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12 ZfCM | Controlling & Management 55. Jg. 2011, H.1 PRAXIS | Magazin Konferenz-Review Nachdem die Krise für die meisten Unter- nehmen „abgehakt“ ist, stehen sie im Auf- schwung nun umso mehr vor der Herausfor- derung, Kunden und Märke in den Fokus zu nehmen. Folglich stand der Erfolgsbeitrag des Controllings in Marketing- und Ver- triebsthemen im Vordergrund des 24. Stutt- garter Controller-Forums am 21. und 22. September 2010. Auf der Tagung wurde den etwa 200 Teilnehmern aus Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung ein vielseitiges Programm mit über 30 Fachvorträgen gebo- ten. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch einen Abendempfang in den neuen Büroräumen der Firma Horváth & Partner GmbH im Phoenixbau in der Stuttgarter In- nenstadt. Hervorzuheben ist außerdem, dass es an beiden Tagen ein Spezialforum für das Public Management gab, mit dem den be- sonderen Rahmenbedingungen und He- rausforderungen des Controllings im öffent- lichen Bereich Rechnung getragen wurde. Weitere Highlights der Konferenz waren die Verleihung des Pétér Horváth-Controlling- preises für die beste wissenschaftliche Arbeit zum anwendungsorientierten Controlling, der Regionalschwerpunkt der Konferenz auf arabisch-islamische Länder, eine Live-TED Abstimmung und der Abschlussvortrag vom mehrfachen Schwimm-Olympiasieger und Weltmeister Dr. Michael Gross. Eröffnet wurde das Stuttgarter Control- ler-Forum durch einen Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Pétér Horváth über den aktuellen Stand sowie Trends im Marke- tingcontrolling. Prof. Horváth betonte zu- nächst, dass ein wesentlicher Schlüssel zum Unternehmenserfolg in der Preispolitik liegt. Anhand eines eingänglichen Beispiels erklärte er, dass eine Preiserhöhung um 10 % eine wesentlich höhere Auswirkung auf den Unternehmensgewinn haben kann als eine gleichhohe Verbesserung der Ab- satzmenge oder der variablen Stückkosten. Zusätzlich stellte Prof. Horváth einige ak- tuelle empirische Studien zum Marketing- controlling vor, die zum Ergebnis kamen, dass im Marketing- und Vertriebsbereich in großer Regelmäßigkeit Instrumente des Controllings (z. B. Budgetanalysen oder Deckungsbeitragsrechnungen) zum Ein- satz kommen. Marketing- und Ver- triebsthemen sind für Controller hochrele- vant, tatsächlich beschäftigen sich aber (noch) wenige intensiv mit ihnen. Daher seien im Folgenden einige Vorträge bei- spielhaft beschrieben, die einen Einblick in aktuelle Controller-Projekte im Marketing- controlling gaben (eine komplette Über- sicht der Vorträge ist unter www.control- ler-forum.com verfügbar). Stefan Heithecker (OBI Group Holding GmbH) stellte die Ergebnisse eines umfang- reichen Change-Projekts vor, das eine grundsätzliche Neupositionierung der Un- ternehmenssteuerung bei der OBI-Gruppe zum Ziel hatte. Innerhalb von etwa zwei Jah- ren wurden im Rahmen des Projekts eine komplette Neustrukturierung aller wesent- lichen Controllingprozesse (z. B. Planung, Budgetierung & Forecasting) durchgeführt. Mit der Unterstützung durch entsprechende IT-Systeme konnte eine einheitliche Daten- basis geschaffen werden, die in die Pla- nungs-, Steuerungs-, und Kontrollsystemen integriert wurde. Dadurch kann das Unter- nehmen nun schneller auf Marktverände- rungen reagieren und zusätzlich die Zeit- dauer für die Erstellung von Berichten und Abschlüssen deutlich reduzieren. Mit einem ähnlichen Ziel – eine erhöhte Prozesseffizienz mit gleichzeitig größerer Kundennähe – begann Robert Liedtke (Carl Zeiss AG) seinen Vortrag über die Einführung einer rollierenden Planung bei der Carl Zeiss Gruppe. Ausgangspunkt für die Einführung rollierender Budgets war ein zeitaufwändiger Budgetprozess, der häufig schon überholte Pläne produzierte, eine sehr hohe Detailgenauigkeit aufwies, und vom Management dementsprechend nur wenig Beachtung fand. Auf Basis eines Gegenstromverfahrens (gleichzeitige An- wendung von Top-down- und Bottom-up- Planung) hat die Carl Zeiss Gruppe nun- mehr auf eine rollierende 5-Quartals-Pla- nung umgestellt. Die Planung wurde in diesem Zuge wesentlich entfeinert (Reduk- tion von ca. 150 auf 26 Budgetposten), was eine höhere Plangenauigkeit und verläss- lichere Plandaten zur Folge hatte. Auch im Spezialforum zum Public Ma- nagement wurden aktuelle Veränderungs- projekte im Sinne eines kundenorientieren Kunden und Markt im Fokus – mit Marketingcontrolling zum Erfolg Bericht vom 24. Stuttgarter Controller-Forum Abb.1: Abendempfang im neuen Büro von Horváth & Partners DOI: 10.1007/s12176-011-0005-5

Kunden und Markt im Fokus –mit Marketingcontrolling zum Erfolg

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12 ZfCM | Controlling & Management 55. Jg. 2011, H.1

PRAXIS | Magazin

Konferenz-Review

Nachdem die Krise für die meisten Unter-nehmen „abgehakt“ ist, stehen sie im Auf-schwung nun umso mehr vor der Herausfor-derung, Kunden und Märke in den Fokus zu nehmen. Folglich stand der Erfolgsbeitrag des Controllings in Marketing- und Ver-triebsthemen im Vordergrund des 24. Stutt-garter Controller-Forums am 21. und 22. September 2010. Auf der Tagung wurde den etwa 200 Teilnehmern aus Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung ein vielseitiges Programm mit über 30 Fachvorträgen gebo-ten. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch einen Abendempfang in den neuen Büroräumen der Firma Horváth & Partner GmbH im Phoenixbau in der Stuttgarter In-nenstadt. Hervorzuheben ist außerdem, dass es an beiden Tagen ein Spezialforum für das Public Management gab, mit dem den be-sonderen Rahmenbedingungen und He-rausforderungen des Controllings im öffent-lichen Bereich Rechnung getragen wurde. Weitere Highlights der Konferenz waren die Verleihung des Pétér Horváth-Controlling-preises für die beste wissenschaftliche Arbeit zum anwendungsorientierten Controlling, der Regionalschwerpunkt der Konferenz auf arabisch-islamische Länder, eine Live-TED Abstimmung und der Abschlussvortrag vom mehrfachen Schwimm-Olympiasieger und Weltmeister Dr. Michael Gross.

Eröffnet wurde das Stuttgarter Control-ler-Forum durch einen Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Pétér Horváth über den aktuellen Stand sowie Trends im Marke-tingcontrolling. Prof. Horváth betonte zu-nächst, dass ein wesentlicher Schlüssel zum Unternehmenserfolg in der Preispolitik liegt. Anhand eines eingänglichen Beispiels erklärte er, dass eine Preiserhöhung um 10 % eine wesentlich höhere Auswirkung auf den Unternehmensgewinn haben kann als eine gleichhohe Verbesserung der Ab-satzmenge oder der variablen Stückkosten. Zusätzlich stellte Prof. Horváth einige ak-tuelle empirische Studien zum Marketing-controlling vor, die zum Ergebnis kamen, dass im Marketing- und Vertriebsbereich

in großer Regelmäßigkeit Instrumente des Controllings (z. B. Budgetanalysen oder Deckungsbeitragsrechnungen) zum Ein-satz kommen. Marketing- und Ver-triebsthemen sind für Controller hochrele-vant, tatsächlich beschäftigen sich aber (noch) wenige intensiv mit ihnen. Daher seien im Folgenden einige Vorträge bei-spielhaft beschrieben, die einen Einblick in aktuelle Controller-Projekte im Marketing-controlling gaben (eine komplette Über-sicht der Vorträge ist unter www.control-ler-forum.com verfügbar).

Stefan Heithecker (OBI Group Holding GmbH) stellte die Ergebnisse eines umfang-reichen Change-Projekts vor, das eine grundsätzliche Neupositionierung der Un-ternehmenssteuerung bei der OBI-Gruppe zum Ziel hatte. Innerhalb von etwa zwei Jah-ren wurden im Rahmen des Projekts eine komplette Neustrukturierung aller wesent-lichen Controllingprozesse (z. B. Planung, Budgetierung & Forecasting) durchgeführt. Mit der Unterstützung durch entsprechende IT-Systeme konnte eine einheitliche Daten-basis geschaffen werden, die in die Pla-nungs-, Steuerungs-, und Kontrollsystemen integriert wurde. Dadurch kann das Unter-

nehmen nun schneller auf Marktverände-rungen reagieren und zusätzlich die Zeit-dauer für die Erstellung von Berichten und Abschlüssen deutlich reduzieren.

Mit einem ähnlichen Ziel – eine erhöhte Prozesseffizienz mit gleichzeitig größerer Kundennähe – begann Robert Liedtke (Carl Zeiss AG) seinen Vortrag über die Einführung einer rollierenden Planung bei der Carl Zeiss Gruppe. Ausgangspunkt für die Einführung rollierender Budgets war ein zeitaufwändiger Budgetprozess, der häufig schon überholte Pläne produzierte, eine sehr hohe Detailgenauigkeit aufwies, und vom Management dementsprechend nur wenig Beachtung fand. Auf Basis eines Gegenstromverfahrens (gleichzeitige An-wendung von Top-down- und Bottom-up-Planung) hat die Carl Zeiss Gruppe nun-mehr auf eine rollierende 5-Quartals-Pla-nung umgestellt. Die Planung wurde in diesem Zuge wesentlich entfeinert (Reduk-tion von ca. 150 auf 26 Budgetposten), was eine höhere Plangenauigkeit und verläss-lichere Plandaten zur Folge hatte.

Auch im Spezialforum zum Public Ma-nagement wurden aktuelle Veränderungs-projekte im Sinne eines kundenorientieren

Kunden und Markt im Fokus – mit Marketingcontrolling zum ErfolgBericht vom 24. Stuttgarter Controller-Forum

Abb.1: Abendempfang im neuen Büro von Horváth & Partners

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Controllings lebhaft diskutiert. In seinem Vortrag stellte Harro Wist (Bundesministe-rium der Verteidigung, Bonn) den interes-sierten Zuhörern vor, wie Controllingbe-richte in einem großen Bundesressort empfängerorientiert erstellt werden kön-nen. Dabei ging er nicht nur auf den Erstel-lungsprozess und die Berichtsinhalte ein, sondern erläuterte mit vielen anschau-lichen Beispielen, welchen Problemen und Herausforderungen das Controlling im Verteidigungsministerium tagtäglich aus-gesetzt ist. Zum Beispiel hängen der Stand und der Einfluss des Controllings auf Ent-scheidungen in großem Maße vom jewei-ligen Bundesminister und seinem Stab ab. Nicht unbedingt von Vorteil ist dabei, dass die Besetzung der Ämter in den letzten Jah-ren recht häufig wechselte und die Mei-nungen im Bezug auf Controllingthemen nicht immer einheitlich waren.

Einer Meinung war allerdings die Jury, die den diesjährigen Preisträger unter den Kandidaten für den Pétér Horváth-Con-trollingpreis benannte: Dr. Martin Artz (Universität Mannheim) erhielt den Preis für die beste anwendungsorientierte wis-senschaftliche Arbeit aus dem Bereich des Controllings für seine Dissertation zur Rol-le des Controllings in Marketing und Ver-trieb. Der Preis, der jährlich durch die Pétér Horváth-Stiftung gespendet wird, soll ei-nen produktiven Wissensaustausch zwi-schen Controllingpraxis und -wissenschaft fördern.

Wie in jedem Jahr hatte das Stuttgarter Controller-Forum auch einen Regionalfo-kus, der in 2010 auf den Golfstaaten lag. Zwei Vorträge widmeten sich diesem The-ma. Zum einen stellte Zaid el-Mogaddedi (Institute for Islamic Banking and Finance)

die Besonderheiten von Finanz- und Con-trollingthemen im arabischen Raum vor; zum anderen referierte Dr. Martin Haun-schild (bavAIRia e.V.) über den Aufbau eines Industrieclusters mittelständischer bayrischer Unternehmen aus Luft- und Raumfahrtindustrie in Abu Dhabi. Beide Redner gingen intensiv auf die kulturge-schichtlichen Besonderheiten in den Golf-staaten ein und stellen wesentliche Unter-schiede zwischen Europa und Arabien im Bezug auf betriebswirtschaftliche Themen (z. B. die Besonderheiten im Rahmen von Kapitalzinsen) vor.

Um das Publikum interaktiv in die ab-schließende Beurteilung zukünftig wich-tiger Controlling-Themen einzubeziehen, wurde gegen Ende der Veranstaltung eine Live-TED Abstimmung durchgeführt, de-ren Ergebnisse unmittelbar nach Abstim-mung im Plenum vorgestellt wurden. Ins-gesamt zeigten die Antworten zu den drei Live-Fragen, dass sich die Controller in den nächsten Jahren intensiv damit auseinan-dersetzen werden, die Weiterentwicklung ihrer Unternehmen in bestehenden und besonders in neuen Märkten durch ausge-reifte und effiziente Controllingsysteme und -instrumente unterstützend zu be-gleiten. Das Highlight zum Abschluss der Konferenz bestritt Dr. Michael Gross (Pea-kom GmbH), der in seinem anschaulichen Vortrag die Tagungsgäste über die Wichtig-keit des Unternehmens als Marke infor-mierte und viele aktuelle Beispiele gab, wie Controller in Marketingfragen im Unter-nehmen zu kompetenten Ansprech- und Sparringspartnern werden können.

Jochen Rehring,Vallendar

Abb. 2:Prof. Dr. Dr. h.c. mult.Horváth mit Dr. Martin Artz

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Jürgen LindauerImmobilien und SteuernKompakte Darstellung für die Praxis

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