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Kommunikation 38 Healthcare Marketing 8/2019 Kunden-Agentur-Beziehung Hand in Hand zum Erfolg Gesundheitsmarkt und Agenturlandschaft haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Das wirkt sich auch auf die Beziehung zwischen Kunden und Agenturen aus. Damit die Zusammenarbeit gut läuft und Top-Ergebnisse bringt, können beide Seiten etwas tun. An einem Strang ziehen und sich als Team verstehen, bringt Erfolg für alle Beteiligten. Das hat es sicher noch nicht oft gegeben: Audi lädt in Großbritannien zum Pitch und Agenturen sagen reihenweise ab. Die Medien berichteten Ende Mai aus- führlich. Demnach arbeitet die Publicis- Agentur Bartle Bogle Hegarty (BBH) in UK seit sage und schreibe 37 Jahren für die Ingolstädter. Verantwortlich für den Pitch auf der Insel sei nicht Audi, sondern die Procurement-Abteilung von VW in Wolfsburg, also die Konzernmutter. Die Empörung der Agenturen ist groß. Wie zu lesen war, mache BBH einen guten Job und es könne davon ausgegangen werden, dass die Kunden-Agentur-Beziehung gut sei. Wohl gehe es bei der Ausschreibung wohl einzig darum, Geld zu sparen, und da wolle man nicht mitmachen. Es ist kompliziert Das Beispiel zeigt: Zwischen Kunden und Agenturen ist es heute komplizierter als noch vor ein paar Jahren. Vieles hat sich verändert – auch in der Healthcare- Kommunikation. Dass eine Agentur seit fast vier Jahrzehnten für ein Unter- nehmen arbeitet, hat Seltenheitswert. Gesamt-Etats werden kaum noch ver- geben. Heute sind es eher kurzfristige Projekte, die den Agenturalltag bestim- men und hohe Flexibilität erfordern. Das Geschäft ist schneller und hektischer geworden. Dazu kommt, dass Agenturen ihre Ansprechpartner oftmals nicht mehr nur in der Marketing- und Kommunika- tionsabteilung des Kunden haben, son- dern auch der Einkauf, Vertrieb oder die Rechtsabteilung mitbestimmen. Darauf müssen sich die Teams einstellen. Ohnehin zeigt sich immer wieder, dass in den Unternehmen heute genauer auf Er- gebnisse ihrer Marketingteams geschaut wird. Nicht selten geben Unternehmen den erhöhten internen Druck und den auch oftmals gestiegenen Kostendruck an die Agenturen weiter. Auf der an- deren Seite haben die Ausgaben für die Agenturen zugenommen, zum Beispiel durch einen höheren Bedarf an Weiter- bildung der Mitarbeiter, etwa zu Digita- lisierung in der Werbewirtschaft. Wenn das dazu führt, dass Junior-Teams Projekte umsetzen, denen die Erfahrung im Umgang mit Kunden und im Hand- ling mit anspruchsvollen Projekten fehlt, steigt sehr wahrscheinlich die Fehler- quote. Doch Kunden haben heute kaum noch Geduld. Wenn etwas schiefgeht, sind sie eher bereit, die Agentur zu wech- seln. Wer da nicht vorher schon innehält, sich sortiert und seine Kunden-Agentur- Beziehung hinterfragt, kann hier schnell das Nachsehen haben. Essenzielle Erfolgsfaktoren Doch wie schaffen es Agenturen in die- ser Gemengelage, überlegt zu handeln und langfristig stabile Beziehungen zu Kunden aufzubauen? Die Antwort ist klar: Auf Augenhöhe agieren und klare Regeln einhalten. Wichtig ist: Die Be- Foto: iStock

Kunden-Agentur-Beziehung Hand in Hand zum Erfolg · gen von morgen‘ Die GWA-Studie* beschrieb 2016 schon sehr genau die Entwicklung, mit der Unter-nehmen und Agenturen heute zurechtkom-men

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Page 1: Kunden-Agentur-Beziehung Hand in Hand zum Erfolg · gen von morgen‘ Die GWA-Studie* beschrieb 2016 schon sehr genau die Entwicklung, mit der Unter-nehmen und Agenturen heute zurechtkom-men

Kommunikation

38 Healthcare Marketing 8/2019

Kunden-Agentur-Beziehung

Hand in Hand zum ErfolgGesundheitsmarkt und Agenturlandschaft haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Das wirkt sich auch auf die Beziehung zwischen Kunden und Agenturen aus. Damit die Zusammenarbeit gut läuft und Top-Ergebnisse bringt, können beide Seiten etwas tun. An einem Strang ziehen und sich als Team verstehen, bringt Erfolg für alle Beteiligten.

Das hat es sicher noch nicht oft gegeben: Audi lädt in Großbritannien zum Pitch und Agenturen sagen reihenweise ab. Die Medien berichteten Ende Mai aus-führlich. Demnach arbeitet die Publicis-Agentur Bartle Bogle Hegarty (BBH) in UK seit sage und schreibe 37 Jahren für die Ingolstädter. Verantwortlich für den Pitch auf der Insel sei nicht Audi, sondern die Procurement-Abteilung von VW in Wolfsburg, also die Konzernmutter. Die Empörung der Agenturen ist groß. Wie zu lesen war, mache BBH einen guten Job und es könne davon ausgegangen werden, dass die Kunden-Agentur-Beziehung gut sei. Wohl gehe es bei der Ausschreibung wohl einzig darum, Geld zu sparen, und da wolle man nicht mitmachen.

Es ist kompliziert

Das Beispiel zeigt: Zwischen Kunden und Agenturen ist es heute komplizierter als noch vor ein paar Jahren. Vieles hat

sich verändert – auch in der Healthcare-Kommunikation. Dass eine Agentur seit fast vier Jahrzehnten für ein Unter-nehmen arbeitet, hat Seltenheitswert. Gesamt-Etats werden kaum noch ver-geben. Heute sind es eher kurzfristige Projekte, die den Agenturalltag bestim-men und hohe Flexibilität erfordern. Das Geschäft ist schneller und hektischer geworden. Dazu kommt, dass Agenturen ihre Ansprechpartner oftmals nicht mehr nur in der Marketing- und Kommunika-tionsabteilung des Kunden haben, son-dern auch der Einkauf, Vertrieb oder die Rechtsabteilung mitbestimmen. Darauf müssen sich die Teams einstellen. Ohnehin zeigt sich immer wieder, dass in den Unternehmen heute genauer auf Er-gebnisse ihrer Marketingteams geschaut wird. Nicht selten geben Unternehmen den erhöhten internen Druck und den auch oftmals gestiegenen Kostendruck an die Agenturen weiter. Auf der an-deren Seite haben die Ausgaben für die Agenturen zugenommen, zum Beispiel

durch einen höheren Bedarf an Weiter-bildung der Mitarbeiter, etwa zu Digita-lisierung in der Werbewirtschaft. Wenn das dazu führt, dass Junior-Teams Projekte umsetzen, denen die Erfahrung im Umgang mit Kunden und im Hand-ling mit anspruchsvollen Projekten fehlt, steigt sehr wahrscheinlich die Fehler-quote. Doch Kunden haben heute kaum noch Geduld. Wenn etwas schiefgeht, sind sie eher bereit, die Agentur zu wech-seln. Wer da nicht vorher schon innehält, sich sortiert und seine Kunden-Agentur-Beziehung hinterfragt, kann hier schnell das Nachsehen haben.

Essenzielle Erfolgsfaktoren

Doch wie schaffen es Agenturen in die-ser Gemengelage, überlegt zu handeln und langfristig stabile Beziehungen zu Kunden aufzubauen? Die Antwort ist klar: Auf Augenhöhe agieren und klare Regeln einhalten. Wichtig ist: Die Be-

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Kommunikation

39Healthcare Marketing 8/2019

Christoph Witte

ist geschäftsführender Gesellschafter von Pink Carrots, einer interdisziplinären Agentur für integrierte Kommunikation in den Bereichen Health, B2B und Consumer/Patient Re-lations. 40 Mitarbeiter, inklusive Spezialisten aus Strategie, Brand Activation, Design, Di-gital sowie Medical Writing und Public Relations, arbeiten von Frankfurt aus für nationale und internationale Kunden. * [email protected]

Innerhalb des Agenturenverbands GWA, Frankfurt, gibt es das Forum Healthcare Kommu-nikation, dem aktuell 26 Agenturen angehören. Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik „Übern Tag hinaus denken“, in der sich Führungskräfte aus Healthcare-Agenturen zu ei-nem visionären Thema ihrer Wahl äußern. : www.gwa.de

Übern Tag hinaus denken

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ziehung zwischen Kunde und Agentur ist eine Arbeitsbeziehung, die von den Rahmenbedingungen geprägt ist, in de-nen sie von beiden Seiten gelebt wird. Die Tragfähigkeit der Kunden-Agentur-Beziehung ist dabei essenziell für den Erfolg. Es geht nicht nur darum, dass die Chemie zwischen Unternehmen und Dienstleister gut ist. Vielmehr gibt es weitere Aspekte, bei denen erst einmal und vor allem die Agentur in der Pflicht ist.

Den Kunden verstehenBei einem neuen Kunden sollte es im ers-ten Schritt darum gehen, zu hinterfragen und zu verstehen, wie die Struktur im Unternehmen ist. Wer entscheidet in wel-cher Abteilung über Kreativkonzepte und -arbeiten? Wie laufen Prozesse ab und wie lange dauern diese in der Regel? Wer hier Klarheit hat, schafft eine gute Grundlage, fundierte Projektzeitpläne zu erstellen.

Übereinkünfte treffen Um sich auf die kreative Arbeit zu kon-zentrieren ist es wichtig, dass Kunde und Agentur sich vorab auf gemeinsame Mo-dalitäten verständigen: Wann können Rechnungen gestellt werden? Wie oft findet ein telefonischer oder persönlicher Jour-Fixe statt? Wie laufen Briefings, Schulterblicke und Korrekturrunden ab? Klare Übereinkünfte zu diesen Details er-leichtern die Zusammenarbeit, besonders dann, wenn es mal hektisch wird.

Gute Briefings einfordernEs kann vorkommen, dass die Briefings der Unternehmen oberflächlich ausfal-len. Um jedoch erfolgreiche Kampagnen zu entwickeln, sind Agenturen auf um-fangreiche Informationen zum Produkt

oder der Dienstleistung angewiesen. Wer hier das Gefühl hat, es fehlt noch Input, der sollte nicht zögern und diesen ein-fordern.

Kundenfeedbacks ernst nehmenWenn Kunden Feedback geben, ist es wichtig, zuzuhören. Ist der Kunde zu-frieden mit den inhaltlichen und kreati-ven Arbeiten, umso besser. Gibt es Kritik oder gar Äußerungen von Unzufrieden-heit, sollten Agenturen genau hinhören und dem Kunden signalisieren, dass die Kritik angekommen ist. Wichtig ist es dann, Vorschläge zu machen, wie die Si-tuation verbessert werden kann. Kritik im Arbeitsalltag einfach unter den Tisch fallen zu lassen, weil sie unangenehm ist, kann keine Option sein.

Kommunikation ist allesEs ist wie mit dem Schuster und seinen Leisten, die ja bekanntlich oft abgetreten sind. So sind Agenturen zwar Kommu-nikationsprofis und wissen genau, wie sie Produkte und Dienstleistungen ihrer Kunden in Szene setzen, doch im Alltag wird manchmal mit Kunden, aber auch unter den Kollegen, einfach zu wenig ge-redet und abgestimmt. Deshalb: Manch-mal hilft ein Anruf oder eine E-Mail, um beispielsweise eine Verständnisfrage unkompliziert aus dem Weg zu räumen.

Proaktiv seinKunden freuen sich meist und sind dankbar, wenn Agenturen proaktiv mit Ideen und Vorschlägen auf sie zukom-men. Also nicht darauf warten, bis die nächste Jahresplanung ansteht oder ein konkretes Konzept angefragt wird. Si-cher kann es sein, dass diese letztlich nicht umgesetzt werden, weil das Budget nicht da ist oder etwas anderes dage-

genspricht. Aber die Agentur hat mitge-dacht und ihren Beratungsansatz unter Beweis gestellt.

Gemeinsam Ziele erreichen

Für gute Healthcare-Werbung ist eine gute Kunden-Agentur-Beziehung essen-ziell. Hierbei kommt es nicht nur auf die Chemie an. Vielmehr ist es ein bisschen wie in einer Ehe – für den langfristigen Erfolg ist „Beziehungsarbeit“ nötig. Hier sind erstmal die Agenturen in der Verantwortung. Es gibt einiges, was sie tun können, wie richtig zuhören, den Rahmen für die Zusammenarbeit ge-nau festlegen, nachfragen, informieren, abstimmen, also aktiv kommunizieren, flexibel bleiben und sich selbst hinter-fragen. Wenn es Agenturen und Kunden schaffen, sich als Team zu verstehen, das für ein gemeinsames Ziel arbeitet, ist die beste Voraussetzung für erfolgreiche Healthcare-Kampagnen geschaffen.

Die ‚Agentur-Kunden-Beziehun-gen von morgen‘

Die GWA-Studie* beschrieb 2016 schon sehr genau die Entwicklung, mit der Unter-nehmen und Agenturen heute zurechtkom-men müssen:

„Die Agentur-Kunden-Beziehungen werden … - fremdbestimmter und komplexer, - kostenorientierter und effizienter, - kurzfristiger und austauschbarer, - schneller und hektischer, - breiter und spezieller, - professionalisierter und prozessorientierter, - tiefgreifender und transformativer.“

* Dirk Bathen, Jörg Jelden: „Agentur-Kunden-Beziehungen von Morgen. Eine Studie des Gesamtverbandes der Kom-munikationsagenturen GWA e.V., 2016