß höheren Schwankungen in der Kapazität von regenerativen Erzeu-gungsquellen sowie Änderungen im Verbrauchsverhalten auszugleichen, wird durch eine um- und ausgebaute Netzarchitektur und –steuerung bewältigt.

Der Trend der Margenverluste im Netz durch Regulierung könnte sich durch smart grids mit neuen Aufgaben und anderen Vergütungen der Netzbetreiber umkehren. Das Stromnetz wird zum Kern einer THG-freien strombasierten Energiewirtschaft und sein Management zum Geschäft der großen Versorger.

Die zentralen Schlüsselelemente der neuen Netz-Architektur sind:

Intelligente Netze, Mikronetze: Stromversorgungsnetze, welche dezentrale regenerative Energieerzeugungsanlagen und -speicher miteinander verbinden und die Energie effizient verteilen. Zentrale Bestandteile sind

Ausstattung sämtlicher Verbraucher mit fernauslesbaren und steuerbaren Messgerä-ten sowie der notwendigen Haustechnik, die eine Nachfrage-Steuerung ermöglichen

Informations- und Kommunikationstechnologien zwischen Produktion und Verbrauch

Energiemanagementsysteme zum Ausgleich zwischen Produktion und Verbrauch

Nationale, internationale Übertragungsnetze zum Transport großer Energiemengen aus den geographisch begünstigten Großtechnologiestandorten (Norwegen, Großbritannien, Schweiz, Nordafrika mit Großanlagen im Bereich Wind, Solar).

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Netz-Verstärkungen zur Ermöglichung von Wind- und PV-Einspeisung werden in Baden-Württemberg mittelfristig an Standorten der Windparks, in ländlichen Gebieten und teilweise in Vorstädten relevant. Der Umbau des vorhandenen Netzes sowie der Aufbau neuer Netz- und Informationsstrukturen sind mit einem substanziellen Investitionsbedarf von rund 6 – 8 Mrd. € verbunden. Unter Annahme einer Nutzungsdauer von rund 20 Jahren sowie stabiler Stromverbrauchsmengen (rund 70 TWh für Baden-Württemberg) wäre mit Mehrkosten in Höhe von rund 0,4 bis 0,6 Ct/kWh zu rechnen.

Vision Gasnetze

Der Rohstoff Erdgas dürfte 2050 eine deutlich geringere Rolle spielen, da er in deutlich ge-ringerem Umfang als Wärmelieferant verwendet wird. Er wird über Smart-Gas-Grids9 noch eingesetzt, wo mangels Alternativen Prozesswärme notwendig ist. Verbraucher von Erdgas sind damit immer weniger die Haushalte, sondern vor allem die Industrie.

Die internationalen Fernleitungsnetze sind 2050 im Vergleich zu 2020 reduziert worden, da nur noch die großen Agglomerationen verbunden und einige Förderstätten erschöpft sind.

Die nationalen Netze sind im Vergleich zu 2020 auf wichtige Achsen geschrumpft, da sich ganze Regionen vom Erdgas gelöst haben und die Bedarfsmengen deutlich gesunken sind. Die Speichervolumina wurden z. B. zum Ausgleich von EE-Stromschwankungen weiter er-höht. Die Steuerung von Biogas-Einspeisung, Gas-Speicherung und -Bezug ist zum Smart-Gas-Grid geworden. Gasnetzbetreiber sind 2050 Rest-Mengen-und Biogas-Einspeise-Manager.

Das Verteilnetz zum Endkunden hat sich massiv reduziert, da die geringe Nachfrage durch Haushaltskunden nur noch wenige Netze wirtschaftlich sein lässt. Teile der Erdgasnetze wurden in verdichteten Bereichen durch Wärmenetze substituiert. In den Außenbezirken ist die Wärmeversorgung massiv reduziert und komplett dezentral geworden. Biogase und Er-dgassubstitut (Substitute Natural Gas (SNG)) aus Umwandlungsprozessen von Holz und Kohle haben weiter an Bedeutung gewonnen. Zukünftig ist auch eine Erzeugung aus Strom-überschüssen aus erneuerbaren Energien denkbar. Gase auf Biomassebasis werden in KWK-Anlagen vermehrt zu Strom und Wärme für Wärmenetze mit großen Wärmekunden umgewandelt sowie aufbereitet ins Leitungsnetz eingespeist.

9 Smart-Gas-Grids zeichnen sich durch mehrere Einspeiser, die intelligent gesteuert werden, und durch einen hohen Anteil von nicht-fossilem Gas aus. Sie unterscheiden sich damit vom klassi-schen fossilen Erdgasnetz, welches die Förderländer mit den Verbrauchern verbindet.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Vision Wärmenetze

Stadtnetze für Wärme aus mittleren KWK-Anlagen sind weiterhin in Ballungsräumen vorhan-den und werden zum großen Anteil mittels Abwärme und Wärme aus erneuerbaren Energien beschickt. Die Anzahl der Einspeiser hat sich deutlich erhöht, da neben der industriellen Ab-wärme auch solar- und geothermische Energieerzeugung unterschiedlicher Größen mitwir-ken („Smarte Thermo-Grids“).

K.GROUP

Vision Wärmenetze 2050 - „Smarte Thermogrids“

Biogas

Wärme-speicher

Smarte Steuerung desAngebots und Bedarfs

Strom

WindstromÜberschuss-speicherung

SolarthermieWärme

Strom

Wärme Abwärme

Strom

Mini BHKW

WindstromStrom

OberflächennaheGeothermie

Stromzuheizung

Erdgas

Biomasse

BiomasseKWK

KWK

Tiefen-Geothermie

Wärme

Wärme

Erdgas

Abbildung 13: Vision Wärmenetze 2050 - „Smarte Thermogrids“

Nahwärmenetze sind 2050 in Baden-Württemberg meist inselhaft ausgeprägt und mit lokalen Einspeisern, saisonalen und Kurzfrist-Speichern sowie Verbrauchern gekoppelt. Schwer-punkte sind Städte und Regionen mit hohem Reststoff-Verwertungspotenzial und einem ho-hen Biomassepotenzial.

Strom wird z.B. mittels Wärmepumpen in einem großen Teil der Privathaushalte insbesonde-re in den weniger dicht besiedelten Außenbezirken die Basis für Wärme und Kälte sein, da bedingt durch Sanierungen, Dämmanstrengungen und Effizienzsteigerungen nur Kleinstbe-darfe bleiben. Bei größeren thermischen Bedarfen wird solarthermisch, geothermisch und teilweise per Biomasse dezentral und lokal ergänzt.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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3.1.2.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Stromnetze

Maßnahme EN1 Rechtlicher Rahmen für die Transformation des Stromnetzes (ARegV)

Ziel Verbesserung des rechtlichen Rahmens für die Transformation des gegenwärtigen Strom-netzes in ein intelligentes smartes Netz zur Verteilung, Speicherung und Laststeuerung des regenerativ erzeugten Stroms.

Sachstand Die Stromversorgung in Baden-Württemberg soll 2050 schwerpunktmäßig durch regenera-tive Energiequellen gedeckt werden. Um die größeren Mengen an erneuerbaren Energien in Stromnetze zu integrieren, müssen die Auswirkungen auf den Lastenausgleich und die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems sicher gestellt sein.

Neue Netztechnologien sind vor allem aus folgenden Gründen notwendig: • Problemloser Anschluss einer großen Anzahl kleinerer Erzeugungsanlagen an das

Stromnetz; • Ausgleich der Auswirkungen variabler erneuerbarer Energiequellen durch flexibles

Stromnetz mit groß angelegtem Laststeuerungssystem und zentraler und dezentraler Speichermöglichkeiten;

• Versorgung der Anlagenbetreiber mit zuverlässigen Daten über den Zustand der Anla-gen, um die Anlagen effizienter betreiben zu können;

• Minimierung der Netzerweiterungen.

Der Umbau des vorhandenen Netzes sowie der Aufbau neuer Netz- und Informationsstruk-turen ist mit substanziellem Investitionsbedarf verbunden (die Schätzungen variieren für Baden-Württemberg zwischen 6-8 Mrd. Euro). Das aktuelle Regulierungsregime der Anreiz-regulierung mit dem Primat der Kostensenkung bietet noch wenig Möglichkeiten bzw. An-reize für Netzbetreiber, die notwendigen Investitionen zu leisten. Somit ist eine Novelle der Anreizregulierung anzustreben.

Beschreibung Die Landesregierung Baden-Württemberg wird im Dialog mit den Netzbetreibern prüfen, wie langfristig angelegte Investitionen in intelligente Netze beschleunigt werden können. Gege-benenfalls könnten Vorschläge zur Weiterentwicklung der Anreizregulierung entwickelt und in die bundespolitische Diskussion eingebracht werden. •

Zielgruppe Bund, bzw. Netzbetreiber

Technisches Potenzial

Hohe strategische Bedeutung, da Grundvoraussetzung

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen – Umbau des Stromnetzes ist Grundvoraus-setzung zur Steuerung von Produktion und Verbrauch der Elektrizität

Maßnahme EN2 Energie- und Infrastrukturplanung

Ziel Entwicklung und Umsetzung einer mittel- und langfristigen Energie- und Infrastrukturpla-nung unter Berücksichtigung erzeugungs-, netz- und verbrauchsspezifischer Parameter.

Technische Ergänzung der Infrastrukturen/Netze des K.LENA Klimaschutz- und Energieat-lasses aus dem Kapitel 3.1.3 Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen, Maßnahme EW1.

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Sachstand Die Errichtung von regenerativen Erzeugungsanlagen erfolgt im Moment vor dem Hinter-grund der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nach Opportunität bzw. Verfügbarkeit der entsprechenden Standorte und Flächen. Bestimmte Erzeugungs-technologien sind an Interessenskonflikte der Marktakteure gekoppelt (z.B. Flächenkonkur-renz bei Biomasse oder Photovoltaikgroßanlagen, Natur-, Artenschutz bei Wind- und Was-serkraftanlagen).

Die Genehmigungsverfahren sind oftmals langwierig und komplex. Investoren sind Energie-versorger sowie private und professionelle Investoren. Der ggf. notwendige Netzausbau erfolgt in der Regel ex post nach Feststellung notwendiger Kapazitätsausbauten aufgrund der Erreichung eine kritischen Kapazitätsgrenze durch den jeweils verantwortlichen Netzbe-treiber.

Eine integrierte Betrachtung der aufgrund der Energieverbrauchsstrukturen, geomorpholo-gischer Verhältnisse sowie Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürger und Verbänden optima-len Erzeugungsstandorte für die jeweiligen Erzeugungstechnologien sowie resultierender Kosten für einen Netzinfrastrukturausbau liegt derzeit nicht vor.

Beschreibung Die Zielsetzung für das Erzeugungsportfolio Regenerativ in Baden-Württemberg 2050 sieht eine Steigerung der produzierten Energiemenge von rund 10 TWh in 2007 auf rund 50 TWh in 2050 vor. Um den Zubau von 40 TWh zu realisieren, ist ein massiver Aufbau von Erzeu-gungs- und auch Netzinfrastruktur notwendig.

Die Vielzahl der hier relevanten Einflussfaktoren, Kostentreiber und Hemmnisfaktoren (z.B. geomorphologische Eignung, Flächenangebot bzw. -konkurrenz, Energieverbrauch) könnte eine übergeordnete Datengrundlage bzw. Planung erforderlich machen, um das angestreb-te Ziel mit rund 50 TWh Stromerzeugung mit regenerativen Energien im Land Baden-Württemberg in 2050 mit den geringsten volkswirtschaftlichen Kosten zu erreichen.

Die Landesregierung wird mit der Energiewirtschaft, den Telekommunikationsunternehmen und weiteren berührten Branchen prüfen, ob ggf. vorhandene Datenbasen und Energieat-lanten zusammengeführt werden können sowie den Aufbau einer übergeordnete Energie- und Infrastrukturplanung inklusive der notwendigen Netzausbauten prüfen.

Zielgruppe Land Baden-Württemberg, Landkreise, Gebietskörperschaften in Baden-Württemberg

Technisches Potenzial

Hohe strategische Bedeutung, da Grundvoraussetzung

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen – Datengrundlage ist Grundvoraussetzung zur kostenoptimalen Umsetzung der postulierten Zielsetzungen beim Aufbau regeneratives Erzeugungsportfolio

Maßnahme EN3 Datentransparenz, Kommunikationsstandard

Ziel Schaffung von Transparenz hinsichtlich sämtlicher Netzdaten inklusive Kommunikations-standards als Grundlagen zur Entwicklung von Netzoptimierungskonzepten.

Sachstand Im Status quo sind die Nutzung und die darauf aufbauende Auswertung energiewirtschaftli-cher und netzspezifischer Daten (z.B. Einspeisungen, Lastgänge, Strukturdaten, gebündel-te Verbräuche) dem Zugriff der jeweiligen Marktrollen vorbehalten (Erzeuger, Netzbetreiber, Energielieferanten).

Durch die Transformation des Erzeugungsportfolios in Baden-Württemberg in Richtung regenerative Energieerzeugungsanlagen sowie Ausstattung sämtlicher Ein- und Ausspei-sepunkte mit elektronischen Zählern nimmt die Datenmenge und –komplexität in der Ener-giewirtschaft stark zu (z.B. Lastgänge, Messwerte, Lastprofile, Wetter- und energiewirt-schaftliche Prognosen).

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Beschreibung Die Landesregierung prüft zusammen mit den betroffenen Unternehmen im Land, ob eine erhöhte Datentransparenz für die Entwicklung und optimale Nutzung des Smart Grid erfor-derlich ist, Kernpunkte sind die Möglichkeiten für eine zukünftige Datentransparenz, Fragen des Datenschutzes sowie mögliche Kommunikationsstandards für die notwendigen Daten-protokolle.

Zielgruppe Bund, Netzbetreiber, energiewirtschaftliche Verbände

Technisches Potenzial

Hohe strategische Bedeutung, da Grundvoraussetzung

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen

Maßnahme EN4 Akzeptanzsteigerung für Netzausbau

Ziel Verbesserung der Akzeptanz beim Ausbau von Netzinfrastrukturen bei Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Unternehmen

Verkürzte Verfahren bei der Realisierung von Netzinfrastruktur

Sachstand Aufgrund des Aufbaus von regenerativen Erzeugungsanlagen wird in Teilen, z.B. auf der Mittelspannungsebene bei Windkraftanlagen, der Ausbau der Netzinfrastruktur in Baden-Württemberg notwendig. Der Netzaus- bzw. –umbau mit Freileitungen ist grundsätzlich mit höheren Akzeptanzproblemen verbunden als mit Kabeltrassen. Diesem Vorteil der Kabel-trassen stehen höhere Investitionskosten, insbesondere in Ballungsräumen, gegenüber.

Beschreibung Die Landesregierung wird zusammen mit den Netzbetreibern weiterhin und verstärkt darauf achten, beim Neubau von Stromleitungen die Transparenz und Informationen über die Maßnahmen durch frühe Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungspro-zesse zu gewährleisten. Begleitend ist Öffentlichkeitsarbeit beispielsweise in Form von Workshops zur Einbindung der verschiedenen Interessen sinnvoll.

Zielgruppe Bund, bzw. Netzbetreiber

Technisches Potenzial

Hohe strategische Bedeutung, da Netzausbau ein Grundvoraussetzung für neue EE-Erzeugungskapazitäten ist

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen – Umbau des Stromnetzes ist Grundvoraus-setzung zur Steuerung von Produktion und Verbrauch der Elektrizität

Maßnahme EN5 Förderung FuE-Aktivitäten im Bereich intelligente Netze

Ziel Systematisierung und zügige Weiterentwicklung des Wissensstandes über ökonomische, ökologische, technologische Parameter eines intelligenten Netzes

Sachstand Bisher gibt es in Baden-Württemberg keine universitäre Einrichtung, die sich ausdrücklich der systematischen Untersuchung und Weiterentwicklung der Energienetze widmet.

Beschreibung Die Landesregierung Baden-Württemberg prüft, ob die Schaffung eines Lehrstuhls „Intelli-gente Stromnetze und –architektur“ an einer bestehenden technischen Hochschule in Ba-den-Württemberg als Stiftungsprofessur initiiert werden sollte.

Zudem wird der Sachstand der bestehenden Studienangebote durch eine Erhe-bung/Abfrage bei den Hochschulen ermittelt.

Ziel ist es die Forschung, Entwicklung und Markteinführung in den Bereichen intelligente Netze, Nachfragemanagement („demand-side-management“), Stromspeichersysteme und virtuelle Kraftwerke in Baden-Württemberg zu stärken.

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Zielgruppe Wissenschaft und Forschung, Energiewirtschaft

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen

Maßnahme EN6 Durchführung von Pilotprojekten zum Aufbau von Smart Grid Technologien inkl. der Nutzung sämtlicher Komponenten

Ziel Sammlung von Praxiserfahrungen mit der Funktionsweise, den Auswirkungen und Mecha-nismen von Smart Grid Architekturen

Sachstand Derzeit existieren in Deutschland bzw. Baden-Württemberg vereinzelte Ansätze zum Auf-bau von Komponenten eines intelligenten Stromversorgungsnetzes. Die meisten dieser Ansätze sind spezifische Betrachtungen von Ausschnitten eines intelligenten Netzes (z.B. Pilotprojekte zum Einbau von elektronischen Haushaltszählern bei Privatkunden). Ganzheit-licher Ansatz z.B. im E-Energy-Projekt Modellstadt Mannheim oder das Forschungsvorha-ben MeRegio (Minimum Emission Region) in Karlsruhe/Stuttgart als Basis vorhanden.

Derzeit gibt es keine integriert angelegte Pilotprojekte zur Versorgung eines abgeschlosse-nen Gebietes mit regenerativen Energien unter Nutzung der jeweiligen Steuerungs-, Infor-mations- und Kommunikationstechnologie, Speichersystemen sowie Anreizen zur Energie-einsparung.

Beschreibung Die Landesregierung Baden-Württemberg prüft, ob mit kleineren Energieversorgern unter-schiedlicher Strukturen in Baden-Württemberg langfristig angelegte Pilotprojekte aufgelegt werden können.

Zielsetzung könnte sein, Praxiserfahrungen im Zusammenhang mit dem Aufbau von Smart Grid Lösungen zu sammeln. Im Unterschied zu bestehenden Pilotprojekten sollten diese auf die Optimierung der Integration zentraler und dezentraler Stromerzeugungseinheiten fokussieren.

Zielgruppe Industrie, Energieerzeuger, Netzbetreiber, Energielieferanten, Verbraucher

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen

Gasnetze

Maßnahme EN7 Förderung der Nutzung von Biogas

Ziel Die Erhöhung des Biogasabsatzes und -aufbereitung einschließlich seiner Einspeisung in Baden-Württemberg durch die Entkopplung der Orte mit Biogaspotenzial und Orten mit –bedarf.

Sachstand Die Biogasnutzung erfolgt derzeit weit überwiegend am Ort der Erzeugung. Dabei wird das Biogas in der Regel verstromt; die Nutzung der anbfallenden Abwärme findet in vielen Fällen mangels lokalen Abnehmern nicht statt.

Biogaseinspeisung ins Erdgasnetz ist seit 2008 mit der Novellierung der Gasnetzzugangs-verordnung technisch und rechtlich möglich. Sie ermöglicht eine sehr effiziente Nutzung der Biomasse, da diese je nach Bedarf und räumlich flexibel für KWK-Anlagen, für eine reine Wärmeproduktion oder für die Verwendung als Kraftstoff eingesetzt werden kann. Es be-steht ein Durchleitungsanspruch.

Die Anzahl der deutschen Bioerdgas-Projekte sowie Einspeisestellen und –mengen sind immer noch gering. Derzeit gibt es in Deutschland 4.780 Biogasanlagen, die in dezentralen Blockheizkraftwerken Strom und Wärme erzeugen jedoch nur 35 Einspeisepunkte ins

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Erdgasnetz, davon vier Pilotanlagen in Baden-Württemberg: Laupheim, Mühlacker, Tunin-gen, Forchheim.

Bioerdgas ist durch die erforderliche Aufarbeitung von Biogas teurer als fossiles Erdgas. Eine Förderung erfolgt derzeit jedoch ausschließlich im Rahmen des EEG über eine Ver-stromungsvergütung. Die Branche fordert eine Einspeisevergütung ins Erdgasnetz, um wirtschaftlich zu werden.

Beschreibung 1. Das Land prüft die Erstellung eines Leitfadenszur optimierten Nutzung von Biogas . Dieser adressiert folgende Themenfelder

a) Beratung von Landwirten/Betreiber hinsichtlich der Akquisition von Wärmekunden und Wärmenutzungskonzepten

b) Best Practice-Beispiele zur saisonalen Biogasspeicherung im Netz und in Kugeln

c) Geschäftsmodelle für Stadtwerke in den Wertschöpfungsstufen: Aufbereitung, Über-nahme, Vertrieb, Verkauf, Chancen (Regelenergie)

2. Das Land Baden-Württemberg wirkt zudem beim Bund auf die Berücksichtigung folgender Punkte hin:

• Das Ausschließlichkeitskriterium bei der Verstromung von Biogas aus dem Erdgasnetz sollte verändert werden. Es schafft zusätzliche Kosten und Bürokratie für die Beteilig-ten, da grundsätzlich nur diejenige Art der Stromerzeugung privilegiert wird, die voll-ständig auf Biogas beruht.

• Die Leistungsgrenze von 20 MW (el) sollte aufgehoben werden, da durch den kombi-nierten Einsatz von Biogas und Erdgas in größeren BHKW oder Mittel- und Spitzen-lastkraftwerken der Wirkungsgrad deutlich verbessert wird.

Zielgruppe Stadtwerke, Biogasproduzenten, Gasnetzbetreiber

Technisches Potenzial

Strategisch bedeutsam, um Biogasmarkt in BW in Schwung zu bringen.

THG-Einsparung Pilotprojekte und veränderte Rahmenbedingungen ermöglichen erst den Ein-satz/Einspeisung von Biogas.

Maßnahme EN8 Smart-Gas-Grid

Ziel Erforschung der Steuerung von Gas-Verteilnetzen, intelligenter Lastenausgleich durch dezentrale Ein- und Ausspeiser sowie eine intelligente Steuerung/Leitstelle.

Sachstand Gasnetze werden in Baden-Württemberg zentral beschickt und das Gas wird lediglich im Einrichtungsverkehr zum Verbraucher geleitet. Ein aktives Mitwirken von vielen dezentralen Akteuren ist nicht vorgesehen. Das Erdgas wird fast ausschließlich importiert.

Während im Strombereich seit vielen Jahren Forschungsprojekte zu "Smart Grids“ bearbei-tet werden, sind "Smart Grids" auf Ebene der Gasnetze weitgehend unerforscht.

Beschreibung Das Land prüft zusammen mit den Gasnetzbetreibern, ob ein Forschungsprojekt auf-bauend auf dem ersten reinen FuE-Projekt in Österreich durchgeführt werden sollte.

Schwerpunkte des Forschungsprojektes könnten auf folgenden Themen liegen:

• Rolle der Leitstellen • Koordination der Netzbetreiber • Datenaustausch und Lastenabgleich • Einspeisung von Biogas • Speicherung • Erdgasmobilität

Zielgruppe Stadtwerke, Gasnetzbetreiber, IT-Dienstleister

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Technisches Potenzial

Strategisch wichtig, da mit intelligenten Netzen die Biogaseinseisung erhöht und Abhängig-keit von Erdgasimport reduziert werden kann.

THG-Einsparung Abhängig von Anteil Biogas im Erdgasnetz

Anmerkungen Abstimmung mit EN7 Gas-Speicherung sinnvoll

Maßnahme EN9 GasInfrastruktur-Planung – Umbau

Ziel Zukunftsfähiger Umbau der Gasnetzinfrastruktur vor dem Hintergrund sinkender Ver-brauchsmengen, Vermeidung von Doppelinfrastruktur im Verteilnetzbereich.

Sachstand Das Gasnetz in Baden-Württemberg ist bislang nur gewachsen, jetzt ist ein Ausbaustopp im Verteilnetz zu konstatieren. Doppelinfrastrukturen (Gas – Wärmenetze) sind teilweise vorhanden, die Gasnetze bremsen den Ausbau der Wärmenetze. Die Regional- und Lan-desplanung kann die Entwicklung der Energienetze nicht steuern.

Beschreibung Das Land prüft in Abstimmung mit Stakeholdern (Gaswirtschaft, aber auch EE-Branche aus den Bereichen Wärme, Strom und Mobilität sowie Industriebetriebe/verbände), ob eine Gasnetzinfrastruktur-Strategie als ein Teil der Energieinfrastrukturplanung Baden-Württemberg (Maßnahme EW 1) erforderlich ist. Die voraussichtlich schrumpfende Ab-satzmenge bis 2050 könnte zu geplanten Maßnahmen bis 2020 Anlass geben, die eine geordnete Reduzierung der Gasversorgung bis 2050 ermöglichen.

Zielgruppe Energieversorger

Technisches Potenzial

Strategiewechsel von Ausbau der Erdgasinfrastruktur zum kostengünstigen Umbau bis 2050.

THG-Einsparung Die Einsparung wird dem Kapitel Erzeugung zugerechnet. Sie ist von der Reduktion des Erdgasverbrauches in Baden-Württemberg zwischen 2010 und 2050 abhängig.

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Wärmenetze

Abbildung 14: Energieatlanten als Planungsbasis für Wärmepläne

Maßnahme EN10 Smart-Thermo-Grid

Ziel der Maß-nahme

Erforschung und Errichtung neuer intelligenter Wärmenetze, insbesondere Förderung von Innovationen im Bereich Technik und Abrechnungen bei Wärmenetzen mit verschiedenen Einspeisern z.B. Solarthermie, Geothermie und Abwärme.

Sachstand Der Regelfall bei Wärmenetzen ist ein Einspeiser, d.h. eine Wärmeerzeugungsanlage. In Ausnahmefällen sind weitere Einspeiser beteiligt. Die Abrechnung / Vergütung der zusätz-lich eingespeisten Wärme und die technischen Voraussetzungen für mehrere Einspeiser sind in der Regel nicht ausreichend geklärt. Es fehlen best practice Beispiele mit hoher Übertragbarkeit. Für den Ausbau von intelligenten Wärmenetzen mit mehreren Wärmee-inspeisern (Wärme aus Biogas, Abwärmenutzung aus Industrieprozessen, Wärme aus Mini- und Mikro-KWK, Wärme aus überschüssigem Windstrom, Solarthermie) ist sowohl die Klärung der Abrechnungsmöglichkeiten als auch die der technischen Steuerung notwendig.

Beschreibung Die Landesregierung prüft, ob mittels regionaler Pilotprojekte Innovationen im Bereich Technik und Abrechnungen bei Wärmenetzen angestoßen werden können.

Der Schwerpunkt der Pilotprojekte könnte auf der Entwicklung von o.g. Neuerung und dem hohen Einsatz von Wärmeerzeugungstechniken ohne endliche Primärenergieträger (Gas, Öl) liegen. In Betracht kommen

K.GROUP

Energieatlanten als Planungsbasis

Basiskarten mit Wärmebedarfen und Netzinfrastruktur

Wärmeatlas der Initiative Nahwärme

Kommunale Wärmepläne

Ergänzen Wärmeatlanten um Abwärme

Systemtechnische Analyse unterstützt Suche nach „besten“ Lösungenwww.nahwaerme-bw.de

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Zielgruppe Betreiber von Wärmenetzen

Technisches Potenzial

Strategisch bedeutsam für Entwicklung von neuer Generation von Wärmenetzen

THG-Einsparung Abhängig von Anteilen von Biogas, Verdrängung von Heizöl und Strom sowie von Effizienz im Gasnetz

Maßnahme EN11 Leitfaden Aufbau und Wirtschaftlichkeitsrechnung von Nahwärmenetzen

Ziel Beschleunigung des Ausbaus von Nahwärmenetzen mittels Informationstransfer durch einen Leitfaden und ein Rechentool speziell für Stadtwerke (Netzbetreiber).

Sachstand Es besteht große Unsicherheit hinsichtlich der Parameter, unter denen Nahwärmenetze erfolgversprechend aufgebaut werden können. Oftmals werden die wirtschaftlichen Hemm-nisse für eine erfolgreiche Realisierung sowie Refinanzierungsrisiken für Investoren in der Diskussion unterschätzt.

Nahwärmenetze gelten insbesondere bei Stadtwerken als riskante Projekte mit hohen wirt-schaftlichen Risiken. Dennoch entstehen einzelne Nahwärmenetze, welche bei idealtypi-schen Rahmenbedingungen eine sichere und dauerhafte Einnahmequelle und Kundenbin-dung für Stadtwerke darstellen. Eine anwenderfreundliche Kalkulations-Software, die alle notwendigen Kalkulationen abbilden kann, ist am Markt nicht erhältlich.

Beschreibung Die Landesregierung erstellt einen Leitfaden „Aufbau und Wirtschaftlichkeitsrechnung von Nahwärmenetzen“, der die erfolgskritischen Parameter von Nahwärmenetzen beschreibt und konkrete Hinweise gibt, wie diese zielführend gestaltet werden können. Basis können die Ergebnisse der Initiative Nahwärme sein.

Darin sollte ein Rechentool per Software-CD-ROM enthalten sein, welches mittels Berech-nung von bestehenden erfolgreich betriebenen Nahwärmenetzen die Justierung der Pla-nungen ermöglicht.

Zielgruppe Betreiber von Wärmenetzen, Kommunen

Technisches Potenzial

Strategisch bedeutsam für Ausbau der Wärmenetze, hoher Mobilisierungsfaktor.

THG-Einsparung Maßnahme wichtig, Einsparung nicht quantifizierbar

Maßnahme EN12 Wärmepläne

Ziel Förderung von Wärmenetzen mittels geeigneter Informationsbasis zu Wärmebedarfen und Wärmepotenzialen und Standorten zur Nutzwärmeerzeugung, Zusammenführung von Ak-teuren.

Verknüpfung zwischen lokal verfügbaren Erneuerbaren Energien sowie den Potenzialen für Abwärmenutzung und Kraft-Wärme-Kopplung.

Zielgröße sind 150 Wärmepläne bis 2020.

Sachstand Kommunen verfügen in der Regel über keine flächendeckenden Informationen zu Wärme-bedarfen und Wärmepotenzialen, wenn überhaupt lediglich zu den Verbräuchen der eige-nen Liegenschaften (Kommunale Energieberichte). Lokale Versorger kennen die Erdgas- und Wärme-Verbräuche ihrer Kunden. Beide Informationen liegen getrennt voneinander und in Listenform vor. Als Flächeninformationen sind bei der Kommune Flächennutzungs-pläne, die zum Thema Energie jedoch nur einzelne (bestehende) Anlagen wie Kraftwerke oder Vorranggebiete beinhalten, vorhanden. Zu Abwärme liegen meist überhaupt keine

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Informationen vor, da die Gewerbe- und Industrieunternehmen diese nicht transparent machen möchten.

Eine koordinierte kommunale Ausbaustrategie zu Nahwärmenetzen und Wärmeerzeugung sowie zur Abwärmenutzung ist damit nicht möglich.

Beschreibung Die Landesregierung unterstützt Kommunen ab 10.000 Einwohnern (das entspricht ca. 250 Kommunen), einen Wärmeplan aufzustellen. Die Pläne sollen auch als Basis für den Klima- und Energieatlas BW (Maßnahme EW1 K.LENA) dienen und identische formale Kriterien abdecken sowie online zur Verfügung stehen. Eine Verpflichtung größerer Kommunen zur Aufstellung eines Wärmeplanes wäre in Abhängigkeit von der Entwicklung zu prüfen.

Sinnvoll scheint auch die Bindung der Förderung von Klimaschutz- und Energiekonzepten an die Aufstellung eines Wärmeplanes.

Wesentliche Elemente der Wärmenutzungspläne sind eine Aufstellung der räumlichen und zeitlichen Verteilung des Wärmebedarfs sowie kurz-, mittel- und langfristige Ausbauziele für die Anteile Erneuerbarer Energien und Kraft-Wärme-Kopplung.

Konkret können dies sein: 1. Bestehende Wärmestrukturen

• Wärme- und Gasnetze • Heizwerke, Heizkraftwerke • Abwärmemengen und Wärme- und Kältebedarfe je Gebäude • Eingesetzte Energieträger • Kältenetze • Wärmespeicher • Flächen für Energie

2. Bereits geplante Wärmestrukturen 3. Zukünftig mögliche Wärmestrukturen

Die Einbeziehung von Kommunen unter 10.000 Einwohnern ist zu prüfen.

Zielgruppe Kommunen, Stadtwerke, private Gebäudeeigentümer, Unternehmen

Technisches Potenzial

Strategisch höchste Bedeutung, da Grundlage für Abwärmenutzung und dezentrale Wär-meeinspeisung

THG-Einsparung bis zu 260.000t CO2

Maßnahme EN13 Möglichkeiten für einen Anschluss- und Benutzungszwang für Wärmenetze

Ziel der Maß-nahme

Förderung von Wärmenetzen mittels Anschluss- und Benutzungszwang (ABZ) in verdichte-ten Bestandsgebieten mit Fokus auf Substitution von Gasnetzen

Sachstand Nach § 11 Abs. 2 Gemeindeordnung (GemO) können Gemeinden einen Anschluss- und Benutzungszwang zum Anschluss an Wärmeversorgungsanlagen/netze durch Satzung aus Gründen des öffentlichen Wohls auf der Grundlage einer Satzung vorschreiben. Der Anschluss- und Benutzungszwang kann auch aus Gründen des Klimaschutzes eingeführt werden.

Aus Akzeptanzgründen wird der Anschluss- und Benutzungszwang jedoch selten ange-wendet.

Beschreibung Die Landesregierung prüft verschiedene Möglichkeiten eines Anschluss- und Benutzungs-zwangs für Wärmenetze, z.B. durch Einführung eines Auslösetatbestands (Austausch der Heizungsanlage). Die Landesregierung unterstützt Kommunen, die verstärkt Anschluss- und Benutzungszwang in Gebieten wie Innenstädten, Denkmalschutz-Bereichen oder Be-reichen mit zukünftig noch hohem Wärmebedarf einführen wollen, um eine Alternative zu insbesondere Heizöl- und Erdgasheizungen anzubieten.

Zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs und der „Vorranggebiete“ stellt die Landesregierung den Kommunen Fortbildungen und geeignete Hilfsmittel wie einen Leitfaden zur Verfügung.

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Fortbildungen sollen Entscheidern aus Politik und Verwaltung aufzeigen wie ein Anschluss- und Benutzungszwang und „Vorranggebiete“ sinnvoll und juristisch korrekt eingeführt wer-den können. Veranstaltungen, in denen best-practice-Beispiele neuer Nahwärmesysteme vorgestellt werden, sollen dies unterstützen.

Die Kommunen sollen zu Darstellungen und Festsetzungen in Bauleitplänen (Flächennut-zungsplänen und Bebauungsplänen) ermutigt werden, die die (spätere) Realisierung von Wärmenetzen erleichtern (z. B. Flächen für Versorgungsanlagen und Leitungsrechte nach§ 6 Abs.2 Nr. 4 und § 9 Abs1 Nr. 12, 13, 21 BauGB).

Kommunen sollen zu Festsetzungen von Vorranggebieten für Wärmenetze in Bauleitplänen (Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen) nach BauGB §1 (5) und § 1 (6) 7,8 ermu-tigt werden.

Kommunen soll ein Leitfaden „Anschluss- und Benutzungszwang“ z.B. zum Herunterladen aus dem Internet zur Verfügung gestellt werden, aus welchem die Inhalte entsprechend der Fortbildungen ersichtlich sind.

Den Schwerpunkt der Wärmeerzeugung, die mit dem Anschluss- und Benutzungszwang verbunden ist, sollen erneuerbare Energieformen darstellen, da ein Zwang zu fossilen Energieträgern wie Gas nicht vermittelbar scheint.

Zielgruppe Kommunen, Endkunden

Technisches Potenzial

Strategische Förderung eines wirksamen Instruments

THG-Einsparung bis zu 90.000t CO2

Maßnahme EN14 Technikführerschaft bei Langzeitwärmespeicher (Erforschung und Realisierung)

Ziel Baden-Württemberg soll europaweit die Technikführerschaft beim Thema Langzeitwärme-speicher übernehmen. Dazu gehört die technische Weiterentwicklung von Langzeitwärme-speichern für Wärmenetze, die Erhöhung des Deckungsgrades der Speicher, Kostensen-kung der Speicher sowie die Realisierung weiterer Demonstrationsvorhaben auf Basis neuer Erkenntnisse.

Sachstand Langzeit-Wärmespeicher sind i. d. R. nicht vorhanden und noch nicht wirtschaftlich. Durch Speicher mit ca. 1-20 Mio. Liter Fassungsvermögen zur Warmwasser-Speicherung über Monate könnte das Wärmedilemma, also die fehlende Sommernachfrage, entschärft wer-den.

Es existieren Forschungsprojekte und Pilotanlagen zur solaren Wärmeversorgung mittels Solarthermie und Jahreszeitenspeicher, welche allerdings immer eine zusätzliche Nachhei-zung bedingen. Die solaren Wärmekosten solcher Projekte betragen ohne Förderung rund 15 bis 30 Ct/kWh. Es sind höhere Investitionen auf längere Investitionszeiträume nötig. Hohe Baukosten und hohe Wärmeverluste verhindern bislang eine Wirtschaftlichkeit sol-cher Systeme. Durch die Weiterentwicklung der Systemtechnik werden solare Wärmekos-ten von ca. 10 Ct/kWh angestrebt.

Beschreibung Die Landesregierung intensiviert die Erforschung von Langzeitwärmespeichern, insbeson-dere in Verbindung mit Wärmenetzen. Die Ergebnisse von bereits realisierten Speichern (z.B. Crailsheim, Friedrichshafen, Neckarsulm, Gailingen, Eggenstein-Leopoldshafen) sind durch eine Tagung „Langzeitwärmespeicher“ einzubeziehen.

Ein Demonstrationsvorhaben soll in Kooperation mit einem Energieversorger realisiert wer-den, welches den Transfer von know-how ermöglicht.

Zielgruppe Forschungseinrichtungen, Investoren, Versorger

Technisches Potenzial

Hoher strategischer Nutzen liegt in technischer Verbesserung der Langzeitwärmespeicher, welche Wärmedilemma grundsätzlich lösen könnte.

THG-Einsparung Ca. 50.000 t

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Maßnahme EN15 Infokampagne für Wärmenetze

Ziel Förderung von Wärmenetzen mittels Imagekampagnen

Sachstand Beim Endkunden herrscht Unsicherheit und Unwissen, was Fern-/Nahwärme ist und wo-raus diese Wärme gewonnen wird und werden kann. Die eigene Heizung im Keller ist die gängige Vorstellung. Die Vorteile von Wärmenetzen für die Endkunden sind wenig bekannt, oft werden nur die Betriebskosten der dezentralen Heizung mit den Vollkosten der Wärme aus Wärmenetzen verglichen.

Beschreibung Landesweite sowie lokale/regionale Imagekampagnen sollen die ökologischen und finan-ziellen Vorteile für die Kunden und die Region betonen. Den Schwerpunkt sollen erneuerba-re Energieformen darstellen, da ein Zwang zu fossilen Energieträgern wie Gas nicht vermit-telbar scheint. Lokale Wertschöpfung soll als zentraler Gedanke im Vordergrund stehen.

Zielgruppe Kommunen, Endkunden.

Technisches Potenzial

Strategischer Nutzen liegt in grundsätzlicher Klimaverbesserung zu Gunsten von Wärme-netzen bei Verbrauchern

THG-Einsparung Bis zu 100.000t CO2 bei gemeinsamer Umsetzung der Maßnahmen EN15 - EN17

Maßnahme EN16 Kälte aus Wärmenetzen

Ziel Entschärfung des Wärmedilemmas im Sommer mittels Wärmeumwandlung in Kälte nach dem Ab- und Adsorbtionsprinzip zur Klimakühlung (ca. 0°C), Erhöhung der Wärmenachfra-ge im Sommer und damit Erhöhung der Vollnutzungsstundenzahl von KWK-Anlagen

Sachstand Aktuell wird nur in Sonderfällen Kälte aus Heißwasser gewonnen, da dies einen hohen Kältebedarf und einen Invest in Sorbtionstechnik erfordert. Gängig ist die strombasierte Kompressionskühlung mit einer ungünstigen CO2-Bilanz. Es existieren Techniken und Pi-lotprojekte zur Kälteversorgung von z.B. Lebensmittellagerstätten oder großen Dienstleis-tungs- oder Servergebäuden mittels Wärmenetzen, bei welchen dezentral Kälte erzeugt wird.

Beschreibung Die Landesregierung prüft eine Initiative „Moderne Kälteversorgung“, bei der ca. 10 Stadt-werke gebündelt und bei Pilotprojekten begleitet werden könnten Die Stadtwerke könnten Fördermittel für die Teilnahme (20.000 €) und eine garantierte Förderquote für die Realisie-rung von Anlagen erhalten. Partner der Initiative könnten privatwirtschaftliche Unternehmen wie Supermärkte, Einkaufszentren, Hotels, Gewerbebetriebe eingebunden werden. Ergän-zend könnte eine Förderung der Anlagen aus Förderprogrammen des Landes erfolgen.

Leistungen:

• Ermittlung von Potenzialen für Kältegewinnung aus Wärmenetzen

• Wirtschaftliche Berechnung der Umstellung auf Sorbtionskälte

• Ausschreibung der Realisierung der Anlagen

Zielgruppe Wärmenetzbetreiber, Stadtwerke, Unternehmen mit Klima-Kältebedarf

Technisches Potenzial der Maßnahme

Strategischer Nutzen liegt in grundsätzlicher Überwindung des Wärmedilemmas durch Nutzung von Wärme für Kälte im Sommer

THG-Einsparung siehe EN15

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Maßnahme EN17 Kommunale Beratung – Fortführung Initiative Nahwärme

Ziel Die Initiative Nahwärme soll über den begrenzten Zeitraum der Pilotphase durch die KEA BW als Dauerprojekt fortgeführt werden, um so die ambitionierten Ziele zur Stromgewin-nung aus Nahwärmeerzeugung aus dem Energiekonzept 2020 zu erreichen

Sachstand Das Energiekonzept 2020 des Wirtschaftsministeriums hat zum Ziel die KWK-Stromgewinnung mit Nahwärmenutzung von 0,6 auf 3,0 TWh zu verfünffachen. Entspre-chend muss auch die Wärmenutzung durch Nahwärmenetze steigen. Dies ist nur durch starke weitere Unterstützung möglich, da sich bei einem Biomasseanteil von ca. 40% nur ca. 0,25 TWh Wärme aus neuen Wärmenetzen jährlich realisieren lassen. Dies wären 15-25 neue Nahwärmenetze jährlich bis 2020. Damit würde sich die Nahwärme-Menge von 2006-2020 nur ca. verdoppeln (von 3 auf 6 TWh).

Die Initiative Nahwärme liefert die erforderlichen Werkzeuge und Erfahrungen an die KEA, um den Transfer an weitere Interessenten zu ermöglichen.

Beschreibung Die KEA wird die Initiative Nahwärme weiter führen und Kommunen und Wärmenetzbetrei-ber mittels der erarbeiteten Tools zu beraten.

Die KEA soll die Datenbasis zu Nahwärme in BW erweitern und verbessern, so dass der Fortschritt des Nahwärme-Ausbau messbar wird. Dazu sind die Anzahl, Länge und Wär-memengen je Netz und Jahr zu erheben.

Zielgruppe Kommunen, Wärmenetzbetreiber, Stadtwerke,

Technisches Potenzial

Strategischer Nutzen liegt in der Verbreitung des Know-Hows zum wirtschaftlichen Betriebs von Nahwärmenetzen

THG-Einsparung siehe EN15

3.1.2.4 Bilanz und Ausblick

Die vorgeschlagenen Maßnahmen führen nicht unmittelbar zu einer THG-Emissionsminderung. Sie unterstützen jedoch die aufgezeigte Substitution fossiler Primär-energieträger durch Erneuerbare Energien.

Hinsichtlich der erwartbaren Hürden und Hemmnisse bei der Umsetzung ergibt sich ein diffe-renziertes Bild: Trotz der hohen Investitionsbedarfe für die Stromnetze erscheint dieser Maßnahmenbereich innerhalb der aus der Einspeise- bzw. Netzstabilisierungsperspektive erforderlichen Zeitspanne realisierbar zu sein. Die wesentlichen technischen Komponenten sind bereits verfügbar bzw. stehen kurz vor der Marktreife. Wird der bisherige politische Fo-kus der Netzregulierung (Senkung der Kosten bzw. der Durchleitungsentgelte) zugunsten eines zukunftsfähigen Umbaus der Netzinfrastrukturen erweitert, lässt sich sowohl eine voll-ständige und schnelle wie auch sozial abbildbare Refinanzierung erzielen. Bei den Gasnet-zen konkurriert die aufgezeigte Stoßrichtung mit regenerativen Technologien.

Die ehrgeizigsten Herausforderungen liegen im Aufbau netzbasierter Wärmeinfrastrukturen. Sie liegt insbesondere darin, die erforderlichen Handlungs- und Investitionsanreize für po-tenzielle Wärmenetzbetreiber und für potenzielle Anschlussnutzer zu schaffen.

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3.1.3 Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen

3.1.3.1 Ausgangssituation: Strukturelle Aspekte der Energiewirt-schaft in Baden-Württemberg

Die deutsche Elektrizitätswirtschaft wurde 1998 liberalisiert, jedoch hat sich die Marktstruktur bis heute wenig verändert. Die Branchenstruktur war und ist im Wesentlichen in drei Ebenen gegliedert:

• Überregionale Energieversorger (v.a. Erzeugung, Transportnetz)

• Regionale Energieversorger (v.a. Erzeugung, Verteilnetz)

• Kommunale Energieversorger (v.a. Verteilnetz, Vertrieb)

Die großen Energieversorgungsunternehmen haben die geforderte rechtliche Aufspaltung in „Erzeugung/Import“, „Übertragung/Verteilung“ (=Netzbetrieb) und „Vertrieb/Dienstleistungen“ vollzogen. Aus Sicht der Monopolkommission lässt allerdings die ökonomische Auspaltung noch zu wünschen übrig.

Die Akteure am regionalen Versorgungsmarkt in Baden-Württemberg sind im Wesentlichen die EnBW als Marktführer, die MVV Energie, rund 100 Stadtwerke sowie kleinere genossen-schaftliche Versorger. Die Stadtwerke erwirtschafteten im Jahr 2007 einen Umsatz von rund 6. Mrd. Euro und beschäftigten ca. 8.000 Mitarbeiter. Abbildung 15 skizziert die nach Spar-ten differenzierten wesentlichen strukturellen Merkmale der Stadtwerke in Baden-Württemberg.

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Abbildung 15: Stadtwerke in Baden Württemberg

Die langfristige Umstellung der Elektrizitätsversorgung auf erneuerbare Energien erfordert einen tiefgreifenden Umbau der Elektrizitätswirtschaft. Bei Herausbildung der angestrebten dezentralen Erzeugungsstruktur könnte den Stadtwerken und weiteren regionalen Energie-versorgungsunternehmen eine wichtigere Funktion zukommen. Während die Stadtwerke heute überwiegend als Verteilnetzbetreiber und Energielieferant agieren, gilt es, Anreize zur Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle in Richtung regenerativer Energieerzeuger, Be-treiber von KWK-Anlagen und Energiedienstleister/ Energieeffizienz (Betreiber von Nah-wärmenetzen) zu setzen. Denn eine lastnahe Stromerzeugung bleibt ungeachtet der Redu-zierung der Importabhängigkeit, ein auch hinsichtlich der Netzstabilität notwendiger Beitrag zur Versorgungssicherheit in Baden-Württemberg.

Auf den unter zukünftigen Anforderungen investitionsintensiven Wertschöpfungsebenen Er-zeugung und Übertragungsnetze sind wenige, dafür aber dominante Akteure aktiv. Durch ordnungs- bzw. energiepolitische Regelungen müssen handlungssteuernde Impulse für die Herausbildung der erforderlichen Strukturen gesetzt werden

Basis hierfür ist die Anreizregulierung. Diese verfolgt das Ziel, die Netznutzungsentgelte im Strom- und Gasnetz durch Erlösobergrenzen zu senken. Über einen bundesweiten Effizienz-vergleich werden unternehmensspezifische Schätzungen der Kosteneffizienz vorgenommen; ineffiziente Versorger müssen ihre vermeidbaren Kosten in vergleichsweise kurzem Zeitraum absenken. Aufgabe der Bundesnetzagentur ist es, die Kennzahlen zu ermitteln und den indi-viduellen Effizienzpfad vorzugeben.

K.GROUP

Stadtwerke in Baden-Württemberg – Überblick

Anzahl Betriebszweige Absatz, TWh, Mio.3 Umsatz in Mrd. € Beschäftigte in Tsd.

Strom

Gas

Wärme

Wasser

Quelle: VKU, Stand 2007, Analyse K.GROUP

97

73

70

71

6

47

21

523 0,5

0,3

2,5

2,8

2,0

0,5

1,9

3,3

ΣΣΣΣ 6,1 ΣΣΣΣ <7,7

Umsatz in Höhe von ~ 6 Mrd. € mit ~ 8.000 Beschäftigten –ca. 4 Mrd. € durch rein kommunale Stadtwerke

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Investitionspauschalen und Ausnahmegenehmigungen garantieren nötige Netzinvestitionen. Zu- oder Abschläge auf die Netzerlöse werden durch eine zusätzliche Qualitätsregelung si-chergestellt.

Allerdings fokussiert diese Regelung bestehende Netzinfrastrukturen, mithin bereits getätigte Kapitalinvestitionen oder überschaubare risikoaverse Erhaltungsaufwendungen. Der erfor-derliche Netzumbau zu einem Smart Grid dagegen erfordert nicht unerhebliche Neuinvesti-tionen in heute nicht vollständig ausgereifte und standardisierte Innovationstechnologien. Gleiches gilt für Speichertechnologien. Unter den heutigen Bedingungen der Anreizregulie-rung ist für die Investoren in diese beiden Fundamentalfelder einer zukunftsfähigen Energie-wirtschaft die Frage der Refinanzierbarkeit und Kapitalverzinsung nicht ausreichend sicher-gestellt.

3.1.3.2 Vision 2050

Der Umbau einer zentralistisch geprägten hin zu einer dezentralen partizipativen Struktur der Energieversorgung könnte vollzogen sein. Dies würde bedeuten, dass im Bereich der Erzeu-gung Großanlagen fossiler Prägung verschwunden sind und nur im internationalen Verbund in Form von schwerpunktmäßig gleichstromverbundenen Speicher- und regenerativen Groß-erzeugungsanlagen auf Basis topographischer Eignung (offshore Wind, Wasserkraft und Photovoltaik bzw. Solarthermie) in das System eingebunden sind. Dezentrale regenerative Erzeugungsanlagen unterschiedlicher Größenklassen könnten dann betreiberunabhängig und diskriminierungsfrei in die Netzstrukturen integriert werden. Dadurch sowie flankiert durch die technologischen Fortschritte und Realisierung von Skaleneffekten würde eine Vielzahl von Anlagenbetreibern, privaten und professionellen Investoren mit ökonomisch stabilen Geschäftsmodellen agieren. Ein „plug and play“10 von Erzeugungskomponenten unterschiedlichster Größenklassen ist realisierbar. Sämtliche, für eine Investitionsentschei-dung notwendigen Daten, z. B. topographische Eignung, Abnahmestrukturen im Umfeld ei-nes potenziellen Standortes, sind öffentlich zugänglich und transparent.

„Smarte“ Technologien auf Basis intelligenter Netz- und Steuerungsarchitekturen sowie Effi-zienzprodukte und -dienstleistungen im Wärme- und Strombereich unterstützen private und gewerbliche Verbraucher Energie einzusparen und den Restkonsum in Schwachlastzeiten zu verlagern. Die Betreiber von dezentralen Erzeugungsanlagen werden darin unterstützt, „seine“ Kapazitäten in einer für ihn und gleichzeitig das Gesamtsystem optimalen Weise ein-zubringen, entweder durch Eigenbedarf, Netzeinspeisung oder Speicherung in eigenen oder übergeordneten Anlagen. Diese Steuerung erfolgt über börsenähnliche Institutionen. Gleich-zeitig könnten neue Marktrollen und –teilnehmer entstehen.

10 Mit „plug and play“ ist gemeint, dass langwierige Genehmigungs-, Anschluss- und Steuerprozesse reduziert und standardisiert werden, um so eine kleinteilige Erzeugungslandschaft einfacher reali-sieren zu können.

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Dies betrifft insbesondere auch die erforderliche Steuerung des großräumigen Lastaus-gleichs über Speicher- und Spitzenlastmanagement. In Weiterführung des vormals von den Übertragungsnetzbetreibern auf europäischer Ebene bereits betriebenen Regel- und Aus-gleichsenergiemanagements sind nunmehr alle erforderlichen Komponenten (Transportka-pazitäten, Speicher, Spitzenlastkraftwerke) diskriminierungsfrei und an tatsächlichen Kosten-verursachungsprinzipen systemisch verbunden. Die Einhaltung der Spielregeln sowie den Missbrauch möglicher Engpässe überwacht eine zentrale und unabhängige Instanz und bil-det somit den dauerhaft notwendigen verbleibenden Regulierungsrahmen.

In Komplettierung der Liberalisierung des Energiemarktes seit 1998 könnte somit über wett-bewerbliche sowie regulatorische Wirkungen ein sich selbst tragendes System einer dezent-ralen und regenerativen Energieversorgung entstanden sein. Hauptsächliche Elemente des Umbaus könnten sein:

• „Beschleunigung“ der Effizienzsteigerungen insbesondere im Wärmebereich;

• Aufrechterhaltung der Wirkweise eines funktionierenden Emissionshandelssystems;

• Verursachungsgerechte Berücksichtigung aller externen Kosten (insbesondere klima-relevante Emissionen) in den Produktpreisen Energie und Energiedienstleistungen; dies kann durch verschiedene Instrumente wie Steuern oder Abgaben sowie durch Quotenregelungen geschehen;

• (Temporäre) Aufnahme investitionsanreizender Regelungsinhalte in die relevanten Verordnungen (EEG, Anreizregulierung) bis zum Vorliegen markt-/wettbewerbs-basierender ökonomischer Eigenanreize für Betreiber (für Smart Meter, Smart Grids und Energiespeicher);

• Über Marktmechanismen gesteuerte Motivation für alle Anlagenbetreiber, in zukunfts-fähige Technologien zu investieren bzw. für Verbraucher, Energiekonsum zu minimie-ren;

In der Gesamtkonsequenz somit erfolgt eine Umkehr des vormalig mengen- und preisführer-schaftsgetriebenen Geschäftsmodells Energiewirtschaft: Umsatz und Marge der Akteure wird durch Grad und Leistungsbeitrag zum Klimaschutz bestimmt.

3.1.3.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Maßnahme EW1 Klima- und Energieatlas Baden-Württemberg - KLENA Baden-Württemberg

Ziel Entwicklung einer landesweiten räumlichen Kartenbasis für die zukünftig ökonomisch und ökologisch vorteilhaftesten Erzeugungs- und Netzstrukturen .

Sachstand Eine landesweit abgestimmte übergeordnete Planungsbasis ist durch das Energiekonzept 2020 verfügbar. Zusätzlich existieren Regional- und Landesentwicklungspläne, Energiekon-zepte für einzelne Kommunen, lokale primärenergieträgerspezifische Potenzialdaten.

Beschreibung Die Landesregierung prüft gemeinsam mit den Kommunen, der Wirtschaft und den Ener-gieversorgern die Erstellung eines Klima- und Energieatlasses Baden-Württemberg, um für Vorhaben insbesondere der erneuerbaren Energien die energiewirtschaftlichen Grundda-ten, energieträgerübergreifend Potenzialdaten, wirtschaftsstatistische Daten sowie entspre-chende Abnahmestrukturen energiewirtschaftlicher Grunddaten zur Verfügung stellen zu können. Kompetenzen sollen nicht verschoben werden.

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Die Inhalte sind stufenweise zu erarbeiten, so dass jeweils nur die wirklich notwendigen Informationen eingebunden werden.

Zielgruppe Kommunen, Wirtschaft und Verbände

Technisches Potenzial

Die strategische Bedeutung liegt im Wert der Grundlage für Langzeitstrategie und Kurz-fristmaßnahmen

THG-Einsparung Direkte Treibhauseinsparungen sind damit nicht verbunden

Maßnahme EW2 Emissionshandel

Ziel Ausgestaltung des Emissionshandels als wirksames Anreizinstrument zur Senkung der CO2-Emissionen sowie Integration weiterer Emissionsbereiche.

Sachstand Das Emissionshandelssystem der EU trat 2005 in Kraft. Das System ist ein Grundpfeiler im Bestreben der EU-Mitgliedsstaaten, ihre Reduktionsverpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll zu erfüllen. Derzeit sind über 12.000 Anlagen aus der Energiewirtschaft (Stromer-zeugung) und der Industrie im Emissionshandel erfasst. Auf sie entfällt insgesamt fast die Hälfte der CO2-Emissionen der EU. Sukzessive soll auch die Luftfahrt in den Emissions-handel mit einbezogen werden.

Die externen Kosten des CO2-Ausstoßes im Wärmemarkt werden derzeit nicht vom europä-ischen Emissionshandelssystem erfasst. Für die Erzeugung von Wärme (auch in Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung und die nicht von Verlagerungseffekten betroffene industrielle Sektoren ist ein allmählicher Übergang zu höheren Versteigerungsanteilen vorgesehen. So starten die betroffenen Branchen 2013 mit 20% Versteigerung. 2020 sollen dann 70% ver-steigert werden.

Die tatsächlichen Entwicklungen entsprechen nun nicht den Prognosen, die Grundlage des Nationalen Allokationsplans 2008-2012 waren. Die Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2008/2009 war unvorhersehbar. Die erneuerbaren Energien entwickeln sich dynamischer als angenommen. Insgesamt führte die reale Entwicklung zu einem Überangebot an Zertifi-katen und damit zu einer Abschwächung der Lenkungswirkung des Emissionshandels.

Beschreibung Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass das Emissionshandelssystem durch spezifi-sche systemimmanente Mechanismen seine volle Wirksamkeit entfalten kann.

Kernpunkte sind: • Berücksichtigung der Folgen einer Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke • Integration weiterer Emissionsbereiche in das Emissionshandelssystem • Dynamische Berücksichtigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien • Prüfung der besseren Berücksichtigung konjunktureller Schwankungen

Zielgruppe Energiewirtschaft, Industrie

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen

Maßnahme EW3 Energiedienstleistungsgesetz – EDL-G

Ziel Entwicklung eines übergeordneten ordnungspolitischen Rahmens für Energieeffizienz und Energiedienstleistungen

Sachstand Das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) setzt EU-Richtlinie über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen um. Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen zur Stimulierung des Marktes für Energiedienstleistungen.

Die aktuell mangelnde Abgrenzung zu anderen Rechtssetzungen im Bereich Energie schafft Rechtsunsicherheit. Die Inhalte des EDL-G überschneiden sich mit anderen relevan-

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ten Gesetzen (z.B. EnEG, EEWärmeG, EnEV), so dass konkurrierende Gesetzeswerke entstehen. Dies trägt wenig zu Rechtssicherheit und Transparenz für Anbieter und Kunden bei.

Beschreibung Die Landesregierung prüft die Durchführung von Pilotprojekten zum Aufbau von Effizienz-Dienstleitungen und Klimaschutzprodukten bei 4 Stadtwerken. Es soll eruiert werden, wie und in welchen Bereichen kostengünstig Endenergie eingespart werden kann.

Zielgruppe Vorwiegend Bund (Initiierung durch das Land)

THG-Einsparung Direkte Treibhauseinsparungen sind nicht quantifizierbar, das Potenzial ist jedoch hoch.

Je Versorger könnten durch den Verkauf von Energiedienstleistungen der Strombedarf reduziert werden.

Maßnahme EW4 Plug and Play

Ziel Reibungsloser und für alle Markteilnehmer transparenter Anschluss von regenerativen Erzeugungsanlagen an die jeweiligen Netze.

Sachstand Die Regeln zum Anschluss von Erzeugungsanlagen werden im Status quo durch unter-schiedliche Gesetze und Regelungswerke beschrieben (z.B. EEG, KWK-G, StromNAV, StromNZV, GasNAV, GasNZV).

Beschreibung Der zügige und massive Ausbau eines regenerativen Erzeugungsparks in Baden-Württemberg erfordert einheitliche und transparente Regelungswerke, die für Investoren nachvollziehbar sind. Aktuell stößt nach Mitteilung der Netzbetreiber der Anschluss von dezentralen Erzeugungsanlagen auf Kapazitätsengpässe und auf Probleme bei Einspeise-punkten.

Die Landesregierung Baden-Württemberg prüft, ob die Integration von Erzeugungsanlagen (z.B. spartenübergreifend, Strom, Gas, Wärme) vereinfacht werden kann. Ansatzpunkt hierfür könnte die Verknüpfung des Netzausbaus mit der (regionalplanerischen) Auswei-sung von Vorranggebieten für die Windkraft sein.

Zielgruppe Bund, Netzbetreiber, Investoren, Einspeiser

THG-Einsparung Keine direkt zuordenbaren THG-Einsparungen – Umbau des Stromnetzes ist Grundvoraus-setzung zur Steuerung von Produktion und Verbrauch der Elektrizität.

Maßnahme EW5 Förderung von Städten bei integrierten Stadtentwicklungs- und Energiekonzepten

Ziel Entwicklung innovativer integrierter Stadtentwicklungs- und Energiekonzepte für Kommu-nen bzw. Städte

Sachstand Bereits zahlreiche Städte in Baden-Württemberg beschäftigen sich mit fortschrittlichen Stadtentwicklungskonzepten, die meist nicht das Feld Energie abdecken

Derzeit sind jedoch noch keine Null-CO2-Emission-Projekte realisiert, unter Berücksichti-gung der entsprechenden Energiebereiche Strom, Wärme, Mobilität.

Einen Anstoß hierzu liefert das vom UVM aufgelegte Programm „Klimaneutrale Kommune“. Mit diesem Programm sollen Kommunen in Richtung „klimaneutrale Kommune“ angespornt werden. Energieeffiziente Kommunen können sich auch über den „European Energy Award (EEA)“ auszeichnen lassen. Das UVM unterstützt die Kommunen bei ihrer Bewerbung finanziell.

Beschreibung Die Landesregierung Baden-Württemberg prüft, welche weiteren unterstützenden Maß-nahmen ergriffen werden können, um die Entwicklung und Umsetzung innovativer, zu-kunftsweisender urbaner intergrierter Stadtentwicklungs- und Energiekonzepten mit Pilotcharakter und Fokus „zero emission“ voran zu bringen. Dabei wird geprüft, inwie-weit diese mit städtebaulichen Entwicklungskonzepten im Rahmen der Städtebauförderung

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verzahnt werden können..

Zielgruppe Städte, Kommunen

THG-Einsparung Die THG-Einsparung ist direkt von den jeweiligen Strukturen, Ausgangslagen in den Städ-ten abhängig.

Anmerkung Ggf. in Verbindung mit den Maßnahmen KK02 und KK06

3.1.3.4 Bilanz und Ausblick

Die vorgeschlagenen Maßnahmen führen nicht unmittelbar zu einer THG-Emissionsminderung, sie stellen jedoch die Voraussetzung dar, die Wertschöpfungsstufen Übertragung/ Verteilung, Erzeugung und teilweise Energievermarktung/ -vertrieb entspre-chend der jeweils erforderlichen Handlungsanreize zu transformieren. Ziel ist dabei:

§ der Aufbau und die ständige Aktualisierung von energierelevanten Planungsdaten für Investoren, Nutzer und öffentliche Institutionen, um standortspezifisch „beste“ Lösungen im Sinne der Ressourcensteuerung (Primärenergieträger, Kapital) erzielen zu können;

§ die schnelle und breite Mobilisierung von Kapital zum Aus- und Aufbau der erforderlichen Infrastrukturen; in der Konsequenz der Umbau zu einer partizipativen Energiewirtschaft;

§ dabei sollte eine Schwerpunktallokation der Mittel in den Bereichen mit der höchsten CO2-Hebelwirkung bzw. Grundlagenbedeutung für die Gesamtzielsetzung: Wärmeeffi-zienz und Smart Grid sowie Energiespeicher erfolgen;

§ flankierend die Internalisierung externer Kosten bei der Nutzung fossiler Energieträger;

In der Gesamtwirkung entsteht ein System, das sich unter Bedingungen der Marktwirtschaft selbst trägt. Entscheidend ist, dass ökologische, volkswirtschaftliche und konsumenten-individuelle Interessen auf das Ziel einer kostengünstigen, CO2-freien Energieversorgung ausgerichtet werden.

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3.1.4 Erschließung des nachhaltigen Biomassepotenzials zur ener-getischen Nutzung

3.1.4.1 Ausgangssituation und Problemaufriss

Aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten nimmt die Biomasse unter den erneuer-baren Energieträgern eine besonders wichtige Rolle ein. Als einziger erneuerbarer Energie-träger kann sie nicht nur zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden, sondern auch direkt im Verkehr zum Einsatz kommen. Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilität. Anders als Windkraft oder Photovoltaik kann Biomasse gespeichert werden, sodass sie eingesetzt wer-den kann, wenn sie benötigt wird. Den genannten Vorzügen des Energieträgers Biomasse stehen ernste Bedenken gegenüber, inwieweit bzw. unter welchen Bedingungen insbeson-dere die energetische Nutzung von Anbaubiomasse mit den Zielen des Natur- und Umwelt-schutzes im Einklang steht.

Vor diesem Hintergrund muss sorgfältig abgewogen werden, welche Biomassefraktionen in welchem Umfang künftig energetisch genutzt werden können. Gleichzeitig ist auch zu klären, wie diese Potenziale erschlossen und möglichst effizient eingesetzt werden können. Die nachfolgende Einschätzung beruht auf der Fortschreibung des Biomasse-Aktionsplans Ba-den-Württemberg (WM 2010) sowie der Biomassepotenzialabschätzung des Nachhaltig-keitsbeirates der Landesregierung Baden-Württemberg (NBBW 2008). Der Biomasse-Aktionsplan Baden-Württemberg stellt eine Maßnahme zur Umsetzung des Energiekonzep-tes Baden-Württembergs dar und berücksichtigt bereits die seit 2006 veränderten Rahmen-bedingungen, die auch für das Klimaschutzkonzept relevant sind:

§ Die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (2009/28/EG), die den Beitrag der er-neuerbaren Energien am Endenergieverbrauch für das Jahr 2020 EU-weit auf 20 % und den Beitrag erneuerbarer Energien im Transportbereich auf 10 % als verbindliches Ziel festgelegt hat.

§ Die Verpflichtungen der deutschen Bundesregierung zu einem deutlichen Ausbau erneu-erbarer Energien und nachwachsender Rohstoffe gemäß dem nationalen Biomasse-Aktionsplan.

§ Die auf bundesdeutscher Ebene verabschiedete Nachhaltigkeitsverordnung für flüssige Biomasse zur Stromerzeugung und die Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe.

Der Anteil der Bioenergie am Endenergiebeitrag aller erneuerbarer Energien betrug in Ba-den-Württemberg 2008 knapp 73 %. So ist die Biomasse bei der Bereitstellung von regene-rativen Kraftstoffen (100%) und Wärme (92%) führend. Bei der Stromerzeugung leistet die Bioenergie einen Beitrag von 31 % zur gesamten regenerativen Stromerzeugung. Im Wär-mebereich erfolgte eine Nutzung insbesondere durch traditionelle Heizsysteme auf Basis von Holz; zur Verstromung wurden vorrangig Festbrennstoffe (z.B. Altholz) herangezogen, zu-nehmend aber auch Biogas und biogene flüssige Brennstoffe aus der Landwirtschaft. Im Biokraftstoffbereich dominierten Biodiesel und Bioethanol.

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Biomasseimporte aus dem In- und Ausland spielten im Biogassektor fast keine Rolle, wohin-gegen flüssige Brenn- und Treibstoffe wie auch die Rohstoffe zu ihrer Herstellung zu erhebli-chen Teilen aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland importiert wurden. Über den Umfang der Importe nach Baden-Württemberg liegen keine Zahlen vor; auf Bundesebene werden etwa ein Viertel des Biodiesels und zwei Drittel des Pflanzenöls für die Herstellung von Kraftstoffen auf dem Weltmarkt erworben.

Die in Baden-Württemberg zur Verfügung stehende land- bzw. forstwirtschaftliche Fläche für die Erzeugung von Biomasse beträgt 2,8 Mio. ha. Auf diesen Flächen werden jedoch in ers-ter Linie Nahrungs- und Futtermittel sowie Holz erzeugt. Für die Produktion von Anbau-biomasse zur energetischen Nutzung wurden 2008 ca. 9 % der landwirtschaftlichen Fläche genutzt. Zum Flächenpotential kommen zusätzlich die nicht versiegelten Flächen aus dem Verkehrs- und Siedlungsbereich, die, sofern sie begrünt sind, als Reservoir für Landschafts-pflegematerial genutzt werden können. Insgesamt steht damit eine Gesamtfläche von 3,57 Mio. ha für die Biomasseerzeugung zur Verfügung (WM 2010).

In der Gesamtbilanz wurde im Jahr 2008 Biomasse im Umfang von ca. 100 PJ energetisch genutzt, davon stammen 80 % der Bioenergieträger aus Baden-Württemberg (WM 2010). Die größten Anteile der energetisch genutzten Biomasse stellen Industrierest- sowie Alt- und Gebrauchtholz, Holz aus der Forstwirtschaft, Importe aus dem Ausland und anderen Bun-desländern sowie Energiepflanzen.

Vor dem Hintergrund von möglichen Zielkonflikten mit anderen Umwelt- und Nachhaltigkeits-zielen sind insbesondere die Importe und der Energiepflanzenanbau zu hinterfragen.

Importe: Der Import von Energie aus Biomasse sollte nur unter Einhaltung der anerkannten Nachhaltigkeitskriterien erfolgen. Dies ist derzeit gerade bei außereuropäischen Importen noch nicht gewährleistet. Allerdings enthält die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (2009/28/EG) Auflagen zur nachhaltigen Produktion von Biomasse zur Biokraft-stofferzeugung, die auf bundesdeutscher Ebene durch die Nachhaltigkeitsverordnungen für Biokraftstoffe und für Strom aus Biomasse umgesetzt werden. Zusätzlich notwendig sind jedoch weitere global abgestimmte Nachhaltigkeitskriterien für andere Biomassen, um Ver-drängungseffekte in anderen Biomassemärkten (z.B. Biomasse zur stofflichen Nutzung, Fut-termittel etc.) auszuschließen.

Energiepflanzenanbau: In Abhängigkeit von der Hauptnutzung können die Erzeugnisse der Land- und Forstwirtschaft teilweise für eine Mehrfach- oder Kaskadennutzung zur Verfügung stehen. So kann nach der stofflichen Nutzung von Holz etwa als Baustoff, eine energetische Nutzung angeschlossen werden. Der gezielte Anbau von Energiepflanzen steht hingegen nicht für eine anderweitige Nutzung zur Verfügung. Daher kann es beim Anbau von Energie-pflanzen vermehrt zu Flächennutzungskonkurrenzen kommen. Insbesondere der Anbau von einjährigen Bioenergiepflanzen und deren energetische Verwendung insbesondere zur Pro-duktion von Flüssigkraftstoffen ist umstritten.

Im Unterschied zum nationalen Biomasse-Aktionsplan, der bis zu 40 % des deutschen Ackerlandes für Produktion von nachwachsenden Rohstoffen zur stofflichen und ener-getischen Nutzung als möglich erachtet, werden im Biomasse-Aktionsplan für Baden-Württemberg nur ca. 10–20 % der Ackerfläche für das Erreichen des dort unterstellten Po-tentials für die energetische Nutzung benötigt.

Wie viel Fläche letztendlich für den Anbau von Energiepflanzen zur Verfügung steht, hängt zudem von vielen Faktoren ab. Von Bedeutung sind Fragen der Priorisierung der eigenen Versorgung mit Nahrungsmitteln, der Entwicklung von Ernährungsgewohnheiten, die Er-

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tragssteigerung pro Flächeneinheit, die Höhe des Importes an Nahrungs- und Futtermitteln, die Nachfrage auf dem Weltmarkt und Importkosten. Vor diesem Hintergrund erscheint es besonders wichtig, die knappen verfügbaren Flächen effektiv zu nutzen. Zu den bestimmen-den Faktoren gehören hohe Erträge durch Ganzpflanzennutzung bei gleichzeitig geringem Input an Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Energie. Mit dieser Maßgabe günstig er-scheinen dabei mehrjährige Kulturen wie z. B.

• Kurzumtriebsplantagen (KUP) aus schnell wachsenden Hölzern, insbesondere auf weni-ger ertragreichen Standorten;

• Dauerkulturen wie Miscanthus oder andere Grasarten.

In Frage kommen zudem Zweikulturnutzungssysteme bei dem zwei Kulturen für die Energie-gewinnung in einem Jahr angepflanzt werden. Daneben können zukünftig auch hochproduk-tive Algen eine Rolle spielen, da ihre Produktion nicht auf landwirtschaftliche Flächen beschränkt ist und ihre Trockenmasseerträge pro Flächeneinheit die anderer Energiepflan-zen deutlich übersteigen können. Hierzu werden am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart bereits Forschungsarbeiten durchgeführt.

3.1.4.2 Vision 2020 und 2050

Biomasse ist ein wertvolles und knappes Gut, das mit Bedacht eingesetzt werden sollte. Gleichzeitig bietet die Biomasse als erneuerbarer Energieträger entscheidende Vorteile. So ist davon auszugehen, dass die Klimaschutzziele Baden-Württembergs ohne eine maßvolle Ausweitung der energetischen Nutzung von Biomasse nicht erreichbar sein werden. Aus diesem Grund sieht die Vision bis 2050 auch weiterhin die energetische Nutzung von Bio-masse vor – jedoch unter Berücksichtigung der folgenden Leitplanken:

- Verminderung von Flächenkonkurrenzen;

- Berücksichtigung der Ziele des Arten- und Biotopschutzes, des Boden-, und Wasser-schutzes;

Diese Leitplanken wird durch die folgenden Maßnahmen Rechnung getragen:

- Priorisierung ambitionierter Effizienzmaßnahmen sowie alternativer Antriebe im Ver-kehr anstelle eines alleinigen Fokus auf Biomasseeinsatz;

- Bevorzugung der stofflichen Nutzung vor der energetischen Nutzung (Mehrfachnut-zung);

- Abdeckung eines größeren Anteils des Biomassebedarfs durch Reststoffe;

- Erhöhung des Energieertrags pro eingesetzter Fläche bei der energetischen Nutzung von Anbaubiomasse, soweit dies unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsanforde-rungen sinnvoll ist;

- Ausweitung der Nachhaltigkeitsanforderungen an die Biomassebereitstellung im In- und Ausland;

- Entwicklung regional angepasster Nutzungsstrategien.

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Auf Grundlage dieser Vorgaben kann in Baden-Württemberg bis 2020 ein nachhaltiges Bio-massepotenzial von ca. 120 bis 140 PJ erschlossen werden (ohne Importe), sofern die erfor-derlichen Maßnahmen zur Mobilisierung ergriffen werden (vgl. Tabelle 6). Die Klimaschutz-maßnahmen in den Verbrauchssektoren Haushalte, Gewerbe, Industrie und Verkehr sowie im Bereich der Erzeugung von Strom und Fern- und Nahwärme legten insgesamt einen Bio-masseeinsatz von ca. 135 PJ im Jahr 2020 zu Grunde (vgl. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Im Vergleich zu 2007 ist hierfür eine Steigerung des Biomasse-einsatzes um ca. ein Fünftel (unter Heranziehung der Daten aus der Energiebilanz) bzw. um ein Drittel (unter Heranziehung der Daten aus dem Biomasse-Aktionsplan) erforderlich, was – gemessen am verfügbaren Potenzial – amibitioniert ist.

Die Vision für 2050 geht davon aus, dass in allen Energieverbrauchssektoren massive Effi-zienzsteigerungen erreicht werden können und alternative Technologien zum Einsatz kom-men. Es ist daher – trotz ehrgeiziger Klimaschutzziele – nur eine geringfügige Ausweitung des Biomasseeinsatzes von ca. 5 % im Vergleich zu 2020 notwendig. Die zusätzlich nötige Biomasse soll vorrangig durch die weitere Mobilisierung von Reststoffpotenzialen abgedeckt werden.

in PJ 2007 2020 2050

Umwandlungssektor 52,1 59,6 63,0

Industrie 13,7 14,9 21,7

Haushalte/ Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 24,0 33,0 26,0

Verkehr 21,3 27,8 30,2

GESAMT 111,1 135,3 140,9 Quelle: Daten 2007 auf Basis der Energiebilanz Baden-Württemberg 2007 (StaLa 2009). Abweichungen zum Biomasse.-Aktionsplan durch unterschiedlicher Berechnungsmethoden. Annahmen für 2020 und 2050 zusammengestellt durch Ecologic Institut auf Basis der Gutachten von Ifeu, ZSW und Öko-Institut.

Tabelle 5: Einsatz von Biomasse sowie Klär- und Deponiegas zur energetischen Nutzung 2007 und Annahmen für 2020 und 2050

Tabelle 6 zeigt die im Klimaschutzkonzept zugrunde gelegten Potenzialannahmen aufgeteilt nach Biomassefraktionen. Die Gegenüberstellung der jetzigen Nutzung und der identifizier-ten Potenziale zeigt, dass insbesondere bei den Reststoffen aus Landwirtschaft und Land-schaftspflege sowie der extensiven Grünlandnutzung die Biomassenutzung erhöht werden kann. Biogene Rest- und Abfallstoffe aus Siedlung, Gewerbe und Industrie werden dagegen bereits in erheblichem Umfang energetisch genutzt. Wesentliche Reserven existieren aber noch beim Biomüll und bei Grünabfällen. Die Erschließung dieser Potentiale im Rahmen des fachrechtlich Möglichen wird im Kapitel Abfallwirtschaft diskutiert. Die zusätzlich nachhaltig und wirtschaftlich nutzbaren Potenziale an Wald- und Restholz unterliegen einigen Unsi-cherheiten. Hier ist aber davon auszugehen, dass vor allem im Kleinstprivatwald noch weite-re Potenziale erschlossen werden können.

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Tabelle 6: Potenzialannahmen für 2020 WM 2010, NBBW 2008 und KSK 2020PLUS

Das im Biomasse-Aktionsplan Baden-Württembergs ermittelte realisierbare technische Bio-massepotenzial zur energetischen Nutzung wird mit 130 – 160 PJ/a angegeben, im Ver-gleich zu 85 PJ/a gemäß den Annahmen des Nachhaltigkeitsbeirates. Der Unterschied in der Einschätzung beruht zum einen auf den höheren Nachhaltigkeitsanforderungen des Beirats, die sich in einem geringeren Nutzungspotenzial niederschlagen. Zum anderen setzt der Nachhaltigkeitsbeirat für die Potenziale der biogenen Rest- und Abfallstoffe aus Siedlung, Gewerbe und Industrie pauschal den vergleichsweise geringen Wert von 20 PJ/a an. Im Ge-gensatz dazu geht der Biomasse-Aktionsplan von einem technischen Potenzial in Höhe von 44–55 PJ/a in diesem Bereich aus.

Herkunft Biomassefraktion

Nutzung 2008 lt. Biomasse-Aktionsplan BW [PJ/a]

Techn. Potenzial laut Biomasse-

Aktionsplan BW[PJ/a]

Nachhaltiges und wirtsch. Potenzi-al lt. NBBW [PJ/a]

Nachhaltiges und wirtsch. Potenzial

KSK [PJ/a]

Reststoffe aus Land- und Forstwirtschaft, Natur, Freiflä-chen

Waldrestholz 22,3 30–50

70 –117

26

57–62

30 – 32

65–73

Stroh 1 11 – 16 10 10

Grünland 0,8 12 – 15 7 11 – 14

Landschaftspflege in Siedlungen und Straßenbegleitgrün 2,9 9 – 22

3 8 – 10

Landschaftspflege Naturschutzflächen 5 – 10

Tierische Exkremen-te 0,9 6 – 12 6 5

Landwirtsch. Rest-stoffe aus Verarbei-tung

0,7 2 k.A. 1 – 2

Anbaubiomasse Energiepflanzen 12,3 14 – 34 14– 34 6 6 14–20 14–20

Biogene Rest- und Abfallstoffe aus Siedlung, Gewerbe und Industrie

Industrieholz, Säge-nebenprodukte 13,8 7–17

44–55

k. A.

20

14 – 16

44–47

Alt- und Gebraucht-holz 9,8 9,8 k. A. 10

Papierschlämme 2,5 3 k. A. 3

Klärschlamm 2,5 3 k. A. 3

Biogener Anteil Müll 7,6 8 k. A. 8

Biomüll 0,6 2 k. A. 1

Grünabfälle 0,1 5 k. A. 2

Klärgas 1,2 2–3 k. A. 2 – 3

Deponiegas 0,9 1 k. A. 1

Import Inland und Ausland 20,6 k. A. k. A. k. A. 20 20

Summe ohne Import Ca. 80 128 – 206 max. 85 123 – 140

Summe mit Import Ca. 100 k. A. 143 – 160

Realisierbares Potenzial 130 – 160

(ohne Importe) ca. 135 eingeplant (mit Importen)

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Mit dem Ziel, im Jahr 2020 Biomasse im Umfang von ca. 135 PJ pro Jahr nachhaltig zu nut-zen, folgt das Klimaschutzkonzept in weiten Teilen den Grundannahmen des Biomasse-aktionsplans 2010 und legt damit einen deutlichen Schwerpunkt auf die Nutzung von Rest-stoffen. Allerdings wird von geringeren Mengen an importierter Biomasse und Anbaubiomas-se zur Energieerzeugung ausgegangen (14-20 PJ). Die Ackerflächen, die für die Ausweitung des Energiepflanzenanbaus zusätzlich benötigt werden, können zu einem Großteil auf Flä-chen zurückgreifen, die durch den Rückgang der Viehhaltung und die dadurch geringere Futtermittelproduktion frei werden. Voraussetzung ist, dass die Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft umgesetzt werden.

Eine weitere Reduktion des Energiepflanzenanbaus ist jedoch nicht möglich, ohne die Errei-chung der Klimaschutzziele etwa im Verkehrsbereich zu gefährden. Zwar können Kraftstoffe, die für den Personenverkehr eingesetzt werden, grundsätzlich durch strombasierte Techno-logien ersetzt werden, die Durchdringung der Elektromobilität wird jedoch bis 2020 nur im begrenzten Umfang möglich sein. Beim Güterverkehr und im Flugverkehr wird auch länger- fristig die Nutzung von Strom statt Kraftstoff nicht möglich sein, so dass biogene Kraftstoffe hier bisher die einzige Option sind.

Um die Biomassenutzung von derzeit 100 bis 110 PJ bis 2020 auf ein nachhaltig nutzbares Potenzial von ca. 135 PJ anzuheben und damit den Bedarf der verschiedenen Nutzungspfa-de decken zu können, sind eine Reihe weiterer Maßnahmen notwendig, die im nach-folgenden Kapitel vorgestellt werden.

3.1.4.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Zur Erschließung des Rohstoffpotenzials aus dem Wald , siehe F02.

Maßnahme BM1 Etablierung von Kurzumtriebsplantagen (KUP)

Ziel Etablierung von Kurzumtriebsplantagen

Sachstand Gegenüber dem Anbau von einjährigen Energiepflanzen weisen Kurzumtriebsplantagen schnell wachsender Baumarten wie Pappeln und Weiden zahlreiche Vorteile auf. Es wer-den keine oder nur geringe Mengen an Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdünger einge-setzt und der Arbeitsaufwand und Energieeinsatz ist vergleichsweise gering, sodass sich eine besonders günstige Treibhausgasbilanz ergibt. Kurzumtriebsplantagen können auch auf ökologisch sensiblen Flächen, z.B. entlang von Bachläufen angebaut werden.

Das Land (MLR) fördert bereits ein Forschungsvorhaben zum Thema „Biomasse aus Kurzumtrieb“, mit dem die Praxiseinführung schnell wachsender Hölzer und Miscanthus in Baden-Württemberg unterstützt wird.

Beschreibung Forschungsthemen können u.a. die folgenden Bereiche umfassen: Abschätzung des öko-logisch und ökonomisch erschließbaren Potenzials in Baden-Württemberg, Etablierung neuer Anbauverfahren zur Produktion von Biomasse (z.B. „Alleycropping“, d.h. KUPs werden in Kombination mit Feldfrüchten gepflanzt), wissenschaftliche Begleituntersuchun-gen, die potenzielle Konflikte mit Boden, Grundwasser und Artenschutz untersuchen.

Fortführung der Finanzierung von Demonstrationsprojekten, die zur weiteren Verbesse-rung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Energieholznutzung aus KUP beitragen kön-nen (Holz- und Biomassevergasungstechnologien sowie Biomass-to-Liquid-Kraftstoffe).

Zielgruppe Landwirte, Landwirtschaftsverwaltung

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Technisches Potenzial

Zu untersuchen.

THG-Einsparung Die THG-Einsparungen hängen wesentlich von der Konversionstechnologie und Nut-zungsform der Biomasse ab.

Maßnahme BM2 Erschließung des Biomassepotenzials aus der Landschaftspflege

Ziel Bereitstellung des nachhaltig erschließbaren Biomassepotenzials aus Landschaftspflege zur energetischen Verwertung.

Sachstand Bei der Landschaftspflege und bei in Siedlungen und an Verkehrsflächen anfallendem Grünschnitt entstehen erhebliche ungenutzte Potenziale, deren wirtschaftliche Nutzung durch das EEG 2009 verbessert wurde. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Erschließung des Biomassepotenzials aus der Landschaftspflege, da aufgrund der geringen Energiedichte, hohen Biomassevolumina und dem dezentralen sowie zeitlich unregelmäßigen Aufkommen die Sammlung kostenintensiv und z.T. schwer planbar ist.

Das Land führt bereits Maßnahmen zur Förderung der energetischen Nutzung von Land-schaftspflegematerial durch u.a. über den „Bioenergiewettbewerb“. Zudem sind Potenzial-analysen und Konzepte für eine naturverträgliche Biomassenutzung mit dem Fokus auf der Verwertung von Landschaftspflegematerial im Rahmen des Projekts PLENUM (Projekt des Landes zur Erhaltung und Entwicklung von Natur und Umwelt) förderfähig.

Beschreibung Die Landesregierung wird die oben genannten Maßnahmen fortführen und in folgenden Bereichen verstärken:

a) Förderung des Aufbaus von Infrastruktur, regionaler Potenzialstudien sowie der Netz-werkbildung für die Erschließung von Biomassepotentialen aus Landschaftspflege auch außerhalb der PLENUM-Gebiete, z.B. über die Landschaftspflegerichtlinie oder andere geeignete Instrumente;

b) Auswertung der Wirkung des EEG-Landschaftspflegebonus auf Basis des Erfahrungs-berichts zum EEG und ggf. Anregung zu Anpassungen (Bundesebene);

c) Die Landesregierung setzt sich auch auf EU-Ebene dafür ein, dass die Erschließung von Biomassepotentialen aus der Landschaftspflege und landwirtschaftlichen Rest-stoffen ausgebaut werden.

Zielgruppe Landschaftspflege(vereine), Landwirte, Naturschutzvereine, Naturschutzstiftungen, Stra-ßenmeistereien, Kommunen

Technisches Potenzial

Laut Biomasse-Aktionsplan besteht ein technisches Potential von 9 – 22 PJ/a. Durch die Umsetzung der oben genannten Maßnahmen kann bis 2020 ein Potential von 8 – 10 PJ/a erschlossen werden.

THG-Einsparung Siehe vorherige Maßnahme.

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Maßnahme BM3 Erschließung des Biomassepotenzials aus landwirtschaftlichen Reststoffen und extensiven Grünlandaufwüchsen

Ziel Bereitstellung des nachhaltig erschließbaren Biomassepotenzials aus landwirtschaftlichen Reststoffen und extensiven Grünlandaufwuchs zur energetischen Verwertung.

Sachstand Vorhandene Reststoffpotenziale aus der Landwirtschaft sind noch weitgehend ungenutzt. Zu diesen Potenzialen zählen neben Stroh z.B. auch Reststoffe aus der Getreide-verarbeitung, Reststoffe aus der Obst- und Weinverarbeitung aber auch tierischen Exkre-mente wie Gülle oder Festmist. Die Einführung des Güllebonus im EEG 2009 setzt nun einen Anreiz, tierische Exkremente in Biogasanlagen einzusetzen.

Durch die erwarteten Rückgänge bei den Viehbeständen (vgl. Kapitel 3.6 „Land- und Forstwirtschaft sowie Landnutzung“) stehen vermehrt Aufwüchse aus der extensiven Grünlandbewirtschaftung für die energetische Verwertung zur Verfügung. Voraussetzung ist jedoch, dass bestehende Hemmnisse, insbesondere mit Blick auf das dezentrale Auf-kommen der Biomasse und die im Vergleich zu Energiepflanzen geringere Energiedichte, abgebaut werden. In Frage kommen Verbesserungen bei der Ernte, beim Transport und bei der Aufbereitung (z.B. hohe Verdichtung des Materials bei der Ernte, Kombination mit energiereicheren Reststoffen) sowie die Anpassung der finanziellen Förderung durch das EEG.

Dabei müssen Zielkonflikte zwischen Natur- und Bodenschutz und der Maximierung des Energieertrags soweit wie möglich minimiert werden. Insbesondere müssen die Anforde-rungen aus Natura 2000 im Hinblick auf die Erhaltung von artenreichem Grünland beach-tet werden. Ebenso sollte Stroh nur der energetischen Nutzung zugeführt werden, soweit die Humusversorgung der Böden gesichert ist.

Beschreibung Die Hemmnisse für die Erschließung des Biomassepotenzials aus landwirtschaftlichen Reststoffen ähneln denen der Biomassepotentiale aus der Landschaftspflege, so dass auch ähnliche Maßnahmen in Frage kommen.

Neben der Fortführung der bereits bestehenden Maßnahmen wird der Landesregierung vorgeschlagen folgende Maßnahmen durchführen:

a) Verstärkte Förderung regionaler und lokaler Energie- und Klimakonzepte, die in Kom-bination mit einer integrierten Landschaftsentwicklungsplanung erarbeitet werden und einen besonderen Fokus auf Nutzung von Reststoffen legen sowie Umsetzung in Mo-dellregionen.

b) Förderung des Aufbaus von Infrastruktur, Machbarkeitsstudien sowie der Netzwerk-bildung und geeigneter Zusammenschlüsse von Landwirten für die Erschließung von Biomassepotentialen aus landwirtschaftlichen Reststoffen auch außerhalb der PLE-NUM-Gebiete (vgl. vorherige Maßnahme);

Zielgruppe Landwirte

Technisches Potenzial

Das technische Potential von Stroh, extensiv genutztes Dauergrünland, tierische Exkre-mente und anderen landwirtschaftliche Reststoffe aus Verarbeitung liegt laut Biomasse-Aktionsplan bei 31 – 45 PJ/a.

Es wird davon ausgegangen, dass durch die verbesserten Anreize auf Bundesebene und die vorgeschlagenen Maßnahmen bis 2020 ein Potenzial von 27 – 31 PJ/a erschlossen werden kann.

THG-Einsparung Siehe vorherige Maßnahme.

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Maßnahme BM4 Konzept zur strategischen Weiterentwicklung der Bioenergieförderung

Ziel Untersuchung von Handlungsoptionen, um die Bioenergieförderung stärker an Effizienz- und Nachhaltigkeitskriterien auszurichten

Sachstand Im Jahr 2009 hat der Maisanbau in Baden-Württemberg mit 165.000 ha Anbaufläche einen neuen Spitzenwert erreicht. Der seit 2003 verzeichnete Anstieg des Anbaus von Silomais wird vorwiegend auf die Nachfrage für die Nutzung in Biogasanlagen zurückgeführt. Die installierte Leistung der Biogasanlagen hat sich zwischen 2003 und 2009 verachtfacht.

Es wird zunehmend hinterfragt, ob Feldfrüchte wie Mais und Raps unter den derzeitigen Anbau- und Verarbeitungsmethoden oder importierte Kraftstoffe z.B. auf Basis von Palmöl tatsächliche eine deutliche Emissionsminderung gegenüber der Verwendung fossiler Brennstoffe erbringen. Insbesondere ist zu hinterfragen, ob die Treibhausgas-Bilanzierungsmethoden der Nachhaltigkeitsverordnungen Lachgasemissionen durch Stickstoff-Düngung und die Änderungen im Stoffhaushalt (z.B Kohlenstoffspeicherung) der Böden angemessen berücksichtigen (Butterbach-Bahl et al.2010).

Beschreibung Die Landesregierung wird in einer Studie prüfen, wie die Treibhausgasbilanz der energeti-schen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen durch Anpassung der Förderarchitektur verbessert werden kann und wie negative Auswirkungen auf andere Schutzgüter verringert werden können. Das Augenmerk wird auf Vorschlägen liegen, die in die für 2012 geplante Novellierung des EEG einfließen können. Daneben sind jedoch auch Änderungen im Ge-nehmigungsregime, im Planungsrecht sowie in weiteren relevanten Bereichen zu prüfen. Abgedeckt werden sollen alle für die Treibhausgasbilanz relevanten Produktionsschritte (Anbau, Lagerung, Konversion, Transport, Verwendung).

Zielgruppe Politische Entscheidungsträger

THG-Einsparung Die Maßnahme erbringt keine direkte THG-Einsparung, sondern erst die Umsetzung der Maßnahme auf Bundes- und Landesebene. Der Umfang der erreichbaren THG-Einsparung (unter Berücksichtigung auch der Emissionen aus Landnutzungsänderungen) sollte als Teil der Studie ermittelt werden.

Maßnahme BM5 Verschärfung der EU-Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe und Ausweitung auf weitere Biomasseprodukte

Ziel Minimierung des Risikos negativer ökologischer und sozialer Effekte beim Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für die energetische Nutzung

Sachstand Um einen nachhaltigen Nutzung flüssiger Biomasse (z.B. Biokraftstoffe oder Pflanzenöle) zu erreichen, wurden mit der Verabschiedung der EU-Erneuerbaren Energien Richtlinie im Dezember 2008 zum ersten Mal Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion und Verwen-dung von flüssiger Biomasse eingeführt. Am 10. Juni 2010 legte die Kommission in zwei Mitteilungen und einem Beschluss fest, wie die Kriterien in der Praxis umgesetzt werden sollen. Die Nachhaltigkeitsstandards umfassen konkrete ökologische Kriterien sowie quan-titative bzw. qualitative Indikatoren, mit Hilfe derer sich die Erfüllung der Nachhaltigkeitsan-forderungen messen lassen. Zertifizierungssysteme verifizieren, dass die festgelegten Standards über die gesamte Lieferungskette eingehalten werden.

Wichtigstes Kriterium der Richtlinie ist die positive Treibhausgas-Bilanz: Gegenüber dem fossilen Referenzsystem (wie Benzin oder Diesel) müssen flüssigen Brennstoffe mindes-tens 35 % der Treibhausgas-Emissionen einsparen, um auf das EU-Ziel angerechnet werden zu können. Ab 2017 muss flüssige Biomasse, die in bestehenden Anlagen produ-ziert wird, mindestens 50 % und solche aus neuen Anlagen mindestens 60 % der Treib-

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hausgasemissionen einsparen. Dabei müssen Treibhausgasemissionen aus direkten Landnutzungsänderungen bei der Einsparbilanz einberechnet werden. Die Umwandlung von besonders kohlenstoffreichen Böden wie Waldböden und nicht trockengelegten Moore in Anbaugebiete für Biokraftstoffe schließt die Richtlinie vollständig aus. In Deutschland wurden die Vorgaben der Richtlinie 2009 durch Erlass der Biomassestrom-Nach-haltigkeitsverordnung und der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung umgesetzt.

Die Nachhaltigkeitsstandards sind ein wichtiger Schritt für die Minimierung ökologischer Risiken bei der Biomassenutzung. Jedoch bestehen weiterhin massive Defizite. Insbeson-dere die indirekten Landnutzungsänderungen bleiben bisher außer Betracht. Eine Einbe-ziehung wird aber zurzeit durch die EU-Kommission geprüft. Denn die Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen führt zur Ausweitung der weltweiten Ackerflächen auch in Schutzgebiete oder Wälder und die dadurch entstehenden Treibhausgasemissionen (etwa durch Rodung von Wäldern und Umbruch von Grünland) werden bisher nicht in die Bilan-zierung nach EU-Richtlinie einbezogen. Aktuelle Modellrechnungen ergeben, dass die Emissionen aus indirekten Landnutzungsveränderungen, die durch das EU-Biokraftstoff-ziel ausgelöst werden, 2020 bis zu 70 Mio. t CO2 betragen könnten.

Ein weiteres grundsätzliches Problem besteht darin, dass die geltenden Nachhaltigkeits-standards nur für energetisch genutzte flüssige Biomasse gelten. Feste und gasförmige Biomasse sowie flüssige Biomasse, die in anderen Nutzungspfaden eingesetzt wird, sind dagegen keiner Kontrolle unterworfen. Dies kann dazu führen, dass z.B. die nicht-nachhaltige Produktion von Palmöl weiter ausgebaut wird; die Produkte aber ausschließ-lich in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie eingesetzt werden, während die als nach-haltig zertifizierten Mengen in die energetische Nutzung fließen.

Schließlich sind ökologische Anforderungen an den Wasser- und Biodiversitätsschutz in den Nachhaltigkeitsstandards der EU nur in sehr allgemeiner Form enthalten. Die Einhal-tung von Sozialstandards am Produktionsstandort wird ebenfalls nicht überprüft. Strengere Standards werden aber von verschiedener Seite eingefordert.

Beschreibung Die Landesregierung setzt sich auf EU- und Bundesebene für die Verschärfung der EU-Nachhaltigkeitsstandards für flüssige Biomasse sowie für die Ausweitung der Standards auf feste und gasförmige Biomasse und Biomasse in anderen Nutzungspfaden ein.

Insbesondere wird die Landesregierung darauf hinwirken, dass bei der Treibhausgas-Bilanzierung für flüssige Biokraftstoffe auch indirekte Landnutzungsänderungen Berück-sichtigung finden, z.B. durch die Einführung eines pauschalen Faktors (in Abhängigkeit des Biomasseträgers Faktoren zwischen 35 – 64 g CO2/MJ).

Zielgruppe Politische Entscheidungsträger

3.1.4.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit der beschriebenen Biomassebereit-stellung von ca. 135 PJ im Jahr 2020 und rund 140 PJ im Jahr 2050 der Bedarf der ver-schiedenen Nutzungspfade erfüllt werden kann. Durch die vorrangige Nutzung von Reststof-fen werden Nutzungskonkurrenzen abgemildert.

Quelle: MLR (2010): Auswertung anhand der Jahresberichte der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg 1997 – 2009 (Materialband).

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

83

3.2 Industrie und Gewerbe

3.2.1 Ausgangssituation

Industrie und Gewerbe sind zwei Sektoren, die erheblich zum Endenergiebedarf in Baden-Württemberg beitragen. Der Endenergieverbrauch des Sektors Industrie (Bergbau und ver-arbeitendes Gewerbe) in Baden-Württemberg betrug im Jahr 1990 243 PJ und im Jahr 2007 254 PJ (StaLa BW 2009a). Der Sektor Industrie hatte im Jahr 2007 einen Anteil von 24 % am gesamten Endenergieverbrauch Baden-Württembergs und lag damit deutlich unter dem Wert für Deutschland (30 %).

Der Endenergieverbrauch des Sektors Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) betrug im Jahr 1990 rund 170 PJ und im Jahr 2007 199 PJ.11 Der Sektor GHD hatte im Jahr 2007 ei-nen Anteil von 19 % am gesamten Endenergieverbrauch Baden-Württembergs. Dies ist deutlich höher als bundesweit, wo der Sektor GHD nur einen Anteil von 15 % am Endener-gieverbrauch hat.

Die im Sektor Industrie in Baden-Württemberg 2007 eingesetzten Endenergieträger sind in Abbildung 16 dargestellt. Strom und Erdgas haben dabei die höchsten Anteile, in der Sum-me entfallen rund drei Viertel des industriellen Endenergieverbrauchs auf diese beiden Ener-gieträger. Die Anteile von Strom, erneuerbaren Energien, Mineralöl und Mineralölprodukten und Braunkohle am Endenergieverbrauch des Sektors Industrie waren in Baden-Württemberg höher als im deutschen Durchschnitt, während Erdgas und Steinkohle in Ba-den-Württemberg eine deutlich geringere Bedeutung haben als bundesweit.

Hinsichtlich des Endenergieverbrauchs sind das Papiergewerbe und die Autoindustrie mit 19 % bzw. 13 % Anteil am industriellen Endenergieverbrauch die bedeutendsten Branchen in Baden-Württemberg. Es folgen die Verarbeitung von Steinen und Erden und der Maschi-nenbau mit Anteilen von 9 % bzw. 8 % am industriellen Endenergieverbrauch. Damit bean- spruchen diese vier Branchen rund 50 % des industriellen Endenergieverbrauchs und haben damit die höchste Relevanz für Klimaschutz und Energieverbrauch in Baden-Württemberg.

11 Die Energiebilanz weist den Endenergieverbrauch des GHD-Sektors nicht separat aus. Dieser wird aus dem Wert für „Haushalte und sonstige Verbraucher“ aus der Statistik des Energieverbrauchs in Baden-Württemberg, dem Endenergieverbrauch pro Einwohner im Sektor Private Haushalte und der Einwohnerzahl gemäß der Methodik der umweltökonomischen Gesamtrechnung der Länder berechnet (Stala BW 2009b).

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84

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Baden-Württemberg Deutschland

Fernwärme

Strom

Erneuerbare

Gase

Mineralöl,Mineralölprodukte

Braunkohle

Steinkohle

Abbildung 16: Endenergieträgerstruktur des Sektors Industrie in Baden-Württemberg und Deutschland im Jahr 2007

Der spezifische Endenergieverbrauch ist ein Maß für die technische Energieeffizienz. Für Baden-Württemberg wurde der spezifische Endenergieverbrauch 2006 der Branchen des Sektors Industrie als Quotient des Endenergieverbrauchs und der Bruttowertschöpfung der jeweiligen Branche berechnet. Da die Statistik des StaLa BW nur die aggregierte Bruttowert-schöpfung für die drei Branchen Metallerzeugung, NE-Metalle/Gießereien und Metallbearbei-tung sowie der zwei Branchen Glas/Keramik und Verarbeitung von Steinen und Erden an-gibt, wurde die Bruttowertschöpfung aus der bekannten Aufteilung des Endenergiever-brauchs auf diese Branchen und dem spezifischen Endenergieverbrauch rückgerechnet. In Tabelle 7 ist der spezifische Endenergieverbrauch nach Branchen für Baden-Württemberg (berechnet, 2006) und Deutschland (2005) dargestellt. Die Zahlen zeigen, dass die techni-sche Energieeffizienz in allen Branchen in Baden-Württemberg höher ist als im deutschen Durchschnitt, insbesondere im Papiergewerbe (61 % höher), in der chemischen Industrie und in der Metallerzeugung und -bearbeitung (jeweils mehr als 30 % höher). In der Summe ergibt sich für die Industrie in Baden-Württemberg ein spezifischer Endenergieverbrauch, der um mehr als 50 % unter dem deutschlandweiten Durchschnittswert des Sektors Industrie liegt. Diese höhere Effizienz ist das Ergebnis aus verschiedenen sich überlagernden Effek-ten, u. a. einer höheren Effizienz der Einzelprozesse, aber auch Abweichungen hinsichtlich der Produktverteilung innerhalb der Branchen.

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85

Spez. Endenergieverbrauch

[PJ/Mrd.Euro]

Baden-Württemberg Deutschland

Gewinnung von Steinen und Erden, Bergbau 8,8 10,3

Ernährung und Tabak 5,0 5,4

Papiergewerbe 8,3 21,1

Grundstoffchemie 12,4 17,5

Sonstige chemische Industrie 2,2 3,4

Gummi- und Kunststoffwaren 3,0 3,7

Glas, Keramik 13,4 17,8

Verarbeitung v. Steinen und Erden 17,7 23,1

Metallerzeugung 58,3 89,0

NE-Metalle, Gießereien 10,9 16,8

Metallbearbeitung 1,6 2,5

Maschinenbau 0,9 1,2

Fahrzeugbau 1,5 1,9

Sonstige Wirtschaftszweige 1,6 1,8

Durchschnitt Sektor Industrie 2,5 5,6

Tabelle 7: Spezifischer Endenergieverbrauch pro Industrieproduktion der Branchen des Sektors Industrie in Baden-Württemberg (2006) und Deutschland (2005)

Für die Wirtschaftszweige des Sektors GHD in Baden-Württemberg lagen keine Angaben zum Endenergieverbrauch vor. Deshalb wurde dieser aus der Bruttowertschöpfung der einzelnen Wirtschaftszweige (StaLa BW 2010) berechnet.

Baden-Württemberg: Berechneter Endenergie-verbrauch 2007 [PJ]

Spez. Endenergieverbrauch 2005 [PJ/Mrd.Euro]

Landwirtschaft, Gärtnerei 12,1 5,5

Baugewerbe 14,0 1,0

Handel, Handwerk, ind. Kleinbetriebe 46,3 1,5

Kreditinstitute, Versicherungen 9,5 0,7

Verkehr, Nachrichtenübermittlung 6,9 0,5

Sonstige priv. Dienstleistungen 48,2 0,5

Gesundheitswesen 27,3 1,3

Unterrichtswesen 13,2 1,0

Öffentl. Verw., Sozialvers., Verteidig. 21,2 1,5

Summe Sektor GHD 198,8

Tabelle 8: Berechneter Endenergieverbrauch der GHD-Wirtschaftszweige in Baden-Württemberg 2007 [PJ] und spez. Endenergieverbrauch der GHD-Wirtschaftszweige in Deutschland 2005 [PJ/Mrd. Euro]

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86

3.2.2 Die Vision 2050 in den Sektoren Industrie und GHD

Sieben Strategieelemente für ein Klimaschutz 2020PLUS-Szenario

Im Jahr 2050 ist das Bewusstsein für energieeffizientes Wirtschaften in den Unternehmen der Sektoren Industrie und GHD breit verankert und orientiert sich an folgenden Leitlinien:

1) Höchste Priorität für Klimaschutz und Energieeffizienz in Unternehmen

Jedes Unternehmen setzt eine hohe Priorität auf Klimaschutz und Minimierung des Energie-einsatzes. Der Anteil der Energiekosten und ggf. CO2-Zertifikatspreise an den Gesamtkosten ist hoch. Die Minimierung des CO2-Ausstoßes und des Energieverbrauchs sind zentrale An-satzpunkte zur Kostensenkung und deshalb Chefsache.

2) Geschlossene Kreisläufe

Energie und Rohstoffe werden weitgehend in geschlossenen Kreisläufen genutzt. Dies wird beispielsweise erreicht durch:

• eine konsequente Nutzung von Abwärme,

• das Recycling von Produkten,

• eine Kooperation der Unternehmen bei der Beschaffung und Umwandlung von Energie, bei der Nutzung von Abwärme, Kuppelprodukten und Abfällen und beim Recycling von Altprodukten („Öko-Industrial-Parks“).

3) Erst Effektivität, dann Effizienz

Die Unternehmen optimieren ihre Betriebsabläufe, Produktionsprozesse und Verfahrens-technik hinsichtlich ihrer Effektivität. Anschließend wird die benötigte Energie effizient bereit gestellt: optimieren: Katalytische und biologische Prozesse kommen verstärkt zum Einsatz.

• Produktionsprozesse werden radikal optimiert, beispielsweise durch Prozessenergiean-wendungen innerhalb der Werkstücke statt außerhalb (z. B. konzentrierende Infrarotlaser statt Öfen).

• Optimierte Rechenzentren weisen bei wesentlich höherer Leistungsfähigkeit nur noch einen Bruchteil des heutigen Energiebedarfs auf.

• Beleuchtung ist mit optimal an die Beleuchtungsanforderungen (räumlich, zeitlich, Be-leuchtungsstärke etc.) angepasst und mit den effizientesten Beleuchtungstechnologien ausgestattet.

• Informations- und Kommunikationstechnologien tragen dazu bei, physische durch digitale Güter und Dienstleistungen zu ersetzen.

4) Flächendeckendes betriebliches Energiemanagement

In den großen Unternehmen gibt es Verantwortliche für betriebliches Energiemanagement, die für einen klimaschonenden und energiesparenden Betrieb verantwortlich sind. Sie ver-walten, analysieren, benchmarken (an Gruppenbesten orientieren), überwachen und gene-rieren betriebliches Wissen und Transparenz, initiieren einen unternehmerischen Wertewan-del von einer kurzfristigen Amortisations-Orientierung hin zu einer Optimierung von Lebens-zykluskosten, setzen eine klimaschutzorientierte Beschaffung von Geräten und Anlagen um,

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optimieren Produktionsprozesse und Betriebsabläufe, schulen Personal und tauschen ihr Wissen in einem engen Netzwerk aus.

5) Maximierung des Einsatzes regenerativer Energien

Regenerative Energien werden nicht nur im Umwandlungssektor konsequent eingesetzt, sondern es werden auch auf der Anwendungsseite alle Möglichkeiten genutzt, regenerative Primär- und Endenergieträger einzusetzen.

6) Produktportfolios der Unternehmen orientieren sich an Klimaschutz und Energieeffizienz

Die Entwicklung hin zu einer stark emissionsreduzierten und energiesparenden Gesellschaft erfordert nicht nur eine klimaschonende und energiesparende Produktionsweise, sondern beeinflusst auch in erheblichem Maß die Branchenstruktur und die Produktportfolios der Un-ternehmen. Insbesondere werden neue Schlüsseltechnologien systematisch nach Kriterien des Klimaschutzes, der Energie- und Materialeffizienz entwickelt.

7) Klimaschutz und rationelle Energieanwendung sind Bestandteil der schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung

Das Wissen über Klimaschutz und rationelle Energieanwendung sowohl hinsichtlich der Konzeption technischer Prozesse als auch des Nutzerverhaltens ist zukünftig flächendeck-end präsent, weil es integraler Bestandteil schulischer und beruflicher Aus- und Weiterbil-dung ist und kontinuierlich aktualisiert und vertieft wird. Vom Bedienpersonal für technische Geräte und Anlagen bis zum Geschäftsführer sind alle Mitarbeiter eines Unternehmens für die Thematik sensibilisiert und verfügen über die notwendigen Kenntnisse für klimascho-nendes und energiesparendes Verhalten.

Entwicklung des Sektors Industrie im Klimaschutz 2020PLUS-Szenario

Die Energieeffizienz konnte bis 2050 deutlich gesteigert werden. Da in Baden-Württemberg bereits in allen Branchen im Vergleich zu Deutschland gesamt eine überdurchschnittlich ho-he technische Energieeffizienz besteht, werden die Verbesserungen geringer als auf ge-samtdeutscher Ebene sein.

Die Entwicklung der Endenergieverbräuche der einzelnen Industriebranchen resultiert aus angenommenen strukturellen Entwicklungen und der Entwicklung des spezifischen End-energieverbrauchs. Die stärksten Reduktionen des Endenergieverbrauchs werden das Pa-piergewerbe und der Fahrzeugbau aufweisen.

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Abbildung 17: Entwicklung des spezifischen Endenergieverbrauchs der Industrie-branchen in Baden-Württemberg von 2006 bis 2050

Die Veränderungen in der Struktur der Endenergieträger im Industriesektor Baden-Württembergs könnten sich wie folgt entwickeln:

• ein zusätzliches Potenzial an Biomasse von 8 PJ/a insbesondere für den Bereich der Prozesswärme zu erschließen. Dieses Potenzial ist mit den für Baden-Württemberg als nachhaltig erachteten Biomasse-Potenzialen darstellbar.

• ein Potenzial solarer Prozesswärme von weiteren 0,1 bzw. 0,5 PJ/a erschlossen wird.

Energieträger

2007 2050

PJ/a

Steinkohle, Steinkohlebriketts 5,1 1,1

Steinkohlekoks 2,6 0,6

Braunkohle 3,7 1,6

Dieselkraftstoff 0,3 0,1

Heizöl leicht 13,5 2,1

Heizöl schwer 5,8 1,1

Petrolkoks 2,6 0,6

Flüssiggas 1,3 0,4

Erdgas 77,2 41,6

Klär- und Deponiegas 0,0 0,0

Biomasse 13,7 21,7

Strom** 109,4 72,6

Fernwärme*** 13,3 5,5

Andere (z.B. Müll, Solar) 5,7 6,4

GESAMT 254,3 155,6

Tabelle 9: Endenergieträgereinsatz [PJ] im Sektor Industrie in Baden-Württemberg 2007 und 2050

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Dabei gelingt es,

• ein zusätzliches Potenzial an Biomasse von 8 PJ/a insbesondere für den Bereich der Prozesswärme zu erschließen. Dieses Potenzial ist mit den für Baden-Württemberg als nachhaltig erachteten Biomasse-Potenzialen darstellbar.

• dass ein Potenzial solarer Prozesswärme von weiteren 0,1 bzw. 0,5 PJ/a erschlossen wird.

Daraus resultiert eine Reduktion des Endenergieverbrauchs in Baden-Württemberg im Sek-tor Industrie von 254 PJ im Jahr 2007 auf 156 PJ im Jahr 2050, d.h. um ca. 39 %.

Entwicklung des Sektors GHD in einem Klimaschutz 2020plus-Szenario

Im Sektor GHD werden nahezu alle Wirtschaftszweige bis 2050 stark wachsen.

Abbildung 18: Entwicklung des spezifischen Endenergieverbrauchs der GHD-Wirtschaftszweige in Baden-Württemberg von 2006 bis 2050

Beim spezifischen Endenergieverbrauch werden in allen GHD-Wirtschaftszweigen drastische Reduktionen um 60 % bis 80 % erzielt (Abbildung 18). Die größte Reduktion des spezifi-schen Endenergieverbrauchs gelingt im energieintensivsten GHD-Wirtschaftszweig Land-wirtschaft, Gärtnerei.

Aus der Entwicklung der Bruttowertschöpfung und des spezifischen Energieverbrauchs er-geben sich insbesondere in den Wirtschaftszweigen Landwirtschaft, Gärtnerei sowie Handel, Handwerk, industrielle Kleinbetriebe die größten absoluten Reduktionen des Endenergie-verbrauchs.

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1,0

1,5

0,7 0,5 0,5

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Daraus resultiert eine Reduktion des Endenergieverbrauchs in Baden-Württemberg im Sek-tor GHD von 199 PJ im Jahr 2007 auf 86 PJ (mit Raumwärme) im Jahr 2050 (- 57 %).

Endenergieverbrauch (TJ) 2007 2050 ohne Raumwärme 2050 mit Raumwärme

Steinkohle, Steinkohlebriketts 50 0 0

Steinkohlekoks 33 0 0

Braunkohle 321 0 0

Ottokraftstoff 1.219 181 181

Dieselkraftstoff 7.647 1.134 1.134

Biokraftstoffe 682 3.134 3.134

Heizöl leicht 35.322 1.681 1.681

Heizöl schwer

Petrolkoks

Erdgas inkl. Flüssiggas 62.224 13.903 18.416

Klär- und Deponiegas 0

Solar und Umweltwärme 360 1.020 10.045

Biomasse (ohne Biokraftstoffe) 1.715 4.859 10.499

Strom 76.307 34.915 35.367

Fernwärme 12.949 2.268 5.202

Andere (z.B. Müll) 0

GESAMT 198.829 63.094 85.658

Tabelle 10: Endenergieträgereinsatz [TJ] im Sektor GHD in Baden-Württemberg 2007 und 2050 (ohne und mit Raumwärme)

3.2.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Um diese ambitionierte Vision zu erreichen, sind zahlreiche Maßnahmen erforderlich. Für die Auswahl der nachfolgend beschriebenen Maßnahmen gelten die folgenden Kriterien:

§ Die Maßnahmen decken alle relevanten Handlungsfelder ab, beispielsweise Kraft, Be-leuchtung, Prozesswärme, etc.

§ Sie fokussieren insbesondere auf die Handlungsspielräume des Landes vor dem Hinter-grund der bundes- und europaweiten Aktivitäten.

§ Es kommt die ganze Bandbreite an Maßnahmen -z.B. Ordnungspolitik oder Förderprog-ramme, Informations- und Bildungsmaßnahmen, Pilot- und Leuchtturmprojekte und For-schung – zur Anwendung.

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Maßnahmen im Handlungsfeld Prozesswärme

Maßnahme IN1 Optimierte Nutzung industrieller Abwärme – Abwärmebörse

Ziel Die Nutzung industrieller Abwärme soll durch vorrangig durch informatorische, technische und infrastrukturelle Maßnahmen verbessert werden.

Sachstand Die Nutzung industrieller Abwärme – Verlustwärme, die aus industriellen Prozessen über Abstrahlung, erwärmte Arbeitsmedien oder Produkte an die Umgebung abgegeben wird – stellt eine bislang noch wenig genutzte Wärmequelle dar. In Baden-Württemberg beträgt das technische Potenzial rd. 8 bis 13 TWh/a. Für Baden-Württemberg kann ein Abwärmepotenzi-al von rd. 4 bis 6 TWh/a angenommen werden, insbesondere in den Sektoren Steine/Erden, Metallerzeugung, Druck und Lebensmittel.

Diverse strukturelle, finanzielle, informatorische und betriebliche Hemmnisse sind derzeit dafür verantwortlich, dass dieses Potenzial nur zu einem Bruchteil genutzt wird. Die bisheri-gen bundesweiten Rahmenbedingungen reichen für eine adäquate Abwärmenutzung nicht aus.

Baden-Württemberg ist im Bereich der Abwärmenutzung bereits jetzt Vorreiter. Im Rahmen des Förderprogramms Klimaschutz-Plus des UVM, Allgemeines CO2-Minderungsprogramm für Nichtwohngebäude sowie Modellprojekte und der Förderrichtlinie "Heizen und Wärmenet-ze mit regenerativen Energien" sind bereits einige Aktivitäten bzw. Maßnahmen für die Er-schließung von Potenzialen im Bereich Nutzung industrieller Abwärme verwirklicht. For-schungsseitig werden im Programm BWPLUS verschiedene Speicherkonzepte, Sorptions-prozesse sowie Abwärmeverstromung untersucht. Auf diesen Aktivitäten baut diese Maßnahme auf.

Beschreibung Um die Nachfrage- und Angebotsseite von Abwärme zusammen zu bringen, soll eine inter-netbasierte Plattform zum Handel mit Abwärme in Baden-Württemberg eingerichtet werden, die einen Wärmeatlas mit einer Angebotsbörse verknüpft. Vorbild ist der gerade im Aufbau befindliche Abwärmeatlas Sachsen.

Darüber hinaus soll durch diese Informationsplattform die unternehmensübergreifende Wär-melieferung vorangebracht werden. Darüber hinaus wird auf die Förderung der Wärmenetze mit den bestehenden Förderprogrammen verwiesen.

Zielgruppe Unternehmen (Quellen) und Kommunen (Senken)

Technisches Potential

Die Einsparung im Bereich kann nur im Gesamtpaket der Maßnahmen IN 1 bis 4 abgeschätzt werden. Die Maßnahmen insgesamt adressieren einen Bereich mit einem Gesamtpotenzial von schätzungsweise 4 bis 6 TWh/a entsprechend rund 860 bis 1300 kt THG/a.

THG-Einsparung

Konkret durch Maßnahme eingesparte THG-Minderungen:

Bis 2020 rund 90 bis 130 kt THG/a.

Maßnahme IN2 Optimierte Nutzung industrieller Abwärme – Pilotprojekte und Wettbewerb

Ziel Die Nutzung industrieller Abwärme soll durch vorrangig durch informatorische, technische und infrastrukturelle Maßnahmen verbessert werden.

Sachstand Siehe IN1.

Beschreibung Wettbewerb „10 Modellprojekte“

Es werden zehn Modellprojekte in einem Wettbewerb ausgelobt, die verschiedene Aspekte der Abwärmenutzung voranbringen und die in o. g. Forschungsaktivitäten gewonnenen Er-kenntnisse in die Praxis umsetzen:

• Stromerzeugung aus Abwärme (ORC, Kalina)

• Containertransport (“Mobile Wärme”)

• Innovative Nahwärmekonzepte und innovative Vermarktungsmodelle für Abwärme

• Kälteerzeugung aus Abwärme

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Die geförderten Projekte werden zudem in das Netzwerk Technologie- und Wirtschaftscluster Industrielle Abwärme eingebettet (siehe dazu nachfolgender Punkt) und können sich um eine zusätzliche Förderung im existierenden Programm „Förderung von Demonstrationsvorhaben der rationellen Energieverwendung und der Nutzung erneuerbarer Energieträger“ bewerben.

Technologie- und Wirtschaftsnetzwerk Industrielle Abwärme

Baden-Württemberg bietet hervorragende Voraussetzungen für die Etablierung eines solchen Technologie- und Wirtschaftsnetzwerk im Bereich Industrielle Abwärme. Verschiedene Insti-tutionen sind in Forschungsprojekte zu diesem Thema involviert (ITW/Uni Stuttgart, DLR-ITT, IER, FhG-ISI, IFEU).

In Anlehnung an die Forschungsallianz Brennstoffzellen Baden-Württemberg könnte die Ein-richtung eines Technologienetzwerk Abwärme-Technologien erfolgen, deren Ziel die Erfor-schung, Entwicklung und Vermarktung von Spitzentechnologien im Bereich Abwärmenutzung ist.

Zielgruppe Pilotprojekte: Unternehmen und Hersteller von Abwärmetechnologien

Technologie- und Wirtschaftscluster Industrielle Abwärme: Unternehmen, Wissenschaft

Technisches Potenzial

Siehe IN1.

THG-Einsparung

Siehe IN1.

Maßnahme IN3 Optimierte Nutzung industrieller Abwärme – Abwärmeberatung

Ziel Die Nutzung industrieller Abwärme soll vorrangig durch informatorische, technische und in-frastrukturelle Maßnahmen verbessert werden.

Sachstand Siehe IN1.

Beschreibung Energieberatung und Energiemanagement: Im Zuge der gewerblichen Energieberatung und der laufenden Programme zum betrieblichen Umweltschutz (Ecofit) ist das Thema Abwärme zu integrieren. Hierzu können Tools und Materialien genutzt werden, die derzeit im Rahmen der Effizienztische erstellt werden.

Zusätzlich sollte eine Berater-Datenbank für Energieberater und Planer mit besonderen Kenntnissen im Bereich Abwärmenutzung erstellt werden.

Das Ergebnis der Maßnahmen IN1 bis IN3 wird evaluiert. Ggf. sind weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Nutzung industrieller Abwärme vorzusehen.

Zielgruppe Unternehmen

Technisches Potential

Siehe IN 1.

THG-Einsparung

Siehe IN 1.

Maßnahme IN4 Effiziente Öfen und Trockner

Ziel Diese Maßnahme verfolgt das Ziel, durch frühe Markteinführung neuer Konzepte für indu- strielle Wärmeerzeugung auf niedrigem und mittlerem Temperaturniveau (industrielle Öfen, Trockner) effiziente Technologien schneller in den Markt zu bringen.

Sachstand Der Endenergieverbrauch in Baden-Württemberg im verarbeitenden Gewerbe lag 2007 bei über 250 PJ. Davon entfallen mehr als ein Fünftel (ca. 55 PJ, davon 31 PJ Strom) auf Betrie-be der metallverarbeitenden Industrie (einschließlich Maschinenbau), in der häufig Industrie-öfen zum Schmelzen und Behandeln von Metallen eingesetzt werden. Energiesparmaßnah-men betreffen verschiedene Ansätze der energetischen Optimierung der Öfen und Brenner. Beispiele sind eine stärkere Nutzung von Abwärme z. B. über Regeneratorbrenner, eine optimierte Regelung des Ofens oder verbesserte Isolierung.

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93

Ähnliches gilt für industrielle Trocknungsprozesse. Für diese werden rund 12 % des indust-riellen Endenergieverbrauchs eingesetzt (ca. 30 PJ in BW). Die Einsatzgebiete sind vielfältig und branchenübergreifend. Besonders relevante Branchen sind Lebensmittel- und Getränke-herstellung, Textil-Industrie, Zellstoff- und Papierindustrie, Chemie-Industrie, Kunststoffverar-beitung, bestimmte Gewerbebetriebe. Industrielle Trocknungsanlagen haben in der Regel eine Lebenszeit von 20 bis 40 Jahren.

Beschreibung Gemeinsam mit Vertretern von Betrieben der Metallverarbeitung sowie mit Herstellern solcher Anlagen werden Demonstrationsvorhaben für moderne Schmelz- und Behandlungsverfahren mit effizienten Öfen sowie mModernen Trocknungsprozessen bei verschiedenen Anwendun-gen zur Metallverarbeitung identifiziert, konzipiert und umgesetzt. Begleitet werden die Prog-ramme durch branchenspezifische Informationskampagnen.

Zielgruppe Wirtschaftsunternehmen der Metallverarbeitung und Hersteller von Anlagen.

Technisches Potenzial

Das adressierbare Einsparpotenzial für die metallverarbeitenden Betriebe wird auf ca. 6 PJ bei den Brennstoffen (340 kt CO2/a) und 7,5 PJ beim Strom (2,1 TWh; 940 kt CO2/a12) einge-schätzt.

Für Trockner können bis 2050 bei 50 % Umsetzung der Potenziale ca. 15 PJ, überwiegend Brennstoffe, durch Energieeffizienzmaßnahmen und den Einsatz erneuerbarer Energien adressiert werden (ca. 850 kt CO2).

THG-Einsparung

Ohne Multiplikatoreffekte: 158 TJ bei den Brennstoffen (83 Öfen + 75 Trockner) und 9 GWh beim Strom.

Mit Multiplikatoreffekte: ca. 4,5 PJ Brennstoffe (250 kt CO2/a) und 0,7 TWh Strom (0,7 TWh; 314 kt CO2/a)

Maßnahme IN5 Effiziente Ansätze zum optimalen Energieverbund von Wärme-, Kälte- und Stromer-zeugung

Ziel Markteinführung neuer Konzepte für industrielle Dampferzeuger und Entwicklung von Ansät-zen zum optimalen Energieverbund von Wärme-, Kälte- und Stromerzeugung.

Sachstand Auch bei einer weiteren Gruppe von Wärmeerzeugern (vgl. IN 5), den industriellen Dampfer-zeugern, kann durch die frühe Markteinführung von energieeffizienten Konzepten substantiell Energie eingespart werden. Circa ein Drittel des gesamten Prozesswärmebedarfs in Industrie und Kleinverbrauch wird im Temperaturbereich bis 350 °C nachgefragt und entweder in Form von Prozessdampf ver-schiedener Temperaturen, von Heißwasser oder von heißem Öl in Kesselanlagen erzeugt. Die hauptsächlichen Einsatzfelder für Dampferzeuger zu Prozesszwecken liegen in der Che-mischen Industrie (u.a. Chlor, PVC, Chemiefasern), bei der Papierherstellung, bei der Investi-tionsgüter- und in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie (Zucker, Milch, Brauereien, Bä-ckereien).

Beschreibung Demonstration von Ansätzen zum optimalen Energieverbund von Wärme-, Kälte- und Strom-erzeugung, welche zu substantiellen Einsparungen führen können, sollten durch Fallstudien systematisch belegt und breit kommuniziert werden. 20 Demonstrationsanlagen zur Erzeu-gung von solarem Prozessdampf (insbesondere im Hinblick auf den Export von solchen An-lagen) können das Spektrum der innovativen effizienten Anlagen zur Prozesswärmeerzeu-gung ergänzen.

Zielgruppe Zunächst Hersteller von Dampferzeugern. Breitere Zielgruppe: Betriebe, welche Dampfer-zeuger in der Industrie einsetzen (für Lösungen, welche erneuerbare Energien einsetzen, u.U. zunächst nur Hersteller solcher Anlagen mit Export in Länder mit höherer Sonnenein-strahlung).

12 Alle Strom-bedingten CO2-Einsparungen werden hier und im Folgenden mit dem für den Strommix 2020 nach BMU-Leitszenario zugrunde zu legendenden Faktor 449 g/kWhel bewertet.

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Technisches Potenzial

Bei den Dampferzeugern können durch optimierte Einzelkomponenten und optimierten Ver-bund zwischen Wärme, Kälte und Stromerzeugung durch Kraft-Wärme/Kälte-Kopplung bis 2050 bis zu 60 % der oben genannten 50 PJ eingespart werden.

THG-Einsparung

Ohne Multiplikatoreffekte: 270 TJ Brennstoffe, 8 GWh Strom Mit Multiplikatoreffekt: Brennstoff (13 PJ/a; 750 kt/a), Strom (0,4 TWh; 180 kt CO2/a)

Maßnahme IN6 Prozesswärme auf Basis erneuerbarer Energieträger

Ziel Ausweitung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger im Bereich Prozesswärme GHD und Industrie

Sachstand Circa ein Drittel des gesamten Prozesswärmebedarfs in Industrie und Kleinverbrauch wird im Temperaturbereich bis 350 °C nachgefragt und entweder in Form von Prozessdampf ver-schiedener Temperaturen, von Heißwasser oder von heißem Öl in Kesselanlagen erzeugt. Dies sind knapp 50 PJ in Baden-Württemberg, die längerfristig durch erneuerbare Prozess-wärme ersetzbar sind. Hinzu kommt der Dampfbedarf im Kleinverbrauch bei Wäschereien, Kochküchen, chemische Reinigungen und Krankenhäusern.

Grundsätzlich eignen sich sowohl Solaranlagen wie auch Biomasse und – für ein einge-schränktes Temperaturfenster – auch Wärmepumpen für die Deckung von Prozesswärme.

Beschreibung Die Landesregierung prüft eine stärkere Nutzung der Prozesswärme auf Basis bereits vor-handener Instrumente der Energieberatung, Information und Investitionsförderung.

Das Ergebnis der Maßnahme wird evaluiert. Ggf. sind weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Nutzung industrieller Prozesswärme vorzusehen.

Zielgruppe Unternehmen mit Prozesswärmebedarf

Technisches Potenzial

Insgesamt werden in der Industrie Baden-Württembergs über alle Branchen etwa 40 PJ an Energie in Industrieöfen mit Querschnittcharakter eingesetzt. Für industrielle Trocknungspro-zesse werden in BW ca. 30 PJ verwendet.

Die Studie von Müller (2004)/IEA beziffert das Potenzial solarer Prozesswärme deutschland-weit auf 32 PJ; v. a. in den Branchen Nahrungs-/Genußmittel, Textil und Chemie, die einen Prozesswärmebedarf von 200 PJ/a bis 250 C haben. Hinzu kommen Großwärmepumpen und Biomasse.

THG-Einsparung

Bis 2020 kann eine Einsparung bis 89 kt THG/a erreicht werden.

Maßnahmen im Handlungsfeld Strom

Maßnahme IN7/ GHD1

Schnelle Markteinführung hocheffizienter Motoren

Ziel Verbesserung der Effizienz von Elektromotoren.

Sachstand Elektromotoren sind eine stromintensive Querschnitttechnologie, die in praktisch allen techni-schen Anlagen und Geräten im Verkehr, in privaten Haushalten, aber insbesondere in Indu- strie und Gewerbe zum Einsatz gelangt. In der deutschen Industrie haben Elektromotoren einen Anteil von 69 % am Stromverbrauch. In BW dürfte dieser Anteil tendenziell noch höher sein, da Branchen mit hohem Anteil an Prozessstrom wie Aluminium- oder Elektrostahlerzeu-gung nicht oder geringer als im Bundesdurchschnitt präsent sind. Unterteilt man Elektromoto-ren anhand der Einsatzgebiete, so sind Pumpen, Druckluft, Ventilatoren und Kälteerzeugung die bedeutendsten Anwendungen. Motoren als Einzelkomponenten unterliegen der Ökode-signrichtlinie, welche ab 2011 IE2 Motoren fordert und ab 2015/17 IE3 Motoren (je nach Leis-tung der Motoren). Effizienzpotenziale von Elektromotoren sind beträchtlich. Die größten Einsparpotenziale lie-gen bei den Systemen. Desweiteren sollte diese Maßnahme den Weg bereiten für innovative

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Elektromotorkonzepte (z. B. für IE4 Motoren und supraleitende Elektromotoren). Solche Mo-torkonzepte sind auch wichtig für die mögliche Durchdringung des Marktes mit Elektrofahr-zeugen.

Beschreibung Entwicklung eines Mehrsäulenkonzepts für Elektromotoren in BW. Im Rahmen des zu entwi-ckelnden Förderkonzepts – den Impetus des Ökodesign-Prozesses aufgreifend – werden verschiedene Säulen geprüft: • Baden-Württemberg forciert die Einführung einer bundesweiten kurzfristigen Impuls-

Förderung bei der Investition besonders effizienter Komponenten (Säule 1) und Motor-Anwendungen (Säule 2) auch für größere Motoren und Motorsysteme, zum Teil unter- stützt durch Beratung und Audits. Besonders innovative effiziente Motorkonzepte wie IE4 und supraleitende Motoren sollen dabei zur Marktreife geführt werden.

• Schaffung eines besseren Kenntnisstandes und angemessener Entscheidungsroutinen für das Thema durch gezielte Informations- und Fortbildungskampagnen bis hin zu einer besseren Ausbildung der jeweiligen Zielgruppen (Säule 3).

• Das Förderkonzept wird evaluiert. Auf Grundlage dieser Evaluation wird geprüft, ob wei-tere Maßnahmen zur Zielerreichung notwendig sind.

Bei begrenzten finanziellen Mitteln für die Säulen 1/2 sollte das Programm auf der Säule 3 (Überwindung nichtökonomischer Barrieren) den Schwerpunkt setzen. Hier bestehen Syner-gien mit den sich in BW entwickelnden Klima- und Effizienznetzwerken der nationalen Klima-initiative. Durch eine raschere Dynamisierung der Ökodesignstandards für Elektromotoren und deren Anwendungen kann die Wirkung der Säulen 1/2 auch weitgehend durch ordnungs-rechtliche Maßnahmen ersetzt werden, welche zusätzlich die Stellung Deutschlands und Baden-Württembergs im Export stärken durch die Bereitstellung effizienter Motorkonzepte.

Zielgruppe Motorenhersteller, „Original Equipment Manufacturers OEMs“ (Einbau von Motoren in Syste-men), Motorengroßhändler, Nutzer von Elektromotoren und -systemen in der Industrie.

Technisches Potenzial

2 TWh Strom

THG-Einsparung

Durch die massive (20 %) bzw. initiale (4 %) Markttransformation können folgende Einspa-rungen an Treibhausgasen erzielt werden:

• Durch die gemeinsame Wirkung der Säule 3 (Maßnahmen zur Beseitigung von nicht-ökonomischen Hemmnissen der Energieeffizienz bei Elektromotoren) sowie Säulen 1/2 (finanzielle Förderung) werden Einsparungen in Höhe von 1,7 TWh (massive Markt-transformation) bzw . 0,35 TWh (initiale Markttransformation) erzielt.

• Die konsequente Umsetzung der Ökodesignrichtlinie trägt mit ca. 0,3-0,35 TWh substan-tiell bei (jeweils die Hälfte der Einsparungen zu den Einzelmotoren sowie der optimierten Druckluft-, Pumpen- und Ventilatorsysteme).

Maßnahme GHD2

Licht – Energiesparende Beleuchtung in Industrie und GHD

Ziel Senkung des Stromverbrauchs im Beleuchtungssektor durch Unterstützung von technischer Innovation und Maßnahmen zur Effizienz

Sachstand Beleuchtung besitzt bundesweit einen Anteil von mehr als 10 Prozent am Gesamtstromver-brauch. In Baden-Württemberg beträgt der Stromverbrauch für Beleuchtung im Sektor Indust-rie etwa 5 Prozent, im Sektor GHD sogar durchschnittlich 20 Prozent. Für diese beiden Be-reiche ergibt sich ein Stromverbrauch für Beleuchtung von 5,8 TWh im Jahr 2007. Die technische Entwicklung im Beleuchtungsbereich schreitet rasch fort, so dass das Ein-sparpotenzial sehr groß ist (heute bereits 25 %). Die technische Entwicklung ist aber keineswegs abgeschlossen. Derzeit findet bei vielen Beleuchtungsanwendungen ein Systemwechsel von der konventionellen Technik hin zu Leuchtdioden statt. In Baden-Württemberg existieren bereits Anreize in Form von Beratungs- und Förderprog-rammen für eine effiziente Beleuchtungssanierung:

• Klimaschutz-Plus-Programm: Energiediagnosen, Allgemeines CO2-Minderungs- programm, Modellprojekte

• Energiemanagementberatung der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg: Hier stehen auch Sanierungsmaßnahmen der Beleuchtung im Fokus

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• Förderung von Pilotvorhaben der rationellen Energieverwendung durch das Wirt-schaftministerium Baden-Württemberg

Von Seiten der EU wurden durch die europäische Ökodesign-Richtlinie Mindesteffizienzstan-dards festgelegt, so dass ineffiziente Leuchtmittel und Vorschaltgeräte für bestimmte Markt-segmente nicht mehr auf den Markt gebracht oder in Betrieb genommen werden dürfen.

Beschreibung Die folgenden Maßnahmen sollten zur Erschließung von Einsparpotenzialen genutzt werden:

• Ökodesign-Richtlinie: Baden-Württemberg setzt sich für eine ambitionierte Ausgestal-tung der Ökodesign-Richtlinie und eine dynamische Fortschreibung ein.

• Lichtberatung: Im Rahmen von Energieberatungen und Energiediagnosen sollten ne-ben der Beratung zu technischen Möglichkeiten der Beleuchtungssanierung auch beglei-tende Finanzierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden (Contracting bzw. Leasing).

• Pilot-Projekt „Hallenbeleuchtung“: Als Best-practice werden die Beleuchtungsanlagen von 10 Produktionshallen in der Industrie beispielhaft optimiert.

• Verknüpfung mit Energiemanagement: Im Rahmen eines funktionierenden Energie-managements wird auch der Stromverbrauch durch die Beleuchtung untersucht und auf Effizienzmaßnahmen geprüft, die im Rahmen einer Effizienzstrategie umgesetzt werden können.

• Verknüpfung mit Contracting: Die Finanzierungmöglichkeit einer Beleuchtungs-sanierung durch Contracting ist in der Privatwirtschaft noch relativ unbekannt und sollte im Rahmen der Contractingoffensive aufgezeigt und mit Beispielen (siehe Hallen-beleuchtung) unterlegt werden.

Zielgruppe Industrie und GHD

Technisches Potenzial

4 TWh/a.

Einsparung 1,6 TWh/a im Jahr 2020.

Maßnahme GHD3

Green Office

Ziel Ausstattung der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg in den Sektoren Industrie und GHD bis 2020 weitgehend mit energieeffizienten Bürogeräten (PCs, Monitore, Drucker, Kopierer) und Kommunikationsgeräten (Telefone, Router) sowie Servern.

Sachstand Der Stromverbrauch in den Sektoren Industrie und GHD in Baden-Württemberg lag 2007 bei 52 TWh (186 PJ). Davon entfallen etwa 2,1 TWh auf Büro- und Kommunikationsgeräte und sowie Server. Aufgrund weiter steigender Ausstattungsraten mit Computern und eines weite-ren Wachstums bei Servern ist in diesem Bereich bis 2020 mit einem Anstieg des Strombe-darfs in Baden-Württemberg auf etwa 2,6 TWh zu rechnen. Durch den konsequenten Einsatz energieeffizienter „Green“ IT ließe sich dieser Verbrauchsanstieg jedoch nahezu kompensie-ren, was einem Einsparpotenzial von rund 400 GWh entspricht (Abschätzungen Fraunhofer ISI basierend auf Fraunhofer IZM/ISI 2009).

Beschreibung Die Einsparpotenziale bei den Bürogeräten lassen sich zu einem großen Teil durch die kon-sequente nationale Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie erreichen, die die Festlegung von Anforderungen an die Energieeffizienz energieverbrauchsrelevanter Produkte ermöglicht. Voraussetzung ist, dass für die betroffenen Produkte anspruchsvolle Mindesteffizienzstan-dards festgelegt und deren Einhaltung überwacht werden. Die derzeit in Revision befindliche EU Labelling-Richtlinie (RL 92/75/EG), die auch die Ener-gieverbrauchskennzeichung von Bürogeräten ermöglichen wird, kann zusätzlich zu einer umfassenden Verbreitung energieeffizienter IT in Unternehmen beitragen. Ergänzend dazu soll das Thema Green IT in laufende oder geplante Informations- und Bera-tungsprogramme für Unternehmen integriert werden. Über die Hälfte des bis 2020 erwarteten Einsparpotenzials dürfte im Bereich der Server er-zielt werden. Für Server ist bisher keine Durchführungsmaßnahme unter der Ökodesign-RL angekündigt.

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Zur Ausschöpfung dieses Einsparpotenzials soll die Integration des Themas „Energieeffizien-te Serverlösungen“ in Informations- und Beratungsprogramme sowie die Durchführung von Pilotprojekten in Baden-Württemberg zur Realisierung neuer Systemlösungen für leistungsfä-hige und energieeffiziente Server und Rechenzentren (Green Computing) erfolgen.

Zielgruppe Alle privaten und öffentlichen Unternehmen aus den Sektoren Industrie und GHD.

THG-Einsparung

Im Jahr 2020 können folgende Stromeinsparungen gegenüber einer Referenzentwicklung mit marktdurchschnittlicher Geräte erzielt werden:

• Büro- und Kommunikationsgeräte (PCs, Monitore, Drucker, Kopierer, Telefone, Router): 160 GWh.

• Server (inkl. Rechenzentrum-Infrastruktur): 240 GWh. Die im Jahr 2020 erzielbare jährliche Einsparung von insgesamt 400 GWh entspricht rund 20 % des im Jahr 2007 für diese Geräte und Anwendungen angefallenen Strombedarfs.

Organisatorische, motivatorische und informatorische Maßnahmen

Maßnahme IN8/GHD4

Energiemanagement und Energieeffizienznetzwerke

Ziel Umfassende Verbreitung von Energieeffizienznetzwerken , mit dem Ziel der Verankerung von Energiemanagementsystemen

Sachstand Im Rahmen des Integrierten Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung von 2007 ist spätestens bis 2013 eine Kopplung zwischen dem Nachweis eines Energiemanagement-Systems und der Fortsetzung der Erleichterungen für Unternehmen mit hohem Energiever-brauch im Rahmen der Energie- und Stromsteuern vorgesehen. Für große Unternehmen besteht bereits heute die Möglichkeit, durch die Einführung eines Energiemanagement-Systems von der Zahlung der EEG-Umlage ausgenommen zu werden. Es existieren mehrere Instrumente zur Zertifizierung eines Energiemanagements: das von Baden-Württemberg in der Vergangenheit stark favorisierte EMAS sowie die deutsche Fas-sung der Europäischen Norm DIN EN 16001, die sich an der DIN EN ISO 14001 orientiert und sich nach wenigen Anpassungen auch von Unternehmen erfüllen lässt, die bereits dem EMAS-Zertifizierungssystem unterliegen. Im Rahmen der Energieeffizienz-Netzwerke wurde außerdem ein Netzwerk-Managementsystem entwickelt (LEEN-Managementsystem). Bisher gibt es aber lediglich Anreize für ein Energiemanagement in Form von einzelnen Bera-tungs- und Förderprogrammen des Landes und des Bundes (Beratung der KEA, Landesinitia-tive zur Verbesserung der Energieeffizienz in kleinen und mittleren Unternehmen (LIVE), Klimaschutz-Plus-Programm, Eco+ und Ecofit, Energieeffizienzberatungen in KMU im Rah-men des Sonderfonds Energieeffizienz von KfW und BMWi). Der moderierte mehrjährige Erfahrungsaustausch der Energieverantwortlichen von etwa Unternehmen zum Thema Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien in regionalen Energieeffizienz-Netzwerken stellt in Deutschland ein relativ neues energie- und klimapoliti-schem Instrument dar, das weitgehend durch die Wirtschaft selbst getragen wird und über die reine Einführung eines Energiemanagement-Systems hinausgeht. Seit dem 1. Februar 2009 fördert das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-cherheit (BMU) 30 regionalen Pilot-Netzwerken mit etwa 400 Unternehmen (10 bis 15 Unter-nehmen pro Netzwerk) (www.30pilot-netzwerke.de). Zusätzlich fördert die EnBW hier noch 5 weitere Netzwerke.

Beschreibung Angestrebt wird die Gründung von 60 bis 90 Netzwerken (Energieeffizienztischen) mit etwa 800 bis 1200 Unternehmen bis zum Jahr 2020. Die Koordination der Netzwerke könnte zum einen bei Energieversorgungsunternehmen, insbesondere Stadtwerken, liegen. Zum anderen könnten diese Aufgabe auch regionale oder kommunale Energieagenturen übernehmen, ggf. koordiniert durch die KEA. Die Maßnahme wird auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert. Sofern das Einsparpotenzial nicht erreicht wird, werden weitere Maßnahmen bis hin zur verpflichtenden Einführung eines Ener-giemanagements erwogen.

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Zielgruppe Energiemanagement: Grundsätzlich alle Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und des GHD-Sektors in Baden-Württemberg. Energieeffizienz-Netzwerke: Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und größere Un-ternehmen aus dem Sektor GHD in Baden-Württemberg mit Energiekosten zwischen 150.000 und 20 Mio. Euro pro Jahr.

Technisches Potenzial

Energiemanagement: Das Einsparpotenzial von Energiemanagement wird je nach Aus-gangslage auf etwa 10 und 15 Prozent des derzeitigen Energiebedarfs eines Unternehmens geschätzt. Bezogen auf den derzeitigen Energiebedarf im Industrie- und GHD-Sektors von rund 453 PJ liegt das gesamte durch diese Maßnahme adressierte Einsparpotenzial damit zwischen 45 und 68 PJ (12,5 - 18,9 TWh). Davon dürfte etwa die Hälfte, d.h. 22 bis 34 PJ (6,1 bis 9,4 TWh), auf Einsparungen bei elektrischen Querschnitttechnologien entfallen, die erhebliche und in der Regel kosteneffiziente Potenziale zur Energieeinsparung aufweisen. Das gesamte direkte (brennstoffseitige) THG-Einsparpotenzial liegt damit bei etwa 1,4 bis 2 Mt.

THG-Einsparung

Energiemanagement: Bis 2020: 1,2 bis 1,9 TWh Strom sowie 0,3 bis 0,4 Mt. direkte THG-Emissionen Energieeffizienz-Netzwerke: Bis 2020: etwa 120.000 bis 180.000 t THG (direkte Emissio-nen) pro Jahr sowie 448 bis 672 GWh Strom pro Jahr.

Maßnahme IN9/GHD5

Contractingoffensive KMU

Ziel Steigerung der Attraktivität des Contracting-Markts in Baden-Württemberg.

Sachstand Die Ergebnisse einer von der KfW in Auftrag gegebenen Befragung im Frühjahr 2010 zeigen, dass gerade in KMU verschiedene Hemmnisse der Umsetzung von Effizienzmaßnahmen entgegenstehen. Aufgrund der knappen Mittel spielt bei Investitionen die Amortisationszeit von Maßnahmen eine wesentliche Rolle. 46% der befragten Unternehmen haben Energie-dienstleistungen von externen Anbietern genutzt. Dazu gehörten die Energieberatung, die Energiebeschaffung und Tarifoptimierung sowie das Energiemanagement. Energie-Contracting spielte dagegen in KMU bislang eher eine untergeordnete Rolle. Dies gilt insbe-sondere für KWK-Lösungen. In Industrie und Gewerbe sind die Erwartungen an die Wirt-schaftlichkeit von KWK-Projekten unter den derzeitigen Rahmenbedingungen häufig nicht erfüllbar. Bei größeren Wohngebäuden wiederum (Wohnbaugesellschaften) liegt ein Hemm-nis für den verstärkten Einsatz von KWK-Anlagen im Investor-Nutzer-Dilemma. Mangelnde Flexibilität durch vertragliche Bindung sowie hohe Transaktionskosten lassen KMU bisher jedoch kaum auf diese Form der Energiedienstleistung zurückgreifen. Auch Contracting-Anbieter sind wiederum aufgrund der schwer kalkulierbaren Ausfallrisiken bei geringen Gewinnerwartungen bei KMU als Vertragspartner zurückhaltend. Die DENA und die KEA bieten kleinen und mittleren Unternehmen Informationen zu Energie-einsparungen. Bei Contracting-Projekten ist die KEA Ansprechpartner sowohl für Contracting-Anbieter als auch für KMU. Daneben gibt es verschiedene Erleichterungen bei der Finanzie-rung von Contracting-Projekten. Die KfW ermöglicht es Contracting-Anbietern im Rahmen des „ERP-Umwelt- und Energieeffizienzprogramms“ und dem KfW-Programm „Erneuerbare Ener-gien“ zinsgünstige Finanzierungen zu erhalten. In Baden-Württemberg sind Contracting-Projekte im Rahmen des Förderprogramms Klimaschutz PLUS förderfähig und werden dort wie Mietkauf behandelt. Die Landesbank bietet KMU in ihrem „Umwelt- und Energiesparprogramm“ aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zusätzliche Verbilligung für den Fall an, dass die Unternehmen bei der Hausbank für Umwelt- und Energiesparmaßnahmen Dar-lehen aufnehmen.

Beschreibung Im Rahmen einer Studie sollen Branchenenergiekonzepte zum Thema Contracting entwi-ckelt werden. Neben der Bestimmung von Potenzialen in einzelnen Branchen ist auch die Entwicklung von Musterverträgen für Querschnittstechnologien (z.B. Druckluft-, Pumpen-, Beleuchtungssysteme) Teil der Studie. Das Thema Contracting wird zudem im Rahmen der Energieeffizienzberatungen, die im Rahmen des Sonderfonds Energieeffizienz in KMU durch die KfW gefördert werden, oder in den regionalen Energietischen beworben. Daneben wird empfohlen, eine Informations- bzw. Austauschplattform von KMU zum Thema Contracting zu entwickeln.

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Kurz- bis mittelfristig sollte überlegt werden, die Transaktionskosten bei Contracting-Projekten für Anbieter und Nutzer dauerhaft zu senken. Dazu unterstützt die Landesregierung bran-chenspezifische Verfahren für die Zertifizierung von Anbietern.

Zielgruppe KMU mit hohem Energieeinsparpotenzial; Contracting-Anbieter

Technisches Potenzial

THG-Einsparung

Die einzelnen Module greifen als Gesamtpaket IN 10/11; GHD 5/6. 0,16 TWh/a Strom und 0,17 TWh/a Wärme im GHD-Sektor und 0,19 TWh/a Strom; 0,337 TWh/a Wärme im Industriesektor entsprechend 18 kt THG/a (GHD) bzw. 36 kt THG/a (Indust-rie) im Jahr 2020 ohne die Stromeinsparung.

Pilotprojekte

Maßnahme IN10 Null-Emissions-Industriepark

Ziel Modellprojekte zur Umgestaltung bestehender Industrie- und Gewerbeparks zu nachhalti-gen Null-Emissions-Industrieparks mit möglichst geringen Emissionen (Zielwert „Null“) und weitgehend geschlossenen Stoffkreisläufen.

Sachstand Es gibt Energiekonzepte zur Sanierung von Wohngebieten und auch für den Neubau von Gewerbegebieten und Projekte zur Errichtung von Null-Emissions-Fabriken. Selten jedoch werden Konzepte zur energieeffizienten Sanierung von bestehenden Gewerbe- und In-dustrieparks erstellt. In Baden-Württemberg gibt es über 8000 Betriebe im verarbeitenden Gewerbe und knapp 120.000 Dienstleistungsunternehmen (Stat. Landesamt) mit einem erheblichen innerbetrieblichen und auch zwischenbetrieblichen Einspar- und Optimie-rungspotenzial. Schwerpunkt der Maßnahme sollte in der Erschließung dieser Potenziale in bestehenden Industriegebieten liegen. Große Einsparpotenziale gibt es vor allem in den Bereichen Gebäude- und Anlagentech-nik, aber auch in der Wasserver- und -entsorgung und im Abfallbereich. In einem nachhal-tigen Gewerbepark müssen ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie wurde das Projekt „Reduzierung des Energiever-brauchs in Haushalt, Gewerbe und Industrie“ in Ludwigsburg und Achern initiiert. Das länderübergreifende Verbundprojekt „Zero Emission Park“ initiiert Modellprojekte in Bott-rop, Bremen, Eberswalde und Kaiserslautern zur Entwicklung nachhaltiger Gewerbegebie-te. Es hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, dass die Unternehmen eine räumliche Nähe zuei-nander haben, sich die Maßnahmen ökonomisch lohnen und keine Konkurrenzängste bestehen. Auch ist eine bestimmte kritische Produktionsgröße notwendig.

Beschreibung Errichtung von innovativen Gewerbeparks. Dazu gehört die energetische und stoffliche Optimierung und Emissionsreduktion sowohl innerhalb des Betriebes sowie auch zwi-schen den Unternehmen. 1. Durchführung von drei Modellprojekten. Unternehmen in Industrie- und Gewerbeparks

sollen informiert, beraten und zur Umstellung motiviert werden. Dazu gehört u.a.: Initi-alberatung, Erstellung von Konzepten und Begleitung des Umsetzungsprozesses, Aufbau von Netzwerken, Vermittlung von Contracting-Partnern, Beratung zu Förder-mitteln; Information zu den Potenzialen branchenübergreifender Verwertungsmöglich-keiten von Reststoffe, Darstellung ökonomischer Effekte.

2. Unternehmen in Industrie- und Gewerbeparks, die die Kriterien für „Null-Emissions-Parks“ erfüllen, erhalten die Auszeichnung „Null-Emissions-Industriepark 2050“.

3. Durchführen von Modellprojekten: in drei unterschiedlich strukturierten Industrie- und Gewerbegebieten soll eine Umgestaltung zum Öko-Industrial-Park stattfinden und von den „Null-Emissions-Beratern“ begleitet werden.

Zielgruppe Unternehmen in Industrie- und Gewerbeparks

THG-Einsparung Die THG-Einsparung ist stark abhängig von der Größe und Struktur der Industriegebiete. Geschätzte Einsparung bis zu 10.000 t THG/a (ohne Strom).

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Maßnahme GHD6

SUPER-EFF – hocheffiziente Verkaufsstätten

Ziel Die Verkaufsstätten in Baden-Württemberg sollen bis zum Jahr 2050 hocheffizient hinsich-tlich des Energieverbrauchs für Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung werden.

Sachstand Der Endenergieverbrauch im Bereich Handel, Handwerk und Kleinverbraucher lag 2006 bei über 46 PJ in Baden-Württemberg. In Baden-Württemberg gibt es in etwa 70.000 Einzel-handelsbetriebe (Statistisches Landesamt 2010). Je nach Art der Verkaufsstätte wird der Energieverbrauch durch Raum- und/oder Prozesskühlung, Lüftung, Beleuchtung oder Hei-zung dominiert. In diesen Querschnitttechnologien sind hohe Einsparpotenziale zu errei-chen, z. B. durch die Abwärmenutzung aus den Kühlaggregaten oder durch effizientere Gestaltung der meist offenen Eingangsbereiche. Häufig sind diese Bereiche auch nicht durch die EnEV oder die Ökodesign-Richtlinie erfasst. Durch eine ganzheitliche Optimie-rung solcher Märkte können Standards für den Neubau bzw. für die Neuausstattung entwickelt werden. Einzelne Beispiele für neue hocheffiziente Märkte existieren bereits in Deutschland (z.B. REWE in Berlin-Rudow, Möbelhaus Köhler, Bauhaus Heidelberg im Passivhausstandard) und auch in anderen europäischen Ländern.

Beschreibung Gemeinsam mit Vertretern der Filialisten (Supermarktketten, Bekleidungsketten, Kaufhaus-ketten, etc.) sollen durch eine „Modellförderung SUPER-EFF“ 20 Modellmärkte verschiede-ner Branchen energetisch optimiert werden. Die Ergebnisse sollen langfristig qualitativ und quantitativ ausgewertet werden und als Grundlage für die Übertragung der Erfahrungen auf andere Standorte dienen. Zusätzlich zur Modellförderung sollten stadtplanerische Nachhaltigkeitskriterien zum Neubau von Märkten entwickelt werden. Durch die auf Landesebene entwickelten Stadtpla-nungskriterien sollte die Kommune nachhaltig die Stadtentwicklung und Standortpolitik beeinflussen können. Der Vorrang der Innenentwicklung vor Außenentwicklung dient auch den Zielen des Klimaschutzes. Kompakte Siedlungsstrukturen und lebendige Ortskerne erleichtern effiziente Energieversorgung (z. B. Nahwärmenetze/Blockheizkraftwerke(siehe auch Maßnahmen EN 12-18), auch auf regenerativer Basis, Bürgersolaranlagen).

Zielgruppe Wirtschaftsunternehmen des Einzelhandels, vom Familienbetrieb bis hin zu internationalen Konzernen über deren Filialen; Stadtplanungsämter der Kommunen

Technisches Potenzial

0,9 TWh/a Endenergie, davon 0,68 TWh/a Strom entsprechend 47 kt THG/a.

THG-Einsparung Das Einsparpotenzial für die 20 Modellmärkte wird auf rd. 2,2 GWh/a Brennstoffe, 6,8 GWh/a Strom und 0,47 kt THG (ohne Strom)/a abgeschätzt.

Branchenspezifische Maßnahmen

Maßnahme IN11 Effiziente Papierproduktion

Ziel Kurz- und längerfristige Minimierung der Emissionen aus der Papierindustrie

Sachstand Nach der Energiebilanz BW ist das Papiergewerbe mit 48 PJ in 2007 (19 % des Endener-gieeinsatzes des verarbeitenden Gewerbes) die Branche mit dem bei weitem höchsten Anteil am Energieeinsatz. Baden-Württemberg produziert mit 4,3 Mt Papier rund ein Fünftel der Produktion Deutschlands. Die Papierindustrie setzte 2007 ca. 16,5 PJ Strom (34%), 18,7 PJ Erdgas (39 %) und 7,8 PJ Biomasse ein (16 %). Während die Anteile an Strom und Gas ähnlich wie im Bundesdurchschnitt sind, liegt der Anteil der Biomasse etwas höher als in der Bundesrepublik insgesamt (13 %). Die direkten THG-Emissionen aus der Papier-herstellung betragen damit 1,5 Mt CO2.. Trotz der vergangenen deutlichen Steigerung der Energieeffizienz in der Papierherstellung sind noch große weitere Einsparpotenziale: • Stromsparmaßnahmen erscheinen wegen des hohen Anteils an Strom besonders

wichtig. In der hoch mechanisierten Papierherstellung wird eine große Anzahl an Elekt-romotoren aller Größenklassen eingesetzt.

• Optionen zur Verbesserung der Energieeffizienz der Papiermaschineergeben sich hier hauptsächlich durch eine effizientere Trocknung und Mahlung (Refiner), aber auch durch den gezielten Einsatz von Niedertemperaturabwärme.

• Möglichkeiten der wasserlosen Papierherstellung, einer radikalen Prozessinnovation mit dem Ziel den Energiebedarf für die Trocknung der Papierbahn zu senken.

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• Prüfung von Brennstoff-, Produkt- oder Materialsubstitution, z.B. durch eine Erhöhung der Altpapiereinsatzquote.

Beschreibung Bündel an Maßnahmen:

• F&E für innovative Papier- und Faserstoffherstellungsverfahren. • Einrichtung e. Runden Tisches mit d. Papierherstellern, m. d. Ziel, gemeinsam Optio-

nen für eine Steigerung der Energieeffizienz in der Papierherstellung zu entwickeln. • Informationskampagnen und Förderung von Maßnahmen zur Reduzierung des Ener-

gieeinsatzes durch technische Verbesserungen (siehe oben), Brennstoff-, Produkt- oder Materialsubstitution.

Zielgruppe Wirtschaftsunternehmen der Papier- und Zellstoffindustrie und Hersteller von Anlagen. Branchenforschungsinstitute.

Technisches Potenzial

12 PJ Brennstoffeinsatz, 750 kt/a direkte CO2-Emissionen, Stromeinsparung 2,2 TWh/a

THG-Einsparung Ausschöpfung durch Maßnahmen bis 2020 (siehe oben): 15% der Brennstoffe einschließ-lich Biomasse (ca. 4,7 PJ, davon 3,6 PJ fossile Energien, 230 kt CO2), 10 % des Stroms (ca. 460 GWh).

Sektorübergreifende Maßnahmen

Maßnahme IN12/GHD7

Forschungszentrum für Energieeffizienz F´EFF

Ziel Einrichtung eines Zentrums für Energieeffizienz im Rahmen des Technologie- und Innovati-onszentrums Umwelttechnik. In enger Kooperation mit Universitäten und der Industrie sollen innovative Ideen entwickelt und realisiert werden.

Sachstand Um die ambitionierten Ziele zur Reduzierung der Emissionen erreichen zu können, muss neben der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien die Energieeffizienz massiv erhöht werden. In allen Maßnahmenfeldern muss Energieeffizienz auch auf neuen technologischen Entwicklungen basieren. Forschung zum Thema Energieeffizienz findet als Teilbereich in verschiedenen Instituten in Baden-Württemberg statt. Allerdings gibt es in Baden-Württemberg und auch bundesweit kein Institut, das sich gezielt mit Energieeffizienz in allen Bereichen beschäftigt, Hardware-Forschung und Systemanalyse bündelt und so zu einem zentralen Ansprechpartner für Energieeffizienz wird. In Baden-Württemberg sind zahlreiche Institute angesiedelt, die sich mit Ausschnitten eines rationellen Ressourceneinsatzes und zukünftigen Energiesystemen beschäftigen. So z.B.: Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW); DLR - Institut für Technische Thermodynamik (ITT), Stuttgart; Fraunhofer Institut für Solare Ener-giesysteme (ISE), Freiburg; Karlsruher Institut für Technologie (KIT); DLR- Institut für Ver-brennungstechnik, Stuttgart; Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP), Institut für Thermody-namik und Wärmetechnik (ITW) der Universität Stuttgart und weitere. Die Institute IER der Universität Stuttgart, Öko-Institut, IFEU und Fraunhofer Institut ISI sind im Bereich System-analysen und Technikfolgenabschätzung aktiv.

Beschreibung Mit Ministerratsbeschluss vom 11.5.2010 hat die Landesregierung die Gründung eines Tech-nologie- und Innovationszentrums Umwelttechnik bestätigt. Im Rahmen dieses Zentrums richtet die Landesregierung ein Forschungszentrum Energieeffizienz ein, das die Kompetenz zu diesem Thema aus den verschiedenen Bereichen unter einem Dach bündelt. In Koopera-tion mit Universitäten und Industriebetrieben können Forschungsschwerpunkte gesetzt wer-den. Dabei geht es nicht darum, bestehenden Institutionen Konkurrenz zu machen, sondern eigene Forschungsschwerpunkte zu definieren. Kennzeichnend hierfür wäre ein spartenübergreifender Ansatz, in dem verschiedene Sekto-ren (Energieeffizienz in der Industrie, GHD, Haushalte, Verkehr), in verschiedenen Techno-logiebereichen (beispielsweise Licht, Antriebe, Steuerung, Gebäudetechnik, ...) und mit ver-schiedenen Forschungsansätzen (Grundlagen- und Materialforschung, Systemtechnik, Sys-temanalyse) gearbeitet wird. Durch enge Zusammenarbeit mit der Industrie in Baden-Württemberg soll ein hervorragender Praxisbezug hergestellt werden. In Zusammenarbeit mit einer der baden-württembergischen Hochschulen ist, ähnlich wie dies derzeit bei erneuerbaren Energien erfolgt, ein Master-

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Studiengang „Energieeffizienz“ zu etablieren.

Zielgruppe Forschungseinrichtungen; Wirtschaftsunternehmen

THG-Einsparung Nicht quantifizierbar

Handlungsfeld Raumwärme im Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD)

In diesem Abschnitt werden spezifische Maßnahmenbündel beschrieben, die den Energie-bedarf der gewerblich genutzten Gebäude in Baden-Württemberg adressieren. Ca. 45 % des gesamten Endenergiebedarfs im Sektor GHD entfallen auf Raumwärme. Die Anteile der ein-zelnen Branchen am gesamten Endenergiebedarf für Raumwärme in Baden-betrugen im Jahr 2007 im Wirtschaftszweig „Handel und Handwerk“ (ca. 23 PJ/a), gefolgt von den „Sons-tigen private Dienstleistungen“ (ca. 20 PJ/a), zu denen unter anderem Hotels und Gaststät-ten gehören, sowie von den Verwaltungsgebäuden von Bund, Land und Kommunen (ca. 12 PJ/a) und den Krankenhäusern (ca. 11 PJ/a). Auf diese Wirtschaftszweige konzentrieren sich die nachfolgend dargestellten Maßnahmen.

Maßnahme GHD8

Initiative zur Fortentwicklung der Energieeinspar-Verordnung (EnEV)

Ziel Absenkung des Energiebedarfs für Raumwärme, Lüftung und Klimatisierung sowie Warm-wasser in bestehenden gewerblich genutzten Gebäuden

Sachstand Ca. 45 % des Endenergiebedarfs im Sektor GHD entfallen auf Raumwärme. Kälteanwendun-gen zur Klimatisierung von Gebäuden machen dagegen nur ca. 1 % des gesamten Energie-bedarfs des Sektors aus, jedoch mit steigender Tendenz. Die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) gelten grundsätzlich auch für Sa-nierungen von Nichtwohngebäuden. Dabei sind die Referenzwerte in Anlage 2 der EnEV für normal beheizte Räume in Nichtwohngebäuden mit den Werten der Anlage 1 für Wohnge-bäude etwa vergleichbar. Genauso wie bei Wohngebäuden müssen diese Anforderungen jedoch nur dann eingehalten werden, wenn wesentliche Teile des Gebäudes saniert werden. Eine Ausnahme hiervon bilden nur die Anforderungen nach § 10 EnEV für Nachrüstungen bei sehr alten Heizkesseln und ungedämmten Verteilarmaturen und Dachböden. Die im Rahmen des Integrierten Energie und Klimaprogramms (IEKP) der Bundesregierung geplante erneute Novelle der EnEV wird voraussichtlich auch die Nichtwohngebäude betreffen. § 12 der EnEV schreibt zudem regelmäßige Inspektionen von Klimaanlagen mit einer Leis-tung von mehr als 12 Kilowatt vor. In einer Reihe von neu gebauten und sanierten Büro- und Fertigungsgebäuden sind gute Erfahrungen mit dem Verzicht auf Klimaanlagen gemacht worden, die statt dessen durch eine Nachtlüftung gekühlt und tagsüber kontrolliert belüftet werden. Wie bei den Wohngebäuden ist auch bei den gewerblich genutzten Gebäuden sowohl eine Erhöhung der Sanierungsrate als auch eine weitere Anhebung des Sanierungsniveaus not-wendig, um die mittel- und langfristigen Klimaschutzziele des Landes zu erreichen.

Beschreibung Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die Bundesregierung im Rahmen der für 2012 geplanten EnEV Novelle auch die energetischen Anforderungen an die Sanierungen von Nichtwohngebäuden weiter entwickelt. Sofern erforderlich, wird die Landesregierung hierzu einen Vorstoß in Form einer Bundesratsinitiative starten. Neben der Verschärfung des Sanierungsniveaus in der EnEV wird sich die Landesregierung auch dafür einsetzen, den Katalog der pflichtauslösenden Tatbestände auszuweiten. Hierzu wird u.a. darauf hingewirkt, das Wirtschaftlichkeitsgebot des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) weiter zu fassen, so dass die aus Klimaschutzgründen gebotenen und damit notwendigen Sanierungsmaßnah-men in Form einer verschärften EnEV rechtlich abgesichert werden. Ziel muss es sein, alle bestehenden Nichtwohngebäude in den nächsten vierzig Jahren energetisch anspruchsvoll zu sanieren. Im Rahmen einer Novelle der EnEV-DVO soll geprüft werden, ob der Vollzug durch die Ein-führung stichprobenhafter Überprüfungen zu stärken ist.

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Zielgruppe Eigentümer von Nichtwohngebäuden

Technisches Potenzial der Maßnahme

Der Endenergiebedarf von Nichtwohngebäuden in Baden-Württemberg für Raumwärme lag 2007 bei etwa 90 PJ. Dies entspricht etwa einem Drittel des Bedarfes der Wohngebäude. Entsprechend geringer ist auch das technische Potenzial durch die energetische Sanierung dieser Gebäude. Die Nichtwohngebäude waren 2007 für etwa 6 % der CO2-Emissionen des Landes verantwortlich. Da es sich hierbei wie bei den Wohngebäuden um eine sehr langlebi-ge Infrastruktur mit langen Sanierungszyklen handelt, sollten alle derzeit bestehenden Nicht-wohngebäude bis zum Jahr 2050 energetisch anspruchsvoll saniert werden.

THG-Einsparung

Die Maßnahme führt voraussichtlich zu folgenden Einsparungen: − Rückgang des durchschnittlichen Raumwärmebedarfs aller Nichtwohngebäude bis 2020

um voraussichtlich rund 8,5 % (bezogen auf 2007), hierdurch Rückgang des leitungsge-bundenen Energiebedarfs bis 2020: ca. 360 GWh/a Strom und ca. 0,85 PJ/a Fernwärme.

− Rückgang der CO2-Reduktion (incl. der Emissionen aus Strom und Fernwärme) bis 2020 um voraussichtlich rund 0,57 Mio. t/a (bezogen auf 2007).

Maßnahme GHD9

Initiative zur Ausweitung der Fördermittel des Bundes für die Sanierung von Nicht-Wohngebäuden

Ziel der Maß-nahme

Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Nicht-Wohngebäuden durch finanzielle Anreize

Sachstand Die finanzielle Förderung von Energieeinsparungen in gewerblichen Unternehmen erfolgt auf Bundesebene durch das ERP-Umwelt- und Energieeffizienzprogramm der KfW sowie für innovative Demonstrationsprojekte durch das BMU-Umweltinnovationsprogramm. Im ERP-Programm bestehen besonders günstige Bedingungen für KMU. Für Sanierungen von Ge-bäuden im Eigentum gemeinnütziger Organisationen und der Kirchen (Schulen, Sporthallen, Kindertagesstätten und Gebäude der Kinder- und Jugendarbeit; nicht jedoch Schulen der Länder) steht ebenfalls ein Programm der KfW zur Verfügung. Darüber hinaus bietet die KfW Zuschüsse für Energieeffizienzberatungen in KMU an. Auf Landesebene stellt das Programm „Klimaschutz-Plus“ Fördermittel im Rahmen des „All-gemeinen CO2-Minderungsprogramms für Nicht-Wohngebäude“ bereit. Darüber hinaus wer-den über die L-Bank Energieberatungen und Demonstrationsvorhaben innovativer Technolo-gien für Nicht-Wohngebäude gefördert, die sich im Eigentum von KMU und nicht gewerblicher Institutionen oder Privatpersonen befinden. Diese Programme laufen aufgrund begrenzter Haushaltsmittel nicht kontinuierlich. Weiterhin werden u.a. über das „Umweltschutz- und Energiesparförderprogramm“ Vorhaben zur rationellen Energieverwendung in Betrieben ge-fördert.

Beschreibung Das Land wird sich dafür einsetzen, dass flankierend zu der gemäß Maßnahme GHD1 vor-gesehenen weiteren Verschärfung der Anforderungen der EnEV an die energetische Qualität von Sanierungsmaßnahmen in Nicht-Wohngebäuden ein angemessenes Mindestvolumen für die Förderung des Bundes für diese Maßnahmen gesetzlich festgeschrieben wird. Das bereit zu stellende Fördervolumen soll etwa ein Viertel der Mittel des CO2-Gebäude-sanierungsprogramms für Wohngebäude umfassen. Zudem wird geprüft, ob es sinnvoll ist. durch eine Bundesratsinitiative zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten für energetische Sanierungen von Nichtwohngebäuden zu schaffen.

Zielgruppe Eigentümer von Nicht-Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung des Energiebedarfs in Nicht-Wohngebäuden für die Klima-schutzziele des Landes vgl. Maßnahme GHD8.

THG-Einsparung

Die Ausweitung der Fördermittel des Bundes für die Sanierung von gewerblichen Gebäuden könnte eine CO2-Einsparung in Höhe von rund 0,1 Mio. t/a pro Jahr Programmlaufzeit erbrin-gen. Bei einer Programmaufstockung ab 2011 lägen die Einsparungen damit in 2020 kumu-liert bei voraussichtlich rund 1,0 Mio. t CO2 (bezogen auf 2007).

Maßnahme GHD10

Förderung von Energiespar-Contracting

Ziel Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Nicht-Wohngebäuden durch finanzielle Anreize

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Sachstand Siehe Maßnahme GHD9.

Beschreibung Die Landesregierung wird das Programm „Klimaschutz-Plus“ mittelfristig (nach Ausbildung kompetenter Berater) um ein Teilprogramm zur Förderung von betrieblichen Potenzialanaly-sen und der externen fachlichen Begleitung von Vergabeprozessen für Contracting-Vorhaben ergänzen. Das Ziel dieses Programms ist, dass bis zum Jahr 2020 in mindestens 20 Prozent der kleinen und mittleren Betriebe in Baden-Württemberg mit relevantem Energieverbrauch die Realisierbarkeit von Contracting-Projekten untersucht wurde.

Zielgruppe Eigentümer von Nichtwohngebäuden

Technisches Potenzial der Maßnahme

Zur strategischen Bedeutung des Energiebedarfs in Nichtwohngebäuden für die Klimaschutz-ziele des Landes vgl. Maßnahme GHD8. Das Geschäftsmodell des Contractings hat in die-sem Zusammenhang eine große Bedeutung.

THG-Einsparung

Abhängig von den geförderten Contracting-Projekten. Für diese Maßnahme kann daher keine generelle Angabe zur THG-Einsparung gemacht werden.

Maßnahme GHD11

Ausweitung und Verstetigung der Förderung für innovative Sanierungskonzepte

Ziel Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Nichtwohngebäuden durch finanzielle Anreize

Sachstand Siehe Maßnahme GHD9.

Beschreibung Analog zum Bereich der Wohngebäude wird das Land zusätzliche Fördermittel für innovative Sanierungskonzepte für Nichtwohngebäude auf Passivhausniveau bereit stellen. Durch die geförderten Projekte soll der gesamte Energiebedarf der Gebäude minimiert werden, ein-schließlich der Anwendungen für Lüftung und Klimatisierung.

Zielgruppe Eigentümer von Nichtwohngebäuden

Technisches Potenzial der Maßnahme

Zur strategischen Bedeutung des Energiebedarfs in Nichtwohngebäuden für die Klimaschutz-ziele des Landes vgl. Maßnahme GHD8. Die Förderung innovativer Sanierungskonzepte hat in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung.

THG-Einsparung

Abhängig von den geförderten Sanierungsprojekten. Für diese Maßnahme kann daher keine generelle Angabe zur THG-Einsparung gemacht werden.

3.2.4 Bilanz und Ausblick

Die vorgeschlagenen Maßnahmen führen bei konsequenter Durchsetzung im Jahr 2020 in den Sektoren Industrie und GHD zu einer Endenergieeinsparung von insgesamt 7,7 bis 12 TWh/a, davon rund 5 bis 6 TWh Strom (Tabelle 11). Dies entspricht 1,4 bis 1,6 Mio. t CO2-Äquivalente im Jahr 2020 durch die eingesparten direkten THG-Emissionen der Verbren-nung von Brennstoffen. Hinzu kommen die reduzierten THG-Emissionen durch die Strom-einsparung (Umwandlungssektor) sowie längerfristig die prozessspezifischen Emissionen, die in der Zementindustrie eingespart werden können.

Legt man für den Strom einen THG-Faktor gemäß des marginalen Kraftwerksparks von 800 g /kWhel zu Grunde, so läge die THG-Einsparung insgesamt bei 5,6 bis 6,5 Mio. t CO2-Äq. im Jahr 2020. Mit einem Baden-Württemberg spezifischen Faktor von 288 g/kWhel resul-tiert eine Einsparung von 2,9 bis 3,3 Mio. t CO2-Äq. Bei Zugrundelegung eines Faktors von 449 g/kWh, wie er sich aus einem bundesdeutschen Strommix im Jahr 2020 ergeben würde, liegt die Einsparung dazwischen (3,8 bis 4,3 Mio. t).

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Tabelle 11: THG-, Endenergie- und Stromeinsparung durch die vorgeschlagenen Maßnahmen

In diesen Einsparungen sind die – je nach Maßnahme entscheidenden – indirekten Effekte beispielsweise durch Diffusion, Multiplikatoreffekte, Forschungserfolge etc. nicht enthalten. Zudem sind viele der Maßnahmen langfristig angelegt, so dass sich eine Einsparung erst nach 2020 ergibt. Beispielsweise entfalten verschiedene ordnungsrechtliche Instrumente erst mit einem gewissen Vorlauf Wirkung, weil sie z. T. auf Auslösetatbeständen beruhen, die erst nach und nach greifen (beispielsweise der Kesseltausch ab einem bestimmten Alter des Kessels). Insbesondere gilt dies aber auch für die Maßnahmen der Pilot- und Forschungs-projekte, die als solche keine große Einsparung erbringen, aber wegweisend für weitere Ak-tivitäten sind.

Besonders hohe Einsparpotenziale weist der Gebäudebereich auf. Dieser Bereich umfasst rund 50 % des Endenergiebedarfs und einen noch größeren Anteil der THG-Emissionen, da die THG-Emissionen des Strombedarfs dem Umwandlungssektor zugeordnet sind. Auch in der Industrie ist davon auszugehen, dass gegenüber dem bundesweit relativ geringen Anteil von Raumwärme in Baden-Württemberg ein höherer Anteil auf Raumwärme entfällt, da die sehr energieintensiven Prozesse in Baden-Württemberg nicht anzutreffen sind.

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3.3 Private Haushalte und öffentlicher Sektor

3.3.1 Ausgangssituation

Im Jahr 2007 entfiel auf die privaten Haushalte ein Endenergiebedarf von insgesamt 295 PJ. Dies entspricht knapp 28 % des gesamten Endenergiebedarfs in Baden-Württemberg. Der größte Anteil dieses Bedarfs entfällt mit knapp 38 % auf Erdgas, gefolgt von Strom mit knapp 25 %, leichtem Heizöl mit gut 21 % und Fernwärme mit knapp 8 %. Die Nutzung er-neuerbarer Energieträger hat einen Anteil von 8,4%, der größte Teil hiervon ist Holz, das vor allem zur Beheizung der Gebäude eingesetzt wird (siehe Abbildung 19).

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50

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Umweltwärme

Solar

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Strom

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Gas

Heizöl

Fernwärme

Strom: inkl. Bedarf von Wärmepumpen

Abbildung 19: Endenergiebedarf privater Haushalte im Jahr 2007 nach der Energiebilanz Baden-Württemberg (Abschätzung Öko-Institut, Ifeu)

Auf Landesebene liegen keine detaillierten Daten über die Aufteilung dieses Endenergie-bedarfs auf die einzelnen Anwendungen in privaten Haushalten vor. Daher wurde eine sol-che Aufteilung in einem „Bottom-Up“-Modell vorgenommen. Abbildung 20Fehler! Verweis-quelle konnte nicht gefunden werden. zeigt das Ergebnis dieser Abschätzung. Demnach ent-fallen drei Viertel des privaten Endenergiebedarfs auf die Raumwärme, gefolgt vom Strom-bedarf der Elektrogeräte mit knapp 12 % und dem Warmwasserbedarf mit 10 %. Auf das Kochen entfallen nur gut 2 % des privaten Endenergiebedarfs. Dies unterstreicht die heraus-gehobene Bedeutung der Gebäude für den Klimaschutz.

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120%Elektrogeräte

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Warmwasser

Raumwärme

Abbildung 20: Aufteilung des Endenergiebedarfs privater Haushalte im Jahr 2007 auf Anwendungen „Bottom-up“-Modell (Abschätzung des Öko-Instituts)

Die CO2-Emissionen der privaten Haushalte lagen im Jahr 2007 rechnerisch bei insgesamt 18,3 Mio. t. Hiervon entfällt mit 34 % gut ein Drittel auf den Erdgasbedarf, weitere 31 % macht der Strombedarf aus. Der Bedarf an Heizöl trägt zu 25 % der CO2-Emissionen der privaten Haushalte bei, der Fernwärmebedarf zu 9 %. Gemessen an den gesamten CO2-Emissionen Baden-Württembergs im Jahre 2007 entfallen 26 % auf die privaten Haushalte.

3.3.2 Vision 2050

Im Vergleich zu heute werden die Privathaushalte im Jahr 2050 deutlich weniger Energie für die Beheizung aufwenden. Die verbleibende Wärme- und Warmwassererzeugung wird zu-dem stärker als bisher aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Weil deutlich energie-effizientere Geräte zum Einsatz kommen, wird der Strombedarf ebenfalls deutlich unter dem heutigen Niveau liegen.

Entwicklung des Raumwärmebedarfs und der Raumwärmebereitstellung

Infolge der Entwicklung der sozioökonomischen Rahmenbedingungen (v.a. Altersent-wicklung, Haushaltsgröße, Einkommensverhältnisse) wird die absolute Wohnfläche in Wohn-gebäuden bis 2050 um rund 9 % steigen (von rund 445 Mio. m2 in 2005 auf dann rund 485 Mio. m2). Die spezifische Wohnfläche pro Kopf steigt von heute rund 41 m2/Person auf rund 50 m2/Person.

Bis zur Mitte des Jahrhunderts dürfte sich die Abrissrate von heute 0,04 % pro Jahr sukzes-sive auf rund 0,45 % pro Jahr mehr als verzehnfachen, da wegen der schrumpfenden Bevöl-

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kerung der Wohnflächenbedarf zurück gehen wird. Selbst unter dieser Annahme verringert sich die in den letzten Jahren ohnehin schon niedrige Neubaurate auf rund die Hälfte. Der Wohnflächenanteil von Wohngebäuden mit Baujahr später als 2010 wird damit im Jahr 2050 bei rund 17 % liegen.

Der energetische Standard von Neubauten wurde stark angehoben. Die Anforderungen der EnEV 2009 wurden ab dem Jahr 2012 um weitere 30 % verschärft. Ab 2020 wurden Neubauten nur noch in Passivhausbauweise errichtet, d.h. der Heizwärmebedarf dieser Ge-bäude liegt bei maximal 15 kWh pro m2 und Jahr.

Es ist gelungen, die Sanierungsraten im Vergleich zu heute bis zum Jahr 2020 auf rund 3,5 % pro Jahr zu heben und in den Folgejahren bis 2050 auf einem Niveau oberhalb von 1,5 % pro Jahr zu halten. Mit dieser Entwicklung konnte bis zur Mitte des Jahrhunderts ein Großteil der Gebäude, deren Baujahr vor 2005 liegt, grundlegend saniert werden. Auch das Sanierungsniveau, also der energetische Zustand eines Gebäudes, der durch die Sanie-rung erreicht wird, wurde Stück für Stück weiter angehoben. Der über die EnEV 2009 einge-führte Sanierungsstandard für Wohngebäude im Bestand wurde ab dem Jahr 2012 um wei-tere 30 % verschärft. Der Zielstandard für den reinen Heizwärmebedarf (ohne Warmwasser) liegt dann zwischen 35 und 50 kWh pro m2 und Jahr. Aufgrund der relativ langen Standzeiten für die energetische Sanierung relevanter Bauteile eines Gebäudes werden Gebäude, die beispielsweise bis zum Jahr 2020 im Zuge einer Sanierungsmaßnahme gedämmt werden, in der Regel auch noch im Jahr 2050 den infolge der Sanierung erreichten Dämmstandard ha-ben.

Durch diese Neubau- und Sanierungsraten bei dem genannten Sanierungsniveau sinkt der durchschnittliche Heizwärmebedarf aller Wohngebäude von heute rund 140 kWh pro m2 und Jahr auf rund 46 kWh pro m2 und Jahr im Jahr 2050 (ohne Warmwasser). Dies entspricht einer Absenkung von rund 65 %.

Auch die Beheizungsstruktur bzw. der Endenergieträgermix bei der Raumwärmeerzeugung hat sich grundlegend verändert. Bestehende Heizungsanlagen wurden vermehrt durch effi-zientere und klimafreundlichere Heizsysteme ersetzt. Bis 2050 ist Heizöl nahezu vollständig als Energieträger aus der Raumwärmeerzeugung verschwunden. Gleiches gilt für Strom: Bis 2050 werden nahezu alle Stromspeicher- und Stromdirektheizungen durch andere Heizsys-teme ersetzt sein. Der Anteil von Erdgas an der Raumwärmeerzeugung sinkt auf rund 25 % (15 PJ). Der Anteil von Fernwärme steigt um rund 60 %, allerdings bei absolut sinkenden Liefermengen. Dafür steigt der Anteil erneuerbarer Energien (ohne den erneuerbaren Anteil bei der Strom- und Fernwärmeerzeugung) mit rund 35 PJ auf rund 55 %. Hierbei nehmen vor allem die Beiträge von Solarthermie (ca. 16 PJ) sowie von Umweltwärme (Wärmepumpen, Geothermie: ca. 6 PJ) stark zu. Im Jahr 2050 wird der Anteil solarthermischer Anlagen an der Raumwärmeerzeugung bei mehr als 25 % liegen. Damit wird die Solarthermie neben Erdgas zum wichtigsten Energieträger zur Beheizung von Wohngebäuden. Der Einsatz von Biomasse (v.a. Holzpellets, Scheitholz) sinkt aufgrund des geringeren Bedarfs und der be-grenzten Potenziale sowie der Nutzungskonkurrenz zu den anderen Sektoren (v.a. dem Umwandlungssektor) auf rund 12 PJ.

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Entwicklung des Warmwasserbedarfs und der Warmwassererzeugung

Der Verbrauch von Warmwasser wird bis 2050 von heute 45 l pro Kopf und Tag auf rund 40 l pro Kopf und Tag leicht zurückgehen. Erreicht wird dies vor allem durch eine stärkere Markt-durchdringung wassersparender Armaturen. Gleichzeitig kommt es zu einigen Verlagerungs-effekten. So wird beispielsweise die Warmwassererzeugung für Wasch- und Geschirrspül-maschinen auf die zentrale Warmwasserversorgung der Gebäude umgestellt, d.h. die benö-tigt Wassermenge nicht mehr in den Geräten elektrisch erhitzt. In Summe verringert sich der gesamte Endenergiebedarf für Warmwasser von rund 33,5 PJ im Jahr 2005 auf rund 21,5 PJ in 2050. Dies entspricht einer Absenkung um rund 35 %. Der Endenergiebedarf für Warm-wasser pro Kopf geht um ca. 28 % zurück.

Vergleichbar zur Beheizungsstruktur ändert sich auch der Energieträgermix der Warm-wassererzeugung. Die Anteile von Heizöl, Erdgas und Fernwärme sinken auf nahezu Null. Der Anteil der Solarthermie steigt auf rund 55 %. Über Wärmepumpen und Geothermie (Umweltwärme) werden rund 8 % des Warmwasserbedarfs erzeugt. Der Stromanteil (inkl. des Stromverbrauchs von Wärmepumpen) steigt auf rund 35 %.

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Strom: inkl. Bedarf von Wärmepumpen

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Abbildung 21: Entwicklung des Endenergiebedarfs für Raumwärme und Warmwasser (Berechnungen des Öko-Instituts)

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Entwicklung des Stromverbrauchs

Die Entwicklung des Stromverbrauchs ist bis 2050 stark rückläufig. Dies beruht zum Einen auf einem leichten Rückgang der Bevölkerung. Zum Anderen konnte die technische Effi-zienz der verschiedenen Gerätegruppen stark gesteigert werden. Trotz des auch in Zukunft anhaltenden Trends zu höheren Ausstattungsraten (z.B. Geschirrspüler, PCs und Unterhal-tungselektronik) führt dies zu einem insgesamt sinkenden Strombedarf. Für typische Haus-haltsgeräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen (Weiße Ware) werden bis 2050 Effizienzgewinne in der Höhe von 75 % erwartet. Bei Geräten der Unterhal-tungselektronik (z.B. TV-Geräte, DVD-Spieler) sowie der Informations- und Kommunikations-technologien (z.B. PCs, Telefonie) können Effizienzsteigerungen von 65 % erreicht werden, bei der Beleuchtung eine Verbrauchsminderung von nahezu 90 %. Alternativ zu technischen Effizienzgewinnen bei den heute herkömmlichen Geräten können auch neue Anwendungs-technologien (z.B. neue Kühl- bzw. Reinigungstechnologien) die notwendigen Effizienzge-winne erbringen.

Die Entwicklung des gesamten Strombedarfs privater Haushalte wird zudem durch folgende Faktoren beeinflusst:

• Umstellung der heute üblichen elektrischen Warmwassererzeugung in Wasch- und Geschirrspülmaschinen auf die zentrale Warmwasserversorgung eines Gebäudes

• Weitgehend kompletter Austausch elektrische Widerstandsheizungen (Speicher- und Direktheizungen) zur Beheizung von Wohnraum.

• Steigender Stromverbrauch durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen. • Austausch bzw. Neuinstallation von hocheffizienten Umwälzpumpen in Heizungsan-

lagen.

In Summe sinkt bis zur Mitte des Jahrhunderts der Stromverbrauch aller baden-württem-bergischen Privathauhalte um etwa 44 %.

Selbst wenn der zu erwartende Klimawandel begrenzt wird, wird bis 2050 der Bedarf an Raumklimatisierung zunehmen. Zwar lässt sich bei Wohngebäuden der Klimatisierungsbe-darf teilweise durch bautechnische Maßnahmen verringern, etwa indem besser gedämmt wird oder Verschattungselemente angebracht werden. Teile des Kühlbedarfs können auch über erneuerbarer Energien abgedeckt werden, z.B. durch solarthermische Kühlung. Den-noch wird der Strombedarf für die Raumklimatisierung bis zum Jahr 2050 stark steigen und dann rund 10 % des gesamten Strombedarfs der Privathaushalte ausmachen.

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2005 2050

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)Sonstige

Klimatisierung

Information/Kommunikation

Unterhaltungselektronik

Beleuchtung

Geschirrspülen

Kochen/Backen

Waschen/Trocknen

Kühlen/Gefrieren

Warmwasser

Raumwärme

-44%

Abbildung 22: Entwicklung und Verteilung des Stromverbrauchs der Privathaushalte (Berechnungen des Öko-Instituts)

Entwicklung des Endenergiebedarfs der privaten Haushalte

In Summe dürfte sich der gesamte Endenergieverbrauch der Privathaushalte von rund 330 PJ im Jahr 2005 auf rund 110 PJ im Jahr 2050 reduzieren. Bei der Endenergieträgervertei-lung geht vor allem der Anteil von Heizöl auf nahezu Null zurück. Der Anteil von Erdgas sinkt von rund 36 % in 2005 auf rund 15 % in 2050. Der absolute Erdgasbedarf beträgt dann nur noch rund 16 PJ (2005: 121 PJ). Der Bedarf an Fernwärme sinkt von 22 PJ in 2005 auf rund 8 PJ. Der Anteil der erneuerbaren Energien steigt auf rund 45 % (ohne den erneuerbaren Anteil bei der Strom- und Fernwärmeerzeugung). Mehr als die Hälfte des erneuerbaren End-energieanteils trägt dabei die Solarthermie zur Raumwärme- und Warmwassererzeugung bei.

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Solar

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Kohle

Gas

Heizöl

Fernwärme

Strom: inkl. Bedarf von Wärmepumpen

-67%

Abbildung 23: Entwicklung des Endenergiebedarfs der Privathaushalte (Berechnungen des Öko-Instituts

3.3.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Die Vision für 2050 kann erreicht werden, wenn die bestehenden Klimaschutzbemühungen fortgeführt und weitere ambitionierte Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Maßgeb-lich ist hierbei der Umrüstung des Gebäudebestands, da aufgrund der langen Investitions-zyklen die heute ergriffenen Maßnahmen sich sehr lang auf den Energieverbrauch des ge-samten Gebäudebestands auswirken.

Sektor private Haushalte

Mehr als 75% des Endenergiebedarfs der privaten Haushalte entfallen auf die Bereitstellung von Raumwärme. Aus diesem Grund fokussieren auch die nachstehend vorgeschlagenen Maßnahmen auf diesen Bereich sowie die Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser. Zwei Maßnahmen adressieren den Stromverbrauch der Haushalte für Elektrogeräte (HH10 und HH11).

Maßnahme HH1 Initiative zur Fortschreibung der Energieeinspar-Verordnung (EnEV)

Ziel Absenkung des Raumwärme- und Warmwasserverbrauchs von bestehenden Wohnge-bäuden

Sachstand Rund 85 % des Endenergieverbrauchs der Privathaushalte entfallen auf die Bereiche Raumwärme und Warmwasserbereitung. Der Gebäudebestand nimmt hierbei angesichts der geringen Neubaurate sowie des durchschnittlich sehr hohen flächenspezifischen Heizwärmeverbrauchs die Schlüsselrolle ein. Dies gilt vor allem für diejenigen Gebäude,

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die vor In-Kraft-Treten der 3. Wärmeschutzverordnung, also vor 1995 gebaut wurden. Bezogen auf die Gesamtwohnfläche macht dieser Gebäudetypus derzeit rund 90 % des Gebäudebestandes aus. Den rechtlichen Rahmen für die Gebäudesanierung setzt die EnEV. In dieser wird gere-gelt, bei welcher Art der Gebäuderenovierung ein Gebäudeeigentümer eine energetische Sanierung (z.B. des renovierten Bauteils) vorzunehmen hat und welche energetischen Anforderungen dabei einzuhalten sind. Im Rahmen des Integrierten Energie und Klima-programms (IEKP) beschloss die Bundesregierung, der EnEV-Novelle 2009 eine weitere Verschärfung des Anforderungsniveaus bei Gebäudesanierungen von bis zu 30% folgen zu lassen (ursprünglich angestrebt für 2012). Für die verstärkte Reduktion des Energieverbrauchs für die Raumwärme- und Warmwas-sererzeugung ist sowohl eine Erhöhung der Sanierungsrate als auch eine weitere Anhe-bung des Sanierungsniveaus notwendig.

Beschreibung Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass mit der für 2012 durch die Bundes-regierung vorgesehenen Novelle der EnEV das Ziel verfolgt wird, alle bestehenden Wohngebäude in den nächsten 40 Jahren energetisch anspruchsvoll zu sanieren, begin-nend mit den besonders ineffizienten im wesentlichen vor 1978 errichteten Gebäuden. Ein langfristiger Sanierungsplan kann hilfreich sein.

Neben der Anhebung des Sanierungsniveaus soll auch der Katalog der pflichtauslösen-den Tatbestände ausgeweitet werden. Dafür ist erforderlich, das Wirtschaftlichkeitsgebot des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) weiter zu fassen. Im Rahmen einer Novelle der EnEV-DVO soll geprüft werden, ob der Vollzug durch die Einführung stichprobenhafter Überprüfungen zu stärken ist.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Gemeinsame Bewertung für die Maßnahmen HH1 bis HH3:

Die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser in Wohngebäuden führt in Baden-Württemberg derzeit zu CO2-Emissionen von rund 20 Mio. t. Hinzu kommt, dass infolge der langen Standzeiten der relevanten Bauteile eines Gebäudes (v.a. Außenwand, Dach) bis zum Jahr 2050 jedes Wohngebäude maximal einmal einer größeren Renovierung unterzogen wird. Der dabei erreichte Sanierungsstandard determiniert damit einen CO2-Sockel, den das Gebäude im Jahr 2050 zu den CO2-Emissionen des Landes beiträgt. Aus diesem Grund sollte schon in der Periode bis 2020 ein möglichst ambitionierter Sanie-rungsstandard erreicht werden. Entsprechend hoch ist die strategische Bedeutung der vorgeschlagenen Maßnahmen.

THG-Einsparung Gemeinsame Bewertung für die Maßnahmen HH1 bis HH3:

Das Maßnahmenbündel bestehend aus EnEV-Novelle 2012, Stärkung des Vollzugs im Rahmen einer Novelle der EnEV-DVO und Änderungen im Mietrecht führt zu folgenden Einsparungen:

− Rückgang des durchschnittlichen Raumwärmebedarfs aller Wohngebäude bis 2020 um voraussichtlich rund 8,5% (bezogen auf 2007)

− CO2-Reduktion bis 2020 von voraussichtlich rund 1,2 Mio. t (bezogen auf 2007)

− Rückgang des leitungsgebundenen Energiebedarfs bis 2020:

Strom: ca. 460 GWh/a, Fernwärme: ca. 1,8 PJ/a

Anmerkungen Eine weitere Verschärfung des energetischen Sanierungsniveaus bei gleichzeitiger Stei-gerung der Sanierungsrate sollte durch eine Verbesserung des finanziellen Förderrah-mens begleitet werden. Die Maßnahmen zu rechtlichen Vorgaben in diesem Bereich (HH1 bis HH3) und die Fördermaßnahmen HH4 bis HH7 sollten deswegen als Gesamtpaket betrachtet werden.

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Maßnahme HH2 Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

Ziel Erhöhung der Sanierungsaktivitäten von Wohnungseigentümergemeinschaften

Sachstand Trotz verschiedener Änderungen im WEG gestalten sich freiwillige Sanierungsmaßnah-men nach wie vor komplex.

Wird die Heizanlage ersetzt, liegt darin in der Regel eine Maßnahme der modernisieren-den Instandsetzung bzw. Instandhaltung nach § 21 Absatz 5 Nr. 2 WEG. Eine solche Maßnahme gilt nach § 22 Absatz 3 WEG als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwal-tung des Gemeinschaftseigentums, die gemäß § 21 Absatz 3 WEG mit einfacher Stimm-mehrheit in der Eigentümerversammlung zu beschließen ist.

Liegt dagegen gemäß den Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 WEG eine Maßnahme der Modernisierung vor, ist ein Beschluss mit einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmbe-rechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile erfor-derlich.

Auch die abgesenkte qualifizierte Mehrheit zur Beschlussfassung über eine Modernisie-rungsmaßnahme erweist sich als hoch. Sind wirtschaftlich schwächere Wohnungseigen-tümer beteiligt lässt sich eine Finanzierung häufig kaum organisieren.

Beschreibung Das Land wird die rechtlichen Rahmenbedingungen im WEG zusammen mit den betroffe-nen Grundeigentümer- und Wohnungsverwaltungsverbänden darauf überprüfen, ob wei-tere Änderungen am WEG erforderlich sind. Dazu könnte ein grundbuchrechtlicher Vor-rang zur Absicherung von Förderkrediten gehören.

Des Weiteren soll ein Leitfaden für Hausverwalter und Wohnungsbesitzer hinsichtlich des Vorgehens bei energetischen Sanierungen erstellt werden.

Die Beratung zu dem Thema soll im Rahmen der bestehenden Angebote (Verbraucher-zentralen; Zukunft Altbau; Energieagenturen) ausgebaut werden.

Flankierend könnten bessere Abschreibungsmöglichkeiten (HH4) und Bürgschaften für wirtschaftlich schwächere Miteigentümer (HH4) hilfreich sein.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Siehe Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme HH1.

Maßnahme HH3 Initiative für Änderungen im Mietrecht

Ziel Absenkung des Raumwärme- und Warmwasserverbrauchs von bestehenden Wohnge-bäuden durch eine Intensivierung der Sanierungsaktivitäten

Sachstand Siehe Maßnahme HH1.

Beschreibung Die Landesregierung prüft Änderungen des Mietrechts. Insbesondere kommt in Betracht, das Instrument der Modernisierungsumlage nach § 559 BGB zu modifizieren, beispiels-weise durch die Einführung eines energetischen Pauschalzuschlags, den der Vermieter nach erfolgter energetischer Sanierung auf die Kaltmiete aufschlagen darf, der aber durch die berechnete mieterseitige Verbrauchskostenminderung begrenzt wird (Warmmietneut-ralität). Bei der Erstellung eines Mietspiegels bei Ausweisung der ortsüblichen Ver-gleichsmiete sollen auch energetische Kriterien zwingend berücksichtigt werden (ökologi-scher Mietspiegel).

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

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Technisches Potenzial

Siehe Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Siehe Maßnahme HH1.

Maßnahme HH4 Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden

Ziel Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Wohngebäuden durch finanzielle Anreizset-zung

Sachstand Die dringliche Sanierung bestehender Gebäude wird durch die Bundesregierung erheblich gefördert. Hier nimmt insbesondere das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das in den letzten Jahren wiederholt aufgestockt wurde, eine Schlüsselrolle ein. Besonders innovative Modellsanierungen fördert das Land Baden-Württemberg im Rahmen des Förderprog-ramms Klimaschutz-Plus. Für vermietete Wohnungen und Wohngebäude sowie Bau-denkmale können bereits jetzt die Aufwendungen für Investitionen zur energetischen Sa-nierung steuerlich geltend gemacht werden.

Beschreibung Ergänzend und harmonisiert mit den Fördermaßnahmen sollten die Abschreibungskondi-tionen für die Kosten von energetischen Gebäudesanierungen bei eigengenutzten Wohn-gebäuden verbessert werden.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs in Wohngebäu-den für die Klimaschutzziele des Landes vgl. Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Siehe HH1

Maßnahme HH5 Initiative zur Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms des Bundes

Ziel Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Wohngebäuden durch finanzielle Anreizset-zung

Sachstand Die dringliche Sanierung bestehender Gebäude wird durch die Bundesregierung erheblich gefördert. Hier nimmt insbesondere das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das in den letzten Jahren wiederholt aufgestockt wurde, eine Schlüsselrolle ein. Besonders innovative Modellsanierungen fördert das Land Baden-Württemberg im Rahmen des Förderpro-

gramms Klimaschutz-Plus.

Beschreibung Angesichts der zahlreichen Hemmnisse und finanziellen Hürden, die Gebäudeeigentümer davon abhalten, ihre Wohngebäude energetisch zu sanieren, sind monetäre Anreize ein wichtiges Mittel, eine Erhöhung der Sanierungsraten und des energetischen Sanierungsni-veaus zu erreichen. Der ungebrochen große Zuspruch des CO2-Gebäudesanierungs-programms macht dies deutlich. Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, das über dieses Bundesprogramm zur Verfügung stehende Fördervolumen kontinuierlich auf hohem Niveau festzuschreiben.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs in Wohngebäu-den für die Klimaschutzziele des Landes vgl. Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Auf Baden-Württemberg entfallen CO2-Einsparungen in Höhe von voraussichtlich rund 0,4 Mio. t/a pro Jahr Programmlaufzeit; bei Programmaufstockung ab 2011 lägen die CO2-Einsparungen damit in 2020 bei voraussichtlich rund 4,0 Mio. t/a (bezogen auf 2007).

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Anmerkungen Die Verbesserung des finanziellen Förderrahmens ist als flankierende Maßnahme zur Verschärfung der Vorgaben für das energetische Sanierungsniveau und die Steigerung der Sanierungsrate konzipiert. Die Maßnahmen HH1 bis HH3 sowie HH4 bis HH7 sollten deswegen als Gesamtpaket betrachtet werden.

Maßnahme HH6 Bürgschaftsübernahme bei Gebäudesanierungen

Ziel Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Wohngebäuden durch finanzielle Anreizset-zung

Sachstand Siehe Maßnahme HH4.

Beschreibung Die Landesregierung prüft Instrumente wie die Einrichtung eines Programms zur Bürg-schaftsübernahme für sanierungswillige Haushalte bei der L-Bank. Voraussetzung für die Übernahme der Bürgschaft ist der Nachweis der Bedürftigkeit (z.B. Nachweis der Verwei-gerung eines Kredits aufgrund von Alter, mangelndem Eigenkapitals usw.)

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs in Wohngebäu-den für die Klimaschutzziele des Landes vgl. Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Für diese Maßnahme nicht explizit ausweisbar.

Maßnahme HH7 Förderung von Quartiersanierungen

Ziel der Maßnah-me

Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Wohngebäuden durch finanzielle Anreizset-zung

Sachstand Siehe Maßnahme HH5.

Beschreibung Die Landesregierung fördert ggf. ergänzend zur Bundesförderung in den kommenden Jahren die Sanierung von Stadtquartieren. Die Quartiere werden über einen Wettbewerb ausgewählt. Der energetische Zielstandard ist das Passivhausniveau, der verbleibende Restwärmebedarf wird über erneuerbare Energien oder Wärmenetze mit KWK bereitges-tellt. Ausgewählt werden dabei Sanierungskonzepte, die eine Minimierung der CO2-Emissionen bei bestmöglicher Kosteneffizienz erreichen. Die Fördervoraussetzungen umfassen ein kontinuierliches Monitoring und die Evaluation der Projekte. Ziel ist es, wei-tere Kommunen und Akteure zur Nachahmung zu gewinnen.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Es ist es notwendig, Sanierungsmaßnahmen verstärkt in der Fläche durchzuführen. Die Förderung der flächendeckenden Sanierung ganzer Stadtquartiere ist damit ein konse-quenter Schritt. Sanierungskonzepte für ganze Quartiere erlauben zudem die Erschlie-ßung neuer Versorgungskonzepte (z.B. gemeinsame Wärmeversorgung der sanierten Gebäude durch erneuerbare Energien über ein Nahwärmenetz).

THG-Einsparung CO2-Einsparung voraussichtlich insgesamt rund 0,1 Mio. t/a (bezogen auf 2007).

Maßnahme HH8 Förderung innovativer Sanierungskonzepte

Ziel Intensivierung der Sanierungsaktivitäten bei Wohngebäuden durch finanzielle Anreize

Sachstand Siehe Maßnahme HH5.

Beschreibung Gezielte Förderung innovativer Sanierungskonzepte (z.B. im Rahmen der Städtebauförde-rung, der Denkmalförderung oder der Wohnungsbauförderung) auf Passivhausniveau.

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Bevorzugt gefördert werden Konzepte, die die sanierungsbedingte Belastung der Bewoh-ner minimiert (z.B. industrielle Bauteilvorfertigung) sowie neuer bzw. weiterentwickelter Verfahren für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Die Entwicklung neuer Sanierungskonzepte hat eine wichtige strategische Bedeutung, da für viele Gebäudetypen mittelfristig die Sanierung auf Passivhausniveau angestrebt wer-den muss. Entsprechend hoch ist die strategische Bedeutung einer gezielten F&E-Förderung in diesem Bereich.

THG-Einsparung Für diese Maßnahme nicht explizit ausweisbar.

Maßnahme HH9 Informations- und Kommunikationsinstrumente für energieeffiziente Wohngebäude

Ziel Verbesserte Kenntnisse von Verbrauchern, Fachleuten und allgemeiner Öffentlichkeit zu Handlungsbedarf und -optionen zum Klimaschutz durch effiziente Wohngebäude

Sachstand Bei der energetischen Sanierung stehen vielfältige Informationsangebote für Verbraucher und weitere Akteure zur Verfügung. Mit der „Zukunft Haus“-Kampagne der dena sowie dem baden-württembergischen Programm „Zukunft Altbau“ werden auf breiter Ebene insbesondere Bürgerinnen und Bürger informiert. Weiterhin bestehen Direktberatungs-programme der Verbraucherzentralen und der BAFA sowie der baden-württembergische „EnergieSparCheck“. Das Informationszentrum Energie des Wirtschaftsministeriums Ba-den-Württemberg ist ein weiterer Baustein bei der Beratung und Information im Bereich der Energieeffizienz. Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden werden im Rahmen der Informationsbroschüre „Kulturdenkmal sanieren und Energie sparen“ über Möglichkei-ten einer denkmalverträglichen und gleichzeitig energieeffizienten Sanierung informiert. Daneben informieren Hersteller von Baustoffen /-leistungen sowie Fachzeitschriften. Den-noch besteht im Bereich der energetischen Sanierung nach wie vor ein hohes Informati-onsdefizit bzw. Verunsicherung über das zielführende Vorgehen.

Beschreibung Das Land Baden-Württemberg begleitet o.g. gebäudebezogenen Maßnahmen (Maßnah-men HH1 bis HH8) durch verstärkte Information und Kommunikation. Dabei sind neben der Fortführung der o.g. Aktivitäten insbesondere folgende Maßnahmen zu nennen:

1. Einführung eines standardisierten Ablaufs einer energetischen Sanierung in Baden-Württemberg

Der sinnvolle Inhalt und Ablauf von Sanierungen werden definiert und Anforderungen an die Qualität der Umsetzung beschrieben, um bei der Modernisierung von Wohngebäuden einen möglichst hohen energetischen Standard zu erreichen. Ziel ist, Modernisierungswil-lige anstelle von Einzelmaßnahmen zu möglichst umfassenden und effektiven Gesamtsa-nierungen zu bewegen. Denn nur so können energetisch sinnvolle Investitionen ausgelöst werden, die dann erhebliche Energieeinsparungen bewirken und die Fördermittel des Bundes ins Land holen. Empfehlungen in diesem standarisierten Ablauf sollen sein:

− Sanierungsniveau, das eine deutliche Überschreitung der jeweiligen gültigen EnEV in Anlehnung an die Standards“ KfW-Effizienzhaus“ angestrebt und dadurch langfristig den gesetzlichen Anforderungen genügt.

− Empfehlung für eine gewerkeübergreifende regelmäßige Kontrolle der Bauausführung

2. Qualitätssicherung bei der Durchführung von energetischen Sanierungen

Bewertung, Bündelung und Bewerbung etablierter Qualitätssicherungswerkzeugen von Handwerk und Industrie in Zusammenarbeit mit den Bauschaffenden.

3. Ausbau und Ergänzung der direkten Verbraucherberatung

Die Wirksamkeit des EnergieSparChecks wird ausgebaut. Dies umfasst folgende Aspek-

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te:

• Informations- und Akkreditierungskampagne bei Handwerkern, Architekten und Ingenieuren, welche als Multiplikatoren das Programm zum einen bei den Ver-brauchern bewerben und zum anderen selbst durchführen können

• Durchführung einer abgestimmten, an den Verbraucher gerichteten Marketing-kampagne, welche die Bekanntheit und Inanspruchnahme der unterschiedlichen Beratungsangebote (EnergieSparCheck, ggf. zusätzliche Anreize zum Kauf von besonders energieeffizienten Haushaltsgeräten, HH10) stimuliert.

• Erstellung einer Broschüre „10 Schritte zum klimafreundlichen Haushalt“

4. Erstellung regionaler/kommunaler Heizspiegel

Das Land wirkt darauf hin, dass flächendeckend regionale bzw. kommunale Heizspiegel erstellt werden. In Abstimmung mit den Kommunen und Kreisen wird dabei geklärt, wel-cher Detaillierungsgrad erreichbar bzw. sinnvoll ist. Sollte die Zielvorgabe nicht bis 2014 auf Basis freiwilliger Kooperationen gemeinsam mit Kommunen, Wohnungsbaugesell-schaften, Vermieterverbänden etc. zufriedenstellend umgesetzt werden können, so wird alternativ eine ordnungsrechtliche Regelung für die Einführung der Heizspiegel ergriffen.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung im Bereich der Energiestandards bei Neubauten und Sanie-rungen vgl. die Maßnahmen HH1, HH4 sowie HH8.

THG-Einsparung Die Informations- und Kommunikationsmaßnahmen sind wichtige flankierende Maßnah-men zu den ordnungsrechtlichen und finanziellen Instrumenten ohne eigenständigen THG-Einspareffekt.

Maßnahme HH10 Zusätzliche Anreize zum Kauf besonders energieeffizienter Haushaltsgeräte

Ziel Reduktion des Stromverbrauchs in privaten Haushalten durch effizienzorientiertes Nut-zerverhalten und optimierte Geräteauswahl

Sachstand Ca. 10% der energiebedingten Emissionen in deutschen Haushalten werden durch den Stromverbrauch der privaten Haushalte verursacht. In den vergangenen Jahren war der Stromverbrauch noch immer steigend – in Baden-Württemberg zwischen 1990 und 2007 um 23%. Die technologischen Effizienzgewinne elektrischer Geräte werden durch höhere Ausstattungsraten und längere Betriebszeiten mehr als ausgeglichen.

Der maßgebliche Rahmen hinsichtlich des Gerätedesigns wird durch die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG für energiebetriebene bzw. energieverbrauchsrelevante Produkte gesetzt, auf deren Basis besonders ineffiziente Geräte aus dem Markt ausgeschlossen werden. Dies geschieht in Form von konkretisierenden Richtlinien, bspw. der Standby-Verordnung VO (EG) 1275/2008 oder dem Glühlampenverbot durch VO (EG) 244/2009. Das wesentliche Instrument zur Verbesserung der Verbraucherinformation und zur Sen-kung des durchschnittlichen Stromverbrauchs sind die Kennzeichnungsregelungen für viele elektrische Geräte durch das Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz und die zugehörige Verordnung (EnVKG und EnVKV).

Wesentliche Instrumente zur Verbraucherschulung und –information sind allgemeine Informationskampagnen wie die Initiative EnergieEffizienz der dena, an deren Durchfüh-rung in Baden-Württemberg die KEA beteiligt ist, sowie die Kampagne EcoTopTen, die das Öko-Institut mit Förderung verschiedener Stellen durchführt. Direkte Verbraucherbe-ratung findet bspw. im Rahmen von Vor-Ort-Beratungen gefördert durch die BAFA oder mit stationären Beratungen durch die Verbraucherzentralen statt.

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Beschreibung Das Land prüft, wie durch europaweite Standards der Kauf besonders energieeffizienter Geräte (Kühl-/Gefriergeräte, Trockner, Gasherd, Heizungspumpen) wirksam stimuliert werden kann. In Betracht kommen neben Informationskampagnen und Vor-Ort-Beratungen auf nationaler Ebene auch finanzielle Anreize (Kaufprämien, Steuerermäßi-gung). Hierzu werden insbesondere die Wirkungen der Ökodesign-Richtlinie, ggf. in Koo-peration mit betroffenen Unternehmen, ausgewertet und geprüft, wie die Standards weiter entwickelt werden sollten.

Zielgruppe Private Haushalte

Technisches Potenzial

Der Stromverbrauch privater Haushalte in Baden-Württemberg lag 2007 bei ca. 20 TWh. Die genannten Maßnahmen sind von großer Bedeutung um den bisherigen Trend eines steigenden Strombedarfs der privaten Haushalte zu brechen. Die Maßnahmen haben mit eine Wirkungsdauer von 3-10 Jahren (Verhaltensänderungen) bzw. 12-20 Jahren (inves-tive Maßnahmen für Haushaltsgeräte.

THG-Einsparung Es ergibt sich eine Minderung des Stromverbrauchs um 0,26 TWh/a. Dies entspricht einer Minderung der jährlichen CO2-Emissionen um ca. 0,12 Mio. t/a.

Maßnahme HH11 Informative und verbraucherfreundliche Stromrechnungen

Ziel Reduktion des Stromverbrauchs in privaten Haushalten durch effizienzorientiertes Nut-zerverhalten

Sachstand Die Einführung intelligenter Stromzähler wird durch das novellierte Energiewirtschaftsge-setz (EnWG) geregelt, womit zumindest auf längere Sicht eine wichtige Voraussetzung für zeitnahes und detailliertes Feedback für die Verbraucher zu ihrem Strombedarf ge-schaffen wird. Derzeit wird die innovative Nutzung von intelligenten Zählern (z.B. durch Kombination mit speziellen Tarifen) im Rahmen verschiedener Pilotprojekten getestet.

Beschreibung Das Land will auf breiterer Ebene das Bewusstsein privater Haushalte für ihren Strom-verbrauch verbessern, indem der eigene Verbrauch transparenter dargestellt wird. Hierfür strebt das Land mit den wesentlichen in Baden-Württemberg tätigen Energieversorgern eine Selbstverpflichtung an, informative und verbraucherfreundliche Stromrechnungen zu verwenden. Gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg werden hierfür wesentliche Mindestvorgaben zu Gestaltungsmerkmalen und Informationsgehalt definiert, die z.B. die Ausweisung der Vorjahreswerte oder repräsentativer Vergleichswerte umfas-sen können. Als Vorbild dienen u.a. die Beiträge zum Wettbewerb „Innovative Stromrech-nungen“ des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg aus dem Jahr 2009. Das Land unterstützt dieses Angebot der Energieversorger durch eine gezielte Informationskam-pagne zu den Inhalten der Stromrechnungen. Die Informationskampagne führt dabei eine eingängige Marke oder einen Slogan ein, auf welchen teilnehmende Energieversorger verweisen können, so dass diese Energieversorger direkt an die Kampagne des Landes anknüpfen können.

Des Weiteren werden Energieversorger sowie sonstige Energiedienstleister bei der In-stallation von Smart Metern und ggf. der Durchführung von Feldversuchen unterstützt.

Zielgruppe Private Haushalte

Technisches Potenzial

Siehe Maßnahme HH9.

THG-Einsparung Es ergibt sich eine Minderung des Stromverbrauchs um 0,1 TWh/a. Dies entspricht einer Minderung der CO2-Emissionen um ca. 45.000 t/a.

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Maßnahme HH12 Novellierung des EWärmeG

Ziel Umstellung der Raumwärme- und Warmwassererzeugung von Wohngebäuden auf er-neuerbare Energien

Sachstand Der Endenergieverbrauch für die Raumwärme- und Warmwassererzeugung wird derzeit durch Erdgas und Heizöl dominiert. In Baden-Württemberg verfügen aber auch knapp 6% aller Wohnungen (rund 290.000 Wohnungen) über eine Stromheizung (vorwiegend elekt-rische Speicherheizungen). In 2008 lag der Anteil der erneuerbaren Energien am End-energieverbrauch für Wärme in Baden-Württemberg bei rund 8,7%.

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, den Anteil erneuerbare Energien am Endenergie-verbrauch für Wärme bis zum Jahr 2020 auf 14% zu erhöhen. In Baden-Württemberg soll der erneuerbare Anteil auf mindestens 16% angehoben werden. Im Bereich des Ord-nungsrechts regeln den Einsatz erneuerbarer Energien bei Wohngebäuden das EEWär-meG des Bundes (anzuwenden insbesondere für Neubauten) bzw. das EWärmeG des Landes, das auch Anforderungen an den Gebäudebestand enthält.

Beschreibung Mit dem EWärmeG ist Baden-Württemberg Vorreiter bei der Gesetzgebung zum Einsatz erneuerbarer Energien bei der Wärmeversorgung. Diese Position will das Land nutzen, um die Diskussion zur Weiterentwicklung des EEWärmeG des Bundes aktiv mit zu gestal-ten. Die Landesregierung wird nach §4(9) EWärmeG dem Landtag bis 2011 einen Erfah-rungsbericht vorlegen und auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen auf Bundesebene ggf. einen Vorschlag für die Weiterentwicklung des EWärmeG vorlegen. Ziel ist es, dabei den Anteil regenerativ erzeugter Wärme konse-quent zu erhöhen und das EWärmeG in seiner Anwendung weiter zu optimieren.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Angesichts der Notwendigkeit, den Anteil erneuerbarer Energien an der Raumwärme- und Warmwassererzeugung jenseits des Jahres 2020 erheblich weiter zu steigern, hat die Ausgestaltung des EWärmeG eine strategisch wichtige Bedeutung. Dabei sind auch die Regelungen zur Nutzung flüssiger und gasförmiger Biomasse zu überdenken.

THG-Einsparung Je nach Ausgestaltung der Novelle des EWärmeG: CO2-Einsparungen in Höhe von bis zu 0,07 Mio. t/a.

Maßnahme HH13 Informationskampagne zum Austausch von Stromheizungen

Ziel der Maßnah-me

Umstellung der Raumwärme- und Warmwassererzeugung von Wohngebäuden auf er-neuerbare Energien

Sachstand Siehe Maßnahme HH11.

Beschreibung Die Landesregierung wird darauf hinwirken, den mit der EnEV 2009 langfristig angelegten Austauschpfad für Elektrospeicherheizungen durch die Information der Gebäudeeigentü-mer über wirtschaftiche Alternativen zu beschleunigen. Damit wird das Ziel verbunden, in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2020 einen großen Teil aller Stromheizungen auszutau-schen.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs in Wohngebäu-den für die Klimaschutzziele des Landes vgl. Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Austausch Stromheizungen: Bei Austausch der Hälfte aller Stromheizungen in Baden-Württemberg ließe sich der Strombedarf bis 2020 um voraussichtlich rund 2,2 TWh/a reduzieren. Unter Verwendung eines Emissionsfaktors von 449 g/kWh entspricht dies einer CO2-Einsparung von rund 0,6 Mio. t/a).

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Maßnahme HH14 Förderinstrumente zum Einsatz optimierter Heizungstechnik

Ziel der Maßnah-me

Intensivierung des Einsatzes erneuerbarer Energien bei der Raumwärme- und Warmwas-serversorgung bei Wohngebäuden

Sachstand In Deutschland sind mehr als 40% aller Heizungsanlagen älter als 15 Jahre und mehr als 15% aller Anlagen älter als 20 Jahre. In Baden-Württemberg dürften damit noch rund 350.000 Heizkessel in Betrieb sein, die älter als 20 Jahre sind. Dies belegt das erhebliche Einsparpotenzial bei der Raumwärme- und Warmwassererzeugung. Als zentrales Förder-instrument für den Einsatz erneuerbarer Wärmeenergien in bestehenden Gebäuden fun-giert das Marktanreizprogramm (MAP) des Bundes. Dieses hat im Jahr 2009 mit einem Fördervolumen von rund 420 Mio. EUR Investitionen in Höhe von rund 3 Mrd. EUR ausge-löst. Das Programm wird insbesondere von den Gebäudeeigentümern in Baden-Württemberg überdurchschnittlich gut angenommen.

Beschreibung Aufstockung MAP des Bundes. Im Rahmen der Novellierung des EEWärmeG des Bundes setzt sich die Landesregierung in Form einer Bundesratsinitiative dafür ein, das über das MAP zur Verfügung stehende Fördervolumen gesetzlich auf mindestens 500 Mio. EUR pro Jahr festzuschreiben.

Zielgruppe Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs in Wohngebäu-den für die Klimaschutzziele des Landes vgl. Maßnahme HH1.

THG-Einsparung Aufstockung MAP: CO2-Einsparungen in Baden-Württemberg in Höhe von voraussichtlich rund 0,2 Mio. t/a pro Jahr der Aufstockung. Bei Inkrafttreten der Aufstockung in 2013 lägen die Einsparungen damit in 2020 bei rund 1,4 Mio. t/a (bezogen auf 2007).

Maßnahme HH15 Informations- und Kommunikationsinstrumente zum Einsatz und zur Finanzierung optimierter Heizungstechnik

Ziel Verbesserte Kenntnisse von Verbrauchern und Fachleuten über optimierte Heizungstech-nik und somit eine erhöhte Umsetzung entsprechender Investitionen

Sachstand Vgl. zunächst HH9.

Neben effizienter Dämmung ist eine optimierte Heizungstechnik auf Basis effizienter Technologien und erneuerbarer Energiequellen maßgeblich, um die gebäudebedingten CO2-Emissionen im Haushaltssektor zu reduzieren. Viele der Informations- und Kommu-nikationsmaßnahmen hinsichtlich optimierter Heizungstechnik auf Bundes- und Landes-ebene gehen einher mit den entsprechenden Angeboten bzgl. energieeffizienter Wohnge-bäude, z.B. die Kampagne „Zukunft Haus“ der dena. Spezifische Angebote auf Landes-ebene umfassen bspw. das Informationszentrum Energie des Wirtschaftsministeriums, welches sich sowohl an Verbraucher als auch an Fachleute der Baubranche richtet und die Qualifizierungskampagne erneuerbare Energien durchführt, welche durch Vorträge und Informationsveranstaltungen auf eine verbesserte Qualifizierung von Fachleuten abzielt.

Beschreibung Die bisher laufenden Informationsangebote werden weiterhin erhalten. Hierbei ist insbe-sondere auf eine gute Quervernetzung zwischen den einzelnen Kampagnen zu achten. Dies wird ergänzt durch folgende Maßnahmen:

1. Schwerpunktkampagnen:

Zusätzlich initiiert das Land einzelne zielgerichtete Schwerpunktkampagnen. Solche Schwerpunktkampagnen könnten beispielsweise folgende Themen umfassen:

a) Fortbildung energieoptimierte Heizungstechnik: Fortbildungsprogramm für Planer, Heizungsinstallateure und Hausmeister zu Fragen der energetischen Optimierung von Heizungsanlagen. Ein wesentliches Fortbildungselement besteht in der korrek-ten hydraulischen Einregulierung (hydraulischer Abgleich) der Heizungsanlagen.

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b) Informationskampagne Heizungspumpe: Informationskampagne, in deren Rah-men sowohl Gebäudeeigentümer als auch Mieter zum einen für den Stromverbrauch von Heizungspumpen sensibilisiert, zum anderen die (v.a. kostenseitigen) Einspar-potenziale durch einen Pumpenaustausch plakativ aufgezeigt werden.

2. Modellprojekt „Energiesaniteur“

Das Land wird gemeinsam mit der Handwerkskammer die Entwicklung der fachübergrei-fenden Berufsqualifikation „Energiesaniteur“ initiieren. Dabei wird geprüft, ob dies als eigenständiges Berufsbild oder als Zusatzqualifikation für einschlägige Handwerksberufe sinnvoll ist. Ziel dieser Maßnahme sind verstärkte Kompetenzen im Bereich der gewerke-übergreifenden Qualitätssicherung bei Sanierungen und Neubauten.

3. Mikrocontracting Heizungspumpe und energieoptimierte Heizungstechnik

Das Land initiiert Pilotprojekte zur Anwendung von Microcontracting durch lokale Hand-werksbetriebe für den Einbau effizienten Heizungspumpen und energieoptimierter Hei-zungstechnik. Hierbei werden genaue Mechanismen zur Abwicklung entwickelt und Er-folgsfaktoren identifiziert.

Auf Basis positiver Ergebnisse wird ein Leitfaden zur Durchführung eines solchen Prog-ramms erstellt und die notwendigen Begleitmaßnahmen getroffen (z.B. Regelung zur Ausfallbürgschaft).

Zielgruppe Bauherren und Bauhandwerker sowie Eigentümer von Wohngebäuden

Technisches Potenzial

Zur strategischen Bedeutung von Maßnahmen im Bereich der Heizungstechnik siehe die Maßnahmen HH12 bis HH14.

THG-Einsparung Siehe HH12 bis HH14. Die Informations- und Kommunikationsmaßnahmen dienen der Realisierung der Potenziale, welche z.B. durch o.g. ordnungsrechtliche und finanzielle Instrumente erschlossen werden sollen.

Öffentlicher Sektor

Die Maßnahmenvorschläge im öffentlichen Sektor fokussieren auf die Energieeinsparungen und die Nutzung erneuerbare Energien in den Liegenschaften des Landes und der Kommu-nen (Maßnahmen ÖS03 bis ÖS06). Maßnahmen zur Reduktion des Strombedarfs, zur Be-schaffung energieeffizienter Produkte und von Ökostrom finden sich in Maßnahme ÖS02.

Maßnahme ÖS1 Gebäudebezogene und übergreifende Maßnahmen bei Landesliegenschaften

Ziel Reduktion der gebäudebezogenen Emissionen bei Landesliegenschaften durch Investi-tionen in Energieeinsparmaßnahmen

Sachstand Das Land Baden-Württemberg verfügt über einen Gebäudebestand von ca. 8.000 Ge-bäuden mit einer Nettogrundfläche in Höhe von 11,5 Mio. m². 78 % der Gebäude wurden vor 1978 erbaut, weitere 15 % aus der Zeit zwischen 1978 und 1995, womit bei den Lan-desliegenschaften ein hohes Sanierungspotenzial gegeben ist. Der Energiebedarf der Landesliegenschaften betrug im Jahr 2008 ca 1.300 GWh für Wärme (witterungsbereinigt) sowie 790 GWh für Strom. Die damit verbundenen CO2-Emissionen betrugen ca. 0,5 Mio. Tonnen. Seit 1990 konnten die Emissionen um fast 25 % gesenkt werden. Die jährlichen Kosten für Wärme und Strom betrugen dabei im Jahr 2008 ca. 210 Mio. EUR. Die Bau-ausgaben des Landes betrugen über 500 Mio. EUR.

Die Landesregierung hat 2008 ein Konzept zur energetischen Sanierung und zum Einsatz erneuerbarer Energien beschlossen. Unter Einsatz einer zusätzlichen jährlichen Investiti-onssumme in Höhe von 25 Mio. € sollen die CO2-Emissionen bis 2020 um 35 % und bis

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2030 um 43 % bezogen auf 1990 reduziert werden. Die zusätzlichen Mittel sollen ab dem Jahr 2010 zur Verfügung stehen. In den 2009 angelaufenen Konjunktursonderprogram-men mit einem Gesamtvolumen von ca. 330 Mio. € für den Landesbau sind zusätzlich etwa 100 Mio. € für energetische Sanierungsmaßnahmen im Bestand enthalten.

Diese finanzielle Ausstattung wird durch weitere Maßnahmen begleitet, wie bspw. die Berücksichtigung alternativer Finanzierungsformen (Contracting, Intracting/VIRE). Bei umfassenden Sanierungsmaßnahmen wird unter Beachtung wirtschaftlicher Kriterien der energetische Standard von Neubauten angestrebt. Bei allen großen Baumaßnahmen soll der Einsatz erneuerbarer Energien geprüft werden, wobei diese bei der Wirtschaftlich-keitsberechung einen Bonus von 20 % erhalten. Bei Neubauten soll eine frühzeitige Fest-legung und Kontrolle energetischer Ziele stattfinden. Zudem sind vertragliche Vereinba-rungen mit den Planern über Garantien zum Energieverbrauch geplant. Das Energiema-nagement wird durch Benchmark-Untersuchungen verschiedener Gebäudegruppen, ver-bessertes automatisiertes Monitoring sowie Schulungen für das Betriebspersonal verbes-sert.

Beschreibung Zusätzlich zu den laufenden Maßnahmen unternimmt das Land Baden-Württemberg fol-gende Aktivitäten:

1. Ausweitung der energetischen Sanierung von Landesliegenschaften

Das Land Baden-Württemberg will bei seinen eigenen Liegenschaften eine Vorbildfunkti-on einnehmen und strebt daher an, die für das Land insgesamt festgelegten Klimaschutz-ziele im eigenen Bereich zu erfüllen. Das Konzept zur energetischen Sanierung und zum Einsatz erneuerbarer Energie bei Landesliegenschaften wird umgesetzt

2. Anwendung allgemeiner Sanierungs- bzw. Neubaustandards für Einzelmaßnahmen der Landesliegenschaften

Die Landesregierung wird prüfen, inwiefern die Anwendung allgemeiner Sanierungs- bzw. Neubaustandards (entsprechend eines „Sanierungsstandard BW“, siehe Maßnahme HH9) zielführend ist. Wichtige neu zu errichtende Gebäude mit öffentlicher Breitenwirkung sol-len nach Wirtschaftlichkeitsprüfung mit einem höheren energetischen Standard als ge-setzlich vorgeschrieben erstellt werden. Für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Einzelmaßnahmen soll geprüft werden, inwieweit analog zur Praxis bei Gebäudepools für Contracting mehrere Maßnahmen gebündelt betrachtet werden können. Allgemein soll bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung eine Lebenszykluskostenanalyse durchgeführt werden.

3. Verstärkte Rolle innovativer Finanzierungsmodelle

Um Finanzierungsengpässen zu begegnen, wird die verstärkte Anwendung alternativer Finanzierungsformen unterstützt. Hierzu zählen Energiespar- Contracting, Energieliefer-Contracting und verwaltungsinterne Refinanzierung (VIRE).

Zielgruppe Öffentlichkeit; Beschäftigte des Landes

Technisches Po-tenzial der Maß-nahme

Der Wärmeverbrauch der öffentlichen Liegenschaften des Landes in Höhe von 1.300 GWh/a verursacht CO2-Emissionen in Höhe von ca. 0,28 Mio. t/a. Dementspre-chend sind die absoluten Wirkungen dieser Maßnahme begrenzt. Die entscheidende Bedeutung liegt jedoch in der Vorbildwirkung des Landes.

THG-Einsparung Durch erhöhte investive Maßnahmen kann eine Reduktion der CO2-Emissionen in der Größenordnung von mindestens 0,07 Mio. t/a bis 2020 angenommen werden.

Maßnahme ÖS2 Effizientes Nutzerverhalten und Beschaffung im Bereich elektrischer Anwendungen und erneuerbare Stromversorgung in öffentlichen Liegenschaften

Ziel der Maßnahme Emissionsminderungen durch energiesparendes Verhalten der Mitarbeiter und sonstigen Nutzer von Landesliegenschaften, Beschaffung energieeffizienter Geräte

Sachstand Siehe zunächst ÖS1.

Das Land Baden-Württemberg hat über das Pilotprojekt „Energiepartnerschaft“ Konzepte

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zur Nutzersensibilisierung von Mitarbeitern entwickeln lassen. Die Vermögens- und Hoch-bauverwaltung stellt Arbeitshilfen zur Verfügung und bietet Fortbildungen an, bspw. für Betriebspersonal. Der Einbau von Präsenzmeldern und Zeitsteuerungen, welche zur be-darfsgerechten Steuerung von Beleuchtung und Beheizung genutzt werden können, ist im Zusammenhang mit anstehenden Baumaßnahmen vorgesehen. Öko-Audits für Gebäude der Ministerien und des Landtags wurden bereits im Klimaschutzkonzept 2010 vorgese-hen, bisher aber nur vereinzelt umgesetzt. Ein Energie- und Kostencontrolling findet gene-rell statt, jedoch ist nur ein jährliches Feedback vorgesehen. Für bestimmte Liegenschaf-ten mit vergleichbarer Nutzung findet ein Benchmarking statt.

Die Beschaffung von Bedarfsgegenständen (bspw. von EDV-Ausstattung) erfolgt i.d.R. zentral über das Logistikzentrum Baden-Württemberg.

Beschreibung 1. Anwenderschulung und –feedback

Neben der technischen Ausstattung kommt im Bereich des Stromverbrauchs dem Nutzer-verhalten eine Schlüsselrolle zu. Zur Mobilisierung von Einsparpotenzialen ist eine direkte Anwendersensibilisierung verbunden mit individuellem Verbrauchsmonitoring sinnvoll. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Verwaltungs- und sonstigen Bürogebäuden. Das Feedback-programm wird mit weiteren Elementen eines praktisch anwendbaren Anreizsystems zum Energiesparen kombiniert.

2. Präsenzmelder und Zeitsteuerungen für Beleuchtung und Beheizung

Präsenzmelder und Zeitsteuerungen lassen sich in vielen Fällen in Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen wirtschaftlich einsetzen. Bei der Errichtung von Neubauten ist diese Technik bereits je nach Nutzungsart wirtschaftlich. Bei landeseigenen Baumaß-nahmen soll diese Technologie deshalb in den nächsten Jahren umfassend eingesetzt werden unter Beachtung wirtschaftlicher Kriterien..

3. Beschaffung

Das Land erstellt regelmäßig aktuelle gerätespezifische Gerätelisten, auf denen die Best-geräte unter energetischen und ökologischen Gesichtspunkten aufgeführt sind. Dies gilt insbesondere für Geräte im Bereich der IT (Server, stationäre und tragbare Rechner, Peripheriegeräte), deren Verbrauch derzeit weiterhin ansteigt. Bei der Wirtschaftlichkeits-betrachtung werden die Lebenszykluskosten zugrunde gelegt. Die erstellten Listen sollen sowohl durch das Logistikzentrum Baden-Württemberg (LZBW) sowie die einzelnen Dienststellen in der landeseigenen Beschaffung angewendet werden als auch öffentlich (bspw. für die Kommunen) zur Verfügung gestellt werden.

Maßnahmentyp Aufklärung und Information, Beschaffungswesen

Technisches Po-tenzial der Maß-nahme

Der Stromverbrauch der öffentlichen Liegenschaften des Landes beträgt ca. 790 GWh/a. Dies entspricht ca. 1% des gesamten Stromverbrauchs in Baden-Württemberg. Die zu erwartenden absoluten Effekte von Einsparmaßnahmen sind also begrenzt. Die entschei-dende Bedeutung liegt jedoch in der Vorbildwirkung des Landes, womit durch erhöhte Akzeptanz und Motivation die Realisierung der allgemeinen Klimaschutzziele in Bevölke-rung und Wirtschaft des Energieverbrauchs unterstützt wird.

THG-Einsparung Durch die o.g. Maßnahmen ergibt sich eine direkte Reduktion des Stromverbrauchs um ca. 75 GWh/a. Dies entspricht einer CO2-Emissionsminderung in Höhe von ca. 34.000 t/a.

Der entscheidende Effekt der Maßnahmen liegt in der Vorbildwirkung des Landes.

Maßnahme ÖS3 Ökostrombezug bei Landesliegenschaften

Ziel Reduktion der strombezogenen Emissionen bei Landesliegenschaften durch den Bezug qualitativ hochwertigen Ökostroms und zugleich Unterstützung des Ausbaus der erneuer-baren Energien.

Sachstand Einzelne Lose der zweijährlich stattfindenden zentralen Stromausschreibung werden für Ökostrom vergeben, z.T. mit Neuanlagenkriterien.

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Beschreibung Der Strombedarf für einen großen Teil der Dienststellen des Landes wird zentral im zwei-jährigen Turnus europaweit ausgeschrieben. Es werden bisher mindestens 20 % der Vergabemenge als Ökostrom ausgewiesen. Das Land strebt einen weiteren Ausbau des Ökostrombezugs an, soweit Ökostrom zu wirtschaftlichen Konditionen bezogen werden kann. Um einen zusätzlichen Umweltnutzen sicher zu stellen, wurden Anforderungen an das Maximalalter der Stromerzeugungsanlagen für Ökostrom gestellt.

Zielgruppe Öffentlichkeit; Beschäftigte des Landes

Technisches Po-tenzial

Siehe ÖS2.

THG-Einsparung Durch die Umstellung auf qualitativ hochwertigen Ökostrom kann eine Reduktionswirkung bei den tatsächlichen CO2-Emissionen angenommen werden.

Maßnahme ÖS4 Nutzerorientierte Maßnahmen bei Landesliegenschaften

Ziel der Maßnahme Reduktion der gebäudebezogenen Emissionen bei Landesliegenschaften durch optimier-tes Verbraucherverhalten

Sachstand Siehe Maßnahme ÖS2.

Beschreibung Zusätzlich zu den laufenden Maßnahmen unternimmt das Land Baden-Württemberg fol-gende Aktivitäten:

1. Anwenderschulung und –feedback (siehe auch Maßnahmenpakte ÖS2)

Kombiniert mit Maßnahme 1 im Maßnahmenpaket ÖS2 wird auf höher aggregierter Ebe-ne (Gebäude bzw. Betriebseinheiten) die Erstellung von Verbrauchskennlinien und typ-spezifischen Benchmarks vorangetrieben. Eine Information der Beschäftigten erfolgt kurz-fristig mit Vergleich zum Vorjahresverbrauch bzw. zu Kennzahlen vergleichbarer Institu-tionen. Hierfür erfolgt eine Ausweitung der Ausstattung der landeseigenen Gebäude mit Energiemanagementsystemen zur Erfassung der Energieverbräuche.

Zielgruppe Beschäftigte des Landes

Technisches Po-tenzial

Siehe Maßnahme ÖS2.

THG-Einsparung Für die Verhaltensänderungen der Nutzer und sonstige Maßnahmen kann von einer mög-lichen CO2-Reduktion in Höhe von ca. 0,01 Mio. t/a ausgegangen werden. Der entschei-dende Effekt der Maßnahmen liegt in der Vorbildwirkung des Landes.

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Maßnahme ÖS5 Energetische Optimierung in Liegenschaften der Kommunen

Ziel Reduktion der Emissionen durch Liegenschaften der Kommunen in Baden-Württemberg

Sachstand Der Energieverbrauch kommunaler Liegenschaften in Baden-Württemberg macht 3 % des gesamten Energieverbrauchs des Landes aus und verursacht jährlich CO2-Emissionen in Höhe von ca. 1,7 Mio. t. Kommunen haben aufgrund ihrer Vorbildfunktion und lokalen Vernetzung eine besondere Bedeutung bei der Durchführung von Klimaschutzmaßnah-men. Aufgrund bestehender Arbeitszusammenhänge im Rahmen der öffentlichen Verwal-tung und in weiten Teilen ähnlich gelagerter Strukturen hinsichtlich der eigenen Liegen-schaften eröffnen sich viele Synergieoptionen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen Land und Kommunen. Empfehlungen für Bau, Sanierung und Betrieb von Verwaltungsge-bäuden lassen sich direkt auf Kommunen übertragen, ebenso wie viele Aspekte der Be-schaffung energierelevanter Güter.

Beschreibung 1. Initiative zum Wissenstransfer

Das Land will den Wissenstransfer sowohl des eigenen Know-Hows hin zu den Kommu-nen als auch für den Austausch zwischen den Kommunen verstärken. Für den Wissens-transfer eignen sich beispielsweise die Bereiche Energiemanagement, Leitlinien und Konzepte für Sanierungsstandards und -strategien, Contractingleitfäden sowie Beschaf-fungsrichtlinien. Dazu sollen die bestehenden Strukturen (Agenda-Büro, KEA, Umwelt- und Finanzministerium) überprüft und ggf. ausgebaut werden.

2. Schwerpunktkampagne alternative Finanzierungsformen

Das Land wird einen umfassenden Leitfaden für Kommunen zu Contracting, Intracting und Public-Private-Partnerships erstellen. Dabei soll die Evaluierung von Contractingpro-jekten einfließen.

Weiterhin wird geprüft, inwiefern in der Landesförderung z.B. durch das Klimaschutz-Plus-Programm alternative Finanzierungsformen als (begünstigendes) Kriterium berücksichti-gen und somit deren Anwendung unterstützen kann.

Zur Vermeidung von Unsicherheiten bei der Genehmigung entsprechender Finanzie-rungsmodelle durch die Kommunalaufsicht soll ein einheitliches Bewertungsraster entwi-ckelt und der Kommunalaufsicht zur Verfügung gestellt werden.

Zielgruppe Kommunen in Baden-Württemberg und deren Schulen

Technisches Po-tenzial der Maß-nahme

Die energiebedingten CO2-Emissionen der kommunalen Liegenschaften betragen in Ba-den-Württemberg ca. 1,7 Mio. t/a. Die entscheidende Bedeutung liegt in der öffentlichen Vorbildwirkung.

THG-Einsparung Die genannten Maßnahmen unterstützen die Kommunen bei der Entfaltung eigener Kli-maschutzaktivitäten. Eine gesonderte Bezifferung der hierdurch bewirkten CO2-Emissionsminderungen ist nicht sinnvoll.

Anmerkungen Vgl. hierzu auch das Kapitel 4.2 Kommunaler Klimaschutz.

Maßnahme ÖS6 Klimaschutzpläne für Schulen

Ziel der Maßnahme Reduktion der Emissionen durch Schulen in Baden-Württemberg, Bewusstseinsbildung bei Schülern und Lehrern

Sachstand Das Umweltministerium sowie das Kultusministerium fördern – insbesondere im Rahmen der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung 2005-2014“ – Umweltbildung für eine nachhaltige Entwicklung. Die vorgeschlagene Maßnahme kann als ein weiterer Baustein in diesem Programm betrachtet werden, um langfristig Bewusstseinsbildung, Eigeninitiative und die Übernahme von Verantwortung bei Schülern zu fördern und konk-ret an den Schulen in Baden-Württemberg Emissionen zu mindern.

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Beschreibung Das Land verstärkt seine Bemühungen, Wissen, Bewusstseinsbildung und Eigeninitiative zum Thema Klimaschutz im Schulunterricht stärker zu verankern und unterstützt gleich-zeitig Kommunen bei der Emissionsminderung in Schulgebäuden.

Schulen werden durch Leitfäden und Vor-Ort-Besuche von Experten angeregt und unter-

stützt, eigene Klimaschutzpläne zu entwickeln. Diese sollen neben der Zuweisung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auch eine Energiebilanz, definierte Ziele sowie einen Maßnahmenkatalog mit Zeitplan enthalten. Grundlage hierfür ist die Gründung von Projektgruppen aus Lehrern und Schülern sowie ggf. Hausmeistern, die Erfassung der relevanten Verbrauchskennzahlen sowie die Identifikation und Durchführung geeigneter Einzelmaßnahmen. Hierbei soll Wert auf gute Dokumentation und Monitoring gelegt wer-den, um den Wissensverlust durch den Abgang einzelner Schüler oder Lehrer abzumil-dern und Kontinuität sicherzustellen.

Die Vernetzung und der Wissensaustausch zwischen einzelnen Schulen soll bspw. im Rahmen regelmäßiger Treffen (jährliche Workshops) der Projektgruppen oder durch Wettbewerbe gefördert werden.

Durch die Öffentlichkeitswirksamkeit solcher Veranstaltungen wird außerdem ein Anreiz für die Schulleitung gesetzt, die entsprechenden Aktivitäten zu unterstützen. Ziel ist es, dass bis zum Jahr 2013 mindestens 50 % aller allgemeinbildenden öffentlichen Schulen einen Klimaschutzplan erstellt haben.

Zielgruppe Lehrer und Schüler sowie die Kommunen als Trägerinstitutionen

Technisches Po-tenzial

Die energetischen Einsparpotenziale an Baden-Württembergs Schulen betragen im Wär-mebereich ca. 15 GWh/a sowie ca. 5 GWh/a im Strombereich.

THG-Einsparung Die direkten Emissionsminderungen sind begrenzt. Die entscheidende Bedeutung der Maßnahme liegt jedoch in der öffentlichen Vorbildwirkung.

3.3.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Die in den vorstehenden Abschnitten vorgeschlagenen Maßnahmenpakte adressieren alle für den Klimaschutz relevanten Bereiche des Energieverbrauchs der privaten Haushalte und des öffentlichen Sektors.

Die großen und strategisch besonders wichtigen Potenziale der Energieeinsparung durch Sanierungen bestehender Gebäude und durch die Verbesserung von Heizungsanlagen in diesen Gebäuden müssen vor allem durch ordnungsrechtliche Maßnahmen und finanzielle Förderangebote des Bundes adressiert werden. Das Land kann insbesondere durch eine Verbesserung des Vollzugs der Vorschriften der Energieeinsparverordnung sowie die Flan-kierung der Maßnahmen des Bundes durch gezielten Einsatz von Ordnungsrecht, Kommuni-kation und Information sowie Fördermitteln in den Bereichen, wo die Maßnahmen des Bun-des nicht ausreichend sind oder sein können, flankierend tätig werden.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden in einigen Bereichen, z.B. der Entwicklung effi-zienterer Haushaltsgeräte, durch eine den Klimaschutz fördernde Trendentwicklung unters-tützt. Andere Effekte, wie die voraussichtlich weiterhin steigenden Bedürfnisse in Bezug auf die beheizte Wohnfläche pro Person wurden, ebenfalls berücksichtigt.

In Summe kann der Endenergiebedarf der privaten Haushalte durch die Trendentwicklung und die dargestellten Maßnahmen um etwa 25 % reduziert werden, vgl. Fehler! Verweisquel-le konnte nicht gefunden werden.Abbildung 24. Zudem kommt es zu einer deutlichen Ver-schiebung der Anteile der einzelnen Energieträger.

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Der Anteil von Gas geht von 36 % auf ca. 33 % nur leicht zurück. Dagegen verliert Heizöl deutlich von 28 % im Jahr 2007 auf nur noch knapp 20 % im Jahr 2020. Bei insgesamt sin-kendem Energiebedarf steigt der Anteil von Strom leicht von 22 % auf 24 %. Der Anteil der erneuerbaren Energien verdoppelt sich von gut 7 % auf knapp 16 %.

Unter Verwendung des für Baden-Württemberg spezifischen CO2-Emissionsfaktors für Strom ergibt sich aus den Daten der Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden wer-den.Abbildung 24 im Bereich privater Haushalte bis zum Jahr 2020 eine Minderung der Treibhausgas-Emissionen Höhe von insgesamt 6,8 Mio. t/a. Dies entspricht knapp 40 % der Emissionen der privaten Haushalte des Jahres 2007.

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2007(Modellrechnung)

2020(Modellrechnung)

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Umweltwärme

Solar

Holz

Strom

Kohle

Gas

Heizöl

Fernwärme

Strom: inkl. Bedarf von Wärmepumpen

Abbildung 24: Endenergiebedarf privater Haushalte im Jahr 2007 und im Jahr 2020 (Berechnungen des Öko-Instituts)

Damit könnten nicht nur die mittelfristigen Klimaschutzziele des Landes bis zum Jahr 2020 eingehalten werden, sondern es würde auch eine gute Ausgangsposition für den weiteren Strukturwandel bis zum Jahr 2050 geschaffen. Im Zeitraum zwischen 2020 und 2050 wird es dann darauf ankommen, die energetische Sanierung des Gebäudebestandes so weiterzu-führen, dass bis zum Stichjahr 2050 nahezu alle Gebäude energetisch optimal saniert sind. Zudem muss die Wärmeversorgung der Gebäude (als Objektversorgung und über Wärme-netze) weitgehend auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Schließlich ist es erforder-lich, den Strombedarf aller Geräte deutlich weiter abzusenken. Um diese Ziele zu erreichen, werden auch völlig neue Technologien sowohl im Bereich der Gebäude wie auch bei den Hausgeräten erforderlich sein.

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3.4 Verkehr

3.4.1 Ausgangssituation

Der Endenergieverbrauch des Verkehrs nach der Energiebilanz des Landes Baden-Württem-berg und die daraus berechneten CO2-Emissionen lagen im Jahr 2007 auf dem Niveau von 1990: So gibt das Statistische Landesamt die CO2-Emissionen des Verkehrs für 1990 mit 21,4 Mio. t und für 2007 mit 21,6 Mio. t an. Daher ist das Jahr 2007 ein geeignetes Basisjahr zur Abschätzung zukünftiger CO2-Minderungen.

3.4.2 Basisjahr 2007

Für das Basisjahr 2007 werden zunächst die spezifischen Energieverbräuche des motorisier-ten Verkehrs ermittelt; über die Energiebilanz werden die zugehörigen Fahr- und Verkehrs-leistungen abgeleitet. Dies bildet die Basis für die Modellierung und Quantifizierung der Maß-nahmen für das Jahr 2020 und für die Gestaltung einer „Vision 2050“.

Für die nationale und internationale Klimaberichterstattung ist die Energiebilanz entschei-dend („Energiebilanzprinzip“). Das Verkehrsgeschehen innerhalb eines Landes („Territorial-prinzip“) entspricht allerdings nicht per se dem Energieverbrauch der Energiebilanz. So wer-den z.B. Transitverkehre, deren Betankung außerhalb erfolgt, nicht in der Energiebilanz be-rücksichtigt. Aus diesem Grund weicht das Verkehrsgerüst 2007 des Klimaschutzkonzepts 2020PLUS stärker vom Verkehrsgerüst des neuen Generalverkehrsplans (GVP) Baden-Württemberg (Basisjahr 2004) ab, als es die Nähe der beiden Basisjahre erwarten ließe.

Für das Klimaschutzkonzept 2020PLUS wurde folgendes Vorgehen gewählt:

- Ableitung der differenzierten spezifischen Daten für „Deutschland 2007“ aus dem Ver-kehrs- und Emissions-Modell TREMOD [IFEU].

- Übertrag dieser Daten auf die Energiebilanz Baden-Württemberg 2007. Dabei Ableitung der Fahrleistung der Otto-Pkw, leichten Nutzfahrzeuge (Otto) und motorisierten Zweirä-der aus dem Benzinverbrauch und der Diesel-Pkw-Fahrleistung als Differenz zu den Pkw-Fahrleistungen nach Statistischem Landesamt. Die Fahrleistungen der Busse und Lkw wurden nach [IFEU 2009] und Statistischem Landesamt abgeleitet.

- Die reale Güterverkehrsleistung der Binnenschiffe in Baden-Württemberg ist – auch in den bundesdeutschen Bilanzen – schon seit vielen Jahren deutlich höher, als die Kraft-stoffangaben in der Energiebilanz nahe legen. Binnenschiffe werden derzeit offensichtlich außerhalb der Landesgrenze, insbesondere in den Niederlanden, betankt. Die Güterver-kehrsleistung mit Schiffen nach der Berechnung aus der Energiebilanz entspricht nur ca. 17 % der vom Statistischen Landesamt ausgewiesenen Leistung auf den Wasserstraßen Baden-Württembergs.

- Auch im Schienenverkehr ergibt die Berechnung mit den Daten der Energiebilanz und durchschnittlichen Verbrauchswerten andere Verkehrsleistungen, als sie nach dem Terri-torialprinzip für Baden-Württemberg ermittelt werden. Die Unterschiede sind allerdings

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viel geringer als bei den Binnenschiffen und spielen im Gesamtsystem 2007, in der "Visi-on 2050" bzw. im Klimakonzept für 2020 mengenmäßig keine Rolle.

- Die Energiebilanz enthält den Kerosinverbrauch des von den Flughäfen in Baden-Württemberg abgehenden Flugverkehrs. Dieser macht 4,5 % des Endenergiebedarfs nach Energiebilanz aus. Er wird fast ausschließlich für den Personenflugverkehr genutzt.

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IFEU 2010

Abbildung 25: Baden-Württemberg 2007 – Verkehrsleistungen und Endenergie-verbrauch des Personenverkehrs und Güterverkehrs nach „Energiebilanzprinzip

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3.4.3 Vision 2050

Der Verkehrsbereich Baden-Württembergs soll im Jahr 2050 80 % weniger CO2-Äquivalente emittieren als im Jahr 1990 bzw. dem in der Emissionshöhe identischen Jahr 2007. Die Randbedingungen für eine solche „Vision 2050“ sollen kreativ, aber plausibel sein. Es soll die Annahme gelten, dass gesellschaftliche Strukturen und Wohlstand gegenüber heute kei-ne großen Änderungen erfahren. Auch sollen die Szenarienannahmen mit bekannter Tech-nik darstellbar sein. Die die Vision erfüllenden Annahmen können Hinweise auf Techniken, die heute entwickelt, und Maßnahmen, die jetzt vorbereitet werden müssen, geben.

Verkehrsleistungen und Modal Split

Die Verkehrsleistungen des motorisierten Personenverkehrs 2050 könnten aufgrund der demografischen Entwicklung trotz der bis 2025 erwarteten Steigerungen um 5 % niedriger liegen als 2007. Das Verhältnis der Verkehrsträger könnte sich bis 2050 deutlich vom Pkw zu, Öffentlichen Verkehr verschieben. So könnte die Pkw-Verkehrsleistung um bis zu 24 % zurückgehen. Die Verkehrsleistung mit Bussen und Bahnen würde dann gegenüber 2007 um 80 % ansteigen. Die Verkehrsleistung des Personenflugverkehrs soll mit 9 Mrd. Pkm in etwa unverändert bleiben. In der Summe bliebe auch in diesem Szenario der Pkw-Verkehr in 2050 mit einem Anteil von 62 % an der Personenverkehrsleistung Baden-Württembergs (statt 77 % in 2007) der vorherrschende Verkehrsträger.

Anders als im Personenverkehr werden die Verkehrsleistungen im Güterverkehr bis 2050 weiter steigen. Sie könnten 2050 um 10 % höher liegen als 2007. Zwar unterstellt z.B. die WWF-Studie einen deutlich höheren Anstieg bis 2050, was dem Trend der letzten Jahrzehn-te folgen würde. Bevölkerungsrückgang, alternde Gesellschaften, geringere inländische Fer-tigungstiefe und zunehmende Transportpreise könnten aber auch zu den hier unterstellten deutlich geringeren Zuwächsen führen.

Die Güterverkehrsleistung 2050 wäre bei insgesamt moderaten Zuwächsen durch einen ge-ringen Rückgang im Straßengüterverkehr (5 % gegenüber 2007) und einem 33 %igen Ans-tieg des Schienengüterverkehrs charakterisiert. Die Änderung des Modal Splits wäre somit gering: Der Güterverkehr auf der Straße dominierte dann weiterhin mit 71 % der Verkehrs-leistung das Verkehrsgeschehen; die Schiene käme auf einen Anteil von 20 %. Der Anteil der Binnenschifffahrt am Modal Split bliebe etwa auf dem tatsächlichen heutigem Niveau.

Änderung der Auslastungsgrade

Die Auslastungsgrade der Personenverkehrsträger sollen 2050 etwas höher liegen. Statt heute 1,47 Personen sollen dann 1,65 Personen im Durchschnitts-Pkw fahren, ein Anstieg um 12 %. Auch der Öffentliche Verkehr hat im Durchschnitt relativ geringe Auslastungsgra-de, da auch wenig nachgefragte Verbindungen so z. B. in den späten Abendstunden aus Gründen der Grundversorgung oder zur Attraktivitätssteigerung des gesamten Transportsys-tems angeboten werden. In Bussen und Bahnen, denen für 2050 eine deutliche Erhöhung der Verkehrsleistung zugesprochen wurde, soll der Auslastungsgrad um rund 15 % steigen. Auch die Annahmen für den Anstieg der Auslastungsgrade im Güterverkehr bewegen sich im Bereich von 10 %.

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Änderung der spezifischen Energieverbräuche

Ein sehr hohes Potenzial zur Reduktion des Energieverbrauches und der einhergehenden CO2-Emissionen liegt in der verbesserten Effizienz des Fahrzeuges und seines effizienteren Betriebs. Beides wird hier unter dem Begriff „Änderung der spezifischen Energieverbräuche“ zusammengefasst. Bis 2050 sollen sich die spezifischen Energieverbräuche bei allen Ver-kehrsträgern um 20 bis 35 % verbessert haben. Bei Pkw soll eine Verbrauchsreduzierung von 60 % erfolgen. Dies entspricht einer verbleibenden CO2-Emission von 74 g/km.

Änderung der Energieträger

Einschneidende Reduktionen im Verkehrsbereich werden neben den Effizienzsteigerungen nur über den Einsatz von Energieträgern mit spezifisch sehr geringen CO2-Emissionen er-zielt werden können. Hierzu zählen insbesondere die Elektrizität aus regenerativer Energie wie Windkraft, Wasserkraft oder Solarkraftwerken, des Weiteren regenerativ erzeugter Was-serstoff (als Energieträger für nicht direkt verwertbaren regenerativen Strom oder aus Bio-masse) und schließlich die direkt im Verbrennungsmotor genutzte Biomasse wie Biodiesel oder Bio-Ethanol.

Im Jahr 2050 soll ausreichend erneuerbarer Strom nicht nur für die elektrisch betriebenen Bahnen, sondern auch für den Straßenverkehr verfügbar sein. So kann dann knapp die Hälf-te der Pkw-Verkehrsleistung mit Elektrizität erbracht werden, fast 10 % mit Biokraftstoffen und 8 % mit CO2-frei erzeugtem Wasserstoff. Die klassischen fossilen Kraftstoffe tragen dann zum Energieverbrauch des Pkw-Verkehrs nur noch 34 % bei. Anders dürfte die Situati-on im Güterverkehr sein: Hier werden in der „Vision 2050“ nur 4 % der Transportleistung elektrisch und 10 % mit Wasserstoff absolviert. Gut 35 % der Leistung sollen auf Biokraftstof-fe und gut 50 % auf konventionelle Kraftstoffe entfallen. Im Schiffs- und im Flugverkehr sol-len dann ausschließlich flüssige Kraftstoffe verwendet werden, davon rund 40 % Biokraftstof-fe.

Ergebnisse der „Vision 2050“

Unter den beschriebenen Bedingungen liegt der Endenergieverbrauch des motorisierten Verkehrs in Baden-Württemberg in der „Vision 2050“ um 59 % niedriger als im Bezugsjahr 2007. Der motorisierte Personenverkehr trägt mit 71 % wesentlich stärker zur Minderung bei als der Güterverkehr mit 26 %. Diese Unterschiede sind dadurch bedingt, dass dem Perso-nenverkehr bis zum Jahr 2050 eine leichte Abnahme der Verkehrsleistung, eine etwas stär-kere Verschiebung zu den spezifisch günstigeren gemeinschaftlichen Verkehrsträgern und vor allem eine höhere Verbesserung der technischen Effizienz zugerechnet wurden.

Die CO2-Emissionen betragen in der „Vision 2050“ 80 % weniger als im Jahr 2007 und erfül-len damit die Minderungsziele für das Jahr 2050. Der Personenverkehr zeigt eine Reduktion von 87 %, der Güterverkehr von 57 %.

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IFEU 2010

Abbildung 26: Endenergieverbrauch durch den motorisierten Verkehr in Baden-Würt-temberg 2007 und „Vision 2050“ nach Energieträgern („Energiebilanzprinzip“)

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Anmerkung: ohne direkte biogene und ohne CO2-Emissionen bei der Bereitstellung IFEU 2010

Abbildung 27: Direkte CO2-Emissionen durch den motorisierten Verkehr in Baden-Württemberg 2007 und „Vision 2050“ nach Verkehrszwecken („Energiebilanzprinzip“)

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Hier pflanzen sich die Effekte der unterschiedlich hohen Rückgänge im Endenergieverbrauch fort; hinzu kommen die im Personenverkehr unterstellten höheren Anteile an erneuerbaren Energien. Allerdings beziehen sich die hier dargestellten Berechnungen lediglich auf die di-rekten CO2-Emissionen der Verkehrsträger. Somit werden hier weder die direkten Emissio-nen der Bio-Kraftstoffe („biogenes Kohlendioxid“) noch die indirekten Emissionen bei der Erzeugung der Elektrizität oder der Herstellung der Kraftstoffe bilanziert.

Neben den direkten CO2-Emissionen sind die Emissionen aus den ebenfalls klimarelevan-ten Abgaskomponenten Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O, „Lachgas“) mit den beim Umweltbundesamt bzw. IFEU üblichen Emissionsfaktoren berechnet. Für die „Vision 2050“ sind dem aktuellen Trend folgend deutlich niedrigere Emissionsfaktoren angesetzt. Dieses und der Ersatz fossiler bzw. biogener Kraftstoffe durch Elektrizität und Wasserstoff reduzieren den bereits im Basisjahr 2007 mit 0,9 % sehr geringen Einfluss dieser Schadstof-fe auf 0,3 % aller direkten klimarelevanten Emissionen des Verkehrs in Baden-Württemberg im Jahr 2050 („Vision“).

Zusammenfassung „Vision 2050“

Unter den hier getroffenen Annahmen zum zukünftigen Verkehrsgeschehen kann die Vorga-be einer 80 %igen CO2-Reduktion des Szenarios „Vision 2050“ gegenüber dem Basisjahr 2007 erfüllt werden. Die recht geringen Veränderungen des Verkehrsablaufs (Verkehrsleis-tung, Modal Split, Auslastungsgrad) sowie die wichtigere Verbesserung der Effizienz (Tech-nik, Fahrverhalten) führen zu einer Einsparung der Endenergie und damit in etwa auch der klimarelevanten Emissionen um rund 60 %.

Die zur Erfüllung der „Vision 2050“ erforderliche weitere CO2-Reduktion erfolgt über den Ein-satz von Elektrizität und Biokraftstoffen, die keine dem Verkehrssektor anrechenbaren CO2-Emissionen verursachen – und dieses auch über den gesamten Lebensweg in geringerem Umfang tun, wenn sie aus regenerativen Energien stammen bzw. die für Biomasse anzule-genden Zertifizierungskriterien erfüllen.

Demnach würde der Endenergiebedarf des Jahres 2050 zu 24 % mit Strom, zu 8 % mit Wasserstoff, zu 23 % mit Biomasse und zu 45 % mit fossiler Energie gedeckt werden. Da sich diese Anteile auf einen stark gesenkten Endenergiebedarf beziehen, sind die notwendi-gen Energiemengen nicht sonderlich hoch: Es würde 42 % mehr Biomasse benötigt, als be-reits 2007 real im Verkehrsbereich eingesetzt wurde. Der Strombedarf erhöhte sich von 6,4 PJ (2007) auf 30,9 PJ, das wären 12 % des heutigen Strombedarfs in Baden-Württemberg. Hinzu kommt die Nutzung von 10 PJ Wasserstoff.

Diese Annahmen und Berechnungen sind keine Prognosen. „Vision 2050“ ist ein Szenario unter Vorgabe der 80 %igen CO2-Reduktion im Verkehrsbereich. Die Ergebnisse zeigen, dass die angenommenen Änderungen in der Verkehrsleistung, im Modal Split und in den Auslastungsgraden einen jeweils kleinen, aber wichtigen Beitrag zur Minderung leisten. Sie zeigen weiterhin, dass es zum einen die effizienteren Fahrzeuge und zum anderen der Ein-satz von Elektrizität, Wasserstoff und Biomasse sind, die jeweils in etwa zur Hälfte zur Erfül-lung des 80 %-Ziels beitragen.

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3.4.4 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Die Herausforderung bei der Formulierung der heute zu ergreifenden Maßnahmen besteht darin, bereits für das Jahr 2020 eine möglichst hohe CO2-Minderung erreichen zu wollen und gleichzeitig auch die Entwicklungen anzustoßen, die eine sehr hohe Effizienz und zudem die optimale Nutzung CO2-freier Energieträger in den folgenden Jahrzehnten ermöglichen. Die-ses betrifft im Verkehrsbereich vor allem die Nutzung von regenerativ erzeugtem Strom via Batterie oder den Energiespeicher Wasserstoff im Straßenverkehr.

Trendentwicklung

Allgemein, auch in der aktuellen Gesamtverkehrsprognose für den Generalverkehrsplan Ba-den-Württemberg, wird für das kommende Jahrzehnt ein weiterer Anstieg der Verkehrsleis-tungen insbesondere im Güterverkehr angenommen. Dementsprechend setzen wir für den Zeitraum von 2007 bis 2020 einen Anstieg der Verkehrsleistung im motorisierten Personen-verkehr um 15 %, im Güterverkehr von rund 40 % an. Des Weiteren wird voraussichtlich im Personenverkehr der Anteil des motorisierten Individualverkehrs leicht zunehmen, im Güter-verkehr vor allem der Anteil des Straßenverkehrs. Somit verändert sich wohl im Trend der Modal Split im Personen- und im Güterverkehr leicht zuungunsten von Umweltverbund bzw. Schienen- und Schiffsgüterverkehr.

Andererseits werden bis 2020 wegen der europaweiten Limitierung der CO2-Emissionen aus neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen die spezifischen Emissionen auch des Durch-schnitts der Flotte zurückgehen. Zudem werden im Trend auch CO2-Einsparungen durch den obligatorischen Einsatz von Biokraftstoffen erzielt, deren CO2-Emissionen als biogenes Koh-lendioxid bei der Berechnung der direkten CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor nicht berücksichtigt werden. Zudem wird ein im Jahr 2020 noch kleiner Teil des Kfz-Verkehrs elektrisch bzw. via Wasserstoff/Brennstoffzelle betrieben werden. Wir übernehmen für Be-rechnungen der spezifischen CO2-Minderung sowie des Biokraftstoffeffektes die Daten für das Jahr 2020 aus dem bundesdeutschen Trend-Szenario, das IFEU in Zusammenarbeit mit dem UBA entwickelt und permanent aktualisiert (TREMOD, Version 5.1, 03-2010 [IFEU]).

Unter diesen Bedingungen kommt es in Baden-Württemberg zwischen 2007 und 2020 im Trend zu einem Rückgang der direkten energiebezogenen CO2-Emissionen des Verkehrs von knapp 8 %.13 Dabei kompensieren die um 26 % ansteigenden CO2-Emissionen des Straßengüterverkehrs zu einem Großteil die Einsparungen des Pkw-Verkehrs (-18 %). Hauptverursacher der CO2-Emissionen des Verkehrs ist im Jahr 2020 weiterhin der Perso-nenverkehr mit 66 % (gegenüber 76 % im Jahr 2007).

13 Die hier ausgewiesene CO2-Minderung weicht von den prognostizierten CO2-Emissionen des GVP-Trendszenarios 2025 ab [IFEU 2009]. Neben den verschiedenen Bilanzierungszeiten (im GVP 2004 bis 2025, hier 2007 bis 2020) unterscheiden sich beide Szenarien im Verkehrsge-rüst (GVP: realer Verkehr innerhalb Baden-Württembergs; hier: Verkehr nach Energiebilanz) und zudem in den aktuell höheren Erwartungen in die technische Minderung und in die Höhe der zukünftig realisierten Biokraftstoffquote.

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Maßnahmen, die überwiegend in Landeskompetenz liegen

Zur weiteren Reduktion der verkehrsbedingten CO2-Emissionen kann das Land Baden-Würt-temberg zahlreiche Maßnahmen ergreifen bzw. intensivieren. Zentrale Wirkungsansätze die-ser Maßnahmen sind die Vermeidung zusätzlicher Verkehre durch eine abgestimmte Ver-kehrs- und Siedlungsentwicklung, eine Stärkung der emissionsfreien und -armen Verkehrs-mittel des Umweltverbundes zur Verlagerung von Pkw-Verkehr sowie Fördermaßnahmen zur Erhöhung der CO2-Effizienz im MIV. Ein Schwerpunkt wird auf die Optimierung insbesondere des Berufsverkehrs gelegt. Unterstützt werden diese Maßnahmen durch eine intensive Öf-fentlichkeitsarbeit sowie eine konsequente Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bei den öffentlichen Institutionen im Land. Eine solche Vorbildfunktion erhöht die Glaubwürdigkeit des Landes, dass es eine nachhaltige Verkehrsentwicklung ernsthaft anstrebt.

Planungen, übergeordnete Strategien

Maßnahme VE1 Integrierte Verkehrs- und Siedlungsplanung

Ziel Eindämmung des Verkehrsleistung im Personenverkehr

Sachstand Verkehr entsteht als Folge vorhandener Raumstrukturen, d.h. insbesondere durch die räumliche Verknüpfung verschiedener Nutzungen wie Wohnen, Arbeit, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen. Städtebauliche Planungen spielen damit eine zentrale Rolle für die Anzahl und Länge der erzeugten Wege sowie die Wahl der Verkehrsmittel. So führt die räumliche Trennung von Wohnen, Arbeiten und Konsummöglichkeiten zu immer längeren Wegen. In den vergangenen Jahren haben sich auch im Land Baden-Württemberg die Siedlungsgebiete weiter vergrößert. Daraus ergibt sich i.A. eine höhere Verkehrsleistung.

Beschreibung Ziel ist eine Eindämmung der Verkehrsleistung im Personenverkehr bzw. eine Verringerung des zukünftig erwarteten Anstiegs durch eine Reduzierung zusätzlicher Wege und eine Verkürzung der Weglängen. Dazu ist eine stärkere Abstimmung von Verkehrsplanung, Raumordnung (Landes- und Regionalplanung), Bauleitplanung, Umweltplanungen und der regionalen Wirtschaftsförderung notwendig (vgl. [UBA 2010], Kap. 2.1.2).

Instrumente auf Landesebene sind z.B.:

− Umsetzung des Landesentwicklungsplans mit seinem Grundsatz „Ausbau vor Neubau“ von Straßen

− Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden, eine auf das unbedingt notwendige Maß reduzierte Entwicklung von neuen Siedlungsflächen

− Förderung von weiteren Modellvierteln zur „Stadt der kurzen Wege“ ( Synergieeffekte mit Fuß- und Radverkehrskonzept). Ziel ist die „Stadt bzw. Region der kurzen Wege“

− Förderung kommunaler Mobilitätskonzepte unter Einbezug der individuellen kommuna-len Rahmenbedingungen (Bevölkerungsstruktur, Verkehrs- und Siedlungsinfrastruktur, Verknüpfung zwischen Kommune und Region etc.)

− Anpassung der Landesbauordnung (Stellplatzpflicht etc.)

− Verstärkte Durchführung von Verkehrsauswirkungsprüfungen (VAP) in Gesetz-gebungs- und Verordnungsverfahren des Landes

Zielgruppe Alle Bürger

Technisches THG-Einsparpotenziale durch eine verkehrsvermeidende Siedlungsplanung ergeben sich

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Potenzial der Maßnahme

auf zwei Ebenen: Zunächst verringern sich die Weglängen, d.h. bei gleicher Wegeanzahl wird somit von Vornherein eine geringere Verkehrsleistung benötigt. Zum anderen gewin-nen bei kürzeren Wegen die Verkehrsmittel des Umweltverbunds zusätzlich an Attraktivität, insbesondere der nichtmotorisierte Rad- und Fußverkehr.

Die strategische Bedeutung ist mit Blick auf 2050 sehr hoch, da eine geänderte Ausrichtung der Siedlungsentwicklung langfristig hohe Potenziale zur Verkehrsvermeidung erschließen kann.

THG-Einsparung

Eine Quantifizierung von Einsparpotenzialen ist nur schwer möglich. In [UBA 2010] wird die Annahme getroffen, dass die Verkehrsleistungen eines Haushalts durch aktive Einbezie-hung der Arbeitsweglängen bei Wohnortwechseln um 20-50% sinken können. Innerhalb von 5 Jahren ziehen etwa 30% der Haushalte in Deutschland um.

Unter der Annahme, dass durch verkehrsvermeidende Maßnahmen der Landesregierung ein Viertel aller ab dem Jahr 2015 umziehenden Haushalte ihre Wege um 20% verkürzt, ergibt sich für das Jahr 2020 eine mögliche Vermeidung von Personenverkehrsleistungen um 1,5% (gegenüber dem Trend) Das entspricht 0,9 % der THG-Emissionen des gesamten Verkehrs 2007.

Zusätzliche Verlagerungen vom MIV auf den Umweltverbund sind abhängig von dessen Attraktivität und deshalb nur in Verbindung mit diesbezüglichen Maßnahmen zu beurteilen.

Maßnahme VE2 Vorbildfunktion der Institutionen des Landes

Ziel CO2-effizientere Abwicklung des Verkehrs der Landesinstitutionen und dadurch Schaffung einer Vorbildwirkung

Sachstand Die Vorbildfunktion des Landes für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung ist einer der Maßnahmenschwerpunkte für den Sektor Verkehr im Rahmen des Konzepts Klimaschutz 2010 [UM 2005]. U.a. erfolgt inzwischen die Beschaffung von Dienstfahrzeugen des Landes unter Berücksichtigung von Umweltkriterien [IFEU 2007]. Gemäß der Umwelterklärung des Umweltministeriums [UM 2009] werden seit 2007 CO2-Emissionen der Dienstflüge der Landesregierung und der Bediensteten kompensiert.

Beschreibung Die Glaubwürdigkeit des Landes Baden-Württemberg, eine nachhaltige Verkehrsent-wicklung ernsthaft anzustreben, kann durch eine Vorbildfunktion des Landes unterstrichen werden. Dazu wird in allen öffentlichen Institutionen des Landes ein Mobilitätsmanagement implementiert, welches eine effizientere und umweltfreundlichere Gestaltung der bestehen-den Verkehre zum Ziel hat.

Handlungsfelder für die Institutionen des Landes sind bspw.:

− Umweltorientiertes Fuhrparkmanagement: Die öffentliche Verwaltung verfügt über einen beachtlichen Fahrzeugpark. Hier sind erhebliche Minderungen der spezifischen Verbräuche möglich (Umweltkriterien bei Fahrzeugneubeschaffung, Leitziel für CO2-Emissionen der Fahrzeugflotten, Teilnahme an Carsharing).

− Dienstreisenmanagement: Empfehlungen oder Vorgaben zur Verkehrsmittelwahl bei Dienstreisen (z.B. Vorrang der Bahn bei innerdeutschen Reisen, innerstädtischer ÖPNV-Vorrang). Individuelle Anreize zur Nutzung des Umweltverbundes (z.B. über Reisekostengesetz), Anschaffung und Förderung der Nutzung von Dienstfahrrädern, Kompensation der CO2-Emissionen von Dienstreisen

− Berufsverkehr: Verkehrsmittelwahl beim persönlichen Arbeitsweg der Bediensteten,

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z.B. Parkraumbewirtschaftung, Job-Tickets, Optionen zur Telearbeit

− Handlungen der öffentlichen Verwaltung als Investor (Auftragsvergabe, Beschaffung, z.B. Bindung öffentlicher Aufträge an Schienentransport bei Baustoffen, Massengütern etc soweit ökologisch sinnvoll), als Dienstleister & Arbeitgeber (Standortwahl)

Die einzelnen Maßnahmen sowie deren Erfolge (Umwelt-, Kostenentlastungen…) werden der Öffentlichkeit regelmäßig umfassend medienwirksam vorgestellt.

Zielgruppe Im ersten Schritt Verwaltung und Behörden. Als zweiter Schritt durch Informations- und Vorbildwirkung alle Verkehrsteilnehmer

Technisches Potenzial

Das direkte Potenzial durch die Umsetzung in den Institutionen des Landes ist gering. Wenn mit der Vorbildwirkung ein Multiplikatoreffekt erreicht wird, können deutlich mehr Verkehrsteilnehmer zu einer Verhaltensänderung angeregt werden.

THG-Einsparung Die direkte Minderung der CO2-Emissionen in Baden-Württemberg ist gering, da nur ein geringes Segment der Gesamtverkehrsleistung betroffen ist. Entscheidend sind jedoch die deutlich sichtbaren Klimaschutzanstrengungen bei der Landesregierung als Vorbild für Bürger und Unternehmen.

Maßnahme VE3 Öffentlichkeitsarbeit Umweltfreundlicher Verkehr

Ziel Verkehrsleistungsreduktion, Verlagerung auf den Umweltverbund, Schaffung eines bewuss-ten Mobilitätsverhaltens

Sachstand In den vergangenen Jahren sind nur geringe Änderungen beim Mobilitäts- bzw. Fahrverhal-ten hin zu einem Umstieg auf effiziente Verkehrsmittel zu verzeichnen. Ein Verzicht auf den Pkw wird von Haushalten überwiegend durch wirtschaftliche oder gesundheitliche Kriterien begründet, ein bewusster Verzicht (z.B. „Kein Auto nötig“) spielt nur eine untergeordnete Rolle. (vgl. [MiD 2008]). Nach wie vor besteht im innerstädtischen Bereich (kurze Wege) und im Regionalverkehr ein großes Potenzial für den Umstieg vom Pkw auf umweltverträg-lichere Verkehrsmittel. Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit werden Verkehrsangebote und Vorteile des Umweltverbunds bekannter.

Beschreibung Öffentlichkeitsarbeit und Beratung für umweltfreundliche Mobilität, v.a. für Pkw-Nutzer, die den Umweltverbund bisher wenig oder nicht nutzen. Durch Bereitstellung umfassender Informationen (Umweltvorteile, Reisekosten und -komfort…) wird den Bürgern der (gut verknüpfte) Umweltverbund als Alternative zum Pkw vermittelt. Außerdem Informationen zur stärkeren Sensibilisierung der Bevölkerung für umweltfreundliche Mobilität. Die Landes-regierung Baden-Württemberg initiierte und unterstützt bereits zahlreiche Aktivitäten auf dem Informations- und Bildungssektor zum Thema CO2-Reduktion. Ansatzpunkte für eine Intensivierung oder Ausweitung können insbesondere sein:

− Public-Awareness-Kampagnen zu klimaschonender Mobilität, um eine stärkere Sensi-bilisierung der Bevölkerung zu erreichen (Beispiel „Kopf an – Motor aus“). Neben selbst zurückgelegten Wegen sollten auch die durch Konsum bedingten Gütertransporte the-matisiert werden.

− Handreichungen/Informationsmaterial zum Thema umweltgerechte Mobilität/ Mobili-tätsverhalten für Haushalte und Bildungsträger wie Kindereinrichtungen, Schulen, Fahrschulen u. ä. (alters- und nutzergerecht aufbereitet).

− Landesweite Aktionen wie Autofreie Freizeitangebote, Autofreier Sonntag: Unterstüt-

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zung von 8 „Nahfreizeittagen“ von Juli bis September. An den Aktionstagen Angebots-erweiterung des Öffentlichen Verkehrs

− Informationen über Energieverbrauch und Umweltbilanz verschiedener Verkehrsmittel. Empfehlungen hinsichtlich Amortisation kraftstoffsparender Pkw

− Unterstützung von kommunaler Öffentlichkeitsarbeit (Mobilitätsberatungen, Neubürger-pakete, Kampagnen).

Zielgruppe Bürger, v.a. Pkw-Nutzer

Technisches Potenzial der Maßnahme

Öffentlichkeitsarbeit kann vorhandene Potenziale (z.B. Kauf sparsamer Pkw, Verlagerung auf energieeffizienteren Umweltverbund) bekannter machen und auf diese Weise eine stärkere/schnellere Umsetzung dieser Potenziale fördern.

THG-Einsparung Einsparpotenziale durch Öffentlichkeitsarbeit lassen sich nicht eigenständig quantifizieren. Sie zielen in erster Linie auf Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer.

Stärkung des Umweltverbundes

Maßnahme VE4 Umsetzung und Erstellung eines umfassenden Fuß- und Radverkehrskonzeptes

Ziel Verlagerung von motorisiertem Individualverkehr hin zum Fuß- und Radverkehr

Sachstand Deutschlandweit werden etwa 9 % aller Wege mit dem Fahrrad und etwa 23 % zu Fuß zurückgelegt. Aufgrund der kurzen Weglängen liegt die Verkehrsleistung mit dem Rad (2,6 %) bzw. zu Fuß (3,3 %) allerdings deutlich niedriger [BMVBS 2008]. Etwa die Hälfte aller Pkw-Fahrten in Städten ist kürzer als 5 km [AGFK-BW 2010]. Ein Teil dieser kurzen Wege kann grundsätzlich auf den Fuß- und Radverkehr verlagert und somit emissionsfrei zurück-gelegt werden. Damit würden Fahrten des MIV vermieden und lediglich der Fahrrad- und Fußverkehr erhöht werden.

Beschreibung Um den nicht-motorisierten Verkehr attraktiver zu machen, unterstützt und fördert das Land die Städte bei der Erarbeitung und Umsetzung von Fußverkehrs- und Radverkehrskonzep-ten. Kommunale Schwerpunkte sind u.a.:

− Aufbau flächendeckender, sicherer Fußwegenetze in den Städten, inkl. Abbau von Barrieren (Querungshilfen, verkürzte Ampelwartezeiten, Ahnden von Gehwegparken)

− Schaffung neuer Bereiche mit Vorrang des Fußverkehrs (z.B. gemeinsamer Begeg-nungsraum),

− Auf- bzw. Ausbau der Fußwegebeschilderungen (Fokus Alltagsverkehr).

− Ausbau von Radwegenetzen, Lückenschluss

− Stärkung des Radverkehrs im ländlichen Raum

− Ausbau von Radabstellanlagen & Radwegweisung (Fokus Alltagsverkehr)

− Weitere Maßnahmen auf Landesebene (insb. Umsetzung der Handlungsempfehlungen des „Runden Tisch Radverkehr Baden-Württemberg“), u.a.:

− Infrastrukturausbau: z.B. Landesradwegenetz

− Sicherung der Finanzierung der Radverkehrsinfrastruktur

− Einrichtung eines Monitoring zum Fortschritt der Infrastrukturmaßnahmen

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Maßnahmentyp Verstärkung von Anreizen, Infrastrukturausbau

Zielgruppe Alle Bürger

Technisches Potenzial

Mittel bis hoch. Bis 2050 hohe Potenziale bei konsequenter Verfolgung des Ausbaus der Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur

THG-Einsparung Baden-Württemberg strebt eine Verdopplung des Radverkehrs bis 2020 an. Der Fußver-kehr ist bereits heute für die Hälfte der Verkehrsleistung des nicht motorisierten Verkehrs verantwortlich. Wir schätzen seine Zunahme bis 2020 auf 20%. Somit wären im Jahr 2020 die gesamten MIV-Fahrleistungen um 3,9 % geringer. Damit würden die CO2-Emissionen des Verkehrs in Baden-Württemberg gegenüber 2007 um 2,0 % sinken.

Maßnahme VE5 Stärkung des ÖPNV

Ziel Verlagerung von motorisiertem Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr mit Bus und Bahn

Sachstand Eine Fahrt mit den Verkehrsmitteln des öffentlichen Verkehrs (Bus, Bahn) verursacht pro Person im Mittel deutlich niedrigere CO2-Emissionen als eine Pkw-Fahrt. Durch eine Verla-gerung von Pkw-Fahrten auf den ÖV können daher deutliche Verringerungen der verkehrs-bedingten CO2-Emissionen erreicht werden.

Im Jahr 2004 betrug lt. GVP-Gesamtverkehrsprognose die Verkehrsleistung des öffent-lichen Verkehrs in Baden-Württemberg etwa ein Fünftel gegenüber dem MIV. Bis 2025 werden im Trend die Verkehrsleistungen im öffentlichen Verkehr geringer ansteigen als diejenigen des MIV – der Modal Split-Anteil des ÖV ginge zurück.

Beschreibung Das Land fördert den Ausbau der Infrastruktur und führt strukturelle Maßnahmen durch, um die Attraktivität des ÖV zu erhöhen. Zur Stärkung des ÖPNV und der Verringerung seiner Umweltwirkungen bieten sich folgende Maßnahmen an:

− Weitere Umsetzung des integralen Taktfahrplans

− Weitere Unterstützung der Verkehrsverbünde,

− Vereinheitlichung der Tarifbedingungen der Verbünde

− Transparente und attraktive Tarifgestaltung

− Förderung bedarfsorientierter Bedienungsformen (Parameter: Linienführung, Zeiten, Haltestellen, Fahrzeuggröße (z.B. Ruftaxi)

− Prüfung der Effizienz allgemeiner Maßnahmen (Busspuren, Haltestellenkaps, Ampel-Vorrangschaltungen...)

− Qualitätsanforderungen bei Ausschreibungen von ÖPNV-Leistungen (z.B. Flottenaus-rüstung, Mobilitäts- und Anschlussgarantien, Umweltstandards, Kundenorientierung und- -information, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sauberkeit, Freundlichkeit, Service)

− Einführung neuer (elektronischer) Vertriebssysteme (z.B. e-Ticket, Handyticket, Online-Ticket)

− Förderung von energieeffizienter Fahrzeugtechnik und elektrischen Antrieben im ÖPNV

− Verbesserung der Verknüpfung zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln im Nah- und Fernverkehr (Fahrgastinformation, Anschlusssicherheit etc.)

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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− Elektrifizierung von derzeit mit Dieselfahrzeugen betriebenen Schienenstrecken

− Durchführung von gezielter Öffentlichkeitsarbeit zugunsten des ÖPNV

Zielgruppe Pkw-Nutzer

Technisches Potenzial der Maßnahme

Die Verlagerungspotenziale vom MIV auf den öffentlichen Verkehr sind stark von der konk-reten Maßnahmenausgestaltung abhängig. Um zukünftig in relevantem Umfang weitere Verlagerungen zu erzielen, wird eine alleinige Optimierung des ÖPNV-Angebots nicht aus-reichen, solange dieses nicht als gleichwertige Alternative zum MIV gesehen wird. Ein gleichzeitiger Attraktivitätsverlust des MIV (z.B. steigende Kosten, überfüllte Straßen, er-schwerte Erreichbarkeit der Innenstädte) kann die Verlagerungspotenziale deutlich steigern.

THG-Einsparung Bei einer zusätzlichen Steigerung der Verkehrsleistungen des öffentlichen Verkehrs in Ba-den-Württemberg im Jahr 2020 um 10% gegenüber dem Trend könnten 2,1% der MIV-Verkehrsleistungen verlagert werden, was einer Reduktion der CO2-Emissionen des Ver-kehrs in Baden-Württemberg 2007 um 0,9% entspricht.

Maßnahme VE6 Verknüpfung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes

Ziel Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf den Umweltverbund

Sachstand Für eine attraktive Alternative zum Pkw müssen die Verkehrsmittel im Umweltverbund sich sinnvoll ergänzen. Durch Verknüpfung der Verkehrsmittel werden die „Tür-zu-Tür“-Wegeketten für verschiedene Verkehrszwecke optimiert.

Beschreibung Durch unterschiedliche Maßnahmen kann die gemeinsame Nutzung sowie der Übergang zwischen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes optimiert werden. Dadurch konkurrieren die Verkehrsmittel des Umweltverbundes nicht einzeln mit dem MIV und untereinander, sondern ergänzen sich zu einem abgestimmten Gesamtangebot. Solche Maßnahmen zur Verknüpfung des Umweltverbundes umfassen u.a.:

− Einrichtung von Mobilpunkten in Städten zur Verknüpfung des ÖPNV mit Carsharing und Radverkehr (u.a. Umwidmung und Erweiterung bestehender Carsharing-Statio-nen). Damit wird ein schneller und bequemer Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln gefördert.

− Mobilitätszentralen an zentralen Schnittpunkten des Umweltverbunds (z.B. Bahnhöfe), die Beratung sowie Mobilitätsanbieter vereinen: 1) Beratungstresen für unabhängige Mobilitäts-Gesamtberatung (z.B. aktuelle „Fort-Komm-Möglichkeiten“) 2) Konkrete An-bieter (Bus, Taxi, Carsharing, Radverleih) direkt angebunden („nächste Tür“).

− Kostenfreie Radmitnahme im gesamten ÖV im Land Baden-Württemberg

− Bike & Ride-Anlagen und Fahrradstationen an Regionalbahnhöfen

Zielgruppe Bürger

Technisches Potenzial

Die optimierte Verknüpfung der Verkehrsmittel ist mittel- bis langfristig wichtig als Voraus-setzung für einen teilweisen oder auch vollständigen Verzicht auf den Pkw.

THG-Einsparung Die Maßnahme hat vor allem unterstützende Funktion zu anderen Maßnahmen zum Um-weltverbund. Daher erfolgt keine eigene Potenzialabschätzung.

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CO2-reduzierende Maßnahmen im Pkw-Verkehr

Maßnahme VE7 Förderung umweltfreundlicher Alternativen im Berufsverkehr

Ziel Verlagerung von Pkw-Fahrten im Berufsverkehr auf den Umweltverbund, Erhöhung der Auslastung im Pkw-Verkehr

Sachstand Etwa 20 % der Pkw-Verkehrsleistung sind derzeit in Baden-Württemberg dem Berufsver-kehr zuzurechnen. Maßnahmen zur Beeinflussung des Berufsverkehrs sind vor allem dann wirksam, wenn sie im Unternehmen ansetzen. Dies kann am besten durch eine Mobilitäts-beratung für und in den Unternehmen geschehen, z.B. im Rahmen von Betrieblichem Mobi-litätsmanagement.

Beschreibung Betriebliches Mobilitätsmanagement (BMM) ist ein nachfrage-orientierter Ansatz, um den von einem Unternehmen erzeugten Verkehr effizienter, sicherer und umweltfreundlicher zu gestalten. Der Hauptfokus liegt im Allgemeinen auf einer Optimierung von Arbeits- und Dienstwegen, kann aber auch auf Besucher-/Kundenverkehre sowie den betrieblichen Güterverkehr ausgeweitet werden. Zentrale Maßnahmen im Rahmen von BMM sind u.a.:

− Förderung der ÖPNV-Nutzung (Informationen, Job-Ticket, abgestimmte ÖPNV-Angebote, z.B. Fahrplan an Schichtzeiten getaktet) sowie des Rad- und Fußverkehrs (Abstellanlagen, Duschmöglichkeiten, Verbesserung des Fahrrad-Images)

− MIV-Lenkung (Förderung von Fahrgemeinschaften, z.B. über Mitfahrbörsen, Mobili-tätsportal, Parkraumbewirtschaftung)

− Umweltorientiertes Fuhrparkmanagement im Personen- und Güterverkehr (Leitbild/ Vorgaben zur Fahrzeugbeschaffung, Monitoring zur Auslastung dienstlicher Kfz, Durchführung von Fahrerschulungen in kraftstoffsparender Fahrweise)

Neben einer direkten Beratung der Unternehmen (z.B. durch „Mobilitätsmanager“ des Lan-des) kann das Land durch weitere Maßnahmen die Bestrebungen der Unternehmen zusätz-lich unterstützen, z.B. durch:

− Ermöglichung von Jobticket-Pooling für KMU − Unternehmensübergreifende Mitfahrbörse, z.B. im Internet − Mitfahrerparkplätze sowie Park+Ride an ÖV-Haltestellen in ländlichen Regionen

Zielgruppe Berufsverkehr (Pendler), Wirtschaftsverkehr

Technisches Potenzial der Maßnahme

Mittlere bis hohe Bedeutung der Maßnahme. Der Berufsverkehr hat einen hohen Anteil an den Pkw-Fahrleistungen, gleichzeitig besteht über die Unternehmen eine gute Erreichbar-keit der Zielgruppe.

THG-Einsparung Wird durch BMM die Auslastung im Berufsverkehr um 10% erhöht (von 1,1 auf 1,2 Perso-nen/Pkw), sinken die Pkw-Fahrleistungen und damit verbundene CO2-Emissionen um 2,4%. Das entspricht einer Reduktion der CO2-Emissionen des Verkehrs in Baden-Württemberg um 1,3 %. Zusätzliche Fahrleistungsverringerungen durch Verlagerung von Berufsverkehr auf den Umweltverbund sind grundsätzlich bereits in den insgesamt abge-schätzten Verlagerungspotenzialen enthalten.

Maßnahme VE8 Förderung von CO2-sparender Pkw-Nutzung

Ziel Effizienzsteigerung im MIV

Sachstand Der Kraftstoffverbrauch eines Pkw hängt auch vom Fahrverhalten (Geschwindigkeiten, Verkehrszustände, individueller Fahrstil…) ab. Durch Informations- und Fördermaßnahmen kann dieses Fahrverhalten verbessert und die Kraftstoffeffizienz des gesamten Pkw-Verkehrs erhöht werden.

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Beschreibung Durch eine energiesparende Fahrweise können im Pkw-Verkehr im Mittel 10% Kraftstoff eingespart werden [UBA 2010]. Ergänzt werden diese Potenziale durch eine verbrauchsop-timierte Fahrzeugausrüstung durch Leichtlaufreifen und -öle sowie durch regelmäßige Rei-fendruckkontrollen.

Eine Unterstützung der Bürger ist v.a. über Informationsmaßnahmen und Werbekampag-nen möglich, welche die Einsparpotenziale durch sparsame Fahrweise und optimierte Fahr-zeugausrüstung veranschaulichen. Durch eine Wiederaufnahme der Förderung von Sprit-sparkursen könnte ein größerer Teil der Bevölkerung erreicht werden. Eine besondere Rolle kommt auch der Vorbildfunktion des Landes mit der Durchführung von Fahrerschulungen zu.

Auch im Lkw-Verkehr sind Einsparungen möglich, die aber unseres Wissens zumindest bei den Berufskraftfahrern durch regelmäßige Schulungen und interne Wettbewerbe abgerufen werden und bereits in der Trendentwicklung berücksichtigt sind.

Zielgruppe Alle Pkw-Fahrer

Technisches Potenzial

Gering bis mittel. Der motorisierte Individualverkehr wird auch weiterhin einen hohen Anteil am Personenverkehr haben. Deshalb ist es notwendig, den MIV möglichst energieeffizient zu gestalten. Um dauerhaft einen nennenswerten Anteil der Zielgruppe zu erreichen, ist eine intensive und kontinuierliche Information und Förderung nötig.

THG-Einsparung Verbrauchseinsparungen durch kraftstoffsparende Fahrweise und Fahrzeugausrüstung sind in der gesamten Flotte möglich. Nach aktueller UBA-Einschätzung [UBA 2010] könnten im Jahr 2020 bei Pkw im Mittel 10% Kraftstoff durch kraftstoffsparende Fahrweise eingespart werden. Durch verschiedene Optimierungen der Fahrzeugausrüstung wären jeweils 3-4% Einsparung möglich. Wenn durch Maßnahmen des Landes Baden-Württemberg erreicht würde, dass bis zum Jahr 2020 5% der Pkw-Fahrleistungen effizienter werden, würde das die CO2-Emissionen des Verkehrs 2007 um 0,4% reduzieren.

Maßnahme VE9 Förderung der Anschaffung und Nutzung CO2-günstiger Pkw

Ziel Effizienzsteigerung im MIV

Sachstand Der Kraftstoffverbrauch im MIV hängt neben der Variable Fahrleistung und Fahrverhalten von den technischen Spezifikationen der eingesetzten Fahrzeugen ab (Alter, Technik, Aus-stattung…). Umwelt-Bewertungslisten (z.B. ADAC-Ecotest, VCD-Umweltliste) zeigen eine große Bandbreite des spezifischen Verbrauchs von Neuwagen. Bereits innerhalb eines Pkw-Segments (z.B. Golfklasse) können die Abweichungen je nach Fahrzeugmodell, Aus-stattung und Motorisierung gegenüber dem mittleren Verbrauch über 30 Prozent Mehr- bzw. Minderverbrauch betragen. Noch stärker kann der Unterschied zwischen den ver-schiedenen Fahrzeugklassen sein. Durch Informations- und Fördermaßnahmen kann die Kraftstoffeffizienz bei neu gekauften Pkw erhöht werden.

Beschreibung Die Nutzungsdauer eines Pkw liegt in Deutschland bei durchschnittlich 15 Jahren. Mit der Kaufentscheidung für ein bestimmtes Modell erfolgt daher eine Festlegung auf den fahrleis-tungsabhängigen Verbrauch über einen langen Zeitraum. Durch eine verstärkte Unterstüt-zung der Pkw-Käufer mit Verbraucherinformationen sowie durch eine Information über besonders sparsame Pkw-Modelle kann das Land Baden-Württemberg dazu beitragen, den Verbrauch neu gekaufter Pkw zusätzlich zum Trend zu reduzieren.

Zielgruppe Pkw-Käufer

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Technisches Potenzial

Gering bis mittel. Um den Pkw-Verkehr möglichst energieeffizient zu gestalten, ist über die Ge-setzgebung hinaus eine intensive und kontinuierliche Information nötig.

THG-Einsparung Wir nehmen an, dass durch Maßnahmen des Landes Baden-Württemberg erreicht wird, dass in den kommenden Jahren bei 10% aller Pkw-Neukäufe durch eine umweltbewusste Kaufent-scheidung 10% zusätzlicher Effizienzgewinn erzielt wird. Dies würde im Jahr 2020 die CO2-Emissionen des Verkehrs 2007 um 0,4 % reduzieren.

Maßnahme VE10 Förderung der Elektromobilität im Pkw-Bereich

Ziel Erhöhung des Anteils von Elektrofahrzeugen an der Pkw-Flotte

Sachstand Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 mindestens 1 Mio. Elekt-rofahrzeuge in die deutsche Flotte zu bringen. Dazu soll insbesondere die Forschung und Entwicklung von Batterie-Elektroautos gefördert werden. Im Mai 2010 hat die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ihre Arbeit aufgenommen [BMWi 2010]. Eine direkte finan-zielle Förderung des Kaufs von Elektro-Kfz ist abgesehen von einer fünfjährigen Kfz-Steuer-befreiung [BMF 2010] bisher nicht geplant. Schon vorher waren umfangreiche Programme zu der Nutzung von Wasserstoff in Elektro-Kfz, die mit einer Brennstoffzelle als Lieferant der elektrischen Antriebsenergie ausgestattet sind, aufgelegt worden.

Das mittel- und langfristige Ziel der Nutzung von Strom und Wasserstoff im Bereich des Straßenverkehrs liegt zum einen in der Möglichkeit regenerative und damit CO2-arme Ener-gieträger einzusetzen, zum anderen in der Diversifizierung der im Verkehr fast ausschließ-lich genutzten Mineralöl-basierten Kraftstoffe.

Beschreibung Das Land leistet mit der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie e-mobil BW GmbH im Rahmen der Landesinitiative Elektromobilität bereits heute einen eigenen zukunftsweisenden Beitrag zur Förderung der Elektromobilität.

Zusätzlich kann das Land die Entwicklung fördern mit

− Pilotprojekten zur Implementierung von Elektromobilen in geschlossenen Flotten

− Unterstützung der Grundlagenforschung in den Institutionen des Landes

− Unterstützung von Untersuchungen eines geänderten Tank- und Nutzerverhaltens

− Einführung zeitweiliger Benutzervorteile (z.B. Nutzung von Busspuren)

− Vorbildfunktion in der Öffentlichen Beschaffung

− Qualifizierungsmaßnahmen in den Bereichen Ausbildung, Weiterbildung und Wissen-schaft / Forschung

− Unterstützung der Entwicklung von geeigneten Recyclingverfahren (vor allem im Be-reich Leichtbaustoffe)

Zielgruppe Bürger, Verwaltungen

Technisches Potenzial

Langfristig hohe Bedeutung zur Erhöhung des Anteils von Elektrofahrzeugen in der Fahr-zeugflotte mit Zielhorizont 2050.

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THG-Einsparung Im Jahr 2020 sind durch die anvisierte Nutzung von Elektro-Pkw noch keine größeren THG-Minderungen möglich. Wenn durch ein sehr ambitioniertes zusätzliches Förderprogramm in Baden-Württemberg gegenüber dem Bundesziel 25% zusätzliche Elektro-Pkw betrieben würden, würden die direkten THG-Emissionen des Verkehrs in Baden-Württemberg gege-nüber 2007 um 0,3% sinken.

Maßnahmen, die in Bundes-/EU-Kompetenz liegen

Zusätzlich zu den Maßnahmen, für deren Umsetzung das Land Baden-Württemberg direkt zuständig wäre, gibt es zahlreiche Bundes- und EU-Maßnahmen, die über Ge- und Verbote sowie über fiskalische Auflagen bzw. Anreize eine CO2-mindernde Wirkung entfalten können. Das Land kann entsprechende Konzepte entwickeln und über die politischen Institutionen Einfluss auf die Umsetzung solcher Konzepte ausüben.

Maßnahme VE11 Straßenbenutzungsgebühren

Ziel Verkehrslenkung und -steuerung zur Erzielung nachhaltige Umwelt- und Klimaschutzeffek-te und zur effizienteren Nutzung der vorhandenen Straßeninfrastruktur

Sachstand Um die Leistungsfähigkeit der Straßeninfrastruktur dauerhaft zu erhalten, ist ein System-wechsel von der Steuer- auf die Nutzerfinanzierung erforderlich. Da die Umsetzung der Nutzerfinanzierung über eine streckenbezogene Pkw-Maut kurzfristig nicht möglich ist, ist die bundeseinheitliche Einführung einer Pkw- Vignette auf Autobahnen der erforderliche ersten Schritt hin zu einem solchen Systemwechsel.

Zahlreiche europäische Länder (u.a. Schweiz, Frankreich, Österreich, Italien) erheben be-reits heute Pkw-Gebühren für die Benutzung ihrer Autobahnnetze.

In Deutschland liegt die Entscheidung über eine Erhebung von Pkw-Straßenbenutzungsgebühren im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Die Länder können aber über den Bundesrat Impulsgeber sein.

Beschreibung Die Benutzung des Straßennetzes oder bestimmter Netzabschnitte (z.B. der Autobahnen) wird mit einer Gebühr belegt. Diese Gebühr kann fahrleistungsabhängig ausgestaltet wer-den, was eine differenzierte Abrechnung ermöglicht, aber auch mit relativ hohen Erhe-bungskosten verbunden ist. Neben der fahrleistungsabhängigen Maut besteht über die Einführung einer Vignettenpflicht die Möglichkeit, pauschale Benutzungsgebühren für einen bestimmten Zeitraum (z.B. ein Jahr oder zehn Tage) zu erheben. Im Gegensatz zur fahr-leistungsabhängigen Maut ist eine Papiervignette oder elektronische Vignette schneller und kostengünstiger einzuführen und zu betreiben.

Straßenbenutzungsgebühren ermöglichen auch eine ökologische Verkehrslenkung und -steuerung, sofern ökologische Kriterien (z.B. Schadstoffklassen) bei der Festsetzung der Mauthöhe berücksichtigt werden. Gleichzeitig steigern sie die Verlässlichkeit bei der Finan-zierung der Straßenverkehrsinfrastruktur, da so der Umstieg von der Steuer- auf die Nutzer-finanzierung vollzogen wird, und zudem alle (auch ausländische) Fahrer an der Finanzie-rung der Straßeninfrastruktur beteiligt werden. Zudem könnte ein Anteil an dem Mautauf-kommen zum Ausbau des ÖPNV verwendet werden.

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Baden-Württemberg prüft derzeit sorgfältig die Rahmenbedingungen und mögliche Einfüh-rungsszenarien, die sich anbieten könnten, um die vom Land mit der Einführung von Stra-ßenbenutzungsgebühren verknüpften Erwartungen zu erfüllen.

Erfolg versprechende Konzepte sollen anschließend beim Bund in geeigneter Form (z.B. durch eine Bundesratsinitiative) positioniert werden.

Zielgruppe Alle Pkw-Fahrer

Technisches Potenzial der Maßnahme

Ob aus der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren spürbare Auswirkungen auf das Verkehrsmengengerüst ausgehen, wird von der tatsächlichen Ausdifferenzierung des Maut- bzw. Vignettenmodells und der Höhe der Gebührensätze abhängen. Erfahrungen aus ande-ren Ländern zeigen, dass langfristige Verkehrsverlagerungen in Folge der Einführung von Straßenbenutzungsgebühren bislang nur in eher geringem Umfang aufgetreten sind. Die Entwicklung möglicher Mautausweichverkehre soll aber dennoch sehr sorgfältig beobachtet werden.

THG-Einsparung [durch IFEU zu ergänzen].

Maßnahme VE12 Weiterentwicklung der Lkw-Maut

Ziel Auslastungserhöhung und Effizienzsteigerung im Straßengüterverkehr

Sachstand In Deutschland wird seit 2005 eine Lkw-Maut in Form einer streckenbezogenen Straßenbe-nutzungsgebühr für Lkw über 12 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht auf Autobahnen erho-ben. Die Mauthöhe richtet sich nach der Fahrzeuggröße (Achsenanzahl) und der Emissi-onsklasse (Euro-Norm). Seit 1. Januar 2009 beträgt der durchschnittliche Mautsatz 16,3 ct/km.

Da die Höhe der Lkw-Maut unmittelbar fahrleistungsabhängig ist, trägt die Lkw-Maut zur Vermeidung von Transporten, zur Steigerung der Lkw-Auslastung und zur Reduzierung von Leerfahrten bei. Es kann auch zu einer Verlagerung auf andere Transportmittel (Bahn, Binnenschiff) kommen.

Ausgehend von der europäischen Ebene wird seit 2003 im Rahmen der Mautdebatte die Diskussion um eine Ausweitung der Maut auf Busse und Lkw ab 3,5 t und um eine Anlas-tung der externen Kosten des (Straßen-)Güterverkehrs geführt. Ziel ist es, die durch den Verkehr verursachten Umweltschäden ergänzend zu den Wegekosten (in Form von Auf-schlägen auf die Lkw-Maut) den Verkehrsteilnehmern in Rechnung zu stellen.

Durch eine Ausweitung der Mautpflicht auf das gesamte Straßennetz könnte dem so ge-nannten Mautausweichverkehr, der von der gebührenpflichtigen Autobahn auf das nach-geordnete Netz (Bundes- und Landesstraßen) ausweicht, wirksam begegnet werden.

Beschreibung Angesichts der Länge des nachgeordneten außerörtlichen Straßennetzes von 165.000 Kilometern und der Tatsache, dass es nach Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen nur auf wenigen Streckenabschnitten zu Mautausweichverkehren in nennenswertem Umfang gekommen ist, erscheint eine Ausweitung der Lkw-Mautpflicht auf das gesamte Straßen-netz zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend.

Die Lkw-Maut soll vielmehr zunächst auf alle 4-streifigen Bundesstraßen ausgedehnt wer-den. Die Landesregierung vertritt aber die Position, dass eine Bemautung des gesamten außerörtlichen Straßennetzes für Lkw dann zwingend ist, wenn auch die vorgeschlagenen Straßenbenutzungsgebühren für Pkw (VE 11) auf dem gesamten Netz erhoben werden sollten.

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Zudem soll spätestens mit der Einführung einer Pkw-Maut der Geltungsbereich der Lkw-Maut auf Nutzfahrzeuge bis 12t zulässiges Gesamtgewicht erweitert sowie Omnibusse entsprechend ihrem Fahrzeuggewicht einbezogen werden.

Die Landesregierung unterstützt die Pläne der EU-Kommission, die EU-Wegekostenrichtlinie dahingehend zu ändern, dass die externen Kosten des Schadstoff-ausstoßes in die Lkw-Maut einbezogen werden können. Die Höhe der angelasteten Kosten muss allerdings nachvollziehbar sein. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Internalisie-rung externer Kosten zur Vermeidung von Diskriminierungen und von Verstößen gegen das Wettbewerbsprinzip europaweit umgesetzt wird. Sie darf zudem nicht einseitig den Stra-ßenverkehr benachteiligen.

Zielgruppe Transportunternehmen, insbesondere Güterfernverkehr auf Autobahnen

Technisches Potenzial

In der Vergangenheit haben Erhöhungen der Lkw-Mautsätze nur kurzfristig Auswirkungen auf die Höhe der Lkw-Fahrleistungen gehabt. Hingegen hat die Mautspreizung zum 01.01.2009 dazu geführt, dass rasch eine breit angelegte Flottenerneuerung hin zu moder-neren und schadstoffärmeren Fahrzeugen eingesetzt hat.

THG-Einsparung [durch IFEU zu ergänzen]

Maßnahme VE13 CO2-Emissionsgrenzwerte im Straßenverkehr

Ziel Verringerung der spezifischen CO2-Emissionen bei neuen Pkw, leichten Nutzfahrzeugen <3,5t sowie bei schweren Nutzfahrzeugen >3,5t

Sachstand Für Pkw liegen mit der Verordnung (EG) Nr. 443/2009 [EU 2009] verbindliche europäische Ziele zur Absenkung der CO2-Emissionen der Neuwagenflotte vor. Der aktuelle Zielwert beträgt für 2015 130 gCO2/km (beginnend mit einem Einführungszeitraum ab 2012) und für 2020 95 gCO2/km.

Für leichte Nutzfahrzeuge (<3,5t) liegt aktuell dem EU-Parlament ein Vorschlag zur Regu-lierung der CO2-Emissionen ab dem Jahr 2014 vor. Danach soll bis 2020 eine erlaubte durchschnittliche Emission von 135 gCO2/km angestrebt werden [EU 2010].

Zahlreiche internationale Organisationen fordern eine Limitierung der CO2-Emissionen der schweren Nutzfahrzeuge inkl. Busse. Auf EU-Ebene gibt es zwar einen Aktionsplan der Kommission, in dem die Notwendigkeit von CO2-Grenzwerten erwähnt wird, aber wohl noch keine konkreten Bestrebungen zur Festlegung von CO2-Grenzwerten.

Lediglich Japan hat seit 2006 eine Gesetzgebung zur allmählichen Verminderung der CO2-Emissionen der neu zugelassenen schweren Nutzfahrzeuge [IEA 2007].

Beschreibung Das Land Baden-Württemberg setzt sich bei der EU für langfristig ausdifferenzierte Emissi-onsgrenzwerte für neue Kfz ein.

− Für Pkw ist im Rahmen der Revision der Grenzwerte zu prüfen, in wie weit der Grenz-wert für das Jahr 2020 an neue und fortschrittliche kraftstoffsparende Technologien angepasst werden kann. Einzelne Gutachten sehen einen Zielwert von 80 gCO2/km als erreichbar an. Das Land wird zudem anregen, dass frühzeitig ein Grenzwert für eine dritte Stufe für das Jahr 2025 festgelegt wird.

− Das Ziel der Verordnung zur Begrenzung der CO2-Emissionen bei leichten Nutzfahr-zeugen wird unterstützt. Darüber hinaus wird eine konsequente Regelung bei Nichtein-haltung der festgelegten Ziele gefordert. In welchem Zeitraum welcher Grenzwert mit welchen Kosten erreichbar ist, kann hier nicht abgeschätzt werden.

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− Das Land regt auf EU-Ebene die Prüfung einer CO2-Regelung für Lkw >3,5t und für Busse an. Das Umweltbundesamt [UBA 2010] geht von einer möglichen Effizienzstei-gerung bis 2020 von 15 % aus. Als erster Schritt muss ein Verfahren zur Ermittlung der CO2-Emissionen festgelegt werden.

Zielgruppe Kfz-Hersteller

Technisches Potenzial

Hoch. Der Straßenverkehr ist die dominierende Quelle der CO2-Emissionen des Verkehrs. Die permanente und intensive Steigerung der technischen Effizienz der Fahrzeuge ist der Schlüssel für eine baldige und vor allem lang wirkende Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen des Verkehrs. Diese Maßnahme ist für eine Realisierung der „Vision 2050“ unverzichtbar.

THG-Einsparung Aufgrund der Anpassung der Grenzwerte zwischen 2012 und 2020 und ihrer Wirksamkeit auf die Kfz-Neuzulassungen ist von den Maßnahmen bis zum Jahr 2020 eine erst allmähli-che und noch keine signifikante CO2-Minderung zu erwarten. Die Maßnahme hat jedoch entscheidende Bedeutung für die langfristige Entwicklung und Markteinführung besonders energieeffizienter Kfz zur Erreichung der Emissionsminderungsziele im Jahr 2050.

Maßnahme VE14 Untersuchung zu Geschwindigkeitsbeschränkungen

Ziel Kraftstoff-effizienteres Fahren

Sachstand Auf rund 65 % der Autobahnstrecken in Baden-Württemberg gilt die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h, rund 25 % sind mit einer gleich bleibenden und permanenten Geschwindig-keitsbeschränkung von 120 km/h und rund 10 % mit 100 km/h und niedriger ausgestattet. Auf hoch belasteten Autobahnstrecken liegt bereits heute die mittlere Geschwindigkeit auslastungsbedingt in den Hauptverkehrszeiten zwischen 90 und 110 km/h. Neben den Autobahnen gibt es noch mehrere Bundesstraßen mit erlaubter höherer Geschwindigkeit als 100 km/h.

Eine derartige, an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angepasste Geschwindigkeitsre-gelung unterstützt einen möglichst stetigen Verkehrsfluss und eröffnet daher insbesondere in der Verbindung mit modernen Verkehrsmanagementsystemen Gestaltungsspielräume, die eine generelle und undifferenzierte Regelung nicht aufweist.

Der Kraftstoffverbrauch ist bei niedrigeren Maximalgeschwindigkeiten und fließendem Ver-kehr geringer als bei sehr hohen Geschwindigkeiten mit höheren Stauwahrscheinlichkeiten. Somit wäre bei genereller Absenkung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und dem Ein-satz von Verkehrsmanagementsystemen mit einer höheren Einsparung von Kraftstoff und damit CO2 zu rechnen.

Beschreibung Die Einführung eines allgemeinen Tempolimits ist multiperspektivisch zu betrachten. Vor einer Entscheidung sollen ganzheitlich die Auswirkungen einer Geschwindigkeitsbeschrän-kung auf die Treibhausgasemissionen, die Lärmbelastung, die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss untersucht werden. Damit kann eine neutrale Diskussionsgrundlage geschaf-fen werden, die eine vertiefende Beurteilung der Gesamtbilanz einer generellen Geschwin-digkeitsbegrenzung erlaubt.

Zielgruppe Pkw-Verkehr auf Autobahnen und 4-streifigen Bundesstraßen

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Technisches Po-tenzial der Maß-nahme

Durch die Reduktion der Geschwindigkeiten und damit verringerte Luft- und Rollwiderstän-de lässt sich Kraftstoff sparen und damit die CO2-Emissionen reduzieren. Auf lange Sicht bestehen zusätzliche Potenziale insbesondere durch Veränderungen der Fahrzeugflotte (Downsizing).

THG-Einsparung [durch IFEU zu ergänzen]

3.4.5 Bilanz der Maßnahmen 2020 und Ausblick 2050

Nach Umsetzung der oben genannten Maßnahmen liegen der Energieverbrauch des motori-sierten Verkehrs in Baden-Württemberg nach dem Energiebilanzprinzip im Jahr 2020 um 21 % und die direkten CO2-Emissionen um knapp 26 % niedriger als 2007.

Die CO2-Minderungen sind unterschiedlich verteilt: Der Personenverkehr und hier insbeson-dere der Pkw-Verkehr leistet mit einer Absenkung von 37 % einen überproportionalen Bei-trag. Der Güterverkehr und hier insbesondere der Straßengüterverkehr kompensiert mit ei-nem Anstieg von 9 % einen Teil des Effektes.

Die größte Herausforderung bei der CO2-Minderung ist die erwartete Zunahme der Verkehrs-leistung in Baden-Württemberg, die grundsätzlich mit einem höheren Energieverbrauch und höheren CO2-Emissionen verbunden ist. Eventuell wird die ökonomische Entwicklung der letzten beiden Jahre die Steigerungsraten, die im Trend im Personen-, vor allem aber im Güterverkehr erwartet werden, geringer ausfallen lassen. Der Reduktion der CO2-Emissionen aus dem motorisierten Verkehr käme eine solche Entwicklung zugute.

Im Trend ist bis zum Jahr 2020 mit den bisher bundes- und landesweit eingeleiteten Maß-nahmen gegenüber 1990/2007 ein Rückgang der direkten CO2-Emissionen des Verkehrs in Baden-Württemberg von knapp 8 % zu erwarten. Dieses wird insbesondere durch die ver-besserte Effizienz und den Einsatz von Biokraftstoffen im Pkw-Verkehr erreicht. Die Minde-rungsbeiträge der anderen Verkehrsträger sind geringer. Wie dargestellt, verhindern insbe-sondere die steigenden Fahrleistungen der Lkw eine höhere Reduktion der verkehrsbeding-ten CO2-Emissionen.

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IFEU 2010

Abbildung 28: Endenergieverbrauch durch den motorisierten Verkehr in Baden-Württemberg nach Energiebilanz 2007 und „2020“ (Maßnahmen- szenario) nach Verkehrszwecken und Energieträgern

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IFEU 2010

Abbildung 29: Direkte CO2-Emissionen durch den motorisierten Verkehr in Baden-Württemberg nach Energiebilanz 2007 und „2020“ (Maßnahmen- szenario) nach Verkehrsmitteln und Verkehrszwecken

Zahlreiche Maßnahmen liegen in der direkten Entscheidungskompetenz des Landes Baden-Württemberg. Dies betrifft überwiegend Maßnahmen, die über den Ausbau der Infrastruktur,

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über Pilotprojekte und Forschungsinitiativen oder über Informationskampagnen und Vorbild-funktion einen Anreiz setzen können. Sie haben als Einzelmaßnahme überwiegend einen nur recht kleinen Effekt. Die Bündelung dieser Maßnahmen kann sich jedoch, wenn sie mit entsprechendem Nachdruck verfolgt werden, in ihrer Wirkung sehr positiv bemerkbar ma-chen. So würde die bereits eingeleitete Strategie zum Ausbau des Fuß- und Radverkehrs einen Minderungsbeitrag von rund 2 %-Punkten erbringen. Alle Maßnahmen, die in der di-rekten Kompetenz des Landes stehen, führen zu einer Minderung von rund 6 %-Punkten und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Minderungsziels.

Die Maßnahmen ordnungsrechtlicher und/oder fiskalischer Art liegen in der Entscheidungs-kompetenz von Bund und/oder EU. Derartige Maßnahmen können vom Land vorbereitet werden und müssen über politische Initiativen zusammen mit anderen Bundesländern oder direkt bei der Bundesregierung eingebracht werden. Die Wirksamkeit aller dieser Maßnah-men beläuft sich auf rund 13 %-Punkte der gesamten CO2-Minderung von 26 %.

Dabei haben Maßnahmen eine besonders hohe Wirkung, die gleichermaßen auf die Ver-kehrsleistung an sich, auf das Fahrverhalten, aber auch auf die genutzte Fahrzeugtechnik abzielen. Als mittel- und langfristig wirksam gelten alle Maßnahmen, die direkt auf die Ener-gieeffizienz zielen. Ihre Wirksamkeit ist in dem Jahr 2020 zwar noch recht gering, jedoch wird ihre Umsetzung für eine Annäherung an die Reduktionsziele der „Vision 2050“ benötigt. Hierzu zählen auch alle Maßnahmen, die den Weg für die Nutzung CO2-armer Energieträger im Verkehr vorbereiten, insbesondere den Einsatz elektrischer Antriebe im Straßenverkehr sowie die Maßnahmen, die mit einer integrierten Verkehrs- und Siedlungsplanung zu weni-ger Verkehrsaufkommen und kürzeren motorisierten Wegen als heute führen können.

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Abbildung 30: Motorisierter Verkehr in Baden-Württemberg nach Energiebilanz 2007 und „2020“ (Maßnahmenszenario)

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3.5 Emissionen aus industriellen Prozessen, Produkt-anwendungen und aus der Gewinnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen

Prozessbedingte Emissionen sind THG-Emissionen, die durch eine chemische oder physika-lische Reaktion in Produktionsprozessen freigesetzt werden. Sie entstehen also nicht wie die energiebedingte Emissionen bei einer Verbrennung. Die prozessbedingten Emissionen un-terscheiden sich von den energiebedingten Emissionen dadurch, dass sie sich innerhalb der Herstellung eines Produktes aus stofflichen Gründen nicht vermeiden lassen. Prozessbe-dingte CO2-Emissionen entstehen unter anderem bei der Herstellung von Zement oder Kalk, während Lachgas (N2O) hauptsächlich in der chemischen Industrie etwa bei der Herstellung von Salpetersäure oder Adipinsäure anfällt.

Produktanwendung: THG-Emissionen gelangen darüber hinaus auch durch ihre direkte An-wendung in die Atmosphäre. Emissionen aus der Produktanwendung entstehen etwa bei der Nutzung von Lachgas (N2O) in der Lebensmittelindustrie.

Emissionen aus der Gewinnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen: Dies sind Me-thanemissionen (CH4), die in Deutschland hauptsächlich bei der Kohlegewinnung anfallen, aber auch bei der Gewinnung und Verteilung von Erdöl und Erdgas. In Baden-Württemberg wird keine Kohleförderung betrieben und auch die Ölförderung wurde 1997 eingestellt. Aller-dings entstehen in Baden-Württemberg Emissionen bei Öl- und Gasverteilung und -speicherung.

3.5.1 Ausgangssituation

In Baden-Württemberg hatten die CO2-Emissionen aus industriellen Prozessen 2008 einen Anteil an den Gesamtemissionen von 3,2 % während die Lachgasemissionen aus Prozessen und der Produktanwendung einen Anteil von 0,2 % und die Methanemissionen aus der Ge-winnung und Verteilung von Brennstoffen einen Anteil von 0,5 % hatten. Insgesamt betrug der Anteil der oben aufgeführten Emissionen 2007 3,9 % der gesamten Emissionen Baden-Württembergs.

CO2 N2O CH4 Gesamt Reduktion (%)

1990 3,02 Mio. 0,26 Mio. 0,37 Mio. 3,65 Mio.

2008 2,61 Mio. 0,15 Mio. 0,43 Mio. 3,20 Mio. 12%

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2008b.

Tabelle 12: Emissionen aus Prozessen, Produktanwendungen und der Verteilung von Brennstoffen 1990 und 2008 in t CO2-eq

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Im Vergleich zu 1990 sanken die prozessbedingten CO2-Emissionen bis 2008 um 13 % und die Lachgasemissionen aus Prozessen und der Produktanwendung um 40 %. Die Methan-emissionen aus der Gewinnung und Verteilung von Brennstoffen stiegen hingegen bis 2008 gegenüber 1990 um 15 % an. Insgesamt sanken die Emissionen aus Prozessen, aus der Produktanwendung sowie aus der Verteilung von Brennstoffen von 1990 bis 2008 um 12 % (siehe Tabelle 12).

Die prozessbedingten CO2-Emissionen entstehen in Baden-Württemberg hauptsächlich bei der Herstellung von Zement. Die zweitwichtigste Quelle ist die Kalkherstellung. 1990 emittier-te die Zementindustrie 85 % der gesamten prozessbedingten CO2-Emissionen. 2008 sank der Anteil auf 75 %, da die Emissionen der Zementindustrie gegenüber 1990 um etwa 24 % sanken, während sich die Emissionen aus der Herstellung von Kalk mehr als verdoppelten. Die Zement- und Kalkherstellung decken damit 99 % der gesamten prozessbedingten CO2-Emissionen ab. Die übrigen Emittenten sind die Glas-, Ammoniak- und Aluminiumindustrie.

Lachgas entsteht in Baden Württemberg hauptsächlich in der Produktanwendung und nur zu einem sehr geringen Teil in industriellen Prozessen. Die Emissionen aus der Anwendung entstehen bei der direkten Nutzung von Lachgas, zum Beispiel bei der medizinischen An-wendung als Narkosemittel, in der Lebensmittelindustrie zum Aufschäumen von Sahne oder Desserts und in der Halbleiterindustrie. Prozessbedingte Lachgasemissionen werden in Ba-den-Württemberg bei der der Herstellung von Adipinsäure emittiert. Adipinsäure wird z.B. für die Herstellung von Nylon genutzt. 1990 waren über 90 % der Lachgasemissionen dem Nar-kosemitteleinsatz zuzuordnen. Bis 2008 reduzierte sich der Anteil, da Lachgas zunehmend durch andere Narkosemittel ersetzt wird. Die Emissionen aus der Herstellung von Adipinsäu-re blieben in etwa konstant.

Methanemissionen entstanden in Baden-Württemberg bis 1997 bei der Gewinnung, Vertei-lung und Lagerung von Erdöl und Erdgas, die zwischen 1990 und 2008 um 15% angestiegen sind. Dieser Anstieg resultiert aus zwei gegenläufigen Trends: Die Methanmissionen aus der Erdölgewinnung, -verteilung und -speicherung sind seit 1990 um 75 % zurückgegangen. Gleichzeitig sind die Emissionen aus der Verteilung und Speicherung von Erdgas aufgrund der stärkeren Nutzung von Erdgas um 19 % angestiegen.

3.5.2 Vision 2050

Das Klimaschutzkonzept für Baden-Württemberg sieht eine Reduktion der gesamten lan-desweiten THG-Emissionen um 78 % bis 2050 gegenüber 1990 vor. Um diese Reduktions-ziel zu erreichen, müssen auch die Emissionen aus industriellen Prozessen, Produkt-anwendungen und aus der Verteilung und Lagerung von Brennstoffen zu reduziert werden.

Insbesondere im Bereich der Zement- und Kalkherstellung, die den größten Anteil an den genannten Emissionen haben, müssen Emissionsminderungen realisiert werden, was aber in großem Umfang nur durch die Nutzung von CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) möglich sein wird.

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Lachgas, das bei der Herstellung von Adipinsäure anfällt, wird durch verbesserte und ver-mehrte Nutzung von Katalysatoren auf ein Minimum reduziert werden, wobei davon ausge-gangen wird, dass das Produktionsniveau von 2000 bis 2030 insgesamt um den Faktor 2,7 ansteigen und ab 2030 etwa konstant bleiben wird.

In der Produktanwendung kann die Nutzung von Lachgas als Narkosemittel fast vollständig durch andere Narkosemittel subsituiert werden. Die Anwendung in anderen Bereichen wie der Lebensmittelindustrie oder der Halbleiterherstellung wird hier aufgrund des geringen An-teils an den Gesamtemissionen nicht betrachtet.

Bei der Gewinnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen wird durch den Rückgang der Nutzung von Erdöl und Erdgas weniger Methan in die Atmosphäre entweichen. Insbesonde-re die Erdgasverteilungsnetze werden stark zurückgebaut werden und nur wichtige Ver-brauchszentren versorgen (siehe Kapitel Netze), so dass sich die Verluste ebenfalls reduzie-ren werden.

3.5.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Die Emissionen aus industriellen Prozessen, aus der Produktanwendung sowie aus der Ver-teilung und Lagerung von Brennstoffen werden unter der Annahme eines ambitionierten Re-duktionsziels für 2020 zu minimieren sein. In einigen Bereichen kann angenommen werden, dass bestehende ökonomische Anreize die Emissionen reduzieren werden, während in an-deren Bereichen zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, um Minderungen anzustoßen.

Reduktion der CO2-Emissionen aus der Zementherstellung

Bei der Herstellung entstehen prozessbedingte CO2-Emissionen hauptsächlich beim Bren-nen von Kalziumcarbonat zu Kalziumoxid. Durch eine Reduzierung des Klinkeranteils im Zement können die Emissionen pro Tonne Zement gemindert werden. Der durchschnittliche Klinkeranteil im Zement liegt in Deutschland bei 71 % und ist damit im europäischen Ver-gleich relativ niedrig. Eine weitere Verringerung ist nur in begrenztem Maße möglich. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass 65 % Klinkeranteil im Zement umgesetzt wer-den kann, ohne die nachgefragte Qualität zu unterschreiten. Als Ersatzstoffe kommen Puz-zolan oder Flugasche, in größeren Mengen Hüttensand oder weiterverarbeiteter Schlacke zum Einsatz. Laut Berechnung von McKinsey liegen die Vermeidungskosten bei 14 Euro / t CO2, wobei die Kosten hauptsächlich für nötige Investitionen in Anlagenanpas-sungen anfallen. Die Herstellung von Zement unterfällt schon heute der europäischen Emis-sionshandelsrichtlinie (EU-Richtlinie 2003/87/EG, Anhang I). Damit ist eine weitere Redukti-on des Anteils von Klinker im Zement bei einem derzeitigem Preis der Emissionsberechti-gungen von etwa 15 Euro / t CO2 für die Zementhersteller schon heute wirtschaftlich sinnvoll.

Darüber hinaus können die prozessbedingten CO2-Emissionen aus der Herstellung von Ze-ment zusammen mit den energiebedingten Emissionen abgeschieden und gespeichert wer-den (CCS). Diese Maßnahme ist im Kapitel Industrie beschrieben. Eine Reduktion der pro-zessbedingten CO2-Emissionen aus der Zementherstellung kann zudem erreicht werden, wenn der absolute Verbrauch und dadurch die Herstellung von Zement reduziert wird. Große Mengen Zement werden u.a. im Hausbau und bei Gebäudesanierungen verwendet. Hier könnte auf andere Baustoffe, etwa Holz, ausgewichen werden, um den Einsatz von Zement zu reduzieren (s. Kapitel „Land- und Forstwirtschaft sowie Landnutzung“).

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Maßnahme PE1 CO2-arme Zementproduktion

Ziel Kurz- und längerfristige Minimierung der Emissionen aus der Zementindustrie

Sachstand Nach der Energiebilanz BW setzte die Steine-Erden-Industrie 2007 ca. 23,5 PJ ein. Die Zementproduktion BWs betrug 4,7 Mt und trug mit 13,5 PJ gut die Hälfte zu dieser Ener-gienachfrage bei. Die spezifischen (direkten) CO2-Emissionen (einschließlich prozessbe-dingten Emissionen) betragen ca. 0,85 t CO2/t Klinker. Die Prozessemissionen allein betra-gen ca. 0,53 t CO2/t Klinker. Insgesamt werden (unter der Annahme von 85 % Zumahlstof-fe) ca. 3,4 Mt CO2 direkt von der Zementindustrie in BW emittiert. Hiervon sind ca. 2,1 Mt den Prozessemissionen zuzuordnen. Aus dem Stromeinsatz kommen durch indirekte Emissionen noch einmal 0,24 Mt CO2 hinzu, gerechnet mit dem bundesdeutschen Kraft-werksmix. Durch längerfristige F&E können diese Emissionen um 50 % reduziert werden. Hierzu ist, neben Maßnahmen zur Reduzierung des Energieeinsatzes durch technische Verbesserun-gen (z. B. Zahl der Zyklonvorwärmer), Maßnahmen zur vermehrten Beimischung von Addi-tiven und Nutzung von Abfällen und CO2-armen Brennstoffen, insbesondere auch die Ent-wicklung von Kohlenstoffabscheidung nötig (Carbon Capture und Storage). Dies ist für vergleichsweise kleine Punktemittenten (klein im Vergleich zu großen fossilen Kraftwerken) für Zement schwieriger und bedarf eigener F&E. Wegen des breiten Einsatzes von Zement in allen Ländern der Erde hat eine solche Technologieentwicklung das Potential zum Tech-nologieexport BWs beizutragen. Langfristig bietet sich die Option, den gängigen Portlandzement durch grundsätzlich neue Zementarten („grüner Zement“) zu ersetzen, die chemisch anders zusammengesetzt sind, aber ähnliche Eigenschaften aufweisen. So wurde bspw. am Karsruher KIT mit Celite-ment® ein Produkt entwickelt, das mit erheblich weniger Energiebedarf hergestellt werden kann (Ofentemperatur von 300°C statt 1400° bei Portlandzement). In Großbritannien und Kalifornien wird darüber hinaus an Zementprodukten geforscht, die Kohlendioxid aus der Umgebungsluft binden, somit eine negative CO2-Bilanz aufweisen.

Beschreibung Bündel an Maßnahmen: • F&E für verschiedene CO2-Abscheidungstechnologien aus dem Zementsektor • Erste Demonstrationsanlage zur CO2-Abscheidungstechnologie bis 2025

• Informationskampagnen und Förderung von Maßnahmen zur Reduzierung des Ener-gieeinsatzes durch technische Verbesserungen (e.g. Zahl der Zyklonvorwärmer), Maßnahmen zur vermehrten Beimischung von Additiven und Nutzung von Abfällen und CO2-armen Brennstoffen

• F&E für „Grünen Zement“

Zielgruppe Wirtschaftsunternehmen der Zement- und Kalkindustrie und Hersteller von Anlagen. Bran-chenforschungsinstitute.

Technisches Potential

50 % Reduktion der CO2-Emissionen (ca. 1,7 Mt CO2 jährlich, hiervon 1 Mt aus Prozess-emission; Einsatz von CCS; hierdurch erhöht sich allerdings der Energieeinsatz, insbeson-dere Strom). Durch Einsparungen beim Herstellungsprozess (z.B. durch vermehrten Ein-satz von Zyklonvorwärmern, durch Erhöhung von biogenen Additiven bzw. durch Vermin-derung des Klinkeranteils im Zement können Mehraufwendungen kompensiert werden.

THG-Einsparung Ausschöpfung vor allem durch technische Maßnahmen bis 2020: 5 % der Energie (Strom ca. 20 GWh) und 10 % der CO2-Emissionen (0,34 Mt CO2). Eine darüber hinausgehende Reduzierung der Prozessemissionen ist im Wesentlichen erst durch CO2-Abscheidung oder neue Produktionsverfahren („Grüner Zement“) erreichbar.

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Insgesamt können die prozessbedingten CO2-Emissionen aus der Zementherstellung von 2008 bis 2020 durch diese Maßnahmen (ohne CCS) um etwa 15% reduziert werden. CCS führt bis 2020 zu keiner Reduktion, da davon ausgegangen werden kann, dass diese Option erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung stehen wird.

Reduktion der N2O-Emissionen aus der Herstellung von Adipinsäure

In der Adipinsäureherstellung entstehen bei der chemischen Reaktion große Mengen an Lachgas als Nebenprodukt. In einer Abluftreinigung kann das Lachgas katalytisch zu Wasser und Stickstoff (N2) umgewandelt werden. Durch eine Selbstverpflichtung der chemischen Industrie und damit auch der Adipinsäurehersteller aus dem Jahre 2000 wird heute der Großteil (85-90%) der Lachgasemissionen durch eine Abluftreinigung zersetzt. Durch ein zweites, paralleles Katalysatorsystem kann die Reduktion auf 98% erhöht werden. Da die Technik heute schon verfügbar ist, kann das bestehende Potential bis 2020 umgesetzt wer-den. Die Vermeidungskosten betragen etwa 2 Euro / t CO2eq.

Die Herstellung von Adipinsäure unterfällt ab 2013 der europäischen Emissionshandels-richtlinie (Richtlinien 2009/29/EG, Anhang I). Damit müssen ab 2013 für CO2- und Lachgas-emissionen aus der Herstellung von Adipinsäure Emissionsberechtigungen abgegeben wer-den. Bei einem Preis für Emissionsberechtigungen von etwa 15 Euro / t CO2 ist der Einbau einer zusätzlichen Katalysatoreinheit für die Hersteller von Adipinsäure spätestens ab 2013 eine wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme.

Durch die Umsetzung dieser Lachgas-Einsparungsoption können die Emissionen aus der Herstellung von Adipinsäure bis 2020 gegenüber 2008 um 77 % reduziert werden, wobei der Anstieg der Produktionsmenge bis 2030 um den Faktor 2,7 berücksichtigt ist.

Reduktion N2O-Emissionen beim Narkosemitteleinsatz

Maßnahme PE2 Selbstverpflichtung von Krankenhäusern zur Reduktion des Einsatzes von N2O als Narkosemittel

Ziel der Maßnah-me

Ziel der Maßnahme ist die Reduktion des Einsatzes von N2O als Narkosemittel, insbe-sondere bei operativen Eingriffen.

Sachstand In der Medizin wird Lachgas, als analgetisch wirkendes Gas, zu Narkosezwecken benutzt. Es ist das älteste und eines der nebenwirkungsärmsten Narkosemittel. Es gibt jedoch andere wirksame Narkosemittel, die Lachgas vollständig ersetzen können und auch aus gesundheitlichen Aspekten zu bevorzugen sind. Der Einsatz von Lachgas als Narkosemit-tel ist in Deutschland nicht verboten, jedoch gibt es starke Bestrebungen gegen dessen allgemeine Verwendung.

Beschreibung Einladung von Trägern bzw. Leitungen von etwa 250 Krankenhäusern zu einem Runden Tisch. Ziel ist eine Selbstverpflichtung bis 2012 der Träger oder Leitungen der Kranken-häuser. Die Selbstverpflichtung sollte einen vollständigen Ersatz des Narkosemittels Lachgas durch andere Narkosemittel bis 2020 zum Ziel haben.

Nach 2 Jahren, d.h. im Jahr 2014, wird eine erste Überprüfung der Umsetzung der Selbstverpflichtung erfolgen. Ein weiteres Treffen aller Beteiligten sollte 2016 stattfinden, auch um den Informationsaustausch unter den Krankenhäusern zu unterstützen.

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Zielgruppe Träger oder Leitung von Krankenhäuser, Ärzte

THG-Einsparung Da es schon Bestrebungen gibt, den Einsatz von Lachgas als Narkosemittel zu minimie-ren, wird davon ausgegangen, dass 2020 mindestens die Hälfte der Lachgasemissionen durch die Selbstverpflichtung vermieden werden können. Dadurch könnten bis 2020 etwa 200 t N2O (~62.000 t CO2eq) im Vergleich zu 2008 eingespart werden.

3.5.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Die Emissionen aus industriellen Prozessen, Produktanwendung und aus der Gewinnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen werden auch 2020 in Baden-Württemberg nur einen geringen Anteil an den Gesamtemissionen haben. Die Emissionen werden insbeson-dere von der Einsparung im Bereich der Zementherstellung abhängen, da diese Emissionen den größten Anteil stellen. Insgesamt kann durch die oben genannten Maßnahmen bis 2020 eine Reduktion von etwa 21% gegenüber 1990 erreicht werden.

Bis 2050 werden die Emissionen durch die oben genannten Maßnahmen weiter sinken. Eine maßgebliche Minderung der THG-Emissionen wird allerdings von der Reduktion der pro-zessbedingten Emissionen aus der Herstellung von Zement und Kalk abhängen. Sie machen rund 80% der Emissionen aus industriellen Prozessen, Produktanwendung und aus der Ge-winnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen aus. Die Reduktion der prozessbeding-ten Emissionen ist aber nur mit einem geringeren Einsatz des hergestellten Produktes oder durch den Einsatz von CCS möglich. Kommt CCS nicht zum Einsatz, wird bis 2050 dennoch eine Reduktion von 37% gegenüber 1990 auf 2,3 Mio. t CO2 möglich sein.

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3.6 Land- und Forstwirtschaft sowie Landnutzung

3.6.1 Ausgangssituation

Landwirtschaft

Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Baden-Württemberg nimmt ca. 40 % (1.435.682 ha) der gesamten Landesfläche ein. Davon werden ca. 38 % (551.397 ha) als Grünland und 58 % (834.535 ha) für den Ackerbau genutzt. Infolge der großen naturräumlichen Unterschiede ist eine große Vielfalt an landwirtschaftlichen Betriebsformen und Produktionsintensitäten zu finden. Die Futterbaubetriebe sind mit knapp 38 % die bedeutendste Betriebsform in Baden-Württemberg. Während insbesondere im Schwarzwald die Rinderhaltung als extensiv ein-gestuft werden kann, ist die Viehwirtschaft zur Milchproduktion im württembergischen Allgäu mit einer sehr intensiven Grünlandnutzung verbunden. Im Vergleich mit anderen Bun-desländern liegt die mittlere Betriebsgröße in Baden-Württemberg mit 25,2 ha deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von etwas mehr als 45 ha. Dies ist zum Teil auch auf den großen Anteil an Dauerkulturbetrieben (22,5 %) zurückzuführen.

Im Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion und der damit verbundenen Prozesse entstehen THG-Emissionen verschiedenen Ursprungs. Dazu gehören die unmittelbaren Emissionen aus der Tierhaltung (CH4) sowie aus dem Düngermanagement und der Boden-nutzung (N2O), Emissionen, die durch Landnutzungsänderungen freigesetzt werden (CO2 und N2O) sowie Emissionen durch den landwirtschaftlichen Verkehr und die Wärmeerzeu-gung für Gewächshäuser und Stallanlagen (CO2). Darüber hinaus könnten auch die Emis-sionen durch Betriebsmittelinput aus den der Landwirtschaft vorgelagerten Sektoren einbe-rechnet werden. Diese Emissionen entstehen durch die Herstellung von Dünge- und Futter-mitteln, die Stromerzeugung sowie die Produktion und Wartung von Maschinen.

Im Rahmen der jährlichen nationalen Emissionsberichterstattung werden für den Sektor Landwirtschaft jedoch nur CH4- und N2O-Emissionen aus Tierhaltung, Stickstoffdüngung und atmosphärischem Stickstoffeintrag (v.a. von NH3) berichtet. Festgelegt sind diese Sys-temgrenzen durch die Richtlinien des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC Guidelines for National Greenhouse Gas Inventories). Diese Vorgehensweise soll eine mögliche Doppelerfassung der verschiedenen betrachteten Sektoren vermeiden.

In Anlehnung an die Regelung der nationalen Emissionsberichterstattung werden in diesem Kapitel nur die zuletzt genannten, unmittelbaren Emissionen aus der Landwirtschaft (CH4 und N2O) berücksichtigt.

Im vorliegenden Klimaschutzkonzept werden verkehrsbedingte Emissionen dem Kapitel „Verkehr“, Belastungen aus Vorleistungsprodukten wie bspw. Mineraldünger und Pflanzen-schutzmittel der „Industrie“, der Einsatz von Strom dem „Umwandlungssektor“ und Emissio-nen aus der Wärmeerzeugung dem Sektor „Gewerbe, Handel, Dienstleitsung (GHD)“ zu-geordnet. Emissionen, die mit dem Einsatz von Importfuttermitteln verbunden sind, werden nicht berücksichtigt. Kohlenstoffvorratsänderungen in der Biomasse und in Böden unter landwirtschaftlicher Nutzung sowie durch Landnutzungsänderung werden ebenfalls in der Gesamtbilanz nicht berücksichtigt (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft -LULUCF).

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Die jährliche Emissionsberichterstattung bewertet damit im Kapitel Landwirtschaft nur einen Teil der klimarelevanten Emissionen, die mit der landwirtschaftlichen Produktion verbunden sind. Dabei handelt es sich um klimarelevante Gase, die überwiegend aus biologischen Um-setzungsprozessen stammen. Somit ist die Möglichkeit zur Reduktion der Emissionen durch technische Maßnahmen aufgrund der flächenhaften Emission und aufgrund der heteroge-nen, biologischen Quellprozesse sehr begrenzt.

THG-Emissionen Spezifizierung in 1.000 t

CO2-eq/Jahr

CH4-Emissionen

Wirtschaftsdüngermanagement

Verdauung

374

1.472

Gesamt 1.846

N2O-Emissionen

Tierhaltung (Behandlung von Wirtschaftsdünger) 294

Landwirtschaftliche Böden Wirtschaftsdüngeranwendung

Stickstoffdüngeranwendung

Leguminosenanbau

Ernterückstände

Weidegang

Organische Böden

Indirekte Emissionen

516

678

50

112

80

34

912

Gesamt 2.675

Gesamtemissionen (N2O und CH4) 4.521

Quelle: Statistisches Landesamt: Die CO2-Emissionen bleiben unberücksichtigt, da diese dem Verkehrssektor zugerechnet werden

Tabelle 13: Aufschlüsselung der THG-Emissionen in Baden-Württemberg im Bereich Landwirtschaft (Stand 2007)

Insgesamt verursacht die Landwirtschaft damit 4,52 Mio. t CO2-eq/Jahr an THG-Emissionen, was ca. 6 % der Gesamtemissionen des Landes entspricht (Stand 2007). Der Großteil der landwirtschaftlichen Emissionen stammt aus der enterischen Fermentation (Verdauung) in Form von Methan (CH4) sowie aus den landwirtschaftlichen Böden in Form von Lachgas (N2O). Verglichen mit den spezifischen Gesamtemissionen kommen ca. 75 % der N2O-Emissionen und 55 % der CH4-Emissionen aus der Landwirtschaft.

Forstwirtschaft

Bei der Beurteilung der anfallenden Emissionen von klimawirksamen Treibhausgasen unter-scheidet sich die Forstwirtschaft von anderen Sektoren. Die Biomasse ist ein großer Spei-cher für Kohlenstoff, der über die Photosynthese im Holz gebunden wird. Böden speichern

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außer Kohlenstoff auch noch bedeutende Mengen an Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Vergrößern sich diese natürlichen Speicher, entsteht eine Senkenwirkung für die genannten Gase. Wälder helfen damit, anthropogene Emissionen der Atmosphäre wieder zu entziehen.

Wälder und Waldböden sind die bedeutendsten terrestrischen Kohlenstoffspeicher im Kreis-lauf der Natur. Einerseits sind sie direkt und im besonderen Maße durch veränderte Stand-ortsbedingungen, biotische und abiotische Kalamitäten vom Klimawandel betroffen. Anderer-seits können sie besonders in der Aufbauphase über die photosynthetische Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid helfen, diesen Wandel zu verlangsamen. Neben der Erhaltung der Wälder erfordern diese Eigenschaften eine entsprechende Bewirtschaftung, um diese Funktion des Waldes und seine Senkenwirkung zu erhalten – wie es im nationalen Wald-programm, dem Klimaschutzprogramm Deutschlands und der EU, sowie in den Beschlüssen der Forstministerkonferenz von Lissabon gefordert wird.

Reduzierte Biomassevorräte, bedingt durch Nutzungen oder Kalamitäten, sind keine Quelle für Kohlendioxid wenn das geerntete Holz weiter genutzt wird, weil die Speicherleistung des Waldes um die Lebensdauer der Produkte verlängert wird. Der Einsatz als Material und Energieträger generiert zusätzlich durch die positive Energiebilanz von Holz Substitutionsef-fekte, durch die zusätzliche anthropogene CO2-Emissionen vermieden werden. Wird zum Beispiel mit Holz anstelle von energieaufwändigen Materialien wie Stahl oder Beton gebaut, entsteht ein mehrfacher Nutzen: Der Kohlenstoff bleibt gespeichert, Emissionen werden vermieden und im Wald entsteht Raum für junge Bäume mit entsprechendem Zuwachs. Ein wichtiger Aspekt sind dabei die geringeren Energieaufwendungen im Vergleich zu anderen Baustoffen.

So wird bei der Herstellung von 3 Meter hohen Stützen gleicher Tragkraft aus Holz lediglich 60 kWh fossile Energie benötigt, im Vergleich zu 221 kWh bei Stahlbeton. Auch energetische Maßnahmen wie z. B. die Wärmeversorgung eines Neubaugebietes durch eine zentrale Holzfeuerung leisten einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz, weil nur so viel CO2 frei-gesetzt wird, wie der Atmosphäre zuvor entzogen wurde und der Einsatz von fossilen Brenn-stoffen, insbesondere für die Wärmeerzeugung, vermieden wird.

Entscheidend für die Erhaltung und den Ausbau der Speicherleistung des Waldes ist seine nachhaltige Bewirtschaftung. In Baden-Württemberg wird der öffentliche Wald bereits seit über 20 Jahren naturnah bewirtschaftet – z. B. mit gezielter Förderung möglichst risikoarmer Mischwälder unter bewusstem Verzicht auf höhere Holzerträge, mit bodenschonenden Holz-ernteverfahren, Verjüngung mit standortsgerechten Baumarten und weitgehendem Verzicht auf Kahlschläge bei der Holzernte. Die Erhaltung und die Standards für diese nachhaltige Bewirtschaftung sind im Landeswaldgesetz geregelt, ihre Umsetzung wird durch die Forst-verwaltung sichergestellt. Die Auswertungen der Bundeswaldinventuren I und II (BWI) haben gezeigt, dass die Biomasse der Wälder Baden-Württembergs zur Zeit eine Nettosenke für Kohlendioxid ist. Der in den Bäumen gespeicherte Kohlenstoff (Stamm, Wurzeln, Reisig) hat

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zwischen 1987 und 2002 von rd. 163 Mio. t um 8 Mio. t auf rd. 171 Mio. t zugenommen (Be-rechnung nach der vom BMVEL verwendeten Methode zur Darstellung der Treibhausgasvor-räte im Nationalen Treibhausgasbericht, NIR 2005 – zu beziehen beim Umweltbundesamt). Diese Senkenwirkung entspricht 30,6 Mio. t CO2 oder rd. 2,5% der CO2-Emissionen des Landes im selben Zeitraum.

Während die Vorräte bei Fichte und Kiefer abgenommen haben , haben die Vorräte von Bu-che und Buntlaubbäumen stark zugenommen. Die Kohlenstoffvorräte in Waldböden und Auf-lageschichten betragen im Land Baden-Württemberg schätzungsweise 156 Mio. t (= 573 Mio. t CO2). Außerdem speichern sie bedeutende Mengen der klimarelevanten Treibhaus-gase Methan und Lachgas. Aufgrund kleinräumiger Unterschiede und vielen beeinflussen-den Parametern existieren jedoch bislang über die tatsächlichen Größen und Stoffflüsse sehr wenig wissenschaftliche Erkenntnisse.

Ein weiterer relevanter Speicher ist das Totholz, dessen Zersetzungsgeschwindigkeit we-sentlich langsamer ist, als bislang angenommen. Die bei der BWI II aufgenommenen Tot-holzmengen betragen im Durchschnitt 19,1 Fm je ha, was in etwa 6,8 Mio. t Kohlenstoff (oder 24,8 Mio. t CO2) entspricht, ein Wert, der im unteren Rahmen von sich selbst überlas-senen Bannwäldern liegt.

3.6.2 Vision 2050

Landwirtschaft

Ziel ist es, die landwirtschaftlichen Emissionen bis 2050 um 40 % gegenüber dem Jahr 1990 (5,52 Mio. t CO2-eq) zu reduzieren. Dies bedeutet, dass die Emissionen bis 2050 auf ein Niveau von 3,31 Mio. t CO2-eq/Jahr gesenkt werden müssen. Im Jahr 2007 war bereits eine Abnahme um 18,2 % (ggü. 1990) zu verzeichnen, die auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen ist, wie zum Beispiel die gestiegene Produktivität und Tierfuttereffizienz, Ab-nahme von Rinderbeständen (insbesondere infolge der gestiegenen Milchleistung), verbes-sertes Wirtschaftsdüngermanagement, Entwicklung von agrar- und umweltpolitischen Vor-gaben (Gemeinsame Agrarpolitik der EU, Nitratrichtlinie), gesunkener Einsatz von Stick-stoffdünger und der Schutz von Dauergrünland. Infolge steigender Futtereffizienz, verbesser-ter Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Lebensdauer der Nutztiere sowie Ertragssteigerun-gen im Ackerbau sind in den nächsten Jahren weitere Reduktionen zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass dieser Effekt durch den Strukturwandel und die Bevölkerungsabnahme verstärkt wird. Allerdings dürften diese Entwicklungen allein nicht ausreichen, um das 40 %-Ziel zu erreichen. Hierfür bedarf es konkreter Reduktionsmaßnahmen, damit weitere 1,21 Mio. t CO2-eq/Jahr (22 % ggü. 2007) eingespart werden können (vgl. Tabelle 14).

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Zeitrahmen Wert Einheit

Reduktion 2007-2050 (Zielwert) 1.206.236 in t CO2-eq

Reduktion pro Jahr (2007-2050) 28.052 in t CO2-eq

Reduktion 2007-2020 364.676 in t CO2-eq

Reduktion 2020 ggü 1990 24,8 %

Reduktion 2020 ggü 2007 8,1 %

Tabelle 14: Annahmen für die Reduktion der THG-Emissionen im Landwirtschaftsbe-reich zur Erreichung des 40 % -Ziels (bei linearer Entwicklung der THG-Reduktion)

Inwieweit diese THG-Einsparungen erreicht werden können, hängt auch von der weiteren Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU ab. Derzeit wird auf europäischer und nationaler Ebene diskutiert, wie diese Politik in Zukunft gestaltet werden soll, welche Prioritäten und Bemessungssätze für Fördermittel gesetzt werden und wie diese Mittel ver-teilt werden sollen. Von besonderem Interesse für den Klimaschutz und weitere Umweltziele sind hier die Mittel, die für die Entwicklung des ländlichen Raumes eingesetzt werden (sog. 2. Säule). Aktuell werden darüber die Agrarumweltmaßnahmen, der ökologische Landbau und Maßnahmen zur Beratung oder zur Modernisierung von Betrieben gefördert. Seit dem Gesundheitscheck der GAP im Jahre 2008 wurde ein Schwerpunkt auf die neuen Herausfor-derungen der Landwirtschaft gelegt, welche auch den Klimaschutz umfassen. Nun geht es darum, diesen Schwerpunkt durch entsprechende Maßnahmen und finanzielle Ressourcen ab 2014 weiter zu ergänzen und dies im Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum von Baden-Württemberg für den Zeitraum 2014 bis 2020 darzustellen.

Forstwirtschaft

Die Voraussetzungen in Baden-Württemberg für eine intensive Nutzung von Holz als Roh- und Werkstoff sowie als Energieträger sind positiv zu bewerten. Grundlage hierfür sind die hohen stehenden Holzvorräte und der überdurchschnittliche Holzzuwachs von über 18 Mio. Kubikmetern pro Jahr innerhalb der letzten 15 Jahre. Die Verarbeitung findet überwiegend im Land statt, was kurze Transportwege ermöglicht. Baden-Württemberg bildet einen Schwer-punkt der holzbe- und -verarbeitenden Industrie in Europa. Im Zeitraum 1987 bis 2002 wur-den ca. 190 Mio. Fm Holz nachhaltig genutzt und für die Herstellung von Holzprodukten oder Energie verwendet (ohne Altholz). Eine modellhafte Berechnung der FVA Baden-Württemberg zeigt, dass dadurch der in Holzprodukten gespeicherte Kohlenstoff um rd. 12 Mio. t (entspricht 44,3 Mio. t CO2 oder 3,5% der Landesemissionen) zugenommen hat. In diesen Zahlen sind noch nicht die durch Substitutionseffekte vermiedenen Emissionen enthalten. Sie unterstreichen, dass durch die nachhaltige Nutzung der Wälder in Baden-Württemberg die Treibhausgasspeicher und ihre Senkenwirkung positiv beeinflusst wurden und dass Wälder und Forstwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Koh-lendioxidemissionen im Land leisten.

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Der Beitrag der Waldbewirtschaftung in Baden-Württemberg wird im Rahmen des nachhaltig zu erzeugenden Rohstoffes Holz bis zum Jahr 2050 weitestgehend ausgeschöpft.

3.6.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Landwirtschaft

Im Bereich Landwirtschaft gibt es eine Reihe von Minderungspotenzialen, die zum einen bereits bekannte Managementpraktiken aufgreifen (bspw. emissionsarme Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern), sich zum Teil jedoch auch auf neue weitgreifende Maßnah-men (bspw. Umstellung auf eine klimafreundliche Ernährungsweise) beziehen. Für eine Prio-ritätensetzung der Maßnahmen sind in erster Linie ein hohes Reduktionspotenzial sowie Synergien mit anderen Umweltzielen wie bspw. Wasserschutz, Bodenschutz oder Biodiver-sität von Bedeutung. Vor allem Maßnahmen in den Bereichen Tierhaltung, Stickstoffreduk-tion und -effizienz sowie Schutz von bestehenden Kohlenstoffspeichern erfüllen diese Krite-rien.

In Baden-Württemberg werden bereits verschiedene klimafreundliche Maßnahmen im Rah-men des Agrarumweltprogramms MEKA (Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich) gefördert. Dazu gehören unter anderen die extensive Grünlandbewirtschaftung, die Begrünung und reduzierte Bodenbearbeitung, der Verzicht auf chemisch-synthetische Pro-duktionsmittel oder der ökologische Landbau, soweit hier die Marktnachfrage sich positiv weiterentwickeln kann. Vor dem Hintergrund, dass die Politik des ländlichen Raumes in Zu-kunft gestärkt und auch die Fördermittel entsprechend ausgerichtet werden sollen, ist weiter-hin ein sichtbarer Schwerpunkt auf den Klimaschutz zu legen, der möglichst über die bisheri-gen Maßnahmen und den aktuellen Förderumfang hinausgeht. Vorrang müssen dabei vor allem Maßnahmen mit einem deutlichen Umweltbezug haben.

Im Folgenden werden die verschiedenen Maßnahmen vorgestellt, die sich grob in die Berei-che Landwirtschaft sowie Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LU-LUCF) unterscheiden lassen. Während die THG-Einsparungen durch die Umsetzung der landwirtschaftlichen Maßnahmen auf das Reduktionsziel angerechnet werden können, wer-den die LULUCF-Maßnahmen als wichtige Ergänzung dazu aufgeführt, ohne jedoch derzeit in die Bilanzierung einzugehen, da sich das Gesamtziel auf die Emissionsbilanz Baden-Württembergs ohne Berücksichtigung der Emissionen aus LULUCF bezieht. Diese Maß-nahmen beziehen sich in erster Linie auf den Schutz von bestehenden Kohlenstoffspeichern und -senken (Moore und Dauergrünland). Maßnahmen zum Schutz von kohlenstoffreichen Böden sind zudem hinsichtlich Kosten und Nutzen effizienter als Maßnahmen zur Steigerung des Kohlenstoffgehaltes in Böden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass potenziell mehr Kohlenstoff durch die Zerstörung von Speichern verloren geht als durch neue Anrei-cherungsmaßnahmen gewonnen werden kann und die Erfassung des Kohlenstoffgehaltes einfacher und verlässlicher ist als die Ermittlung der Zunahme von Kohlenstoff in Böden.

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Klimaschutzmaßnahmen im Forstbereich wurden bereits im Klimaschutzkonzept Baden-Württemberg aufgegriffen und werden weitergeführt und ggf. weiter ausgebaut. Dazu gehö-ren die verstärkte Nutzung von Holz als Baustoff, die naturnahe Waldwirtschaft und For-schungs- und Entwicklungsaktivitäten in den Bereichen forstliches Umweltmonitoring und nachwachsende Rohstoffe. Zusätzlich gibt es Maßnahmen im Klimaschutzkonzept 2020PLUS zur „Fortführung der bestehenden Maßnahmen zur Aufklärung und Information hinsichtlich einer erhöhten Nutzung der Holzbauweise“ (siehe 3.7 Emissionen aus industriel-len Prozessen, Produktanwendungen und aus der Gewinnung, Verteilung und Lagerung von Brennstoffen) und zur “Erschließung des Biomassepotenzials aus Wald- und Restholz“ (sie-he 3.9 Erschließung des nachhaltigen Biomassepotenzials).

Ergänzend dazu sind Reduktionsmaßnahmen zur Energieeinsparung sowie zur Verbesse-rung des Humus-/Kohlenstoffgehaltes der Böden zu nennen, die bereits durchgeführt werden und weiter gestärkt werden müssen, jedoch aus bereits genannten Gründen nicht dem Sek-tor Landwirtschaft zugerechnet werden.

Die den einzelnen Maßnahmen zugeordneten THG-Einsparungspotenziale sind generell als Richtwerte bzw. Schätzwerte zu verstehen. Die nachfolgenden Maßnahmen werden nach-folgend entsprechend ihres Reduktionspotenzials in absteigender Reihenfolge aufgeführt.

Maßnahmen zur Landwirtschaft

Maßnahme LW1

Beratende Unterstützung und Forschungsprojekte für einen klimaorientierten bio-logischen Fortschritt

Ziel Klimafreundliche Milch- und Rindfleischproduktion in Baden-Württemberg durch weitere Effizienzsteigerung und Optimierung der Fütterung

Sachstand Der Rinderbestand (2007) hat infolge des Strukturwandels und des biologischen Fort-schrittes in der Milch- und Rindfleischproduktion ggü. 2003 um 9,5 % und ggü. 1990 so-gar um 35 % abgenommen. Weitere Rückgänge sind durch die Bevölkerungsabnahme, den Wegfall der Milchquote im Jahr 2015, die Milchleistungssteigerung sowie eine stei-gende Tierfuttereffizienz zu erwarten. In der Milchviehhaltung wurde in den letzen Jahr-zehnten die jährliche Milchleistung durchschnittlich um ca. 100 kg/Kuh gesteigert. Mit dieser Steigerungsrate kann auch bis 2020 gerechnet werden. Durch den Wegfall der Milchquote kann möglicherweise durch einen stärkeren Wettbewerbsdruck, sogar mit höheren Steigerungsraten von bis zu 200 kg/Kuh gerechnet werden. Da diese Steige-rungsraten für das Jahr 2050 nicht vorhersehbar sind bzw. unklar ist, in wie weit diese Entwicklung fortgeschrieben werden kann, wird ab 2020 mit einer moderaten Steigerung von 50 kg/Kuh ab 2020 gerechnet. Diese Entwicklung ist als eigenständiger Prozess zu betrachten.

Beschreibung Viele Punkte, die die Wettbewerbsfähigkeit der Milchproduktion fördern, wirken sich auch auf die Klimafreundlichkeit der Produktion aus. Hierbei ist insbesondere auf eine ausrei-chende Tiergesundheit mit geringen Abgangsraten und einer angemessenen Nutzungs-dauer der Milchkühe sowie einen hohen Milchanteil aus dem Grundfutter zu achten. Dies-bezüglich wird die Landesregierung:

a) Diese Sachverhalte als Schwerpunkte in der fachlichen Beratung und der Weiterbil-dung der Landwirte verankern;

b) Forschungsprojekte hinsichtlich Tierfuttereffizienz und Futterzusätzen zur Reduzie-rung der CH4-Emissionen, hohen Grundfutterleistungen sowie Tierschutz- und Na-turschutzverträglichkeit einer gesteigerten Milchleistung fördern. Letzteres ist insbe-

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sondere durch die große Bedeutung von Wirtschaftsgrünland in Baden-Württemberg und den in den letzten Jahren zu beobachteten starken Rückgang der Rinderzahlen von großer Bedeutung.

c) Forschungsprojekte hinsichtlich der naturschutzverträglichen Folgenutzung von nicht mehr für die Milchproduktion benötigtem Grünland fördern. In diesem Rahmen sollen vor allem Optionen der extensiven Nutzung mit Weidetieren, Gewinnung von Bio-energie und Aufforstung (in sehr steilen Hanglagen) z.B. in Form einer Machbarkeits-studie diskutiert werden. Dies beinhaltet auch einen ausführliche Diskussion der Verwertung von Biomasse aus extensiven Grünland.

Durch diese Maßnahme werden vor allem THG-Emissionen aus der enterischen Fermen-tation und aus dem Wirtschaftsdüngermanagement (durch eine Reduktion der anfallen-den Güllemenge) gemindert. Je nach Leistungsentwicklung ist mit einem Rückgang des Milchviehbestandes bis zum Jahr 2020 um ca. 15 – 28 % und des Rinderbestandes um ca. 14 -26 % (ggü. 2007) zu rechnen. Der aktuelle Selbstversorgungsgrad soll beibehal-ten werden.

Zielgruppe Landwirtschaftliche Betriebe, spezialisiert auf Rinderhaltung zur Fleisch- und Milchproduk-tion, Forschungsinstitute

THG-Einsparung Infolge der steigenden Milchleistung, mit einer angemessenen Nutzungsdauer der Milch-kühe, werden THG-Emissionen (CH4) in Höhe von 200.000 t CO2-eq (bei einer Steigerung von 100 kg/Jahr) bzw. 403.000 t CO2-eq (bei einer Steigerung von 200 kg/Jahr) einges-part. Des Weiteren werden THG-Emissionen (N2O) in Höhe von 61.000 t CO2-eq (bei einer Steigerung von 100 kg/Jahr) bzw. 86.000 t CO2-eq (bei einer Steigerung von 200 kg/Jahr) eingespart. Hierbei gehen jedoch auch die Einsparungen durch das verbes-serte Düngermanagement (siehe Maßnahme LW2 und LW4 mit ein.)

Die Bevölkerungsabnahme und die daraus resultierende sinkende Gesamtnachfrage nach Milch und Fleisch wirken sich ebenfalls emissionsmindernd aus.

Anmerkungen Neben der Einsparung von THG-Emissionen kommt es zur Freisetzung von Grünland-flächen von insgesamt 64.000 bzw. 122.000 ha Umfang (je nach Steigerungsgrad der Milchleistung) infolge des reduzierten Bedarfs an Grünlandfläche für Futterzwecke. Der Erhalt und die Offenhaltung von Grünland hat jedoch aus naturschutz- und bodenschutz-technischen Gründen höchste Priorität. Denkbar ist die Nutzung von extensivem Grün-schnitt für die Wärme- und Stromgewinnung (durch Verbrennung oder Verwertung in Biogasanlagen).

Seit Beginn 2009 wird die Verwertung von Landschaftspflegematerial in Biogasanlagen durch einen Bonus im Rahmen des EEG gefördert. Voraussetzung ist, dass mind. 50 % Landschaftspflegematerial/Kalenderjahr eingesetzt werden. Dazu gehören auch Reststof-fe aus Biotopen, Hängen und Böschungen sowie Naturschutz- und Ausgleichsflächen. Somit kommt dieser Bonus auch als potentielles Fördermittel für die Nutzung von extensi-vem (nicht mehr beweidetem) Grünland in Frage. Erfahrungen zeigen jedoch, dass noch Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Ausgestaltung dieses Fördermittels besteht. Die Erfahrungen im Land hinsichtlich der Anwendung und Wirkung des Landschaftspflegebo-nus sollen in den Überprüfungsprozess des EEG (2012) mit einfließen, damit ggf. Anpas-sungen auf Bundesebene durchgeführt werden.

Sollte auch über das EEG keine wirtschaftliche Nutzung möglich sein, werden land-schaftspflegende Maßnahmen durchgeführt, die u.a. durch den Vertragsnaturschutz fi-nanziert werden. Von der Aufgabe einer Beweidung betroffene Grenzstandorte (v.a. Grünland in steilen Hanglagen), auf denen eine Mahd und Pflege erschwert ist, können ggf. für eine nachhaltige Aufforstung in Betracht gezogen werden.

Bei vollständiger Nutzung der frei werdenden Flächen für die Bereitstellung von Biomasse (bspw. in Form von Grassilage) könnte ein technisches Potenzial von ca. 4,6 PJ/a – 8,7 PJ/a (je nach Steigerungsgrad der Milchleistung) an Biogas bzw. Methan erzeugt werden.

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Maßnahme LW2 Förderprogramm zur Senkung des Stickstoffüberschusses und Steigerung der Stickstoffeffizienz

Ziel Senkung des jährlichen Stickstoffüberschusses von insgesamt 77 kg/ha im Landesdurch-schnitt auf 50 kg/ha und Steigerung der Stickstoffeffizienz

Sachstand Aktuell beträgt der Stickstoffüberschuss in Baden-Württemberg 77 kg/ha*Jahr. Dabei handelt es sich um den Stickstoffüberschuss auf der Basis der Hoftorbilanz einschließlich sämtlicher Verlustpfade. Gemäß der Düngeverordnung (DüV) soll in den kommenden Jahren die Nährstoffüberschussobergrenze einzelbetrieblich auf 60 kg N/ha* Jahr gesenkt werden (als Durchschnitt der Jahre 2009-2011). Nach der DüV werden Feld-Stall-Nährstoffvergleiche, bei denen außerdem gasförmige Verluste bereits berücksichtigt wur-den, erstellt. Das Ziel den Stickstoffüberschuss auf 50 kg auf Basis Hoftorbilanz zu sen-ken, ist daher sehr ambitioniert.

Die Überschreitung der Richtwerte der DüV führt derzeit nicht unmittelbar zu Konsequen-zen, womit die DüV hier als regulatives Instrument weitgehend wirkungslos ist.

Im aktuellen MEKA III-Programm sind bereits Stickstoff- als auch Ammoniak-reduzierende Agrarumweltmaßnahmen enthalten wie z.B. die umweltfreundliche Ausbringung von flüs-sigen Wirtschaftsdüngern, die extensive Nutzung von Grünland, der Anbau von Körnerle-guminosen, Anwendung von Direkt- und/oder Mulchsaat im Ackerbau, der Verzicht auf chemisch-synthetische Produktionsmittel.

In Wasserschutzgebieten, die erhöhte Nitratkonzentrationen aufweisen (Problem- und Sanierungsgebiete), sind durch die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) Maßnahmen für eine Stickstoff-reduzierende Landbewirtschaftung vorgeschrieben (z.B. zur Bodenbearbeitung, Düngung, Begrünung, Zwischenfruchtanbau).

Zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sind in den gefährdeten Wasserkörpern, bei denen die Umweltziele bis 2015 vermutlich nicht erreicht werden können, weitere ergänzende Maßnahmen zu ergreifen.

Neben diesen flächenbezogenen Maßnahmen werden durch die Fachanstalten des Minis-teriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz, die Universität Hohen-heim und das LGRB Freiburg (RP Freiburg, Abteilung 9) eine ganze Reihe zeitlich befris-teter Projekte für eine Stickstoff-reduzierende Landbewirtschaftung durchgeführt.

Beschreibung Die Landesregierung strebt Maßnahmen an, die den Stickstoffüberschuss im Durchschnitt auf 50 kg/ha*Jahr senken. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Regionen, deren Stickstoff-überschuss weit über dem Durchschnitt liegt, wie z.B. Schwäbischer Wald/Odenwald, Östlicher Bodensee, Allgäu, Oberland, Hohenlohe, Westschwarzwald und Hochschwarz-wald und Donau-Iller

Zur Erreichung dieses Ziels wird die Landesregierung ein Förderprogramm zur landeswei-ten Senkung des N-Überschusses erarbeiten. Im Rahmen dessen sind im zukünftigen Agrarumweltprogramm (2014-2020) bereits bestehende effiziente Minderungsmaßnah-men (z.B. bei der Wirtschaftsdüngerausbringung oder dem Zwischenfruchtanbau) auszu-weiten und die Aufnahme von neuen Maßnahmen vorzusehen.

Die folgenden Reduktionsmaßnahmen sind hierfür geeignet:

a) Förderung eines verbesserten Düngermanagement: Sofortige Einarbeitung der aus-gebrachten Gülle und Einsatz emissionsarmer Ausbringungstechniken (Schlepp-schlauch, Schleppschuh, Injektor/Schlitzgerät oder Verdünnung der Gülle etc.) anstel-le bislang üblicher Ausbringungstechniken; Förderung als Agrarumweltmaßnahme: und zusätzlich über die investive Förderung. Mittelfristig wird die emissionsarme Aus-bringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern Bestandteil der guten fachlichen Praxis und somit verbindlich für alle Betriebe (Zeithorizont 2025-2030).

b) Stärkung von Güllebörsen: Um eine Substituierung von Mineraldünger durch Wirt-schaftsdünger voranzutreiben, ist eine verstärkte Kooperation von viehhaltenden und viehlosen Betrieben notwendig. Auf diese Weise kann ein Ausgleich von überschüssi-

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gem bzw. fehlendem Wirtschaftsdünger erwirkt werden. Transportwege sollten dabei nicht länger als 12-15 km sein.

c) Verstärkte Förderung des Zwischenfruchtanbaus: z.B. mit Catch crops, schnellwach-senden Pflanzen, die als Zwischenfrüchte den (überschüssigen) mineralischen Stick-stoff aus dem Boden aufnehmen und anschließend als Gründünger für die nachfol-gende Hauptkultur genutzt werden. Somit wirken catch crops einerseits einer Auswa-schung von Stickstoff aus dem Boden sowie der Freisetzung von N2O-Emissionen entgegen und binden zusätzlich Kohlenstoff im Boden. Catch crops umfassen vorran-gig Gräser und Kräuter, Senf, Phacelia u.a. ebenso wie bodenbedeckende Kulturen im Winter (Reduktionspotenzial: 0,19 t CO2-eq/ha*Jahr). Die hierdurch eingesparten Emissionen sind insbesondere auf den Gründüngereffekt zurückzuführen und führen somit zum reduzierten Einsatz von synthetischen Düngemitteln (welche jedoch in den Bereich der energiebedingten Emissionen fallen). Die Ausweitung des Zwischenf-ruchtanbaus von derzeitig 140.000 ha auf 200.000 ha wird angestrebt. Die Landesre-gierung setzt sich auf Bundes- und EU-Ebene für:

i) eine sachgerechte Umsetzung der Nährstoffsaldierung ein sowie

ii) die Anpassung der DüV ein: Festlegung fachlich sinnvoller N-Obergrenzen für alle Wirtschaftsdünger in der DüV, ggf. Kontingentierung durch Düngepläne und Einfüh-rung strengerer Standards in der DüV.

Zielgruppe Gesamtheit der Landwirte

THG-Einsparung Bei einer Senkung des N-Überschuss auf 50 kg N/ha können 250.700 t CO2-eq /Jahr eingespart werden.

Lagerung und Ausbringung: ca. 2.000 t CO2-eq /Jahr (Rinderhaltung);

ca. 5.000 t CO2 eq/Jahr (Schweinehaltung)

Anmerkungen Durch die Senkung des N-Überschusses wird außerdem ein positiver Beitrag zum Boden- und Wasserschutz sowie zum Erhalt der Biodiversität geleistet.

Maßnahme LW3 Verbraucherbezogene Maßnahmen zur Stärkung einer klimafreundlichen Ernäh-rungsweise

Ziel der Maßnah-me

Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung: Gesunde Ernährung für Mensch, Umwelt und Klima!

Sachstand Im Rahmen der Förderung einer gesunden Ernährung sowie als Beitrag zum Klimaschutz, wird in der Öffentlichkeit als auch Politik das Thema der nachhaltigen und klimafreundli-chen Ernährungsweise diskutiert. Die derzeitige Ernährungsweise in Deutschland zeigt eine deutliche Überversorgung mit Protein und Fett auf und führt zu gesundheitlichen Risiken. Mittlerweile machen ernährungsbedingte Krankheiten (Fehlernährung, Überge-wicht etc.) ca. 30 % der jährlichen Gesundheitskosten aus. Vor diesem Hintergrund wirbt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schon lange dafür sich gesünder und leichter, mit mehr pflanzlicher und weniger tierischer Kost zu ernähren. Eine Vielzahl von Studien belegen, dass eine gesündere Ernährung in der Regel auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Insbesondere der maßvolle Konsum von tierischen Produkten, deren „ökologischer Rucksack“ an Treibhausgasen bei der Erzeugung um ein Vielfaches höher ist als bei pflanzlichen Produkten, trägt dazu bei.

Die Landesregierung hat bereits verschiedene Maßnahmen zum Thema „Nachhaltige Ernährungsweise“ durchgeführt, Seit 2007 gibt es auf Landesebene eine Arbeitsgruppe „Gesunde Ernährung“, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie eingerichtet wurde und sich mit den sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen des Ernäh-rungsverhaltens als Nachhaltigkeitsfaktor befasst.

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Beschreibung Um die Breitenwirksamkeit für eine gesündere und klimafreundliche Ernährung zu erhö-hen, wird die Landesregierung insbesondere die folgenden Maßnahmen umsetzen:

a) Aufklärung und Sensibilisierung der Konsumenten hinsichtlich einer klimafreundlichen Ernährungsweise, die durch folgende Handlungsempfehlungen für den Konsum defi-niert wird:

- Mehr pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel (maßvoller Umgang mit Fleisch und Milchprodukten)

- Regionale Erzeugnisse - Saisonales Gemüse und Obst - Frische, geringe verarbeitete Lebensmittel - Einkaufen zu Fuß oder mit dem Fahrrad

b) Die Einführung von klimafreundlichem Essen in öffentlichen Einrichtungen und in der Schulküche bei Ganztagsschulen organisiert über die Vernetzungsstelle Schulver-pflegung: mehr Gemüse und Obst und weniger Fleisch, Einführung eines “Veggiday“ (siehe auch Maßnahme „Unterstützung und wissenschaftliche Begleitung von Initiati-ven zur Förderung klimafreundlicher Ernährung“; Bewusstseinsbildung und Öffentlich-keitsarbeit). Parallel dazu werden Aktionen zur Bewusstseinsbildung von Schülern und Lehrern durchgeführt (siehe Maßnahme „Wissen was wir essen: Ernährung in Schulen“; Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit).

c) Förderung eines ökologischen und grünen Beschaffungswesen in Unternehmen, Kommunen und Kirchen hinsichtlich Versorgung in Kantinen und bei Catering (Integ-ration in bestehende Systeme z.B. European Energy Award, EMAS, Klimaschutzver-einbarungen).

d) Die Landesregierung setzt sich auf Bundesebene dafür ein, dass bis 2013 Gespräche mit den Krankenkassen zur Erarbeitung von Förderprogrammen zur Unterstützung ei-ner gesunden und ausgewogenen Ernährung erfolgen.

Ziel ist es, den Konsum von tierischen Lebensmitteln auf ein der Gesundheit zuträgliches Maß zu reduzieren. Damit würden zugleich die THG-Emissionen, die bei der Produktion tierischer Nahrungsmittel i.d.R. höher ausfallen, als bei pflanzlicher Ernährung, gesenkt werden.

Zielgruppe Bürger, Schulen, öffentliche Einrichtungen, Kirchen, private Unternehmen, Krankenkas-sen etc.

THG-Einsparung Durch die Umstellung der Ernährungsgewohnheiten (wie bspw. reduzierter Konsum von Rindfleisch und Milchprodukten) werden THG-Emissionen in Höhe von 176.400 – 199.300 t CO2-eq (CH4) sowie in Höhe von 16.000 – 18.000 t CO2-eq (N2O) eingespart. Die Span-ne bei den Einsparpotenzialen ergibt sich durch die unterschiedlichen Annahmen hinsich-tlich der Leistungsentwicklung in der Milchviehhaltung (siehe auch LW1).

Da jedoch davon ausgegangen wird, dass Änderungen im Ernährungsstil einer gewissen Zeit bedürfen, werden die THG-Einsparungen erst für 2050 angerechnet.

Maßnahme LW4 Auflagen zur Lagerung von Wirtschaftsdünger

Ziel Senkung der Ammoniakemissionen (NH3) aus der Wirtschaftsdüngerlagerung

Sachstand Ca. 30 % der Rindergülle wird derzeit noch unter dem Spaltenboden gelagert, bei Schweinegülle sind es ca. 25 %. Zusätzlich werden ca. 20 % der Schweinegülle ohne jegliche Abdeckung gelagert.

Die Verwertung von Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen wird seit 2009 durch die Einfüh-rung des Güllebonus (EEG) gefördert. Dieser fördert Biogasanlagen, deren Substratmi-schung zu mindestens 30 % aus Gülle besteht. Der Bonus besteht aus einer Anhebung

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der Grundvergütung für kleinere Anlagen mit einer Leistung von bis zu 150 Kilowatt und einem Bonus für Anlagen bis zu einer Leistungsklasse von 500 kW. Mit dieser Förderung soll erreicht werden, dass neben den nachwachsenden Rohstoffen auch Gülle, welche sonst als Dünger auf die Felder ausgetragen würde, für die Biogaserzeugung genutzt wird. Zudem soll dieser Bonus bewirken, dass kleinere Anlagen in ihrer Wirtschaftlichkeit gestärkt werden.

Im Jahr 2007 wurden ca. 10% der anfallenden Gesamtmenge an Wirtschaftsdünger (Gül-le) in Biogasanlagen verwertet.

Beschreibung Ergänzend zur Maßnahme LW2, wird die Landesregierung

a) eine Auflage zur verbesserten Wirtschaftsdüngerlagerung einführen. Ziel ist eine emis-sionsarme Lagerung von Gülle und das Vorhandensein von ausreichend Lagerkapazi-tät, damit der Wirtschaftsdünger vor allem im Frühjahr nach Pflanzenbedarf ausgeb-racht werden kann. Zu geeigneten Lagerungsformen zählen Außenlager mit schwim-mender oder fester Abdeckung oder die Lagerung von Gülle im separaten Güllekeller.

b) Bei Vorhandensein der technischen und lokalen Voraussetzungen soll die Gülle in Biogasanlagen kofermentiert werden.

c) sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Gülleverwertung im Rahmen des EEG stärker gefördert wird.

Zielgruppe Landwirte

THG-Einsparung a) Siehe Maßnahme LW2

b) Infolge einer Kofermentierung von Gülle in Biogasanlagen, werden weitere THG-Emissionen (CH4) eingespart in Höhe von 101.000 t CO2-eq /Jahr eingespart.

Maßnahme LW5 Förderprogramm zum Ausbau des ökologischen Landbaus

Ziel Ausweitung des ökologischen Landbaus im Bereich Viehhaltung und Landbau

Sachstand Im Jahr 2007 wurden ca. 6 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaf-tet, was einer Fläche von 84.850 ha entspricht (der Bundesdurchschnitt liegt bei 5 %). Auf rund 40 % dieser Fläche wird Ackerbau betrieben und rund 60 % werden als Grünland genutzt. Die ökologische Rinderhaltung beträgt ca. 7 % der gesamten Rinderhaltung und die ökologische Schweineproduktion ca. 0,6 % der Gesamtproduktion.

Die Einführung und die Beibehaltung des ökologischen Landbaus wird im Rahmen des Agrarumweltprogramms MEKA gefördert. Aktuell werden ökologische Anbauverfahren (Einführung/ Beibehaltung) in einem Umfang von 80.000 ha gefördert.

Letztlich wird der Markt, die Nachfrageentwicklung und die Wettbewerbsstellung gegenü-ber den Wettbewerbern mit konventionellen und ökologischen Produkten den weiteren Ausbau bestimmen.

Beschreibung Die Landesregierung wird den ökologischen Landbau weiterhin unterstützen und in die-sem Rahmen:

a) finanzielle Anreize für spezifische Maßnahmen zur Verfügung stellen. In diesem Rahmen wird die Landesregierung

• die derzeitige Förderung für ökologische Anbauverfahren im MEKA-Programm auch in der neuen Förderperiode (2014-2020) fortsetzen,

• angemessene Fördersätze im Bereich Viehhaltung als auch im Ackerbau den Landwirten zur Verfügung stellen (im Rahmen von MEKA) und die Landwirte,

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insbesondere hinsichtlich der Investitions- und Umstellungsmaßnahmen, finanzi-ell unterstützen.

• die Agrarinvestitionsbeihilfen (AFP) auch zur finanziellen Unterstützung von Pro-jekten im ökologischen Landbau insbesondere zu Einkommenskombination und Diversifizierung einsetzen.

b) die Landwirte hinsichtlich der Vorteile des ökologischen Landbaus sowie der Förde-rung und des Umstellungsprozesses umfassend beraten.

c) Die Landesregierung setzt zudem auf EU-Ebene dafür ein, das weitere Klimaschutz-aspekte langfristig in die Richtlinie des Ökolandbau wie z.B. verbesserte Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdünger integriert werden und somit der Beitrag des ökologischen Landbaus zum Klimaschutz gestärkt wird.

d) Zusätzlich werden verbraucherorientierte Maßnahmen ergriffen, die zum Ziel haben, die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Produkten aus der Region zu erhöhen (siehe auch Maßnahme LW3).

Ziel ist es,

• 15 % des konventionellen Milchviehbestandes und 15 % des konventionellen Rinder-bestandes (zusätzlich zum bereits umgestellten Viehbestand) nach Kriterien des öko-logischen Landbaus umzustellen. Generell werden jedoch Umstellungsmaßnahmen für alle Nutztierarten unterstützt.

• Zusätzlich (zur bereits ökologisch bewirtschafteten Fläche) wird angestrebt, dass 45.000 ha der Anbaufläche auf ökologischen Anbau umgestellt werden.

Im Ackerbau wirkt vor allem der vermiedene Einsatz von synthetischen Düngern emissi-onsmindernd. Besonderes Augenmerk muss jedoch auf die Synergieeffekte gelegt wer-den, die der Ökolandbau für den Boden- und Wasserschutz, den Erhalt der Biodiversität und die tiergerechte Viehhaltung erbringt.

Zielgruppe Landwirte, Landwirtschaftliche Unternehmen, Verbraucher

THG-Einsparung Hinsichtlich der Änderung der THG-Emissionen durch die Umstellung auf ökologischen Landbau kommen wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Tierproduktion zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen.

Im Ackerbau weisen die verschiedenen Studien dem ökologischen Landbau ein klares Reduktionspotenzial zu. Durch die Umstellung der konventionellen auf ökologischen Landbau (bei Annahme von 40 % Ackerbau, bspw. Winterweizen, und 60 % Grünland) werden THG-Emissionen in Höhe von 21.000 t CO2-eq/Jahr eingespart.

Durch die Maßnahmen ergeben sich zudem weitere vorgelagerte THG-Einsparungen durch reduzierte Dünger- und Pflanzenschutzmittelproduktion.

Maßnahme LW6 Beratung von Landwirten und Erfahrungsaustausch

Ziel Durchführung von Trainingsmaßnahmen für Landwirte und Weiterbildung von landwirt-schaftlichen Beratungskräften im Bereich praktischer Klimaschutz, um das Verständnis und die Akzeptanz für klimaschutzorientierte Maßnahmen zu erhöhen.

Sachstand Die regionale Beratung von Landwirten war bereits Bestandteil des Klimaschutzkonzepts 2010. In diesem Rahmen hat sich die landwirtschaftliche Beratung u.a. der Umsetzung von Vorgaben, Kenntnissen und neuer Entwicklungen für klimaschonende Wirtschafts-weisen in die landwirtschaftliche Praxis gewidmet. Konkrete Beratungs- und Fortbildungs-angebote mit Klimarelevanz umfassen:

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• Düngeberatung (Nitratinformationsdienst), • Fütterungsberatung, • Immissionsschutz, • Stallklimadienst

• Energieeffizienzberatung, • Cross Compliance-Beratung in Verbindung mit Beratung zu Einzelbetrieblichen

Managementsystemen,

• gesamtbetriebliche Qualitätssicherungbeurteilung und • Beratung im Bereich Biogas.

Darüber hinaus wurden und werden Optimierungsversuche zur Erzeugung von Biomasse für die Energiegewinnung und zur umweltgerechten Düngung mit Gärresten aus Biogas-anlagen sowie zur Stickstoffdünger durchgeführt, deren Ergebnisse in die Beratung ein-gespeist werden.

Beschreibung

Die Umsetzung eines praktischen Klimaschutzes vor Ort erfordert in erster Linie, dass die Landwirte über das Entstehen landwirtschaftlicher THG-Emissionen, Minderungs-potenziale und -maßnahmen sowie den damit verbundenen Kosten und Nutzen informiert sind und geeignete Förderinstrumente kennen. Diesbezüglich sind die bereits bestehen-den und etablierten Beratungsangebote weiterzuführen und auf Vollständigkeit hinsichtlich der Bandbereite an bestehenden Reduktionsmaßnahmen zu prüfen

Zudem wird geprüft, welche weiteren (innovativen) Vermittlungs- und Kommunikations-formen geeignet sind. Dazu gehören bspw. die Erarbeitung zielgerichteter Trainingsprog-ramme, Durchführung von Workshops sowie die Organisation eines Erfahrungsaustau-sches von Landwirten in der Region sowie überregional zur Vermittlung von best-practice-Maßnahmen und der Besichtigung von Vorführbetrieben.

Zielgruppe Landwirte, landwirtschaftliche Unternehmen, landwirtschaftliche Beratungskräfte

THG-Einsparung Nicht quantifizierbar (unterstützende Maßnahme zu oben genannten Maßnahmen)

Anmerkungen Impulsgebend für die Weiterentwicklung der klimarelevanten Beratung können Monitorin-ginstrumente aus ausgesuchten EU-Mitgliedstaaten sein, mit Hilfe derer die Landwirte die THG-Bilanz sowie Umweltbilanz ihrer Betriebe berechnen und optimieren können (z.B. MOTIFS Monitoring Tool for Integrated Farm Sustainability, Belgien; CALM (Carbon Ac-counting for Land Managers) Rechner, Großbritannien; IDEA System (Farm Sustainability Indicators), Frankreich).

Maßnahme LW7 Weiterentwicklung der Vermarktung regionaler Produkte

Ziel Optimierung des Ansatzes "Aus der Region für die Region" in der gesamten Wertschöp-fungskette

Sachstand Das Qualitätszeichen Baden-Württemberg und das Biozeichen Baden-Württemberg ver-folgen das Ziel, Erzeugnisse im Rahmen dieser Qualitätssicherungssysteme zu erzeugen, zu verarbeiten und insbesondere im Sinne von "Aus der Region für die Region" zu ver-markten und somit die Land- und Ernährungswirtschaft zu stärken.

Somit können entsprechende Produkte vermarktet werden, die eine gesicherte Herkunfts-aussage und besonders festgelegte Qualitätseigenschaften aufweisen. Je nach Produkt-art und Absatzschiene wird und kann dieses Angebot sehr unterschiedlich von den Pro-duzenten und Vermarktungseinrichtungen genutzt bzw. kommuniziert werden.

So werden teilweise Regionalmarken wie bspw. „Unsere Heimat“ (EDEKA Südwest) ab-gesichert, aber auch Regionalmarken erfolgreich angeboten, die sich gänzlich eigenstän-dig am Markt bewegen. Die erfolgt vor dem Hintergrund, dass nur ein bestimmtes Markt-

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segment bzw. Produktionskapazitäten sich über Regionalität profilieren können. Die Frage des CO2-Fußabdrucks eines Konzepts "Aus der Region für die Region" gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung.

Derzeit wird durch das MLR ein Projekt entwickelt und mit Partnern aus der Land- und Ernährungswirtschaft umgesetzt, welches der Klärung und Verifizierung der Stärken und Schwächen regionaler Vermarktungsstrategien vor dem Hintergrund der CO2-Fußabdrücke dient. Ausgangsbasis für dieses Projekt ist die konkrete Situation in Baden-Württemberg. Erklärtes Ziel ist die Abschätzung und Bewertung des Potenzials "Aus der Region für die Region" und der Beitrag der Emissionen von klimarelevanten Gasen in der Produktion, Verarbeitung und Vermarktung (2010/2011). In diesem Kontext ist zu berück-sichtigen, dass ein regionaler Ansatz bzw. Wertschöpfung mehrere Zielsetzungen erfüllen muss, die in ihren Auswirkungen auf die CO2-Emissionen nicht direkt den Produkten zu-geordnet werden können.

Beschreibung

Die Landesregierung wird Maßnahmen zur Optimierung des Ansatzes "Aus der Region für die Region" über die gesamte Wertschöpfungskette initiieren und unterstützen.

Neben der Fortführung bereits bestehender Maßnahmen zum Konzept „Aus der Region für die Region„ wird ein Schwerpunkt auf die Möglichkeiten einer Optimierung des CO2-Fußabdrucks in der Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte gelegt (Motto: „wir tun was“). Aufbauend auf die Ergebnisse des o.g. Projekts gilt es somit das entsprechen-de Potenzial regionaler Vermarktungskonzepte im Bezug auf die Emission klimarelevanter Gase zu nutzen und zu kommunizieren.

Das entsprechende Maßnahmenpaket beinhaltet den Anstoß und die Umsetzung konkre-ter Projekte mit Produzenten, Verarbeitern und Absatzmittler und die entsprechende Wei-terentwicklung bestehender Angebote und Aktivitäten im Rahmen der Förderung von Maßnahmen des Agrarmarketings. Dies erfolgt beispielsweise im Rahmen der Landesak-tion "Gläsernen Produktion", auf Fach- und Verbrauchermessen, sowie im Rahmen be-stehender und entsprechend weiterzuentwickelnden Internetauftritten der betreffenden Wirtschaftpartner, von Regionalinitiativen und besonders im Rahmen der Maßnahmen des Gemeinschaftsmarketings der MBW Marketinggesellschaft und in der Informations-kampagne zum Klimaschutzkonzept.

Auch erscheint eine Verknüpfung insbesondere mit den Maßnahmen BM4 und BM5 sinn-voll und notwendig zu sein.

Zielgruppe Land- und Ernährungswirtschaft (einschl. Handel und Gastronomie), Konsumenten etc.

THG-Einsparung Nicht quantifizierbar

LULUCF-Maßnahmen

Maßnahme LW8 Schutzprogramm zur Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren und nach-haltige Nutzung

Ziel Renaturierung und Wiedervernässung von land- und forstwirtschaftlich genutzten Nieder- und Hochmooren.

Sachstand Von insgesamt 42.000 ha Moorfläche werden ca. 73 % landwirtschaftlich genutzt. Von dieser Fläche werden 80 % (24.500 ha) für die Grünlandwirtschaft und 20 % (6.100 ha) für den Ackerbau genutzt.

Aktuell wird im Rahmen von BWPlus (Initiative des Umweltministeriums) ein Forschungs-vorhaben zur Untersuchung der THG-Einsparungen durch die Renaturierung bzw. Wieder-vernässung von Mooren in Baden-Württemberg ausgeschrieben.

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Beschreibung Die Landesregierung wird prüfen welches Potenzial zur Renaturierung von landwirtschaft-lich intensiv genutzten Niedermoorflächen auf Landesebene besteht und ggf. entsprechen-den Handlungsbedarf zur Wiedervernässung von geeigneten Flächen einleiten.

Die mit einer Renaturierung verbundene Erhöhung des Grundwasserspiegels führt zur Aufgabe der Ackernutzung und der intensiven Grünlandnutzung. Dadurch wird der Torfab-bau mit CO2- und N2O-Freisetzung vermindert. Durch die Vernässung kann es zur Speiche-rung von CO2 in Form von organischer Substanz kommen, infolge des reduzierten Gehaltes an Bodensauerstoff. Allerdings kann es in den ersten Jahren der Wiedervernässung auch zur Freisetzung von größeren Mengen an Phosphor und klimaschädlichen Methan kom-men. Hinsichtlich der Abschätzung solcher Prozesse bestehen jedoch noch viele Unsicher-heiten und somit auch Forschungsbedarf. Im ersten Schritt werden geeignete Niedermoor-flächen zur Durchführung von Renaturierungsmaßnahmen identifiziert. Die Umsetzbarkeit der Maßnahme ist sorgfältig abzuwiegen: In größeren Niederungen können verschiedene Flächeneigentümer und -bewirtschafter betroffen sein als auch verschiedene Nutzungsty-pen (Siedlungen, Infrastruktur) auftreten, wodurch eine Umsetzung stark erschwert bzw. auch verhindert wird. Des Weiteren sind die Standortbedingungen (Vegetation, Klima, Bo-den etc.) sorgfältig zu prüfen und zur Abschätzung der Flächeneignung heranzuziehen. Da diese Maßnahme einen starken Eingriff in die Nutzungsrechte der Landbesitzer darstellt, muss in den meisten Fällen ein Flächenkauf erfolgen. Die Auswahl geeigneter Flächen sowie Gespräche mit Flächenbesitzern erfolgen 2011-2013.

Insbesondere sollten zunächst die landeseigenen Flächen überprüft werden. Wenn geeig-nete Flächen gefunden werden, könnten diese aus der Verpachtung genommen und als Pilotmaßnahme in Angriff genommen werden.

Zielgruppe Landwirte, die auf Moorflächen wirtschaften; Naturschutzorganisationen oder Stiftungen im Umweltbereich als durchführende und mitfinanzierende Institution, Flächeneigentümer (Kirchen, Kommunen etc.)

THG-Einsparung Bei einer hypothetischen Annahme von 2.000 ha vollständig wiedervernässten Niedermoor-flächen, können bis zu 60.000 t CO2-eq/ha*Jahr an THG-Emissionen eingespart werden.

(Dieser Wert könnte entsprechend der Ergebnisse des vom UVM ausgeschriebenen For-schungsprojektes zur Untersuchung der THG-Einsparungen infolge einer Moor-renaturierung korrigiert werden.)

Anmerkungen Neben dem Klimaschutz sind positive Effekte für den Wasserschutz zu erwarten.

Maßnahme LW9 Schutz von besonders wertvollem Dauergrünland durch Umbruchverbot

Ziel der Maß-nahme

Schutz von Dauergrünland

Sachstand Nach geltendem nationalem Ordnungsrecht (Direktzahlungen-Verpflichtungsgesetz) kann der Anteil an Grünland durch Umbruch um 5 % sinken, ohne dass eine Genehmigung hier-für einzuholen ist. Im Zeitraum 2003-2008 hat die Dauergrünlandfläche um insgesamt 18.100 ha abgenommen (i.d.R. durch den Umbruch in Ackerland). Dies entspricht einem im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlichen Rückgang des Dauergrünlandanteils von 2,52 %.

In Baden-Württemberg wird der Verzicht auf Umbruch von Grünland im landwirtschaftlichen Unternehmen durch MEKA III insbesondere im Rahmen der extensiven Grünlandbewirt-schaftung honoriert.

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In Wasserschutzgebieten (ca. 20 % der Grünlandfläche) ist der Umbruch von Dauergrün-land durch die Schutzgebiets- und Ausgleichs-Verordnung (SchALVO) verboten. Ferner ist der Umbruch von Grünland verboten in geschützten Grünland-Biotopen, Mageren Flach-land- und Bergmähwiesen in FFH-Gebieten, Gewässerrandstreifen und Überschwem-mungskernbereichen. Darüber hinaus besteht in Landschaftsschutzgebieten (LSG) eine Genehmigungspflicht. Eine Umnutzung muss durch die Anlage von Grünland an anderer Stelle ausgeglichen werden. Eine weitergehende Sicherung von Grünland ist dennoch erforderlich.

Beschreibung Ein weiterer Umbruch von Dauergrünland (insbesondere von Feuchtgrünland) ist zu ver-meiden, da es sich hierbei um bedeutende Kohlenstoffspeicher handelt. Die Landesregie-rung wird diesbezüglich ein Umbruchverbot erlassen, das auf den Schutz von besonders wertvollem Grünland von moorigen und anmoorigen Standorten zielt. Diese Regelung soll auch sog. Gebiete mit hohem Naturschutzwert umfassen.

Vorbereitend wird ab 2013 eine landesweite Genehmigungspflicht für den Umbruch von Grünland geprüft, welche 2015 durch ein Umbruchverbot von ausgesuchten Grünlandtypen ersetzt wird.

Zielgruppe Grünlandbesitzer

THG-Einsparung Die Erhaltung/Etablierung von Dauergrünland spart bis zu 10 t CO2/ha*Jahr.

Maßnahmen zur Forstwirtschaft

Die Schwerpunkte der zukünftigen Maßnahmen des Landes liegen in der zunehmenden Verwendung von Holz als Bau- und Rohstoff. Hier gilt es die Spitzenstellung des Landes im Vergleich zu anderen Bundesländern weiter auszubauen. Derzeit werden im Land rund 22% der Ein und Zweifamilienhäuser in Holzbauweise errichtet (2003). Vor allem der Trend zu Niedrigenergie oder Passivhäusern hat aufgrund der günstigen thermischen Eigenschaften von Holz zu neuen Impulsen geführt und den Marktanteil gefestigt. Neue Holzbaustoffe und innovative Verbindungstechniken haben bisherige Beschränkungen des Holzbaus aufgeho-ben und dadurch den Einsatzbereich massiv erweitert. Diesen Ansatz gilt es weiter zu ver-breiten. Die Holzbaurate und die Erschließung zusätzlicher Einsatzbereiche z. B. im Bereich des Objektbaus oder der Sanierung muss weiter gesteigert werden. Hierzu werden die be-stehenden Informationskampagnen fortgesetzt und die Zusammenarbeit mit dem Landesbei-rat Holz vertieft.

Als Grundlage für die Verwendung von Holz steht die Förderung der naturnahen Waldwirt-schaft, um den nachwachsenden Rohstoff auf nachhaltige und naturnahe Weise zu gewin-nen. Die Konzeption naturnahe Waldwirtschaft ist für den Staatswald in Baden-Württemberg verbindlich vorgeschrieben, im Kommunalwald wird sie durch die staatliche Betreuung und Beratung umgesetzt. Im Privatwald, der immerhin 36,2% der Waldfläche ausmacht, müssen durch geeignete Förderprogramme (z. B. Förderrichtlinie nachhaltige Waldwirtschaft) und Beratung Anreize zur weiteren Anwendung gegeben werden. Ein besonderes Problemfeld stellt die Aktivierung einer verstärkten nachhaltigen Waldpflege im Kleinprivatwald dar.

Um den Kohlenstoffspeicher Wald zu sichern sind auch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung erforderlich. Im Rahmen des "Baden-Württemberg-Programms Lebensgrundla-ge Umwelt und ihre Sicherung (BW PLUS)" fördert das Land wichtige Forschungsvorhaben zum Klimaschutz, etwa zur Bedeutung der Böden in Baden-Württemberg als Senke für kli-marelevante Stoffe oder zur Rolle des Waldes und der Forstwirtschaft im Kohlenstoffhaus-halt des Landes Baden-Württemberg.

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Die Bedingungen für die baden-württembergischen Waldökosysteme ändern sich. Ein konti-nuierliches forstliches Umweltmonitoring, wie es von der forstlichen Versuchs- und For-schungsanstalt Freiburg betrieben und weiterentwickelt wird, ist daher wichtig. In den näch-sten Jahren wird es von erhöhtem Interesse sein, extremen Hitze und Trockenstress auf un-terschiedliche Baumarten bzw. Waldstandorte und deren Eignung unter den sich abzeich-nenden klimatischen Veränderungen zu untersuchen. In dieser Hinsicht ist auch das Risiko-potenzial biotischer und abiotischer Schäden neu zu bewerten.

Maßnahme FO1 Fortführung der bestehenden Maßnahmen zur Aufklärung und Information zur Förde-rung einer verstärkten Nutzung der Holzbauweise

Ziel Verringerung des Zement- und Stahleinsatzes durch verstärkte Nutzung von einheimischem Holz als Baustoff

Sachstand Der Einsatz von Holz beim Bau von Wohn-, Industrie- und Gewerbebauten ist in Deutsch-land gering, hat sich aber von 1990 bis 2007 auf 14 % verdoppelt. Baden-Württemberg ist führend mit einem Holzbauanteil von 21,8%. In Deutschland findet Holz hauptsächlich beim Bau von Ein- bis Zweifamilienhäusern Anwendung. Beim mehrgeschossige Wohnungsbau und Industrie- und Gewerbebau ist der Anteil von Holzbauten mit ~2% bzw. ~3% noch we-sentlich geringer. Im internationalen Vergleich sieht man, dass der Holzbau in Deutschland und auch in Baden-Württemberg noch wesentlich wachsen kann. In Österreich lag der Anteil von Holzbauten im Jahr 2007 bei 33% und in Schweden bei 50%.

Eine Stärke der Holznutzung ist die Möglichkeit der Vorfertigung ganzer Bauteile im Tro-ckenbau und nicht auf der Baustelle, sodass die Herstellung unabhängig von Wetter-bedingungen wird. Dies führt zu einer besseren Termineinhaltung und Kostensicherheit. Zudem führt ein hoher Vorfertigungsgrad zu kurzen Verarbeitungszeiten beim Bau und somit zu geringeren Kosten. Ein weiterer positiver Aspekt der Holzbauweise ist die schlanke Wandstärke mit vergleichsweise geringem Platzbedarf für die Dämmung. Schwächen einer Holzbauweise sind etwa die Brennbarkeit, die zusätzliche Maßnahmen besonders bei mehr-geschossigen Bauten nötig macht, sowie Empfindlichkeit gegenüber wechselnder Feuchtig-keit.

Beschreibung Das Land wird die im Biomasse-Aktionsplans von 2010 geplanten Maßnahmen. Unter an-derem nennt der Biomasse-Aktionsplan folgende Maßnahmen:

• Öffentlich wirksame Darstellung des Baustoffs Holz auf Publikums- und Fachmessen, etc.

• Fachveranstaltungen und Kongresse zum Thema Holzverwendung;

• Öffentlich wirksame Auslobung des Holzbaupreis Baden-Württemberg für besonders vorbildliche und innovative Verwendungen des Baustoffs Holz alle drei Jahre;

• Förderung des Clusters Forst und Holz;

• Vorzugsweise Verwendung regionaler und natürlicher Baustoffe im staatlichen Hochbau.

Zielgruppe Öffentlichkeit, Akteure des Bauwesens und Holzbereitstellung

THG-Einsparung

Die THG-Einsparung durch die Nutzung von Holz statt Zement oder Stahl beträgt etwa 20-30% der CO2-Emissionen, die bei der Materialbereitstellung entstehen. Die prozessbeding-ten Emissionen durch die Herstellung von Zement können um etwa 80-90% reduziert wer-den.

Sofern es gelingt, den Anteil Holzbau von derzeit 24% auf 30% bis 2020 zu steigern könnten in 2020 etwa 100.000 t prozessbedingte Emissionen durch die Zementherstellung vermie-den werden.

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Maßnahme FO2 Erschließung des Rohstoffpotenzials aus dem Wald

Ziel Bereitstellung des ökologisch nachhaltig erschließbaren Rohstoffpotenzials aus dem Wald zur stofflichen und energetischen Verwertung

Sachstand In Baden-Württemberg werden im langjährigen Mittel jährlich rund 10 Mio. m³ Holz geschla-gen (MLR 2010), was einem Gegenwert von ca. 500 Mio. Euro entspricht. 15 % des Holzes werden an private Endverbraucher, hauptsächlich in Form von Brennholz, abgesetzt. Für die energetische Nutzung wird bislang nur Waldholz in größerem Umfang genutzt, das in Form von Schwachholz, Waldrestholz, Kronenholz oder anderweitig nicht für eine stoffliche Nut-zung geeigneten Hölzern anfällt.

Unter Beachtung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise und von Naturschutzbelangen kann im Wald noch eine verstärkte Energieholznutzung stattfinden. Der Verwertung von Holz zu nicht-energetischen Zwecken sollte dabei aufgrund der längerfristigen CO2-Bindung Vor-rang gegeben werden (vgl. Maßnahme FO1 „Förderung einer verstärkten Nutzung der Holz-bauweise“). Besonders im klein parzellierten Privatwald sind noch Einschlagreserven vor-handen. Hemmnisse sind allerdings der dezentrale Anfall der Biomasse, das Fehlen geeig-neter Strukturen für Sammlung und Transport sowie die fehlende Wirtschaftlichkeit bei unzu-reichender Erschließung in topographisch schwierigen Lagen.

Das Land führt bereits eine Reihe von Fördermaßnahmen durch, u.a. über das 2002 initiier-te Förderprogramm „Energieholz Baden-Württemberg“, das Informationsportal „Portal für Forst und Holz in BW“ sowie die Förderung des Clusters Forst und Holz, das die Vernetzung zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen unters-tützt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu steigern. Eine Studie zum Cluster („Clus-terstudie Forst und Holz Baden-Württemberg“) wird Handlungsempfehlungen zur weiteren Förderung des Bereichs enthalten. Schließlich beteiligt sich das Land auch am Bundeswett-bewerb zum Aufbau regionaler Bioenergieregionen.

Beschreibung Neben der Fortführung der oben genannten Maßnahmen, wird das Land die wichtigsten Maßnahmenvorschläge des Biomasse-Aktionsplans und des NBBW zur Potenzialer-schließung umsetzen, insbesondere:

a) Erarbeitung und ökologische Bewertung von Szenarien für die Bereitstellung von Ener-gieholz und Verankerung in regionalen energiepolitischen Planungen, u.a. zur Redukti-on von Nutzungskonkurrenzen zwischen der energetischen und stofflichen Nutzung von Holz.

b) Erarbeitung einer praxisnahen Mobilisierungsstrategie für Holz in Klein- und Kleinst-privatwald, einschl. der Nutzung geeigneter Förderprogramme (z. B. Förderrichtlinie nachhaltige Waldwirtschaft) für die Unterstützung von forstlichen Zusammenschlüssen (FBGs) zum gemeinsamen Holzeinschlag und Holzvermarktung sowie Konzeption von Beratungsangeboten.;

Zielgruppe Forstwirte, Privatwaldbesitzer, Forstverwaltungen

THG-Einsparung

Die THG-Einsparungen hängen wesentlich von der Konversionstechnologie und Nutzungs-form der Biomasse ab und werden daher innerhalb der Nutzungspfade quantifiziert. Holz wird vorwiegend zur Bereitstellung von Wärme in den Sektoren Haushalte, GHD und Indust-rie sowie zur Strom- und Wärmeerzeugung in KWK eingesetzt.

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3.6.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Durch die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen kann das 40 %-Reduktionsziel er-reicht werden. Durch die Umsetzung der oben genannten ist bis 2020 eine Senkung der Emissionen von ca. 1,1 – 1,3 Mio. t CO2-eq/Jahr und bis 2050 von ca. 1,4 – 1,5 Mio. t CO2-eq/Jahr möglich, womit der Zielwert sogar überschritten wird. Eine signifikante Reduktion im Bereich Tierhaltung wird vermutlich bereits durch die Bevölkerungsabnahme und die Steige-rung der Milchleistung erreicht. Diese Entwicklung muss jedoch durch beratende Dienste unterstützt werden. Deutliche Einsparungen an THG-Emissionen sind darüber hinaus durch die Senkung des Stickstoffüberschusses als auch den reduzierten Konsum an tierischen Produkten zu erwarten. Begleitend dazu müssen verbraucherorientierte Maßnahmen zur Aufklärung und Sensibilisierung der Konsumenten durchgeführt werden.

In Hinblick auf 2050 müssen die begonnenen Maßnahmen weitergeführt und Zielindikatoren teilweise angehoben werden. Für den Bereich Ökolandbau bedeutet dies bspw. eine Erhöhung der umzustellenden Ackerfläche auf 30.000 ha und des Milchvieh- und Rinderbes-tandes auf 30 %. Im Förderprogramm zur Renaturierung der Moore wird die Zielfläche von insgesamt 2.000 ha auf 10.000 ha erhöht.

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Abbildung 33: Minderungspotenziale der Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft und LULUCF

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3.7 Abfallwirtschaft

3.7.1 Ausgangssituation

Das Land Baden-Württemberg betreibt seit den frühen siebziger Jahren eine voraus-schauende Abfallpolitik und Abfallwirtschaftsplanung mit dem Schwerpunkt der Autarkie der Abfallentsorgung in Baden-Württemberg. Traditionell liegen die produzierten Siedlungsab-fallmengen in Baden-Württemberg deutlich unter dem bundesweiten Schnitt. Demgegenüber liegen die Verwertungsquoten regelmäßig auf überdurchschnittlichem Niveau.

Die Abfallentsorgung ist zudem bundesweit seit den frühen neunziger Jahren immer strikte-ren umweltrechtlichen Voraussetzungen unterworfen worden, so dass sich der Modus der Abfallsammlung und -behandlung in den letzten Jahren maßgeblich und für den Klimaschutz weiter positiv verändert hat. Die bedeutendsten Änderungen liegen in der obligatorischen Beendigung der Deponierung von gemischten Siedlungsabfällen seit 2005 und der Getrennt-sammlung der Abfälle, welche schon seit den achtziger Jahren eine Verringerung der Depo-nierung von Siedlungsabfällen bewirkt hat.

Zwischen 1990 und 2007 nahmen die Methanemissionen aus Siedlungsabfalldeponien in Baden-Württemberg von 214.000 t auf 40.100 t CH4 ab – eine Reduktion um 81%. Gleich-zeitig nahmen die Methan- und Lachgasemissionen aus der Kompostierung von Abfällen durch die Ausweitung der getrennten Bioabfallsammlung geringfügig zu. Diese Emissionen betrugen 2007 insgesamt 50.000 CO2-eq. Insgesamt sanken die Emissionen der Abfallwirt-schaft von 4,5 Mio. t CO2-eq im Jahr 1990 auf 0,9 Mio. t CO2-eq im Jahr 2007. Dies ent-spricht einem Rückgang um 80%. Somit trug die Abfallwirtschaft schon in weit überdurch-schnittlichem Maß zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg bei.

Neben der Reduktion von Methanemissionen auf Grund des Ablagerungsverbots trägt die Abfallwirtschaft indirekt auch durch die Erzeugung von Energie aus Abfall und durch Recyc-ling zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei. Nach Angaben des Statistischen Lan-desamts wurden im Jahr 2005 durch die energetische Verwertung von Abfällen in Müllver-brennungsanlagen (MVA) und Feuerungsanlagen14 rund 1,1 Mio. t CO2 und durch die stoffli-che Verwertung von Siedlungsabfällen fast 0,4 Mio. t CO2 indirekt vermieden. Diese Gut-schriften wirken sich jedoch in der Emissionsbilanz nicht im Bereich der Abfallwirtschaft aus, sondern führen zu Emissionsreduktionen im Umwandlungs- und Industriesektor (Büringer und Stenius 2006).

Insbesondere für die Restabfälle aus Haushalten und Bioabfälle ergeben sich unterschiedli-che Optionen der Behandlung mit Unterschieden im Niveau der stofflichen bzw. energeti-schen Nutzung der Abfälle. Da der biogene Anteil der Restabfälle und die biogenen Abfälle zum einen stark klimarelevant sind – bei ihrer biologischen Behandlung entstehen Methan und Lachgas – und zum anderen eine wertvolle erneuerbare Energiequelle und Ressource darstellen, wird auf diese Stoffströme in diesem Konzept der Schwerpunkt gelegt.

14 In Müllverbrennungsanlagen werden Restabfälle verbrannt, in Feuerungsanlagen werden vor allem hochkalorische Abfallfraktionen verbrannt.

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Eine weitere wichtige Quelle von Treibhausgasen ist die Verbrennung von Restabfällen und hochkalorischen Abfallfraktionen, bei der CO2 entsteht. Die CO2-Emissionen, die auf dem fossilen Anteil der Restabfälle basieren, fallen jedoch bilanziell ebenso wie die Emissionen der Vergärung in den Bereich der Umwandlung.

Struktur der Abfallentsorgung im Jahr 2008 und Verbesserungspotenzial

Im Bereich der Behandlung von Restabfällen aus Haushalten und anderen Herkunftsberei-chen (hausmüllähnliche Siedlungsabfälle) setzt das Land fast ausschließlich auf die thermi-sche Behandlung bzw. energetische Verwertung von Abfällen. Derzeit sind sechs Abfall-verbrennungsanlagen in Betrieb. Darüber hinaus werden aus Baden-Württemberg stam-mende Abfälle in Anlagen in anderen Bundesländern sowie in der Schweiz behandelt. Rund 85% des Restabfalls aus Haushalten werden thermisch behandelt. Die mechanisch-biologische Behandlung (MBA) von Restabfällen spielt dagegen in Baden-Württemberg ka-pazitätsmäßig eine sehr untergeordnete Rolle; die einzige in Betrieb befindliche MBA Kah-lenberg verfügt über eine Kapazität von 110.000 t. Die Gesamtkapazität der Restabfallbe-handlungsanlagen in Baden-Württemberg liegt bei 1,8 Mio t/a.15

Im Einklang mit der Deponieverordnung wird in Baden-Württemberg nur noch vorbehandelter gemischter Siedlungsabfall deponiert. Lediglich ein kleiner Teil bestimmter Siedlungsabfall-fraktionen, etwa 42.000 t/Jahr, werden noch deponiert. Diese noch deponierten Abfallmen-gen können unter Klimaschutzgesichtspunkten weitgehend vernachlässigt werden. Getrennt gesammelte Siedlungsabfälle, wie Papier, Pappe, Karton, Bio- und Grünabfälle, Verpackun-gen und Glas werden spezifischen Aufbereitungsverfahren unterzogen.

In Baden-Württemberg werden etwa 1,3 Mio. t getrennt gesammelte Bio- und Grünabfälle über die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erfasst. Aufgeteilt auf die einzelnen Stoff-ströme werden rund 450.000 t Abfälle aus der Biotonne (d.h. vor allem Küchen- und Le-bensmittelabfälle, im Folgenden „Bioabfälle“ genannt) und ca. 850.000 t Grünabfälle (Garten- und Parkabfälle) erfasst. Von den Bioabfällen werden fast 90 % innerhalb Baden-Württembergs verwertet, wobei über zwei Drittel der Bioabfälle kompostiert und knapp ein Drittel vergoren wird. Von den erfassten Grünabfällen werden etwa 29 % in Kompostie-rungsanlagen behandelt, während 58% auf Kompostierungs- undHäckselplätzen behandelt und direkt als Kompost abgegeben werden. 13 % der Grünabfälle werden jedoch über Ver-brennung energetisch verwertet.

In Baden-Württemberg regelt die sogenannte Autarkieverordnung16, dass die im Land anfal-lenden Siedlungsabfälle auch im Land beseitigt werden müssen.

15 Umweltministerium Baden-Württemberg, Abfallbilanz 2008, S. 12. 16 Verordnung des Ministeriums für Umwelt und Verkehr über den Abfallwirtschaftsplan für Baden-

Württemberg, Teilplan Siedlungsabfälle, vom 15. Februar 1999, GBl. Vom 26. Februar 1999, S. 103.

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3.7.2 Vision 2050

Allein durch die Aufgabe der Deponierung werden die Emissionen, die in der Emissionsbi-lanz direkt der Abfallwirtschaft zugeschrieben werden, bis 2050 auf ein Minimum zurückge-hen und vor allem in Emissionen der Kompostierung bestehen. Die folgenden Eckpunkte zeigen auf, wie die Abfallwirtschaft darüber hinaus bis 2050 zu weiteren THG-Emissionen in anderen Sektoren beitragen kann. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stehen jedoch immer unter der Prämisse, dass die Abfälle auch tatsächlich in Baden-Württemberg verwertet wer-den und nicht zur Verwertung in andere Bundesländer oder andere EU-Mitgliedstaaten ver-bracht werden. Nur so können die eingesparten CO2-Emissionen Baden-Württemberg gut-geschrieben werden.

Baden-Württemberg ohne Methanemissionen aus Siedlungsabfalldeponien

In der Vision 2050 fallen in der baden-württembergischen Abfallwirtschaft keine Methane-missionen aus Deponien mehr an. Im Jahr 2007 verursachten die landeseigenen Deponien noch Methanemissionen von etwa 40.000 t Methan. Da die Deponierung von Restabfällen seit 2005 verboten ist und somit keine unvorbehandelten Restabfälle mehr deponiert werden, sind die Methanemissionen in den Jahren seit 2005 hauptsächlich auf das Restemissionspo-tenzial der bis 2005 abgelagerten Restabfälle zurückzuführen. Siedlungsabfälle emittieren ab ihrer Ablagerung über eine Dauer von etwa 20 Jahren Methan, danach ist das Gasbil-dungspotenzial vernachlässigbar. Somit werden die Methanemissionen aus Deponien schon im Jahr 2030 gegen 0 tendieren, womit im Vergleich zu 2007 annähernd 0,9 Mio. t. CO2-eq eingespart werden, im Vergleich zu 1990 annähernd 4,5 Mio. t CO2-eq. Abhängig von der Konsistenz der wenigen Abfälle, die faktisch in Baden-Württemberg noch abgelagert werden, und den Restemissionen können die Methaneinsparungen aus Deponien durch Beibehaltung des Deponierungsstopps bis 2050 auf annähernd 100% beziffert werden.

Verminderte Abfallmengen

Der beste Beitrag der Abfallwirtschaft zur Senkung von Treibhausgasen ist die absolute Vermeidung von Abfällen. Wenn die Strom- und Wärmeerzeugung langfristig aus erneuerba-ren Quellen abgedeckt werden kann, entfällt der heutige Emissionsvorteil der Müllverbren-nung gegenüber dem Einsatz von fossilen Brennstoffen. Zum anderen wird durch eine Stei-gerung der Materialeffizienz – ein Kernbereich der Abfallvermeidung – auch Energie im Pro-duktionsprozess eingespart.

Für das Jahr 2050 kann davon ausgegangen werden, dass die Restabfälle der „grauen Ton-ne“ und der Sperrmüll in Baden-Württemberg durch Abfallvermeidung in Haushalten, Erhö-hung der Ressourcen- und Materialeffizienz, Umstellung auf dauerhaft haltbare und repara-turfähige Produkte sowie durch den Bevölkerungsrückgang (etwa 10% ggü. 2009) im Lan-desschnitt, d.h. nicht in jedem einzelnen Landkreis, um 30-35% gegenüber 2007 reduziert werden können. Spezielle Betrachtungen werden für das Gebiet jeden einzelnen Landkrei-ses nötig sein.

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Bei einem Gesamtaufkommen von 1,76 Mio. t. an Restabfällen (inkl. aus dem nicht-häuslichen Bereich) und Sperrmüll17 könnten somit etwa 0,5-0,6 Mio. t Abfälle vermieden werden. Diese Verminderung senkt vor allem die Mengen zur thermischen Behandlung. Geht man von Literaturwerten von 320-350 kg CO2/t verbranntem Abfall für die Verbrennung des fossilen Teils der Abfälle aus, so können etwa 160.000-210.000 t CO2-eq eingespart wer-den.

Volle Nutzung des stofflichen und energetischen Potenzials der Bioabfälle

Die Bioabfallbehandlung soll umfassend sowohl das stoffliche als auch das energetische Potenzial der Bioabfälle (Abfälle aus der Biotonne) nutzen. Derzeit nutzt die Bioabfallbehand-lung vor allem das stoffliche Potenzial der Bioabfälle, indem diese Abfälle zu Kompost oder Torfersatz verarbeitet werden. Das energetische Potenzial der Abfälle wird dabei nicht ge-nutzt. Die Vergärung der Bioabfälle mit anschließender Nachkompostierung erzeugt hinge-gen neben einem kompostähnlichen Produkt (nachkompostierter Gärrest) zusätzlich Biogas, welches in Blockheizkraftwerken energetisch genutzt werden kann. Derzeit wird dieses Ver-fahren nur bei etwa einem Drittel der Bioabfälle in Baden-Württemberg angewandt.

Für die Vergärung eignen sich hauptsächlich feuchte und strukturarme Abfälle wie gerade etwa die Bioabfallfraktion aus Haushalten. Insgesamt sind bis zu 80 % der Bioabfälle für die Vergärung geeignet (Dehoust, Schüler et al. 2008). Die Vision für das Jahr 2050 sieht daher unter Berücksichtigung des Bevölkerungsrückgangs um 10% gegenüber 2009 die Umleitung von zusätzlich bis zu 200.000 t Bioabfall in die Vergärung vor. Rund 80% des gesamten Bio-abfalls in Baden-Württemberg würden dann vergoren werden.

Auf Basis von Abschätzungen für Baden-Württemberg kann für die Vergärung von einer Emissionseinsparung von 90-130 kg CO2 pro t vergorenem Bioabfall ausgegangen werden, wobei dieses Einsparungspotenzial durch technische Maßnahmen zur Verminderung der Methan- und Lachgasemissionen noch weiter ausgebaut werden kann. Dann käme man auf bis zu 245 kg CO2-eq pro t vergorenem Bioabfall. Damit könnten bis zum Jahr 2050 bei ei-ner Erhöhung der Bioabfälle in der Vergärung um rund 200.000 t in der nicht-optimierten Va-riante zwischen 18.000 und 26.000, in der optimierten Variante bis zu 49.000 t CO2-equ/Jahr eingespart werden.

Erhöhung der Getrenntfassungsquote von Bioabfällen

Bioabfälle („Abfälle aus der Biotonne“) sollen in allen Landkreisen getrennt gesammelt wer-den und der energetischen Nutzung zugeführt werden. Langfristig kann die Sammelquote für Bioabfälle auf bis zu 25% gesteigert werden. Der Restabfall wird sich in dem Maße vermin-dern, in dem sich die Menge an getrennt gesammeltem Bioabfall erhöht. Dadurch sinkt auch die Energieerzeugung aus Müllverbrennungsanlagen.

Derzeit ist die Verbrennung von Bioabfällen als Teil des Restabfalls (Einsparung von etwa 160 kg CO2-eq/t) vorteilhafter als die Vergärung (Einsparung von 90-130 kg CO2-eq/t). Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Vergärung durch eine Verminderung der Lachgas-emissionen und Methanemissionen in ihrer Klimabilanz verbessert werden kann, so dass die

17 Daten für diese Stoffströme beziehen sich auf das Jahr 2008.

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Klimaentlastung 245 kg CO2-eq/t betragen würde. Zudem hat die Vergärung gegenüber der Verbrennung den grundsätzlichen Vorteil, dass neben der energetischen auch eine stoffliche Verwertung möglich ist.

Volle Nutzung des stofflichen und energetischen Potenzials der Grünabfälle

Die Behandlung von Grünabfällen sollte ebenso deren energetisches wie stoffliches Potential nutzen. Grünabfälle können aufgrund ihres im Vergleich zu Bioabfällen höheren Heizwerts teilweise gut energetisch genutzt werden, insbesondere der holzige Anteil der Gartenabfälle. Während im Jahr 2008 nur 110.000 t von insgesamt 850.000 t Grünabfällen energetisch ge-nutzt werden, sollte dieser Anteil bis 2050 auf 210.000 t gesteigert werden (etwa 25%). Bei der Realisierung des Potenzials ist jedoch zu beachten, dass ein bestimmter Teil von holzi-gen Grünabfällen noch als Strukturmaterial für die Kompostierung (Rotte) von Bioabfällen und in geringerem Maße von Grünabfällen zur Verfügung stehen muss, um eine ausreichen-de Sauerstoffversorgung dieses Rottematerials zu gewährleisten und hierdurch Methan-emissionen zu vermindern. Somit sollten grob geschätzt 20.000 t geeigneter Grünabfälle für die Kompostierung von etwa 120.000 t Bioabfällen zur Verfügung stehen sowie ein ähnlicher Anteil für die fortlaufende Kompostierung von Grünabfällen.

Zusätzlich eignen sich – aufgrund der Sammelstrukturen Baden-Württembergs18 - bis zu 7% der in der Grünabfallsammlung anfallenden Grünabfälle für die Vergärung – eine Option, die derzeit aber nur in minimalem Maße genutzt wird. Für die Vision 2050 wird daher davon ausgegangen, dass bis zu 60.000 t Grünabfälle der Vergärung zugeführt werden (etwa 7%). Der Rest würde wie bisher in Kompostierungsanlagen behandelt und etwa für die Torfer-satzerzeugung verwendet oder auf Kompostierplätzen/Häckselplätzen behandelt und direkt vermarktet. Durch die Erhöhung der energetischen Nutzung der Grünabfälle auf 25% und die Vergärung von 7% der Grünabfälle können bis 2050 zwischen 53.000 und 105.000 t CO2-equ. eingespart werden.

Erhöhung der Erfassungsquote von Grünabfällen

Die Erfassung von Grünabfällen erfolgt in Baden-Württemberg schon heute flächendeckend. Die derzeitige Erfassungsquote von Grünabfällen in Höhe von 80 kg/Einwohner kann aller-dings bis 2050 auf 100 kg/Einwohner erhöht werden,19 eine Erhöhung um 25% oder um in-sgesamt 215.000 t. Geht man davon aus, dass die Erhöhung des Grünabfallaufkommens größtenteils zulasten der Eigenkompostierung geht, können durch eine zusätzliche energeti-sche Nutzung der Grünabfälle (25% energetische Verwertung, 7% Vergärung) zwischen 25.000 und 54.000 t CO2-equ. eingespart werden.20

18 In den Landkreisen, in denen eine separate Bioabfallsammlung stattfindet, werden krautige Gartenabfälle (etwa Gras) über die Biotonne mitgesammelt, in den Landkreisen, in denen kei-ne Bioabfallsammlung stattfindet, werden krautige Grünabfälle über die Grünabfallsammlung erfasst.

19 Siehe Kern, Funda, et al., 2009, S. 179. 20 Die Erreichung dieses Ziels setzt jedoch voraus, dass die Grünabfälle den öffentlich-

rechtlichen Entsorgungsträgern und nicht privaten Verwertern (auch außerhalb Baden-Württembergs) überlassen werden.

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Optimierung der Energienutzung von Müllverbrennungsanlagen

Die Müllverbrennung wird als weiterhin notwendige Art der Restabfallbehandlung weiterhin Bestandteil der Energieerzeugung bleiben. Der Schwerpunkt muss dabei auf einer hocheffi-zienten Nutzung von Energie aus der Abfallbehandlung liegen. Die thermische Behandlung von Abfällen kann nur dann als nachhaltige Art der Restabfallentsorgung angesehen werden, wenn die Verbrennungsanlagen die Energienutzung pro Tonne Abfalle maximieren.

Die Müllverbrennungsanlagen in Baden-Württemberg geben mit Ausnahme der Anlage Breisgau sowohl Strom als auch Wärme ab und weisen im bundesweiten Vergleich hohe Energienutzungsgrade (netto), definiert als Verhältnis der Energieabgabe (Strom/Wärm) zum Energiegehalt des in die Verbrennungsanlagen eingebrachten Abfalls, auf. Gleichwohl kann die Energienutzung im Gleichschritt mit der technischen Weiterentwicklung bzw. durch die Erschließung weiterer Abnehmer für die gewonnene Wärme, weiter erhöht werden. Somit ist für das Jahr 2050 eine Optimierung der Müllverbrennungsanlagen nach dem dann geltenden Stand der Technik zu realisieren.

3.7.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Die Maßnahmen zeigen auf, welche Schritte bis 2020 notwendig sind, um die in der Vision 2050 definierten Zielgrößen zu erreichen. Die bis 2020 definierten Zielwerte sind als Zwi-schenschritte auf dem Weg zur Erfüllung der Visionen 2050 zu sehen.

Die Beendigung der Deponierung im Jahre 2005 macht sich bis zu den Jahren 2025 – 2030 in sinkenden Methanemissionen bemerkbar. Diese Maßnahme, die zu einer erheblichen Treibhausgasminderung führt, ist der Abfallwirtschaft direkt zuzuschreiben. Insgesamt wer-den die Methanemissionen von rund 50.000 t im Jahr 2007 auf rund 6.100 t im Jahr 2020 sinken. Da diese Maßnahme schon ergriffen worden ist, wird sie hier nicht weiter erläutert.

Restabfallvermeidung um 10-15%.

Maßnahme AB1 Ausarbeitung eines Abfallvermeidungsprogramms für Restabfälle und eines Leitfa-dens zur Vermeidung von häuslichen Restabfällen

Ziel Absolute Verminderung der Massen an Abfällen zur Beseitigung bzw. thermischen Be-handlung (Abfallverbrennung), ohne dass andere Abfallströme erhöht werden (etwa Stoff-ströme wie Papier/Pappe/Karton, Glas, Bioabfall, Verpackungen etc.).

Vermeidung ist hier definiert als Abfallvermeidung beim Konsumenten (durch bewusstes Einkaufen, abfallbewusstes Verbrauchsverhalten, etc.).

Sachstand Aktuell können durch Abfallverbrennung fossile Brennstoffe ersetzt und damit THG-Minderungen erzielt werden. Vor dem Hintergrund der Vision für 2050, die eine nahezu CO2-freie Stromversorgung vorsieht, verliert die Abfallverbrennung ihre positive Klimawir-kung. Der fossile Anteil des Restmülls würde dann zu Emissionen führen, die durch den Einsatz von erneuerbaren Energien vermieden werden können. Daher trägt die Verminde-rung des Abfallaufkommens langfristig zur CO2-Minderung bei. Gleichzeitig werden durch haltbarere und reparaturfähige Produkte zusätzliche Ressourcen und Energie im Produk-tionsprozess eingespart.

Bis 2020 besteht in Baden-Württemberg ein Abfallvermeidungspotenzial von 10-15%. Hierfür sprechen die Erfahrungen aus den zehn Landkreisen und kreisfreien Städten

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Baden-Württembergs mit den geringsten Abfallaufkommen sowie Studien zum Potenzial der Abfallvermeidung (Bilitewsi/Härdtle/Marek 2000; Prognos/Öko-Institut 2009).

Beschreibung Die Landesregierung wird im Zuge der Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans Baden-Württemberg ein ambitioniertes Abfallvermeidungsprogramm ausarbeiten, das sowohl Maßnahmen für die Produzenten als auch für die Konsumenten beinhaltet. Maßnahmen sollen einzelne besonders wichtige Stoffströme betreffen, wie z.B. Möbel, Einweg-Gebrauchsgegenstände oder Werbematerial. Laut der novellierten EU-Abfallrahmenrichtlinie bzw. der nationalen Implementierung derselben durch das Kreis-laufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) sind Abfallvermeidungsprogramme ab 2013 ohnehin verpflichtend zu erstellen.

Zudem wird die Landesregierung einen Leitfaden zur Abfallvermeidung erstellen, der die Bürger über die Maßnahmen zum abfallbewussten Einkaufen und Konsumieren infor-miert.

Zielgruppe Kommunen, Bürger und Gewerbetreibende

Technisches Potential

Die Gesamtemissionen der Müllverbrennung betrugen im Jahr 2007 in Baden-Württemberg ca. 690.000 t CO2 (berechnet auf Grundlage der Energiebilanz und dem Emissionsfaktor für den fossilen Anteil des Mülls laut UBA). Diese Emissionen können nicht vollständig vermieden, aber doch stark verringert werden.

THG-Einsparung Die Abfallverbrennung weist derzeit eine positive Klimabilanz aus (im Vergleich zum fossi-len Referenzsystem etwa 100 kg CO2-Einsparung pro t Abfall). Die Vision 2050 geht je-doch davon aus, dass die Energieerzeugung ausschließlich auf Grundlage erneuerbarer Energie erfolgt. Die Abfallvermeidung wird daher mittel- und langfristig zu einer Verringe-rung der Emissionen aus dem fossilen Anteil des Mülls führen.

Derzeit werden 1,55 Mio. t Restabfälle (häuslich/nicht häuslich) und Sperrmüll verbrannt (von einem Gesamtaufkommen der genannten Abfallströme: 1,76 Mio. t).

Eine Vermeidung von Restabfällen in Höhe von 15% (landesweit, nicht gleichmäßig über alle Landkreise) wird zu einer Verminderung der Restabfälle zur thermischen Behandlung um 0,23 Mio. t führen.

Maßnahme AB2 Ausgestaltung der Müllgebühren mit Blick auf die Abfallvermeidung

Ziel der Maßnah-me

Absolute Verminderung der Massen an Abfällen zur Beseitigung bzw. thermischen Be-handlung (Abfallverbrennung), ohne dass andere Abfallströme erhöht werden (etwa Stoff-ströme wie Papier/Pappe/Karton, Glas, Bioabfall, Verpackungen etc.).

Sachstand Vgl. vorherige Maßnahme.

Beschreibung Die Landesregierung wird eine Musterabfallsatzung entwickeln, die durch die Gebühren-gestaltung ökonomische Anreize zur Abfallvermeidung setzt, und diese den Kommunen vorstellen. Die Anreize sollen zur Verminderung aller Haushaltsabfallströme beitragen.

Elemente der Abfallsatzung könnten sein: genaue Staffelung der Preise nach Abfallauf-kommen; Steigerung der Preise bei höherer Abfallproduktion; Verringerung der „fixen“ Abfallmindestmenge, für die unabhängig von der tatsächlich produzierten Abfallmenge gezahlt wird, d.h. keine verpflichtende Zuweisung von 120 l Tonnen, sondern etwa nur 40 oder 60 l Tonnen.

Weitere „best-practice“-Ansätze können ggf. von den Landkreisen und kreisfreien Städten mit den geringsten Abfallaufkommen übernommen werden. Dazu zählen Freiburg, Ulm, Pforzheim, Alb-Donau, Ravensburg und Schwäbisch-Hall.

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Zielgruppe Landkreise und kreisfreie Städte

Technisches Potenzial

Vgl. vorherige Maßnahme

THG-Einsparung Vgl. vorherige Maßnahme

Ausweitung der energetischen Nutzung von Bio- und Grünabfällen

Maßnahme AB3 Ausbau der Energieerzeugung bei der Behandlung von Bioabfällen

Ziel Erhöhung des Anteils der Vergärung von Bioabfall (Abfall aus der Biotonne)

Sachstand In Baden-Württemberg existieren bereits 13 Bioabfall-Vergärungsanlagen, in denen etwa 120.000 t Bioabfälle (Abfälle aus der Biotonne) behandelt werden. Dies ist knapp ein Drittel der anfallenden Bioabfälle. Daneben gibt es 18 reine Bioabfall-Kompostierungsanlagen, in denen mehr als zwei Drittel der Bioabfälle behandelt werden.

Bei Bioabfall-Kompostierungsanlagen kann eine vorgeschaltete Vergärungsstufe ergänzt werden, die eine energetische Nutzung der Abfälle ermöglicht. Es bestehen dafür mehrere Arten der anaeroben Bioabfallbehandlung, die sich in ihrem Technisierungsgrad unter-scheiden und je nach Art und Zusammensetzung des Bioabfalls vor Ort ausgewählt wer-den sollten. Für eine ökonomisch sinnvolle Nachrüstung mit Vergärungsstufe ist im Allge-meinen eine Jahreskapazität der Kompostierungsanlagen von mehr als 10.000 t/ Jahr notwendig. In Baden-Württemberg kommen 12 Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 367.000 t/ Jahr für die Umrüstung in Frage.

Die anaerobe Vergärung von Biomasse wird derzeit über das Erneuerbaren-Energien-Gesetz gefördert.

Beschreibung Die Landesregierung wird sich auf Bundesebene für die Novellierung der Bioabfallverord-nung einsetzen. Ziel ist es, die Verordnung um eine Vorschrift zu ergänzen, die in allen geeigneten Fällen neben der stofflichen Nutzung von Bioabfällen auch die energetische Nutzung verpflichtend vorschreibt. Alternativ setzt sich die Landesregierung auf EU-Ebene für die Verabschiedung einer Bioabfallrichtlinie mit entsprechenden Regelungen ein.

Eine weitere Möglichkeit ist, das EEG so weiterzuentwickeln, dass der Einbau von Vergä-rungsstufen und vor allem die Nachrüstung von Kompostierungsanlagen mit Vergärungs-stufen durch das EEG noch stärker gefördert und somit noch attraktiver wird.

Zielgruppe Kommunale Abfallwirtschaft bzw. private Betreiber von Bioabfall-Kompostierungsanlagen

Technisches Potential

Begrenzt. Laut Biomasseaktionsplan Baden-Württemberg 2010 liegt das Energie-Potential für die energetische Nutzung von Bioabfällen bei 2PJ/a, wovon etwa 40% bereits genutzt werden. Der Rest ist noch zu erschließendes Potenzial.

THG-Einsparung Die Umstellung von Kompostierung auf Vergärung in Baden-Württemberg kann unter der-zeitigen Bedingungen eine Einsparung von etwa 90-130 kg CO2-eq pro t vergorenem Ab-fall erzielen. Dieser Wert könnte durch Verbesserung der Abgasreinigung und einer damit einhergehenden Methan- und Lachgaseinsparung auf bis zu 245 kg pro t. erhöht werden.

Geht man für das Jahr 2020 von einer Umstellung von Anlagen im Umfang von etwa 70.000 Jahrestonnen aus, so können etwa 6.300 bis 9.000 t CO2-equ eingespart werden. In der optimierten Variante wären dies etwa 17.000t.

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Maßnahme AB4 Gesetzliche Regelung mit dem Ziel eines Ausbaus der Einführung einer Getrennt-sammlung von Bioabfällen

Ziel Erhöhung der Erfassungsquote von Bioabfall auf landesweit 18% bis 2020

Sachstand Unter den erneuerbaren Energieträger hat die Biomasse aufgrund der Grundlastfähigkeit eine zentrale Stellung. Für die Energieerzeugung aus Biomasse sollen in Baden-Württemberg vorzugsweise Reststoffe eingesetzt werden, da der Aufwuchs von Energie-pflanzen Nachhaltigkeitsprobleme mit sich ziehen kann (vgl. Kapitel „Nachhaltiges Bio-massepotential“).

Derzeit weisen 11 von 44 Landkreisen keine separate Bioabfallsammlung auf ferner ver-fügt der Alb-Donau Kreis nur teilweise über eine flächendeckende Erfassung von Bioabfall. Die durchschnittliche Bioabfallsammelquote auf Landesebene liegt bei 12% (2009) kalku-liert aus der Gesamtmenge an Hausmüll/Sperrmüll, Wertstoffen und Bioabfall (ohne Grün-abfälle). Dies entspricht einer Menge von 450.000t/ Jahr (2009). Zwar sieht das Landesab-fallgesetz (LAbfG) eine getrennte Bioabfallsammlung vor; es enthält aber gleichzeitig Aus-nahmen, die in der Praxis sehr weit ausgelegt werden. Aufgrund bundesweiter Potential-schätzungen und Erfahrungen mit den Bioabfallsammelquoten in den Landkreisen, die die Bioabfallsammlung etabliert haben (Sammelquote liegt hier im Durchschnitt um die 16,5%) erscheint bis 2020 eine Anhebung der Bioabfallerfassungsquote auf landesweit 18%21 möglich.

Beschreibung Die Landesregierung passt das Landesabfallgesetz an und verpflichtet die Entsorgungs-träger zur Einführung eines flächendeckenden separaten Sammelsystems für Bioabfälle. Die Zahl der Ausnahmen wird reduziert, so dass die Aufstellung einer Biotonne in allen Landkreisen verpflichtend wird. Bis 2020 wird die Sammelquote landesweit auf 18% ange-hoben.

Alternativ könnte sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) im Rahmen der derzeit laufenden Novellierung so geändert, dass eine Getrenntsammlung von Bioabfällen verbindlich vorge-schrieben wird.

Die Landesregierung wird daneben bei den Landkreisen und Kommunen anregen, die Einführung der Biotonne durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu begleiten.

Zielgruppe Landkreise, Entsorgungsunternehmen

THG-Einsparung Kurzfristig ergibt sich keine Einsparung, da die Bioabfallvergärung die Müllverbrennung ersetzt und diese derzeit mit Blick auf die Klimabilanz vorteilhafter ist als die Vergärung. Bei der Vergärung können im Vergleich zum fossilen Referenzsystem 90-150 kg CO2/t Bioabfall eingespart werden, bei der Bioabfallverbrennung etwa 160 kg CO2/t Mittelfristig könnte sich die Vergärung durch Verbesserung des Emissionsniveaus vorteilhafter als die Abfallverbrennung erweisen, wobei die Vergärung Werte von 245 kg CO2 erreichen könn-te.

Die verstärkte Bioabfallgetrenntsammlung ist jedoch ein strategisch bedeutsamer Schritt für die Umstellung der Energieerzeugung auf erneuerbaren Energien und die Verbesse-rung der Ressourcenschonung, da die Bioabfälle nicht nur energetisch, sondern gleichzei-tig auch stofflich genutzt werden (Kaskadennutzung).

21 Prozentzahl ist bezogen auf Hausmüll/Siedlungsabfall, Wertstoffe und Bioabfall (ohne Grünab-fall).

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Maßnahme AB5 Gesetzliche Regelung mit dem Ziel eines Ausbaus der energetischen Nutzung von Grünabfällen

Ziel Ausweitung der energetischen Nutzung von Grünabfällen durch thermische Behandlung (auf 20%) und Vergärung (auf 7%)

Sachstand Derzeit werden etwa 110.000 t Grünabfälle in Baden-Württemberg thermisch behandelt. Der größte Teil der Grünabfälle – ca. 500.000 t – wird in Häckselanlagen oder Kompost-plätzen behandelt, 246.000 t werden in Kompostierungsanlagen behandelt. Die Vergärung spielt bei der Behandlung von Grünabfällen bisher nur eine absolut untergeordnete Rolle.

Der für die thermische Behandlung geeignete holzreiche Teil der Grünabfälle ist nicht für die Vergärung geeignet, da Lignin als Bestandteil von Holz kann nicht vergoren werden kann.

Beschreibung Die Landesregierung setzt sich für eine Änderung der Behandlungswege ein. Durch Ver-träge mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern wird die thermische Behandlung der holzreichen Fraktion der Grünabfälle erhöht, wobei darauf zu achten ist, dass weiterhin ausreichend Strukturmaterial aus der Grünabfallfraktion für die Bioabfallkompostierung zur Verfügung steht, hierfür werden geschätzt etwa 60.000 t gebraucht.

Zum anderen setzt sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür ein, dass die Umrüs-tung von Grünabfallkompostierungsanlagen in Vergärungsanlagen, wo sinnvoll, verbindlich vorgeschrieben wird (siehe entsprechende Maßnahme für Bioabfall).

Maßnahmentyp Schaffung rechtlicher Vorgaben

Technisches Potential

Das Potential des Grünabfalls in Baden-Württemberg zur energetischen Nutzung wird insgesamt auf 5 PJ/ Jahr geschätzt (Biomasseaktionsplan 2010).

THG-Einsparung Die durch die Vergärung des dafür geeigneten Grünabfalls erzielten CO2-Einsparungspotenziale liegen unterhalb der Potenziale der Vergärung von Bioabfall, da die Biogasausbeute geringer ist, ausgegangen wird von einem Reduktionspotenzial zwischen 70 und 90 kg/t CO2.

Die Verbrennung des holzreichen Anteils weist je nach Aufbereitung und nach Beschaf-fenheit ein Einsparpotential zwischen 500 und 1.000 kg CO2 pro t Grünabfall auf.

Für die 60.000 t zu vergärenden Tonnen Grünabfall sind die Einsparungspotenziale mit zwischen 4.000 und 6.000 t C02-eq zu bemessen. Für die rund 60.000 t Grünabfälle, die zusätzlich der thermischen Behandlung zugeführt werden, ergibt sich eine CO2-Einsparung zwischen 30.000 und 60.000 t CO2.

Maßnahme AB6 Öffentlichkeitsarbeit zur Bedeutung des Grünabfalls für den Klimaschutz zur Erhö-hung der Erfassungsquote

Ziel Erhöhung der Erfassungsquote von Grünabfall auf landesweit 90 kg/Einwohner (siehe auch Teilplan Siedlungsabfälle 2010).

Sachstand Unter den erneuerbaren Energieträger hat die Biomasse aufgrund der Grundlastfähigkeit eine zentrale Stellung. Für die Energieerzeugung aus Biomasse sollen in Baden-Württemberg vorzugsweise Reststoffe eingesetzt werden, da der Aufwuchs von Energie-pflanzen Nachhaltigkeitsprobleme mit sich bringen kann (vgl. Kapitel „Nachhaltiges Bio-massepotential“).

Derzeit wird Grünabfall flächendeckend in Baden-Württemberg gesammelt. Die Erfas-sungsquote von 80 kg/Einwohner und Jahr weist im bundesdeutschen Vergleich bereits

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einen Spitzenwert auf. Dennoch gehen Studien von einem optimalen Potential der Grün-abfallsammlung von 100 kg/Einwohner und Jahr aus.

Beschreibung Die Landesregierung initiiert zusammen mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine öffentlich wirksame Kampagne, die die Bedeutung des Grünabfalls für eine Energie-erzeugung auf Grundlage erneuerbarer Energien herausstellt. Die Kampagne kann mit der Öffentlichkeitsarbeit zur Abfallvermeidung verknüpft werden (vgl. Maßnahme „Leitfaden zur Abfallvermeidung“).

Zielgruppe Landkreise, Entsorgungsunternehmen

THG-Einsparung Unter der Annahme, dass die Erfassungsquote auf 90 kg/ Einwohner und Jahr ausgewei-tet werden kann, würden 2020 etwa 120.000 t Grünabfälle mehr zur Verfügung stehen als 2007.

Unter der Annahme, dass 7% dieser Abfälle vergoren und 20% thermisch behandelt wer-den (vgl. Maßnahme „Energetische Nutzung von Grünabfällen“), ergibt sich eine CO2-Einsparung zwischen 13.000 und 25.000 t CO2.

Verbesserung der Energieeffizienz der Müllverbrennung

Maßnahme AB7 Erhöhung der Energieeffizienz der MVA durch Optimierung der Anlagentechnik so-wie bessere Erschließung des Abnehmerpotenzials für Wärme und Kälte

Ziel Erhöhung des Energieoutputs aus der Abfallverbrennung („Waste to energy“) oder Vergrö-ßerung des Abnehmerkreises für Fernwärme

Sachstand Derzeit existieren sechs (6) Müllverbrennungsanlagen in Baden-Württemberg, die – neben MVA in der Schweiz – fast die Gesamtheit der baden-württembergischen Siedlungsabfälle thermisch behandeln. Anhand der auf der Homepage der ITAD zur Verfügung gestellten Daten bzw. nach Rücksprache mit Anlagenbetreibern wurde der Grad der Energienutzung (netto) der verschiedenen MVA berechnet. Der Energieoutput (Stromabgabe und Wärme-abgabe) stellt sich für die einzelnen MVA sehr unterschiedlich dar.

Die Gründe für eine unterdurchschnittliche Energienutzung sind vielfältig, sie rangieren von einer unterdurchschnittlichen Energieeffizienz der Analge bis zum Fehlen von Abnehmern insb. für Wärme.

Auf Grundlage des Standes der Technik erscheint es möglich, angepasst an den Einzelfall den Energieoutput der MVA zu erhöhen, z.B. in dem der Abnehmerkreis etwa für Wärme durch planerische Maßnahmen erhöht wird.

Beschreibung Die Regierungspräsidien sollen regelmäßig die Betriebsgenehmigungen entsprechend der 17. BImSchV aktualisieren und dabei den Stand der Technik berücksichtigen, es kann in Zusammenarbeit mit den Anlagenbetreibern nach kostengünstigen Wegen gesucht wer-den, die Energieeffizienz zu verbessern. Von Seiten des Landes könnte im Gegenzug z.B. auf Genehmigungsgebühren verzichtet werden.

Das Land wird die Landkreise dabei unterstützen, ihre Ansiedelungspolitik für Gewerbe oder auch neue Wohngebiete auch unter dem Gesichtspunkt des energiepolitischen Nut-zens zu betreiben, d.h. die hypothetisch in der MVA auskoppelbare Wärme sollte möglichst auch Abnehmer finden.

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Zielgruppe MVA-Betreiber

THG-Einsparung Einsparungen: CO2-Emissionen Wärmemix = 200-250 g CO2/kWh (Schätzung: Auf Basis Wärmemix Deutschland (Quelle: Blesl et al (2005), S. 8), Wert Dtl: 254 g CO2/kWh; Schät-zung für BW (keine großen Abweichungen zum Bundesmix angenommen, jedoch wohl etwas darunter liegend)

CO2-Emissionen Strommix BW = 283 g CO2-Äq./kWh (Quelle: Berechnung, Maike Schmidt, ZSW). Fernwärmeabgabeerhöhung (Erhöhung auf 27% thermischer Nutzungs-grad für MVA Göppingen) um: 60.000 MWh/a im Jahr 2020 (CO2-Einsparung von bis zu 15.000 t).

3.7.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Durch den Ausbau der Vergärung von Bioabfall, die Umleitung von Grünabfällen in energe-tische Verwertungswege, die Erhöhung des Sammeloutputs für Bio- und Grünabfälle sowie die Optimierung der Energieeffizienz von Müllverbrennungsanlagen können bis 2020 zwi-schen 60.000 und 125.000 t CO2-eq gegenüber 2007 eingespart werden. Der Ausbau der Bioabfallsammlung sowie die Abfallvermeidung können bis 2020 noch nicht als klimaentlas-tend angerechnet werden. Diesen Maßnahmen kommt dagegen strategische Bedeutung mit Blick auf die Verwirklichung der Vision 2050 zu. Rechnet man die Wirkung des bereits voll-zogenen Deponierungsstopps hinzu, ergibt sich bis 2020 insgesamt ein Rückgang der Treib-hausgasemissionen um 800.000 bis 850.000 t CO2-eq gegenüber 2007.

Der Weg, der mit Blick auf 2020 eingeschlagen wurde, kann bis 2050 ausgebaut werden. Bei einem Szenario, in dem Energie nur auf Grundlage erneuerbarer Energien erzeugt wird, schlägt auch die Abfallvermeidung und die erweiterte Bioabfallsammlung gegenüber der heute üblichen Abfallverbrennung positiv zu Buche.

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4 Klimaschutzmaßnahmen in Querschnittbe-reichen

4.1 Vorbildwirkung der Landesregierung

4.1.1 Ausgangssituation

Wirksamer Klimaschutz kann nur gelingen, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen und alle Institutionen dazu beitragen. Für die Landesregierung gilt dies in besonderem Maße. Denn nur wenn die Regierung bei den landeseigenen Liegenschaften, beim Fuhrpark und bei der Beschaffung zeigt, dass klimagerechtes Handeln praktiziert wird, wird sie auch für Unter-nehmen, Kommunen und Bürger ein glaubwürdiges Vorbild sein. Zugleich kann die Landes-regierung durch die eigenen Beschaffungsentscheidungen die Nachfrage nach innovativen, klimafreundlichen Produkten und Dienstleistungen erhöhen und so die Marktchancen für diese Produkte positiv beeinflussen.

Nicht zuletzt kann das Land durch integrierte Verkehrs- und Siedlungspolitik im Zusammen-wirken mit Kommunen verkehrsvermeidende Siedlungsstrukturen schaffen und damit neben dem Flächenverbrauch auch den Energieverbrauch vor allem im Verkehrssektor senken. Dies dient neben dem Klimaschutz weiteren Zielen (Lärmminderung, dank kurzer Wege in kompakten Siedlungsstrukturen und lebendigen Ortskernen, bessere Nahversorgung und generationengerechtes Wohnen).

Das Land Baden-Württemberg verfügt über einen Gebäudebestand von ca. 8.000 Gebäuden mit einer Nettogrundfläche in Höhe von 11,5 Mio. m². Mit der bisherigen Strategie der Staat-lichen Vermögens- und Hochbauverwaltung konnten von 1990 bis 2008 die CO2-Emissionen der landeseigenen Gebäude von 666.000 Tonnen CO2 auf 511.000 Tonnen CO2 gesenkt werden. Die Verbrauchswerte zeigen, dass der Wärmeverbrauch zwischen 1990 bis 2008 von 1.601 auf 1.288 GWh pro Jahr um rund 20 % sank. Der Strombedarf stieg dagegen im Betrachtungszeitraum 1990 bis 2008 von 501 auf 790 GWh pro Jahr. Der Strombedarf steigt weiter an, weil die Anforderungen der Nutzer an die technische Ausstattung und die zeitliche Verfügbarkeit weiter steigen. Die Zunahme des Stromverbrauchs kompensiert die durch den gesenkten Wärmebedarf erreichten CO2-Minderungen zum Teil. Insgesamt konnten die Emissionen seit 1990 dennoch um fast 25 % gesenkt werden. Um das Reduktionsziel des Klimaschutzkonzepts 2020PLUS zu erreichen, werden weitere Anstrengungen erforderlich sein.

Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung (VBV) hat umfassende Maßnahmen entwickelt, um den CO2-Ausstoß der landeseigenen Gebäude zu senken. Hierzu gehören Konzepte für energieeffiziente Neubauten, Sanierung, Betriebsoptimierung, die Sensibilisie-rung und Schulung der Gebäudenutzer sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien. In diesem Rahmen wurde 2008 bis 2009 das Impulsprogramm Klimaschutz für landeseigene Gebäude umgesetzt und ein zusätzliches Investitionsvolumen von ca. 12 Mio. Euro bereit-gestellt. Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung entwickelte darüber hinaus Ar-beitshilfen zur Betriebsoptimierung sowie Konzepte zur Nutzersensibilisierung und bietet Fortbildungen an. Die Wirkung der Maßnahmen prüft die VBV durch ein umfassendes Ener-

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gie- und Kostencontrolling. Alle vier Jahre werden die Verbräuche der landeseigenen Ge-bäude und die dadurch verursachten CO2-Emissonen im Energiebericht für die Öffentlichkeit zusammengestellt. Durch die Maßnahmen sollen auch die steigenden Energiekosten des Landes eingedämmt werden.

Bereits im Klimaschutzkonzept 2010 hatte sich das Land das Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen der Landesliegenschaften bis zum Jahr 2010 gegenüber dem Jahr 2000 um 10 % zu mindern und die Gesamtemissionen dadurch um insgesamt 50.000 t CO2 pro Jahr zu senken.

Die Weiterentwicklung der Klimaschutzziele für landeseigene Gebäude erfolgt auf der Grundlage eines Kabinettsbeschlusses vom 2. Dezember 2008. Mit zusätzlichen energeti-schen Maßnahmen an Landesgebäuden sollen die CO2-Emissionen gegenüber 1990 bis zum Jahr 2020 um 35 % und bis zum Jahr 2030 um 43 % reduziert werden. Dafür werden ab 2010 zusätzliche Haushaltsmittel von 25 Mio. Euro jährlich benötigt. In den aktuellen Kon-junktursonderprogrammen für die Jahre 2009 bis 2011 werden anteilig 100 Mio. Euro zusätz-lich für die energetische Sanierung landeseigener Gebäude aufgewendet. Die weitere Um-setzung des Konzepts für die energetische Sanierung landeseigener Gebäude wird auch in den nächsten Jahren im Rahmen der vom Parlament zur Verfügung gestellten Mittel fortge-führt.

Neben dem zentralen Bereich der Gebäude kann die Landesregierung auch bei der Gestal-tung der Mobilität ein Vorbild sein. Die nachhaltige Verkehrsentwicklung war bereits im Kli-maschutzkonzept 2010 ein Maßnahmenschwerpunkt. In der Umsetzung des Maßnahmen-pakets hat die Landesregierung Umweltkriterien für die Beschaffung von Dienstwagen einge-führt und kompensiert zudem seit 2007 die CO2-Emissionen, die durch Dienstflüge der Lan-desregierung und der Beschäftigten entstehen.

4.1.2 Vision 2050

Das Ziel der Landesregierung ist es, bis 2050 eine weitgehend CO2-neutrale Verwaltung aufzubauen. Dies umfasst u.a.:

§ Die weitgehende energetische Sanierung der landeseigenen Gebäude sowie die Ab-deckung der verbleibenden Verbräuche, soweit als möglich, durch erneuerbare-Energien-Anlagen;

§ Ausrichtung der Beschaffung von stromverbrauchenden Geräten an besten Geräten in Bezug auf Energieeffizienz;

§ Vollständige Umstellung auf Ökostrombezug;

§ Reduzierung der durch den Fuhrpark verursachten CO2-Emissionen auf ein Minimum;

§ Reduzierung der Dienstflüge und Kompensierung der Emissionen, die durch nicht wei-terhin notwendige Flüge entstehen;

§ Berücksichtigung von regionalen landwirtschaftlichen Produkten in den landeseigenen Kantinen und Anregung zu einer klimafreundlichen Ernährung.

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4.1.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Zur Umsetzung der oben beschriebenen Vision sind im Klimaschutzkonzept 2020PLUS ver-schiedene Maßnahmen mit dem Zeithorizont bis 2020 enthalten.

Die Maßnahmen sind in den Kapiteln 3.5 und 3.6 vollständig beschrieben. Tabelle 15 liefert jedoch einen Überblick über die Ziele der Maßnahmen und die dadurch erreichbaren CO2-Minderungen.

Insbesondere strebt die Landesregierung an, die bereits beschlossenen Investitionsmittel für die energetische Sanierung der landeseigenen Gebäude von 25 Mio. Euro pro Jahr bis zum Jahr 2030 dauerhaft zu sichern.

Maßnahmenbündel im Einzelnen Ziel CO2-Einsparung

ÖS2

Effizientes Nutzerverhalten und Be-schaffung im Bereich elektrischer Anwendungen und erneuerbare Stromversorgung in öffentlichen Liegenschaften

Energieeffizienz öffentlicher Sektor

1. Anwenderschulung und –feedback Verbrauchsmonitoring in kurzen Intervallen

2. Präsenzmelder und Zeitsteuerung für Beleuchtung und Beheizung

Umfassende Einführung der Technologie

3. Energieeffiziente Beschaffung Aktuelle Listen der besten Gerä-ten

ÖS3 Ökostrombezug

Weiterer Ausbau des Ökostrom-bezugs mit Anforderungen an das Maximalalter der Ökostromer-zeugungsanlagen

ÖS4 Gebäudebezogene und übergreifen-de Maßnahmen bei Landesliegen-schaften

Energieeffizienz öffentlicher Sektor

1. Förderung energetischer Maßnah-men bei Landesliegenschaften

Erfüllung der landesweiten Kli-maschutzziele im eigenen Be-reich Sicherung des Investitionsetats von 25 Mio. Euro pro Jahr bis 2030

2.

Anwendung allgemeiner Sanierungs- bzw. Neubaustandards für Einzel-maßnahmen der Landesliegenschaf-ten

Anwendung allgemeiner Sanie-rungs- und Neubaustandards prüfen Bei wichtigen Neubauten mit Breitenwirkung eine höheren energetischen Standard als gesetz-lich vorgeschrieben anwenden

3. Anwendung innovativer Finanzie-rungsmodelle

Unterstützung der Anwendung von innovativen Modellen wie z.B. Energiesparcontracting, Energieliefer-Contracting und verwaltungsinterne Refinanzie-rung (VIRE)

VE2 Vorbildfunktion der Institutionen des CO2-effizientere Abwicklung des Gering, Vorbild-

Ca. 233.000 Tonnen CO2/a

für Maß-

nahmen ÖS2, ÖS3 und ÖS4

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Landes Verkehrs der Landesinstitutio-nen

wirkung ent-scheidend

1. Umweltorientiertes Fuhrparkmana-gement

Minderung der spezifischen Verbräuche

2. Dienstreisemanagement Verringerung von Flugreisen

3. Förderung eines umweltfreundlichen Berufsverkehr der Beschäftigten des Landes

Stärkung des Umweltverbundes

Tabelle 15: Klimaschutzmaßnahmen der Landesregierung bis 2020

Daneben beabsichtigt das Land, seine Entwicklungszusammenarbeit nach und nach auszu-bauen. Dabei sollen die Aktivitäten des Landes verstärkt auf den Bereich Klimaschutz ausge-richtet werden.

4.1.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Um die Klimaschutzziele bis 2050 zu erreichen, muss der eingeschlagene Weg auch nach 2020 konsequent weiterverfolgt werden und bei Bedarf durch zusätzliche Maßnahmen unter-mauert werden.

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4.2 Kommunaler Klimaschutz

4.2.1 Ausgangssituation

Städte und Gemeinden haben eine herausragende Bedeutung bei der Verwirklichung einer ambitionierten Klimaschutzpolitik, insbesondere da die Kommunen die staatliche Ebene mit der größten Bürgernähe sind.

Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung stehen den Städten und Gemeinden klima-schutzrelevante Handlungsspielräume in den Bereichen Planen und Bauen zur Verfügung. Als selbstständige Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts können sie in langfristigen Konzepten eigene Ziele und Maßnahmen im Klimaschutz (einschließlich Energieerzeugung, Energieeffizienz und Verkehr) entwickeln und umsetzen. Durch das Eingehen von Selbstver-pflichtungen im Bereich Klima und Energie üben Kommunen auch eine wichtige Vorbildfunk-tion für ihre Einwohner aus. Bei den öffentlichen Liegenschaften und der öffentlichen Be-schaffung besteht ebenfalls erhebliches Klimaschutzpotential. Über eigene Stadtwerke oder die Kooperation mit regionalen Energieversorgungsunternehmen können weitere klimapoliti-sche Maßnahmen realisiert werden. Außerdem können die Kommunen durch ihr Bürgernähe Privathaushalte und Unternehmen für den Klimaschutz gewinnen – insbesondere durch Be-ratungs-, Kooperations- und Förderprogramme – und durch die Einbindung dieser gesell-schaftlichen Akteure eine erfolgreiche Umsetzung kommunaler Klimaschutzmaßnahmen sicher stellen.

Klimaschützende Maßnahmen im kommunalen Bereich kann das Land gezielt unterstützen und fördern, u. a. durch verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen, insbesondere in der Gemeinde- und Landesbauordnung, aber vor allem durch Beratung und Förderung der Kommunen.

Dabei ist kommunaler Klimaschutz keine wirtschaftliche Last, sondern zunehmend ein positi-ver Standortfaktor. Durch die richtigen Impulse kann die lokale Wirtschaft gefördert werden. Auch die Lebensqualität wird zunehmend durch ökologische Gesichtspunkte beeinflusst, so dass die Wohnortwahl von Bürgern durch entsprechende Kommunalpolitik gefördert werden kann.

Baden-Württemberg hat eine lange Tradition im kommunalen Klimaschutz. Vor allem mit dem kommunalen Teil des Förderprogramms Klimaschutz-Plus – das bereits 2002 initiiert wurde – hat das Land bundesweit Maßstäbe gesetzt. Auch im Klimaschutzkonzept 2010 hat das Land auf den kommunalen Klimaschutz gesetzt und geeignete Maßnahmen entwickelt. Laut Statusbericht zum Klimaschutzkonzept 2010 war der Umsetzungsstand der geplanten Maßnahmen in diesem Bereich hoch. Unter anderem hat die Klimaschutz und Energieagen-tur Baden-Württemberg (KEA) – der zentralen Beratungseinrichtung des Landes – ihre Bera-tungsleistungen für Kommunen fortgesetzt und ausgebaut. Ebenso hat das Land seine Gründungsförderung für regionale Energieagenturen fortgeführt, so dass Baden-Württemberg im bundes-, aber auch europaweiten Vergleich inzwischen die höchste Dichte an Energieagenturen vorweisen kann. Darüber hinaus fördert das Wirtschaftsministerium erfolgreich Kommunen, die ihre Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Quellen um-stellen. Mit insgesamt 23 energieautarken Kommunen liegt ein Drittel der deutschen Bio-energiedörfer in Baden-Württemberg. Das Land hat zudem die Kommunen bei der Nutzung

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von Qualitätssiegeln unterstützt und fördert seit 2006 die Teilnahme am Qualitäts- und Zerti-fizierungsprogramm European Energy Award® (eea), welches die Kommunen und Landkrei-se vor allem bei der Planung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen unterstützt. Ent-scheidend für den kommunalen Klimaschutz war auch die Anpassung rechtlicher Rahmen-bedingungen. So dürfen Kommunen seit 2005 einen Anschluss- und Benutzungszwang für Nah- und Fernwärmenetze festlegen, wenn dieser dem Klima- und Ressourcenschutz dient.

Zusätzlich zu den Maßnahmen des Klimaschutzkonzepts 2010 hat sich das Land auch im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie mit dem kommunalen Klimaschutz befasst. Hieraus entstanden insbesondere die laufenden Bemühungen zur Schaffung einer Infrastruktur für die kommunale Energie- und CO2-Bilanzierung. Weiter entstanden so drei Leitfäden für Kommunen: das „Basiskonzept Klimaschutz in Kommunen“ zum kommunalen Energiema-nagement, die „Handreichung Contracting“ und die „Handreichung Straßenbeleuchtung“. Im April 2010 haben die kommunalen Landesverbände (Gemeindetag, Städtetag und Land-kreistag Baden-Württemberg) und das Umweltministerium Baden-Württemberg schließlich die Erklärung „Gemeinsam das Klima schützen durch Nutzung aller Einsparpotentiale im Gebäudebereich“ unterzeichnet und sich selbst zur Umsetzung von Maßnahmen in kommu-nalen Liegenschaften verpflichtet. Als Zielmarke sollen im öffentlichen Gebäudebestand (der im Mittel älter als 20 Jahre ist) landesweit bis 2020 mindestens 35% der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 eingespart werden. Auch hier sind die Kommunen ein Vorbild.

Verschiedene Institutionen im Land leisten seit vielen Jahren wichtige Beiträge zum kommu-nalen Klimaschutz. Das 1998 bei der Landesanstalt für Umwelt, Naturschutz und Messungen (LUBW) vom Land eingerichtete Agenda-Büro unterstützt zahlreiche kommunale Projekte zum Klimaschutz. Beispielhafte Projekte werden in einer Projektdatenbank gesammelt und erlauben einen “Best Practice”-Vergleich. 2009 startete das Agenda-Büro zusammen mit anderen Trägern die Initiative „LEE Landesnetzwerk Erneuerbare Energie“, die örtliche und regionale Energieinitiativen vernetzt. Daneben organisiert das Büro seit 2008 gemeinsam mit dem Städtetag und dem Gemeindetag Baden-Württemberg eine Umfrage unter Kommunen zur Umsetzung wichtiger Bausteine im kommunalen Klimaschutz. Die Ergebnisse werden laufend aktualisiert und bilden den Stand des kommunalen Klimaschutzes im Land ab.

Die im vorliegenden Konzept geplanten Maßnahmen bauen in erster Linie auf den beste-henden, erfolgreichen Strukturen auf. Die Kommunen werden vom Land weiterhin im kom-munalen Klimaschutz unterstützt. Die Landesregierung setzt es sich zum Ziel, Kommunen noch besser über das vorhandene Angebot zu informieren und dieses weiter zu verbessern.

Quantitative Minderungsziele werden für den Bereich des kommunalen Klimaschutzes nicht gesetzt. Denn die Grundbedingungen in den Städten und Gemeinden Baden-Württembergs weichen zum Teil erheblich voneinander ab. So liegen die Pro-Kopf-Emissionen in den Kommunen zwischen 2 und über 500 Tonnen CO2. Hauptursache für diese großen Unter-schiede ist die starke regionale Konzentration der Emissionen aus Kraftwerken und Industrie. Das Land will seinen Beitrag leisten, damit das Potenzial der Kommunalpolitik mobilisiert werden kann. Die Landesregierung will daher verschiedene, bedarfsgerechte Wege des kommunalen Klimaschutzes aufzeigen und die Kommunen in der Umsetzung unterstützen.

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4.2.2 Vision 2050

Im Jahr 2050 haben sich alle 1.101 Kommunen in Baden-Württemberg im Klimaschutz eige-ne Ziele gesetzt und koordinieren entsprechende Maßnahmen in einem eigenen oder in ei-nem regionalen Klimaschutzkonzept. Die Umsetzung wird jeweils durch eine fortschreibbare Energie- und CO2-Bilanz überwacht, welche durch Eingabe lokaler Daten belastbare Aussa-gen über die tatsächlichen örtlichen Trends geben kann und einen Vergleich mit den Klima-schutzbemühungen anderer Kommunen erlaubt. Regelmäßiger Austausch findet auch auf dem jährlich stattfindenden Klimaschutzkongress statt. Hier treffen sich die Spitzen der Kommunalpolitik, denn Klimaschutz ist als „Chefsache“ anerkannt.

Die Kommunen sehen sich als Multiplikatoren der übergeordneten Bundes- und Landespoli-tik und haben ihre Treibhausgasemissionen entsprechend der Landesziele um 80% gegenü-ber 1990 reduziert. Mindestens die Hälfte der Kommunen kann hinsichtlich ihrer öffentlichen Liegenschaften und Beschaffung als klimaneutral bezeichnet werden. Ebenso viele Kommu-nen decken ihren Bedarf an Energie und Wärme zu 100 % aus erneuerbaren Energien.

Auf dem Weg dorthin haben die Kommunen die in den Sektoren und in diesem Querschnitt-skapitel entwickelten Maßnahmen mit Unterstützung von Land und Bund konsequent umge-setzt. Klimaschutz gehört zur Tagesordnung der kommunalen Politik. Alle Hindernisse – fi-nanzielle oder personelle – wurden abgebaut. Hilfreich ist dabei die Vorbildwirkung des Lan-des, welches diese durch die Umsetzung seines eigenen Klimaschutzkonzeptes garantiert.

4.2.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Maßnahme KK1 Stärkung der kommunalen Planungsinstrumente zum Klimaschutz

Ziel Die Kommunen in Baden-Württemberg sollen dabei unterstützt werden, die Möglichkeiten der kommunalen Bauleitplanung besser einzusetzen, um höhere Baustandards und eine klimaverträglichere Energieversorgung von Gebäuden zu realisieren.

Sachstand Bei Neubauvorhaben können die Kommunen durch eine angemessene Gestaltung der Vorgaben an die Bauherren im Rahmen von städtebaulichen Verträgen Einfluss auf die zur Beheizung der Gebäude eingesetzten Energieträger und bestimmte energetische Standards für die Gebäude nehmen. Außerdem kann mit den Mitteln der Bauleitplanung Einfluss auf den Energiebedarf und die Möglichkeiten der zur Beheizung der Gebäude in Frage kommenden Energieträger genommen werden, indem z. B. die Ausrichtung der Gebäude im Hinblick auf die passive und aktive Nutzung der Solarenergie optimiert wird. Die entsprechenden Regelungsmöglichkei-ten der Kommunen in den Flächennutzungs- und Bebauungsplänen bestimmt das Baugesetzbuch (BauGB). Darüber hinaus können Kommunen auf Grundlage der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg in bestimmten Gebieten per Satzung einen Anschluss- und Benutzungszwang z.B. für Nah- und Fern-wärme erlassen.Durch den Abschluss von städtebaulichen Verträgen werden weitere Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Das Land Baden-Württemberg unterstützt bereits heute die Kommunen in der Anwendung einer klimaschutzorientierten Bauleitplanung. Hierzu gehören z.B. die Städtebauliche Klimafibel des Wirtschaftsministeriums (http://www.staedtebauliche-klimafibel.de) und das Internetportal zur nachhaltigen Innen-entwicklung von Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg (http://www.innen-bw.de).

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Beschreibung Die Landesregierung ergreift eine Initiative, mit der insbesondere kleine und mittlere Kommunen in Baden-Württemberg dabei unterstützt werden, die Möglichkeiten der kom-munalen Planungsinstrumente zum Klimaschutz auszuschöpfen. Hierzu werden indivi-duelle Beratungsangebote durch externe Sachverständige sowie Workshops zum Erfah-rungsaustausch für interessierte Kommunen angeboten. Diese Angebote werden ergänzt durch aktuelles Informationsmaterial für die Kommunen sowie Mustertexte und Arbeitshil-fen für ökologische Anforderungskataloge und städtebauliche Verträge. Das Ziel der Akti-vität ist es, innerhalb von drei Jahren mindestens 80% der ca. 1.100 Gemeinden in Ba-den-Württemberg mit diesem Informationsangebot zu erreichen.

Zielgruppe Kommunen, insbesondere kleinere Gemeinden und Städte mit bis zu 20.000 Einwohnern

Technisches Po-tenzial

Die Maßnahme dient als wichtige Grundlage für die Ausschöpfung der Reduktions-potenziale insbesondere im Bereich des Neubaus von Wohn- und Nichtwohngebäuden.

THG-Einsparung Der Maßnahme kann kein eigenes Minderungspotenzial zugewiesen werden. Sie dient als wichtige Grundlage für die Ausschöpfung der Reduktionspotenziale insbesondere im Bereich des Neubaus von Wohn- und Nichtwohngebäuden.

Anmerkungen Vgl. hierzu auch das Kapitel kommunaler Klimaschutz sowie die Maßnahmen zur Förde-rung von Wärmenetzen.

Maßnahme KK2 Unterstützung der Kommunen bei der Energie- und CO2-Bilanzierung

Ziel Schaffung einer Infrastruktur für die Erfassung und Bilanzierung von kommunalen Energie- und CO2-Daten aller Städte und Gemeinden bis 2015

Sachstand Eine Energie- und CO2-Bilanzierung gibt Auskunft über den kommunalen Energieverbrauch und Treibhausgasausstoß. So können Einsparpotentiale der Kommune identifiziert und ab-geschätzt sowie entsprechende Maßnahmen entwickelt werden. Bei einer fortschreibbaren Bilanz kann die Umsetzung der Maßnahmen sowie deren Auswirkung auf den CO2-Ausstoß der Kommune nachvollzogen werden. Energie- und CO2-Bilanzen sind daher wichtige Baus-teine für die Erstellung kommunaler Klimaschutzkonzepte

Derzeit gibt es kein standardisiertes System kommunaler Energie- und CO2-Bilanzierung, weder auf Bundes- noch Landesebene. Aufgrund fehlender lokaler Basisdaten und der Ver-wendung unterschiedlicher Bilanzierungsmethoden sind vereinzelt vorhandene Bilanzen nur lokal verwendbar und können nicht miteinander verglichen werden.

Auf dem Markt gibt es verschiedene Bilanzierungstools zur Erstellung von kommunalen Bilanzen, wie z.B. die internetbasierte Softwareanwendung Eco2Regio. Aufgrund von Defizi-ten bei der Datenbeschaffung sind die durch diese Tools erstellten Bilanzen bisher nur ein-geschränkt aussagekräftig.

Baden-Württemberg bemüht sich bereits intensiv um eine verbesserte Datenlage. Derzeit werden landesspezifisch vorhandene Basisdatendaten für lokale Bilanzen gesammelt und ermittelt. Ziel ist es, mit dem Instrument Eco2Regio kommunale Bilanzen möglichst ohne verallgemeinerte Kennzahlen zu erstellen.

Für die Teilnahme an verschiedenen überregionalen Initiativen bzw. Förderprogrammen, z.B. dem Covenant of Mayors oder der nationalen Klimaschutzinitiative der Bundesregierung ist die Erstellung einer Energie- bzw. CO2-Bilanz erforderlich. Das Land unterstützt die Ver-wendung des lizenzpflichtigen Bilanzierungstools ECO2Regio bereits durch die Förderung der Teilnahme am kommunalen Qualitäts- und Zertifizierungsprogramm eea, welches dieses Tool verwendet.

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Beschreibung Die Landesregierung unterstützt Städte und Gemeinden bei der Erstellung und Fortschrei-bung kommunaler Energie- und CO2-Bilanzen. Ziel ist es, dass 2015 jede Kommune in der Lage ist, durch Eingabe von lokalen Daten eine eigene Bilanz zu erstellen. Folgende Schritte sind hierfür notwendig:

a. Verbesserte Erfassung von und besserer Zugang zu kommunalen Klimaschutzdaten, insbesondere durch Klärung kosten- und datenschutzrechtlicher Fragen;

b. Entwicklung einer einheitlichen Bilanzierungssystematik sowie einheitlicher Emissions-faktoren für Baden-Württemberg, Entwicklung passender Eingangsdaten für die Ver-wendung des Bilanzierungstools Eco2Regio;

c. Aufklärung und Information der Kommunen über Möglichkeiten zur Erfassung und Bi-lanzierung kommunaler Klimaschutzdaten;

d. Fortführung und Ausweitung der Förderung für die Teilnahme am eea im Rahmen von Klimaschutz-Plus, das auch Bilanzierungstool ECO2Regio verwendet.

Zielgruppe Kommunen

Maßnahme KK3 Unterstützung der Kommunen bei der Erstellung kommunaler Klimaschutzkonzepte

Ziel Erstellung von kommunalen Klimaschutzkonzepten in mindestens zwei Drittel aller 1.101 Kommunen in Baden-Württemberg bis 2020

Sachstand Integrierte Klimaschutzkonzepte sind ein entscheidender Baustein für den kommunalen Klimaschutz. Die Festlegung von langfristigen CO2-Minderungszielen und -maßnahmen spielt nicht nur auf internationaler und nationaler Ebene eine große Rolle, sondern ist auch auf kommunaler Ebene das Fundament für ambitionierte Klimaschutzpolitik. Klimaschutz-konzepte decken alle klimarelevanten Sektoren wie Energie, Verkehr, Bauen und Planen, öffentliche Liegenschaften und Beschaffung ab. Eine fortschreibbare Energie- und CO2-Bilanz erlaubt die Identifizierung von Potentialen und die Überwachung des Umsetzungser-folgs.

In Baden-Württemberg spielen kommunale Klimaschutzkonzepte bisher eine untergeordnete Rolle. Laut einer kürzlich erfolgten Umfrage unter 132 befragten Kommunen in Baden-Württemberg haben nur 35 Kommunen ein solches Konzept erarbeitet, vier weitere Konzep-te sind in Planung. Als Hemmnis werden fehlende finanzielle und personelle Ressourcen genannt. Allerdings bieten bereits verschiedene regionale Akteure wie die KEA, das LUBW-Agenda Büro, der Städtetag Baden-Württemberg und das Ministerium für Umwelt, Natur-schutz und Verkehr sowie das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg Unterstützung an. Die Teilnahme an überregionalen Initiativen und Programmen für Kommunen wie dem Co-venant of Mayors, dem Klima-Bündnis und der nationalen Klimaschutzinitiative sind mit der Erstellung kommunaler Konzepte verknüpft. Gleichzeitig stellen diese Initiativen auch Know-How und zum Teil auch Finanzzuschüsse für die Erstellung von Konzepten bereit. Kleinere Kommunen können darüber hinaus durch den Zusammenschluss mit anderen Kommunen die Kosten senken.

Die Landesregierung setzt sich im Rahmen des Energiekonzepts 2020 bereits für die Erar-beitung kommunaler und regionaler Energiekonzepte ein. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Verbreitung die Konzepte aktiv zu unterstützen und für ausgewählte Modellkonzepte die Funktion des Multiplikators zu übernehmen. Energiekonzepte sind aber immer nur ein Teil umfassender kommunaler Klimaschutzbemühungen, die einer integrierten Planung bedür-fen.

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Das Land fördert bereits einzelne CO2-Minderungsmaßnahmen im Rahmen des kommuna-len Teils des Förderprogramms Klimaschutz-Plus. Zudem wurde kürzlich der Wettbewerb „Klimaneutrale Kommune“ gestartet und mit einem Budget in Höhe von 2 Mio. € ausgestat-tet. Ziel des Wettbewerbs ist es, Wege zu einer weitgehend CO2-freien Kommune aufzuzei-gen.

Beschreibung Die Landesregierung wird die Kommunen über die vorhandenen Strukturen informieren und die bestehenden Unterstützungsangebote transparent machen. Das Land wird die Städte und Kommunen bei der Erarbeitung/Erstellung von Klimaschutzkonzepten folgendermaßen unterstützen:

a. Das Land richtet bis 2011 mit Unterstützung der KEA ein benutzerfreundliches Internet-portal ein, das Kommunen über kommunale Klimaschutzkonzepte und das hierzu be-stehende Angebot an Initiativen, Programmen und Fördermöglichkeiten informiert. Das Land entwickelt einen Katalog geeigneter Maßnahmen und weiterer Bausteine für kommunale Klimaschutzmaßnahmen, die auf dem Portal abrufbar sind;

b. Daneben veranstaltet das Land mit Unterstützung der KEA pro Jahr ca. 5-10 Workshops und Schulungen für Kommunalpolitiker, um sie für kommunale Klimaschutzkonzepte zu sensibilisieren;

c. Das Land prüft bis 2015 die rechtliche und politische Machbarkeit einer gesetzlichen Verpflichtung der Kommunen zur Erarbeitung von Klimaschutzkonzepten.

Zielgruppe Kommunen

Maßnahme KK4 Fortsetzung und Ausweitung der Förderung von regionalen Energieagenturen

Ziel Abschluss der flächendeckenden Ausstattung mit regionalen Energieagenturen für alle 44 Stadt- und Landkreise bis 2015.

Sachstand Energieagenturen sind ein wichtiger Baustein im kommunalen Klimaschutz. Sie unterstützen die kommunalen Träger bei der Umsetzung lokaler, regionaler und landesweiter Klima-schutzpolitik und tragen somit zur Erreichung der gesetzten Ziele bei.

Die Ausstattung mit regionalen Energieagenturen in Baden-Württemberg ist bereits vorbild-lich. Derzeit gibt es in 44 Stadt- und Landkreisen 29 solcher Agenturen (Stand April 2010), weitere sind in Planung.

Die Agenturen beraten Kommunen, Unternehmen und Bürger zu den Themen Energieeffi-zienz, erneuerbare Energie, Energiesparen und Klimaschutz. Insbesondere die kostenlose, unabhängige Energieberatung der Bevölkerung – die größtenteils durch Energieagenturen geleistet wird – ist laut einer Umfrage des LUBW-Agenda Büros und der kommunalen Lan-desverbände einer der wichtigsten Beiträge der Energieagenturen.

Beschreibung Die Landesregierung stellt durch Fortführung der Gründungsfinanzierung in Höhe von ein-malig 100.000 € im Förderprogramm Klimaschutz-Plus sicher, dass alle 44 Stadt- und Land-kreise Baden-Württembergs spätestens bis 2015 vom Einzugsbereich einer regionalen Energieagentur erfasst sind.

Zielgruppe Kommunen

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Maßnahme KK5 Neuauflage und Verbesserung des kommunalen Teils des Förderprogramms Klima-schutz-Plus

Ziel Ermöglichung der Umsetzung kommunaler Klimaschutzmaßnahmen

Sachstand Das Förderprogramm Klimaschutz-Plus wird in Baden-Württemberg seit 2002 jährlich aufge-legt. Die Mittel stammen größtenteils aus dem Kommunalen Investitionsfonds (KIF). Die Förderung im CO2-Minderungsprogramm orientiert sich konsequent an der vermiedenen Tonne CO2. Der Weg zur Zielerreichung steht den Antragsstellern offen und lässt somit viel Raum für innovative und maßgeschneiderte Ideen.Der kommunale Teil des Förderprog-ramms Klimaschutz-Plus umfasst drei Säulen: Das kommunale CO2-Minderungsprogramm für Nichtwohngebäude, das kommunale Struktur-, Qualifizierungs- und Beratungsprogramm sowie die Förderung von kommunalen Modellprojekten. Zum Beratungsprogramm gehören u.a. die Förderung der Teilnahme von Kommunen am eea sowie die Gründung von neuen, kreisweit tätigen regionalen Energieagenturen.

Beschreibung Die Landesregierung wird die Kommunen in Baden-Württemberg auch weiterhin finanziell im Bereich des kommunalen Klimaschutzes unterstützen. Daher strebt sie hinsichtlich des kommunalen Teils des Förderprogramms Klimaschutz-Plus folgende Maßnahmen an:

a. Fortführung des kommunalen Teils des Förderprogramms Klimaschutz-Plus ;

b. Prüfung der von der Projektgruppe „Kommunaler Klimaschutz“ im Rahmen der Nachhal-tigkeitsstrategie Baden-Württemberg entwickelten Verbesserungsvorschläge zum För-derprogramm und gegebenenfalls entsprechende Änderungen beim Programm.

Zielgruppe Kommunen (in Bezug auf den kommunalen Teil des Förderprogramms)

Maßnahme KK6 Fortführung und Ausbau des kommunalen Klimaschutzkongresses

Ziel Der kommunale Klimaschutzkongress soll jährlich veranstaltet und seine Rolle als zentrales Netzwerktreffen für relevante Akteure des kommunalen Klimaschutzes in Baden-Württemberg bestätigt und ausgebaut werden.

Sachstand 1996 fand in Baden-Württemberg der erste kommunale Klimaschutzkongress in Bad Säckin-gen statt. 9 Weitere folgten im 1 – 2 Jahresrhythmus. Der nächste Kongress wird im Oktober 2010 in Böblingen mit dem Generalthema „Kommunaler Klimaschutz – Nach Kopenhagen wichtiger denn je!“ veranstaltet. Die Teilnehmer des Kongresses sind (Ober-)Bürgermeister, Bauamtsleiter und Umweltbeauftragte der Kommunen.

Beschreibung Das Land richtet den kommunalen Klimaschutzkongress ab dem Jahr 2011 jährlich aus. Der Kongress soll als zentrales Treffen im Bereich des kommunalen Klimaschutzes das verläss-liche Netzwerk festigen. Insbesondere sollen die Verwaltungsspitzen der Kommunen zur Teilnahme motiviert werden, damit diese für das Thema sensibilisiert werden und mit den relevanten Akteuren aus dem Umweltministerium, KEA, regionalen Energieagenturen sowie LUBW-Agenda-Büro in Kontakt kommen. Darüber hinaus soll der Kongress den Austausch zwischen den Kommunen fördern.

Zielgruppe Kommunen, Kommunale Landesverbände und sonstige Akteure des kommunalen Klima-schutzes

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Maßnahme KK7 Veranstaltung eines Wettbewerbs „Klimaneutrale Kommune“

Ziel Schaffung von Modellprojekten für den kommunalen Klimaschutz

Sachstand Das Land hat als neuen Impuls für den kommunalen Klimaschutz im Juni 2010 den Wettbe-werb „Klimaneutrale Kommune“ ausgeschrieben. Der Wettbewerb wird für drei Größenord-nungen von Kommunen ausgeschrieben. Für drei Kommunen mit weniger als 10.000 Ein-wohnern, drei Kommunen bis 50.000 Einwohnern sowie drei Städten mit über 50.000 Ein-wohnern wird das Land Machbarkeitsstudien finanzieren. Diese sollen aufzeigen, mit wel-chen technologischen und infrastrukturellen Änderungen die jeweilige Kommune ihren CO2-Ausstoß in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität verringern kann. Anhand der fertigen Studien wird dann mindestens eine Kommune pro Kategorie ausgewählt und die Umsetzung der ersten Maßnahmen mit bis zu 50 % der Kosten gefördert.

Beschreibung Das Land wird den Wettbewerb „Klimaneutrale Kommune“ weiter führen. Die konkrete Aus-gestaltung und der genaue Turnus für etwaige zukünftige Wettbewerbe sind auf Grundlage der Erfahrungen aus dem ersten Durchlauf festzulegen.

Zielgruppe Kommunen

Neben diesen Maßnahmen sind die Kommunen wichtige Partner u.a. bei den Maßnahmen im öffentlichen Sektor, der Realisierung von Nah- und Fernwärmenetzen, ggf. im Wege eines Anschluss- und Benutzungszwang sowie klimagerechten Stadt-, Bauleit-, Verkehrs- und Energieplanungen. Näheres findet sich in den Sektorkapiteln.

4.2.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Das Land führt seine erfolgreichen und ambitionierten Bemühungen im Bereich des kommu-nalen Klimaschutzes fort. Dabei werden bestehende Strukturen angepasst, fortgeführt und ausgebaut. Aktuelle Entwicklungen – wie die Notwendigkeit von lokaler Energie- und CO2-Bilanzierung – werden vom Land mit diesem Konzept aufgegriffen.

Den Kommunen werden hinsichtlich der zu erzielenden Treibhausgaseinsparungen keine Vorgaben gemacht. Das Land ermutigt Städte und Gemeinden mit diesem Konzept, sich an den Landeszielen zu orientieren. So haben sie idealerweise jeweils bis 2020 die Einsparziele des Landes erreicht, dass heißt eine Treibhausgaseinsparung von 30 % gegenüber 1990. Kommunen, die von günstigeren Rahmenbedingungen profitieren, können sogar höhere Ein-sparungen erbringen.

Auch nach 2020 müssen die eingeschlagenen Wege konsequent weitergeführt und ausge-baut werden. Das betrifft vor allem die Förderung der Kommunen durch Klimaschutz-Plus und die Ausrichtung des kommunalen Klimaschutzkongresses. Idealerweise verstetigt sich der interkommunale Austausch zwischen den Kommunen bis 2020 und die Erstellung kom-munaler Klimaschutzkonzepte wird zur Selbstverständlichkeit.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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4.3 Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit

4.3.1 Ausgangssituation

In Baden-Württemberg werden zahlreiche Initiativen und Programme umgesetzt, die Be-wusstseinsbildung für Klimaschutz, nachhaltige Entwicklung und den Erhalt der Biodiversität fördern. Das Land, Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure führen im Rahmen von Ini-tiativen wie dem Klimaschutzkonzept 2010 und der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005–2014) umfangreiche Informations- und Bildungskampagnen für unter-schiedliche Zielgruppen durch. Dazu gehören u.a. die Internetportale „Zukunft gestalten – Nachhaltig lernen“ sowie „KlimaNet – Klimaschutz macht Schule – Schulen machen Klima-schutz“, die Integration des Themen- und Aufgabenkomplexes „Umwelterziehung und Nach-haltigkeit“ in die Bildungspläne inklusive Erstellung eines Themenhefts „Klimaschutz“ für Schulen und der DVD „Klimaschutz im Schulalltag“, Schulungen von Lehrkräften und Haus-meistern, die Kampagne „Baden-Württemberg spart CO2“ und die Einführung des Energie-tags Baden-Württemberg. In diesen Kontext fällt auch die neu erschienene UVM-Broschüre „Klimawandel in Baden-Württemberg“. Derartige Aktivitäten gilt es zu stärken und weiterhin auszubauen, um relevante Akteure zur Mitarbeit an einer ökologisch gesunden, wirtschaftlich erfolgreichen, sozial gerechten und kulturell vielfältigen Zukunft zu gewinnen. Hierbei kann zwischen „Endverbrauchern“ und multiplikatorischen Zielgruppen unterschieden werden.

Die bestehenden Maßnahmen unterstützen viele Menschen in ihrem Wunsch, ihr tägliches Handeln mit den Erfordernissen des Klimaschutzes in Einklang zu bringen. Sie zeigen zahl-reiche Möglichkeiten auf, im Alltag den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen einzuüben. Gleichzeitig bleiben weitere Anstrengungen notwendig. Zum einen sind die bestehenden Initiativen dem überwiegenden Teil der Bevölkerung Baden-Württembergs noch nicht be-kannt. Zum anderen ist es auch für Akteure, die sich zu Klimaschutz und einer nachhaltigen Entwicklung bekennen, nicht immer einfach, ihr Leitbild in konkretes Handeln umzusetzen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Da die Folgen des eigenen Verhaltens für das Klima nicht unmittelbar erfahrbar sind, fällt es schwer, sich ständig der Konsequenzen des eigenen Han-delns gewahr zu sein. An diesem Punkt setzen Informations- und handlungsorientierte Bil-dungskampagnen an, die über die komplexen Wirkungszusammenhänge aufklären und bei-spielsweise über mögliche Auswirkungen unterschiedlicher Ernährungsstile informieren, um ein klimafreundlicheres Konsumverhalten anzuregen.

Tatsächliche Verhaltensänderungen fallen unter Rahmenbedingungen leichter, die dieses Verhalten fördern, etwa wenn Verkehrsangebote auf eine klimafreundliche Mobilität ausge-richtet sind. Umfassende Strukturveränderungen können zwar nur langfristig vorgenommen werden – so wird beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur auf absehbare Zeit auf eine moto-risierte und auf fossile Brennstoffe beruhende Fortbewegung ausgerichtet bleiben. Gleich-wohl können im kleineren Rahmen strukturelle Rahmenbedingungen kurzfristig angepasst werden. Das Klimaschutzkonzept 2020PLUS wird hierzu einen Beitrag leisten und umwelt

psychologische Erkenntnisse aufgreifen, wie durch Veränderung von Rahmenbedingungen klimafreundliches Verhalten gefördert werden kann. Weiterhin soll auch der Blick für die Zu-sammenhänge zwischen Klimaschutz und Biodiversitätserhalt geschärft werden.

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4.3.2 Vision 2050

Langfristig sollte eine Vision im Bereich Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit darauf abzielen, dass klimaneutrales Verhalten für Akteure als Selbstverständlichkeit wahr-genommen und vom sozialen Umfeld erwartet und honoriert wird. Das Klimaschutzkonzept 2020PLUS verfolgt daher das Leitbild, dass sich 2050 strukturelle Rahmenbedingungen so-weit geändert haben, dass klimaneutrales Verhalten zum selbstverständlichen Bestandteil unserer Lebens- und Erfahrungswelt geworden ist, und kaum einer weiteren Thematisierung bedarf. Um diese Vision zu verwirklichen, müssen bestehende Pfadabhängigkeiten langfris-tig angepasst und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein klima-freundliches Verhalten unmittelbar nahelegen. Themenfelder wie "Bildung und Wissen" wer-den von Baden-Württemberg weiterhin als Motor für eine solche Entwicklung angesehen.

4.3.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Die Maßnahmen mit dem Zeithorizont 2020 dienen dem Ziel, die Vorstellung eines klima-neutralen Baden-Württembergs auf allen Akteursebenen zu stärken sowie das gesellschaftli-che Bewusstsein zu fördern, dass jeder Bürger durch sein individuelles Verhalten einen akti-ven Beitrag zu einem klimaneutralen Baden-Württemberg leisten kann. Das Klimaschutzkon-zept 2020PLUS verfolgt den Ansatz, an erfolgreiche Initiativen anzuknüpfen, bestehende Netzwerke zu fördern – etwa entsprechende Aktivitäten im Rahmen der Lokalen Agenda 21, der Klimaschutz- und Energieagentur oder der Akademie- für Natur- und Umweltschutz – sowie weitere Impulse setzen zu wollen.

Eine besondere Rolle für bewusstseinsbildende und verhaltensändernde Maßnahmen spie-len Bildungseinrichtungen für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Wichtige Beiträge wur-den hierzu bereits durch die Umweltbildung an Schulen geleistet etwa durch die Anpassung der Lehrpläne und der Lehreraus- und -fortbildung oder durch Internetportale wie das Klima-Net. Ein besonderes Augenmerk wird zukünftig auf einer handlungsorientierten und umfas-senden Bildung für nachhaltige Entwicklung liegen, die ein differenziertes Verständnis der sozio-kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Zusammenhänge ermöglicht. Als Instru-ment hierfür ist der integrative Ansatz der Bildung für nachhaltige Entwicklung zu sehen.

Dauerhafte Veränderungen von alltäglichen Handlungsmustern können nur erzielt werden, wenn Lernen an vielen Orten, sowohl schulisch wie auch außerschulisch, ermöglicht und von zahlreichen gesellschaftlichen Akteuren unterstützt wird. Ergänzt werden diese Lernorte durch zahlreiche Maßnahmen der informellen Bildung. Die Landesregierung strebt an, die

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Zusammenarbeit von relevanten Akteuren zu fördern, um eine breite gesellschaftliche Un-terstützung für die Ziele des Klimaschutzkonzepts sicherzustellen. Zu nennen sind hier ins-besondere Initiativen in Zusammenarbeit mit Kommunen, Wirtschaftsorganisationen, Bür-gern, Kirchen und Verbänden. In diesem Sinne sollten auch Plattformen wie das "Netzwerk Nachhaltigkeit Lernen" oder das „Landesnetzwerk Umweltbildung und nachhaltige Entwick-lung“ weiter gefördert, ggf. zusammen geführt und regional verankert werden, um vorhande-ne Aktivitäten vernetzen und fördern zu können.

Maßnahme BÖ1 Informationskampagne zum Klimaschutzkonzept

Ziel Bekanntmachung des Klimaschutzkonzeptes 2020PLUS und Information über bestehende Beratungs- und Fördermöglichkeiten. Stärkung von eigenverantwortlichem Handeln sowie Sensibilisierung der Öffentlichkeit und relevanter Akteure für klimarelevante Themen.

Sachstand Aufgrund zahlreicher Kampagnen und umfassender Berichterstattung in den Medien ist ein Problembewusstsein über mögliche Folgen des Klimawandels in weiten Teilen der Öffent-lichkeit vorhanden. Eine entsprechende Anpassung des individuellen Verhaltens erfolgt jedoch nur in geringem Maße. Auch bleibt der Bekanntheitsgrad vorhandener Beratungs-, Informations- oder Förderangebote niedrig.

Beschreibung Die Landesregierung führt eine Informationskampagne zur Bekanntmachung des Klima-schutzkonzeptes 2020PLUS durch. Die Kampagne vermittelt den ambitionierten und inno-vativen Anspruch des Klimaschutzkonzepts im Stil von „Baden-Württembergs schafft es. Wir reduzieren auf zwei Tonnen CO2-eq pro Kopf!“. Dass sich unser Lebensstil ändern werden wird, sollte realistisch vermittelt werden, ohne auf Verzichtszenarios zurückzugrei-fen, die bei den Adressaten emotionale Abwehrreaktionen hervorrufen würden.

Bei der Kampagne wird sichergestellt, dass relevante Multiplikatoren, wie Kommunen, Wirtschaftsorganisationen, Kirchen, Bildungseinrichtungen sowie Verbände ausreichend berücksichtigt werden. Auf Basis einer Analyse bestehender Initiativen und Informations-kampagnen werden Inhalte der unterschiedlichen Maßnahmenpakete des Landes sowie weiterer Akteure vernetzt und ergänzt. Die Informationskampagne wird mit bestehenden Instrumenten und Regionalkampagnen wie beispielsweise dem Bio-Zeichen Baden-Württemberg verknüpft.

Die Kampagne wird traditionelle Medien wie Plakatkampagnen und Broschüren einsetzen sowie neuere Medien wie Internet oder mobile Nachrichtendienste einbeziehen. Dabei werden „Best-practice“-Beispiele aus Baden-Württemberg und anderen Regionen und Bundesländern aufgegriffen (z. B. die Aktion "Regional=Gute Wahl") und gegebenenfalls erweitert und durch differenzierte Informationen ergänzt (z. B. durch Ergebnisse eines Forschungsprojektes des MLR zu CO2-Emissionen von Lebensmitteln). Die Plakataktion sollte nicht nur einmalig, sondern wiederholt durchgeführt werden. Zum einen verankert sich eine Kampagne im Bewusstsein der Adressaten erst durch Wiederholung, zum ande-ren kann dadurch jeweils auf aktuelle Entwicklungen eingegangen werden. Kalkuliert wur-den daher drei Plakatkampagnen, die im Abstand von 6 Monaten bis einem Jahr durchge-führt werden.

Ein Schwerpunkt der Informationskampagne wird darauf gelegt, Verbraucher über konkre-te Handlungsvorschläge zu informieren. Geprüft werden sollte auch eine Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, insbesondere dem SWR und der Möglichkeit, z. B. in Verbindung mit den Wetternachrichten auf entsprechende Internetseiten zum Kli-maschutz zu verweisen (nach dem Motto: "Sie wollen aktiv werden?"). Zudem sollten kostengünstige Möglichkeiten der öffentlichen Verwaltung genutzt werden, um auf das Klimakonzept aufmerksam zu machen, beispielsweise Hinweise, die auf den Briefum-schlägen neben dem Porto bzw. Data Matrix-Code gedruckt werden können.

Zudem sollten zielgruppengerechte Informationsangebote geschaffen und Kooperationen

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mit Multiplikatoren angestrebt werden. Hierzu zählen Informationsangebote für Vereine (e. V.) und die Zusammenarbeit mit kirchlichen Trägern sowie Verbraucherschutz- und Umweltverbänden.

Im Mittelpunkt der Informationskampagne sollte eine differenzierte Darstellung der Klima-schutzproblematik stehen, die das Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren anhand einfacher Beispiele verdeutlicht. Denkbar wäre beispielsweise eine Plakataktion, welche das Zusammenspiel des CO2-Fussabdrucks von 5 km Fahrrad fahren mit der zuvor ver-zehrten Nahrung ausweist.

Zielgruppe Bevölkerung Baden-Württembergs, Multiplikatoren, Kommunen, Wirtschaftsorgani-sationen, Kirchen und Verbände

Maßnahme BÖ2 Wissen was wir essen: Ernährung in Schulen

Ziel Bewusstseinsbildung von Schülern und Lehrern über klimarelevante Voraussetzungen und Folgen unterschiedlicher Konsumstile. Impulse setzen für eine klimafreundlichere und nachhaltige Ernährung in Schulen. Stärkung von Eigenverantwortung durch partizipative Lernformen, bei denen Schüler durch die aktive Mitgestaltung des Unterrichts Selbstwirk-samkeit erfahren können.

Sachstand Aus den Mitteln der Nachhaltigkeitsstrategie sowie des Bundesprojektes „In FORM“ wurde eine Vernetzungsstelle Schulverpflegung eingerichtet, die über ein allgemeines Informati-onsangebot und entsprechende Beratungsleistungen verfügt, um die Qualität der Gemein-schaftsverpflegung zu erhöhen. Diese Ressourcen sollten soweit wie möglich eingebunden und durch die klimarelevanten Aspekte ergänzt werden, die mit der jeweiligen Form der Schulverpflegung verbunden sind.

Beschreibung Die Landesregierung fördert in 100 Schulen die Durchführung von Projekttagen zum The-ma Ernährung, bei denen sich Schüler und Lehrer eingehend mit den Zusammenhängen der konkreten Verpflegungssituation an ihrer Schule befassen.

Die Schüler und Lehrer erarbeiten zunächst ein einseitiges Konzept, das die Umsetzung der Projekttage darlegt. In der ersten Projektphase sollte eine Bestandsaufnahme der Versorgungssituation in der Schule stehen. In der zweiten Projektphase werden Angaben über klimarelevante Folgen bestimmter Nahrungsmittel recherchiert. In der dritten Projekt-phase unternehmen die Schüler eine Exkursion in Betriebe, um sich aktiv mit Zulieferern und Nahrungsmittelproduzenten auseinanderzusetzen. Durch diese Gespräche und Erfah-rungen sollten sie auch ein Verständnis für die Rahmenbedingungen entwickeln unter denen Unternehmer und Landwirte agieren. Wünschenswert wäre zudem eine Verzahnung mit Projekten wie dem "Lernort Bauernhof", bei denen sich Schüler vor Ort mit Gegeben-heiten der Nahrungsmittelproduktion vertraut machen können. Wünschenswert ist auch eine Verzahnung mit der Internetplattform www.lnub.de (Landesnetzwerk Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung), der Umweltakademie Baden-Württemberg und dem Projekt „Wissenshunger – Wege zu einer nachhaltigen Verpflegung“ (www.wissenshunger.org).

Ziel ist eine aktive Auseinandersetzung mit den klimarelevanten Folgen der gesamten Produktions-, Verarbeitungs- und Entsorgungskette.

Unterstützt wird das Projekt von einem geschulten Praxisbegleiter der Vernetzungsstelle oder einer Verbraucherzentrale, der über Praxiserfahrung beim Auf- und Ausbau der Schulverpflegung verfügt und das Projektteam fundiert beraten kann.

Zielgruppe Schüler, Lehrer, Unternehmen

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Maßnahme BÖ3 Modellprojekt CO2-Handel an Schulen

Ziel der Maßnahme Förderung von erfahrungsorientiertem Lernen in Schulen. Unterstützung von Schulen bei der Entwicklung von Klimaschutzplänen.

Sachstand Das Modellprojekt CO2-Handel an Schulen wurde bereits im Rahmen der Klimastrategie 2010 vorgeschlagen, konnte bisher jedoch noch nicht verwirklicht werden und wird daher im Klimaschutzkonzept 2020PLUS erneut aufgegriffen.

Beschreibung Das Land verstärkt seine Bemühungen, Wissen, Bewusstseinsbildung und Eigeninitiative zum Thema Klimaschutz im Schulunterricht stärker zu verankern. Ausgewählte Schulen können sich an einem Modellprojekt beteiligen, bei dem die Teilnehmer anhand von konk-ret ermittelten Minderungsmaßnahmen einen fiktiven Handel mit CO2-Emissionszertifikaten vornehmen. Dabei erarbeiten sich Schüler und Lehrer Kenntnisse über politische Steuerungsinstrumente zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen sowie über Vor- und Nachteile des Emissionshandels und zusätzlicher klima- und energie-politischer Instrumente.

Die teilnehmenden Schulen werden von der KEA unterstützt, die auch die zugehörigen Kommunen bei der Emissionsminderung des Schulgebäudes beraten. Die am Modellpro-jekt „CO2-Handel“ teilnehmenden Schulen werden durch Leitfäden und Vor-Ort-Besuche von Experten unterstützt und dazu angeregt, eigene Klimaschutzpläne zu entwickeln. Diese sollen neben der Zuweisung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten auch eine Energiebilanz, definierte Ziele sowie einen Maßnahmenkatalog mit Zeitplan enthalten. Projektgruppen aus Lehrern und Schülern sowie ggf. Hausmeistern sollen die relevanten Verbrauchskennzahlen erfassen sowie geeignete Einsparmaßnahmen identifizieren. Die CO2-Bilanz sollte auch den Schulweg einbeziehen und dadurch zur Nutzung eines klima-freundlichen Verkehrsmittels motivieren.

Zielgruppe Schüler und Lehrer

Anmerkungen Synergie zu Maßnahme „Klimaschutzpläne für Schulen“

Maßnahme BÖ4 Erweiterung der Beratung und Dienstleistung für klimaschutzwillige Kommunen

Ziel Vermittlung und Anwendung von Kenntnissen aktueller Ansätze der Umwelt- und Verhal-tenspsychologie, um die Wirksamkeit von Maßnahmen des Klimaschutzes durch partizipa-tive Prozesse und die Gestaltung struktureller Rahmenbedingungen zu verbessern. Förde-rung des kommunalen Erfahrungsaustausches im Bereich des Klimaschutzes.

Sachstand Klimaschutzwillige Kommunen suchen verstärkt nach geeigneten Möglichkeiten, ihre CO2-Bilanz zu reduzieren und Anreize für einen schonenden Umgang mit Ressourcen zu schaf-fen. Die Lebensgewohnheiten der in der Kommune lebenden Menschen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Die vorhandenen Beratungsangebote für Kommunen sollen durch Vermittlung umweltpsychologischer Erkenntnisse ergänzt werden, die aufzeigen, wie die Bereitschaft zur individuellen Verhaltensänderung und die Akzeptanz klimafreundlicher Maßnahmen erhöht werden kann.

Beschreibung Im Vordergrund steht die Aufarbeitung und Vermittlung neuerer Erkenntnisse aus der Umweltpsychologie. Kommunalen Vertretern wird Gelegenheit gegeben, sich mit aktuellen Forschungsergebnissen der Verhaltenspsychologie vertraut zu machen und sich über die praktische Anwendbarkeit dieser Erkenntnisse informieren und austauschen zu können.

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Die Landesregierung fördert gemeinsame Workshops, die einen Erfahrungsaustausch ermöglichen, inwieweit und wodurch Verhaltensänderungen durch kommunale Initiativen gefördert bzw. verändert werden können. Diese könnten von der Umweltakademie durch-geführt werden. Dabei werden praktische Erfahrungen aus Deutschland und anderen Ländern vorgestellt und diskutiert. Dazu gehören z.B. Ansätze, die unter dem Stichwort 'Mindspace' (UK Institute for Government) oder 'Nudging' (nach Richard Thaler und Cass R. Sunstein) diskutiert werden und aufzeigen, wie sich bereits kleine Veränderungen in der Gestaltung der Umwelt auf das Verhalten von Individuen auswirken können.

Um die praktische Relevanz dieser Workshops zu gewährleisten, werden in der ersten Phase vorhandene Forschungsergebnisse durch eine wissenschaftliche Institution auf-gearbeitet und geeignete Fallbeispiele identifiziert. Dies wird in enger Abstimmung mit Beratungseinrichtungen wie der KEA und regionalen Energieagenturen erfolgen, die durch ihre langjährige Tätigkeit über die notwendige Praxiserfahrung verfügen. In der zweiten Phase werden vier Workshops im Abstand von jeweils zwei Jahren durchgeführt, bei de-nen sich kommunale Vertreter mit der Weiterentwicklung der Forschungsansätze vertraut machen und über Anwendungsbeispiele informieren und austauschen.

Zielgruppe Kommunale Vertreter

Anmerkungen Synergien mit den Maßnahmen im Querschnittkapitel Kommunaler Klimaschutz. Gegebe-nenfalls könnte die Umweltakademie die Workshops ab 2012 innerhalb ihres Jahrespro- grammes durchführen.

Maßnahme BÖ5 Sicherung des Fortbestands und der Verbreitung besonders erfolgreicher Projekte zur Bewusstseinsbildung im Klimaschutzbereich

Ziel Die Laufzeit besonders erfolgreiche Klimaschutzprojekte im Bereich Bewusstseinsbildung soll verlängert und Finanzmittel zur Verbreitung guter Projektideen bereit gestellt werden, um den Wirkungsgrad bestehender Maßnahmen zu erhöhen.

Sachstand Während für die Finanzierung vielversprechender innovativer Maßnahmen und Projekte Finanzmittel oftmals noch akquiriert werden können, fällt dies schwerer, wenn der Fortbe-stand des Projektes gesichert oder besonders erfolgreiche Projekte Verbreitung finden sollen. Die für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung notwendige Kontinuität fehlt in vielen Fällen und Projekte weisen nicht die Laufzeit auf, um ihre Wirkung vollständig ent-falten zu können, beispielsweise um den erforderlichen Bekanntheitsgrad in der entspre-chenden Zielgruppe zu erreichen.

Beschreibung Das Land stellt finanzielle Mittel bereit, um Projekte zu fördern, die als besonders erfolg-reich und vielversprechend angesehen werden, finanziell jedoch nicht gesichert sind. Be-sonderes Augenmerk wird dabei auf Projekte gelegt, bei denen bereits in hohe Fixkosten investiert wurde und deren Fortbestand durch die Deckung von vergleichsweise niedrigen laufenden Kosten, gesichert werden kann.

Für dieses Projekt wird eine Zusammenarbeit mit im Umweltbereich tätigen Stiftungen angestrebt, wie der Landesstiftung Baden-Württemberg, der Robert Bosch Stiftung, der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit (SEZ) oder der Breuninger Stiftung.

In der ersten Phase der Maßnahme gilt es, die Stiftungen für die Problematik zu sensi-bilisieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen einer solchen Kooperation zu klären. Die Zusammenarbeit mit Stiftungen ist wünschenswert, da diese über die notwendige Expertise verfügen, den Erfolg von Projekten zu beurteilen, und durch eine vorherige Fi-nanzierung gegebenenfalls mit bestimmten Projekten bereits vertraut sind.

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Entwurf KSK 2020PLUS – 10.12.2010

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Durch die Aufstockung der den Stiftungen zur Verfügung stehenden Finanzmittel wird für die Stiftungen ein finanzieller Anreiz geschaffen, und es wird ihnen ermöglicht, ihre Sicht-

barkeit und ihren Wirkungsgrad zu erhöhen.

Zielgruppe Zivilgesellschaftliche Akteure, Projektträger

Maßnahme BÖ6 Unterstützung und wissenschaftliche Begleitung von Initiativen zur Förderung kli-mafreundlicher Ernährung, wie dem "Veggiday"

Ziel Verbreitung klimafreundlicher Ernährungsstile

Sachstand Städte wie Gent oder Bremen haben einen "Veggiday" eingeführt, an dem die Bürger der Stadt einmal pro Woche gänzlich auf Fleisch verzichten sollten. Baden-Württemberg könn-te das öffentlichkeitswirksame Potential dieser Maßnahmen nutzen und einen differenzier-teren Umgang mit der Frage eines verminderten Fleischkonsums fördern. Auch sollte der Bezug zu vorhandenen Ernährungsinitiativen wie "JOB&FIT – Mit Genuss zum Erfolg!" hergestellt werden.

Beschreibung Die Landesregierung bringt in die Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit einen Projektvor-schlag ein, dass öffentliche und private Kantinen sowie private Haushalte an einem Tag der Woche vollständig auf das Angebot von fleischhaltigen Gerichten verzichten. Die be-gleitenden Hintergrundmaterialien sollten das Thema Ernährung und Klimaschutz differen-ziert darstellen, das heißt, einerseits z. B. das geschätzte THG-Minderungspotential aus-weisen und gleichzeitig auf unterschiedliche Grundlagen für die Berechnung des Minde-rungspotentials verweisen und diese kritisch gegenüberstellen.

Die Maßnahme wird von einem Wettbewerb für Köche begleitet, die vegetarische Speisen und Rezepte für Kantinen und private Haushalte vorstellen, die auf der kulinarischen Tradi-tion Baden-Württembergs beruhen. Eine entsprechende länderübergreifende Rubrik könn-te auch als Bestandteil medienwirksamer Kochshows angeregt und bekannten Köchen, wie z. B. Vincent Klink als Schirmherr gewonnen werden.

Der dem Englischen entlehnte Begriff "Veggiday" sollte nur als Verweis auf bestehende Initiativen in anderen Städten Verwendung finden. Zu bevorzugen wäre ein deutscher Begriff und die Verknüpfungen der Initiative mit regionalen Traditionen wie dem fleischfrei-en Freitag.

Zielgruppe Gesamtbevölkerung und Multiplikatoren, die bereits ein grundsätzliches Interesse an nachhaltiger Entwicklung haben, über Gestaltungsmöglichkeiten verfügen oder anderen als Vorbilder dienen können: beispielsweise Schüler/innen und Lehrer/innen; Unterneh-mer/innen; Akteure aus Politik und Verwaltung; Journalisten.

Anmerkungen Diese Maßnahme sollte in Abstimmung mit den vorgesehenen Aktivitäten für "Verbrau-cherbezogene Maßnahmen zur Stärkung einer klimaschonenden Ernährungsweise" (siehe Kapitel „Land- und Forstwirtschaft sowie Landnutzung“) erfolgen.

Maßnahme BÖ7 Modellprojekt "ECO-Imagineering": Innovationen für Nachhaltigkeit in mittelständi-schen Unternehmen

Ziel Entwicklung eines Trainingsprogrammes für Bewusstseinsbildung und Vertiefung ökologi-scher Grundeinstellung für Eigentümer und Mitarbeiter kleiner und mittlerer Unternehmen, Erschließung von Innovationspotentialen zur Entwicklung klimafreundlich orientierter Pro-dukte, Verfahren und Dienstleistungen

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Sachstand Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt führte im Jahr 2010 eine Machbarkeitsstudie zu ECO-Imagineering durch, bei der die grundsätzliche Idee geprüft und die Machbarkeit des Projektes darstellt wurde (Huhn, G und Liebnau A. D. (2001).

ECO-Imagineering ist ein Kreativitätstrainingskonzept für Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter in Unternehmen zur Förderung ökologisch orientierter, innovativer Produk-te, Verfahren und Dienstleistungen. Durch ECO-Imagineering sollen die mit der Notwen-digkeit des Klimaschutzes einhergehenden innovativen Potentiale erschlossen werden. Dies ist dann möglich, wenn alle an der Entwicklung eines Produktes beteiligten Mitarbei-ter, die Integration ökologischen Denkens in ihr tägliches Tun als eine selbstverständliche, mit den übrigen Unternehmenszielen im Einklang stehende Angelegenheit begreifen.

ECO-Imagineering geht damit über den Anspruch der reinen Bewusstseinsbildung hinaus und zielt durch einen über einen längeren Zeitraum angelegten Einsatz unterschiedlicher Medien und Veranstaltungsformen auf tatsächliche Verhaltensänderungen ab.

Der zum Einsatz kommende Medien-Mix bestehend aus Seminaren (Modul 1), einem interaktiven Programm zur individuellen Arbeit der Teilnehmer auf Internet-Basis (Modul 2), einem Tutor-Programm als langfristigem Internet-Transfer-Prozess (Modul 3) und ei-nem Abschlussworkshop (Modul 4). Die Maßnahmen verbinden die Trainingsansätze mit einem konkreten, firmenbezogenen Projekt.

Beschreibung Die Landesregierung führt ein Modellprojekt durch, bei der das ECO-Imagineering in der ersten Phase zur Anwendungsreife entwickelt wird (Entwicklungszeit ca. 18 Monate) und in der in der zweiten Phase als Modellprojekt bei ausgewählten Unternehmen umgesetzt wird.

Zielgruppe Eigentümer mittlerer Betriebe, die bereits ein grundsätzliches Interesse an nachhaltiger Entwicklung haben, sowie ihre Mitarbeiter.

Anmerkungen Die Maßnahme bezieht sich auf eine Machbarkeitsstudie der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die in Kooperation mit dem Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) durchgeführt wurde. Bei dem Modellprojekt handelt es sich um eine Anschubfinanzierung. Die Machbarkeitsstudie geht davon aus, dass sich das Modell im Anschluss an eine Einführungsphase selber tragen kann.

Maßnahme BÖ8 Klimaschutzmentoren in Kindergärten

Ziel Multiplikatorenschulungen zur Implementation von Klimaschutzzielen im frühkindlichen Bereich, um Klimaschutz bereits von Kindes Beinen an zu lernen.

Sachstand Innerhalb des Projektes „KiNA – Kindergarten und Nachhaltigkeit“ wird der Fokus auch auf den Klimaschutz als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung im Land gerichtet. Ziel des Gesamtprojektes ist es, die Kindergärten im Land auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen.

Beschreibung Die Umweltakademie führt schwerpunktmäßig Workshops zum Klimaschutz für Erziehe-rinnen und Erzieher durch, mit dem Ziel aufzuzeigen, wie Klimaschutz bereits im Kinder-garten realisiert werden kann. Die Teilnehmer dieser Workshops werden zu Klimaschutz-mentoren für die Kindergärten. Hierzu wird ein Seminartyp speziell für diese Zielgruppe entwickelt auf der Basis bereits vorhandener Materialien.

Zielgruppe Erzieherinnen und weitere Multiplikatoren frühkindlicher Bildung

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4.3.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Das Klimaschutzkonzept 2020Plus folgt den Grundsätzen a) Vorhandenes bekanntmachen, b) Aktivitäten fortführen, die sich als wirksam erwiesen haben und c) innovative Ansätze zu fördern. Erfolgreiche Projekte des Klimaschutzkonzepts 2010 im Bereich Bewusstseins-bildung und Öffentlichkeitsarbeit werden fortgeschrieben und gleichzeitig neue innovative Impulse gesetzt. Dabei werden Verbindungen zwischen lokalen und bundesweiten Maß-nahmen hergestellt und entsprechende Synergien genutzt.

Im Mittelpunkt der Bewusstseinsbildung steht die Sensibilisierung relevanter Akteure für die Folgen ihres Handelns, die Stärkung von Eigenverantwortung und der Fähigkeit, komplexe Wirkungszusammenhänge differenziert betrachten zu können.

Im Zeitraum bis 2050 ist damit zu rechnen, dass die Auswirkungen der Klimaerwärmung zu-nehmend spür- und direkt erfahrbar werden. Die Notwendigkeit, Menschen über mögliche Folgen der Klimaerwärmung zu informieren, wird langsam in den Hintergrund rücken. Dafür wird sich der Schwerpunkt von Initiativen im Bereich „Bewusstseinsbildung und Öffentlich-keitsarbeit“ zunehmend darauf verlagern, Kompetenzen zu vermitteln, wie auf unterschiedli-chen Akteursebenen (Individuum, Organisationen, Sektoren) mit den Folgen des Klimawan-dels umgegangen werden kann, welche Chancen und Gefahren diesen Anpassungsprozes-sen inne wohnen und wie eine Gesellschaft als Ganzes mit sich verändernden Rahmen-bedingungen konstruktiv umgehen kann. Im Mittelpunkt wird hierbei die Vision des Klima-schutzkonzeptes 2020PLUS stehen, ein gesellschaftliches Umfeld zu schaffen, das dem Einzelnen eine hohe Lebensqualität garantiert und ihm gleichzeitig einen klimafreundlichen Lebensstil ermöglicht.

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4.4 Klimafreundliches Wirtschaften

4.4.1 Ausgangssituation und Problemverständnis

Die kohlenstoffarme Wirtschaft, die als Vision für das Jahr 2050 beschrieben werden soll, wird nach denselben marktwirtschaftlichen Prinzipien organisiert sein, die auch heute schon gelten. Das bedeutet insbesondere, dass der Staat zwar die gesetzlichen Rahmen-bedingungen schafft und, wo nötig und sinnvoll, über marktwirtschaftliche Instrumente steuernd in das Marktgeschehen eingreift. Es werden aber nach wie vor die Unternehmen sein, die – innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens – entscheiden, welche Produk-te sie auf den Markt bringen und welche Investitionen sie tätigen. In der Transformation zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft werden Unternehmen daher wesentliche Akteure und Be-troffene des Wandels sein, die dank ihrer Innovationskraft Lösungen für eine CO2-arme Wirt-schaft entwickeln und auf den Markt bringen, und die einen großen Teil der Investitionen tätigen, die für die Transformation nötig sein werden.

Die Emissionen der Unternehmen selbst sind nicht Gegenstand dieses Kapitels; diese wer-den in den Bereichen Industrie, Verkehr, Gebäude sowie Umwandlung abgedeckt. Gegens-tand dieses Kapitels ist vielmehr die Frage, wie sich Unternehmen auf die neuen Herausfor-derungen einstellen können, die sich durch den Wandel zu einer CO2-armen Wirtschaft er-geben, und wie sie die damit verbundenen Chancen nutzen können. Welche neuen Ge-schäftsfelder erschließen sich, welche neuen Produkte und welche Modelle der Bedürfnisbe-friedigung werden entstehen, wie werden sich bestehende Produktportfolios ändern? In wel-chen Bereichen wird die Nachfrage langfristig sinken, und welche Branchen müssen sich langfristig auf fundamental veränderte Geschäftsmodelle einstellen?

Diese Herausforderung stellt sich vor allem für diejenigen Branchen, deren Produkte oder Produktionsprozesse unweigerlich mit CO2-Emissionen verbunden sind, also insbesondere die folgenden Branchen:

a) Zement- und Kalkherstellung sind energieintensive Prozesse. Der Energiebedarf selbst lässt sich nur durch grundlegend neue Produktionsverfahren spürbar verändern, allen-falls können durch die Zufeuerung biogener Brennstoffe die Emissionen aus fossilen Quellen gesenkt werden. Zudem fallen neben den energiebedingten Emissionen unwei-gerlich prozessbedingte Emissionen an. In Baden-Württemberg emittierten die größten Zementwerke an sechs Standorten im Jahr 2008 rund 2,8 Mio. t CO2; hinzu kamen 0,3 Mio. t aus drei Kalkwerken.22 Gemessen an den gesamten Emissionen der Industrie von 11,16 Mio. t23 macht dies immerhin rund 28% aus.

b) Stahlherstellung zeichnet sich ebenfalls dadurch aus, dass einerseits der Herstellungs-prozess selbst energieintensiv ist, und andererseits prozessbedingte Emissionen entste-hen. Da derzeit in Baden-Württemberg allerdings nur an einem Standort (Kehl) Stahl hergestellt wird, fällt diese Branche weniger stark ins Gewicht. Zudem handelt es sich bei

22 Quelle: DEHSt, Angaben der emissionshandelspflichtigen Anlagen für 2008. 23 Quelle: Stat. LA BW, http://www.statistik-bw.de/UmweltVerkehr/Indikatoren/LV-KG_co2energie.asp.

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dem Kehler Stahlwerk um ein Elektrostahlwerk, so dass trotz der Größe des Werks eher geringe Emissionen anfallen. Mit rund 140.000 Tonnen CO2 im Jahr 2008 (etwas über einem Prozent der industriebedingten CO2-Emissionen) fallen die Emissionen dieser Branche bedeutend geringer aus als in anderen Teilen Deutschlands, etwa im Ruhrge-biet oder im Saarland.

c) Die Raffination von Mineralölprodukten ist an sich energieintensiv, da für die einzelnen Raffinationsschritte bestimmte Temperaturniveaus nötig sind. Die Raffinerie Ober-rhein/Karlsruhe hat mit Emissionen von 3,1 Millionen Tonnen im Jahr 2008 bereits einen Anteil von rund 4% an den landesweiten Emissionen, bzw. etwa 28% der Emissionen aus der Industrie. Hinzu kommt, dass Raffinerien in der Mehrzahl Brennstoffe herstellen, die ihrerseits wieder Emissionen nach sich ziehen.

d) Andere energieintensive Industrien sind etwa die Herstellung von Glas, Papier oder Zie-geln. Diese sind oft eher mittelständisch geprägt und zeichnen sich durch eine größere Zahl relativ kleiner Emissionsquellen aus. Gemessen am Umsatz machen Energiekosten und CO2-Emissionen dennoch einen spürbaren Faktor aus.

4.4.2 Vision 2050

Die kohlenstoffarme Wirtschaft wird in vielerlei Hinsicht auch eine dematerialisierte Wirt-schaft sein, die wesentlich weniger Ressourcen verbraucht als die heutige. Dies gilt nicht nur für Energierohstoffe, sondern auch für andere Rohstoffe, da deren Verarbeitung und Trans-port unweigerlich mit Energieverbrauch verbunden ist. Gerade die weiterverarbeitenden In-dustrien am Anfang der Wertschöpfungskette – wie etwa die Zement- und Kalkindustrie, Stahl- oder Aluminiumindustrie, Grundstoffchemie oder die Mineralölwirtschaft – stehen vor der Herausforderung.

Herstellung und Verkauf von Konsumgüter werden in zunehmendem Maße mit Dienstleis-tungen konkurrieren, die dieselben Bedürfnisse befriedigen: auch im Jahr 2050 wollen Men-schen in gut beleuchteten, belüfteten und geheizten Räumen leben, miteinander kommuni-zieren oder von A nach B gelangen. Werden diese Bedürfnisse durch Dienstleistungen be-friedigt statt durch den Verkauf von Produkten, werden die Produkte zum einen wesentlich effizienter genutzt; zum anderen liegt es im Interesse des Anbieters, die Dienstleistung mög-lichst effizient zu gestalten. z.B.Car-Sharing anstatt privater PKWs.

Der Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird selbst erhebliche Nachfrage in einigen Bereichen erzeugen. Dies betrifft u.a. den Ausbau, Umbau oder Neubau der Netze (Strom-netz, Wärmenetze, CCS-Netze), die Herstellung und Installation von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, die Herstellung, Planung und Installation von Energieeffizienz-technologien incl. intelligenter Regelungstechnik oder Speichertechnik, die Entwicklung, Herstellung und Installation von Dämmstoffen und neuartigen (organischen) Werkstoffen, die weitgehende Erneuerung der Fahrzeugflotte u.a. durch Ausbau der Elektromobilität, etc.

Die verbleibenden CO2-Emissionen werden zu den größten Kostenfaktoren eines Unterneh-mens gehören. Allein schon zum Zweck des Controlling werden sich Unternehmen daher möglichst vollständige Informationen verschaffen über die Prozesse, bei denen Emissionen entstehen. Ähnlich wie es bei finanziellen Kenngrößen heute schon erfolgt, werden Unter-nehmen detailliert und regelmäßig (jährlich oder quartalsweise) Informationen über entstan-dene Emissionen veröffentlichen. Auf dieser Grundlage erhalten Verbraucher zudem auch

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nahezu vollständige Information über die CO2-Bilanz von Produkten für den gesamten Le-benszyklus.

Betriebliches CO2-Management, die Finanzierung von Klimaschutzinvestitionen und der weltweite Handel mit Emissionsrechten entwickeln sich zu einem immer wichtigeren Ge-schäftsfeld von Banken, Börsen und Finanzberatern. Die Vergabe von Krediten richtet sich auch in Zukunft nach der Renditeerwartung – aber durch ein starkes CO2-Preissignal haben sich die Rahmenbedingungen so verändert, dass sich low-carbon-investments auch durch eine herausragende Rendite auszeichnen. Zu den Kriterien für die Vergabe eines Kredits zählt daher auch die Klimawirkung, der Investition, die mit dem Kredit finanziert werden soll. Zudem haben Banken und Berater das große Potenzial an kosteneffizienzten Minderungs-maßnahmen – gerade im Gebäudebereich – als wichtiges Geschäftsfeld entdeckt. Auch wenn diese Minderungsmaßnahmen sich oft nach wenigen Jahren durch die eingesparten Energiekosten amortisieren, werden sie nur in Ansätzen erschlossen. An diesem Mangel setzen Banken und Berater an, indem sie spezielle Finanzierungsmodelle für Klimaschutzin-vestitionen entwickeln.

Deutschland bleibt weiterhin eine führende Exportnation, Maschinen- und Anlagenbau sowie Fahrzeugbau blieben weiterhin Schlüsselindustrien. Der Export von Energieeffizienz-lösungen und erneuerbaren Energien stellt einen wesentlichen Markt für Hersteller in den Bereichen Maschinenbau, Anlagenbau, Steuerungs- und Regelungstechnik dar. Noch stär-ker als bisher müssen sich deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb durch den Innovationsgehalt ihrer Produkte und Dienstleistungen auszeichnen. Risiken für die Export-industrie entstehen durch den einsetzenden Klimawandel (Unterbrechung von Lieferketten, Einnahmeausfälle durch Extremereignisse, politische Instabilität etc.).

Neben den Unternehmen sind Verbraucher in zunehmendem Maße zu einer Triebkraft der Transformation in eine kohlenstoffarme Wirtschaft geworden. Dazu haben im Wesentlichen vier Entwicklungen beigetragen: zum einen sind die externen Kosten klimaschädlicher Aktivi-täten weitgehend internalisiert. In den Worten Ernst Ulrich von Weizsäckers: „Die Preise sa-gen die ökologische Wahrheit“. Dadurch werden klimafreundliche Verhaltensweisen in zu-nehmendem Maße auch ökonomisch attraktiv. Zum zweiten haben Verbraucher die nötigen Informationen über die Folgen ihrer Konsumentscheidungen – sowohl was den THG-Fußabdruck ihres Konsums angeht, als auch die tatsächlichen Kosten einer Anschaffung. Da gerade bei vielen elektronischen Geräten die Kosten des verbrauchten Stroms über die Le-bensdauer des Geräts wesentlich höher sind als der Anschaffungspreis, und da Verbraucher vollständige Transparenz über diese Kosten haben, sind Geräte mit hohem Energiever-brauch praktisch unverkäuflich und werden kaum noch angeboten. Drittens stellen neuartige Finanzierungsangebote der Banken sicher, dass der Kauf klimafreundlicher Produkte nicht an der Finanzierung scheitert. Den Umstand, dass energiesparende Produkte in der An-schaffung teurer, aber im Gebrauch erheblich günstiger sind, haben Banken als Geschäfts-modell aufgegriffen, und bieten – etwa für den Haus- oder Autokauf – entsprechende Finan-zierungsmodelle kombiniert mit Beratung an. Schließlich haben sich die Präferenzen und Einstellungen der Verbraucher in Richtung nachhaltiger, klimafreundlicher Produkte ver-schoben. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt gezielter Anstrengungen in Bildung und zu dan-ken, aber auch schlicht einem Umdenken und Wertewandel in der Bevölkerung, getragen von einem breiten Bündnis gesellschaftlicher Kräfte.

Der Staat als Kunde nimmt eine Vorreiterrolle für den Umbau ein – dank konsequenter Aus-richtung der öffentlichen Beschaffung am Kriterium der CO2-Minimierung kommt die kritische Masse zusammen, um in zahlreichen Branchen den Anstoß für die Entwicklung CO2-armer

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Lösungen zu geben, und gleichzeitig Investitions- und Planungssicherheit zu schaffen. Hier verfügt der Staat über verschiedene Hebel: angefangen vom Fuhrpark (Polizei, kommunale Eigenbetriebe) über die Liegenschaften (Verwaltungsgebäude des Landes und öffentlicher Einrichtungen wie Universitäten, Krankenhäuser) bis hin zu Betrieben, die sich ganz oder teilweise im Eigentum des Landes befinden. Hinzu kommen Leistungen, die das Land bzw. nachgeordnete Behörden bestellen, und damit Kriterien für die Erbringung definieren kann, etwa beim öffentlichen Personennahverkehr (vgl. Kap. Vorbildwirkung der Landesregierung).

4.4.3 Maßnahmenvorschläge mit Zeithorizont bis 2020

Maßnahme KW1 Gemeinsame Strategie für die Transformation zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft

Ziel Verständigung mit Unternehmen und Verbänden über die Ziele und Herausforderungen einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und Entwicklung einer gemeinsamen Strategie

Sachstand Der Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ist eine langfristige Aufgabe, und als solcher ein gemeinsamer Suchprozess von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Die Regie-rung kann – im Dialog mit gesellschaftlichen Akteuren – allenfalls die Ziele vorgeben und Instrumente einführen, um die wirtschaftliche Dynamik in Richtung dieser Ziele lenken. Sie kann jedoch nicht vorschreiben, welcher Weg in eine kohlenstoffarme Wirtschaft füh-ren soll, oder welche Technologien dafür nötig sein werden. Hierzu bedarf es der Mitwir-kung von Unternehmen, Verbänden und anderen gesellschaftlichen Akteuren.

Wichtig ist, die Potenziale und Chancen hervorzuheben, die sich aus dem Transformati-onsprozess für die Unternehmen ergeben können. Beispiele für solche Potenziale und Chancen sind: für Bau und Handwerk stellen energieeffizientes Bauen und die energeti-sche Sanierung im Gebäudebestand ein großes, wachsendes Geschäftsfeld dar. Die Transformation im Verkehrsbereich bietet – etwa in den Bereichen Elektromobilität, hoch-effiziente Motoren, Hybrid-Technologien etc – reichlich Potenzial für Hersteller und Zuliefe-rer. Die chemische Industrie ist selbst als energieintensive Branche von der Transformati-on betroffen, anderseits bieten sich etwa durch die Herstellung von Dämmmaterialien und neuartigen, klimaschonenden Werkstoffen auch neue Geschäftsfelder auf. Im Energiebe-reich schließlich ergeben sich neue Optionen für den Anlagenbau – durch den (Aus-)Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, aber auch durch den Ausbau der Strom-netze hin zu einem „smart grid“.

Beschreibung Die Landesregierung wird den Kontakt mit den Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft suchen, um ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen und der anstehenden Handlungsoptionen zu entwickeln. Darauf aufbauend soll eine gemeinsame Strategie für den Umbau zur kohlenstoffarmen Wirtschaft entwickelt werden.

Zielgruppe Unternehmen und Wirtschaftsverbände

Maßnahme KW2 Unterstützung für neue Geschäftsmodelle

Ziel Gezielte Unterstützung energieintensiver Branchen bei der Entwicklung neuer Produkte und Produktionsmethoden

Sachstand Der Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird strukturelle Anpassungen von Un-ternehmen und Verbrauchern erforderlich machen. Diese sind vor allem in den Branchen zu erwarten, deren Geschäftsfeld sich durch den Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirt-

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schaft grundlegend ändert bzw. sich dem Umfang nach stark verringert. Dies könnte be-sonders energieintensive Branchen wie die Stahl-, Zement-, Papier-, Glas- und Ziegelhers-tellung betreffen.

In gewissem Umfang lässt sich ein Umbau in diesen Branchen bewerkstelligen, indem neue Produkte und neue Produktionsmethoden zur Marktreife gebracht werden. Für die Bauwirtschaft bedeutet dies etwa, dass Materialien wie Holz, andere organische Materia-lien oder Kohlefaser statt Stahl und Beton zum Einsatz kommen. “Grüner Zement” in Form neuartiger Bindemittel könnte mittelfristig eine Alternative für den üblichen Portlandzement darstellen.

Einen Sonderfall stellt die Mineralölwirtschaft dar. Einerseits ist die Raffination an sich ein sehr energieintensiver Prozess, so dass Raffinerien zu den größten Emittenten im indust-riellen Bereich zählen. Durch den Umbau zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen sinken. Eine Alternative könnte darin bestehen, dass Raffinerien zunehmend Kohlenwasserstoffe aus biogener Herkunft (Biomasse) ver-arbeiten.

Für Emissionen, die im Herstellungsprozess entstehen, kann die Abscheidung und Spei-cherung von Emissionen (CCS) eine Option darstellen. Gerade für prozessbedingte Emis-sionen, die sich ihrer Natur nach nicht vermeiden lassen, kann diese Technologie relevant sein.

Beschreibung Die Landesregierung wird unterstützend tätig werden, um die Umstellung zu erleichtern:

a) Ausrichtung der anwendungsnahen Forschung auf die das Ziel, neuartige Produkte und Technologien zur Marktreife zu bringen (bspw. grüner Zement, Bioraffinerie, al-ternative Werkstoffe im Bau). Hierbei soll eine neue Prioritätensetzung beim Einsatz vorhandener vorhandenen Mitteln.

b) Es soll ein offener Dialog mit betroffenen Branchen über Möglichkeiten zur Anpassung der Geschäftsmodelle geführt werden.

Zielgruppe Unternehmen der energieintensiven Branchen sowie Mineralölwirtschaft

Maßnahme KW3 Förderung verbesserter Information über Emissionsbilanz von Unternehmen und Produkten

Ziel der Maßnah-me

Bereitstellung möglichst präziser Informationen über die THG-Emissionen, die von einzel-nen Unternehmen verursacht werden

Sachstand Bessere Informationen über die Emissionsbilanz von Unternehmen und die Produkte, die sie herstellen, sind aus verschiedenen Gründen von essentieller Bedeutung: sie dienen den Unternehmen selbst, Minderungspotenziale in ihren Unternehmen zu identifizieren; sie dienen Anlegern und Geldgebern, ihre Gelder in die richtigen Unternehmen zu investieren; und sie helfen Verbrauchern, die ihren Konsum klimafreundlich gestalten wollen.

Zwar kann das Land Baden-Württemberg in diesem Bereich nur eingeschränkt tätig wer-den, da Unternehmen i.d.R. überregional oder international tätig sind und das Vorgehen daher bundesweit (oder sogar EU-weit) abgestimmt erfolgen sollte. Es spricht jedoch nichts dagegen, solche Maßnahmen auf freiwilliger Basis zu verankern, bzw. in Baden-Württemberg für eine spätere bundesweite Anwendung Erfahrungen zu sammeln.

Beschreibung e) Die Landesregierung prüft in einer Machbarkeitsstudie, inwieweit eine freiwillige Selbstverpflichtung von Unternehmen zur regelmäßigen Klimaberichterstattung nach vorgegebenen Standards (analog zu bestehenden, freiwilligen carbon disclosure-Initiativen) zur Verbreitung sowie Vereinheitlichung von Emissionsbilanzen beitragen kann. Langfristiges Ziel sollte es sein, dass mittelfristig alle mittleren und großen Un-ternehmen in Baden-Württemberg aussagekräftige Berichte zu den von ihnen direkt

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verursachten Emissionen erstellen. Daher sollte in der Machbarkeitsstudie auch ge-prüft werden, ob mittelfristig regulative Vorgaben zielführend sein könnten und auf welcher Ebene diese verankert werden sollten.

f) Die Landesregierung setzt sich auf EU- und Bundesebene dafür ein, dass bei der Schaffung einheitlicher Standards für die Emissionsbilanzierung von Unternehmen sowie für die Lebenszyklus-Emissionen aller Produkte und Dienstleistungen weiter vorangeschritten wird. Ziel sollte es sein, diese mittelfristig verpflichtend zu machen, wobei eine gestufte Einführung mit regelmäßiger Überprüfung sinnvoll sein kann, um einen übermäßigen administrativen Aufwand bei den Unternehmen zu verhindern.

Zielgruppe Unternehmen

Maßnahme KW4 Kooperationen des Landes mit dem Finanzsektor

Ziel Identifizierung und Mobilisierung von Synergien zwischen Klimaschutzzielen und dem Finanzsektor

Sachstand Das Land hat verschiedene Kooperationen mit Bankenverbänden, Finanzinstituten und Bausparkassen abgeschlossen. Gegenstand ist jeweils die Zusammenarbeit bei der ener-getischen Sanierung des Gebäudebestandes. Die Partner des Landes informieren auf unterschiedliche Art und Weise über die gesetzlichen Pflichten zur Nutzung erneuerbarer Energien, die Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten für die Bauherren und die finanziel-len Vorteile, die sich aus der Nutzung der erneuerbaren Energien längerfristig für den einzelnen Bauherrn ergeben werden und werben bei ihren Kunden für die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen. Das Land unterstützt die Partner hierbei u.a. durch die Mög-lichkeit, die Informationsbroschüren der Aktion „Zukunft Altbau“ zu verwenden.

Beschreibung Das Land wird die Erfahrungen der laufenden Kooperationen auswerten und Verbesse-rungsmöglichkeiten identifizieren. Auf der Grundlage der Auswertung soll ein Konzept zum weiteren Vorgehen und ggf. zur Ausweitung auf andere Themenfelder entwickelt werden.

Zielgruppe Bankenverbände, Finanzinstitute und Bausparkassen

Maßnahme KW5 Erweitertes betriebliches Klima- und Energiemanagement

Ziel der Maßnah-me

Verankerung eines umfassenden betrieblichen Klima- und Energiemanagement, das über die reine Optimierung der Energienutzung hinausgeht

Sachstand Über die Optimierung des Produktionsprozesses hinaus verfügen Unternehmen über ver-schiedene weitere Hebel, um die Transformation der Wirtschaft hin zu einer klima-freundlichen Wirtschaft voranzutreiben. Mögliche Maßnahmen können sein:

a) Konsequente Ausrichtung der unternehmenseigenen Forschung, Nachwuchs-förderung und Weiterbildung am Leitbild einer klimafreundlichen Wirtschaft;

b) Optimierung der Beschaffung und Logistik im Hinblick auf die damit verbundenen CO2-Emissionen;

c) Unterstützung eines klimafreundlichen Lebensstils der Mitarbeiter, z.B. durch Mobili-tätsberatung, Einführung von Job-Tickets, Telearbeit etc.;

d) Bildungsinitiative, um Klimaschutz (incl. betriebliches carbon management) in wirt-schaftsnahen Studiengängen und Ausbildungen zu etablieren.

Beschreibung Die Landesregierung fördert ein erweitertes, ggf. zertifiziertes betriebliches Klima- und

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Umweltmanagement durch die Auslobung eines Wettbewerbs für betriebliches CO2-Management, ggf. im Rahmen des Umweltpreises für Unternehmen. Im Rahmen des Wettbewerbs können gleichzeitig Beispiele vorbildlicher Klimaschutzberichterstattung sowie vorbildliche Anstrengungen von Unternehmen im Klimaschutz allgemein ausge-zeichnet werden. Bedingung sollte sein, dass die Preisgelder für weitere Klimaschutzbe-mühungen im Unternehmen investiert werden.

Zielgruppe Unternehmen

4.4.4 Bilanz und Ausblick bis 2050

Vor dem Hintergrund der ehrgeizigen Vision für 2050 sowie der dynamischen Entwicklung der Unternehmen selbst, muss das oben beschriebene Instrumentarium regelmäßig geprüft und ggf. erweitert werden. Vor allem aber müssen die Rahmenbedingungen, die die Leitp-lanken unternehmerischen Handelns bilden, in Einklang mit den ambitionierten Klimaschutz-zielen gebracht werden. Von herausragender Bedeutung ist hierbei das Preissignal für THG-Emissionen durch Emissionshandel oder geeignete steuerliche Anreize, aber auch regulative Vorgaben im Bereich der Energieeffizienz sowie der Verbraucherinformation.

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4.5 Umweltgerechter Klimaschutz

Ein ungebremster Klimawandel hätte direkte Auswirkungen auf alle Ökosysteme der Erde. Insbesondere im Fall eines Temperaturanstiegs von über 2 Grad im Vergleich zum vorin-dustriellen Niveau ist davon auszugehen, dass die Leistungen, die Ökosysteme den Men-schen zur Verfügung stellen, stark beeinträchtigen würden. So ist laut Einschätzung des vier-ten Sachstandsberichts des IPCC ein erhöhtes Aussterberisiko für ca. 20 bis 30 % der bisher untersuchten Tier- und Pflanzenarten wahrscheinlich, falls die globale Mitteltemperatur stär-ker als 1,5 bis 2,5 Grad ansteigt. Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft könnten sich durch Trockenheiten, Brände, Schädlingsbefall und Starkregenereignisse ergeben. Zwar kann bei einem Anstieg der lokalen Temperatur um bis zu 1-3 Grad bei einigen Nutzpflanzen der Ernteertrag leicht ansteigen – oberhalb dieser Schwelle wird jedoch ein Rückgang prog-nostiziert. In einigen Regionen ist – zumindest saisonal – eine geringere Wasserverfügbar-keit und geringeres Wasserkraftpotenzial zu erwarten. In Meeren und Seen können sich die Verbreitungsgebiete von Fischen verschieben, und die Algen- und Zooplanktonmengen wer-den voraussichtlich weiter ansteigen. Hinzu kommt die Belastung der Ozeane durch die Auf-nahme der von Menschen verursachten CO2-Emissionen, die zur Versauerung der Ozeane führt. Hält der Emissionsanstieg unvermindert an, könnten einschneidende Veränderungen im Nahrungsnetz die Folge sein, da die Versauerung die Kalkbildung von Meeresorganismen behindert oder teilweise sogar unterbindet. Klimaschutz ist daher in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichzeitig auch unverzichtbarer Umwelt- und Naturschutz.

Dennoch können Klimaschutzmaßnahmen die Erreichung anderer Umwelt- und Natur-schutzziele erschweren oder sogar im direkten Widerspruch zu diesen Zielen stehen. Das wohl bekannteste Beispiel einer solchen Fehlentwicklung ist die Abholzung tropischer Re-genwäldern zur Schaffung von Anbaufläche für Biokraftstoffe. Auf der anderen Seite gibt es bei vielen Klimaschutzmaßnahmen auch Synergien mit anderen Umwelt- und Natur-schutzzielen. So kann die Ausweitung des ökologischen Landbaus beispielsweise neben positiven Effekten für den Klimaschutz auch zum Wasser- und Bodenschutz sowie zur Erhal-tung der Biodiversität beitragen. Zusätzlich zu Konflikten und Synergien mit dem Umwelt- und Naturschutz sind auch vielfältige Wechselwirkungen mit weiteren Zielen der nachhalti-gen Entwicklung zu erwarten, z.B. mit Zielen aus den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Arbeit und Beschäftigung und Forschung.

Es ist daher zu prüfen, inwieweit die im Klimaschutzkonzept 2020PLUS enthaltenen Maß-nahmenvorschläge signifikante Konflikte und Synergien zu anderen Zielen der nachhaltigen Entwicklung nach sich ziehen könnten. Grundlage sind die Natur- und Umweltschutzziele der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg. Dazu gehören:24

24 Staatsministerium/ Umweltministerium Baden-Württemberg (2008). Ziele einer nachhaltigen Entwicklung für Baden-Württemberg. Dokumentation der Ziele und des Entstehungsprozess, S. 30f.

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• Erhalt der biologischen Vielfalt,

• Flächen- und Landschaftsschutz,

• Gewässer- und Bodenschutz;

• Luftreinhaltung;

• Hochwasserschutz- und vorsorge;

• Lärmschutz;

• Sanierung von Altlasten.

Die Betrachtung in diesem Kapitel konzentriert sich auf die Wechselwirkungen zwischen Kli-ma- und Naturschutz sowie Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Konflikte und Synergien mit weiteren Feldern der Nachhaltigkeitsstrategie sind Gegenstand der Kapitel Forschung (Feld Bildung und Forschung) sowie Klimafreundliches Wirtschaften (Felder Wirt-schaft und Konsum sowie Arbeit und Beschäftigung).

Tabelle 16 zeigt die wichtigsten Zielkonflikte und Synergien im Überblick. Es zeigt sich klar, dass im Hinblick auf mögliche Zielkonflikte mit anderen Umweltzielen der Einsatz von er-neuerbaren Energien von zentraler Bedeutung ist. Die negativen Auswirkungen einer von nicht-nachhaltiger Biomassenutzung stehen in besonderem Maße in der Kritik. Durch die Ausbreitung von Monokulturen, Umbruch von Grünland und durch den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln kann der stark ausgeweitete Anbau von Energiepflanzen zur Be-lastung von Böden und Gewässern und zur Verringerung der Artenvielfalt beitragen. Darüber hinaus gibt es zunehmend Zweifel daran, ob Feldfrüchte wie Mais und Raps und einige der importierten Kraftstoffe tatsächliche eine deutliche Emissionsminderung gegenüber Benzin und Diesel erbringen. Die EU hat deshalb im Dezember 2008 Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion und Verwendung von flüssiger Biomasse eingeführt, die u.a. erfordern, dass Bio-brennstoffe im Vergleich zu fossilen Brennstoffen mindestens 35 % der Treibhausemissionen einsparen müssen. Es besteht jedoch weiterhin erheblicher Handlungsbedarf. So stellt ein aktuelles Gutachten von Prof. Butterbach-Bahl in Frage, ob die derzeit vorgesehenen Treib-hausgas-Bilanzierungsmethoden tatsächlich alle relevanten Emissionen berücksichtigen. Die Landesregierung verpflichtet sich im Klimaschutzkonzept 2020PLUS daher, zu einer Anpas-sung der EU-Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe beizutragen und darauf hinzuwirken, dass auch die Nachhaltigkeit gasförmiger und fester Biomasse zur energetischen Nutzung in angemessener Weise überprüft wird (vgl. Maßnahme BM5 im Kapitel 3.1.4.3). Die Landes-regierung wird zudem untersuchen, inwieweit die Förderung der Bioenergienutzug durch das EEG weiterentwickelt werden kann, um Fehlanreize zu verhindern. Ziel ist es, mit Blick auf die für 2012 geplante Novellierung des EEG konkrete Vorschläge in die bundespolitische Diskussion einzubringen (vgl. Maßnahme BM4 in Kapitel 3.1.4.3).

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Maßnahme Umwelt- und Nachhaltigkeitsziel

Potentielle Konflikte

Verstärkte energetische Nutzung von nachwach-senden Rohstoffen

Flächenschutz, Schutz der Biodiversität, Luftreinhaltung, Grundwasser- und Land-schaftsschutz

Energetische Nutzung von Wald- und Restholz Schutz der Biodiversität, Luftreinhaltung

Förderung von PV-Freiflächen- und Windenergiean-lagen Flächen- und Landschaftsschutz, Lärmschutz

Zubau Kleinwasserkraftanlagen und Pump-speicherkraftwerken Gewässerschutz, Schutz derBiodiversität

Nutzung von fester Biomasse in Kleinfeuerungs-anlagen Luftreinhaltung

Energieerzeugung aus tiefer Geothermie Schutz vor Erdbeben, Bevölkerungsschutz

Nutzung der oberflächennahen Geothermie für die Wärmeerzeugung Gewässer- und Bodenschutz

Reduzierung des Rinderbestandes Schutz der Biodiversität

Errichtung von Häusern im Passivhausstandard Qualität der Innenraumluft, Gesundheits-schutz

Förderung von PV-Anlagen und Elektromobilität Verhinderung von Altlasten

Ausbau von Stromnetzen Natur- und Landschaftsschutz

Potentielle Synergien

Verringerung des Verkehrsaufkommens Lärm- und Flächenschutz, Luftreinhaltung

Förderung der Elektromobilität Lärmschutz, Luftreinhaltung

Siedlungsverdichtung und verringerter Zubau von Verkehrsflächen Flächenschutz

Ausweitung des Ökolandbaus, Schutz von Mooren und Erhalt von Dauergrünland

Boden- und Gewässerschutz, Schutz der Biodiversität

Abfallvermeidung Ressourcenschutz

Verringerung des Konsums von tierischen Produk-ten Gesundheitsschutz

Tabelle 16: Potentielle Konflikte und Synergien zwischen KSK-Maßnahmen und ande-ren Umweltzielen

Strom aus PV-Freiflächenanlagen auf Ackerland wird ab 1. Juli 2010 nicht mehr über das EEG gefördert – eine Regelung, die die Nutzungskonkurrenzen um Flächen in Zukunft vor-aussichtlich stark reduzieren wird. Auch das Klimaschutzkonzept trägt diesem Zielkonflikt insofern Rechnung, als dass die zugrunde gelegten PV-Potentiale weitgehend ohne Berück-sichtigung von Freiflächenanlagen berechnet wurden (vgl. Kapitel 3.1.1). Allerdings ist der Energieertrag pro Hektar bei PV-Freiflächenanlagen um bis zu zehn Mal höher als der Er-trag, der durch die energetische Nutzung von Anbaubiomasse auf der gleichen Fläche erzielt werden kann. Auch dies gilt es bei der Überprüfung und Anpassung der Förderarchitektur für erneuerbare Energien zu berücksichtigen. Soll bis 2050 eine weitgehend CO2-neutrale

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Stromerzeugung erreicht werden, kann dagegen auf Windenergieanlagen nicht verzichtet werden. Auch Potenziale in Landschaftsschutzgebieten müssen herangezogen werden, so-fern dies naturschutzrechtlich zulässig ist. Um der ökologischen Funktion der Flächen nicht zu gefährden, sieht das Klimaschutzkonzept die frühzeitige Entwicklung eines Kriterien-katalogs für die Windenergienutzung in Landschaftsschutzgebieten vor (vgl. Maßnahme SE6 in Kapitel 3.1.1.3). Es muss eine Abwägung erfolgen zwischen den Gefahren, die die Anla-gen und die zusätzlich benötigten Stromleitungen für geschützte Tierarten (insbesondere Vögel), für das Landschaftsbild und den Tourismus haben können, und den Klimaschutzvor-teilen der CO2-freien Stromerzeugung. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass Wind-energie- und PV-Anlagen im Gegensatz zu vielen anderen Bauten vollständig rückgebaut werden können, wenn sie nicht mehr benötigt werden.

In ähnlicher Weise soll bei der Erneuerung von Kleinwasserkraftanlagen und beim Bau von Pumpspeicherkraftwerden mit allen beteiligten Akteuren nach einvernehmlichen Lösungen zur optimalen Verbindung ökologischer und ökonomischer Aspekte gesucht werden (Maß-nahme SE9 in Kapitel 3.1.1.3). Bei der Erneuerung von bestehenden Anlagen und der Nut-zung bereits existierender Wehre und Staudämme für die Energieerzeugung kann die kleine Wasserkraft auch eine Chance sein. Die Erlöse aus der Energieerzeugung können Investi-tionen in Fischtreppen oder Umgehungswege ermöglichen, die die Durchgängigkeit der Ge-wässer für im Wasser lebende Arten verbessern. Voraussetzung ist eine sorgfältige Prüfung und Abwägung im Zuge des Genehmigungsverfahrens.

Den Handlungsbedarf bei der tiefen Geothermie, die nach Bebenereignissen in Basel, Lan-dau, Staufen und Insheim Unsicherheit bei der Bevölkerung hervorruft, hat die Landes-regierung ebenfalls erkannt. Eine vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr an-beraumte Expertenanhörung ergab, dass die Entwicklung eines standardisierten Bewer-tungsverfahrens für durch Geothermiekraftwerke ausgelöste Seismizität notwendig ist. Dazu wird das Ministerium unter Federführung des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Berg-bau eine Handlungsanweisung für Projektträger erarbeiten. Zusätzlich sind im Klimaschutz-konzept Informationsmaßnahmen zu den Chancen und Risiken der tiefengeothermischen Strom- und Wärmeerzeugung vorgesehen (vgl. Maßmahme SE 11 in Kapitel 3.1.1.3).

Neben der Installation von Erzeugungsanlagen verlangt die Umstellung der Stromerzeugung auf eine Versorgung aus regenerativen Quellen auch den Ausbau des Energienetzes. Strom muss von Windstandorten zu Pumpspeicherkraftwerken, von ländlichen Biogasanlagen zu den Verbrauchern und zunehmend auch über europäische Grenzen hinweg transportiert werden. Dies erfordert den Ausbau der Übertragungsnetze auf Hoch- und Höchstspan-nungsebene. Aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes sind insbesondere Freileitun-gen als Beeinträchtigung zu sehen, da sie negative Auswirkungen auf den Vogelflug haben können und das Landschaftsbild erheblich verändern. Im Energieleitungsausbaugesetz des Bundes, das 2009 in Kraft getreten ist, sind deshalb verschiedene Pilotvorhaben für Erdkabel vorgesehen. Ziel ist es, Erfahrungen über Vor- und Nachteile zu sammeln. Auch die Erdver-kablung wirkt sich auf das Landschaftsbild aus, da Schneisen freigehalten werden müssen. Zum anderen sollen die Mehrkosten im Vergleich zu Freileitungen ermittelt werden. Im Kli-maschutzkonzept ist außerdem vorgesehen, die Standortplanung von Erneuerbaren-Energien-Anlagen durch eine integrierte Planung besser auf die vorhandene Netzstruktur abzustimmen (Maßnahme EW1 in Kapitel 3.1.3.3). Der Netzausbau wird jedoch dadurch nicht zu vermeiden sein. Potentielle negative Auswirkungen müssen im Einzelfall durch eine gründliche Umweltverträglichkeitsprüfung untersucht werden.

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Negative Auswirklungen auf die menschliche Gesundheit können als Begleiterscheinungen einer klimafreundlichen Bauweise auftreten. So belasten Kleinfeuerungsanlagen, die mit dem erneuerbaren Energieträger Holz beheizt werden, die Innenraumbelastung und auch unter der zunehmenden Dichte der Gebäudehülle kann die Luftqualität in Innenräumen leiden. Der Freisetzung von Schadstoffen durch Kleinfeuerungsanlagen hat sich die Bundesregierung bereits angenommen: Seit März 2010 gelten für Holzheizungen, Kaminöfen und andere klei-ne Feuerungsanlagen neue Umweltauflagen. Die angemessene Be- und Entlüftung von Niedrigenergie- und Passivhäusern ist dagegen derzeit noch nicht durch Auflagen geregelt. Geeignete Konzepte werden aber in der angewandten Forschung untersucht.

Diese ausgewählten Beispiele zeigen, dass eine integrierte Betrachtungsweise institutiona-lisiert werden muss, um sicherzustellen, dass Klimaschutzmaßnahmen nicht auf Kosten an-derer Umweltschutzgüter umgesetzt werden. Bei der Bewertung potentieller Klimaschutz-maßnahmen sollten insbesondere zwei Aspekte berücksichtigt werden:

§ Mögliche Konflikte mit Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen werden bei allen Klimaschutz-maßnahmen vorsorglich geprüft und soweit wie möglich reduziert;

§ Synergien zwischen Zielen des Klimaschutz- und weiteren Umwelt- und Nachhaltigkeits-zielen werden dagegen identifiziert und Klimaschutzmaßnahmen mit positiven Zusatz-wirkungen, sogenannten „co-benefits“ - wo immer es möglich ist - bevorzugt umgesetzt.

Das Ziel eines umweltgerechten Klimaschutzes kann nur erreicht werden, wenn die Bereit-schaft, bei Fehlentwicklungen nachzusteuern, dauerhaft besteht. Deutlichstes Beispiel hierfür ist die Förderung von Biokraftstoffen, die zunächst als zielführende Klimaschutzmaßnahme begrüßt wurde, und nun umfassend überdacht werden muss. Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass das Ziel zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht sein wird. Vielmehr muss es darum gehen, negative ökologische Wirkungen von Klimaschutzmaßnahmen fortlaufend zu verringern. Dabei wird im Einzelfall auch eine Abwägung verschiedener Ziele erfolgen müs-sen und negative Wirkungen werden nicht in jedem Fall vollständig ausgeschlossen werden können. Umso entscheidender ist es, dass die ebenfalls vorhandenen Synergieeffekte zwi-schen Klimaschutzmaßnahmen und anderen Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen stärker ge-nutzt und kommuniziert werden.

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4.6 Forschung und Entwicklung

4.6.1 Ausgangssituation

Baden-Württemberg ist ein hervorragender Forschungsstandort. Die Forschungsausgaben liegen mit 4,4 % des Bruttoinlandsprodukts auch im internationalen Vergleich an der Spitze.

Im Land befinden sich zahlreiche exzellente Forschungseinrichtungen. Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik braucht wissenschaftlich abgesicherte Grundlagen und Instrumente. Diese gilt es zu erforschen und zu entwickeln, um die gesteckten Ziele dieses Klimaschutzkonzep-tes zu erreichen.

Das Land verfügt im Bereich der Forschungsförderung grundsätzlich über Gestaltungsspiel-raum. Diese Möglichkeiten nutzt das Land seit Jahren intensiv.

Den Löwenanteil an den Aufwendungen auch für die klimaschutzorientierte anwendungs-orientierte und anwendungsnahe Forschung trägt die Wirtschaft. Orientiert an den bestehen-den Rahmenbedingungen und an den Anforderungen des internationalen Marktes, konzent-riert sich die Forschung dort vor allem auf den technisch-naturwissenschaftlichen und den jeweils betroffenen Anwendungsbereich.

Darüber hinaus ist jedoch wesentlich, dass Rahmenbedingungen, Innovationen und Maß-nahmen zum Klimaschutz auch auf lange Sicht wirtschaftlich, sozialverträglich, umwelt- und klimagerecht sind und von der Gesellschaft akzeptiert und getragen werden.

4.6.2 Vision 2050

Die Führerschaft des Landes in den Technologien und Maßnahmen sowie in der zugehöri-gen Systemkompetenz zur Treibhausgasminimierung in vielen Sektoren ist, unterstützt durch zielgerichtete Forschung und Entwicklung, erreicht und wird durch weitere wissensbasierte Entwicklung aufrechterhalten und beständig ausgebaut.

Geeignete Kooperationen und stetiger Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gewährleisten, dass vorhandenes wissenschaftliches Potenzial optimal genutzt wird.

Trans- und interdisziplinäre Vorhaben einschließlich sozial-, geistes-, wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Belange unter Beteiligung der Nutzer und Betroffenen sind ständige Praxis.

4.6.3 Maßnahmen

Um den THG-Ausstoß verschiedener Sektoren in den kommenden Jahrzehnten zu vermin-dern, ist thematisch und institutionell breit gefächerte Forschung und Entwicklung einschließ-lich Erprobung geboten.

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Energiewandlung und Verteilung

Um Strom, Wärme und Erdgassubstitute auf der Basis erneuerbarer Energie künftig verstärkt dezentral zu gewinnen sowie den Nutzern verschiedener Sektoren kontinuierlich und zuver-lässig zur Verfügung zu stellen, bedarf es vor allem

• neuer umweltverträglicher und handhabbarer Umwandlungsverfahren,

• intelligenter Netze,

• Speichertechnologien und

• Managementinstrumenten.

Energienutzung und anderweitig bedingter THG-Ausstoß

Um in allen Sektoren den Energiebedarf effektiv deutlich zu senken, die Energieeffizienz weiter zu steigern, den Anteil erneuerbarer Energie deutlich zu erhöhen und anderweitig be-dingten THG-Ausstoß deutlich zu verringern, bedarf es neuer technischer und anderer In-strumente einschließlich zielführender Rahmenbedingungen.

Nachhaltig umweltgerechter Klimaschutz – Projektcheck

Methoden sind zu entwickeln, um Entwicklungen, Vorhaben und Maßnahmen bereits in frü-hen Phasen auf ihre mittel- und langfristigen Auswirkungen auf Umwelt und Klima sowie auf ihre Kompatibilität mit einer nachhaltigen Entwicklung zu prüfen (Umwelt-, Klima- und Nach-haltigkeitscheck).

Forschung und Entwicklung im Vorlauf von Innovationen und Maßnahmen zum Klimaschutz müssen auch dazu verstärkt interdisziplinär und transdiziplinär bearbeitet werden; d.h. ge-meinsam mit Wirtschafts-, Sozial-, Geistes- und Rechtswissenschaften sowie unter maßgeb-licher Beteiligung von Betroffenen und Nutzern.

Akzeptanz und Kooperation

Erfolgreicher Aufbau und Betrieb neuer Infrastrukturen, Techniken und Managementinstru-mente und die möglichst sparsame, effiziente und nachhaltig umweltverträgliche Nutzung von Energie sowie andere Maßnahmen zum Klimaschutz verlangen die Akzeptanz und Koo-peration von Bürgern, Kommunen und Unternehmen sowie taugliche Rahmenbedingungen. Die Zusammenhänge müssen erforscht und geeignete Informations- und Beteiligungsinstru-mente müssen entwickelt werden, um die erforderlichen Rahmenbedingungen zielführend anpassen zu können.

Mobilisieren und Fokussieren des F&E-Potenzials

Die Effektivität und Effizienz der angewandten Forschung für den Klimaschutz muss konti-nuierlich gesteigert werden.

Das Land wird seine F&E-Förderung im Bereich des Klimaschutzes in Kooperation mit der Wirtschaft intensivieren und für die Förderung den aus der Sicht des Klimaschutzes erzielba-

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ren Mehrwert (insbesondere die mögliche THG-Vermeidung) als wesentlichen Maßstab einer Rangfolge zugrunde legen.

Die vom Land institutionell (teil)finanzierten F&E-Einrichtungen mit Kompetenzen in den an-gesprochenen Bereichen sollen verstärkt für Vorhaben zur Entwicklung aussichtsreicher und wirkungsvoller Instrumente gewonnen werden.

Kooperation und Austausch zwischen öffentlich geförderter Forschung und Entwicklung mit Wirtschaft und Gesellschaft sind weiter zu entwickeln und besser zu koordinieren.

Insbesondere wird das Land den Wissensaustausch zwischen der Wirtschaft – vor allem kleineren und mittleren Unternehmen – und der Forschung intensivieren.

In Förderprogrammen ist dieser Austausch zu fordern. Institutionell (teil)finanzierte F&E-Einrichtungen sind verstärkt darauf zu verpflichten.

4.6.4 Bilanz und Ausblick

Anwendungsnahe Forschung und Entwicklung wird ihren Beitrag zur Verwirklichung des Kli-maschutzkonzepts nur leisten können, wenn es gelingt, die Forschungslandschaft auf die Bearbeitung der vordringlichen Fragestellungen zu fokussieren und verstärkt für inter- und transdisziplinäre Vorhaben vor allem auch in Kooperation mit der Wirtschaft verstärkt zu ge-winnen und zu verpflichten.

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5 Monitoring des KSK 2020PLUS Baden-Württemberg

Das Monitoring der im KSK 2020PLUS vorgesehenen Maßnahmen ist von großer Bedeutung für seine effektive Umsetzung sowohl hinsichtlich der tatsächlichen Reduzierung der Treib-hausgasemissionen des Landes, als auch hinsichtlich der bis 2020 zu erreichenden Voraus-setzungen für eine weitere Reduzierung der Treibhausgasemissionen zwischen 2020 und 2050. Das Land Baden-Württemberg wird das vorliegende Klimaschutzkonzept daher inso-weit einem Monitoring unterziehen. Die Grundstruktur dieses Monitoring wird im Folgenden kurz dargestellt.

Mittels des Monitoring soll überprüft werden, ob die anvisierten Minderungsziele für 2020 erreicht werden können. Das Monitoring soll Rückschlüsse auf die Ursachen eines etwaigen Nichterreichens der Zielvorgaben ermöglichen, um ggf. nachzusteuern zu können.

Das Monitoring bildet außerdem die Grundlage für die Kommunikation des Umsetzungsstan-des an die Öffentlichkeit durch Zwischenberichte. Der erste Zwischenbericht ist 2014 vorge-sehen.

5.1 Die Struktur des Monitoring

Das Monitoring orientiert sich an den THG-relevanten Zieldimensionen des Klimaschutzkon-zepts.

Hauptziel des Klimaschutzkonzepts 2020PLUS ist es, die THG-Emissionen des Landes Ba-den-Württemberg bis 2050 auf 2 t CO2-eq pro Kopf zu senken.25 Die vorgeschlagenen Maß-nahmen weisen daher - so weit als möglich - CO2-Einsparpotenziale aus. Es gibt jedoch auch eine Reihe von Maßnahmen, die zu keiner direkten CO2-Minderung führen, sondern einen eher flankierenden Charakter aufweisen. Ihnen sind quantitative Zielgrößen anderer Art zugewiesen (z.B. Höhe eines Förderprogramms).

Das Monitoring für das KSK 2020PLUS erfasst explizit diese Maßnahmen mit konkreten Zielvorgaben für CO2-Minderungen für das Land allgemein, sektorspezifisch und für die aus-gewählten Maßnahmen.

25 Legt man die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung zu Grunde, entspricht dies einer Re-duktion der THG-Emissionen um 78% gegenüber 1990. Für 2020 ergibt sich ein Zwischenziel von -30%gegenüber 1990.

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5.2 Überwachung der THG-Einsparungen

a) Gesamteinsparung an THG-Emissionen (Baden-Württemberg insgesamt und auf Sektorebene)

Die Landesregierung wird die Erreichung der gesamten und sektorbezogenen THG-Minderungsziele vorrangig anhand der Emissionsbilanz des Landes kontrollieren (top-down).

Diese Werte werden dann mit den auf Maßnahmenebene errechneten Werten (bottom-up, siehe Abschnitt 0) verglichen. Zwischen beiden Werten wird es Abweichungen geben. Grün-de für Abweichungen könnten sein:

§ Überlappungen zwischen Maßnahmen, die zu Doppelzählungen führen;

§ Verlagerungseffekte zwischen Sektoren;

§ Abweichung bei maßnahmenunabhängigen Faktoren (allg. Wirtschaftsentwicklung, Re-bound-Effekte, demographische Entwicklung, Rechtsentwicklung auf EU- und Bundes-ebene)

Die von der Landesregierung vorzulegenden Zwischenberichte werden daher auch mögliche Gründe für solche Abweichungen reflektieren.

b) Maßnahmenspezifische THG-Einsparung

Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen und die Überwachung ihrer Wirksamkeit erfolgt durch das jeweils zuständige Ressort. Da die allgemeine und sektorspezifische Überwa-chung der THG-Emissionsentwicklung keinen automatischen Rückbezug auf die Wirksam-keit der Maßnahmen zulässt, wird das Land Baden-Württemberg die THG-Reduktionen so weit möglich außerdem maßnahmenspezifisch überwachen. Soweit sich die THG-Minderung einzelner Maßnahmen feststellen lässt, wird das jeweils zuständige Ressort die THG-Minderung erheben.

Das bislang schon bestehende und fortzusetzende Monitoring hinsichtlich der weiteren Um-setzung des Landesenergiekonzepts wird deshalb insoweit erweitert, als die im dortigen Rahmen umzusetzenden Maßnahmen aus der Perspektive des energiepolitischen Ziel-dreiecks zukünftig auch hinsichtlich ihrer Potentiale für Einsparung an THG-Emissionen hin-terfragt werden. Insoweit besteht eine erhebliche Schnittmenge des Energiekonzepts 2020 mit dem Klimaschutzkonzept 2020PLUS.

Hinsichtlich der Ergebnisse des Monitoring zum Klimaschutzkonzept 2020PLUS ist vorab darauf hinzuweisen, dass bei einer Diskrepanz zwischen Soll-Wert laut KSK und errechne-tem Ist-Wert der THG-Minderung alleine kann allerdings noch nicht auf einen Misserfolg der Maßnahme geschlossen werden kann, denn der kausale Zusammenhang zwischen Maß-nahme und dem gemessenem Effekt ist nicht in jedem Fall sicher zu bestimmen. Auf die THG-Minderung haben auch maßnahmenunabhängige Faktoren wie Energiekostenentwick-lung, allgemeine Wirtschaftsentwicklung, demographische Entwicklung u.v.m. Einfluss, über deren Entwicklung im KSK nur Annahmen getroffen wurden, die sich in der Realität aber

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anders entwickeln können. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Gesetzgebung auf Bundes- und EU-Ebene, die ebenfalls von den Annahmen im KSK abweichen kann. In der Evaluierung werden daher auch Indikatoren erfasst, die es erlauben ihr direktes Ergebnis zu messen (siehe Abschnitt 5.3).

Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr wird die von den Ressorts ermittelten Ergebnisse zur THG-Minderung in Abstimmung mit ihnen und den anderen berührten Res-sorts in einem Bericht zusammenfassen. Dieser Bericht wird dem MR gemeinsam von UVM und WM vorgelegt.

5.3 Überwachung anderer quantitativer Zielvorgaben auf Maßnahmenebene

Für alle Maßnahmen, für die kein THG-Reduktionspotential ausgewiesen wurde, sollen für das Monitoring auf Maßnahmenebene im Klimaschutzkonzept 2020PLUS bzw. im Rahmen der Umsetzung Soll-Werte in Bezug auf Umfang und Zielgruppe definiert werden (Ebene Produkt). Bei einer Kampagne wird z.B. im Klimaschutzkonzept 2020PLUS definiert, welcher Anteil der Zielgruppe, also wie viele Schüler, Hausbesitzer oder Landwirte, erreicht oder wie viele Beratungen durchgeführt werden sollen. Bei Förderprogrammen wurde bspw. definiert, wie viele Einzelmaßnahmen (Anlagen, Konzepte, Reduktionsmaßnahmen u.ä.) durch die Förderung angestoßen werden sollen.

Für das Monitoring werden Soll-Werte so ausgewählt, dass sich die notwendigen Daten im Laufe der Maßnahmenumsetzung ohne großen Aufwand erheben lassen, bzw. durch einen Rückgriff auf die Daten des Statistischen Landesamtes oder im Rahmen anderer Berichts-pflichten gesammelter Daten erfasst werden können. Die Erhebung dieser Daten dient gleichzeitig als Grundlage für die Definition der Wirkungsketten zur Berechnung der maß-nahmenspezifischen THG-Minderung.

5.4 Umsetzungsgrad der einzelnen Maßnahmen (Nachver-folgung)

Die Landesregierung wird den Umsetzungsgrad der einzelnen Maßnahmen mit einer konkre-ten Zielvorgabe für CO2-Minderungen (vgl. 5.2) nachverfolgen und dokumentieren. Die im Rahmen der Nachverfolgung erfassten Daten sind Grundlage und wichtiger Bestandteil für die Berechnung der maßnahmenspezifischen CO2-Einsparungen sowie der Überwachung der anderen quantitativen Zielvorgaben.

Zur Unterstützung eines solchen Vorgehens kommt beispielsweise eine internetbasierte Plattform mit dahinter geschalteter Datenbank in Betracht, auf die die Verantwortlichen der zuständigen Ressorts Zugang haben und per Eingabemaske Informationen eintragen und abfragen können. Zudem könnte die Plattform die Möglichkeit bieten, Rückfragen zu sam-meln, den Zeitplan einzusehen und ähnliches mehr. Auf diese Weise könnte die Plattform Transparenz und Aktualität der Informationen bieten.

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Die weitere Ausgestaltung einschließlich der Festlegung des Berichtsformats und der Zuzie-hung externen Sachverstands wird vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr unter Einbeziehung der berührten Ressorts festgelegt. Dabei wird insbesondere eine Ab-stimmung mit dem Monitoring von anderen Konzepten der Landesregierung erfolgen.