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Kultur gut www.gnm.de AUS DER FORSCHUNG DES GERMANISCHEN NATIONALMUSEUMS 4. Quartal 2006 | Heft 11 BLICKPUNKT OKTOBER. Eine thematische Sequenz der im Frühjahr neu eröffneten Mittelaltersammlung des Museums widmet sich der Architektur (Raum 16). Unter anderem sind dort zwei Säulen aus rotem Sandstein zu sehen. Weil sie im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden waren, mussten sie für diese Präsentation unter erheblichem Aufwand restau- riert werden. Sie gehören zu einer Gruppe von ursprünglich acht Stützen, die um 1880 ins Museum gelangte und zunächst im Großen Klosterhof auf eine niedrige Mauer gesetzt war 1 . Eine Fotografie vom Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt sie im Ostflügel des Großen Kreuzgangs, wohin man sie vermutlich zum Schutz vor weiterer Verwitterung gebracht hatte. Von den übrigen sechs nicht ausgestellten Säulen sind jeweils unterschiedlich viele Fragmente erhalten; ihre Rekonstruktion könnte teilweise nur mittels umfangreicher Ergänzungen erfolgen. Die Bruchstücke werden deshalb üblicherweise im Depot verwahrt, einige Teile davon aber nun einen Monat lang gezeigt. Angesichts der beiden wiederhergestellten Objekte in der Mittelaltersammlung lassen sich auch die fragmentierten Bauglieder vor dem geistigen Auge mühelos vervollständigen: Die über attischen Basen mit eulenäugigen Eckknollen und spitzen Ecksporen aufsteigenden Schäfte tragen über stab- oder taustabartig gebildeten Wulstringen Kelchblockkapitelle. Diese sind unter dem Abakus mit einem aus zwei überein- anderliegenden Zonen bestehenden Dekor aus stilisiertem Blattkranz sowie Eckvoluten und Mittelpalmetten versehen; einige tragen neben Palmetten auch Diamantbänder. Im unbe- schädigten Zustand maßen die Säulen knapp 175 cm in der Höhe. Inhalt IV. Quartal 2006 Romanische Säulen aus Worms von Frank Matthias Kammel . . . . . Seite 1 Das Kanzelmodell der Nürnberger Egidienkirche von G. V. Großmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4 Relikte aus den Koalitionskriegen von Horst Rüdel . . . . . . . . . . . . Seite 6 Vor- und Frühgeschichte von Tobias Springer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 9 Ein Zimmerdenkmal für den liberalen Bürger von Ursula Peters . . Seite 13 Aktuelle Ausstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 16 Romanische Säulen aus Worms Unbekannte Bauteile der St. Johanneskirche Funktion und Referenzobjekte Die Säulen stammen von der Wormser St. Johanneskirche, der als Dekagon ausgebildeten Tauf- und Pfarrkirche des dortigen Domes. Auf dem Grundriss eines Zehnecks erhob sich südlich der berühmten Kathedrale einst ein zweigeschossiger Sakral- bau mit eingezogener und von einem steinernen Helm bedeck- ten Kuppel. Er zählte zu den schönsten Zentralbauten des Mittelalters im Rheinland, denn wie den Westchor des Doms umzogen sowohl Dekagon als auch Kuppeltambour imposante Zwerggalerien. Diese Laufgänge unterhalb der Dachtraufen, deren Arkaden von kleinen Säulen getragen wurden, besaßen vorrangig ästhetische Funktion und lockerten die Abschlüsse der schweren Mauermassen auf. Die Formensprache ihrer Kapitelle verweist auf die Spätzeit der Romanik und ist der wichtigste Anhaltspunkt für die Datierung des verlorenen Got- teshauses ins letzte Viertel des 12. Jahrhunderts. Die Kirche war im Januar 1807 auf Abbruch versteigert wor- den, und schon wenige Tage nach der Auktion wurden in der Wormser Zeitung „prächtige Quadersteine, Treppen, grosse und kleinere Säulen, starke Platten und steinerne Bögen“ zum Verkauf offeriert. Das Meiste fand wohl Verwendung als Bau- material, von dem inzwischen jede Spur fehlt. Allein eine Anzahl von Säulen ist bis heute erhalten: 21 steinerne Stützen von den Zwerggalerien werden im Wormser Museum Andreas- stift aufbewahrt. Sie waren nach Niederlegung des Gebäudes in den Besitz eines kunstbeflissenen Wormser Bürgers namens Menger gelangt, später in die Hände eines ebenfalls in der Stadt ansässigen Sammlers lokaler Altertümer namens Bandel. Von dort aus gingen sie ins Eigentum der Mainzer Domkurie über und kamen erst bei Einrichtung des ersten Wormser Altertümermuseums in der säkularisierten Stiftskir- Kapitell, Worms, um 1180, Inv.Nr. A 3935

Kulturgut 4. Quartal 2006 - gnm.de · 2 Kulturgut IV. Quartal 2006 che St. Paul 1880 an ihren Ursprungsort zurück. Wenige wei-tere Exemplare werden jetzt im Diözesanmuseum von Mainz,

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Kulturgutwww.gnm.de

A U S D E R F O R S C H U N G D E S G E R M A N I S C H E N N A T I O N A L M U S E U M S4. Quartal 2006 | Heft 11

BLICKPUNK T OK TOBER. Eine thematische Sequenz der imFrühjahr neu eröffneten Mittelaltersammlung des Museumswidmet sich der Architektur (Raum 16). Unter anderem sinddort zwei Säulen aus rotem Sandstein zu sehen. Weil sie imZweiten Weltkrieg stark beschädigt worden waren, musstensie für diese Präsentation unter erheblichem Aufwand restau-riert werden. Sie gehören zu einer Gruppe von ursprünglichacht Stützen, die um 1880 ins Museum gelangte und zunächstim Großen Klosterhof auf eine niedrige Mauer gesetzt war1.Eine Fotografie vom Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt sie imOstflügel des Großen Kreuzgangs, wohin man sie vermutlichzum Schutz vor weiterer Verwitterung gebracht hatte. Von den übrigen sechs nicht ausgestellten Säulen sind jeweilsunterschiedlich viele Fragmente erhalten; ihre Rekonstruktionkönnte teilweise nur mittels umfangreicher Ergänzungenerfolgen. Die Bruchstücke werden deshalb üblicherweise imDepot verwahrt, einige Teile davon aber nun einen Monat langgezeigt. Angesichts der beiden wiederhergestellten Objekte inder Mittelaltersammlung lassen sich auch die fragmentiertenBauglieder vor dem geistigen Auge mühelos vervollständigen:Die über attischen Basen mit eulenäugigen Eckknollen undspitzen Ecksporen aufsteigenden Schäfte tragen über stab-oder taustabartig gebildeten Wulstringen Kelchblockkapitelle.Diese sind unter dem Abakus mit einem aus zwei überein-anderliegenden Zonen bestehenden Dekor aus stilisiertemBlattkranz sowie Eckvoluten und Mittelpalmetten versehen;einige tragen neben Palmetten auch Diamantbänder. Im unbe-schädigten Zustand maßen die Säulen knapp 175 cm in derHöhe.

Inhalt IV. Quartal 2006

Romanische Säulen aus Worms von Frank Matthias Kammel . . . . . Seite 1

Das Kanzelmodell der Nürnberger Egidienkirche von G. V. Großmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 4

Relikte aus den Koalitionskriegen von Horst Rüdel . . . . . . . . . . . . Seite 6

Vor- und Frühgeschichte von Tobias Springer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 9

Ein Zimmerdenkmal für den liberalen Bürger von Ursula Peters . . Seite 13

Aktuelle Ausstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 16

Romanische Säulen aus WormsUnbekannte Bauteile der St. Johanneskirche

Funktion und Referenzobjekte

Die Säulen stammen von der Wormser St. Johanneskirche, derals Dekagon ausgebildeten Tauf- und Pfarrkirche des dortigenDomes. Auf dem Grundriss eines Zehnecks erhob sich südlichder berühmten Kathedrale einst ein zweigeschossiger Sakral-bau mit eingezogener und von einem steinernen Helm bedeck-ten Kuppel. Er zählte zu den schönsten Zentralbauten desMittelalters im Rheinland, denn wie den Westchor des Domsumzogen sowohl Dekagon als auch Kuppeltambour imposanteZwerggalerien. Diese Laufgänge unterhalb der Dachtraufen,deren Arkaden von kleinen Säulen getragen wurden, besaßenvorrangig ästhetische Funktion und lockerten die Abschlüsseder schweren Mauermassen auf. Die Formensprache ihrerKapitelle verweist auf die Spätzeit der Romanik und ist derwichtigste Anhaltspunkt für die Datierung des verlorenen Got-teshauses ins letzte Viertel des 12. Jahrhunderts. Die Kirche war im Januar 1807 auf Abbruch versteigert wor-den, und schon wenige Tage nach der Auktion wurden in derWormser Zeitung „prächtige Quadersteine, Treppen, grosseund kleinere Säulen, starke Platten und steinerne Bögen“ zumVerkauf offeriert. Das Meiste fand wohl Verwendung als Bau-material, von dem inzwischen jede Spur fehlt. Allein eineAnzahl von Säulen ist bis heute erhalten: 21 steinerne Stützenvon den Zwerggalerien werden im Wormser Museum Andreas-stift aufbewahrt. Sie waren nach Niederlegung des Gebäudesin den Besitz eines kunstbeflissenen Wormser Bürgersnamens Menger gelangt, später in die Hände eines ebenfallsin der Stadt ansässigen Sammlers lokaler Altertümer namensBandel. Von dort aus gingen sie ins Eigentum der MainzerDomkurie über und kamen erst bei Einrichtung des erstenWormser Altertümermuseums in der säkularisierten Stiftskir-

Kapitell, Worms, um 1180, Inv.Nr. A 3935

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2 Kulturgut IV. Quartal 2006

che St. Paul 1880 an ihren Ursprungsort zurück. Wenige wei-tere Exemplare werden jetzt im Diözesanmuseum von Mainz,im Liebieghaus in Frankfurt am Main sowie im Kurpfälzi-schen Museum in Heidelberg aufbewahrt2. Einschließlich derim Germanischen Nationalmuseum gehorteten Säulen, derenOdyssee nach Abbruch der Kirche bislang nicht geklärt ist,

blieb also nur ein verschwindend kleiner Teil jener Bauele-mente erhalten: Die Zwerggalerien von St. Johannes bestandennämlich aus etwa 200 Stützen.

Bedeutung und Zeugniswert

Aufgrund der engen Verwandtschaft von Form und Dekor derSäulen mit denen am Westchor des Domes konnte daraufgeschlossen werden, dass der hier tätige und vermutlich ausStraßburg zugewanderte „Westchormeister“ auch der entwer-fende Architekt von St. Johannes war und die Bauhütte leitete.Gleiches gilt für den Ostchor der ehemaligen Stiftskirche St.Paul, dessen Zwerggaleriesäulen gleiche Gestalt und Orna-mentik aufweisen, aber auch für die etwas aufwändiger gear-beiteten Kapitelle im Männerbad der Wormser Synagoge, dieauf 1171 datiert sind. Die all diesen Bauwerken charakteristi-sche Kapitellplastik aus zweizonig angelegtem Ornament hatin der Architekturgeschichtsschreibung sogar zur Bezeich-nung des Typs als „Wormser Kapitell“ geführt3.Offenbar vereinen nicht sämtliche der ins Germanische Natio-nalmuseum gelangten Säulen ursprüngliche Basen und Schäf-te miteinander; darauf deuten die differierenden Verhältnisseder aufeinandertreffenden Flächen dieser Bauglieder hin.Möglicherweise stammen die Teile aus beiden Zwerggalerien

Basis, geborstenes Schaftstück und Schaftstück mit Kapitell, Worms, um1180, Inv.Nr. A 3935

Die Wormser St. Johanneskirche, graugetuschte Federzeichnung, um 1800, Stadtarchiv Worms

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3KulturgutIV. Quartal 2006

Säulen von der Wormser Johanniskirche im Museum Andreasstift in Worms Chor der Wormser Stiftskirche St. Paul mit Zwerggalerie, um 1200

Säulen von der Zwerggalerie am Westchor des Wormser Domes, um 1170.Worms, Domlapidarium

der Wormser Johanneskirche und wurden erst später mitein-ander kombiniert; sekundäre Befestigungsspuren in denSchäften deuten überdies auf eine Zweitverwendung im 19.Jahrhundert hin. Nichtsdestotrotz sind die ornamental verzier-ten Reste jenes Gebäudes kostbare Zeugnisse der spätromani-schen Architektur der Rheinlande, vertreten sie doch eines derbedeutendsten im 12. Jahrhundert dort errichteten Bauwerke.Schließlich repräsentieren sie die reiche mittelrheinische Bau-skulptur in der höchsten Blütezeit von Worms, das unter denStaufern im späten 12. und 13. Jahrhundert zu einem Mittel-punkt kaiserlicher Macht avancierte und zu den sieben derdamals freien Städte im Reich gehörte. Die markante Anlagevon Zwerggalerien an den Kirchenbauten der Metropole, eines„plastisch durchwirkten Baugliedes“, das seine Vorläufer inden antiken Repräsentationsgalerien hat, darf deshalb auchals Zitat gelesen werden, das die von den Staufern beschwore-ne Tradition des Imperium Romanum architektonisch zu arti-kulieren hatte. Mit den bislang unbekannten, weil nicht publizierten Säulenim Besitz des Germanischen Nationalmuseums stehen unssomit weitere Dokumente vor Augen, die die bedeutendemittelalterliche Geschichte und Kunstgeschichte der in denPfälzischen Erbfolgekriegen, der von 1797 bis 1814 währenden„Franzosenzeit“ und im Zweiten Weltkrieg ihres hochzeit-lichen Gepräges weitgehend beraubten „Nibelungenstadt“ amRhein im Bewusstsein zu halten helfen.

3 FRANK MATTHIAS KAMMEL

Anmerkungen

1 Hans Stegmann: Das Germanische National-Museum in seinen Räumen undGebäulichkeiten. Nürnberg 1896, Taf. XXXIII.

2 Eugen Kranzbühler: Verschwundene Wormser Bauten. Beiträge zur Bauge-schichte und Topographie der Stadt. Worms 1905, S. 16—53. -– Fritz Arens—Otto Böcher: Studien zur Bauplastik und Kunstgeschichte der Johanneskirchezu Worms. In: Der Wormsgau, Bd. 5, 1961/1962, S. 85—107.

3 Walter Hotz: Wormser Bauschule 1000—1250. Darmstadt 1985, S. 145.

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4 Kulturgut IV. Quartal 2006

BLICKPUNK T NOVEMBER.

Beschreibung

1911 erwarb das Germanische Nationalmuseum von der Frei-herrlich von Holzschuherschen Familie ein hölzernes Kanzel-modell. Es zeigt den nordwestlichen Vierungspfeiler der Egi-dienkirche zu Nürnberg mit Kanzel, Kanzeltreppe, Doppelpor-tal zur Kanzeltreppe und einen weitausladenden Schalldeckel. Der Vierungspfeiler ist aus einem vollen Holzstammgeschnitzt und rückseitig ausgehöhlt. An der vorderen Seite,nach Osten und Westen ist er vollständig mit Sockelprofil, Pila-stern, Kapitell, Kämpfer und Gebälk versehen. Die zur Vie-rung hinweisende Seite ist abgeschrägt, die zum Mittelschiffhinweisende Kante als Pfeiler mit Pilastervorlage gestaltet. Derobere Abschluß ist als selbständige Platte auf den Pfeiler auf-

genagelt. Während Korb und Treppe vermutlich durch Verlei-mung fest mit dem Modellpfeiler verbunden sind, ist derSchalldeckel lose aufgesetzt. Dabei dient ihm die Kapitellzonedes Pfeilers als Basis, die Stabilisierung erfolgt durch dreiHaken an den beiden Seiten und auf der oberen Platte alsBefestigung. Die Kanzeltreppe besteht aus 16 Stufen. Die Stufenkonstruk-tion besteht aus Setzstufen und darauf verleimten Trittstufen.Der Auftritt ist durch ein Zugangsportal an der Ostseite undein Schein-Portal an der Nordseite hervorgehoben, durch letz-teres hätte man direkt auf die zweite Treppenstufe zu treten.Die beiden segmentbogigen Portale sind von Pilastern einge-fasst und bilden eine im rechten Winkel stehende Gruppe. DerKanzelkorb lädt weit aus und wird von sphärischen Pilasternin drei Teile gegliedert. Die Frontseite ist mit einem Blattwerkund einem flammenden Herzen dekoriert, die dem Langhauszugewandte linke Seite trägt Blattwerk, die rechte Seite wirddurch den Kanzelaufgang eingenommen. Die Pilaster sind miteinfachen hängenden Girlanden in den vertieften Füllungenverziert. Als Tragekonstruktion dienen vier – ursprünglichfünf – schwere Konsolen in Form von S-Voluten. Sie vereini-gen sich am Kanzelfuß zu einem Volutenbündel; als untererAbschluss dient ein plastisch gestaltetes Blattwerkbündel. Der Schalldeckel greift die Profilierung der Kanzel auf und hatdadurch Dreipassform. Auf dem zweifach vorkragendenSchalldeckel ist ein plastisches Wolkenbündel mit Puttenköp-fen dargestellt, mittig ein Kranz von Strahlen, der sich nachoben hin bündelt. Als Material dienten zwei unterschiedliche Hölzer. Grundplat-te, senkrechte Konstruktion, Grundkonstruktion des Portalsund die Konstruktion der Treppe einschließlich der Stufenwurden aus Kiefer gearbeitet, während für die Pilaster, außerdem oberen Profilkranz, die Portalprofile, das Treppengelän-der, Kanzelkorb und Schalldeckel Lindenholz Anwendung fan-den. Eine völlig konsequente Trennung nach Konstruktionund Dekoration ist also nicht zu beobachten.

Zur Geschichte

Im Jahre 1696 kam es in der Egidienkirche zu einem schwerenBrand, der das Kirchendach und das Innere des romanischen,im späten Mittelalter erneuerten Bauwerks vernichtete. 15Jahre blieb die Ruine liegen, Trümmerfelder zierten ihrenPlatz, nur die Außenmauern ragten aus den Ruinen auf. DieKirchengemeinde musste nach dem Brand einen benachbartenKirchenraum aufsuchen, und erst deren Einsturzgefährdunglöste schließlich die Suche nach Spendenmitteln für einenNeubau aus. Mehrere gedruckte Predigten und Bittschriftendokumentieren den Baubeginn im Jahre 1711 und die Weihedurch den Prediger der Kirche, Bernhard Walter Marperger,

Das Kanzelmodell der Nürnberger Egidienkirche

Kanzelmodell aus St. Egidien, um 1718, Inv.Nr. A 1564

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im Jahre 1718. Die Kirchenverzeichnisse des 18. Jahrhundertsberichten kontinuierlich über die wichtigsten Daten 1696,1711 und 1718. Als Baumeister wird Gottlieb Trost genannt,dem allerdings nicht automatisch auch die Ausstattung zuge-schrieben werden kann. Zu deren Finanzierung konnten vieleNürnberger Patrizierfamilien gewonnen werden, die einemehr oder weniger enge Bindung an die Egidienkirche hattenund sich beim Neubau bzw. der Neueinrichtung mit ihrenWappen verewigten. Kurt Pilz schrieb 1972 über die Egidienkirche, die „reichgestaltete Kanzel am linken Pfeiler der Vierung war eine Stif-tung der patrizischen Familie Holzschuher 1718. In der Ein-weihungspredigt ist sie als Predigtstuhl genannt. Über derZugangstüre zur Treppe war das Stifterwappen angebracht,auch am reichgeschnitzten Unterteil der Kanzel war diesesWappen mit der schmückenden Krone eingefügt. Der Korpusmit der Treppe wies nur eine einfache Felderteilung auf. AmSchalldeckel war wie üblich die Figur der Taube, am Aufbaumit den dichten Wolken war ein Engelsköpfchen und davordas Auge Gottes mit großem Strahlenkranz zu sehen. Das klei-ne Modell der Kanzel hat sich erhalten, es ist aus Holzgeschnitzt, Altstadtmuseum im Fembohaus, Depositum desGermanischen Nationalmuseums. Der ausführende Meisterder Kanzelanlage ist nicht bekannt“. Historische Zeichnungenund Stiche, die die Kanzel um 1718 am nordwestlichen Vie-rungspfeiler zeigen, bestätigen die Datierung.

Entwurf und Ausführung

Zwischen Kanzelmodell und Ausführung gibt es im Detaileinige Unterschiede. Weist das Modell zwischen Treppenlaufund Kanzelkorb eine Schrägverbindung auf, so hat man dieoriginale Kanzel hier mit einem zusätzlichen Winkel verse-hen, um den Gang nicht zu schmal werden zu lassen. Die Fül-lungen der Kanzel sind an den Ecken eingezogen („einge-eckt“), am Modell rechtwinklig. Dagegen ist das Trageprofil desSchalldeckels im Modell verdoppelt. Die Füllung an der Front-seite des Kanzelkorbs ist am Modell in ganzer Fläche mit Blatt-werk sowie in der Mitte mit dem Herz Jesu verziert, am Origi-nal ist die mittlere Füllung schmaler und wird von zwei Pila-stern eingefasst, die über den seitlichen Tragekonsolen sitzen,mittig auf der Füllung befindet sich ein Pax-Christi-Zeichen. Historische Aufnahmen der Egidienkirche belegen, dass sichdie Gestaltung der Kanzel, auch ihrer schlichten Füllungen,von der Erscheinung der Emporen unterschied, so dass dieFrage nach dem Baumeister unbeantwortet bleiben muss. DieZuschreibung an den Baumeister der Kirche ist daher nichtmöglich, eventuell beauftragten die Holzschuher einen „eige-nen“ Künstler, denn auch die Gestaltung der Füllungen desKanzelkorbes weicht etwas von derjenigen der Emporen ab.Herausgehoben sind an der Kanzel nur der doppelte Aufgang,für den es keine bautechnische Notwendigkeit gibt, sondernnur repräsentative Gründe, sowie der Schalldeckel mit einemWolkenhimmel, Puttenköpfen und dem Rest eines Strahlen-kranzes, der im Original das Auge Gottes umgab.

Die Unterschiede zwischen Kanzel und Kanzelmodell spre-chen dafür, dass es sich bei dem Modell um eine Entwurfsar-beit gehandelt hat, da sich ein Erinnerungsmodell stärker andas ausgeführte Werk gehalten haben dürfte. Dass man über-haupt ein Modell anfertigte, mag aber damit zusammenhän-gen, dass der Auftraggeber nach seiner Stiftung das Entwurfs-modell tatsächlich zur familiären Erinnerung behalten wollte,denn es befand sich bis zur Übernahme durch das Germani-sche Nationalmuseum im Besitz der Familie.

3 G. V. GROSSMANN

Kanzel der Egidienkirche, Aufnahme von 1935 (Foto: Stadtarchiv Nürnberg)

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6 Kulturgut IV. Quartal 2006

BLICKPUNK T DEZEMBER. Keine Schiffsmodelle üben einegrößere Faszination aus, als die während der Koalitionskriege(1792-1815) von französischen Kriegsgefangenen in Englandgefertigten Knochenschiffe. Nie wieder wurden mit geringstentechnischen Mitteln, einfachsten Materialien und ohne Kon-struktionsunterlagen Schiffsmodelle von derartiger Qualitätund Detailgenauigkeit geschaffen. Nahezu unvorstellbar istheute die Geduld und Geschicklichkeit, die unter den schwieri-gen Umständen der Gefangenschaft beim Bau der Modelle auf-gebracht werden musste.

Es existieren nicht mehr viele dieser „prisoner of war shipmo-dels“, die meisten sind in Schifffahrtsmuseen in England undden USA erhalten. Ein besonders qualitätsvolles und schönesExemplar besitzt das Germanische Nationalmuseum. Manweiß nicht, auf welchen Wegen das in der Fachliteratur unbe-kannte Stück nach Deutschland gelangte. Es gehörte zurSchiffsmodellsammlung der 1879 ins Leben gerufenen Stif-tung „Deutsches Handelsmuseum“, die vom deutschen Han-delsstand unterstützt und mit dem Germanischen Nationalmu-seum verbunden wurde. Hier dokumentierten die Sammlun-gen des Handelsmuseums bis zum Zweiten Weltkrieg inSchauräumen anhand von Maßen, Gewichten, vor allem aberModellen von Fahrzeugen und Schiffen die Geschichte desHandels und Verkehrs.

Geschichte der Knochenschiffe

Während der Koalitionskriege kamen Tausende französischeSoldaten und Seeleute als Kriegsgefangene nach England,allein zwischen 1803 und 1815 etwa 122.000. Da nicht genü-gend Gefängnisse vorhanden waren, wurden seit Beginn derKriege viele von ihnen auf Schiffen eingekerkert. Die Gefäng-nisschiffe, die in Flussmündungen und Küstenhäfen wieSheerness, Chatham, Portsmouth oder Plymouth lagen, warenausgemusterte große Kriegsschiffe, auf denen man alleMasten, die Takelage, die Segel sowie sämtliche Verzierungenentfernt hatte. Auf diesen sogenannten „Hulks“ herrschtenunmenschliche Zustände und die Todesraten waren sehr hoch.In den Gefängnissen an Land waren die Lebensbedingungenetwas besser. Hier dienten oft alte Forts wie das in Dover alsGefangenenlager und zudem wurden für die mit der Dauer derKriege anwachsenden Gefangenenmassen neue Gefängnissegebaut. Das früheste entstand während des 1. Koalitionskrie-ges in Norman Cross bei Peterborough, wo die ersten französi-schen Gefangenen im April 1797 eintrafen und bis zu sieben-tausend Männer untergebracht werden konnten. Im Anschlussentstand in Dartmoor 1806 das für sechstausend Kriegsgefan-gene angelegte Princeton-Gefängnis, dem weitere Bauten folg-ten.

Während einfache Seeleute und Soldaten in den Schiffs- undLandgefängnissen eingesperrt blieben, kamen Offiziere oft aufEhrenwort frei. Sie durften sich bei englischen Familien ein-quartieren, sogar eigene Wohnungen nehmen oder hattenzumindest Freigang aus dem Gefängnis, wodurch sie ver-mittelnd für die rangniedrigen Gefangenen wirken konnten.Allen Kriegsgefangenen war erlaubt, sich zur Verbesserungihrer Lebensbedingungen etwas zu verdienen, wozu die aufden Schiffen isolierten Männer recht eingeschränkte Möglich-keiten hatten und besonderen Erfindungsreichtum aufbringenmussten, nicht zuletzt bei der Beschaffung von Arbeitsmateri-alien.

Die meisten Gefangenen waren keine Berufssoldaten. Oft hat-ten sie als Handwerker gearbeitet, bevor sie in den Kriegs-dienst gepresst worden waren. Sie nutzten ihr handwerklichesGeschick zur Herstellung kleiner dekorativer Gegenstände, diesich leicht verkaufen ließen, schufen Strohflechtarbeiten,Schmuckkästchen, Spielzeug und Schiffsmodelle insbesondereaus Knochen. Ein Teil der Modellbauer stammte vermutlichaus der französischen Hafenstadt Dieppe, die ein europäischesZentrum des Elfenbeinhandels war. Hier florierte die Elfen-beinschnitzerei, die auch in der Bretagne Tradition hatte. Diein diesem Handwerk Erfahrenen lernten Mitgefangene an,wozu genügend Zeit vorhanden war; für manche dauerte dieGefangenschaft über 12 Jahre.

Relikte aus den Koalitionskriegen:Knochenschiffe französischer Kriegsgefangener

Knochenschiff französischer Kriegsgefangener, um 1800Tierknochen, Elfenbein, Fäden, Hanf, Holz, Messing, Eisenblech, Eisen- undMessingstifte, rote und schwarzbraune Farbe, H. 36 cm, L. 54 cm, B. 16 cmInv. Nr. HM 1017 Erworben durch die Stiftung Deutsches Handelsmuseum, nach 1879

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7KulturgutIV. Quartal 2006

Modellbau und Material

Die auffallende Qualität der meisten Modelle in sämtlichenDetails lässt darauf schließen, dass an ihnen viele Hände mit-gewirkt haben, wobei verschiedenes Spezialkönnen wieSchnitzen, Drehen, Zimmern, Litzenaustreiben und Seilschla-gen zusammengeführt wurde. Als Materialien wurden ausKleidern gezupfte Fäden, Haare, Hanf, Knochen, Horn, Mes-sing, manchmal auch Holz von Kirsch- oder Birnbäumen ver-wendet. Auf den Hulks war es schwierig, an Obstbaumholzheranzukommen - nur solches eignet sich wie Elfenbein zumSchnitzen präziser Modelle – und so nutzten die Gefangenenhier größtenteils Knochen aus den Küchenabfällen; Teile vonKnochen haben eine ähnlich feine Struktur wie die Obsthölzeroder Elfenbein. Das geeignete Knochenmaterial wurde vor sei-ner Verwendung in einer langwierigen und diffizilen Prozeduraufbereitet. Bis heute ist nicht bekannt, mit welchen Methodendie Modellbauer die Knochen bleichen konnten.Die Knochenschiffe wurden in England sehr gern gekauft. Umdie Produktion zu verfeinern, beschafften sich einige Gefange-ne mit ihren Einnahmen Elfenbein. Allerdings blieben ihreInvestitionsmöglichkeiten begrenzt. Es ist kein Modell derKriegsgefangenen bekannt, das ganz aus Elfenbein besteht.Sie verwendeten das kostbare Material für besondere Modell-teile wie Heckspiegel oder Galionsfiguren. Für die Takelageverarbeiteten sie neben eingefärbtem Fadenmaterial bisweilenauch Haare. Geschütze wurden aus alten Messingteilen gedreht.Bei diesen Schiffen handelt es sich um echte Seemannsmodel-le, d. h. um Modelle, die ohne Pläne allein aus der Anschau-ung oder Erinnerung heraus entstanden sind. Wie bei denmeisten sind auch bei denen der französischen Gefangenendie Proportionen häufig verzerrt und im Verhältnis zur Längeoft zu hoch. Bei der Gestaltung der Höhendimension habensich die Matrosen offensichtlich von ihrer Perspektive aufDeck leiten lassen und in der Gefangenschaft die Erinnerungan die eindrucksvoll in den Himmel ragenden Masten ihrerSchiffe wiedergegeben. Nur selten sind die Knochenschiffe Nachbauten bestimmterVorbilder. Oft tragen sie Phantasienamen oder haben mitSchiffen gleichen Namens auf See nur sehr wenig gemeinsam.Beispielsweise existieren Modelle mit für französische Schiffetypischen hufeisenförmigen Heckspiegeln, die mit einemenglischen Namen und der englischen Flagge versehen sind.Die Gefangenen bauten Modelle von Schiffstypen, die ihnenaus ihrem Seemannsleben vertraut waren, und gestaltetenDetails im Hinblick auf ihre englische Kundschaft.Knochenschiffe wurden in England schließlich zu einemModeartikel. Nach dem Ende der napoleonischen Kriege ent-standen hier weiterhin Modelle im Stil der „prisoner of warshipmodels“, die aber meist recht schlechte Nachbildungender Originale sind. Die Nachahmer hatten nicht die Zeit, die inder Kriegsgefangenschaft zur Verfügung stand, und auchnicht den Überlebensdruck der eingesperrten Soldaten. InEngland werden diese Modelle „fakes“ – „Schwindelmodelle“genannt.

Das Knochenschiff im Germanischen Nationalmuseum

Die Knochenschiffe geben meist Linienschiffe 1., 2. und 3.Ranges wieder. Diese großen Kriegsschiffe der damaligenFlotten bildeten ihr Rückgrat. Sie wurden in allen großen See-schlachten der napoleonischen Kriege eingesetzt. Ein hervor-ragendes Beispiel für ein Linienschiff 1. Ranges ist die „Victo-ry“, das heute noch existierende Schiff von Admiral Nelson inder Schlacht bei Trafalgar. Vorbild des Schiffes in Nürnberg istein Linienschiff 3. Ranges, 3. Ordnung. Ein solches Schiff trägt64 Geschütze in zwei durchgehenden Batteriedecks sowiezusätzliche auf dem Vor- und Achterdeck. Das kleine Schiff inNürnberg besitzt insgesamt 84 aus Messing gedrehte Kano-nen. Die Batteriedecks mit ihren rot umrandeten Geschützöff-nungen sind durch schwarzbraun gefasste Knochenstreifenhervorgehoben: Hier können die Kanonen mittels einerSchnur, die aus dem unteren Heckspiegel austritt, eingezogenwerden, was dem Schiff neben seinem hohen dekorativenWert eine besondere Unterhaltungsqualität verlieh und seinenVerkaufswert steigerte. Zur praktischen Handhabung der ausFasern von Hanfseilen gefertigten Schnur ist an ihrem Ende

Röntgenaufnahme des Schiffsbauches, Aufsicht: Mechanik zum Einziehender Geschütze

Röntgenaufnahme des Schiffsbauches, Heckansicht: Holzkern unter denKnochenplatten

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ein Knochenkügelchen befestigt. Die für das Spiel mit denKanonen im Schiffsbauch installierte Mechanik wurde durchein Röntgenbild sichtbar gemacht. Linienschiffe 3. Ranges waren zwischen den Loten (die Längezwischen den Schnittpunkten des Vor- und Achterschiffes mitder Wasserlinie) ca. 50 Meter lang und als Vollschiffe getakelt.Während die Masten des Schiffs in Nürnberg wie häufig beiSeemannsmodellen überhöht sind, weist die aus Fädengeflochtene Takelage keine Fehler auf, der Modellbauer kann-te ihre Funktion sehr genau. Allerdings hat die Schiffsminia-tur keine Beiboote, obwohl Schiffe der vorgestellten Klasseüber viele verfügten. Auch ist kein Ankergeschirr vorhanden.Der Heckspiegel ist wie bei französischen Linienschiffen huf-eisenförmig. Am Heck ist leider kein Name angebracht unddas Modell führt auch keinen Flaggenschmuck, wie einige ver-gleichbare Stücke. Mit dem Einhorn hat das Schiff eine typisch britische Galions-figur. Das Einhorn, Bestandteil des Wappens des englischenKönigshauses, wurde von vielen englischen Schiffen alsGalionsfigur getragen. Ein englisches Linienschiff mit demNamen „Unicorn“ gab es zur Zeit der Koalitionskriege nicht.In den Schiffslisten konnte nur eine wesentlich kleinere Fre-gatte mit diesem Namen gefunden werden. Der Schöpfer desKnochenschiffes hat wie andere seiner gefangenen Landsleuteaus dem Gedächtnis ein Modell mit typisch französischen

Merkmalen gebaut und dieses, um es in England besser veräu-ßern zu können, mit einer britischen Galionsfigur versehen.Das Einhorn ist durch den roten Anstrich seiner Halterunghervorgehoben und wie die verzierten Bugflügel und derprächtige Heckspiegel aus Elfenbein geschnitzt, während fürden über einem Holzkern gebauten Schiffsrumpf und dieMasten Knochen Verwendung fanden. Das Modell in Nürnberg ist äußerst gediegen gearbeitet. Welt-weit existieren heute nur noch wenige „prisoner of war ship-models“ ähnlicher Qualität, was auch für den Erhaltungszu-stand gilt. Das Schiff befindet sich im Originalzustand, nichtsdeutet darauf hin, dass jemals Restaurierungsarbeiten vorge-nommen wurden. Weder der Rumpf, die Masten, die Ausrü-stung noch die Takelage weisen irgendwelche Beschädigungenauf. Das Schiff ist mit dem Kiel auf einer Holzplatte befestigt,die oben mit Knochenstreifen verkleidet und an den Kantenrot gefasst ist. Die schlicht gestaltete Standplatte lässt daraufschließen, dass es sich um ein frühes, um 1800 entstandenesKnochenschiff handelt; spätere Exemplare haben meist reichverzierte Ständer.

3 HORST RÜDEL

Quellen: Johann Baddeley Wolfram zu MondfeldNautische Antiquitäten Knochenschiffe – Prisoner of War ModelleHamburg 1995 Herford 1989

Galionsfigur in Gestalt eines Einhorns

Heckspiegel in Hufeisenform

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Im Herbst des Jahres 2002 konnten unsere Besucher letztmalseinen Blick auf archäologische Funde, die Hinterlassenschaf-ten aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit, im GermanischenNationalmuseum werfen. Rasch war die Sammlung abgebaut.In den Jahren danach konnten nur noch ca. 100 Objekte in derEhrenhalle des Museums gezeigt werden und zuletzt nur nochder Goldkegel von Ezelsdorf-Buch sowie unsere bekanntenStücke aus dem Schatzfund von Domagnano mit der Adlerfi-bel. Doch ist die Vor- und Frühgeschichte für die Gesamtdar-stellung kulturhistorischer Entwicklung im deutschsprachigenTeil Mitteleuropas unverzichtbar und so sind wir mehr alserleichtert, dass nach langer Planung, Sanierung, Umbau undNeugestaltung die bereits am 26. April eröffnete Ausstellungzum Mittelalter ihre Ergänzung findet. Nach ihrer Eröffnungam 18. Oktober wird die Schausammlung mit archäologischenFundstücken ab dem 19. Oktober der Öffentlichkeit zugänglichsein.Lange bevor es geschichtliche Aufzeichnungen gab, erfandenunsere Vorfahren in einem Zeitraum von mehr als 600 000Jahren alle wichtigen Handwerkstechniken. Unsere kulturelleEntwicklung des Mittelalters und der Neuzeit wäre ohne dieseGrundlage nicht denkbar.Die vielfältigen Wege, welche diese Entwicklung in den unter-schiedlichen Regionen des deutschen Sprachraums genom-men hat, werden in der Sammlung zur Vor- und Frühgeschich-te erkennbar und damit auch der zeitliche Wandel der unter-schiedlichen Schmuckformen, Geräte, Gefäße und Waffen, dieMänner und Frauen von der Steinzeit bis zum Frankenreichder Karolinger benutzten. Eine Fülle von ca. 2600 großen bis kleinsten Fundgegenständensind in 8 Räumen auf ca. 700 m2 und in 123 neu gefertigtenVitrinen ausgestellt. Verbreitungskarten, Zeitleisten und achtModelle erleichtern deren zeitliche und räumliche Zuordnung.

Steinzeit

Zu den ältesten Funden zählen Faustkeile, Universalwerkzeu-ge aus einem beidseitig flächig bearbeiteten Kernstein. Erst-mals treten sie in Afrika und im Vorderen Orient vor ca. 1,5Mio. Jahren auf. In Europa waren sie im Altpaläolithikum voretwa 400 000 - 43 000 Jahren verbreitet.Im Laufe des Paläolithikums, der Altsteinzeit, die bis etwa30000 v. Chr. ausschließlich von Neanderthalern geprägt ist,lässt sich eine zunehmende Spezialisierung der Werkzeugfor-men und ihrer Herstellung erkennen. Doch erst als der Homosapiens sapiens, der Chromagnon-Mensch zum Konkurrentendes Neanderthalers wurde, lassen sich in Höhlenmalereienund in Ritzzeichnungen auf Stein und Knochen erste hochste-hende kulturelle Leistungen dieser „modernen Menschen“erkennen.

Nahrungsgrundlage war noch immer die Jagd und das Sam-meln von Früchten. Die Techniken des Ackerbaus und der Viehzucht wurden vorca. 11000 Jahren im Vorderen Orient entwickelt. Diese neueArt der sesshaften bäuerlichen Lebensweise revolutioniertedas menschliche Leben. Um 5500 erreichten die ersten BauernMitteleuropa. Ihre Kultur nennt man, nach den charakteristi-schen Gefäßverzierungen mit Bändern aus parallel eingeritz-ten gekurvten Linien, Bandkeramische Kultur. Sie kommt vollentwickelt entlang der Flüsse in unseren Raum. Besonderscharakteristisch sind die bis zu 45 m langen, von Großfamilienbewohnten Gebäude, wie wir eines als Modell zeigen. (Abb.: 1) Weitere Modelle zur Steinzeit sind ein Pfahlbauhaus, aus derHand eines Pioniers der Schweizer Pfahlbauforschung JakobMessikomer. Er hat eine solche Hütte auf Pfählen nach Befun-den aus Robenhausen am Pfäffiker See bereits auf der Welt-ausstellung 1867 in Paris vorgestellt. (Abb.: 2) Funde ausRobenhausen und anderen Pfahlbausiedlungen geben Einblickin die Sachkultur der Pfahlbauer.Ein neues Modell zeigt einen Ausschnitt der Siedlung vonArbon, Bleiche 3, am Schweizer Ufer des Bodensees. Grabun-gen fanden dort 1983 und 1993-95 statt. Das nach den dorti-gen Befunden gebaute Modell zeigt, wie man sich wohl auchdie Siedlung von Robenhausen vorstellen darf.Ein weiteres historisches Modell zeigt den Querschnitt durchein Megalithgrab. Zwei Männer mit Hüten und Grabungsgerät haben ihre Fundeauf ein Taschentuch gelegt. Das sog Hühnengrab auf dem Grimmstein bei „Vasbye“ imnördlichen Angeln, Schleswig, wurde um 1880 von PfarrerHarries zu Grundhof angefertigt. (Abb.: 3)

Vor- und FrühgeschichteDie neue Schausammlung

1. Ein Bandkeramisches Haus wird mit Rinden gedeckt

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den charakteristisch. Je nach Zusammensetzung kann man inihnen verborgene Opfergaben oder Schatzverstecke erkennen.Sicher rituell bedingt war die Verbergung der in der Ausstel-lung gezeigten Schaukelringe, als weiblicher Wadenschmuckgetragen und der Phaleren – Schmuckscheiben von Pferdege-schirren. Vom Hesselberg haben wir die Reste des bei Grabun-gen während des Dritten Reiches gewonnenen und in den Wir-ren bei Kriegsende verlorenen Fundmaterials, das vielfältigeBereiche des Lebens und Arbeitens der Menschen auf demBerg beleuchtet wie Spinnen, Weben, Bronzeguss für Schmuckund Gerät, Töpferei aber auch Aspekte der Religion. Zu der Zeit, als diese Siedlungen bewohnt waren, entstandauch der Goldkegel von Ezelsdorf-Buch. Tausend Jahre nachdem Ende der Steinzeit wurde er als Kopfbedeckung einesbronzezeitlichen Sonnenpriesters geschaffen. 1953 stieß ein

2. Modell eines Pfahlbaus um 1867

4. Geländemodell Hesselberg mit Wallanlage (Modell im Bau)

3. Modell eines Megalithgrabes um 1880

Die Bronzezeit

Modelle zu befestigten Siedlungen der Urnenfelderzeit aufdem Hesselberg (Abb.: 4) und auf dem Bullenheimer Berg(Abb. 5) geben eine bessere Vorstellung von diesen besonde-ren Fundorten und einer typischen Siedelweise der spätenBronzezeit. Für beide Berge ist eine Vielzahl von sog. Hortfun-

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Arbeiter beim Roden von Wurzelstöcken auf den Goldkegel.Das bei der Bergung stark zerstörte Objekt ist aus einem StückGold (310 g) getrieben. Das hauchdünne Goldblech ist mit min-destens 25 verschiedenen Sonnensymbolen verziert. Zu denseltenen Ornamenten zählen Räder, mandelförmige Buckelund quergestreifte Miniaturkegelchen.

Eisenzeit, die Zeit der Kelten

Der Stier von Hallstatt ist ein Meisterwerk früheisenzeitlicher,hallstattzeitlicher Kleinplastik (800 – 500 v. Chr.). Die Auszip-felungen von Kopf, Gehörn und Beinen zeigen deutlich dieForm des Wachsmodells. Dieses war für die Herstellung imWachsausschmelzverfahren, für den Guss in verlorener Form,eine notwendige Vorstufe. Der Stier stammt von dem berühm-ten Gräberfeld reicher Salzherren in Hallstatt am HallstätterSee in Oberösterreich, an dessen Fundstoff man den eigen-ständigen Formenschatz der frühen Eisenzeit erkannte unddefinierte, weshalb die ganze Epoche Hallstattzeit benannt ist.Die auffällige Bestattungsform der Hallstattzeit sind Grabhü-gel. Vor allem in Wäldern blieben sie sichtbar erhalten. ImAckerland wurden sie jedoch völlig eingeebnet. Grabhügelwurden in großen Friedhöfen angelegt. Man spricht von Grab-hügelfeldern. Wie man sich das Innere eines Grabhügels vor-stellen darf, mit der Bestattung, den Beigaben, der hölzernenGrabkammer und ihrer Steinummantelung, bis zur Erdauf-schüttung des Hügels und der Hügelfußabgrenzung durch ein

Gräbchen und einen Steinkreis, wird ebenfalls in einemModell veranschaulicht. (Abb. 6)Funde aus mehreren Gräbern zweier Grabhügelfelder stellenwir zum Vergleich gegenüber. Aus Treuchtlingen Schambachim südlichen Mittelfranken und aus Oberfranken Eggolsheim.Bei deutlich erkennbarer gemeinsamer Formidee für dieGestaltung der Gefäße, vor allem der großen Kegelhalsgefäße,werden hier unterschiedliche regionale Traditionen in derOberflächenbehandlung deutlich. Erhalten die Gefäße in Ober-franken vorrangig einen dünnen Graphitüberzug und werdenreduzierend unter Sauerstoffabschluß gebrannt, so werden dieselben Formen im südlichen Mittelfranken rötlich oxidierendgebrannt und schwarz mit Linien und Winkelbändern bemalt.Die Zierweise ist angeregt durch die linearen Ornamente inder geometrischen Kultur des Mittelmeeraumes.Besonders wohlhabende und einflussreiche Personen wurdenauf einem Wagen bestattet oder die Teile eines Wagens, vor-zugsweise die Räder, wurden der Person symbolisch für dieFahrt ins Totenreich beigegeben. Wie solche Wagen der Hall-stattzeit aussahen, zeigt ein ca. 50 cm langes Modell nach Rei-fen und Nabenfragmenten aus Dietkirchen, Oberpfalz undAchsnägeln mit Klapperringen aus Großeibstadt, Unterfran-ken.Die Parsberger Fibel zeigt eindrucksvoll, wie ab 500 v. Chr.in der Latènezeit neue Anregungen der klassischen Kulturaus dem mediterranen Raum übernommen und zu einemeigenständigen Stil umgesetzt wurden. Köpfe mit riesigenhervortretenden Augen und angedeutetem Schnurrbart sindtypisch keltisch. Zwei kleine Voluten auf dem Scheitel sind Hörner eines Fauns. Spitze Ohren kennzeichnen denSilen. Die Spiralfeder der Fibel wird von zwei Tierwesen ver-deckt.

Die Römer nördlich der Alpen

Der römische Paraderüstungshelm (2. – 1. Hälfte 3. Jh.) ausTheilenhofen ist das einzige vollständig rekonstruierte Exem-plar seiner Art. Der Typ ist sonst nur durch Reliefdarstellun-

5. Geländemodell Bullenheimer Berg mit Wallanlage (Modell im Bau)

6. Hallstattzeitlicher Grabhügel

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gen und Fragmente bekannt. Nach langen Jahren können wirwieder das Original des Helmes zeigen, dessen Besitz wir mitder Archäologischen Staatssammlung München teilen unddessen Austausch aus konservatorischen Gründen nur äußerstselten zu besonderen Anlässen erfolgt.Römische Kultur besticht durch die perfekte Organisation, mitder ziviles Leben vor allem aber auch der militärische Einsatzgeregelt waren. Kastellbauten künden davon. Um diesenAspekt der römischen Kaiserzeit über die Fundgegenstände inder Ausstellung hinaus deutlich werden zu lassen, wurde zumBau eines Modells das Kastell Eining, das römische Abusina,gewählt. Es ist das östlichste Limeskastell und wurde etwasoberhalb der Stelle errichtet, an welcher der Limes nahe Kel-heim auf die Donau trifft. Von Einig ab war die Donau Grenz-fluß.Das Kastell Abusina mit 1,8 ha hatte drei große Bauphasen.Ein Holzerdekastell der zwischen 89 und 91 nach Chr. dortstationierten cohors IV Gallorum wurde in einer 2. Bauphasenach einem Brand um 125 n. Chr. mit Steinmauern und Tür-men gesichert. Diese Bauten wurden jetzt von der cohors IIIBritannorum (mit 6 Zenturien Infantrie (480 Mann) und 6Turmen Kavallerie (144 Mann)) errichtet, die wenig zuvor dieIV gallische Cohorte abgelöst hatte. Die Principia, der Verwal-tungsbau mit dem Fahnenheiligtum und das Prätorium, dasrepräsentative Wohngebäude des Kommandanten, wurden inStein , teilweise mit Fußbodenheizung um- und ausgebaut.Auch im 3. Jh. erlebte das Kastell mehrere Brände, doch hatdie cohors III Britannorum die innenpolitischen Wirren, wiedie germanischen Angriffe des 3. Jh , die um 260 n. Chr. zurAufgabe des Limes und des Gebietes im Zwickel zwischenRhein und Donau führte, wenn auch mit reduzierter Truppen-stärke, überstanden. (Abb.: 7)Die jetzt auf nur noch ca. 140 Mann geschrumpfte Einheiterrichtete sich auf 0,18 ha in der Nordwestecke des altenKastells ein burgartiges Kleinkastell mit starken Mauern undvorspringenden Türmen, die einen weit besseren Flanken-schutz zuließen.

Viele Kastelle des spätrömischen Donau-Iller-Rhein Limeswurden als kleine starke Burgen dem Gelände angepasst, aufgeschützten Bergen angelegt oder als kleine quadratischeAnlagen mit vorspringenden Türmen und starken Mauern.Eining aber ist der einzige Ort, an dem die Stelle des mittelkai-serzeitlichen Kastells weiterbenutzt wurde. Ein zweites Modellzeigt diese Bauphase, in der die älteren Steinbauten und diealte Umwehrung als Ruine daliegen und als Steinbruch für dieneuen Gebäude abgebrochen wurden. Nach 20 Jahren Kriegsdienst entlassene Soldaten gingen oftnicht mehr in ihre alte Heimat zurück. Sie siedelten sich imHinterland der Kastelle, nahe bei den in der Truppe verbliebe-nen Kameraden, als Landwirte an. Grund und Boden erhieltensie nach ihrer Entlassung als Teil ihrer Abfindung, die auch,wenn der Soldat seinen Lohn nicht durchgebracht hatte, aus-reichte, um Wohn- und Wirtschaftsgebäude eines Gehöfts zuerrichten. Im Laufe mehrerer Generationen, von der Mitte des1. bis in die Mitte des 3. Jh., konnten daraus stattliche villaerusticae werden. Als Beispiel für ein solches Anwesen wurdedie villa beim Weinbergshof in Treuchtlingen gewählt - einevilla mittlerer Größe. Der Verdienst beim Verkauf der Ernte andas Kastell Biriciana in Weißenburg, das wie alle Kastelle sei-ne Versorgung von den umliegenden villae bezog, war sichernicht gering, wie das Wohnhaus, an einem sonnigen Südhanggelegen, erahnen lässt. (Abb.: 8)

Völkerwanderung und frühes Mittelalter

Das Römische Reich fand seinen Niedergang in den Wirrender Völkerwanderungszeit. Doch auch unter den germani-schen Völkern, die in das Reich eingedrungen waren, wurdenwundervolle Dinge gestaltet. Beredtes Zeugnis ist die Adlerfi-bel aus dem Schatzfund von Domagnano, Rep. San Marino.Dieser goldene Schmuck mit Almandineinlagen gehörte einergotischen Dame aus dem engsten Kreis um Theoderich, der imnahen Ravenna regierte. Er entspricht byzantinischer Mode

7. Römisches Kastell Einig, 1. Bauphase (Modell im Bau) 8. Römische villa beim Weinbergshof in Treuchtlingen

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um 500 n. Chr. Der Adler, Symbol römischer Macht, trägt einchristliches Kreuz. Im 6. und 7 Jh. stabilisierten sich die Lebensverhältnisse unterder Herrschaft der Franken in der Merowingerzeit. Funde ausdem Reihengräberfeld von Westheim, Kr. Weißenburg-Gunzen-hausen, zeigen im frühen 6. Jh. deutlich den Unterschied inder Sachkultur der nach Osten expandierenden einwandern-den Franken zur ansässigen elbgermanischen Bevölkerungund das Zusammenwachsen der beiden Gruppen im 7. Jh. mitder Entwicklung gemeinsamer Formen, wie es besonders beiKeramikfunden deutlich wird.Von einigem Wohlstand zeugt unter anderem ein Blaues Glasaus Pfahlheim. Aus dem Friedhof des 7. Jh. von Pfahlheim mitseinen ungewöhnlich vielen Reitergräbern, barg man 1884 ineinem Frauengrab einen blauen Becher mit Fadenauflage.

Neben intensiven Verbindungen in den Mittelmeerraum unter-hielten die vornehmen Familien Pfahlheims wohl auch Kon-takte nach England. Ein blauer, ganz ähnlicher Glasbecher,wurde dort in einem reichen Fürstengrab gefunden. Am Ende der Merowingerzeit um 700 n Chr. erlischt die Beiga-bensitte. Die Auffindung der für archäologische Aussagen sowichtigen geschlossenen Funde, vornehmlich der Grabfunde,ist nicht mehr gegeben. Bodenfunde der Karolingerzeit undspäterer Epochen müssen hinsichtlich ihrer Bedeutung oftallein nach ihrer Form und Herstellungstechnik beurteilt wer-den. Hier liegt die Zäsur zum chronologisch folgenden Samm-lungsbereich des Mittelalters, der bereits im April eröffnetwurde.

3 TOBIAS SPRINGER

Ein Zimmerdenkmal für den liberalen Bürger

Theodor von Gosens Bronzestatuette Heinrich Heines

Zum Heinrich Heine-Jahr überreichte die LETTER Stiftung,Köln, dem Museum eine Bronzestatuette des 1797 in Düssel-dorf geborenen und 1856 in Paris gestorbenen Schriftstellers.Ihr Schöpfer, der aus Augsburg stammende Bildhauer Theodorvon Gosen, fertigte das Modell für das ganzfigurige Portrait1898 im Vorfeld des damals irrtümlich erst 1899 gefeierten100. Geburtstags Heines. Die kleine Statue ist auf einemPodest aus hellem Birnbaumholz montiert, das ebenso wie dieKleidung des Dichters und der schlichte, geradlinige Stuhl, aufdem er sitzt, an die Zeit des Vormärz erinnert, in der Heine alsLyriker, Reiseschriftsteller, politischer Publizist und Zeitungs-korrespondent zu einem der bekanntesten deutschen Autorenwurde. Mit dem Typus der Sitzfigur ehrte man seit dem Klassizismushäufig berühmte Schriftsteller, Wissenschaftler, Künstler,Musiker und Philosophen. Das Sitzmotiv, vom feudalen Für-stenportrait übernommen, bringt in Portraits bürgerlicherGrößen die Haltung des über die Welt Nachsinnenden zumAusdruck. Der unabhängige, aus sich selbst heraus schöpferi-sche Mensch verkörperte die weltverändernde Kraft des Gei-stes und war in der Epoche der Französischen Revolution zueinem Leitbild geworden. Das idealistische Pathos bürger-licher Standbilder des 19. Jahrhunderts ist in dem Portrait Hei-nes einer eher sachlichen Haltung gewichen. Gosen präsen-tiert ihn als jungen Dichter bei der Arbeit, in einer momenta-nen Haltung zurückgelehnt, den Kopf sinnend zur Seitegeneigt und die Hand mit der Feder erhoben, als würde ergerade beim Schreiben inne halten, um scharf über eine Ideeoder eine Formulierung nachzudenken.

Europäischer Geist

Theodor von Gosen hatte von 1892 bis 1899 an der Kunstaka-demie in München studiert. Das Archiv für Bildende Kunstbewahrt ein Manuskript auf, das er im Januar 1933 verfassteund in dem er seine Münchner Jahre lebendig schilderte. Ergenoss das Theater- und Konzertleben und stand mit vielenMusikern, darunter Max Reger, sowie den Zeichnern der sati-rischen Zeitschrift „Simplicissimus“ in engem freundschaftli-chem Verkehr. Als besondere kulturelle Höhepunkte erlebte erdie alljährlichen Kunstausstellungen im Glaspalast. Sie „warennicht nur für uns Künstler ein Ereignis. Ein großer Teil derBevölkerung nahm lebhaften Anteil. Was war da alles zusehen. Neben den einheimischen die großen französischenImpressionisten, von den Engländern Whistler, Burne-Jonesund die merkwürdig verträumten Schotten. Anders Zorn undLiljefors von den Schweden, der bedeutende Spanier Zuologa“. Der junge Bildhauer ließ sich vom modernen urbanen Kultur-leben inspirieren, das sich in Großstädten des jungen Reichsentwickelte und nicht zuletzt in den Sezessionen ein Forumfand. Seine Heine-Plastik zeigte er 1902 in einer Ausstellungder Berliner Sezession, gegründet 1898 als von der Akademieund obrigkeitlicher Zensur unabhängige Künstlervereinigung.Die offizielle Kunst hatte den Auftrag, die Einigung des deut-schen Reiches zu verherrlichen, das Gefühl von Zusammenge-hörigkeit und Stärke zu vermitteln und ausländischen Nach-barn die geradezu unglaubliche Einzigartigkeit deutscher Kul-tur vor Augen zu führen: „Uns, dem deutschen Volke, sind diegroßen Ideale zu dauernden Gütern geworden, während sieanderen Völkern mehr oder weniger verlorengegangen sind“,postulierte Kaiser Wilhelm II. 1901 bei der Einweihung der

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Siegesallee in Berlin. Unabhängige Kulturvermittler und ihrPublikum sahen das anders; für sie bestand die Basis kulturel-ler Entwicklung im offenen Austausch statt in nationalerHybris. Wie der Münchner Glaspalast stellte die BerlinerSezession ausländische Kunst und selbstverständlich auchWerke des Impressionismus aus, der als Stil aus dem „Erb-feindland“ Frankreich extrem Konservativen ein Dorn imAuge war. Sie sahen in der kosmopolitischen Haltung derSezession eine die nationale Einheit unterwandernde Gefahr,gar einen „Fäulnisbazillus“, den es „auszumerzen“ galt. Dage-gen führten freisinnige Geister wie der Abgeordnete ErnstMüller-Meiningen an: „Millionen Gebildeter in Deutschlandsind auch heute noch der Überzeugung, dass die große,moderne, internationale Bewegung, (...) welche die Natur, d. h.die Wahrheit auch in der Kunst sucht, sich nicht kommandie-ren lässt und kommandieren lassen darf wie ein RegimentGardegrenadiere.“ In diesen rational und pluralistisch denkenden Kreisen ent-deckte man damals Heinrich Heine als wichtigen Gedanken-vorläufer. In Gedichten und Schriften zur Zeit hatte er sich fürdie geistigen Errungenschaften von Aufklärung und Französi-

Theodor von Gosen (Augsburg 1873 – 1943 Breslau)Zimmerdenkmal Heinrich Heines, Entwurf 1898Guss: August Brandstetter, MünchenBronze, schwarz patiniert, Birnbaumsockel.H. 43,9 cm (mit Plinthe), H. 77,9(mit Sockel). Inv. Nr. Pl. O. 3391Dauerleihgabe von LETTER Stiftung, Köln, 2006

scher Revolution eingesetzt, deren universelle Bedeutung ihmzutiefst bewusst war. Als Vertreter der deutschen Nationalbe-wegung stand er dem weltoffen-liberalen Geist des HambacherFestes von 1832 nahe. Die während der Kriege gegen Napole-on aufgekommene Ideologie des Deutschtums, die 1817 zueinem Tenor des Wartburgfests geriet und deren ausgrenzen-de Tendenz er als jüdischer Deutscher erfahren hatte, lehnteer entschieden ab. Dieser „Patriotismus des Deutschen“ bewir-ke, „dass sein Herz enger wird, dass es sich zusammenziehtwie Leder in der Kälte, dass er das Fremdländische hasst, dasser nicht mehr Weltbürger, nicht mehr Europäer, sondern nurein enger Deutscher sein will“, konstatierte er 1833 in seinerSchrift über die „Romantische Schule“ und schmähte die teu-tomanischen Eiferer als schäbige Opposition „gegen eineGesinnung, die eben das Herrlichste und Heiligste ist, wasDeutschland hervorgebracht hat, nämlich gegen jene Huma-nität, gegen jene allgemeine Menschen-Verbrüderung, gegenjenen Kosmopolitismus, dem unsere großen Geister, Lessing,Herder, Schiller, Goethe, Jean Paul, dem alle Gebildeten inDeutschland immer gehuldigt haben.“ 1831 war er nach Parisgegangen, wo er unter anderem als Korrespondent für Cottas

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Allgemeine Zeitung wirkte. Heine informierte seine deutschenLeser über Entwicklungen in Frankreich und berichtete infranzösischen Zeitschriften über Kulturströmungen inDeutschland, um einen transnationalen Diskurs in Gang zuhalten. Er sah seine Aufgabe darin, seine Leser mit Informatio-nen zu versorgen, den Blick des einzelnen zu schärfen für dieFragen der Zeit: „...ich habe vielleicht die pazifike Mission, dieVölker einander näher zu bringen. Das aber fürchten die Ari-stokraten am meisten; mit der Zerstörung der nationalen Vor-urteile, mit dem Vernichten der patriotischen Engsinnigkeitschwindet ihr bestes Hülfsmittel der Unterdrückung. Ich bindaher der inkarnierte Kosmopolitismus“, schrieb er 1833 sei-nem Freund Friedrich Merckel.

Denkmalstreit

Ein massiver Auslöser der um 1900 einsetzenden Wiederent-deckung des politischen Heine war der Streit um das Heine-Denkmal, das Düsseldorfer Bürger dem berühmten Sohn ihrerStadt zu seinem 100. Geburtstag errichten wollten und zu die-sem Zweck 1887 eine Denkmalkommission gegründet hatten.Ihr prominentestes Mitglied war Kaiserin Elisabeth von Öster-reich, die als glühende Heine-Verehrerin dem Projekt großzü-gige finanzielle Unterstützung zusagte. Wohl wissend, dass

die politischen Schriften des franzosenfreundlichen Heine indem jungen Deutschen Reich brisant waren, sollte das Denk-mal dem romantischen Lyriker gelten; viele, darunter Bis-marck, verehrten ihn als bedeutendsten deutschen Dichternach Goethe. Mit dem Entwurf für das Denkmal wurde derBildhauer Ernst Herter beauftragt, der es in Anspielung aneines der berühmtesten Gedichte Heines als Loreley-Brunnenkonzipierte. Die Ankündigung des Projekts rief sofort den Protest Deut-schnationaler, Alldeutscher und des Antisemitenbundes aufden Plan. Zunächst behielten die Denkmalbefürworter dasÜbergewicht, woraufhin die Gegner eine Pressekampagne imganzen deutschen Sprachraum starteten. Ihr Ton nahm eineimmer hasserfülltere und schamlosere Färbung an. Ein Denk-mal für Heine sei ein Angriff auf die „deutsche Art“, führe zu„Entartung“, zu einer Verfälschung „unserer Sitten“, war dazu lesen, denn Heine sei „eben durch und durch Jude, keinechter Deutscher“, sein Internationalismus eine „vaterlandslo-se Frivolität“. Sie bezeichneten das Denkmal als „Schandsäulefür das deutsche Volk“, als „koscheres Denkmal“, „noch dazuam deutschen Rhein!“ und waren schier fassungslos darüber,dass auch noch Männergesangsvereine, „deutsche Sänger“ fürdas Denkmal sammelten. Der „germanische Geist“ sei „in Goe-the und Wagner lebendig“, so Franz Sandvoß in einer Anti-Heine-Schrift, „bitten wir Gott, dass er ihn unbesudelt erhal-te.“

„Aegir, Herr der Fluten“

Der Streit um das Denkmal beleuchtete tiefe Kluften in demgern mit dem so harmonisch klingenden Wort „Alldeutschen-haus“ bezeichneten jungen Deutschen Reich und das warunerwünscht. Der Düsseldorfer Bürgermeister erhielt 1893einen Wink aus Berlin, woraufhin die Stadt das Denkmalpro-jekt aufgab. Herter führte den Loreley-Brunnen schließlich fürNew York aus. Hier begann sich 1893 der deutsche Sängerver-ein „Arion“ für die Übernahme des aus Deutschland exiliertenHeine-Denkmals zu engagieren. Es wurde im Stadtteil Bronxin einem kleinen Park aufgestellt und im Juli 1899 in Anwe-senheit von Herter eingeweiht. Die Münchner Zeitschrift „Sim-

Thomas Theodor Heine(Leipzig 1867 – 1948 Stockholm)„Zu Heinrich Heines hundertstem Geburtstag. Modell eines Heine-Denk-mals“. In: Simplicissimus, 4. Jg., Nr. 38, 1899 Sign. 20 L. 2703 h. Geschenk des Verlages Albert Langen, München, 1900

Ein deutscher Männerchor singt im Jahre 1901 am Grab Heines in Paris die„Loreley“Abb. aus: Ludwig Marcuse, Heine. Reinbek bei Hamburg 1960

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Impressum

Kulturgut – Aus der Forschungdes Germanischen Nationalmuseums

Germanisches NationalmuseumKartäusergasse 1 · 90402 NürnbergTelefon 09111331-0, Fax -200E-Mail [email protected] · www.gnm.de

Erscheint vierteljährlich

Herausgeber: Prof. Dr. G. Ulrich Großmann

Redaktion: Dr. Tobias Springer

Gestaltung: Udo Bernstein, www.bfgn.de

Produktion: Emmy Riedel, Buchdruckerei und Verlag GmbH, Gunzenhausen

Auflage: 4500 Stück

plicissimus“ ver-öffentlichte 1899zu Heines Ge-burtstag ein „Mo-dell für ein Hei-ne-Denkmal“, vondem Zeichner Th.Th. Heine als sati-risches Spiegel-bild der deut-schen „Heine-Denkmalsverhin-derung“ konzi-piert und verse-hen mit dem Bild-text, „Aegir, Herrder Fluten, ver-weist die Loreleyaus dem Reicheder deutschenPoesie.“ Der ger-manische Wasser-gott Aegir, denKaiser WilhelmII. durch seinGedicht „Sang anAegir“ in dennationalromanti-schen Götterhim-mel erhoben hatte,stürmt in der Kari-katur mit Pickel-haube, Dreispitz,altväterlich ge-wichtig wogen-dem Bart undeiner herrischenHandbewegung ge-

rade den Felsen der Nixe vom Rhein. „O Aegir, Herr der Flu-ten, dem Nix und Neck sich beugt“, beginnt die Eloge des dich-tenden Kaisers, der sich Deutschland nach dem Modell Eng-lands als große Seemacht erträumte.

Gedächtniskultur

Im Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhunderts war einöffentliches Denkmal für Heine nicht zu realisieren, mankonnte ihn nur im privaten Kreis mit einem Standbild ehren.Theodor von Gosen hat seine ohne Auftrag entstandene,knapp 44 cm hohe Arbeit als Zimmerdenkmal konzipiert, eineDenkmalform, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts in bürger-lichen Kreisen Verbreitung gefunden hatte. In der Öffentlich-keit waren Denkmäler lange der Aristokratie vorbehalten; dersich emanzipierende Bürger entwickelte im häuslichenBereich eine persönliche Kultur des Erinnerns. Kaiserin Elisa-beth hatte die Mittel, dieser Gedächtniskultur im großen For-mat nachzugehen. Sie bestellte bei Louis Hasselriis eine

lebensgroße Marmorausführung der Heine-Statue, derenModell der dänische Bildhauer 1873 auf der Wiener Weltaus-stellung gezeigt hatte, und ließ sie 1891 auf ihrem LandsitzAchilleion auf Korfu errichten. Die Kaiserin wurde 1898ermordet und das Achilleion neun Jahre später von Kaiser Wil-helm erworben, der nichts Eiligeres zu tun hatte, als den Hei-ne zu entfernen und für den Garten des Anwesens ein neunMeter hohes Monument mit der vergoldeten Statue eines „Sie-genden Achill“ in kampfbreiter Pose in Auftrag zu geben. Dieliberale „Frankfurter Zeitung“ kommentierte am 29. April1908: „Wie man ein derartiges Vorgehen im Ausland benen-nen würde, ist für uns keinesfalls zweifelhaft, und eben darumkönnen wir nicht glauben, dass die Ratgeber des Kaisers einederartige Bloßstellung des deutschen ‚Gemüts’ befürworten.“Angesichts solcher Formen nationaler Selbstdarstellungwuchs in Deutschland nach 1900 die Zahl der Anhänger despolitischen Heine, darunter literarische Gruppen, die dieBedeutung seines Erbes für die Moderne erkannten, jungeLiberale, die sich ähnlich wie die damals entstehenden expres-sionistischen Gruppen gegen die nationale Borniertheit, denUntertanengeist und die doppelbödige Moral der Gesellschaftempörten. Die Zeitschrift „Die Jugend“ widmete Heine anläss-lich seines 50. Todestages 1906 ein Sonderheft und veröffent-lichte darin unter anderem sein politisches Gedicht: „Erinne-rung aus Krähwinkels Schreckenstagen“.

3 URSULA PETERS

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Johannes Götz (Fürth in Bayern 1865 – 1934 Potsdam)Siegender Achill, Korfu, Entwurf 1908Abb. aus: Dietrich Schubert, „Jetzt wohin?“ HeinrichHeine in seinen verhinderten und errichteten Denk-mälern. Köln/Weimar/Wien 1999