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„Handelszeitung“; Rubrik „Chefsache“ vom 13. August 2008 Chefs aus Passion Es gibt zu viele Beispiele, wie mächtige Egos und selbstzufriedene Konzernleitungen oder einzelne, ausser Kontrolle geratene Abteilungen ein Unternehmen an den Rand des Abgrundes führen. Manchmal sind davon ganze Branchen betroffen, vor allem dann, wenn sie darüber hinaus ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Wir wollen niemandem unterstellen, dass er mit böser Absicht oder sogar krimineller Energie ein Unternehmen in Schieflage bringen will. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich mächtige Egos häufig gegen die Interessen ihres Unternehmens und für ihren eigenen Vorteil entscheiden, denn der Liebesentzug durch die Börse kommt für sie einem Todesurteil gleich. Deshalb tun sie alles, um den schönen Schein so lange wie möglich zu wahren, auch wenn hinter der gepflegten Fassade bereits die morschen Balken brechen. Warum kommt es immer wieder zu solch dramatischen Abstürzen? Die Antwort ist eine einfache: Es liegt immer an den handelnden Personen, an ihren Einstellungen und Werten. Häufig sind die Manager überfordert oder fremdbestimmt durch den Druck der Börse und die Ansprüche der Aktionäre. Bei einer auftretenden Krise fürchten sie um ihre sorgsam gepflegte Unfehlbarkeit, weshalb sie Risiken gerne ausblenden oder gar nichts unternehmen, in der Hoffnung, das Unwetter ziehe rasch vorüber. Viele Manager haben ein statisches Selbstbild. Sie definieren sich über ihre Eigenschaften, die ihnen bisher Erfolg gebracht haben. Sie entwickeln sich nicht mehr weiter, weil ansonsten ihr Weltbild ins Wanken geriete. Hinter ihrem häufig demonstrativ zur Schau gestellten Selbstbewusstsein lauert immer die Angst: Wenn ich nur jemand bin, wenn ich Erfolg habe – wer bin ich dann, wenn ich keinen Erfolg habe? Die öffentliche Berichterstattung in Schönwetterphasen und der rote Teppich, der überall für sie ausgerollt wird, verstärken das falsche Bild, das sich viele Manager von sich selbst machen. Wir alle lassen uns zu gerne von Hierarchien und Funktionen beeindrucken, wo wir besser den Blick auf die Qualitäten und Werte des Menschen richten würden, der diese Position innehat. Wer in der Wirtschaft – und auch in der Politik – an der Spitze stehen sollte, sind Chefs aus Passion, die diszipliniert denken und handeln, die eine klare Meinung vertreten und Verantwortung übernehmen. Wie man sie erkennt? Die wirklichen Führungskräfte erkennt man an ihren Taten, die Manager an ihrem Getue. Martin Zenhäusern, Inhaber Zenhäusern & Partner AG, Zürich. Autor von „Chef aus Passion“.

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Martin Zenhäusern, Inhaber Zenhäusern & Partner AG, Zürich. Autor von „Chef aus Passion“.

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„Handelszeitung“; Rubrik „Chefsache“ vom 13. August 2008

Chefs aus Passion Es gibt zu viele Beispiele, wie mächtige Egos und selbstzufriedene Konzernleitungen oder einzelne, ausser Kontrolle geratene Abteilungen ein Unternehmen an den Rand des Abgrundes führen. Manchmal sind davon ganze Branchen betroffen, vor allem dann, wenn sie darüber hinaus ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Wir wollen niemandem unterstellen, dass er mit böser Absicht oder sogar krimineller Energie ein Unternehmen in Schieflage bringen will. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich mächtige Egos häufig gegen die Interessen ihres Unternehmens und für ihren eigenen Vorteil entscheiden, denn der Liebesentzug durch die Börse kommt für sie einem Todesurteil gleich. Deshalb tun sie alles, um den schönen Schein so lange wie möglich zu wahren, auch wenn hinter der gepflegten Fassade bereits die morschen Balken brechen. Warum kommt es immer wieder zu solch dramatischen Abstürzen? Die Antwort ist eine einfache: Es liegt immer an den handelnden Personen, an ihren Einstellungen und Werten. Häufig sind die Manager überfordert oder fremdbestimmt durch den Druck der Börse und die Ansprüche der Aktionäre. Bei einer auftretenden Krise fürchten sie um ihre sorgsam gepflegte Unfehlbarkeit, weshalb sie Risiken gerne ausblenden oder gar nichts unternehmen, in der Hoffnung, das Unwetter ziehe rasch vorüber. Viele Manager haben ein statisches Selbstbild. Sie definieren sich über ihre Eigenschaften, die ihnen bisher Erfolg gebracht haben. Sie entwickeln sich nicht mehr weiter, weil ansonsten ihr Weltbild ins Wanken geriete. Hinter ihrem häufig demonstrativ zur Schau gestellten Selbstbewusstsein lauert immer die Angst: Wenn ich nur jemand bin, wenn ich Erfolg habe – wer bin ich dann, wenn ich keinen Erfolg habe? Die öffentliche Berichterstattung in Schönwetterphasen und der rote Teppich, der überall für sie ausgerollt wird, verstärken das falsche Bild, das sich viele Manager von sich selbst machen. Wir alle lassen uns zu gerne von Hierarchien und Funktionen beeindrucken, wo wir besser den Blick auf die Qualitäten und Werte des Menschen richten würden, der diese Position innehat. Wer in der Wirtschaft – und auch in der Politik – an der Spitze stehen sollte, sind Chefs aus Passion, die diszipliniert denken und handeln, die eine klare Meinung vertreten und Verantwortung übernehmen. Wie man sie erkennt? Die wirklichen Führungskräfte erkennt man an ihren Taten, die Manager an ihrem Getue.

Martin Zenhäusern, Inhaber Zenhäusern & Partner AG, Zürich. Autor von „Chef aus Passion“.