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Computerunterstütztes kooperatives Lernen (CSCL) Prof. Dr.-Ing. Jörg M. Haake Kurs 01883 LESEPROBE

Kurs 01883 Computerunterstütztes kooperatives Lernen … · ... und soll Erfahrung in der ... des CSCL aus Lern- und kommunikations-psychologischer Sicht sowie aus ... kooperativem

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Computerunterstütztes kooperatives Lernen (CSCL)

Prof. Dr.-Ing. Jörg M. Haake

Kurs 01883

LESEPROBE

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halten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne

schriftliche Genehmigung der FernUniversitat reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,

vervielfaltigt oder verbreitet werden.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 1

Inhaltsverzeichnis

Überblick ............................................................................................................ 2 

Lernziele ............................................................................................................. 5 

Bearbeitungshinweise ........................................................................................ 6 

1  Einleitung und Grundlagen ........................................................................ 7 

1.1  Einleitung und Terminologie für CSCL .................................................. 7 

1.1.1  Der Begriff CSCL .............................................................................................. 7 

1.1.2  Formen des CSCL ............................................................................................. 8 

1.2  Praxisbeispiel: CSCL an der FernUniversität ........................................ 10 

1.2.1  CSCL an der FernUniversität ......................................................................... 10 

1.2.2  Herausforderungen aus wissenschaftlicher Sicht ........................................ 10 

1.2.3  Herausforderungen aus anwendungsbezogener Sicht ................................ 11 

1.3  Theorien des CSCL ................................................................................ 12 

1.4  Forschungsmethoden ............................................................................ 13 

1.5  Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen ..................... 14 

1.6  Pädagogische und didaktische Grundlagen .......................................... 15 

1.7  Gruppen und Gruppenarbeit ................................................................. 16 

1.8  Zusammenfassung ................................................................................. 17 

1.9  Schlußbemerkungen und Ausblick ....................................................... 34 

1.10 Literaturverzeichnis ............................................................................... 35 

Überblick 2

Überblick

Der Kurs 1883 CSCL: Computerunterstütztes kooperatives Lernen bietet eine an-wendungsorientierte Einführung in das Forschungsgebiet CSCL (Computer Supported Collaborative Learning) und soll Erfahrung in der selbstständigen Ein-arbeitung in ein interdisziplinäres Forschungsgebiet vermitteln. Die Informatik betrachtet CSCL aus der Perspektive einer Anwendungsdomäne für Computerun-terstützung. Hierbei geht es also darum, die Anforderungen, die die Durchführung von kooperativen Lernsituationen stellt, durch Computerunterstützung (d.h. durch IT-Systeme bestehend aus Hardware und Software, die in eine Anwenderorgani-sation eingebettet sind und von ihr betrieben werden) zu erfüllen.

Bei CSCL geht es primär um das Lernen in Gruppen. Die Pädagogik beschäftigt sich z.B. mit dem Phänomen des Lernens bzw. der Gestaltung effektiver Lernsitu-ationen aus der Sicht von Lehrenden und Lernenden. Die Kognitions- bzw. Lern-psychologie beschäftigt sich dagegen u.a. mit dem Phänomen des Lernens aus der Sicht der dabei auftretenden individuellen geistigen Verarbeitungsschritte und so-zialen Prozesse. Diese Disziplinen sind deshalb besonders geeignet, die Definition von Anforderungen an die Unterstützung von kooperativen Lernsituationen sowie die Entwicklung geeigneter Unterstützungsmechanismen und -vorgehensweisen zu unterstützen. So kann man z.B. auf Lerntheorien und Fachdidaktiken zurück-greifen, um die (theoretische) Wirkungsweise einer geplanten Computerunterstüt-zung abzuschätzen. Deshalb erfordert das Forschungsgebiet CSCL eine Zusam-menarbeit verschiedener Fachdisziplinen. Es ist ein Paradebeispiel für ein interdisziplinäres Forschungsgebiet.

Ein Lernziel dieses Kurses auf Master-Niveau ist es, sie mit der Einarbeitung in ein interdisziplinäres Fachgebiet vertraut zu machen. Dazu gehört es insbesonde-re, Fachbeiträge verschiedener Disziplinen lesen zu können und die (üblicherwei-se uneinheitliche) Verwendung der Terminologie in verschiedenen Disziplinen bzw. Beiträgen auf ein gemeinsames Begriffsverständnis abbilden zu können. Da diese Fähigkeit nur durch den Lerner mittels praktischen Übens erworben werden kann, benutzen wir in diesem Kurs als Grundlage das Buch

CSCL-Kompendium 2.0

Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten kooperativen Lernen

J. Haake, G. Schwabe, M. Wessner (Hrsg.)

Oldenbourg Verlag, München, 2012.

Aus dem Buch haben wir für diesen Kurs eine Auswahl getroffen, und, wo not-wendig, Ergänzungen vorgenommen. Der Lernaufwand für diesen Kurs (150 Stunden entsprechen 5 ECTS) verteilt sich auf das Lesen der (kurzen) Kurseinhei-ten, das Durcharbeiten der empfohlenen Kapitel des Buches, die eigenständige Zusammenfassung der Kapitel inkl. des selbstständigen Aufbaus einer konsisten-ten Terminologie bzw. Begriffsverständnisses, das Überprüfen der Lernerfolge

Überblick 3

mittels Einsendeaufgaben (Multiple-Choice Tests) und ggf. Korrektur falschen Verständnisses sowie der Vorbereitung auf die mündliche Fachprüfung bzw. mündliche Leistungsnachweis-Prüfung.

Der Kurs besteht aus 4 Kurseinheiten, die sich mit den folgenden Themen be-schäftigen:

KE 1: Einleitung, Überblick und Grundlagen

KE 2: Informatikgrundlagen und Werkzeuge für CSCL

KE 3: Didaktische Konzepte für CSCL

KE 4: Umsetzungen und Perspektiven von CSCL

In der ersten Kurseinheit werden ausgehend von einer Einführung in das For-schungsgebiet CSCL und einem Praxisbeispiel für CSCL an der FernUniversität die Grundlagen für kooperatives Lernen gelegt. Beginnend mit einer Darstellung der Theorien des CSCL und der gängigen Forschungsmethoden im CSCL betrach-ten wir anschließend die Grundlagen des CSCL aus Lern- und kommunikations-psychologischer Sicht sowie aus pädagogischer und didaktischer Sicht. Abschlie-ßend betrachten wir die Eigenschaften von Gruppen und Gruppenarbeit und fassen die wesentlichen Ergebnisse zusammen.

In der zweiten Kurseinheit werden zuerst die Informatikgrundlagen für CSCL be-handelt: IT-Architekturen und Infrastrukturen sowie Mensch-Computer-Interaktion. Danach betrachten wir verschiedene Klassen von Werkzeugen für CSCL: Kommunikation und Awareness, Web 2.0, Werkzeuge für die Kooperation in kleineren und größeren Lerngruppen sowie kooperative Lernräume. Zum Ab-schluss dient das Praxisbeispiel des kreativitätsbasierten Lernens zur Anwen-dung/Illustration der Konzepte.

In der dritten Kurseinheit werden didaktische Konzepte für CSCL behandelt. Da-zu betrachten wir zuerst Lerngruppen und die didaktische Konzeption von Lernar-rangements bevor wir auf die besonderen Anforderungen der Motivation compu-tergestützten kooperativen Lernens und der Medienwahl für CSCL eingehen. Schließlich behandeln wir drei verschiedene didaktische Konzepte für CSCL ge-nauer: CSCL-Skripts, Problembasiertes Lernen und Community-orientiertes Ler-nen. In zwei Praxisbeispielen werden Realisierung und Konsequenzen von didak-tischen Konzepten für CSCL verdeutlicht.

In der vierten Kurseinheit werden schließlich die Umsetzung und Perspektiven von CSCL behandelt. Dazu beginnen wir bzgl. der Umsetzung mit einer genaue-ren Betrachtung von CSCL-Plattformen, dem Entwicklungsprozess und der Rolle des Datenschutzes für CSCL. Das Praxisbeispiel VMT dient der Illustration einer

Überblick 4

konkreten Umsetzung von CSCL. Die Diskussion der Perspektiven von CSCL schließt die Kurseinheit und den Kurs ab.

Aus dieser Inhaltsübersicht wird deutlich, dass der Kurs weder eine Schulung in einer konkreten CSCL-Umgebung bzw. -Plattform darstellt, noch das Design und die Implementierung von CSCL-Werkzeugen behandelt. Stattdessen wird ver-sucht, den Belegern einen Überblick über das Forschungsgebiet CSCL zu vermit-teln sowie die grundlegenden Bestandteile von CSCL-Umgebungen und ihrer Anwendbarkeit, Wirkungen und Potentiale zu vermitteln. Wenn Sie an weiterge-henden Fragen zu CSCL interessiert sind, bieten die anderen Kapitel im CSCL-Kompendium 2.0 einen guten Einstieg zur Behandlung dieser Fragen.

In dieser Kurseinheit geben wir zuerst eine Einführung in „Computer-Supported Collaborative Learning“ und die dort verwendete Terminologie. Danach verdeut-lichen wir den Einsatz von CSCL an einem Beispiel. Im Folgenden behandeln wir dann die interdisziplinären Grundlagen von CSCL. Ausgehend von einer Darstel-lung der Theorien des CSCL, die ja die Grundlage unseres Verständnisses des Phänomens „CSCL“ bilden, und der gängigen Forschungsmethoden im CSCL be-trachten wir dann die Grundlagen des CSCL aus Lern- und kommunikationspsy-chologischer Sicht sowie aus pädagogischer und didaktischer Sicht. Zum Ab-schluss betrachten wir die Eigenschaften von Gruppen und Gruppenarbeit und fassen die wesentlichen Ergebnisse zusammen. Wie sie sicher feststellen, fehlen bis hier die Informatikgrundlagen – diese werden in der zweiten Kurseinheit be-handelt.

Lernziele 5

Lernziele

Mit der vorliegenden Kurseinheit wird das Lernziel verfolgt, Ihnen einen fundier-

ten Überblick über die Grundlagen des computerunterstützten kooperativen Ler-

nens (CSCL) zu vermitteln, die für das Verständnis der nachfolgenden Kursein-

heiten von zentraler Bedeutung sind.

Nachdem Sie die vorliegende Kurseinheit durchgearbeitet haben, sollten Sie

die spezifische Terminologie für CSCL kennen (Abschnitt 1.1);

ein Beispiel für den Einsatz von CSCL kennen (Beitrag 5.6) und die daraus re-

sultierenden Herausforderungen aus wissenschaftlicher und anwendungsbezo-

gener Sicht wiedergeben können (Abschnitt 1.2);

die für CSCL relevanten Theorien kennen und deren Hauptaussagen bzw. Be-

schreibungsebene und Konzepte beschreiben bzw. vergleichen können (Ab-

schnitt 1.3);

die für CSCL relevanten Forschungsmethoden kennen und bzgl. Ihrer Eignung

zur Beantwortung einer Forschungsfrage einschätzen können. Ebenso sollten

sie einige Zusammenhänge zwischen CSCL-Theorien und Forschungsmetho-

den im CSCL wiedergeben können (Abschnitt 1.4);

die für CSCL relevanten lern- und kommunikationspsychologischen Grundla-

gen und ihre Implikationen für die Gestaltung eines CSCL-Systems kennen

und wiedergeben können (Abschnitt 1.5);

die für CSCL relevanten pädagogischen und didaktischen Grundlagen kennen

und insbesondere die für die Gestaltung von CSCL wichtigen Konzepte (z.B.

Selbstregulation, gemäßigter Konstruktivismus, grundlegende didaktische An-

sätze, prozessorientiertes Lehren und Lernen) sowie ihren Einfluss auf die Ge-

staltung von CSCL wiedergeben können (Abschnitt 1.6); und

die für CSCL relevanten Eigenschaften von Gruppen und Gruppenarbeit ken-

nen (Abschnitt 1.7). Insbesondere sollten Sie den Einfluss der Gruppenstruk-

tur, Einflussfaktoren der Gruppenproduktivität und der Gruppenzugehörigkeit

sowie der Gruppenentwicklung und Gruppenleitung darstellen und die Impli-

kationen für die Gestaltung von CSCL-Systemen benennen können.

1 Ziele und Aufbau des Lehrbriefs 6

Bearbeitungshinweise

Bearbeiten Sie die folgenden Abschnitte der Reihe nach. In manchen Abschnitten werden Sie zum Lesen genau spezifizierter Beiträge des Buches CSCL-Kompendium 2.0 aufgefordert. Dabei werden Leitfragen vorgegeben, die Ihnen bei der Identifikation der wichtigsten Konzepte helfen sollen. Lesen Sie die an-gegebenen Beiträge, skizzieren Sie Antworten zu den Leitragen, und fassen Sie die bearbeiteten Beiträge zusammen. Die Kurseinheit wird durch eine Zusammen-fassung und den Literaturnachweis abgeschlossen.

Für das Durcharbeiten des Stoffs dieser Kurseinheit sind etwa 30 Stunden Ar-beitszeit innerhalb eines Bearbeitungszeitraums von 4 Wochen vorgesehen. Diese verteilen sich auf

das Lesen dieses Begleittextes (etwa 1-2 Stunden);

das Lesen und Erarbeiten der angegebenen sechs Beiträge des CSCL-Kompendiums 2.0 (72 Buchseiten), inkl. der Beantwortung der zum jewei-ligen Beitrag angegebenen Leitfragen und der Teilnahme an den Diskussi-onen zu den Leitfragen bzw. den von Ihnen oder Ihren Kommilitonen vor-geschlagenen Lösungen (etwa 10-16 Stunden);

das Bearbeiten des zugehörigen Übungsheftes in WebAssign inkl. Nach-schlagen im Buch bzw. den Zusammenfassungen und der Teilnahme an den Diskussionen zu den Aufgaben bzw. den von Ihnen oder Ihren Kom-militonen vorgeschlagenen Lösungen (etwa 2-6 Stunden); und

das Wiederholen des Stoffs zur Prüfungsvorbereitung anhand Ihrer Zusammenfassungen der Beiträge, Antwortskizzen zu den Leitfragen und den Lösungen der Übungsaufgaben (ca. 6 Stunden, im Zeitraum vor dem geplanten Prüfungstermin).

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 7

1 Einleitung und Grundlagen

1.1 Einleitung und Terminologie für CSCL

1.1.1 Der Begriff CSCL

Der Begriff CSCL ist nicht eindeutig festgelegt. Insbesondere das zweite C wird sehr verschieden ausgelegt. Es steht für collaborative, cooperative, collective, bisweilen auch competitive oder conversational (Koschmann 1996; Koschmann, Hall, Miyake 2002). Weit verbreitet sind die Begriffe kollaboratives Lernen und kooperatives Lernen. Während einige Autoren in diesem Zusammenhang kollaborativ und kooperativ gleichbedeutend verwenden, differenzieren andere zwischen diesen Bezeichnungen. So wird kollaborativ meist verwendet, wenn ein gemeinsames, von allen am Lernprozess Beteiligten geteiltes Ziel vorliegt bzw. großer Wert auf das Aushandeln gemeinsamer Ziele, Prozesse und Ergebnisse ge-legt wird. Kooperativ weist häufig auf eine Strukturierung des Lernprozesses durch Rollen und bestimmte Kooperationsmethoden hin.

Auch im vorliegenden CSCL-Kompendium 2.0 stehen verschiedene Interpretatio-nen und Sichtweisen von CSCL nebeneinander. Als kleinsten gemeinsamen Nen-ner und Oberbegriff verstehen wir unter kooperativem Lernen das gemeinsame Lernen in einer Gruppe oder Community, bei dem die Mitglieder gemeinsam Wissen erarbeiten und erwerben. Unter CSCL (Computer Supported Collaborati-ve/Cooperative Learning) verstehen wir kooperatives Lernen, welches durch den Einsatz von Informatiksystemen (d.h. vernetzte Computer und Software) unter-stützt wird.

CSCL ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet. Beim Planen und Durchführen von computerunterstütztem kooperativem Lernen spielen Aspekte aus verschiede-nen Disziplinen eine Rolle:

der Psychologie (z.B. Wie lernen Menschen?),

der Pädagogik (z.B. Welche Gegenstände und welche Lehr-

/Lernmethoden eignen sich für das computerunterstützte kooperative

Lernen?),

der Soziologie und Kommunikationswissenschaft (z.B. Wie kann die

Gruppenbildung, Kommunikation und Kooperation in verteilten Lern-

gruppen gefördert werden?) und

der Informatik (z.B. Wie lassen sich Informatiksysteme für das computer-

unterstützte kooperative Lernen effizient entwickeln? Welche Werkzeuge

können zur Förderung des kooperativen Lernens realisiert werden?).

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 8

Ohne fachübergreifende Zusammenarbeit lässt sich das komplexe Forschungsge-

biet CSCL nicht Erfolg versprechend bearbeiten. Diese Interdisziplinarität zeigt

sich folgerichtig auch in den unterschiedlichen Arbeitsgebieten der Teilnehmer

nationaler und internationaler Tagungen zum Thema CSCL.

1.1.2 Formen des CSCL

(Computerunterstütztes) Kooperatives Lernen findet in einer Vielzahl von Formen und Anwendungsgebieten statt. Um zu einer konkreten Realisierung computerun-terstützten kooperativen Lernens zu gelangen - sei es durch die Anpassung exis-tierender Werkzeuge und Konzepte oder durch die Entwicklung neuer Lösungen - ist die Betrachtung der Dimensionen und Erscheinungsformen kooperativen Ler-nens sinnvoll (vgl. Wessner 2001).

Eine grundlegende Klassifikation von CSCL baut auf der aus dem Forschungsge-biet CSCW (Computer-Supported Cooperative Work) bekannten Raum-Zeit-Matrix auf (vgl. Grudin 1994). Kooperatives Lernen kann am selben Ort (ko-präsentes kooperatives Lernen, z.B. im Klassenzimmer) oder an verschiedenen Orten (verteiltes kooperatives Lernen, z.B. unter Nutzung einer CSCL-Plattform in einer verteilten Vorlesung) stattfinden. Kooperatives Lernen kann synchron (al-le Gruppenmitglieder nehmen gleichzeitig daran teil) oder asynchron (die Grup-penmitglieder lernen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und kommunizieren mit asynchronen Medien, z.B. Mail, Diskussionsforen) erfolgen (vgl. Abbildung 1).

gleicher Ort verschiedener Ort

Gleiche Zeit (synchron) z.B. Computerunterstütztes Klassenzimmer

z.B. Televorlesung

Verschiedene Zeit (asynchron)

z.B. digitale Post-it beim mobilen Lernen

z.B. Diskussionsforum

Abb. 1: Raum-Zeit-Matrix für CSCL

In der Praxis besteht kooperatives Lernen häufig aus einer Mischung der oben ge-nannten Situationen bzw. Szenarien, z.B. beim so genannten „Blended Learning“. Blended Learning meint hier die Mischung von Präsenzlernphasen (d.h. alle Ler-ner im selben Raum, zur selben Zeit) und Distanzlernphasen (d.h. Lerner an ver-schiedenen Orten lernen zur selben oder zu verschiedenen Zeiten).

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 9

Neben der Klassifikation nach Raum und Zeit lässt sich der Einsatz von CSCL nach weiteren Dimensionen differenzieren, z.B. (vgl. Wessner 2001):

Symmetrie: Tauschen Personen mit vergleichbaren aber heterogenen Wis-sensniveaus ihr Wissen aus oder liegt ein starkes Wissensgefälle vor?

Direktivität: Wird der Lernprozess durch bestimmte Personen (oder Pro-gramme) angeleitet und betreut oder agiert die Gruppe als sich selbst orga-nisierende Einheit?

Dauer: Bildet sich die Gruppe spontan für kurze Zeit oder soll über länge-re Zeit und in mehreren Phasen ein Lehrstoff gemeinsam bearbeitet wer-den?

Ziel: Soll am Ende des Lernprozesses jeder Beteiligte einzeln oder die Gruppe als Ganzes über das Wissen verfügen? Geht es um das Zusammen-tragen von Informationen, das Anwenden und Vertiefen von Kompetenzen oder das Herausbilden eines gemeinsamen Verständnisses?

Gruppengröße: Wie viele Personen nehmen teil? Das Spektrum reicht von Lernpaaren bis zu Gemeinschaften mit potenziell beliebig vielen Mitglie-dern.

In Abhängigkeit von den Ausprägungen dieser Dimensionen können für ein kon-kretes Anwendungsszenario Konzepte, Methoden und Werkzeuge ausgewählt werden, um die Realisierung dieses Szenarios zu unterstützen. Weiterhin kann kooperatives Lernen in den verschiedenen Alterstufen und Sektoren des Bil-dungswesens zum Einsatz kommen. Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Schule, Hochschule, berufliche Aus- und Weiterbildung sowie Erwachsenenbildung stel-len jeweils eigene Anforderungen an die Gestaltung des CSCL.

In diesem Kurs fokussieren wir auf das rechnergestützte kooperative Lernen, im Unterschied zum individuellen E-Learning mit CBT (computer-based training) oder WBT (web-based training). Aber selbstverständlich spielen beim kooperati-ven Lernen auch individuelle Lernphasen eine Rolle.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 10

1.2 Praxisbeispiel: CSCL an der FernUniversität

Zu Beginn des Kurses wollen wir uns das Spektrum von CSCL an der FernUni-versität ansehen, bevor wir ein Praxisbeispiel von CSCL an der FernUniversität im Fach Informatik genauer betrachten: die kooperativen Übungsgruppen. Im An-schluss diskutieren wir einige der sich aus diesem Beispiel ergebenden Herausfor-derungen an CSCL.

1.2.1 CSCL an der FernUniversität

Lesen Sie den Beitrag 5.6 CSCL an der FernUniversität (S. 425-433) im CSCL-Kompendium 2.0. Lassen Sie sich dabei nicht zu sehr von den angegebenen Lite-raturquellen und Verweisen auf andere Beiträge im Buch verwirren – viele dieser Beiträge werden wir später noch lesen.

Hinweis: ein CSCL-Skript definiert die Rollen und Aktivitäten der Lerner (d.h. zulässige Folgen von Aktionen der Gruppenteilnehmer auf den gemeinsamen Do-kumenten bzw. mit den bereit gestellten Werkzeugen in der Lernumgebung). Am einfachsten kann ein Skript durch Instruktionen für die Lerner realisiert werden – allerdings können die Lerner dann die Anweisungen auch ignorieren. Ein compu-terunterstütztes CSCL-Skript wird dagegen durch die Lernumgebung ausgeführt – d.h. die Lerner bekommen nicht nur angezeigt, was sie tun können, sondern wer-den auch an der Durchführung von - im aktuellen Zustand verbotenen - Aktionen gehindert. Die Anleitung bzw. Hilfestellung der Lerner resultiert deshalb in einem Verlust an Handlungsfreiheit.

Bei der Bearbeitung von Beitrag 5.6 sollen Ihnen die folgenden Fragen eine Hilfe bei der Identifikation der wichtigsten Aussagen geben:

1. Versuchen Sie, das Beispiel der kooperativen Übungsgruppen gemäß der bisher kennen gelernten Dimensionen (Symmetrie, Direktivität, Dauer, Ziel, Gruppengröße) zu charakterisieren.

2. Welche Lernziele werden in dem Beispiel der kooperativen Übungsgrup-pen definiert, und mit welchem didaktischen Vorgehen werden diese zu erreichen versucht?

3. Woraus besteht die computerunterstützte Lernumgebung zur Unterstüt-zung der kooperativen Übungsgruppen, und wie unterstützt diese Lernum-gebung das didaktische Vorgehen?

1.2.2 Herausforderungen aus wissenschaftlicher Sicht

Aus wissenschaftlicher Sicht stellt sich zunächst einmal die Frage nach einem Vokabular bzw. nach Konzepten, die zur Beschreibung des Phänomens des ko-operativen Lernens in kooperativen Übungsgruppen geeignet ist. Denn erst, wenn man eigene Beobachtungen beschreiben kann, kann man diese kommunizieren

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 11

und analysieren. Geeignete grundlegende Konzepte können wir hierfür aus den gängigen Theorien des CSCL entnehmen, denn diese versuchen ja, das Phänomen des CSCL zu erklären. Im nächsten Abschnitt 1.3 (s.u.) wollen wir solche Theo-rien und ihre Einschränkungen genauer kennen lernen.

Weiterhin stellt sich in jeder Wissenschaft die Frage nach geeigneten Methoden für Erkenntnisgewinn. Welche Arten von Erkenntnissen sind im CSCL relevant? Und welche Forschungsmethoden sind hierfür geeignet? Im Abschnitt 1.4 (s.u.) beschäftigen wir uns deshalb mit den gängigen Forschungsmethoden im CSCL.

1.2.3 Herausforderungen aus anwendungsbezogener Sicht

Aus Sicht der Anwender von CSCL stellen sich z.B. Fragen nach der konkreten Gestaltung von CSCL-Arrangements (d.h. nach der Gestaltung von didaktischen Abläufen/Instruktionen für CSCL und der für ihre Durchführung geeigneten Lernumgebungen). CSCL-Theorien, die CSCL-Phänomene erklären, können eine Quelle der Inspiration für Gestaltungsregeln für CSCL-Arrangements darstellen. Hilfreicher für die Anwendung sind allerdings Gestaltungsmethoden (d.h. konkre-te Handlungsvorschriften/Abläufe), die man zur Gestaltung effektiver oder effizi-enter CSCL-Arrangements anwenden kann. Wir werden uns später mit solchen Gestaltungsmethoden beschäftigen, und zwar in KE 3 mit didaktischen Konzepten für die Gestaltung von CSCL-Arrangements sowie in KE 4 mit dem Entwick-lungsprozess für CSCL-Anwendungen.

Neben der Gestaltung eines CSCL-Arrangements für bestimmte Lernziele ist auch die Evaluation von CSCL-Arrangements eine große Herausforderung. Denn erst wenn man überprüfen kann, ob ein CSCL-Arrangement überhaupt zuverlässig die Lernziele unter bestimmten Bedingungen erreichen hilft, kann man von Effektivi-tät sprechen. Demgegenüber verlangt Effizienz zusätzlich das Erreichen des Lern-erfolgs mit begrenztem Aufwand. Im CSCL-Kompendium 2.0 wird die Evaluati-on von CSCL-Arrangements an vielen Stellen diskutiert, z.B. im Beitrag zu Forschungsmethoden und in den Praxisbeispielen.

4. Was wird z.B. im Beispiel der kooperativen Übungsgruppen, siehe Beitrag 5.6, evaluiert?

Nach dem Durcharbeiten dieses Abschnitts sollten Sie ein Beispiel für den Einsatz von CSCL kennen und die daraus resultierenden Herausforderungen aus wissen-schaftlicher und anwendungsbezogener Sicht wiedergeben können.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 12

1.3 Theorien des CSCL

Lesen Sie den Beitrag 1.3 Theorien des CSCL (S. 16-30) im CSCL-Kompendium 2.0. Dabei sollen Ihnen die folgenden Fragen eine Hilfe bei der Identifikation der wichtigsten Aussagen geben:

1. Theorien dienen der Erklärung von beobachtbaren Phänomenen. Dazu werden (für die Erklärung notwendige) relevante Konzepte (sogenannte Analyseeinheiten: z.B. Individuum, Gruppe, Gesellschaft) und ihre Bezie-hungen identifiziert. Betrachten Sie für jede der in den Abschnitten 3 und 4 vorgestellten Theorien, welches Phänomen studiert wird und mit wel-chen Analyseeinheiten diese Theorien das Phänomen zu erklären suchen. Inwieweit ist die jeweilige Theorie zur Erklärung des Phänomens CSCL geeignet? Wo liegen ggf. Defizite?

2. Im Beitrag 1.3 werden drei Klassen von Theorien detaillierter vorgestellt: Theorien der individuellen Kognition im CSCL (Abschnitt 5), Theorien der Kognition von Gemeinschaften im CSCL (Abschnitt 6) und Theorien der Kognition von Kleingruppen im CSCL (Abschnitt 7). Welche Phäno-mene werden dort erklärt, und mit welchen Analyseeinheiten suchen diese Theorien das Phänomen zu erklären? Welche dieser drei Klassen von The-orien ist angemessen, um das Phänomen des kooperativen Lernens in un-serem vorherigen Beispiel der kooperativen Übungsgruppen zu erklären?

3. Zum Abschluss wird in Abschnitt 8 des Beitrags über die Theorievielfalt im CSCL gesprochen: warum gibt es so viele Theorien im CSCL? Genügt zum Verständnis von CSCL derzeit eine einzige Theorie – und falls nicht, welche Probleme können sich bei der Kombination verschiedener Theo-rien ergeben?

Nach dem Durcharbeiten dieses Beitrags sollten Sie die für CSCL relevanten Theorien kennen und deren Hauptaussagen bzw. Beschreibungsebene und Kon-zepte (Analyseeinheiten) beschreiben bzw. vergleichen können.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 13

1.4 Forschungsmethoden

Nachdem wir nun die für CSCL relevanten Theorien kennengelernt haben wollen wir uns nun näher mit den Forschungsmethoden auseinandersetzen, die zum Er-kenntnisgewinn im CSCL eingesetzt werden. Dazu lesen Sie den Beitrag 1.2 For-schungsmethoden (S. 6-15) im CSCL-Kompendium 2.0. Dabei sollen Ihnen die folgenden Fragen eine Hilfe bei der Identifikation der wichtigsten Aussagen ge-ben:

1. Welche beiden wesentlichen Klassen von Methoden werden im Beitrag unterschieden? Was ist das Ziel der Methoden in diesen Klassen, welche Art von Aussagen lassen sich mit der jeweiligen Klasse von Methoden er-zielen?

2. Welche Art von CSCL-Phänomen lässt sich mit den vorgestellten Metho-den untersuchen? Geben Sie dazu Beispiele für passende CSCL-Phänomene und Untersuchungsfragestellungen. Was wird im Beispiel der kooperativen Übungsgruppen, siehe Beitrag 5.6, mit welchen Methoden evaluiert?

3. Zur Überprüfung von Theorien testet man die Vorhersagekraft der Theorie durch Beobachtung der Realität. Dabei wird geprüft, ob sich die vorherge-sagten Phänomene dort tatsächlich beobachten lassen. Inwieweit beein-flusst die zu testende Theorie die zur Überprüfung eingesetzten For-schungsmethode? Suchen Sie sich eine Theorie aus (z.B. die Gruppenkognitionstheorie, Bei-trag 1.3, S. 27-28, nach der eine Gruppe in einem gemeinsamen Dialog-raum durch Team-Interaktion eine Gruppenleistung erbringt, die nicht ei-nem einzelnen Individuum zugerechnet oder auf eine Sequenz von Einzelbeiträgen reduziert werden kann) und geben Sie ein Beispiel dafür, was in diesem Fall durch die zu testende Theorie für eine von Ihnen vor-geschlagene Forschungsfrage (z.B. findet in einem Team überhaupt eine Gruppenkognition statt?) und dazu passende Forschungsmethode festge-legt wird. Passt zur Beantwortung der Forschungsfrage besser eine quanti-tative oder eine qualitative Forschungsmethode? Wodurch werden die zu betrachtenden Analyseeinheiten festgelegt/beeinflusst?

Nach dem Durcharbeiten dieses Beitrags sollten Sie die für CSCL relevanten For-schungsmethoden kennen und bzgl. Ihrer Eignung zur Beantwortung einer For-schungsfrage einschätzen können. Ebenso sollten sie einige Zusammenhänge zwi-schen CSCL-Theorien und Forschungsmethoden im CSCL wiedergeben können.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 14

1.5 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

Nachdem wir uns zuerst mit den erkenntnistheoretischen Grundlagen des CSCL (Theorien und Forschungsmethoden) beschäftigt haben, wollen wir uns nun mit den für CSCL relevanten Grundlagen aus der Psychologie und danach aus der Pä-dagogik (Abschnitt 1.6) und Soziologie (Abschnitt 1.7) auseinandersetzen. Lesen Sie dazu den Beitrag 1.4 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen (S. 31-42) im CSCL-Kompendium 2.0. Dabei sollen Ihnen die folgenden Fragen eine Hilfe bei der Identifikation der wichtigsten Aussagen geben:

1. Im Beitrag 1.4 wird in Abschnitt 2 der deutsche Begriff der „Lerntheorie“ eingeführt und über dessen Verwendung in vielen Publikationen zum CSCL gesprochen. Worin liegt das geschilderte Problem?

2. Was meint der Begriff der „Kognitiven Wende“? Warum stellt implizites Wissen ein besonderes Problem für die Unterstützung in CSCL-Systemen dar?

3. Der „Konstruktivismus“ wird oft als Grundlage der Gestaltung von CSCL-Arrangements genutzt. Skizzieren Sie die Kernidee des Konstruktivismus. Inwieweit unterscheidet sich die Theorien des situierten Lernens vom Konstruktivismus?

4. Wie lässt sich die menschliche Kommunikation nach Schulz von Thun charakterisieren, inwieweit besteht hier ein Zusammenhang zum Kon-struktivismus? Was sagt uns das Modell von Schulz von Thun über die benötigte Unterstützung in einem CSCL-System?

5. Was ist die Grundaussage der Kommunikationstheorie von Clark? Welche Hinweise für die Gestaltung eines CSCL-Systems lassen sich daraus ablei-ten?

Nach dem Durcharbeiten dieses Beitrags sollten Sie die für CSCL relevanten lern- und kommunikationspsychologischen Grundlagen und ihre Implikationen für die Gestaltung eines CSCL-Systems kennen und wiedergeben können.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 15

1.6 Pädagogische und didaktische Grundlagen

In diesem Abschnitt wollen wir uns nun mit den für CSCL relevanten Grundlagen aus der Pädagogik und Didaktik beschäftigen. Lesen Sie dazu den Beitrag 1.5 Pä-dagogische und didaktische Grundlagen (S. 43-56) im CSCL-Kompendium 2.0. Dabei sollen Ihnen die folgenden Fragen eine Hilfe bei der Identifikation der wichtigsten Aussagen geben:

1. Kooperatives Lernen ist eine spezielle Sozial- und Interaktionsform, bei der die Gruppenmitglieder gemeinsam an einer Sache arbeiten um ge-meinsame oder unterschiedliche Ziele zu erreichen, und die dabei sowohl sozial-kommunikative Kompetenz als auch Selbstkompetenz entwickeln. Welche Elemente sind nach Johnson und Johnson (1990) konstituierend und nachhaltig für den Erfolg kooperativen Lernens?

2. Inwieweit ist die Kompetenz zur Selbstregulation für CSCL förderlich bzw. notwendig? Wo spielt die Kompetenz zur Selbstregulation im vorhe-rigen Beispiel der kooperativen Übungsgruppen eine Rolle, wozu wird sie dort benötigt?

3. Wir haben den Konstruktivismus schon im letzten Abschnitt näher kennen gelernt (s.o.). Wodurch sind die „gemäßigten“ Varianten des Konstrukti-vismus charakterisiert? Welche Grundannahmen für das Lernen werden hier postuliert?

4. Charakterisieren Sie Implikationen einiger Theorien bzw. didaktischer An-sätze (z.B. Cognitive Flexibility Theory vgl. S. 53, Cognitive Apprenticeship vgl. S. 53-54) für das didaktische Vorgehen (Methoden) bzw. die Gestaltung von Lernumgebungen. Welche Theorie könnte als Begründung für die Bereitstellung der folgenden Funktionalitäten in einem CSCL-System/einer kooperativen Lernumgebung dienen: Zugriff auf ge-meinsame Dokumente, gemeinsames Editieren dieser Dokumente, Chat-Funktion, Anzeige der Gruppenmitglieder und ihres Status (offline, online etc.), und Anzeige der Bearbeitungshistorie für Dokumente?

5. Charakterisieren Sie das „Prozessorientierte Lehren und Lernen“ (Ab-schnitt 7). Was sind hier zentrale Prinzipien? Inwieweit fördert dieser An-satz die Entwicklung der Selbstregulationsfähigkeit?

Nach dem Durcharbeiten dieses Beitrags sollten Sie die für CSCL relevanten pä-dagogischen und didaktischen Grundlagen kennen und die für die Gestaltung von CSCL wichtigen Konzepte (z.B. Selbstregulation, gemäßigter Konstruktivismus, grundlegende didaktische Ansätze, prozessorientiertes Lehren und Lernen) sowie ihren Einfluss auf die Gestaltung von CSCL wiedergeben können.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 16

1.7 Gruppen und Gruppenarbeit

Zum Abschluss dieser Kurseinheit wollen wir uns nun mit den für CSCL relevan-ten Eigenschaften von Gruppen und Gruppenarbeit beschäftigen. Lesen Sie dazu den Beitrag 1.6 Gruppen und Gruppenarbeit (S. 57-68) im CSCL-Kompendium 2.0. Dabei sollen Ihnen die folgenden Fragen eine Hilfe bei der Identifikation der wichtigsten Aussagen geben:

1. Kooperatives Lernen findet in der Gruppe statt. Wie ist eine Gruppe defi-niert? Was sind die Hauptmerkmale von Gruppen?

2. Wodurch wird die Gruppenstruktur bestimmt, und wie kann sie visualisiert werden? Was gibt die „Zentralisierung“ der Kommunikationsstruktur an? Welche Kommunikationsstrukturen sind eher für CSCL geeignet, und welche Implikationen hat dies für die notwendige Funktionalität einer CSCL-Umgebung?

3. Wodurch wird die Gruppenproduktivität beeinflusst? Welche Dimensionen zur Beschreibung von (Teil)Aufgaben wurde vorgestellt, und welchen Ein-fluss haben diese Dimensionen auf die Kooperation in der Gruppe bzw. welche Aufgabentypen sind besser für CSCL geeignet? Wie sind die ko-operativen Übungsaufgaben (bestehend aus der Erarbeitung eines Essays in der Gruppe über die Lösung eines Designproblems unter Nutzung kurs-übergreifender Konzepte sowie die Erstellung eines Peer-Reviews in der Gruppe, s.o.) auf diesen Dimensionen zu charakterisieren? Welchen Ein-fluss hat Anonymität oder das Herausfiltern sozialer Hinweisreize beim CSCL über computervermittelte Kommunikation?

4. Welche Arten von sozialen Einflüssen wurden unterschieden, und welchen Einfluss hat gemäß der Theorie der sozialen Identität (SIT) die „Salienz“ auf das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe? Welchen Effekt kann die Gruppenzugehörigkeit haben? Wie könnte die Bildung ei-nes Gruppenzugehörigkeitsgefühls in einer CSCL-Umgebung gestärkt werden?

5. In welche Phasen teilte Tuckman (1965) die Gruppenentwicklung? Welche Implikationen für CSCL haben wir kennen gelernt?

6. Welche Aufgaben hat die Gruppenleitung? Ist diese Rolle immer von der-selben Person ausgefüllt? Welche Leitungsstile haben wir kennen gelernt? Welche Implikationen für die Gestaltung von CSCL-Systemen wurden präsentiert?

Nach dem Durcharbeiten dieses Beitrags sollten Sie die für CSCL relevanten Ei-genschaften von Gruppen und Gruppenarbeit kennen. Insbesondere sollten Sie den Einfluss der Gruppenstruktur, Einflussfaktoren der Gruppenproduktivität und

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 17

der Gruppenzugehörigkeit sowie der Gruppenentwicklung und Gruppenleitung darstellen und die Implikationen für die Gestaltung von CSCL-Systemen benen-nen können.

1.8 Zusammenfassung

In dieser Kurseinheit haben wir uns mit dem Begriff CSCL beschäftigt, ein Bei-spiel für den Einsatz von CSCL in der Fernlehre kennen gelernt und einige Her-ausforderungen, die CSCL aus wissenschaftlicher und anwendungsbezogener Sicht stellt, formuliert. Danach haben wir uns zuerst mit den gängigen Theorien für CSCL, ihren wesentlichen Konzepten und Einschränkungen, beschäftigt. An-schließend behandelten wir die gängigen Forschungsmethoden im CSCL, die zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnis über das Phänomen CSCL eingesetzt werden. Nachdem wir uns damit das wissenschaftliche Handwerkszeug angeeig-net hatten, beschäftigten wir uns mit Grundlagenwissen über CSCL-Phänomene, die aus drei Bereichen stammen: Lern- und Kommunikationspsychologie, Päda-gogik und Didaktik, und soziologische bzw. sozialpsychologische Erkenntnisse über Gruppen bzw. Gruppenarbeit.

Bei der Durcharbeitung der angegebenen Beiträge im CSCL-Kompendium orien-tierten wir uns an den formulierten Lernzielen (S. 5) und Leitfragen, die Sie mit Hilfe des jeweils zu lesenden Beitrags beantworten können sollten.

Zur Vorbereitung auf die Prüfung bietet es sich an, die zu jedem Abschnitt defi-nierten Lernziele und Leitfragen herauszuschreiben, und die Leitfragen skizzen-haft zu beantworten. Dabei werden Sie feststellen, dass immer auch einige Quer-bezüge zu vorherigen Beiträgen hergestellt werden, anhand derer Sie die kennengelernten Konzepte anwenden oder vernetzen können. So bauen Sie aus separaten Beiträgen/Konzepten langsam ein größeres Verständnis des For-schungsgebiets CSCL auf. In der mündlichen Fachprüfung (oder auch bei der mündlichen Prüfung zur Erlangung eines Leistungsnachweises) geht es darum, Ihr Verständnis der wesentlichen Konzepte und Querbeziehungen punktuell zu über-prüfen. Dies findet in Form eines wissenschaftlichen Diskurses über vom Prüfer vorgegebene Fragen statt. Hier zeigt sich, ob Sie über eine Frage zu CSCL wis-senschaftlich Stellung nehmen und argumentieren können. Deshalb empfiehlt es sich auch, neben der Durcharbeitung des Begleittexts und der angegebenen Bei-träge im CSCL-Kompendium 2.0 sowie der Bearbeitung der Übungshefte in Web-Assign auch an der Diskussion über ihre Fragen/Lösungsideen in der Kursnews-group (news://news.fernuni-hagen.de:119/feu.informatik.kurs.1883) teilzuneh-men. Hier üben Sie die Art der wissenschaftlichen Diskussion, wie sie auch für Prüfungsgespräche typisch ist.

Im Folgenden geben wir als Beispiel für diese Vorgehensweise skizzierte Antwor-ten zu den Leitfragen. Im weiteren Verlauf des Kurses sollten Sie solche Zusammenfassungen selbst erstellen. Sie können diese Zusammenfassungen auch als Test Ihres Verständnisses und zur Vorbereitung auf die Prüfung verwenden.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 18

Abschnitt 1.1 Einleitung und Terminologie für CSCL

In Abschnitt 1.1 wurde die für CSCL spezifische Terminologie eingeführt. Der Begriff CSCL bezeichnet den Einsatz von Informatiksystemen (d.h. vernetzte Computer und Software) zur Unterstützung des kooperativen Lernens. Kooperati-ves Lernen meint gemeinsames Lernen in einer Gruppe, bei dem die Gruppenmit-glieder gemeinsam Wissen erarbeiten und erwerben. CSCL ist ein interdisziplinä-res Forschungsgebiet, bei dem Psychologie, Pädagogik, Soziologie und Kommunikationswissenschaft sowie Informatik zusammenwirken müssen.

(Übungsfrage: Warum ist dies so? Was sind Beispiele für Fragestellungen im CSCL, die eine dieser Disziplinen nicht alleine beantworten kann?)

Anschließend haben wir die verschiedenen Formen des CSCL kennen gelernt. Die Raum-Zeit-Matrix beschreibt verschiedene Lernsituationen. Beim Blended Lear-ning werden verschiedene Situationen in verschiedenen Phasen des Lernens kom-biniert. Neben den Dimensionen Raum und Zeit haben wir weitere Dimensionen des CSCL kennen gelernt: Symmetrie, Direktivität, Dauer, Ziel und Gruppengrö-ße. Die Ausprägungen dieser Dimensionen beeinflussen für ein konkretes An-wendungsszenario die möglichen, dieses Szenario unterstützenden, Konzepte, Methoden und Werkzeuge.

Lernziele:

o die spezifische Terminologie für CSCL kennen

sie sollten hier also die wesentlichen Konzepte und Begriffe mit ihrer Definition skizzieren (z.B. CSCL, Raum-Zeit-Matrix, Blended Learning, Dimensionen für CSCL)

Leitfragen: keine

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 19

Abschnitt 1.2 Praxisbeispiel: CSCL an der FernUniversität

Lernziele:

o ein Beispiel für den Einsatz von CSCL kennen und die daraus re-sultierenden Herausforderungen aus wissenschaftlicher und an-wendungsbezogener Sicht wiedergeben können

Beispiel für den Einsatz von CSCL beschreiben können: Kooperative Übungsgruppen

Herausforderungen aus wissenschaftlicher Sicht wiederge-ben können

Herausforderungen aus anwendungsbezogener Sicht wie-dergeben können

Leitfragen:

o Versuchen Sie, das Beispiel der kooperativen Übungsgruppen ge-mäß der bisher kennen gelernten Dimensionen (Symmetrie, Direktivität, Dauer, Ziel, Gruppengröße) zu charakterisieren:

Symmetrie: symmetrische Verteilung, Studierende sollten vergleichbares (aber durchaus unterschiedliches) Wissen haben

Direktivität: Anleitung durch Skripte

Dauer: 1 Semester, zwei Designaufgaben bearbeiten, 1 mal Peer-Review

Ziel: jeder Teilnehmer verfügt über das Wissen bzw. hat sich Kompetenzen erworben

Gruppengröße: 3-5 Studierende

o Welche Lernziele werden in dem Beispiel der kooperativen Übungsgruppen definiert, und mit welchem didaktischen Vorgehen werden diese zu erreichen versucht?

Lernziele: individuelle Vertiefung und Vernetzung des Vor-lesungsstoffs, Erwerb von Begutachtungskompetenz, Er-werb von Kooperationskompetenz in Internet-basierter Kooperationsumgebung

didaktisches Vorgehen: Phasengesteuerte Lernaktivitäten (siehe CSCL-Kompendium 2,0, S. 430-431) zur Lösung ei-ner Designaufgabe bzw. Erstellung eines Peer-Reviews

o Woraus besteht die computerunterstützte Lernumgebung zur Unter-stützung der kooperativen Übungsgruppen, und wie unterstützt die-se Lernumgebung das didaktische Vorgehen?

computerunterstützte Lernumgebung: CURE-Räume für je-de Gruppe mit computerunterstützten CSCL-Skripts für die

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 20

Phasen/Phasenübergänge, externe Kommunikationsmedien, (Spreadsheet/Mail zur Weitergabe der erzielten Punkte von Betreuer an Sekretariat ist eher organisatorisches Werkzeug als Lernhilfe)

Unterstützung des didaktischen Vorgehens: durch die CSCL-Skripts, die in der Lernumgebung ausgeführt wer-den.

o Was wird z.B. im Beispiel der kooperativen Übungsgruppen, siehe Beitrag 5.6, evaluiert?

Es wird die Wirkung des Skripts wird anhand der folgenden Fakto-ren untersucht (vgl. Abschnitt 4.5, S. 432):

Lernerfolg: (1) Fachwissen und (2) Review-Kompetenz so-wie (3) Darstellungskompetenz für kursübergreifende Zu-sammenhänge

Kooperationserfahrung der Lerner

Akzeptanz des Skripts durch die Lerner

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 21

Abschnitt 1.3 Theorien des CSCL

Lernziele:

o die für CSCL relevanten Theorien kennen und deren Hauptaussa-gen bzw. Beschreibungsebene und Konzepte beschreiben bzw. vergleichen können

Leitfragen:

1. Theorien dienen der Erklärung von beobachtbaren Phänomenen. Dazu werden (für die Erklärung notwendige) relevante Konzepte (sogenann-te Analyseeinheiten: z.B. Individuum, Gruppe, Gesellschaft) und ihre Beziehungen identifiziert. Betrachten Sie für jede der in den Abschnit-ten 3 und 4 vorgestellten Theorien, welches Phänomen studiert wird und mit welchen Analyseeinheiten diese Theorien das Phänomen zu erklären suchen. Inwieweit ist die jeweilige Theorie zur Erklärung des Phänomens CSCL geeignet? Wo liegen ggf. Defizite? Erstellen Sie z.B. eine Tabelle der folgenden Art für die (einige der wichtigsten) Theorien:

Theorie Phänomen Analyse-

einheit

Erklärungspotenzial Defizite

Activity

Theory

Kognition

in Gemein-

schaften

Aktivitäts-

system

Größere gesellschaftli-

che Fragestellungen,

Situation von Gruppen

im industriellen oder

historischen Kontext

Fehlender Fokus

auf Kleingruppen-

interaktion als

Quelle des Wis-

sensaufbaus in der

Gruppe

…..

2. Im Beitrag 1.3 werden drei Klassen von Theorien detaillierter vorge-stellt: Theorien der individuellen Kognition im CSCL (Abschnitt 5), Theorien der Kognition von Gemeinschaften im CSCL (Abschnitt 6) und Theorien der Kognition von Kleingruppen im CSCL (Abschnitt 7). Welche Phänomene werden dort erklärt, und mit welchen Analyseein-heiten suchen diese Theorien das Phänomen zu erklären? Welche die-ser drei Klassen von Theorien ist angemessen, um das Phänomen des kooperativen Lernens in unserem obigen Beispiel der kooperativen Übungsgruppen zu erklären?

Theorien der individuellen Kognition erklären das Lernen im Indivi-duum, daher sind sie eher weniger zur Erklärung des kooperativen Lernens in der Gruppe geeignet.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 22

Theorien der Kognition von Gemeinschaften fokussieren weniger auf Gruppen als auf Gemeinschaften, daher sind sie eher weniger zur Erklärung des kooperativen Lernens in der Gruppe geeignet

Theorien der Kognition von Kleingruppen fokussieren auf Lernen in der Gruppe, daher scheinen sie am besten zur Erklärung des koope-rativen Lernens in der Übungsgruppe geeignet

3. Zum Abschluss wird in Abschnitt 8 des Beitrags über die Theorieviel-falt im CSCL gesprochen: warum gibt es so viele Theorien im CSCL? Genügt zum Verständnis von CSCL derzeit eine einzige Theorie – und falls nicht, welche Probleme können sich bei der Kombination ver-schiedener Theorien ergeben?

Eine Antwortskizze könnte z.B. so aussehen:

Für CSCL sind viele verschiedene Forschungsfragen relevant, die verschiedene Prozesse, Zeitskalen und Aspekte der Interak-tion betreffen.

Jede Forschungsfrage benötigt evtl. andere Forschungsmethoden auf unterschiedlichen Ebenen oder Analyseeinheiten.

Eine einheitliche Theorie des CSCL müsste alle diese Fragen und Aspekte erklären können. Dies erscheint heute noch unrea-listisch. Einfachere Theorien können stattdessen auf einzelne Fragen, Phänomene bzw. Aspekte des CSCL fokussieren. Man benötigt dann verschiedene Theorien für ein Gesamtverständnis des CSCL.

Bei der Kombination verschiedener Theorien muss man nicht nur Terminologie-Inkonsistenzen überwinden sondern auch verschiedene Aspekte und Rahmenbedingungen zu einer voll-ständigeren Beschreibung des Phänomens CSCL vereinigen.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 23

Abschnitt 1.4 Forschungsmethoden

Lernziele:

o die für CSCL relevanten Forschungsmethoden kennen und bzgl. Ih-rer Eignung zur Beantwortung einer Forschungsfrage einschätzen können. Ebenso sollten sie einige Zusammenhänge zwischen CSCL-Theorien und Forschungsmethoden im CSCL wiedergeben können

Leitfragen:

1. Welche beiden wesentlichen Klassen von Methoden werden im Bei-trag unterschieden? Was ist das Ziel der Methoden in diesen Klassen, welche Art von Aussagen lassen sich mit der jeweiligen Klasse von Methoden erzielen?

Klasse Methode/Ziel Art von Aussage

Quantitative

Methoden

Ergebnisorientierte Analyse: Messbare Resultate einer päda-gogischen Intervention

Prozessorientierte Analysen: Messbarer Einfluss einer päda-gogischen Intervention auf Interaktionsprozesse oder kog-nitive oder motivational-emotionale Prozesse der Lerner

Felduntersuchungen: Evaluati-onsstudien oder Akzeptanzstu-dien in der realen Anwendung (ohne experimentelle Kontrolle)

Einfluss der CSCL-Umgebung auf Lernerfolg

Einfluss der CSCL-Umgebung auf Interaktions-sequenzen beim Lernen

Beobachtbare Effekte bei der Nutzung einer CSCL-Umgebung (keine kausale Beziehung zwischen Lern-umgebung und Effekt be-wiesen)

Qualitative

Methoden

Beitragsanalyse: Verteilung von Beitragstypen in der zeitlichen Abfolge

Video-Analyse und Screen-Recording: Verteilung von Bei-tragstypen (inkl. Aktionen, Ges-ten etc.) in der zeitlichen Abfol-ge

Lautes Denken: Untersuchung kognitiver Prozesse im einzel-nen Lerner

Blickfeldanalyse: Erfassung des zeitlichen und örtlichen Ver-laufs der Aufmerksamkeitsallo-kation des einzelnen Lerners

Identifikation effektiver CSCL-Diskurse

Identifikation effektiver CSCL-Interaktion

Z.B. Gründe für gezeigtes Verhalten

Aufmerksamkeitsallokation des einzelnen Lerners in ei-ner CSCL-Umgebung (wel-che Informationen werden wann wie lange wahrge-nommen?)

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 24

2. Welche Art von CSCL-Phänomen lässt sich mit den vorgestellten Me-thoden untersuchen? Geben Sie dazu Beispiele für passende CSCL-Phänomene und Untersuchungsfragestellungen. Füllen Sie z.B. die folgende Tabelle mit einigen Beispielen:

Forschungsmethode CSCL-Phänomen Untersuchungs-fragestellungen

Ergebnisorientierte

Analyse

Messbare Resultate einer

pädagogischen Interven-

tion

Veränderung des Lerner-

folgs durch Lernen in einer

CSCL-Umgebung: Lernen

die Gruppenmitglieder in ei-

ner CSCL-Umgebung mehr

oder schneller als die Mit-

glieder der Kontrollgruppen

(ohne Nutzung der CSCL-

Umgebung)?

Beitragsanalyse Untersuchung der Pro-

zesse des kooperativen

Lernens anhand der Bei-

träge (Interaktion mittels

Text, Audio, Bearbei-

tungsoperationen) der

Lerner

Identifikation von Aktivi-

tätssequenzen oder Interak-

tionsmustern, die mit spezi-

fischen Lernergebnissen

(z.B. individueller oder ge-

teilter Wissenszuwachs, oder

effektive CSCL-Diskurse)

verbunden sind.

…..

Was wird im Beispiel der kooperativen Übungsgruppen, siehe Beitrag 5.6, mit welchen Methoden evaluiert?

Es wird die Wirkung des Skripts wird anhand der folgenden Faktoren untersucht (vgl. Abschnitt 4.5, S. 432):

Lernerfolg: (1) Fachwissen wird anhand von Wissenstests, (2) Re-view-Kompetenz wird anhand Review-Qualität und fehlender Be-schwerden über Reviews sowie (3) Darstellungskompetenz für kursübergreifende Zusammenhänge wird durch Befragung der Prü-fer untersucht;

Kooperationserfahrung der Lerner wird durch Fragebogen und In-terviews untersucht;

Akzeptanz des Skripts durch die Lerner wird mittels einer Befra-gung der Studierenden (Feedback über Lehrevaluationsfragebogen) untersucht.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 25

3. Zur Überprüfung von Theorien testet man die Vorhersagekraft der Theorie durch Beobachtung der Realität. Dabei wird geprüft, ob sich die vorhergesagten Phänomene dort tatsächlich beobachten lassen. Inwieweit beeinflusst die zu testenden Theorie die zur Überprüfung eingesetzten Forschungsmethode? Suchen Sie sich eine Theorie aus (z.B. die Gruppenkognitionstheorie, Beitrag 1.3, S. 27-28, nach der eine Gruppe in einem gemeinsamen Dialograum durch Team-Interaktion eine Gruppenleistung erbringt, die nicht einem einzelnen Individuum zugerechnet oder auf eine Se-quenz von Einzelbeiträgen reduziert werden kann) und geben Sie ein Beispiel dafür, was in diesem Fall durch die zu testende Theorie für eine von Ihnen vorgeschlagene Forschungsfrage (z.B. findet in einem Team überhaupt eine Gruppenkognition statt?) und dazu passende Forschungsmethode festgelegt wird. Passt zur Beantwortung der For-schungsfrage besser eine quantitative oder eine qualitative For-schungsmethode? Wodurch werden die zu betrachtenden Analyseein-heiten festgelegt/beeinflusst?

Theorie: Gruppenkognitionstheorie

Forschungsfrage: „Findet in einem Team überhaupt eine Gruppenkognition statt?“

Passt zur Beantwortung der Forschungsfrage besser eine quan-titative oder eine qualitative Forschungsmethode?

Eher eine qualitative Methode, da Gruppenkognition nach der Gruppenkognitionstheorie durch die Gruppeninteraktion in ei-nem gemeinsamen Dialograum entsteht.

Passende Forschungsmethode: Zur Analyse der Interaktion eignen sich Methoden der Prozessanalyse, Beitragsanalyse und Video-/Screen-Analyse.

Wodurch werden die zu betrachtenden Analyseeinheiten fest-gelegt/beeinflusst?

Durch die konzeptuellen Elemente/Objekte/Beziehungen in der Theorie. Die Gruppenkognitionstheorie unterscheidet die in Beitrag 1.3 Abb. 2 (S. 28) dargestellten Bedingungen für se-quenzielle Teaminteraktion. Die Analyseeinheit ist hier das Team (die Kleingruppe).

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 26

Abschnitt 1.5 Lern- und kommunikationspsychologische Grundlagen

Lernziele:

o die für CSCL relevanten lern- und kommunikationspsychologi-schen Grundlagen und ihre Implikationen für die Gestaltung eines CSCL-Systems kennen und wiedergeben können

Leitfragen:

1. Im Beitrag 1.4 wird in Abschnitt 2 der deutsche Begriff der „Lerntheo-rie“ eingeführt und über dessen Verwendung in vielen Publikationen zum CSCL gesprochen. Worin liegt das geschilderte Problem?

Diese Theorien sind mehr oder minder allgemeine Verhaltenstheo-rien, die den Lernprozess nicht systematisch darstellen oder erklä-ren.

2. Was meint der Begriff der „Kognitiven Wende“? Warum stellt implizi-tes Wissen ein besonderes Problem für die Unterstützung in CSCL-Systemen dar?

Mit der kognitiven Wende traten die bisher vernachlässigten Prozes-se der menschlichen Informationsverarbeitung in den Vordergrund.

Implizites Wissen ist per se extern nicht direkt beobachtbar. Daher müssen CSCL-Systeme so gestaltet werden, dass der Umgang mit und die Weitergabe von implizitem Wissen angemessen unterstützt werden kann.

3. Der „Konstruktivismus“ wird oft als Grundlage der Gestaltung von CSCL-Arrangements genutzt. Skizzieren Sie die Kernidee des Kon-struktivismus. Inwieweit unterscheidet sich die Theorien des situierten Lernens vom Konstruktivismus?

Kernidee des Konstruktivismus ist die Konstruktion der Realität durch den menschlichen Verstand (mittels des Aufbaus mentaler Modelle). Der gemäßigte Konstruktivismus geht davon aus, dass mittels Kommunikation dieser Aufbau des mentalen Modells beein-flusst werden kann. Lernen wird als aktiv-konstruktiver Prozess an-gesehen.

Kernidee des situierten Lernens ist die soziale Eingebundenheit von Lernprozessen. Realitäts- und praxisnahe Lernaufgaben erleichtern demnach das Anknüpfen im Lerner an dessen reale Erfahrungen. Der Konstruktivismus ist eine Erkenntnistheorie, das situierte Ler-nen eher eine spezialisierte Lerntheorie.

Unter der Annahme, das ein gemäß des Konstruktivismus postulier-tes mentales Modell der Realität beim Lerner existiert, könnte der vom situierten Lernen postulierte Effekt auch damit erklärt werden, dass das mentale Modell des Lerners dann bessere Anknüpfungs-

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 27

punkte für die Integration des neuen Wissens bieten könnte, das Lerner daher effektiver wird.

4. Wie lässt sich die menschliche Kommunikation nach Schulz von Thun charakterisieren, inwieweit besteht hier ein Zusammenhang zum Kon-struktivismus? Was sagt uns das Modell von Schulz von Thun über die benötigte Unterstützung in einem CSCL-System?

Nach Schulz von Thun wird die Nachricht im Sinne des Interakti-onsmodells durch den Empfänger neu konstruiert; das Ergebnis die-ses Konstruktionsprozesses ist abhängig von vier Dimensionen der Nachricht: Sachinhalt, Appell, Beziehung und Selbstoffenbarung. Sender und Empfänger einer Nachricht müssen eine kongruente Wahrnehmung ihrer Interaktion erreichen, basierend wesentlich auf Feedbackschleifen in der Interaktion.

Die im gemäßigten Konstruktivismus angenommene Konstruktion der Wirklichkeit durch den Menschen, die durch Kommunikation beeinflusst werden kann, könnte auch zur Begründung des von Schulz von Thun angenommenen Konstruktionsprozesses herange-zogen werden.

CSCL-Systeme sollten alle Dimensionen einer Nachricht unterstüt-zen, d.h. einen Fokus auf eine Dimension wie den Sachinhalt ver-meiden. Durch das Design der Lernumgebung sollten günstige Kooperationsstrukturen bzw. die Beziehungsgestaltung der Grup-penmitglieder unterstützt werden. Mögliche Konflikte bei der Selbstoffenbarung bei der Interpretation von Nachrichten durch un-terschiedliche Rollen (z.B. Gruppenmitglieder und externe Bewerter) sollten vermieden oder gelöst werden. Die Lernumge-bung sollte das möglichst gleich wirksame Einbringen von Appellen aller Gruppenmitglieder unterstützen, ebenso sollte die Appellhaltigkeit von den in der Lernumgebung genutzten Begriffen der Lernsituation angemessen sein.

5. Was ist die Grundaussage der Kommunikationstheorie von Clark? Wel-che Hinweise für die Gestaltung eines CSCL-Systems lassen sich da-raus ableiten?

Nach Clark ist Kommunikation ein aktiver Konstruktionsprozess, dessen Erfolg wesentlich auf der Etablierung eines „common ground“ basiert. Eine solche „gemeinsame Basis“ wird durch fort-währendes Feedback (Blickverhalten, Mimik, Gestik, Körperhal-tung, sprachliche Äußerungen usw.) zwischen den Kommunikati-onspartnern etabliert, mit dem sie sich des gegenseitigen Verständnisses versichern. Verschiedene Medien bieten verschiede-ne Kanäle für das Geben von Feedback, bei denen Clark und Bren-nan acht Eigenschaften unterscheiden.

Je mehr Feedback-Kanäle eine CSCL-Umgebung anbietet bzw. je reichhaltiger diese sind, desto besser können die Gruppenmitglieder

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 28

kommunizieren. Eine Lernumgebung sollte daher Kommunikati-onsmedien anbieten, mit denen das benötigte Ausmaß von „com-mon ground“ effizient erreicht werden kann.

Abschnitt 1.6 Pädagogische und didaktische Grundlagen

Lernziele:

o die für CSCL relevanten pädagogischen und didaktischen Grundla-gen kennen und insbesondere die für die Gestaltung von CSCL wichtigen Konzepte (z.B. Selbstregulation, gemäßigter Konstrukti-vismus, grundlegende didaktische Ansätze, prozessorientiertes Lehren und Lernen) sowie ihren Einfluss auf die Gestaltung von CSCL wiedergeben können

Leitfragen:

1. Kooperatives Lernen ist ein spezielle Sozial- und Interaktionsform, bei der die Gruppenmitglieder gemeinsam an einer Sache arbeiten und gemeinsame oder unterschiedliche Ziele zu erreichen, und die dabei sowohl sozial-kommunikative Kompetenz als auch Selbst-kompetenz entwickeln. Welche Elemente sind nach Johnson und Johnson (1990) konstituierend und nachhaltig für den Erfolg koope-rativen Lernens?

Vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 43

2. Inwieweit ist die Kompetenz zur Selbstregulation für CSCL förder-lich bzw. notwendig? Wo spielt die Kompetenz zur Selbstregulation im obigen Beispiel der kooperativen Übungsgruppen eine Rolle, wo-zu wird sie dort benötigt?

Kompetenz zur Selbstregulation bedeutet, dass der Lerner eigene kognitive Prozesse beobachten und kontrollieren kann (Fähigkeit zur Meta-Kognition). „Der Lernende selbst also ist sich bewusst über den eigenen Lernfortschritt und für das Lernen selbst ver-antwortlich.“ (CSCL-Kompendium, S, 47)

Im CSCL kann Selbstregulation als Beobachtung und Bewertung eigener Handlungen bzgl. ihrer Wirkung auf die anderen Grup-penmitglieder sowie die Wahl einer adäquaten Reaktion darauf beschrieben werden. Zur Förderung der aktiven Konstruktion von Wissen in der Gruppe ist Selbstregulation als förderliche Voraus-setzung anzusehen. Da im verteilten und asynchronen CSCL die klassischen Feedback- und Regulationsmechanismen nur einge-schränkt verfügbar sind, werden an die Lerner besondere Anfor-derungen zur Selbstregulation gestellt.

Im Beispiel der kooperativen Übungsgruppen leitet das CSCL-Skript die Lerner durch den Lernprozess (Regulation durch das

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 29

Skript); innerhalb der Schritte (z.B. beim gemeinsamen Erstellen des Essays oder des Reviews) müssen die Lerner aber selbst ihren eigenen und den gemeinsamen Lernprozess steuern.

3. Wir haben den Konstruktivismus schon im letzten Abschnitt näher kennen gelernt (s.o.). Wodurch sind die „gemäßigten“ Varianten des Konstruktivismus charakterisiert? Welche Grundannahmen für das Lernen werden hier postuliert?

Gemäßigte Varianten des Konstruktivismus können dadurch cha-rakterisiert werden, dass sie explizit die Rolle der Instruktion zur Förderung und Sicherung des individuellen Lernerfolgs aner-kennt.

Gräsel & Mandl benennen vier aus dem gemäßigten Konstrukti-vismus folgende Grundannahmen für das Lernen (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 52).

4. Charakterisieren Sie Implikationen einiger Theorien bzw. didakti-scher Ansätze (z.B. Cognitive Flexibility Theory vgl. S. 53, Cognitive Apprenticeship vgl. S. 53-54) für das didaktische Vorge-hen (Methoden) bzw. die Gestaltung von Lernumgebungen. Welche Theorie könnte als Begründung für die Bereitstellung der folgenden Funktionalitäten in einem CSCL-System/einer kooperativen Lern-umgebung dienen: Zugriff auf gemeinsame Dokumenten, gemein-sames Editieren dieser Dokumente, Chat-Funktion, Anzeige der Gruppenmitglieder und ihres Status (offline, online etc.), und Anzei-ge der Bearbeitungshistorie für Dokumente?

Die Cognitive Flexibility Theory (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 53) fokussiert auf die Strukturierung und Repräsentation von Wissen, welches aus verschiedenen intellektuellen Blickwinkeln betrachtet werden sollte. Fünf Prinzipien für die Entwicklung hy-pertextbasierter Lernumgebungen werden empfohlen (siehe CSCL-Kompendium 2.0, S. 53).

Analog sollten Sie die Cognitive Apprenticeship Ansatz (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 53-54) charakterisieren!

Die genannten Funktionalitäten betreffen die Unterstützung von Kommunikation (Chat), Koordination (Anzeige der Gruppenmit-glieder und ihres Status (offline, online etc.), und Anzeige der Be-arbeitungshistorie für Dokumente) und Kooperation (Zugriff auf gemeinsame Dokumenten – auch Instruktionen für den Lernpro-zess! –, gemeinsames Editieren dieser Dokumente). Damit wird die Gruppeninteraktion zur gemeinsamen Konstruktion von Wis-sen ermöglicht, wie sie z.B. im gemäßigten Konstruktivismus be-schrieben wird.

5. Charakterisieren Sie das „Prozessorientierte Lehren und Lernen“ (Abschnitt 7). Was ist hier zentrale Prinzipien? Inwieweit fördert dieser Ansatz die Entwicklung der Selbstregulationsfähigkeit?

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 30

Das „Prozessorientierte Lehren und Lernen“ betont den Prozess-charakter des Lernens; nicht die Ergebnisse sondern die Abfolge der Lernaktivitäten zur Erreichung der Lernziele stehen im Mit-telpunkt. Dabei zielt das „Prozessorientierte Lehren und Lernen“ darauf ab, dass die Lerner die vom Lehrer übernommenen Tätig-keiten eigenständig zu übernehmen.

Als zentrale Prinzipen werden im CSCL-Kompendium 2.0 (S. 54-55) genannt: Prozessprinzip; Aktivitäts-, Affektivitäts-, Vorwis-sen und Lernzielprinzip; Kontext- und Nützlichkeitsprinzip; Lernkonzeptions- und Transferprinzip; Betreuungs- und Koopera-tionsprinzip; Scaffolding- und Selbstdiagnoseprinzip.

Zur Übernahme der vom Lehrer übernommenen übernommenen Tätigkeiten muss der Lerner auch die Fähigkeit zur Selbstregula-tion zu entwickeln.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 31

Abschnitt 1.7 Gruppen und Gruppenarbeit

Lernziele:

o die für CSCL relevanten Eigenschaften von Gruppen und Gruppen-arbeit kennen. Insbesondere sollten Sie den Einfluss der Gruppen-struktur, Einflussfaktoren der Gruppenproduktivität und der Grup-penzugehörigkeit sowie der Gruppenentwicklung und Gruppenleitung darstellen und die Implikationen für die Gestaltung von CSCL-Systemen benennen können.

Leitfragen:

1. Kooperatives Lernen findet in der Gruppe statt. Wie ist eine Gruppe definiert? Was sind die Hauptmerkmale von Gruppen?

Eine Gruppe ist als Menge von Personen, die zur Erreichung einer gemeinsamen Aufgabe oder eines gemeinsamen Ziels zusam-menarbeiten, definiert.

Im CSCL-Kompendium 2.0 (S. 57) sind vier Hauptmerkmale von Gruppen definiert.

2. Wodurch wird die Gruppenstruktur bestimmt, und wie kann sie vi-sualisiert werden? Was gibt die „Zentralisierung“ der Kommunikati-onsstruktur an? Welche Kommunikationsstrukturen sind eher für CSCL geeignet, und welche Implikationen hat dies für die notwen-dige Funktionalität einer CSCL-Umgebung?

Wichtige Bestimmungsstücke der Gruppenstruktur sind Größe, Kommunikationsstrukturen, sozialer Status und Rollen. Sie kann als Kommunikationsnetz dargestellt werden.

Die „Zentralisierung“ der Kommunikationsstruktur gibt an, in-wieweit zentrale Personen die Kommunikation und Arbeitsteilung koordinieren.

Im CSCL sollten zur Vermeidung von Motivationsverlusten Gruppenstrukturen gewählt werden, die gleichberechtigtes und selbstständiges Arbeiten ermöglichen. Die Lernumgebung sollte das Aushandeln von Rollen in der Gruppe unterstützen und Kommunikationskanäle und -strukturen nicht fest vorgeben. Der Beziehungsaufbau sollte gerade in virtuell kooperierenden Grup-pen unterstützt werden.

3. Wodurch wird die Gruppenproduktivität beeinflusst? Welche Di-mensionen zur Beschreibung von (Teil)Aufgaben wurde vorgestellt, und welchen Einfluss haben diese Dimensionen auf die Kooperation in der Gruppe bzw. welche Aufgabentypen sind besser für CSCL ge-eignet? Wie sind die kooperativen Übungsaufgaben (bestehend aus der Erarbeitung eines Essays in der Gruppe über die Lösung eines Designproblems unter Nutzung kursübergreifender Konzepte sowie die Erstellung eines Peer-Reviews in der Gruppe) auf diesen Dimen-

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 32

sionen zu charakterisieren? Welchen Einfluss hat Anonymität oder das Herausfiltern sozialer Hinweisreize beim CSCL über computer-vermittelte Kommunikation?

Die Gruppenproduktivität wird von zwei Determinanten beein-flusst: Anforderungen der Gruppenaufgabe und menschliche Res-sourcen innerhalb der Gruppe.

Die Aufgabenklassifikation nach Steiner unterscheidet vier Di-mensionen: Unterteilbarkeit der Aufgabe, Maximierung vs. Opti-mierung, Verhältnis von Einzelleistung und Gruppenprodukt, Ab-hängigkeit der Gruppenmitglieder voneinander.

Kooperative Übungsaufgaben (bestehend aus der Erarbeitung ei-nes Essays in der Gruppe über die Lösung eines Designproblems unter Nutzung kursübergreifender Konzepte sowie die Erstellung eines Peer-Reviews in der Gruppe) können wie folgt charakteri-siert werden:

o Unterteilbarkeit: keine Zerlegung in Brainstorming, Clus-tering, Peer-Review möglich; aber asynchrones Arbeiten ist möglich

o Maximierung vs. Optimierung: Optimierung des Essays bzw. Reviews

o Verhältnis Eigenleistung und Gruppenprodukt: konjunkti-ve Aufgabe mit Abstimmung

o Abhängigkeit der Mitglieder: Kooperation

Anonymität oder das Herausfiltern sozialer Hinweisreize beim „CSCL über computervermittelte Kommunikation“ kann das Auf-treten von Trittbrettfahrern oder sozialem Faulenzen fördern. Ebenso kann Anonymität das Entwickeln einer vertrauensvollen Atmosphäre und den Abbau von Ängsten untern den Teilnehmern behindern.

4. Welche Arten von sozialen Einflüssen wurden unterschieden, und welchen Einfluss hat gemäß der Theorie der sozialen Identität (SIT) die „Salienz“ auf das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe? Welchen Effekt kann die Gruppenzugehörigkeit haben? Wie könnte die Bildung eines Gruppenzugehörigkeitsgefühls in einer CSCL-Umgebung gestärkt werden?

Arten von sozialen Einflüssen: Majoritätseinflüsse („Konformi-tät“) und Minoritätseinflüsse („Innovation“) (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 62).

Salienz meint die „Sichtbarkeit bzw. Hervorgehobenheit der je-weiligen sozialen Kategorien“ (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 63).

Gemäß der Theorie der sozialen Identität (SIT) beeinflusst die „Salienz“ das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer bestimmten

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 33

Gruppe: „Menschen nehmen sich demnach als Gruppe wahr, wenn die wahrgenommenen Übereinstimmungen zwischen den Gruppenmitgliedern groß und die Unterschiede zu anderen Indi-viduen sichtbar sind. Die Salienz bestimmter Kategorien führt zu-dem dazu, dass die wahrgenommenen Unterschiede im Vergleich zu Fremdgruppen verstärkt und innerhalb der Eigengruppe redu-ziert werden. Ähnliche Einstellungen, Normen, gemeinsame Auf-gaben und Ziele etc. stellen wichtige Bedingungen für die Ausbil-dung sozialer Identität und Gruppenzusammenhalt dar.“ (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 63)

Demnach könnte die Bildung eines Gruppenzugehörigkeitsge-fühls in einer CSCL-Umgebung durch Anzeige der gemeinsamen gemeinsame Aufgaben und Ziele etc. sowie der Unterschiede zu anderen Individuen/Gruppen gestärkt werden. Die Darstellung so-zialer Informationen über die Teilnehmer kann bei der Kategori-sierung helfen. Ebenso wirken selektive Zugriffsbeschränkungen (z.B. dass nur Gruppenmitglieder Zugriff auf den Gruppenar-beitsbereich haben).

5. In welche Phasen teilte Tuckman (1965) die Gruppenentwicklung? Welche Implikationen für CSCL haben wir kennen gelernt?

Tuckman unterscheidet die Phasen: Orientierung; Konfrontation und Konflikt; Konsens, Kooperation und Kompromiss; Integrati-on von Sach- und sozioemotionalen Anforderungen; Transfer, Abschluss und Abschied.

Virtuell interagierende Gruppen benötigen mehr Zeit für den Be-ziehungsaufbau als Präsenzgruppen. Daher sollte für Kennenler-nen und Gruppenbildung ausreichend Zeit und Gelegenheit vor-gesehen werden, ggf. auch Präsenztreffen.

6. Welche Aufgaben hat die Gruppenleitung? Ist diese Rolle immer von derselben Person ausgefüllt? Welche Leitungsstile haben wir kennen gelernt? Welche Implikationen für die Gestaltung von CSCL-Systemen wurden präsentiert?

Die Gruppenleitung ist eine funktionale Rolle mit folgenden Auf-gaben: Zielbestimmung, Orientierungsfunktion, Konfliktlösungs-funktion, und Repräsentation der Gruppe nach außen.

Diese Rolle kann auch von wechselnden Gruppenmitgliedern wahrgenommen werden.

Leitungsstile: autoritärer Leitungsstil, demokratischer Leitungs-stil, Laissez-faire-Stil, partnerschaftlich geteilte Leitung (vgl. CSCL-Kompendium 2.0, S. 67).

CSCL-Umgebungen sollten auf allzu starre Rollenkonzepte, Zu-griffsrechte etc. verzichten, sondern die flexible Zuordnung von Aufgaben bzw. Funktionen an Gruppenmitglieder ermöglichen.

1 Einleitung, Überblick und Grundlagen 34

1.9 Schlussbemerkungen und Ausblick

Die Antwortskizzen im letzten Abschnitt sollten Sie, wo nötig, vervollständigen und um die notwendigen Begriffsdefinitionen erweitern. Sie können diese Zu-sammenfassung dann auch zur Prüfungsvorbereitung nutzen.

In der nächsten Kurseinheit werden zuerst die noch fehlenden Informatikgrundla-gen für CSCL behandelt: IT-Architekturen und Infrastrukturen sowie Mensch-Computer-Interaktion. Danach betrachten wir verschiedene Klassen von Werk-zeugen für CSCL: Kommunikation und Awareness, Web 2.0, Werkzeuge für die Kooperation in kleineren und größeren Lerngruppen sowie kooperative Lernräu-me. Zum Abschluss dient das Praxisbeispiel des kreativitätsbasierten Lernens zur Anwendung/Illustration der Konzepte.

Literaturverzeichnis 35

1.10 Literaturverzeichnis

Grudin, J. (1994). CSCW: History and Focus. IEEE Computer 27(5):19-26.

Haake, J., Schwabe, G., Wessner, M. (Hrsg.) (2012). CSCL-Kompendium 2.0: Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten kooperativen Lernen. Oldenbourg Verlag, München, 2012.

Koschmann, T. (1996). Paradigm shifts and instructional technology: An intro-duction. In CSCL: Theory and Practice of an Emerging Paradigm. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum, S. 1–23.

Koschmann, T., Hall, R., Miyake, N. (Eds.) (2002). CSCL 2. Carrying forward the conversation. Mahwah, NJ: Lawrence Earlbaum.

Wessner, M. (2001). Software für e-Learning: Kooperative Umgebungen und Werkzeuge. In R. Schulmeister: Virtuelle Universität – Virtuelles Lernen. München: Oldenbourg, S. 195-219.