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12 I KU Gesundheitsmanagement 5/2018 KURZ ERKLÄRT kurz erklärt B ei Risiken und Nebenwir- kungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Wenn Pati- enten ein apothekenpflichtiges Arzneimittel benötigen, erhalten O wie Online-Apotheke Die Gesundheitswirtschaft zählt zu den größ- ten Wirtschaftsbranchen in Deutschland. Das Spektrum der Tätigkeiten in diesem Feld ist breit gefächert, und ebenso vielfältig ist die Palette an Begriffen. Um Berufseinsteigern, aber auch Profis ihres Metiers einen Überblick zu verschaffen, hat die KU Gesundheitsma- nagement zusammen mit den Experten der KPMG die Rubrik „Kurz erklärt“ entwickelt. Keywords: Apotheke, Arzneimittel, Online- Handel sie vom fachkundigen Personal alle notwendigen Informationen über die sachgerechte Anwendung, eventuell auftretende Neben- und Wechselwirkungen sowie über die Aufbewahrung eines Arzneimittels. Zu dieser individuellen Beratung ist das Apothekenpersonal bei der Abgabe von Arzneimitteln ver- pflichtet. Dieses traditionelle Modell der „Apotheke vor Ort“ könnte sich bald aber ändern. Wie fast alle Branchen – und auch zunehmend der deutsche Gesundheitsmarkt – durchlebt der Handel von Medika- menten einen digitalen Verände- rungsprozess. Dabei ist der Arznei- mittelversandhandel in Deutsch- land bereits seit Januar 2004 zuge- lassen. Im Vergleich zu den statio- nären Apotheken gestaltet sich die individuelle Beratung der Patien- ten in der Apotheke jedoch um eini- ges schwieriger. Zukünftig könnte der Gesetzgeber den Versandhan- del zusätzlich erschweren. Voraussetzungen für den Online-Handel Sowohl die rechtlichen als auch die organisatorischen Anforderungen von klassischen Apotheken gelten für den Online-Handel in gleicher Weise. Zudem sieht der Gesetzgeber vor, dass es keine reinen Versand- apotheken geben soll: Der Versand muss also über den Betrieb einer stationären Apotheke erfolgen. Bei den von den jeweiligen Landesbe- hörden zugelassenen Online- bzw. Versandapotheken kann der Pati- ent Arzneimittel per Post, telefo- nisch oder online bestellen. Für den Erhalt von verschreibungs- pflichtigen Medikamenten setzt der Gesetzgeber zudem voraus, dass die Versandapotheke das Original- rezept für das Arzneimittel im Vor- aus erhält. Außerdem dürfen aus- schließlich Arzneimittel versendet werden, die in Deutschland zuge- lassen sind, in deutscher Sprache gekennzeichnet und mit einer Pa- ckungsbeilage in deutscher Spra- che versehenen sind. Geringer Anteil am Gesamtumsatz des Marktes Der aktuelle Marktanteil der On- line-Apotheken in Deutschland ist laut einer Statista-Studie aus dem Jahr 2017 relativ gering: Die zehn führenden Anbieter haben dem- nach einen Anteil von bloß zwei Prozent am Gesamtumsatz des Arz- neimittelmarktes. Und dennoch nimmt die Bedeutung für Konsu- menten zu: So gab jeder zweite Be- fragte in der Studie an, bereits bei Von Julia Kaub einer Online-Apotheke Arzneimit- tel gekauft zu haben. Nur 23 Prozent der Befragten schließen den Kauf von Arzneimitteln im Internet grundsätzlich aus. Dabei werde das Angebot der Online-Apotheken am häufigsten von den Patienten im Alter von 30 bis 59 Jahren in An- spruch genommen. Online-Apotheken schneiden aktuell eher schlecht ab Ein Testergebnis der Stiftung Wa- rentest im April 2018 fällt für die Bewertung der Online-Apotheken vor allem in der Kategorie der fach- lichen Beratung eher schlecht aus. Kritisiert wurde unter anderem, dass viele Patienten der Online- Apotheken nicht ausreichend über die Wechselwirkungen der Arznei- mittel informiert werden. Auch die Bundesregierung reagiert auf diese Entwicklung im aktuellen Koaliti- onsvertrag (2018). Dazu heißt es: „Um die Apotheken vor Ort zu stär- ken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschrei- bungspflichtigen Arzneimitteln ein.“ Fraglich ist, inwiefern eine solche grundsätzliche Einschränkung des Online-Handels von Arzneimitteln den langersehnten digitalen Wan- del des Gesundheitswesens voran- treiben soll. Julia Kaub Senior Managerin KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Julia Kaub

kurz erklärt - KPMGVon Julia Kaub einer Online-Apotheke Arzneimit-tel gekauft zu haben. Nur 23 Prozent der Befragten schließen den Kauf von Arzneimitteln im Internet grundsätzlich

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12 I KU Gesundheitsmanagement 5/2018

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kurz erklärt

Bei Risiken und Nebenwir-kungen fragen Sie Ihren Arztoder Apotheker. Wenn Pati-

enten ein apothekenpflichtigesArzneimittel benötigen, erhalten

O wie Online-Apotheke

Die Gesundheitswirtschaft zählt zu den größ-ten Wirtschaftsbranchen in Deutschland. DasSpektrum der Tätigkeiten in diesem Feld istbreit gefächert, und ebenso vielfältig ist diePalette an Begriffen. Um Berufseinsteigern,aber auch Profis ihres Metiers einen Überblickzu verschaffen, hat die KU Gesundheitsma-nagement zusammen mit den Experten derKPMG die Rubrik „Kurz erklärt“ entwickelt.

Keywords: Apotheke, Arzneimittel, Online-Handel

sie vom fachkundigen Personal allenotwendigen Informationen überdie sachgerechte Anwendung,eventuell auftretende Neben- undWechselwirkungen sowie über dieAufbewahrung eines Arzneimittels.Zu dieser individuellen Beratungist das Apothekenpersonal bei derAbgabe von Arzneimitteln ver-pflichtet.

Dieses traditionelle Modell der„Apotheke vor Ort“ könnte sichbald aber ändern. Wie fast alleBranchen – und auch zunehmendder deutsche Gesundheitsmarkt –durchlebt der Handel von Medika-menten einen digitalen Verände-rungsprozess. Dabei ist der Arznei-mittelversandhandel in Deutsch-land bereits seit Januar 2004 zuge-lassen. Im Vergleich zu den statio-nären Apotheken gestaltet sich dieindividuelle Beratung der Patien-

ten in der Apotheke jedoch um eini-ges schwieriger. Zukünftig könnteder Gesetzgeber den Versandhan-del zusätzlich erschweren.

Voraussetzungen für denOnline-HandelSowohl die rechtlichen als auch dieorganisatorischen Anforderungenvon klassischen Apotheken geltenfür den Online-Handel in gleicherWeise. Zudem sieht der Gesetzgebervor, dass es keine reinen Versand-apotheken geben soll: Der Versandmuss also über den Betrieb einerstationären Apotheke erfolgen. Beiden von den jeweiligen Landesbe-hörden zugelassenen Online- bzw.Versandapotheken kann der Pati-ent Arzneimittel per Post, telefo-nisch oder online bestellen. Fürden Erhalt von verschreibungs-pflichtigen Medikamenten setzt derGesetzgeber zudem voraus, dassdie Versandapotheke das Original-rezept für das Arzneimittel im Vor-aus erhält. Außerdem dürfen aus-schließlich Arzneimittel versendetwerden, die in Deutschland zuge-lassen sind, in deutscher Sprachegekennzeichnet und mit einer Pa-ckungsbeilage in deutscher Spra-che versehenen sind.

Geringer Anteil amGesamtumsatz des MarktesDer aktuelle Marktanteil der On-line-Apotheken in Deutschland istlaut einer Statista-Studie aus demJahr 2017 relativ gering: Die zehnführenden Anbieter haben dem-nach einen Anteil von bloß zweiProzent am Gesamtumsatz des Arz-neimittelmarktes. Und dennochnimmt die Bedeutung für Konsu-menten zu: So gab jeder zweite Be-fragte in der Studie an, bereits bei

Von Julia Kaub

einer Online-Apotheke Arzneimit-tel gekauft zu haben. Nur 23 Prozentder Befragten schließen den Kaufvon Arzneimitteln im Internetgrundsätzlich aus. Dabei werde dasAngebot der Online-Apotheken amhäufigsten von den Patienten imAlter von 30 bis 59 Jahren in An-spruch genommen.

Online-Apotheken schneidenaktuell eher schlecht abEin Testergebnis der Stiftung Wa-rentest im April 2018 fällt für dieBewertung der Online-Apothekenvor allem in der Kategorie der fach-lichen Beratung eher schlecht aus.Kritisiert wurde unter anderem,dass viele Patienten der Online-Apotheken nicht ausreichend überdie Wechselwirkungen der Arznei-mittel informiert werden. Auch dieBundesregierung reagiert auf dieseEntwicklung im aktuellen Koaliti-onsvertrag (2018). Dazu heißt es:„Um die Apotheken vor Ort zu stär-ken, setzen wir uns für ein Verbotdes Versandhandels mit verschrei-bungspflichtigen Arzneimitteln ein.“Fraglich ist, inwiefern eine solchegrundsätzliche Einschränkung desOnline-Handels von Arzneimittelnden langersehnten digitalen Wan-del des Gesundheitswesens voran-treiben soll. $

Julia KaubSenior Managerin

KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Julia Kaub