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Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Jahresbericht 2020
Haushalts- und Wirtschaftsführung
im Haushaltsjahr 2019
Teil 1
Denkschrift und Bemerkungen
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Dienstgebäude Kavalierstraße 31, 06844 Dessau-Roßlau Telefon: 0340 2510-0 Fax: 0340 2510-310 Ernst-Reuter-Allee 34 bis 36, 39104 Magdeburg Telefon: 0391 567-7001 Fax: 0391 567-7005 E-Mail: [email protected] Internet: www.lrh.sachsen-anhalt.de
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | III
Abkürzungsverzeichnis
ANBest-I – Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institu-
tionellen Förderung
BauGB – Baugesetzbuch
BauO LSA – Bauordnung Land Sachsen-Anhalt
BesGr. – Besoldungsgruppe
BGB – Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. – Bundesgesetzblatt
BLSA – Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement Land
Sachsen-Anhalt
BNatSchG – Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnatur-
schutzgesetz)
DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft
DZNE – Deutsches Zentrum für Neurogenerative Erkrankungen e.V.
EFF – Europäischer Fischereifonds
EFRE – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
ELER – Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des
ländlichen Raumes
EPLR – Entwicklungsprogramm ländlicher Räume
e. V. – eingetragener Verein
fjp>media – Servicestelle für Kinder und Jugendschutz im Verband junger
Medienmacher Sachsen-Anhalt e. V.
GG – Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
GVBl. LSA – Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt
GWB – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
GWK – Gemeinsame Wissenschaftskonferenz
HSG LSA – Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt
HVA-B-StB – Handbuch für die Vergabe und Ausschreibung von Bauleistun-
gen im Straßen- und Brückenbau
Juleica – Jugendleiter*innen-Card
KJR – Kinder- und Jugendring e. V.
KgKJH – Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und
Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e. V.
LFB – Landesforstbetrieb
LIN – Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg
lit. – (littera) Buchstabe
LHO – Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt
LRH – Landesrechnungshof
LSA – Land Sachsen-Anhalt
IV | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
LSBB – Landesstraßenbaubehörde
LT-Drs. – Landtagsdrucksache
MAM – Medizinische Akademie Magdeburg
MBl. LSA – Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt
MedF – Medizinische Fakultät
MLV – Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr
MRT – Magnetresonanztomograph
MULE – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie
OVGU – Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
PCGK – Public Corporate Gouvernance Codex des Landes Sachsen-
Anhalt
PI – Polizeiinspektion
RELE – Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förde-
rung der regionalen Entwicklung in Sachsen-Anhalt
SGB – Sozialgesetzbuch
UK – Universitätsklinikum Magdeburg
VOL/A – Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleis-
tungen
VOB/B – Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B
VV – Verwaltungsvorschrift
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | V
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis..........................................................................................................III
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. V
Vorwort .................................................................................................................................. 5
Abschnitt A – Grundsatzbeiträge ........................................................................................... 6
1 Mangelhafte Umsetzung der Landesregelungen beim Abschluss von
Geschäftsführeranstellungsverträgen bei Mehrheitsgesellschaften des Landes ......... 6
2 Mängel bei der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt .....................................................28
Abschnitt B – Denkschrift und Bemerkungen ........................................................................51
1 Verstöße gegen das Vergaberecht im Landeskriminalamt .........................................51
2 Defizite beim Umgang mit dem Risikomanagement durch Finanzämter ....................59
3 Grundsätzliche Probleme bei der Förderung von Trägern im Kinder- und
Jugendbereich ...........................................................................................................69
4 Mängel bei Kooperationsverträgen und Verstöße gegen das Vergaberecht bei
Beschaffungen des Leibniz-Instituts für Neurobiologie ..............................................82
5 Mängel bei der Förderung des ländlichen Wegebaus .............................................. 104
6 Wildschäden verursachen Millionenkosten im Landeswald ...................................... 111
7 Defizite bei der Förderung nachhaltiger Mobilität im Land Sachsen-Anhalt .............. 119
8 Unwirtschaftliches Handeln bei der Ausführung von Baumaßnahmen an
Landesstraßen ........................................................................................................ 128
9 Fehlende Anpassung des Landesstraßennetzes ..................................................... 136
10 Fehlende Bauleitplanung – eine Ursache für Terminverzug und Kostenrisiken ........ 145
Abschnitt C – Rundfunkangelegenheiten ............................................................................ 157
Prüfungen beim Mitteldeutschen Rundfunk ..................................................................... 157
Abschnitt D – Ergebnisbericht ............................................................................................ 161
Anlage zum Grundsatzbeitrag 1 ...................................................................................... 170
Hinweis auf weitere Prüfungen des Landesrechnungshofes ............................................... 171
Zuständigkeit des Senates ................................................................................................. 172
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 5
Vorwort
Gemäß Verfassungsauftrag stellen wir das Ergebnis unserer Prüfungen – soweit es für die
Entlastung der Landesregierung von Bedeutung ist – jährlich zusammen. Wir erstatteten ge-
genüber dem Landtag Bericht und informieren gleichzeitig auch die Landesregierung sowie
die interessierte Öffentlichkeit.
2020 war zweifelsfrei ein besonderes Jahr. Die Corona-Pandemie führte und führt zu massiven
Einschränkungen für die Gesellschaft. Das ist nicht nur eine Belastung für jeden Einzelnen,
sondern auch für die Haushaltslage des Landes. Umso wichtiger ist es jetzt, noch genauer
hinzuschauen, wofür jeder einzelne Euro eingesetzt wird und wo es Einsparpotentiale gibt.
Der vorliegende Teil des Jahresberichtes 2020 enthält die wesentlichen Feststellungen
13 ausgewählter Prüfungen. Die hier veröffentlichten Beiträge stehen repräsentativ für die
Prüfungsgebiete unseres Rechnungshofes. Sie sind allerdings nur ein kleiner Ausschnitt der
gesamten Prüfungs- und Beratungsleistungen unserer Behörde im zurückliegenden Jahr.
Fakt ist: Ohne die engagierte Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre dieser
Jahresbericht nicht möglich gewesen. Er ist unter besonderen Umständen entstanden. Des-
halb möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich dafür bedanken. Ein weiterer Dank gilt den
Haushaltspolitikern für die stets konstruktive Sacharbeit im Ausschuss für Finanzen des Land-
tages und – nicht zuletzt – auch den geprüften Verwaltungen für die i. d. R. faire und zielge-
richtete Zusammenarbeit.
Ihr Kay Barthel
6 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Abschnitt A – Grundsatzbeiträge
1 Mangelhafte Umsetzung der Landesregelungen beim Abschluss von
Geschäftsführeranstellungsverträgen bei Mehrheitsgesellschaften des
Landes
Das Land hat Anstellungsverträge mit Geschäftsführern von Landesgesellschaften ge-
schlossen, die nicht den Vorgaben des Landtages sowie den Landesregelungen ent-
sprechen.
Die Gesamtvergütung der Geschäftsführer entspricht nur zum Teil vergleichbaren
Funktionen in der Landesverwaltung. Das Ministerium der Finanzen hat es unterlassen,
die Gesellschaften entsprechend ihrer Bedeutung zu klassifizieren und so die Ober-
grenzen für die Vergütung in den einzelnen Gesellschaften festzulegen. In Einzelfällen
wird selbst die Obergrenze für die Vergütung in Landesgesellschaften (Staatssekretärs-
gehalt) ohne hinreichende Begründung überschritten. Die geschlossenen Zielvereinba-
rungen waren nicht immer an den Interessen des Landes ausgerichtet und wurden nicht
vollständig bei der Berechnung der Gehaltsobergrenze berücksichtigt.
Die Vorschriften zur Verwaltung des Landesvermögens, z. B. im Beteiligungshandbuch,
sind keine verbindlichen Regelungen.
Der Landesrechnungshof hält die bisherige uneinheitliche Praxis bei der Ausschrei-
bung und Besetzung der Geschäftsführerpositionen für ungeeignet.
Das Ministerium der Finanzen ist seiner Rolle als Gesellschafter der Landesbeteiligun-
gen und damit bei der Verwaltung des Landesvermögens nicht hinreichend nachge-
kommen. Das Ministerium der Finanzen hat zu gewährleisten, dass die einschlägigen
Regelungen des Beteiligungshandbuches auch in den Tochtergesellschaften umge-
setzt werden.
1. Vorbemerkung
Wir haben im Jahr 2019 die Anstellungsverträge der Geschäftsführer und Prokuristen bei
Mehrheitsgesellschaften des Landes und ihren Töchtern geprüft. Insgesamt umfasste die Prü-
fung 57 Verträge der Geschäftsführung im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezem-
ber 2018. In der Anlage zu diesem Jahresbericht sind die geprüften Landesbeteiligungen dar-
gestellt.
Bereits in den Jahren 2002 und 2007 hatten wir Prüfungen zu diesem Thema durchgeführt. Im
Ergebnis der ersten Prüfung fasste der Landtag am 11. November 2004 einen Beschluss zur
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 7
möglichen Höhe der Vergütung für Geschäftsführer von Landesbeteiligungen (vgl. LT-Drs.
4/49/1864 B).
Mit der Prüfung im Jahr 2007 hatten wir die Umsetzung des Landtagsbeschlusses überprüft
und über das Ergebnis gegenüber dem Landtag berichtet. Das Ministerium der Finanzen
sicherte in seinem Schreiben vom 28. September 2009 zu, im Rahmen der Wahrnehmung
seiner Querschnittsaufgaben auf die Beachtung des Landtagsbeschlusses (LT-Drs. 4/49/1864
B) hinzuwirken.
Grundlagen unserer aktuellen Prüfung waren der Landtagsbeschluss LT-Drs. 4/49/1864 B
vom 11. November 2004 mit der Selbstverpflichtung des Ministeriums der Finanzen aus dem
Jahr 2011, diesen auch weiterhin zu beachten und der Landtagsbeschluss LT-Drs. 7/3758
vom 19. Dezember 2018 sowie das im Jahr 2013 eingeführte Beteiligungshandbuch des Lan-
des.1
Bis zum Jahr 2013 waren die einzelnen Fachministerien Gesellschafter der Beteiligungen. Das
Ministerium der Finanzen hatte bis zu diesem Zeitpunkt bei Personalangelegenheiten von Ge-
schäftsführern und leitenden Angestellten eine Querschnittsaufgabe hinsichtlich arbeitsrecht-
licher und versorgungsrechtlicher Grundsatzfragen. Seit November 2013 wird die Gesellschaf-
terfunktion zentral durch das Ministerium der Finanzen wahrgenommen. Es übt damit die Ge-
sellschafterrechte für alle Landesbeteiligungen aus und ist insofern auch für den Abschluss
der Geschäftsführeranstellungsverträge verantwortlich.
Entsprechend der Landtagsbeschlüsse soll die Gesamtvergütung von Geschäftsführern an
der Besoldung vergleichbarer Funktionen in der Landesverwaltung ausgerichtet sein. Die
Obergrenze für die Gesamtvergütung bildet die Besoldung eines Staatssekretärs (BesGr. B 9),
die nur in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden darf.
Im Beteiligungshandbuch sind u. a. Zuständigkeiten der Unternehmen und Organe und die
Angemessenheitskriterien für die Gesamtvergütung der Geschäftsführer festgelegt. Die An-
teilseignerversammlung (Gesellschafterversammlung) ist zuständig für die Festlegung der Ge-
samtvergütung der Mitglieder der Geschäftsleitung. Im Falle der geprüften Mehrheitsbeteili-
gungen ist damit das Land, vertreten durch das Ministerium der Finanzen, für die Höhe der
Vergütung verantwortlich.
1 Handbuch für das Beteiligungsmanagement (Beteiligungshandbuch), zuletzt geändert i. d. F. vom 14. Januar
2019, MBl. LSA S. 66
8 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Im Jahr 2018 überarbeitete das Ministerium der Finanzen das Beteiligungshandbuch. Danach
sollte die Vergütung vergleichbarer Unternehmen der Wirtschaft künftig als Vergleichsmaß-
stab für die Vergütung der Geschäftsführer von Landesgesellschaften herangezogen werden.
Die Vergütungsstruktur innerhalb der Landesverwaltung wird als letztes Angemessenheits-kri-
terium genannt. Diese neue Gewichtung zum Bestimmen der Angemessenheit der Vergütung
haben wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens kritisiert. Die Vergleichbarkeit mit
anderen Unternehmen am Markt ist meist nicht gegeben. Unternehmen mit Landesbeteiligung
sind grundsätzlich im Landesinteresse tätig und weisen Besonderheiten vor allem bei der Fi-
nanzierung im Vergleich zu privaten Unternehmen auf. Auch das unternehmerische
Risiko ist anders zu bewerten.
Der Landtag folgte den Hinweisen des Landesrechnungshofes und legte mit Beschluss vom
19. Dezember 2018 fest:
„Die Landesregierung ist gebeten, …
… bei der Festlegung und Dokumentation der Vergütung ist der besonderen Stel-
lung von Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung Rechnung zu tragen. Die mehr
oder weniger ausgeprägte Nähe zum Land führt dazu, dass der Verhandlungs-
spielraum wesentlich restriktiver ist, als in der freien Wirtschaft. Daher bietet die
Vergütungsstruktur auf dem freien Markt allein kein hinreichendes Kriterium für die
Ermittlung der Vergütungshöhe. Die Gesamtvergütung darf deshalb die Besoldung
eines Staatssekretärs grundsätzlich nur in begründeten Ausnahmefällen überstei-
gen.“
Nach dieser Beschlussfassung ist die Vergütungsstruktur innerhalb der Landesverwaltung
weiterhin Maßstab und darf insbesondere die Besoldung eines Staatssekretärs nur in begrün-
deten Ausnahmefällen übersteigen.
Das Ministerium der Finanzen teilte in seiner Stellungnahme zum Jahresbericht vom 23. No-
vember 2020 mit:
„Durch die Festlegung von starren ‚Obergrenzen‘ würde allerdings der zur Gewin-
nung von geeigneten Führungspersonal für Gehaltsverhandlungen erforderliche
Handlungsrahmen unangemessen reduziert. Eine alleinige Ausrichtung der maxi-
malen Gesamtvergütung von Geschäftsführern an der Besoldungsstruktur des öf-
fentlichen Dienstes wäre auch nicht sachgerecht … .“ Darüber hinaus „… hat sich
die Landesregierung verpflichtet, künftig bei Gehaltsverhandlungen mit Geschäfts-
führern, sofern im Einzelfall die Gesamtvergütung vergleichbarer Funktionen in der
Landesverwaltung, insbesondere diejenige eines Staatssekretärs übersteigen
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 9
sollte, die Angemessenheit der Gesamtvergütung anhand der im PCGK2 [= Public
Corporate Gouvernance Codex des Landes Sachsen-Anhalt] aufgeführten Krite-
rien zu begründen und zu dokumentieren.“
Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die Gesellschaften zum Landesvermö-
gen gehören. Die Vergütung ihrer Geschäftsführer sollte die Vergütung von vergleich-
baren Funktionen in der Landesverwaltung nicht überschreiten. Bei einem Überschrei-
ten der Obergrenzen im Ausnahmefall erwartet der Landesrechnungshof, dass künftig
eine objektive und nachvollziehbare schriftliche Begründung unter Beachtung des
Landtagsbeschlusses erfolgt. Der Landesrechnungshof sieht es als notwendig an, dass
eine Anpassung des PCGK an die Vorgaben des Landtages zeitnah stattfindet.
2. Vergütungsvereinbarungen in den Anstellungsverträgen
2.1 Klassifizierung der Landesgesellschaften
Nach dem Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2004 hat eine Klassifizierung der Landesgesell-
schaften zu erfolgen. Dabei sollte für die Geschäftsführervergütung bei mittelständischen Un-
ternehmen mit behördenähnlichen Strukturen und Aufgaben die Besoldung eines Referatslei-
ters (BesGr. B 2) die Obergrenze bilden. Bei größeren Unternehmen mit behördenähnlichen
Strukturen und Aufgaben sollte die Vergütung die Besoldung eines Abteilungsleiters (BesGr.
B 5) nicht übersteigen. Bei besonders leistungsstarken Gesellschaften mit bedeutendem Ge-
staltungsauftrag des Landes konnte die Besoldung eines Staatssekretärs die Obergrenze bil-
den (BesGr. B 9).
Das Ministerium der Finanzen hat auch nach über 15 Jahren den Landtagsbeschluss aus dem
Jahr 2004 zur Klassifizierung aller Landesgesellschaften nicht umgesetzt. Nur so kann eine
angemessene Vergütungshöhe transparent und nachvollziehbar vereinbart werden.
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass diese Klassifizierung eine notwen-
dige Voraussetzung für das Bestimmen der jeweiligen Obergrenze der Vergütung der
einzelnen Geschäftsführer entsprechend vergleichbarer Funktionen in der Landesver-
waltung ist.
2 Der PCGK ist Teil A des Beteiligungshandbuches
10 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Klassifizierung nun umgehend vorgenom-
men wird und im Rahmen der anstehenden Neubesetzungen der Geschäftsführerposi-
tionen strikte Anwendung findet.
2.2 Ermittlung der Vergütungshöhe
Zur Umsetzung der Vorgaben des Landtages entwickelte das Ministerium der Finanzen im
Jahr 2011 eine Arbeitshilfe und stimmte diese mit dem Landesrechnungshof ab.
Mit der Arbeitshilfe werden alle relevanten Kosten, sog. Vergleichskosten, für einen Landes-
beamten in einer vergleichbaren Funktion ermittelt. Berücksichtigt werden auch Vergütungs-
bestandteile, die den Landesbeamten nicht direkt ausgezahlt werden, aber als Personalkosten
in die Berechnung einfließen, wie der Versorgungszuschlag in Höhe von 35,1 % bzw. 35,7 %
der Besoldung. Der Versorgungszuschlag ist eine rechnerische Größe, um die künftige Alters-
versorgung (Pensionsansprüche) abzubilden. Eine Anpassung erfolgt regelmäßig.3
Tabelle 1: Vergleichskosten für die BesGr. B 2, B 5 und B 9 nach Berechnung des
Landesrechnungshofes
Kosten BesGr. B 2 BesGr. B 5 BesGr. B 9
Grundgehalt (für 12 Monate)
88.531 105.466 130.576
Versorgungszuschlag 32.339 38.385 47.349
Sonstiges4 6.900
6.900
6.900
gesamt 127.770 150.751 184.825
Quelle: Berechnungen des Landesrechnungshofes, Angaben in € gerundet, Stand 1. Januar 2018
Bei den von uns durchgeführten Vergleichsberechnungen haben wir auf die rechtliche Ausge-
staltung der Verträge abgestellt, nicht auf ggf. abweichende Zahlungen, z. B. durch die antei-
lige Auszahlung der Tantieme. In den geprüften Landesbeteiligungen reicht die Bandbreite der
Vergütung für Geschäftsführer von unter BesGr. A 15 bis über BesGr. B 9.
Die von den Gesellschaften zu leistenden Arbeitgeberanteile zu den Kranken-, Pflege-, Ar-
beitslosen- und Rentenversicherungsbeiträgen sowie ggf. weitere Arbeitgeberanteile werden
ermittelt und zum Grundgehalt addiert. Die Differenz zwischen dieser Summe und den Ver-
gleichskosten eines Beamten stellt den maximalen Verhandlungsspielraum für die
3 Ab 2019: 39,5 % Versorgungszuschlag 4 Familienzuschlag, Sonderzahlung, Beihilfe, Trennungsgeld/Umzugskosten, vermögenswirksame Leistungen
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 11
Gesamtvergütung des jeweiligen Geschäftsführers dar. Hierbei steht es den Vertragsparteien
unter Beachtung der Regelungen im Beteiligungshandbuch frei, z. B. eine Erhöhung des
Grundgehaltes, eine Tantieme, eine private/betriebliche Altersvorsorge oder sonstige Leistun-
gen zu vereinbaren.
In der nachfolgenden Tabelle wird rechnerisch der sich ergebende Verhandlungsspielraum
beispielhaft für die Geschäftsführer in den vergleichbaren Funktionen der Besoldungsgruppe
B 2 und B 9 dargestellt.
Tabelle 2: Darstellung der Vergleichskosten für die Vergütung von Geschäftsführern
Personalvollkosten ei-nes Geschäftsführers
vergleichbar einer Funktion der BesGr. B 2
vergleichbar einer Funktion der BesGr. B 9
Grundgehalt 88.531 130.576
AG-Anteile Renten-, Kran-ken-, Pflege- und Arbeits-losenversicherung
12.070 12.070
Zwischensumme 100.601 142.646
Vergleichskosten Beamter 127.770 184.825
Verhandlungsspielraum z. B. für Tantieme, pri-vate/betriebliche Alters-vorsorge, sonstige Leis-tungen, Erhöhung des Grundgehaltes
27.169 42.179
Quelle: Berechnungen des Landesrechnungshofes, Angaben in € gerundet, Stand 1. Januar 2018
Für die Altersversorgung eines Beamten werden keine sozialversicherungspflichtigen Beiträge
abgeführt. Gleichwohl wird der Versorgungszuschlag eines Vergleichsbeamten bei der Be-
rechnung der zulässigen Gesamtvergütung eines Geschäftsführers berücksichtigt.
Nach unserer Ansicht ergibt sich auch dadurch bei den Vertragsverhandlungen mit den Ge-
schäftsführern ein ausreichender Spielraum. Neben den Pflichtbeiträgen zur Sozialversiche-
rung können weitere Vergütungsbestandteile, wie zusätzliche private Altersvorsorgeleistungen
oder die Nutzung von Dienstwagen, vereinbart werden.
Das Ministerium der Finanzen teilte in seiner Stellungnahme mit:
„Der Versorgungszuschlag fließt als Rechengröße zur Ermittlung der Vollkosten
eines Landesbeamten in vergleichbarer Funktion ein. Auf dieser Grundlage wird
die konkrete Höhe und Zusammensetzung (Grundgehalt, Tantieme, betriebliche
Altersvorsorge, sonstige Leistungen) der Geschäftsführung verhandelt. Dabei sei
12 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
darauf verwiesen, dass nach dem Landtagsbeschluss vom 18. Dezember 2018
auch eine Überschreitung des so ermittelten Vergleichsbetrags zulässig ist, wenn
diese anhand der dort genannten Angemessenheitskriterien begründet werden
kann.“
Die Arbeitshilfe zur Ermittlung der maximalen Vergütungshöhe wurde zwischen dem Ministe-
rium der Finanzen und dem Landesrechnungshof im Jahre 2011 abgestimmt und hat sich nach
Einschätzung des Ministeriums der Finanzen und des Landesrechnungshofes zur Ermittlung
der Vollkosten bewährt.
Nach Ansicht des Landesrechnungshofes besteht durch die Anrechnung des Versor-
gungszuschlages bei den Vergleichskosten genügend Spielraum zur Festlegung der
Gesamtvergütung der Geschäftsführer. Überschreitungen sind nur im Ausnahmefall zu-
lässig. Sie sind ausreichend zu begründen sowie zu dokumentieren.
2.3 Abgaben an die Sozialversicherung
Die Geschäftsführer der Landesgesellschaften sind sogenannte Fremdgeschäftsführer und
unterliegen aufgrund ihrer abhängigen Beschäftigung gemäß § 257 Abs. 2 und 2a) SGB V bis
zur Höhe der gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherungspflicht. Die ge-
setzlichen Sozialabgaben wurden bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze für alle Ge-
schäftsführer der geprüften Gesellschaften abgeführt.
Damit zahlt das Land als Arbeitgeber für Geschäftsführer bis zur Beitragsbemessungsgrenze
Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
Das Ministerium der Finanzen hat in der Sitzung des Ausschusses für Finanzen am 7. Novem-
ber 2018 mitgeteilt, „dass der Geschäftsführer für seine Altersvorsorge selber sorgen müsse.“
Diese Aussage widerspricht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht und hat sich im Rah-
men unserer Prüfung nicht bestätigt.
Der Landesrechnungshof stellt fest, dass die Landesgesellschaften bis zur Höhe der
jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze die gesetzlichen Sozialabgaben für ihre Ge-
schäftsführer abführen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 13
2.4 Dynamisierung der Geschäftsführervergütung
Bisher sahen die Geschäftsführeranstellungsverträge keine Dynamisierung innerhalb der Ver-
tragslaufzeiten vor.
Im Stellungnahmeverfahren zu unserer Prüfung teilte das Ministerium der Finanzen mit:
„Das MF [= Ministerium der Finanzen] wird die Arbeitshilfe weiter anwenden und
unter Berücksichtigung des Dynamisierungsausgleichs jährlich fortschreiben.“
Mögliche künftige Tarifsteigerungen der Bezüge in der Landesverwaltung will das Ministerium
der Finanzen mittels eines Dynamisierungsfaktors in den Vergleichsberechnungen für die Ge-
schäftsführervergütungen vorab berücksichtigen. Dabei unterstellt das Ministerium der Finan-
zen, dass die durchschnittlichen Tarifsteigerungen der Jahre 2008 bis 2018 auch für die Zu-
kunft eintreten werden. Mit der Einführung des Dynamisierungsfaktors schafft das Ministerium
der Finanzen die Möglichkeit der Steigerung der Obergrenzen.
Bei einem fünfjährigen Anstellungsvertrag unterstellt das Ministerium der Finanzen, dass eine
Besoldungserhöhung der Beamten in den vier folgenden Jahren nach Vertragsabschluss je-
weils entsprechend der durchschnittlichen Steigerung der Beamtenbesoldung im Zeitraum
2008 bis 2018 erfolgt und überträgt diese vorab in den entsprechenden Geschäftsführeran-
stellungsvertrag. Somit erhöht sich die Vergütung der Geschäftsführer automatisch im zweiten
Jahr um 2,58 %, im dritten Jahr um 5,23 %, im vierten Jahr um 7,95 % und im fünften Jahr um
10,73 %. Ob die unterstellte Tarifentwicklung eintritt, hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfüh-
rervergütungen.
Die Mehrbelastungen für die Beteiligungsunternehmen durch die Einführung des Dynamisie-
rungsfaktors, bezogen auf eine fünfjährige Vertragslaufzeit, zeigt die nachfolgende Übersicht:
14 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Tabelle 3: Vergleichskosten (Personalvollkosten) mit und ohne Dynamisierung
(in € gerundet)
2018 bis 2022 BesGr. B 2 BesGr. B 5 BesGr. B 9
Summe Personal-vollkosten* ohne Dy-namisierung
638.849 753.754 924.125
Summe Personal-vollkosten* mit Dy-namisierung
672.996 793.867 973.083
Erhöhung der Per-sonalvollkosten*
34.147 40.113 48.959
* Rechnerische Summe der Personalkosten für eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren, ab 1. Januar 2018 (Be-
rechnung der Dynamisierung anhand Berechnungsschema des Ministeriums der Finanzen)
Im Durchschnitt der Jahre von 2018 bis 2022 würden sich die Vollkosten der BesGr. B 9 von
monatlich 15.402 € auf 16.218 € erhöhen. Durch die vorweggenommene Dynamisierung ent-
stünden 816 € Mehrkosten pro Monat und Geschäftsführer bzw. würde dies für jeden Ge-
schäftsführer eine Gehaltserhöhung um 816 € im Monat bzw. fast 50.000 € in fünf Jahren
bedeuten.
Das Ministerium der Finanzen begründet den Ausgleichsfaktor damit, dass nunmehr eine Ver-
gleichbarkeit nicht nur für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern für die regelmäßig
fünfjährige Vertragslaufzeit insgesamt hergestellt wird.
In der Stellungnahme teilte das Ministerium der Finanzen mit, dass bislang noch keine ab-
schließende Verständigung zwischen dem Landesrechnungshof und dem Ministerium der
Finanzen zur Fortentwicklung der Arbeitshilfe erfolgt ist. Es handle sich hierbei um eine „…
eher ‚technische‘ Diskussion über eine künftige Weiterentwicklung der Arbeitshilfe …“, die au-
ßerhalb eines Jahresberichts zu erörtern sei.
Dieser Stellungnahme können wir nicht folgen, da es sich aus unserer Sicht nicht um eine
technische Diskussion, sondern um eine grundsätzliche Frage mit erheblicher finanzieller Aus-
wirkung handelt.
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass die Vorwegnahme zukünftiger Tarif-
entwicklungen nicht den Vorgaben des Landtages entspricht. Aus Sicht des Landes-
rechnungshofes ist der Maßstab für die Vergleichbarkeit der Zeitpunkt des Vertragsab-
schlusses.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 15
2.5 Anrechnung von Zielvereinbarungen
Bisher wurden zur Ermittlung der maximalen Gesamtvergütung die vertraglich vereinbarten
variablen Vergütungen, die mit den Zielvereinbarungen erreicht werden konnten, angesetzt.
Das Ministerium der Finanzen beabsichtigt, für die Zwecke des Personalkostenvergleichs die
variable Vergütung lediglich mit drei Vierteln ihres Maximalwertes zu berücksichtigen.
Im Prüfverfahren äußerte sich das Ministerium der Finanzen am 6. Juli 2020 wie folgt:
„Beim Vergleich der Personalkosten wurden vom LRH die variablen Vergütungs-
bestandteile stets mit ihrem Maximalwert berücksichtigt, d. h. wie ein Fixgehalt an-
gesetzt. Aus Sicht des MF [= Ministerium der Finanzen] ist dieses keine zutref-
fende Bewertung der variablen Vergütungsbestandteile.“ … Dies führt „… zu ei-
nem überhöhten Vergleichswert, da die mit der Variabilität verbundenen Unsicher-
heiten nicht berücksichtigt werden. Das MF setzt daher für die Zwecke des Voll-
kostenvergleichs die variablen Vergütungsbestandteile mit drei Vierteln ihres Ma-
ximalwertes an, um die Unsicherheit und Ausfallwahrscheinlichkeit der variablen
Vergütung im Vergleich zu den gesetzlich garantierten Bezügen eines Landesbe-
diensteten angemessen zu würdigen.“
Das Ministerium der Finanzen weist bezüglich des Erreichens der vereinbarten Ziele auf seine
Praxiserfahrungen hin. Eine durchschnittliche regelmäßige Zielerreichungsquote von 75 %
konnten wir in unserer Prüfung nicht feststellen. Für das Jahr 2017 erhielten die Geschäftsfüh-
rer bis auf wenige Ausnahmen zwischen 90 % und 100 % der vereinbarten Tantieme.
Wir geben zu bedenken, dass in den Fällen der vollständigen Auszahlung der Tantieme die
Gesamtvergütung der Geschäftsführer über der eines vergleichbaren Landesbeamten liegen
würde und somit die Grenzen des Landtagsbeschlusses überschreitet. Der aktuelle Landtags-
beschluss aus dem Jahr 2018 bezieht sich auf die vereinbarte und nicht auf die tatsächlich
gezahlte Vergütung.
In der Stellungnahme teilte das Ministerium der Finanzen mit, dass es sich auch bei diesem
Punkt um eine „… eher ‚technische‘ Diskussion über eine künftige Weiterentwicklung der Ar-
beitshilfe …“ handle, die außerhalb eines Jahresberichts zu erörtern sei.
Dieser Stellungnahme können wir gleichfalls nicht folgen, da es sich aus unserer Sicht auch
in diesem Punkt nicht um eine technische Diskussion, sondern um eine grundsätzliche Frage
mit erheblicher finanzieller Auswirkung handelt.
16 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Aus Sicht des Landesrechnungshofes ist die vertraglich vereinbarte variable Vergütung
zu 100 % bei der Berechnung der Gesamtvergütung zu berücksichtigen.
Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die in den Landtagsbeschlüssen fest-
gelegte Gesamtvergütung Obergrenzen und keine Zielwerte darstellen.
2.6 Obergrenzen der Vergütung
Die in den Landtagsbeschlüssen festgelegten Obergrenzen der Gesamtvergütung dürfen nur
in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden.
Die im Rahmen unserer Prüfung festgestellten Überschreitungen wurden nicht nachvollzieh-
bar dokumentiert. Folgende konkrete Sachverhalte haben wir festgestellt:
Eine Gesellschaft verfügte zunächst über einen Geschäftsführer und zwei Prokuristen. Nach
Ausscheiden eines Prokuristen ist dieser durch die Bestellung eines weiteren Geschäftsfüh-
rers ersetzt worden. Nach Auffassung des Ministeriums der Finanzen sollte die Bestellung von
zwei Geschäftsführern und einem Prokuristen finanziell günstiger sein als die Fortführung des
bestehenden Geschäftsführeranstellungsvertrages und der beiden Prokuristen.
Wir stellten hierzu fest, dass die Personalkosten im Jahr 2018 den Höchstwert vor dem Sys-
temwechsel nahezu wieder erreicht hatten. Die Personalkosten für die Geschäftsführung im
Jahr 2018 beliefen sich bei der geprüften Gesellschaft auf 453.435 €. Die Ursachen für diese
Entwicklung lagen u. a. in einer überproportionalen Anpassung der Vergütung für einen Teil
der Geschäftsführung. Das Ziel der Personalkostenreduzierung wurde durch den System-
wechsel auf zwei Geschäftsführer und einen Prokuristen nicht erreicht.
Nach Auffassung des Ministeriums der Finanzen entstanden keine wesentlichen Mehrbelas-
tungen durch die Doppelspitze in der Geschäftsführung. Die Anhebung der Geschäftsführer-
vergütungen schätzt das Ministerium der Finanzen als angemessen ein. Schließlich konnten
kostenintensive Personalstrukturen in der zweiten Führungsebene des Unternehmens abge-
baut werden. Weiterhin begründet das Ministerium der Finanzen die Angemessenheit der ver-
traglich vereinbarten Gesamtvergütung der Geschäftsführer damit, dass die an Zielvereinba-
rungen geknüpfte variable Vergütung im Jahr 2018 nicht zu 100 % erreicht worden ist. Unter
Beachtung eines Dynamisierungsfaktors entsprechend der Tarifabschlüsse der Länder läge
die Vergütung der Geschäftsführerin sogar geringfügig schlechter gegenüber einer BesGr.
B 9-Besoldung.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 17
Wir können der Argumentation des Ministeriums der Finanzen nicht folgen. Insbesondere kann
die Anwendung eines Dynamisierungsfaktors nicht rückwirkend als Begründung für eine an-
gemessene Geschäftsführervergütung dienen.
Der Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers bei einer weiteren Gesellschaft überschritt mit
seinen vereinbarten Vergütungsbestandteilen ebenfalls die Personalkosten für einen Staats-
sekretär in der BesGr. B 9. Eine hinreichende Begründung und Dokumentation für die Ent-
scheidung der Vergütung aufgrund der Größe und besonderen Bedeutung der Gesellschaft,
der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und der persönlichen Kompetenz und Leistung
des Mitgliedes der Geschäftsleitung konnte uns nicht vorgelegt werden.
In der Stellungnahme des Ministeriums der Finanzen wird auf die Antwort des zum Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses zuständigen Fachministeriums verwiesen. Danach orientierte sich
die Höhe der Gesamtvergütung der Geschäftsführer an dem von Kienbaum Consultants Inter-
national GmbH herausgegebenen Vergütungsreport.
Wir sind der Ansicht, dass der Verweis auf den Kienbaum-Vergütungsreport nicht die vom
Landtag geforderte Begründung ersetzt, um die Überschreitung der Vergütungsobergrenze zu
rechtfertigen.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium der Finanzen zukünftig die
Vorgaben des Landtages beim Abschluss von Geschäftsführerverträgen beachtet.
2.7 Anreizwirkung der Zielvereinbarungen
Im Beteiligungshandbuch werden die Angemessenheitskriterien für die Gesamtvergütung der
Geschäftsführer festgelegt. Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile werden näher definiert.
Ein Ziel soll so definiert werden, dass die Zielrichtung die strategische Ausrichtung des Unter-
nehmens widerspiegelt, die Messgröße diese auch tatsächlich abbildet und die Zielhöhe mit
Anstrengung realistisch erreichbar und motivierend ist.
Wir stellten fest, dass die geschlossenen Zielvereinbarungen keine Anreizwirkung entfalten.
So werden zum Beispiel mit Geschäftsführern und Prokuristen von Tochtergesellschaften5 Bo-
nuszahlungen vereinbart, wenn sie an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Auch bei Ver-
zicht auf einen Dienstwagen erfolgt eine Bonuszahlung. Bereits die Erfüllung des geplanten
Jahresergebnisses führt zur Gewährung von 50 % des Bonusrahmens.
5 Eine Tochtergesellschaft ist ein Unternehmen (z. B. GmbH), welches von einer Landesgesellschaft gehalten
und kontrolliert wird. Es ist somit eine mittelbare Gesellschaft (= Beteiligung) und mithin Vermögen des Landes.
18 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Aus Sicht des Ministeriums der Finanzen kann es sinnvoll sein, auch eine Aufgabe, die zum
Bereich der Geschäftsführertätigkeit gehört, zum Gegenstand einer Zielvereinbarung zu ma-
chen. Dieses ist insbesondere der Fall, wenn an der Erfüllung der Aufgabe ein besonderes
Interesse der Anteilseigner besteht oder die Erfüllung der Aufgabe mit einem besonderen Auf-
wand verbunden ist.
Nach unserer Ansicht sind reguläre Aufgaben der Geschäftsführer mit der Grundvergütung
abgegolten und sollten nicht Gegenstand von erfolgsorientierten Vergütungen sein.
Im Zuge der nächsten Überarbeitung des Beteiligungshandbuches will das Beteiligungsma-
nagement [= das Ministerium der Finanzen] überprüfen, ob an der Empfehlung zur Mehrjäh-
rigkeit von Zielvereinbarungen festgehalten werden soll.
„Durch die vertragliche Ausgestaltung der Tantieme als variabler Teil der Jahres-
vergütung ist eine Anknüpfung an mehrjährige Ziele nur in Form von jährlichen
Teilzielen möglich. Alternativ wäre nur eine, über den vertraglich festgelegten jähr-
lichen Tantiemerahmen hinausgehende zusätzliche Vergütungsmöglichkeit für die
Geschäftsführer attraktiv und somit vertraglich durchsetzbar. Dies würde mitunter
zu einer Anhebung der Gesamtvergütung führen.“
Der Landesrechnungshof teilt die Auffassung des Ministeriums der Finanzen nicht. Die
variable Vergütung (Tantieme) sollte auf die stetige und wirtschaftliche Verfolgung des
wichtigen Landesinteresses ausgerichtet sein. Dazu sollte diese einmalig oder regel-
mäßig (z. B. jährlich) wiederkehrende Tantiemebestandteile beinhalten, die an die per-
sönliche Leistung und an den dauerhaften Erfolg des Unternehmens anknüpfen. Dar-
über hinaus bieten sich Komponenten an, welche langfristige Anreizwirkung (mehrjäh-
rige und zukunftsbezogene Bemessungsgrundlage) und Risikocharakter in sich verei-
nen (z. B. Bonus-Malus-System). Der Landesrechnungshof erwartet, dass künftig die
Umsetzung des wichtigen Landesinteresses und die persönliche Leistung der Ge-
schäftsführung mehr Gewicht erhalten.
2.8 Einzelfallregelungen in den geprüften Anstellungsverträgen
Bei der Prüfung der Anstellungsverträge der Geschäftsführer stellten wir fest, dass einige Ein-
zelfallregelungen nicht nachvollziehbar und unangemessen sind.
a) Eine Gesellschaft hat für einen langjährigen Geschäftsführer neben den Arbeitgeberanteilen
zur Rentenversicherung seit seiner Anstellung als Geschäftsführer zusätzlich einen
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 19
monatlichen Zuschuss für eine private Rentenversicherung vereinbart und gezahlt. Nach dem
Ende der Laufzeit dieser privaten Rentenversicherung und deren Auszahlung an den Ge-
schäftsführer wurden Beiträge für eine betriebliche Altersvorsorge an eine Unterstützungs-
kasse gezahlt.
Kurz vor Eintritt in den Ruhestand des Geschäftsführers wurde mit ihm eine zusätzliche Zah-
lung eines lebenslangen Ruhegehaltes i. H. v. 1.500 € pro Monat vereinbart. Diese Zahlung
war nicht Bestandteil des bisherigen Anstellungsvertrages.
Für diese zusätzliche Rente an diesen Geschäftsführer musste die Gesellschaft Rückstellun-
gen im sechsstelligen Euro-Bereich bilden.
Das Ministerium der Finanzen teilte im Rahmen seiner Stellungnahme im Prüfverfahren mit,
dass nach Auskunft des Geschäftsführers dieser mit dem Renteneintritt nur einen Anspruch
aus der gesetzlichen Rente in Höhe von weniger als einem Viertel seines letzten Nettogehalts
hat. Eine derart niedrige Absicherung sei nach Auskunft von einem Mitglied des Aufsichtsrates
für ausscheidende Geschäftsführer … ungewöhnlich niedrig. Üblich sei eine Versorgung in
Höhe von etwa 50 % der letzten Nettobezüge.
Mit der Rentenzusage sollten die besonders hervorragenden Leistungen als Geschäftsführer
über einen Zeitraum von fast 30 Jahren gewürdigt werden.
Durch die Zusage der Rente sollte eine gewisse Aufholung und Gleichstellung mit den Ge-
schäftsführern anderer vergleichbarer Gesellschaften erfolgen.
Die BesGr. B 9 wurde zu keinem Zeitpunkt überschritten. Die Argumentation des Aufsichtsra-
tes über die Gewährung der betrieblichen Altersversorgung wurde durch das Ministerium der
Finanzen vollumfänglich mitgetragen.
Wir können der Argumentation des Ministeriums der Finanzen nicht folgen. Wie das Ministe-
rium der Finanzen darstellt, war der Geschäftsführer fast 30 Jahre für die Gesellschaft tätig.
Es wurden somit für diesen Zeitraum Beiträge sowohl in die gesetzliche Rentenversicherung
als auch in eine zusätzliche private Rentenversicherung zugunsten des Geschäftsführers ein-
gezahlt. Bei der Entscheidungsfindung zur Gewährung der lebenslangen Rente blieben die
fast 30-jährige Einzahlung in die zusätzliche private Rentenversicherung durch die Gesell-
schaft unberücksichtigt.
Ein Geschäftsführer, der eine Vergütung oberhalb der BesGr. B 5 erhielt und für den bis zum
60. Lebensjahr in eine private Rentenversicherung sowie anschließend in eine betriebliche
Altersvorsorge durch die Gesellschaft eingezahlt worden ist, hat keinen Anspruch auf eine
zusätzliche lebenslange Rente bei Entstehen einer Versorgungslücke. Die Absicherung einer
möglichen Rentenlücke liegt in der eigenen Verantwortung des Geschäftsführers.
20 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Diese Gesellschaft ist die Einzige, die in Absprache mit dem Landesrechnungshof klassifiziert
wurde. Im Ergebnis sollte sich die Vergütung des Geschäftsführers an der BesGr. B 5 orien-
tieren und damit deutlich unterhalb der BesGr. B 9 liegen. Bis zur Gewährung der lebenslan-
gen Rente wurde dieses Prinzip auch eingehalten.
Der Gesellschaft entsteht durch dieses Handeln jährlich ein Schaden von 18.000 €.
Der Landesrechnungshof kritisiert, dass eine lebenslange Rente ohne vertragliche Ver-
pflichtung und ohne Rechtsgrund vereinbart wurde.
b) Bei einem weiteren Geschäftsführer wurde für die Laufzeit des Geschäftsführervertrages
das bestehende Arbeitsverhältnis als Prokurist der Gesellschaft ruhend gestellt. Damit wird im
Fall der Beendigung des Geschäftsführervertrages das Arbeitsverhältnis als Prokurist wieder-
aufleben.
Der Geschäftsführeranstellungsvertrag schloss eine ordentliche Kündigung des Anstellungs-
verhältnisses beiderseitig aus. Bei Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer und somit
Beendigung des Anstellungsverhältnisses besteht die Möglichkeit einer angemessenen Abfin-
dung und eine Rückkehroption in das unbefristete Arbeitsverhältnis als Prokurist.
In seiner Stellungnahme im Prüfverfahren vertritt das Ministerium der Finanzen die Auffas-
sung, dass eine Abfindungsregelung trotz der Rückkehroption berechtigt ist, da mit der Abbe-
rufung und dem Wiederaufleben des bisherigen Anstellungsvertrags eine finanzielle Einbuße
durch den Wegfall der Geschäftsführervergütung hinzunehmen ist, die er nicht verschuldet
hat. Das Ministerium der Finanzen meint, dass bei Rückkehr des Geschäftsführers in das un-
befristete Arbeitsverhältnis als Prokurist weiterhin das Gehalt eines Geschäftsführers durch
die Landesgesellschaft gezahlt werden muss, auch wenn keine Tätigkeit als Geschäftsführer
erbracht wird. Diese Ausgleichszahlung kommt auch nur zum Tragen, wenn der Geschäfts-
führer ohne Angabe von Gründen durch die Gesellschafterversammlung abberufen wird.
Wir kritisieren diese vertragliche Gestaltung ausdrücklich und vertreten die Auffassung, dass
bei der Aufnahme einer Rückkehroption die Zahlung einer Abfindung unabhängig von den
Gründen der Abberufung auszuschließen ist.
Das Ministerium der Finanzen teilte in seiner Stellungnahme mit:
„Die Höhe der Abfindung ist dabei in der Höhe gedeckelt, muss jedoch im Einzelfall
von der Gesellschafterversammlung auf der Grundlage einer Empfehlung des Auf-
sichtsrats festgelegt werden.“
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 21
Die Konkretisierung des Ministeriums der Finanzen ändert nicht unsere Kritik an der vertragli-
chen Regelung.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass künftig keine Abfindungen vereinbart werden,
wenn eine Rückkehroption besteht.
c) Bei zwei Landesbeteiligungen wurden Geschäftsführeranstellungsverträge mit drei Ge-
schäftsführern vorzeitig verlängert. Gleichzeitig wurden die Vergütungsbestandteile für die ur-
sprüngliche Vertragslaufzeit erhöht. In einem Fall führte dies zu Mehraufwendungen und folg-
lich zu einem Schaden i. H. v. 32.000 €.
Der Landtagsbeschluss aus dem Jahr 2004 bestimmt, dass Verträge nicht vorfristig und schon
gar nicht rückwirkend zum Nachteil des Landes geändert werden.
Mit Verweis auf das Beteiligungshandbuch vertritt das Ministerium der Finanzen die Auffas-
sung, dass die Wiederbestellung als Geschäftsführer nicht früher als ein Jahr vor Ablauf des
Vertrags erfolgen soll. Die vorfristige Verlängerung von Verträgen bezeichnet das Ministerium
der Finanzen als „normaler Vorgang“.
Wir können rechtzeitige Vertragsverhandlungen zur Verlängerung nachvollziehen. Eine vor-
fristige inhaltliche Vertragsänderung zum Nachteil des Landes ist auszuschließen.
Der Landesrechnungshof ist der Ansicht, dass erst nach Ablauf des Anstellungsvertra-
ges die Laufzeit des neuen Anstellungsvertrages beginnt. Mit dem Neuabschluss von
Anstellungsverträgen sind in der Regel höhere Kosten für die Landesgesellschaften
verbunden. Das Ministerium der Finanzen sollte verbindliche Regelungen im Beteili-
gungshandbuch aufnehmen, wonach rückwirkende inhaltliche Änderungen bezüglich
der bereits bestehenden Vertragslaufzeit auszuschließen sind.
3. Verfahren bei der Besetzung von Geschäftsführerstellen
Im Prüfungszeitraum waren elf Geschäftsführerstellen bei den geprüften Gesellschaften neu
zu besetzen.
Für sechs Stellen wurden Personalfindungsagenturen beauftragt. In einem dieser Fälle wurde
zwar eine Personalfindungsagentur beauftragt, die Stelle dann jedoch mit einem Mitarbeiter
besetzt, der sich nicht an der Ausschreibung beteiligt hatte.
22 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Die Besetzung von Geschäftsführerpositionen erfolgte bei zwei Gesellschaften durch die Ver-
öffentlichung in der Fach- und Tagespresse.
Drei Geschäftsführerstellen wurden ohne erkennbares Verfahren und ohne Ausschreibung be-
setzt.
Insgesamt ist aus unserer Sicht kein einheitliches und transparentes Verfahren für die Beset-
zung der Geschäftsführerpositionen erkennbar. Aufgrund der mangelnden Dokumentation
konnten wir nicht nachvollziehen, welche Erwägungen bei der Entscheidung über die Beset-
zung der Stellen berücksichtigt wurden.
Wir bewerten die bisherige Praxis bei der Ausschreibung und Besetzung der Geschäftsführer-
positionen als intransparent und kritikwürdig.
Das Ministerium der Finanzen hält die Vorgabe eines verbindlich einzuhaltenden Ver-
fahrens für alle Gesellschaften für nicht zielführend:
„Eine Anlehnung an die formalisierten Stellenbesetzungsverfahren des öffentli-
chen Dienstes würde dazu führen, dass es erhebliche Einbußen bei der Flexibilität
der Besetzungsverfahren gibt.“
Das Ministerium der Finanzen präferiert ein den unterschiedlichen Gegebenheiten der
Gesellschaften angepasstes Auswahlverfahren.
Darüber hinaus teilte das Ministerium der Finanzen mit:
„Die Unterlagen erscheinen möglicherweise deshalb lückenhaft, weil Absprachen
zwischen den Akteuren im Aufsichtsrat … bzw. der Findungskommission teilweise
mündlich oder telefonisch getroffen und diese Absprachen nicht immer protokolliert
wurden. Außerdem ist hier zu beachten, dass die Geschäftsführer … von der Ge-
sellschafterversammlung auf Empfehlung des Aufsichtsrats berufen werden. Das
MF [= Ministerium der Finanzen] ist daher in seiner Funktion als Wahrnehmender
der Gesellschafterrechte des Landes bei der Auswahl der Geschäftsführer nur am
Rande beteiligt, da die Auswahl der Geschäftsführer im Wesentlichen durch den
Aufsichtsrat erfolgt.“
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, ein einheitliches transparentes Ver-
fahren zur Besetzung der Geschäftsführer und Prokuristen von Landesgesellschaften
und ihren Töchtern festzulegen. Es soll gewährleisten, dass alle Entscheidungen im
Rahmen der Besetzung umfassend dokumentiert und begründet werden.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 23
Für den Landesrechnungshof ist es unverzichtbar, dass die Mindestanforderungen an
Besetzungsverfahren in das Beteiligungshandbuch verbindlich aufgenommen werden.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Auswahlverfahren dem Grundsatz der
Bestenauslese folgt. Maßgeblich sind damit die Eignung, Befähigung und fachliche
Leistung des jeweiligen Bewerbers. Die berufliche Erfahrung ist im Auswahlprozess als
ein wesentliches Kriterium entsprechend zu berücksichtigen, zu gewichten und zu do-
kumentieren; Qualifikationen sind zu prüfen.
4. Tochtergesellschaften
Unsere Prüfung umfasste auch die Tochtergesellschaften der mehrheitlichen Landesbeteili-
gungen. Die Regelungen des Beteiligungshandbuches sind ebenso für die Tochtergesell-
schaften von Mehrheitsbeteiligungen des Landes maßgeblich. Wir haben jedoch festgestellt,
dass die Vorgaben für die Geschäftsführer unterschiedlich angewendet werden.
4.1 Gesamtvergütung
Ein Geschäftsführer erhielt über fünf Jahre für seine Tätigkeit in zwei Tochtergesellschaften
eine Gesamtvergütung in Anlehnung an die BesGr. B 6 bis B 7. Dies liegt über der Vergütung
eines Abteilungsleiters im Landesdienst. Bei den Tochtergesellschaften handelt es sich nach
unserer Ansicht um Gesellschaften mit nachrangiger Bedeutung. Dies zeigt sich z. B. daran,
dass nach Ausscheiden des Geschäftsführers die Geschäftsführerposition in Personalunion
von einem anderen Geschäftsführer zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben mit wahrge-
nommen wurde.
Das Ministerium der Finanzen bezieht sich in seiner Stellungnahme im Prüfverfahren lediglich
auf die Ausführungen der Landesgesellschaft. Das Ministerium der Finanzen erklärte:
„Für die konkrete Vertragsgestaltung innerhalb einer Beteiligung, also die Anstel-
lungsverträge von Prokuristen oder die Anstellungsverträge der Geschäftsführer
von Tochtergesellschaften, sind die Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaft
bzw. die zuständigen Organe der Tochtergesellschaft allein verantwortlich. Hier
obliegt es den jeweils Verantwortlichen für die Einhaltung der Gesetze und der
Regeln des BHB zu sorgen.“
Der Landesrechnungshof kritisiert die fehlende Einflussnahme des Ministeriums der
Finanzen auf die Vergütung der Geschäftsführer in Tochtergesellschaften.
24 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
4.2 Zielvereinbarungen
Bezogen auf die Zielvereinbarungen der Geschäftsführung der Tochtergesellschaften haben
wir unterschiedliche Regelungen vorgefunden. In einigen Fällen waren die mit den Zielverein-
barungen zu erreichenden Anreize für uns nicht erkennbar. So erhielt ein Geschäftsführer für
den Verzicht auf einen Dienstwagen einen Bonus. Auch der Besuch von Fortbildungsveran-
staltungen wurde in einigen Fällen honoriert. In den Jahren 2013 bis 2016 konnte ein weiterer
Geschäftsführer eines Tochterunternehmens einen Bonus erzielen, wenn die Muttergesell-
schaft das geplante Jahresergebnis erreichte. Welchen Einfluss der Geschäftsführer direkt auf
das Jahresergebnis der Mutter hat, war für uns nicht nachvollziehbar.
Das Ministerium der Finanzen teilte im Rahmen des Prüfverfahrens mit:
„Die Zielvereinbarungen mit Geschäftsführern der Tochtergesellschaften von
Mehrheitsbeteiligungen des Landes werden durch die Geschäftsführer der Mehr-
heitsbeteiligungen in eigener Zuständigkeit geschlossen. … Das MF [= Ministerium
der Finanzen] hat jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Inhalte der Zielver-
einbarungen, da es nicht an den Verhandlungen beteiligt ist und es keinen Zustim-
mungsvorbehalt zugunsten des Landes gibt. Gleiches gilt für die Zielvereinbarun-
gen der Prokuristen, die von den Geschäftsführern der jeweiligen Gesellschaft in
eigener Verantwortung und ohne Beteiligung des MF bzw. der Muttergesellschaft
geschlossen werden.“
Das Ministerium der Finanzen hat die Geschäftsführer im Nachgang zu unserer Prüfung
auf die Geltung des Beteiligungshandbuches für Tochterunternehmen hingewiesen. Dar-
über hinaus plant das Ministerium der Finanzen bis Herbst 2020 eine Handreichung für
die Geschäftsführer zu erstellen, die wesentliche Grundsätze zum Abschluss von Ziel-
vereinbarungen erläutert. Weiterhin erklärt das Ministerium der Finanzen, dass die mehr-
heitlichen Tochtergesellschaften bereits heute an die Regelungen des Beteiligungshand-
buches gebunden seien. Das Beteiligungshandbuch unterscheide nicht zwischen unmit-
telbaren Beteiligungen mit voller Geltung und mittelbaren Beteiligungen mit einge-
schränkter Geltung. Ein Bedarf für eine gesonderte Übernahme des Beteiligungshand-
buches durch die mehrheitlich mittelbaren Beteiligungen bestehe daher nicht.
Die Geschäftsführer von Muttergesellschaften übernehmen bei den Tochtergesellschaften die
Gesellschafterfunktion und sind für den Abschluss der Geschäftsführeranstellungsverträge so-
wie der Zielvereinbarungen zuständig.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 25
In seiner Stellungnahme teilte das Ministerium der Finanzen mit, dass es mit Stand 17. No-
vember 2020 eine Handreichung „Hinweise zum Abschluss von Zielvereinbarungen“ formuliert
hat und diese kurzfristig an die Geschäftsleitung der Unternehmen mit mehrheitlicher Beteili-
gung des Landes versenden wird.
„Die Beanstandungen des Landesrechnungshofes, die vom MF [= Ministerium der
Finanzen] geteilt werden, wurden in diesem Fall [= Tochterunternehmen] bereits
mit der Geschäftsführung bilateral ausgewertet, um die Geschäftsführung beim
Abschluss zukünftiger Zielvereinbarungen zu sensibilisieren.“
Mit der Handreichung des Ministeriums der Finanzen werden die Regelungen des Beteili-
gungshandbuches nicht verbindlich. In der Handreichung heißt es:
„Sofern von diesen Regelungen abgewichen wird, ist dieses zwingend im Corpo-
rate Governance Bericht offenzulegen und zu begründen.“
Dies reicht aus unserer Sicht für eine Verbindlichkeit nicht aus.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass verbindliche Regelungen für Tochtergesell-
schaften im Beteiligungshandbuch und nicht nur als Handreichung festgelegt werden.
Ein Zustimmungsvorbehalt des Ministeriums der Finanzen ist für Verträge mit Ge-
schäftsleitungen von Tochtergesellschaften verbindlich zu regeln.
4.3 Abfindungen
Mit dem Geschäftsführer der Tochter einer Landesgesellschaft wurde ein befristeter Anstel-
lungsvertrag geschlossen. Dieser hätte sich nur verlängert, wenn mit der Gesellschafterver-
sammlung eine Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses vereinbart worden wäre. Der An-
stellungsvertrag mit dem Geschäftsführer wurde von der Gesellschafterversammlung nicht
verlängert. Einen Monat vor Vertragsende wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen. In die-
sem wurde u. a. eine Abfindung vereinbart. Aus unserer Sicht war diese Verfahrensweise nicht
nachvollziehbar und unangemessen.
Gemäß der Stellungnahme des Ministeriums der Finanzen im Prüfverfahren werden Vertrags-
beziehungen zu den Prokuristen und Geschäftsführern der Tochtergesellschaften von den Ge-
schäftsführern der Muttergesellschaften in eigener Verantwortung ohne Beteiligung des Minis-
teriums der Finanzen geregelt.
Die Weiterbeschäftigung war nach der Einschätzung des Gesellschafters aufgrund der massi-
ven und öffentlichen Kritik keine Option.
26 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Die Geschäftsführung der Muttergesellschaft äußerte, dass die Rechtslage bei der Verhand-
lung des Aufhebungsvertrages nicht eindeutig war. Die Zahlung einer moderaten Abfindung
wurde der Gefahr eines langwierigen Rechtsstreits vorgezogen.
Wir stellen fest, dass bei ordnungsgemäßem Handeln von Gesellschafter und Aufsichtsrat eine
Abfindungszahlung hätte vermieden werden können.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium der Finanzen seiner Verant-
wortung als Gesellschafter und Eigentümer der Landesgesellschaften gerecht wird. Es
hat zu gewährleisten, dass die einschlägigen Regelungen, insbesondere für die Vergü-
tung der Geschäftsführer sowie für die Inhalte der Zielvereinbarungen, auch in den
Tochtergesellschaften umgesetzt werden.
5. Fazit
Der Landesrechnungshof hat Verstöße gegen die Vergütungsregelungen des Landes
festgestellt.
Um künftig auch für die Beteiligungen des Landes ein sparsames und wirtschaftliches
Handeln sicherzustellen, ist es nach Ansicht des Landesrechnungshofes notwendig,
dass
− eine Klassifizierung von Landesgesellschaften einschließlich ihrer Töchter zur Um-
setzung des Landtagsbeschlusses aus dem Jahr 2004 vorgenommen wird, um die
jeweilige Obergrenze für die Geschäftsführervergütung in jeder Landesgesellschaft
entsprechend einer vergleichbaren Funktion in der Landesverwaltung transparent
bestimmen zu können,
− mögliche künftige Tarifsteigerungen bei der Ermittlung der Obergrenze der Ge-
schäftsführervergütung nicht vorab gewährt werden,
− vertraglich vereinbarte variable Vergütungen zu 100 % in die Vergleichsberechnun-
gen zur Höhe der maximalen Geschäftsführervergütung einfließen,
− eine Anpassung des Beteiligungshandbuches an die Vorgaben des Landtagsbe-
schlusses sowie eine Konkretisierung der Vorgaben zu den Zielvereinbarungen er-
folgt. Abweichungen von den Landtagsbeschlüssen und den Regelungen im Beteili-
gungshandbuch sind zu begründen und ausreichend zu dokumentieren. Die im Land-
tagsbeschluss aus dem Jahr 2004 erfolgte Festlegung, dass Verträge nicht vorfristig
und schon gar nicht rückwirkend zum Nachteil des Landes geändert werden, muss
weiterhin Bestand haben.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 27
Im Hinblick auf die in den Folgejahren anstehenden zahlreichen Neubesetzungen von
Geschäftsführerpositionen hat das Ministerium der Finanzen sicherzustellen, dass ein
transparentes und nachvollziehbares Besetzungsverfahren zur Anwendung kommt.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium der Finanzen die verbindliche
Anwendung der Regelungen des Beteiligungshandbuches nicht nur für Mehrheitsbetei-
ligungen des Landes, sondern auch für deren Tochtergesellschaften sicherstellt.
Der Landesrechnungshof empfiehlt dem Landtag aufgrund seiner Prüfungsergebnisse,
in jeder Legislaturperiode einen Beschluss zu verbindlichen Vorgaben für Geschäfts-
führervergütungen in Landesgesellschaften zu fassen.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind abgeschlossen.
28 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Einzelplan 13 – Ministerium der Finanzen
Kapitel 13 20 – Vermögensverwaltung
2 Mängel bei der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt
Weder das Bewerbungsverfahren zur Besetzung der Bezirksleiterstellen noch die Aus-
wahl der Bewerber sind hinreichend dokumentiert. Die gewählten Ausschreibungsme-
dien waren nicht ausreichend, um bestqualifiziertes Personal für die Tätigkeit zu gewin-
nen. In zwei Fällen wurden zudem Anstellungsverträge bereits vor Zustimmung des Auf-
sichtsrates abgeschlossen.
Die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt (LTSA) vergibt Lotterie-Fördermittel auf der Basis
von Grundsätzen und ergänzenden Regelungen. Zu einzelnen Verfahrensweisen bzw.
von der LTSA beabsichtigten Verfahrensänderungen hat der Landesrechnungshof An-
merkungen und Empfehlungen. Diese betreffen beispielsweise
− die Bemessung der Zuwendung auf Basis förderfähiger Ausgaben,
− die überhöhte Bewertung von Eigenleistungen sowie
− die Abweichungen von den Fördergrundsätzen bei der Leuchtturmförderung.
Die LTSA verfügt über ein Compliance-Management-System. Bei der Umsetzung und
Anwendung hat der Landesrechnungshof Mängel festgestellt. Das Regelwerk muss
künftig sicherstellen, dass erforderliche Berichterstattungen an den Aufsichtsrat über
entscheidungserhebliche Vorgänge tatsächlich erfolgen.
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass bei einem Sponsoringvertrag Inte-
ressenkonflikte in der Geschäftsführung bestanden.
1. Vorbemerkungen
Der Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 20116 beinhaltet fünf gleichrangige Ziele.
Dazu gehören
− das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern,
− durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in ge-
ordnete und überwachte Bahnen zu lenken,
6 verkündet als Artikel 1 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (GVBl. LSA 2012, S. 204, 216)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 29
− den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten,
− die ordnungsgemäße Spieldurchführung sicherzustellen,
− die Spielerinnen und Spieler vor betrügerischen Machenschaften zu schützen, Folge- und
Begleitkriminalität abzuwehren sowie den Gefahren für die Integrität des sportlichen Wett-
bewerbs vorzubeugen.
Der Glücksspielstaatsvertrag beinhaltet dementsprechend einen explizit an die Länder gerich-
teten Auftrag des Gesetzgebers. Das Land Sachsen-Anhalt stellt diesen gesetzgeberischen
Auftrag mittels der LTSA sicher. Die Anteile an der LTSA werden ausschließlich und unmittel-
bar vom Land gehalten.7
Wir führten von Oktober 2019 bis März 2020 eine Sonderprüfung bei der LTSA durch. Anlass
für diese Prüfung war eine Bitte des Aufsichtsratsvorsitzenden der Gesellschaft. Die LTSA hat
den Landtag mit Schreiben vom 19. August 2019 hierüber unterrichtet.
Prüfungsschwerpunkte waren
− die Organisation der Lotto-Bezirke sowie das Verfahren zur Gewinnung und Vergütung der
Bezirksleiter,
− die Organisation der Lotto-Verkaufsstellen sowie das Verfahren zur Gewinnung und Vergü-
tung der Verkaufsstellen,
− die Ermittlung, Abwicklung und Verwendung von Lotterie-Fördermitteln sowie
− die Einhaltung von Compliance-Regelungen in der LTSA einschließlich der Sicherstellung
von Maßnahmen zur Vermeidung von Geldwäsche.
Der geprüfte Zeitraum umfasste die Spanne vom 1. Juli 2014 bis 30. Juni 2019.
Das Ministerium der Finanzen hat in seiner Stellungnahme vom 28. August 2020 zur Prüfungs-
mitteilung vom 29. Juni 2020 im Wesentlichen darauf verwiesen, dass sich Beirat und Auf-
sichtsrat der LTSA mit den Empfehlungen des Landesrechnungshofes befassen werden. Im
Rahmen des Stellungnahmeverfahrens zum Jahresberichtsbeitrag hat das Ministerium der
Finanzen von einer weiteren Stellungnahme abgesehen, da die Aufsichtsgremien der LTSA
bisher noch keine Entscheidungen dazu getroffen haben.
7 vgl. Bericht des Landes Sachsen-Anhalt über seine Beteiligung an Unternehmen des privaten und Anstalten
des öffentlichen Rechts (Beteiligungsbericht) mit Stand 31. August 2019, LT-Drs. 7/5528 vom 15. Januar 2020, S. 86
30 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
2. Auswahl und Vergütung der Bezirksleiter
2.1 Fehlende Transparenz bei der Auswahl der Bezirksleiter
Die LTSA hat sieben Lottobezirke mit jeweils einem Bezirksleiter. Die Bezirksleiter sind mit der
LTSA vertraglich als selbständige Handelsvertreter und Gewerbetreibende gemäß § 84 Abs. 1
Handelsgesetzbuch8 verbunden. Die Bezirksleiterverträge sind auf bis zu fünf Jahre befristet.
Danach verlängern sich die Verträge in der Regel jeweils um weitere fünf Jahre.
Die vertraglich vereinbarten Aufgaben der Bezirksleiter sind vielfältig. Den Bezirksleitern ob-
liegen im weitesten Sinne die Gestaltung, Pflege, Planung und Weiterentwicklung des Ver-
kaufsstellennetzes sowie die laufende Betreuung der Verkaufsstellen.
Für die Nachbesetzung der Bezirksleiterstellen ist der Vertrieb der LTSA unter Beteiligung der
Geschäftsleitung zuständig. Vor der Einstellung ist ein Beschluss des Aufsichtsrates über die
Einstellung herbeizuführen.
Zum Auswahl- und Besetzungsverfahren für die Bezirksleiterstellen stellten wir Folgendes fest:
a) Gewinnung von Personal
Im geprüften Zeitraum wurden vier Bezirksleiterstellen neu besetzt. Die Vergütung erfolgt ein-
heitlich für alle Bezirksleiter auf Provisionsbasis. Die Summe der gezahlten Provisionen aller
Bezirksleiter insgesamt betrug im Jahr 2018 ca. 1,5 Mio. €. Die Spanne der Vergütung, die
jedem einzelnen Bezirksleiter hierbei gezahlt wurde, lag im Jahr 2018 zwischen 166.757 €
brutto und 338.752 € brutto.
Die Ausschreibung der Stellen erfolgte nur über die Facebook-Seite und den Internet-Auftritt
der LTSA. Gegen eine Ausschreibung in anderen Medien hat sich die LTSA bewusst entschie-
den. Es sollten nur Personen angesprochen werden, die eine „gewisse Verbundenheit“ mit der
LTSA haben.
Nach unserer Auffassung sind die gewählten Ausschreibungsmedien und -verfahren nicht aus-
reichend, um bestqualifiziertes Personal für die sehr verantwortungsvollen Positionen zu ge-
winnen.
8 in der Fassung vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1474)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 31
Das Ministerium der Finanzen folgt unserer Auffassung und teilte in seiner Stellungnahme vom
28. August 2020 zu unserer Prüfungsmitteilung vom 29. Juni 2020 mit:
„Die Ausschreibungsmedien, hier Facebook und Internetseite LTSA, wurden in Ab-
stimmung mit der Geschäftsführung festgelegt. Für künftige Ausschreibungen wird
zusätzlich eine Erweiterung der Bekanntmachungen über Online-Jobportale und
ggf. in Regionalzeitungen erfolgen.“
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die LTSA zukünftig bei der Ausschreibung von
Bezirksleiterstellen weitere Medien wie z. B. Printmedien (regionale Zeitungen) entspre-
chend der Stellungnahme des Ministeriums der Finanzen nutzt.
b) Besetzung freier Stellen
Die Nachbesetzung ist in einem Fall mit einem Familienangehörigen ersten Grades eines Be-
zirksleiters und in einem weiteren Fall mit einer ehemaligen Verkaufsstellenbetreiberin (Ver-
triebspartnerin der LTSA) erfolgt. Die Verkaufsstellenbetreiberin wurde von dem vormaligen
Bezirksleiter selbst als Bewerberin für die Nachfolge vorgeschlagen.
Weder das Bewerbungsverfahren noch die Auswahl der Bewerber sind hinreichend dokumen-
tiert. Aufgrund der mangelnden Dokumentation kann nicht ausgeschlossen werden, dass
sachfremde Erwägungen bei der Entscheidung über die Besetzung der Stellen berücksichtigt
wurden.
Wir halten die bisherige Praxis bei der Nachbesetzung der Bezirksleiterstellen für kritikwürdig.
Maßgeblich sind die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des jeweiligen Bewerbers.
In seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung teilte das Ministerium der Finanzen
hierzu Folgendes mit:
„Im Sinne von Transparenz und Nachhaltigkeit wird bei künftigen Auswahlverfah-
ren ein geregeltes Ablaufverfahren sichergestellt. Dieses beinhaltet insbesondere
einheitliche Bewertungsstandards sowie eine lückenlose und transparente Doku-
mentation des gesamten Stellenbesetzungsverfahrens.“
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das vom Ministerium der Finanzen angespro-
chene „geregelte Ablaufverfahren“ als einheitliches und transparentes Verfahren zur
32 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Besetzung der Bezirksleiterstellen festgelegt und sich an den Regelungen der Beset-
zungsverfahren für den öffentlichen Dienst orientieren wird.
Das Auswahlverfahren muss dem Grundsatz der Bestenauslese folgen.
c) Beteiligung des Aufsichtsrates
Die Angaben zur Person und zum beruflichen Werdegang sind dem Aufsichtsrat in der jewei-
ligen Beschlussvorlage zur Nachbesetzung der Bezirksleiterstelle mitgeteilt worden. Der Auf-
sichtsrat stimmte der Nachbesetzung zu. Für zwei Bezirke sind Bewerber ausgewählt worden,
die die geforderten Kriterien „vertriebliche Qualifikation“ und „Erfahrungswerte“ nicht hinrei-
chend erfüllten.
Aus dem Protokoll der jeweiligen Sitzung des Aufsichtsrates ergibt sich nicht, dass der Wider-
spruch und die mangelnde einschlägige praktische Berufserfahrung kritisch hinterfragt wur-
den.
Nach unserer Auffassung hätte der Aufsichtsrat hinterfragen müssen, warum die Geschäfts-
leitung der LTSA sich bei der Nachbesetzung dieser beiden Bezirke für einen Bewerber bzw.
eine Bewerberin mit nur geringen bis keinen einschlägigen praktischen Berufserfahrungen im
Vertrieb oder der Tätigkeit eines Bezirksleiters entschieden hat.
Das Ministerium der Finanzen teilte hierzu in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmit-
teilung unter anderem das Folgende mit:
„Die Geschäftsführung wird zukünftig zur Verbesserung der Transparenz der Be-
setzungsentscheidung sicherstellen, dass dem Aufsichtsrat im Rahmen der Be-
schlussfassung sämtliche relevanten Unterlagen aus dem Auswahlverfahren zur
Verfügung gestellt werden. […]“
Im Weiteren rechtfertigt das Ministerium der Finanzen die bisherige Praxis in seiner Stellung-
nahme jedoch wie folgt:
„[…] Unabhängig hiervon wäre bei Vorlage der Bewertungsmatrix den Aufsichts-
ratsmitgliedern ersichtlich gewesen, dass sich sowohl die Bewerberin für den Be-
zirk […] als auch der Bewerber für den Bezirk […] als die geeignetsten Bewerber
erwiesen haben, obwohl beide Bewerber im Kriterium „Erfahrung im Vertrieb“ nicht
die beste Bewertung aller Bewerber erreicht hatten. Anhand des unternehmeri-
schen Erfolges der Bezirksleiter ist zudem erkennbar, dass die Nachbesetzungen
durchaus qualifiziert waren und sind. Die Grundlagen für die Entscheidungsfindung
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 33
sowie die Beschlussfassungen zu Nachbesetzungen von Bezirksleiterstellen wer-
den künftig im Ergebnisprotokoll zur jeweiligen Sitzung des Aufsichtsrats doku-
mentiert.“
Der Landesrechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass die Dokumentation des
Auswahlverfahrens nicht transparent und nachvollziehbar ist. Aus diesem Grund steht
der Landesrechnungshof auf dem Standpunkt, dass man sich hinsichtlich der Bewer-
berauswahl und der erforderlichen Kontrolle durch den Aufsichtsrat in diesen beiden
Fällen gerade nicht auf die jeweilige Bewertungsmatrix berufen kann.
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, dass der Aufsichtsrat zukünftig auf
ein transparentes Besetzungsverfahren und eine qualifizierte Nachbesetzung achtet
und dies nachvollziehbar in den Protokollen der jeweiligen Aufsichtsratssitzung doku-
mentiert.
Wir stellten außerdem fest, dass für zwei Bezirke die Verträge mit den künftigen Bezirksleitern
im Jahr 2015 von der seinerzeitigen Geschäftsführung bereits vor der Zustimmung des Auf-
sichtsrates unterschrieben wurden.
Der Abschluss von Verträgen vor Zustimmung des Aufsichtsrates stellt einen Verstoß gegen
dessen Entscheidungskompetenz dar.
Das Ministerium der Finanzen teilte hierzu in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmit-
teilung unter anderem mit, dass die LTSA zukünftig die Bezirksleiterverträge erst nach Be-
schlussfassung des Aufsichtsrats zeichnen wird.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Verträge nicht vor Beschlussfassung durch
den Aufsichtsrat unterzeichnet werden.
d) Interessenkonflikt
Für einen Bezirksleiter besteht ein Interessenkonflikt dahingehend, wenn der Partner eine Ver-
kaufsstelle in demselben Zuständigkeitsbereich betreibt. Hinzu kommen Bedenken hinsichtlich
eines möglichen Interessenkonfliktes zwischen der Tätigkeit als Bezirksleiter und der Stellung
als Geschäftsführer eines eigenen Unternehmens, in dessen Filialen Lotto-Verkaufsstellen be-
trieben werden.
34 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Wir können nicht ausschließen, dass sich Umstände ergeben, in denen der Bezirksleiter als
Geschäftsführer und Inhaber der Filialen seine Unternehmensinteressen mit den Interessen
der LTSA abwägen muss.
Das Ministerium der Finanzen teilte in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung
hierzu unter anderem mit, dass in der betreffenden Verkaufsstelle zum 20. Juli 2020 ein Inha-
berwechsel stattfand. Die Konstellation sei damit aufgelöst. Die LTSA werde bei künftigen Be-
werbungen für eine Vertriebspartnerschaft oder bei der Bezirksleiterbesetzung eine Prüfung
vorschalten, um mögliche Interessenkonflikte zu erkennen und zu vermeiden. Die Prüfung und
die Bewertung werden schriftlich dokumentiert.
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, dass künftig mögliche Interessenkol-
lisionen im Vorfeld einer Besetzung überprüft und ausgeschlossen werden.
2.2 Erhebliche Spanne zwischen der Vergütung der Bezirksleiter
Für alle Bezirksleiter besteht eine einheitliche Provisionsstruktur. Die Provision setzt sich aus
verschiedenen Elementen zusammen (Pauschalen, lotterie-, spiel-, wetteinsatzabhängige und
umsatzabhängige Elemente). Zu Beginn der Tätigkeit erfolgt durch den neuen Bezirksleiter
die Zahlung eines fünf- bis sechsstelligen Einstandsbetrages an die LTSA. Der ausscheidende
Bezirksleiter erhält wiederum eine Ausgleichszahlung von der LTSA.
Von der gezahlten Provision muss der Bezirksleiter sein persönliches Einkommen, notwendige
Abgaben und Versicherungen, Kosten für Infrastruktur (Büro, Lager, Fahrzeug) sowie das Per-
sonal seiner Bezirksleiterstelle (ca. ein bis zwei Mitarbeiter) bezahlen.
Die Spanne der Vergütung aus der Tätigkeit eines Bezirksleiters lag im Jahr 2017 zwischen
ca. 150.000 € brutto und ca. 285.000 € brutto. Im Jahr 2018 lag die Spanne zwischen ca.
167.000 € brutto und ca. 340.000 € brutto. Selbst wenn man aufgrund von besonderen Ein-
flussfaktoren den Bezirksleiter mit der höchsten Vergütung unberücksichtigt lässt, lag die Ver-
gütung des Bezirksleiters mit der zweithöchsten Vergütung im Jahr 2017 ca. 46 % über der
Vergütung des Bezirksleiters mit der geringsten Vergütung. Im Jahr 2018 betrug der Unter-
schied dieser beiden Bezirksleiter ca. 40 %.
Es bestanden damit erhebliche Unterschiede bei den jährlichen Provisionszahlungen der Be-
zirksleiter.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 35
Nach Auskunft der LTSA liege dies insbesondere am persönlichen Einsatz der Bezirksleiter
bei der Erhaltung und Weiterentwicklung des Verkaufsstellennetzes in ihrem Zuständigkeits-
bereich. Darüber hinaus wird die Leistung der Bezirksleiter seitens der LTSA auch beim Zu-
schnitt der Bezirke berücksichtigt. Die Kriterien und die Gründe, warum welches Gebiet wel-
chem Bezirk im Rahmen der Neuordnung zugeordnet wurde, sind nicht dokumentiert.
Der Aufsichtsrat der LTSA hat sich am 11. Dezember 2014 mit dem Thema Ausgestaltung der
Vergütung von Bezirksleitern beschäftigt. Hierzu wurde im Vorfeld eine Analyse eines Bera-
tungsunternehmens vom 11. November 2014 eingeholt. Zielstellung der Analyse war unter
anderem, im vertretbaren Rahmen moderne Leistungsanreize für die Bezirksleiter unter Be-
achtung des staatlichen Auftrags von LTSA einzuführen. Im Ergebnis sollte eine ausgewogene
Provisionsstruktur erreicht werden.
Nach unserer Ansicht stellt die Berücksichtigung der bisherigen Leistung der Bezirksleiter bei
der Veränderung der Zuschnitte der Bezirke eine Abweichung von dem Versuch der LTSA dar,
ausgewogene Provisionsstrukturen zu erreichen. Vielmehr führt das Vorgehen dazu, die Um-
satzmöglichkeiten für einzelne Bezirksleiter, deren Leistung als besonders gut eingeschätzt
wird, erheblich zu erhöhen. Nach unserer Einschätzung führten die wiederholten Veränderun-
gen der Zuschnitte der Bezirke in der Vergangenheit zu größeren Unterschieden hinsichtlich
der jährlichen Provisionen bei den Bezirksleitern.
Das Ministerium der Finanzen teilte in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung
hierzu unter anderem mit:
„[…] Die Provisionsregelung ist für alle Bezirksleiter gleich und entspricht nach
Auffassung der Geschäftsführung der LTSA einer modernen, leistungsorientierten
Vergütungsgestaltung im Vertrieb. Diese Vergütung mit einer Provisionsstaffel
wurde von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC geprüft und bestätigt.
Vor dem Hintergrund der vom LRH festgestellten erheblichen Vergütungsspanne
zwischen den Bezirksleitern wird sich der Aufsichtsrat mit der Notwendigkeit einer
ggf. auch externen Überprüfung und ggf. Anpassung der Bezirksstruktur und der
Vergütungsregelungen in der Sitzung am 09.12.2020 befassen.“
Der Landesrechnungshof erwartet, dass mit der Überprüfung der Bezirksstrukturen und
der Vergütungsregelungen eine ausgewogene Provisionsstruktur erreicht wird.
36 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
3. Gewinnung, Betreuung und Vergütung der Verkaufsstellen
Nach § 1 Glücksspielverordnung des Landes Sachsen-Anhalt9 ist die Anzahl der Verkaufsstel-
len der LTSA auf 680 begrenzt. Zum 31. Dezember 2018 belief sich die Zahl der Verkaufsstel-
len auf 675. In den Verkaufsstellen sind ca. 2.700 Mitarbeiter beschäftigt. Die LTSA hat die
zulässige Höchstzahl von 680 Verkaufsstellen fast erreicht. Jährlich sind ca. 100 Verkaufsstel-
len von Veränderungen betroffen (Standortwechsel, Generationswechsel, Schließung in klei-
nen Orten). Beobachtungen und Planungen zur Erhaltung und Verbesserung des Verkaufs-
stellennetzes obliegen den Bezirksleitern für ihr jeweiliges Vertriebsgebiet.
Bei erfolgreicher Bewerbung erhält der Vertriebspartner auf der Grundlage von § 13 Abs. 1a
Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt10 zunächst eine Vereinbarung zur vorläufigen
Führung der Verkaufsstelle für einen Zeitraum von sechs Monaten. Liegt innerhalb dieser Zeit
die Erlaubnis zur Vermittlung von Glücksspielen durch das Landesverwaltungsamt nicht vor,
endet die Zusammenarbeit und das Verkaufsstellenterminal wird gesperrt. Erteilt das Landes-
verwaltungsamt eine Erlaubnis, erhält der Bewerber einen Verkaufsstellenvertrag. Dieser re-
gelt die Geschäftsbeziehungen zwischen der LTSA und dem Vertriebspartner. Der Vertriebs-
partner übernimmt mit diesem Vertrag die Vermittlung von Spielverträgen im Namen und für
Rechnung der Gesellschaft als Handelsvertreter im Nebenberuf nach § 92b Handelsgesetz-
buch11. Er ist selbständiger Gewerbetreibender. Hauptberuflich betreibt der Vertriebspartner
ein Einzelhandelsgeschäft. Es besteht kein Anstellungsverhältnis.
Der Vertrag wird zunächst für zwölf Monate abgeschlossen. Innerhalb dieser Zeit kann der
Vertrag von der LTSA ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von vier Wochen zum jewei-
ligen Annahmeschluss einer Veranstaltung gekündigt werden. Nach Ablauf von zwölf Monaten
verlängert sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit. Der Vertrag kann von jedem Vertragspartner
mit einer Frist von drei Monaten zum Annahmeschluss der letzten Veranstaltung eines jeden
Kalendermonats ordentlich gekündigt werden. Außerdem kann der Vertrag jederzeit aus wich-
tigem Grund (z. B. falsche Angaben bei der Bewerbung, Verstöße gegen Jugendschutz und
Suchtprävention usw.) fristlos gekündigt werden.
Die Regelungen zu den Provisionen sind für alle Vertriebspartner einheitlich und umsatzab-
hängig.
9 vom 6. Juli 2010 (GVBl. LSA S. 430), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. September 2014 (GVBl. LSA
S. 434) 10 in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. September 2012 (GVBl. LSA S. 320), zuletzt geändert durch
Gesetz vom 17. Juni 2014 (GVBl. LSA S. 288, 342) 11 in der Fassung vom 1. Januar 1964 (BGBl. III, Gliederungsnummer 4100-1)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 37
Die LTSA verfügt über ein hauseigenes elektronisches Vertriebsinformationssystem, über das
die LTSA (Bereich „Vertrieb“) direkt mit der Verkaufsstelle verbunden ist. Neben der elektroni-
schen Führung der Verkaufsstellenakte ermöglicht es auch eine direkte Überwachung der Ver-
kaufsstellen (Stammdaten, Mitarbeiter, Schulungen, Vereinbarungen, Testkäufe, Rücklast-
schriften, Ausstattungsförderung und mehr).
Zur Umsetzung des Jugendschutzes veranlasst die LTSA bei den Lotto-Verkaufsstellen jähr-
liche Testkäufe durch eine externe Agentur. Bei Nichteinhaltung der Regelungen des Jugend-
und Spielerschutzes durch die Verkaufsstellen werden diese durch die LTSA umgehend ver-
pflichtet, Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der Verkaufsstelle durchzuführen. Unab-
hängig davon führt der Bereich „Vertrieb“ Verkaufsstellenbesuche durch. Die laufende Betreu-
ung der Verkaufsstellen erfolgt aber vorrangig durch die Bezirksleiter.
Die LTSA hat die Aufgaben im Zusammenhang mit der Gewinnung und Betreuung der Ver-
kaufsstellen in verschiedenen Geschäfts- und Arbeitsanweisungen geregelt (zum Beispiel
Handlungsrahmen für die Bezirksleiter).
Nach unserer Auffassung sind die Verfahren zur Gewinnung, Betreuung und Vergütung von
Verkaufsstellen der LTSA grundsätzlich angemessen und transparent.
4. Empfehlungen für die Vergabe von Lotterie-Fördermitteln
4.1 Allgemeine Empfehlungen zum Förderverfahren
Seit dem Jahr 2003 hat die LTSA nach § 9 Abs. 4 Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-
Anhalt 50 % der Reinerträge als sonstige Abgabe an das Land abzuführen. Ausgenommen
sind Reinerträge, die aufgrund der Lotterieerlaubnis einer bestimmten Zweckbindung unterlie-
gen. Die verbleibenden Reinerträge sind durch die LTSA für soziale, kulturelle und sonstige
förderungswürdige Zwecke, soweit sie gemeinnützig sind, zu verwenden.
Die LTSA hat im Prüfungszeitraum insgesamt 1.985 Zuwendungen mit einem Fördervolumen
von rd. 31 Mio. € bewilligt.
Die Vergabe der Lotterie-Fördermittel erfolgt zivilrechtlich auf Basis der „Grundsätze für die
Vergabe von Zuwendungen aus Lotterie-Fördermitteln“, die der Aufsichtsrat auf Empfehlung
des Beirats beschlossen hat (Stand 1. Juli 2016). Die Grundsätze werden ergänzt durch spe-
zielle Festlegungen für
38 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
− nicht förderfähige Vorhaben und Ausgaben (Negativliste, Stand 1. Juli 2017),
− die Sportförderung (Sportkonzept mit Stand 1. Januar 2016),
− die Leuchtturmförderung (Konzept mit Stand 13. Juni 2012),
− die Förderung des kirchlichen Denkmalschutzes (Stand 1. Januar 2018) sowie
− den Umweltbereich (Stand 27. März 2008).
Die für Zuwendungen des Landes einschlägigen Vorschriften nach §§ 23 und 44 LHO12 finden
bei der Vergabe der Lotterie-Fördermittel der LTSA als juristische Person des Privatrechts
keine Anwendung.
Förderanträge bis einschließlich 15.000 € Antragssumme werden in der Regel monatlich durch
die Geschäftsführung entschieden. Beirat und Aufsichtsrat erhalten nachrichtlich eine Über-
sicht über die Entscheidungen der Geschäftsführung.
Förderanträge über 15.000 € Antragssumme werden vom Aufsichtsrat auf Empfehlung des
Beirats unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der zuständigen Fachressorts der Lan-
desverwaltung und ggf. der Spitzenverbände auf Landesebene (beispielsweise LandesSport-
Bund Sachsen-Anhalt e. V.) entschieden.
Im Ergebnis der von uns stichprobenhaft geprüften Förderfälle sowie im Hinblick auf die von
der LTSA selbst vorgesehenen Änderungen im künftigen Förderverfahren ergeben sich fol-
gende Anmerkungen und Empfehlungen:
a) Umgehung der Negativliste
Die LTSA bemisst die Zuwendung auf Basis der Gesamtkosten für ein Projekt. Dabei enthalten
die Projektanträge und Verwendungsnachweise auch Kosten, die gemäß der Negativliste nicht
zuwendungsfähig sind. Auf diese Weise werden dem Grunde nach nicht förderfähige Kosten
dennoch zur Bemessungsgrundlage der Förderung.
Nach unserer Auffassung besteht z. B. bei der Förderung einer Investition kein Anlass, nach
der Negativliste nicht förderfähige Personal- und Betriebskosten für den anschließenden lau-
fenden Betrieb mit zu beantragen und abzurechnen. Durch eine sachgerechte Abgrenzung
des Projektes kann außerdem eine Absenkung des Verwaltungsaufwandes für das Förderver-
fahren erreicht werden.
12 vom 30. April 1991 (GVBl. LSA S. 35), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. März 2017 (GVBl.
LSA S. 55)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 39
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass gegenüber den Zuwendungsempfängern beauflagt werde, bestimmte Ausgaben nicht
aus Lotteriefördermitteln zu finanzieren. Damit sei sichergestellt, dass die Festlegungen aus
der Negativliste eingehalten werden. Die LTSA fördert meist unter 40 % der Gesamtkosten.
Eine Reduzierung der Gesamtkosten um Ausgaben, die in der Negativliste enthalten sind,
könnte zum Scheitern der Vorhaben führen. Für die künftige Berechnung des Förderanteils
der LTSA sei eine Erörterung in Beirat und Aufsichtsrat vorgesehen.
Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass mit der bisherigen Verfahrensweise der
LTSA die Gesamtkosten anteilig, die förderfähigen Ausgaben aber bis zu 100 % geför-
dert werden können. Nach den für das Land geltenden Regelungen kommen Zuwendun-
gen nur für förderfähige Ausgaben in Betracht. Nach Auffassung des Landesrech-
nungshofes sollten auch bei der Lotterieförderung als Bemessungsgrundlage nur zu-
wendungsfähige Ausgaben berücksichtigt werden.
b) Überhöhte Bewertung der Eigenleistungen
Für fiktive Eigenleistungen sehen die bisherigen Regelungen der LTSA – abhängig vom
Schwierigkeitsgrad der Arbeit – einen Stundensatz von maximal 12,50 € bzw. 37,50 € (in Aus-
nahmefällen bei besonderer erforderlicher Sachkunde) vor. Die LTSA beabsichtigt, die maxi-
malen Stundensätze auf 15 € bzw. 45 € anzuheben. Die Regelungen des Landes für Eigenar-
beitsleistungen sehen entsprechend den Anforderungen an die Tätigkeit nur pauschale Stun-
densätze von bis zu 12 € vor. Von dem Höchstsatz erfasst sind auch wissenschaftliche Tätig-
keiten. Eine höhere Bewertung mit bis zu 15 € pro Stunde kann bei anspruchsvollen, schwie-
rigen Tätigkeiten erfolgen, wenn sich die Anforderungen auch im Hinblick auf die damit ver-
bundene Verantwortung deutlich abheben.
Die Anerkennung von fiktiven Eigenleistungen ermöglicht die Durchführung von Projekten, die
andernfalls aufgrund fehlender Barmittel der Fördermittelempfänger nicht zustande kommen
würden. Um darüber hinaus die Effektivität des Einsatzes von Lotto-Fördermitteln zu erhöhen,
sollte die Bewertung der Eigenleistungen deutlich unter dem Marktwert liegen.
Nach der Stellungnahme des Ministeriums der Finanzen zu unserer Prüfungsmitteilung beab-
sichtigt die LTSA, die Stundensätze für unentgeltlich erbrachte Eigenleistungen künftig analog
den Landesregelungen zu begrenzen.
Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die LTSA die Empfehlungen umsetzt.
40 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
c) Fehlende Regelungen bei der Erhöhung der Deckungsmittel
Die LTSA hat festgelegt, dass sich der Zuwendungsbetrag auf den im Zuwendungsbescheid
angegebenen Anteil absenkt, wenn die im Finanzierungsplan angegebenen Gesamtkosten
nach Erteilung des Zuwendungsbescheids sinken. Eine Regelung für den Fall, dass sich die
Deckungsmittel erhöhen oder neue Deckungsmittel hinzutreten, hat die Gesellschaft nicht ge-
troffen.
Wenngleich die für Zuwendungen des Landes einschlägigen Vorschriften bei der Vergabe der
Lotterie-Fördermittel nicht unmittelbar Anwendung finden, halten wir eine analoge Regelung
zu Nr. 2.1 ANBest-P zur Verwaltungsvorschrift Nr. 5.1 zu § 44 LHO für sachgerecht. Danach
würde sich die Zuwendung bei Erhöhung der Deckungsmittel oder neuen Deckungsmitteln
gleichermaßen ermäßigen wie beim Absinken der Gesamtkosten.
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass die LTSA eine entsprechende Regelung in die Arbeitsanweisung aufnehmen wird.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die LTSA die Empfehlungen umsetzt.
d) Geplante Änderung der Negativliste
Die LTSA beabsichtigt, Änderungen in der Negativliste (Anlage 1 der Grundsätze) vorzuneh-
men. Künftig sollen z. B. Projekte von Bildungsträgern mit besonderer lokaler Bedeutung bzw.
mit einem besonderen Alleinstellungsmerkmal und Computerausrüstungen für Projekte, in de-
nen Inhalte über digitale Medien vermittelt werden, förderfähig sein.
Nach unserer Auffassung sollten solche Projekte nur dann gefördert werden, wenn sie sich
von anderen Programmen (z. B. aus Bundes- und Landesmitteln) eindeutig abgrenzen lassen.
Außerdem sollte analog der Verwaltungsvorschrift Nr. 4.2.3 zu § 44 LHO festgelegt werden,
wie lange die beschafften Gegenstände für den Zuwendungszweck gebunden sind und welche
Verfügungen der Zuwendungsempfänger vor und nach Ablauf der Zweckbindungsfrist ggf.
treffen kann. Dies gilt im Übrigen auch für Beschaffungen in anderen geförderten Projekten.
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass die LTSA dem Aufsichtsrat eine geänderte Negativliste zur Beschlussfassung vorlegen
wird.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 41
Der Landesrechnungshof erwartet, dass seine Empfehlungen bei der Änderung der
Negativliste berücksichtigt werden.
4.2 Einzelförderungen
Wir haben im Rahmen der Prüfung Feststellungen zu nachfolgenden Einzelfällen getroffen.
a) Leuchtturmförderung unangemessen hoch und abweichend von den Fördergrundsätzen
Wir hatten die Förderung von Leuchtturmprojekten bereits im Jahr 2013 geprüft und festge-
stellt, dass hier bewusst von den Fördergrundsätzen abgewichen wird.
Der Aufsichtsrat hat im Jahr 2012 ein Konzept zur Leuchtturmförderung als Ausnahmerege-
lung zu den Fördergrundsätzen beschlossen. Bei „Leuchttürmen“ handelt es sich um Projekte
mit besonderer landesweiter Ausstrahlungswirkung, für die die absoluten und prozentualen
Förderhöchstgrenzen von 75.000 € und 50 % der Gesamtkosten überschritten werden können.
Je Geschäftsjahr können bis zu zwei „Leuchttürme“ mit insgesamt höchstens 1 Mio. € geför-
dert werden. Dabei wird die Förderung dem jeweiligen Förderbereich angerechnet. Das
„Leuchtturmprojekt“ wird als Idee aus der Mitte des Aufsichtsrates definiert. Der Aufsichtsrat
billigt das Projekt als „Leuchtturm“. Anschließend durchläuft das Projekt das übliche Förder-
verfahren.
Im Prüfungszeitraum hat die LTSA folgende drei „Leuchttürme“ mit einer Zuwendung von je-
weils über 75.000 € gefördert:
Tabelle 4: Übersicht Leuchtturmförderung
Leuchtturm Jahr der Bewilligung
Förderung (in €)
Landespräventionsrat Sachsen-Anhalt – Förderung des Deutschen Präventionstages in Magdeburg 2016
2015 120.000
Historische Kuranlagen und Goethetheater Bad Lauchstädt GmbH - Förderung der denkmalgerechten Ausmalung des Kursaales
2016 273.000
Jüdische Gemeinde zu Dessau – Erweiterung des Ge-meindezentrums, Anbau einer Synagoge
(Hier besteht die Option auf weitere Lotterie-Fördermit-tel)
2018 300.000
Quelle: Förderakten der LTSA
42 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Wir haben im Rahmen der Prüfung die Förderung der Restaurierung des Kursaales in Bad
Lauchstädt näher betrachtet.
Der Vorschlag für diese Förderung kam aus der Mitte des Aufsichtsrates. Das Projekt umfasst
die denkmalgerechte Dokumentation und Restauration der Ausmalung des Historischen Kur-
saales in Bad Lauchstädt. Dabei verwies der Aufsichtsrat auf die Bedeutung des Kursaales
als Teil der historischen Kuranlagen und des Goethe-Theaters in Bad Lauchstädt und die bis-
her für die Sanierung der Kuranlagen bereitgestellten Landesmittel in Höhe von ca. 6 Mio. €.
Obwohl dem Aufsichtsrat bewusst war, dass es sich bei der zu fördernden Einrichtung, der
Historische Kuranlagen und Goethetheater Bad Lauchstädt GmbH, um eine 100%ige Landes-
beteiligung handelt, hat sich der Aufsichtsrat für die Einleitung des Förderverfahrens entschie-
den.
Wir halten die Förderung der Restaurierung des Kursaales in Bad Lauchstädt aus mehreren
Gründen für kritikwürdig:
− Bei der Historischen Kuranlagen und Goethetheater Bad Lauchstädt GmbH handelt es sich
um eine 100%ige Landesbeteiligung, für die eine reguläre Förderung nach den Förder-
grundsätzen nicht möglich ist.
− Die Fördersumme durch die LTSA übersteigt die in den Fördergrundsätzen festgelegte
Höhe von 75.000 € erheblich. Sie beträgt mehr als das Dreifache der maximalen Förder-
summe.
− Der Eigenanteil, den der Antragsteller am Projekt übernommen hat, stammt aus den Mitteln
der Kapitalrücklage. Die Einzahlung in die Kapitalrücklage erfolgte durch das Land in Höhe
von 6 Mio. € für die Sanierungsmaßnahmen des Kursaales und des Goethe-Theaters. So-
mit handelt es sich hier im weiteren Sinne um eine Vollfinanzierung des Landes.
Wir halten es für problematisch, dass der Aufsichtsrat mit dem Konzept zur Leuchtturmförde-
rung Möglichkeiten geschaffen hat, von den Fördergrundsätzen abzuweichen. Wir beanstan-
den in diesem Zusammenhang insbesondere, dass
− Abweichungen von den Fördergrundsätzen beispielsweise im Hinblick auf die Zulässigkeit
von Fördermittelempfängern im Ermessen des Aufsichtsrates stehen,
− die in den Grundsätzen festgelegte Förderhöchstgrenze von 75.000 € erheblich überschrit-
ten werden kann.
Nach unserer Auffassung ist es nicht Aufgabe der Lotterieförderung, Vorhaben bzw. Projekte
des Landes, von Landeseinrichtungen oder von landeseigenen Beteiligungen, die nicht
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 43
ausreichend durch das Land finanziert werden, letztlich durch Mittel der Lotterieförderung ab-
zusichern.
Das Konzept der Leuchtturmförderung sollte überdacht und insbesondere die Möglichkeit der
Abweichung von der Förderhöchstgrenze bei „Leuchttürmen“ beschränkt werden. Dabei sollte
maximal das Doppelte des regulären Förderhöchstsatzes (150.000 € pro Projekt) zugrunde
gelegt werden.
Das Ministerium der Finanzen teilte in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung
mit, dass der Aufsichtsrat hinsichtlich der Förderung der denkmalgerechten Ausmalung des
Kursaales seine Entscheidung in Kenntnis der Abweichung von den Grundsätzen getroffen
hat. Ausweislich des vom Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 13. Juni 2012 beschlossenen Kon-
zepts zur Leuchtturmförderung bleibt es dem Aufsichtsrat unbenommen, ein Leuchtturmpro-
jekt zu benennen und von den in den „Grundsätzen" beschriebenen Verfahren im Einzelfall
abzuweichen. Da der Aufsichtsrat über die Fördergrundsätze beschließt, kann er auch Aus-
nahmen von den Fördergrundsätzen zulassen.
Aus abrechnungstechnischen Gründen und wegen des zeitlich beschränkten Ausführungszeit-
raumes wurde das Projekt aus dem Gesamtprojekt Kursaalgebäude herausgelöst. In das Ge-
samtprojekt „Kursaalgebäude" mit einem Volumen von 3,3 Mio. € sind neben den Eigenmitteln
der GmbH aus der Kapitalrücklage Zuwendungen des Bundes für die Restaurierung der Fas-
sade des Kursaalgebäudes in Höhe von 110 .000 €, des Saalekreises in Höhe von 14.000 €,
der Stiftung „Zukunft Spergau" in Höhe 15.000 € und des Freundeskreises Goethe-Theater in
Höhe von 15.000 € geflossen. Es handelt sich somit nicht um eine Vollfinanzierung des Lan-
des. Unabhängig hiervon wird sich der Aufsichtsrat mit der Kritik des Landesrechnungshof zu
der Leuchtturmprojektförderung befassen.
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass der Aufsichtsrat nicht willkürlich
seine Fördergrundsätze ändern bzw. außer Kraft setzen sollte. Sofern Regelungen be-
stehen, sind diese einzuhalten. Darüber hinaus ist das Projekt denkmalgerechte Aus-
malung des Kursaales als gesondertes Projekt zu betrachten und muss nicht im Zu-
sammenhang mit den gesamten Baumaßnahmen am Kursaal gesehen werden. Soweit
eine auf die Einzelmaßnahme bezogene Betrachtung erfolgt, ist nach wie vor von einer
Vollfinanzierung des Landes auszugehen.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass seine Empfehlungen zu der Förderung von
Leuchttürmen, insbesondere die Begrenzung des Förderhöchstsatzes und der Einhal-
tung der Fördergrundsätze, umgesetzt werden.
44 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
b) Förderung des GCM Golfclub Magdeburg e. V. (Golfclub) formal nicht zu beanstanden
In die Prüfung der Vergabe von Lotterie-Fördermitteln haben wir den GCM Golfclub Magde-
burg e. V. (Golfclub) mit einbezogen. Die Prüfung führte zu keinen Beanstandungen.
Der Golfclub beantragte bei der LTSA Fördermittel zur Errichtung eines Neubaus für acht über-
dachte Abschlagplätze nebst einem Lagerraum für Ausrüstung und Materialien. Bisher waren
vier Abschlagplätze in einem Gebäude vorhanden, das durch die Hochwasser 2002 und 2013
baufällig geworden ist.
Wir haben bei der Förderung des Projektes keine formalen Verstöße der LTSA gegen die
Fördergrundsätze festgestellt. Die Verwendung der Mittel wies der Golfclub ordnungsgemäß
am 7. Dezember 2018 nach. Der Anteil der Lotterieförderung lag mit 39.000 € bei ca. 28 % der
Kosten.
Aus der Aktenlage ergaben sich für uns keine Anhaltspunkte für eine Einflussnahme der Ge-
schäftsführung auf das Förderverfahren. Der Verwendungszweck (Ersatzneubau für das Trai-
ningszentrum) war aus den für die Entscheidungsfindung relevanten Unterlagen zweifelsfrei
erkennbar. Das geförderte Projekt hat auch die Trainingsbedingungen für die Kinder und
Jugendlichen des Vereins sowie für den Schulsport verbessert.
Unabhängig von der allgemeinen Einschätzung zum Förderverfahren haben wir nachfolgende
Anmerkungen:
Mit den Fachressorts sind folgende Bewertungskriterien für die Förderung von Projekten ab-
gestimmt:
Tabelle 5: Bewertungskriterien
Kriterium Förderung
besonders förderwürdig Diese Vorhaben werden im Regelfall gefördert.
förderwürdig Diese Vorhaben können gefördert werden, wenn ausrei-chende Mittel zur Verfügung stehen (nicht prioritär).
nicht förderwürdig Diese Vorhaben werden abgelehnt.
Quelle: Angaben der LTSA
Das Ministerium für Inneres und Sport hat das Projekt lediglich als „förderwürdig“ eingeschätzt,
da der Golfclub nicht Mitglied im LandesSportBund Sachsen-Anhalt e. V. ist.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 45
Der LandesSportBund Sachsen-Anhalt e. V. stufte das Vorhaben aus vorgenannten Gründen
sogar als „nicht förderwürdig“ ein.
Die Regelungen der LTSA ermöglichen eine Förderung von Nichtmitgliedern des Lan-
desSportBundes Sachsen-Anhalt e. V. Nach unserer Auffassung darf die Förderwürdigkeit ei-
nes Projektes der LTSA nicht allein auf der Grundlage der Mitgliedschaft im LandesSportBund
Sachsen-Anhalt e. V. beurteilt werden. Vielmehr sollten bei der künftigen Sportförderung z. B.
sportfachliche Kriterien betrachtet werden.
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass die LTSA den LandesSportBund Sachsen-Anhalt e. V. bitten werde, künftig bei Nichtmit-
gliedern ausschließlich sportfachliche Kriterien zu bewerten und von sachfremden Erwägun-
gen abzusehen.
Der Landesrechnungshof hält es für wichtig, dass seine Hinweise zu sportfachlichen
Kriterien umgesetzt werden.
5. Empfehlungen für das Compliance-Management-System der LTSA
5.1 Einrichtung eines funktionsfähigen Compliance-Management-Systems
Nach dem Public Corporate Governance Kodex des Landes Sachsen-Anhalt13 hat die LTSA
ein Überwachungssystem vorzuhalten, das die Früherkennung von den Fortbestand der Ge-
sellschaft gefährdenden Entwicklungen ermöglicht. Mit Inkraftsetzung der Compliance-Ma-
nagement-Richtlinie am 23. Dezember 2016 hat die LTSA ein Compliance-Management-Sys-
tem implementiert. Das System umfasst alle Maßnahmen, die gewährleisten sollen, dass das
Unternehmen, die Geschäftsführung und auch die Mitarbeiter im Einklang mit Recht und Ge-
setz handeln. Ziel ist es, Haftungsrisiken zu reduzieren und Image- bzw. Reputationsschäden
sowie tatsächliche Schäden zu vermeiden.
Das Compliance-Management-System bildet das „Dach“ über bereits bestehende Sicherungs-
systeme. Hierzu gehören insbesondere
− das Organisationshandbuch,
− das Chancen- und Risikomanagement,
− die Interne Revision,
13 Der Public Corporate Governance Kodex des Landes Sachsen-Anhalt ist als Teil A Bestandteil des Beteili-
gungshandbuches, aktuell in der Fassung vom 14. Januar 2019 (MBl. LSA S. 66).
46 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
− der verantwortungsvolle Umgang mit dem Glücksspiel im Hinblick auf Jugendschutz und
Suchtprävention (Responsible Gaming),
− das Informationssicherheitsmanagementsystem,
− die Geldwäscheprävention sowie
− die Korruptionsprävention.
Im Rahmen der Umsetzung der Aufgaben des Compliance-Management-Systems hat die
LTSA eine Compliance-Koordinatorin eingesetzt. Sie ist Ansprechpartnerin bei allen das Com-
pliance betreffenden Themen und berichtet direkt der Geschäftsführung.
Die einzelnen Berichte zu den o. g. Sicherungssystemen werden durch die Compliance-Koor-
dinatorin zusammen mit Meldungen und veranlassten Maßnahmen aus einem bei der LTSA
vorhandenem Hinweisgebersystem ausgewertet und in dem Jahresbericht für das Compli-
ance-Management-System zusammengefasst. Der Bericht wird der Geschäftsführung zur
Kenntnis vorgelegt.
Nach Auffassung des Landesrechnungshofes verfügt die LTSA über eine Vielzahl von
Systemen und Ablaufprozessen, mit denen ein rechtmäßiges Handeln grundsätzlich si-
chergestellt werden kann. Diese Systeme und Ablaufprozesse bestanden überwiegend
bereits vor der Einführung des Compliance-Management-Systems. Die Entscheidung
der LTSA, die vorhandenen Systeme und Ablaufprozesse zu nutzen und im Rahmen des
Compliance-Management-Systems zu bündeln, ist für den Landesrechnungshof folge-
richtig.
Unabhängig von unserer Gesamteinschätzung des Systems haben wir zur Umsetzung fol-
gende Anmerkungen und Empfehlungen:
5.2 Mangelnde Berichterstattung der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat
Wir haben uns im Rahmen der Prüfung der Compliance auch mit den Informationsflüssen im
Zusammenhang mit dem Thema Geldwäsche beschäftigt. Im Vordergrund der Betrachtungen
stand dabei sowohl der Informationsfluss in der Gesellschaft vom Vertrieb über die Geschäfts-
führung bis zum Geldwäschebeauftragten der LTSA als auch der Informationsfluss von der
Geschäftsführung zum Aufsichtsrat als Überwachungs-, Entscheidungs- und Beratungsorgan
des Unternehmens.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 47
Eine der Verkaufsstellen, die das festgelegte Verkaufsstellenlimit im Bereich Sportwetten re-
gelmäßig erreicht hat, stellte einen Antrag auf die Erhöhung des wöchentlichen Verkaufsstel-
lenlimits für Sportwetten von 10.000 € auf 15.000 €. Die Geschäftsführung der LTSA geneh-
migte die Limiterhöhung.
Nach der Geschäftsanweisung der LTSA zur Spieleinsatzüberwachung ist eine Erhöhung des
Limits für Verkaufsstellen mit Einzelfallentscheidung der Geschäftsführung durchaus möglich.
Aus der Sicht der Geschäftsführung handelt es sich somit einerseits um laufende Geschäfts-
vorgänge. Andererseits enthält § 7 der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat Wertgrenzen
für Entscheidungen, die ausdrücklich dem Aufsichtsrat vorbehalten sind. Dies betrifft „insbe-
sondere“ Investitionen, Finanzierungen und Bürgschaften über 50.000 €. Die Aufzählung der
dem Aufsichtsrat vorbehaltenen Angelegenheiten ist dabei ausdrücklich nicht abschließend.
Bei einer Erhöhung des wöchentlichen Limits um 5.000 € ergibt sich bei 50 Spielwochen im
Jahr eine mögliche Umsatzerhöhung von 250.000 €.
Nach unserer Einschätzung sind im Prüfungszeitraum in den Quartalsberichten der Geschäfts-
führung an den Aufsichtsrat sowie in den jährlichen Compliance-Berichten zu den Vorgängen
im Bereich Sportwetten in einzelnen Verkaufsstellen (Limits, Limiterhöhungen, regelmäßiges
Erreichen von Limits, Spieleinsätze und Gewinne mit erheblichen finanziellen Auswirkungen)
keine ausreichenden Berichterstattungen enthalten.
Die Geschäftsführung hätte den Aufsichtsrat früher und umfassender zu möglichen Problemen
zum Thema Geldwäsche in einzelnen Verkaufsstellen im Produktbereich Sportwetten infor-
mieren müssen. Dies beruht insbesondere auf der Tatsache, dass es sich seit dem Jahr 2017
um regelmäßig wiederkehrende Vorgänge handelt, die nunmehr fast drei Jahre andauern und
bereits erhebliche finanzielle Auswirkungen erreicht haben.
Wir werten die vorgenannte Limiterhöhung als entscheidungserheblichen Vorgang, der der
Zustimmung des Aufsichtsrates oder zumindest einer umfassenden Berichterstattung an den
Aufsichtsrat bedurft hätte. Nach unserer Auffassung muss die LTSA im Rahmen der Überar-
beitung und Anpassung der Compliance Regelungen schaffen, die eine umfassende Bericht-
erstattung an den Aufsichtsrat sicherstellen.
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass gegenwärtig eine Anpassung der Geschäftsordnung dahingehend geprüft werde, welche
Entscheidungen künftig einer Berichterstattung oder Beschlussfassung im Aufsichtsgremien
bedürfen.
48 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Geschäftsordnung der LTSA entsprechend
angepasst wird.
5.3 Fehlende Regelungen für den Ausschluss von Spielern
Wir haben weiterhin festgestellt, dass es Verkaufsstelleninhaber gibt, die regelmäßig Sport-
wetten in anderen Verkaufsstellen durchführen. Teilweise werden die Sportwetten auch von
deren Ehepartnern aktiv betrieben.
Der Verkaufsstellenvertrag enthält nur eine Regelung, nach der der Vertriebspartner und seine
Angestellten in der eigenen Verkaufsstelle nicht an Sportwetten teilnehmen dürfen.
Um hier mögliche Interessenkonflikte bereits im Vorfeld auszuschließen, regen wir an, Rege-
lungen zu schaffen, um zumindest Verkaufsstelleninhaber sowie deren Ehepartner auch in
anderen Verkaufsstellen von diesem Glücksspiel auszuschließen.
Dabei könnten beispielsweise entsprechende Ausschlusskriterien in den Verkaufsstellenver-
trag aufgenommen werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in Abstimmung mit dem
für das Glücksspiel zuständigen Ministerium für Inneres und Sport für die Abgabe von Sport-
wetten Teilnahmeverbote zu erarbeiten, wie sie für Spielbanken gelten und in § 6 des Spiel-
bankgesetzes14 geregelt sind.
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass der Aufsichtsrat über geeignete Maßnahmen zum Ausschluss möglicher Interessenkon-
flikte des Verkaufsstellenpersonals beraten wird.
Der Landesrechnungshof hält die Umsetzung von Regelungen und Maßnahmen zum
Ausschluss von Spielern bei Sportwetten für dringend geboten.
5.4 Interessenkonflikte im Bereich Sponsoring trotz Hinweisen der Beteiligungsverwaltung
Die LTSA tritt unter anderem mit einem Vertrag mit jährlichen Leistungen zwischen 115.000 €
und 125.000 € als Sponsor auf.
14 Spielbankgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SpielbG LSA) vom 16. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 691),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juni 2012 (GVBl. LSA S. 204, 210)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 49
Die Sponsoringverträge werden von beiden Geschäftsführern der LTSA unterschrieben. Nach
unseren Feststellungen hat sich ein Mitglied der Geschäftsführung der LTSA mit dem Ab-
schluss der Sponsoringverträge auf Seiten der LTSA befasst, obwohl es als Mitglied im Auf-
sichtsrat des Gesponsorten tätig ist.
Der Aufsichtsrat der LTSA hat der Nebentätigkeit des Mitgliedes der Geschäftsführung bei
dem Gesponsorten zugestimmt. Im Rahmen der Vorbereitung der Beschlussfassung des Auf-
sichtsrates zu der Nebentätigkeit wies die Beteiligungsverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt
aber bereits auf mögliche Interessenkonflikte wie folgt hin:
„Daher wird empfohlen, dass … im Falle der Aufnahme des Mandats im Zusam-
menhang mit einer möglichen Beschlussfassung zur Verlängerung des Sponso-
ringvertrages oder anderen Vorlagen, ... direkt betreffen, nicht mehr befasst wird
… In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass es bei mögli-
chen wirtschaftlichen oder strafrechtlichen Verfehlungen der … ggf. zu einem Re-
putationsschaden für die Aufsichtsratsmitglieder kommen kann.“
Auch wenn beide Geschäftsführer die Sponsoringverträge mit dem Gesponsorten unterschrei-
ben, sehen wir mögliche Interessenkonflikte. Das Mitglied der Geschäftsführung hat zum einen
die besonderen Interessen der LTSA zu vertreten und zum anderen als Aufsichtsratsmitglied
die Interessen des Gesponserten zu wahren.
Wir teilen die Einschätzung der Beteiligungsverwaltung und halten die Mitwirkung des Mitglie-
des der Geschäftsführung an den Verträgen mit dem Gesponsorten aus Gründen der Compli-
ance für inakzeptabel.
Das Ministerium der Finanzen teilt in seiner Stellungnahme zu unserer Prüfungsmitteilung mit,
dass Verträge, die Interessenskonflikte für die Geschäftsführung beinhalten, künftig ohne Be-
teiligung der betroffenen Personen geschlossen werden. Sollte dies nicht möglich sein, wird
der Aufsichtsrat eingebunden. Die LTSA wird eine entsprechende Regelung in die Arbeitsan-
weisung Sponsoring aufnehmen.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Beteiligungsverwaltung verbindliche Re-
gelungen trifft (z. B. im Beteiligungshandbuch), die Interessenkonflikte künftig aus-
schließen.
50 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
6. Fazit
Die Bewerberauswahl und das Nachbesetzungsverfahren für die Bezirksleiterstellen
sind nicht hinreichend transparent. Der Landesrechnungshof hält es aufgrund des er-
heblichen Verantwortungsbereiches der Bezirksleiter für erforderlich, ein einheitliches
und transparentes Verfahren zur Besetzung der Bezirksleiterstellen festzulegen. Dieses
soll an den Regelungen für den öffentlichen Dienst ausgerichtet sein und sich am
Grundsatz der Bestenauslese orientieren. Interessenkonflikte bei den Bezirksleitern
aufgrund familiärer Beziehungen und zusätzlichen geschäftlichen Tätigkeiten sind zu
vermeiden. Im Rahmen der Nachbesetzung freiwerdender Bezirksleiterstellen sind die
Verträge mit den neuen Bezirksleitern erst nach Beschlussfassung des Aufsichtsrates
zu schließen und zu unterzeichnen.
Der LTSA ist es bisher gelungen, ein weitgehend stabiles Vertriebsnetz aufzubauen.
Dieses zu erhalten und abzusichern, sollte auch künftig ein Schwerpunkt der Tätigkeit
der Gesellschaft im Bereich „Vertrieb“ sein.
Die LTSA verfügt über ein funktionsfähiges und effizientes System für die Vergabe der
Lotterie-Fördermittel, das auch weiterhin regelmäßig entsprechend den Erfordernissen
angepasst werden sollte. Das Ziel der Lotterieförderung muss darin bestehen, ein mög-
lichst breites Spektrum an gemeinnützigen Maßnahmen abzudecken und alle Bereiche
ausgeglichen zu fördern. Zuwendungen für „Leuchttürme“ sollten die absolute Aus-
nahme bilden. Von den Förderregeln abweichende Bewilligungen mit finanzieller Be-
deutung sollten zuvor mit dem Gesellschafter abgestimmt werden.
Das Compliance-Management-System der LTSA ist grundsätzlich geeignet, rechtmäßi-
ges Handeln sicherzustellen. Es besteht nach Ansicht des Landesrechnungshofes hier
jedoch ebenfalls die Notwendigkeit, das System regelmäßig zu evaluieren und an aktu-
elle Vorschriften und Werte anzupassen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 51
Abschnitt B – Denkschrift und Bemerkungen
Einzelplan 03 – Ministerium für Inneres und Sport
Kapitel 03 20 – Landespolizei
Titel 533 61 – Dienstleistungen Außenstehender
(geprüftes)
Haushaltsvolumen
2011 bis
2015
– ca. 2,3 Mio. €
1 Verstöße gegen das Vergaberecht im Landeskriminalamt
Das Landeskriminalamt wählte bei der Vergabe von Leistungen im Bereich der Krimi-
naltechnik für die im Prüfungszeitraum durchgeführten Vergabeverfahren wiederholt
die falsche Vergabeart und verstieß damit gegen Vergaberecht. Der Wettbewerb wurde
unzulässig beschränkt und die Verfahrensabläufe waren fehlerhaft. Eine Wirtschaftlich-
keitsuntersuchung wurde im Vorfeld der Vergabe von Leistungen an Externe nur unzu-
reichend durchgeführt.
1. Vorbemerkungen
Das Landeskriminalamt nimmt Untersuchungen im eigenen Labor vor. Darüber hinaus vergibt
es seit Jahren Untersuchungsaufträge in großem Umfang auch an externe Labore.
Wir haben von November 2016 bis April 2017 die kriminaltechnischen Geräte und die Labor-
ausstattung beim Landeskriminalamt geprüft. Neben den Beschaffungen wurde auch die Aus-
lastung des Kriminaltechnischen Labors – eine Fachabteilung des Landeskriminalamtes – mit
den in den Haushaltsjahren 2011 bis 2015 bearbeiteten Untersuchungsaufträgen und deren
jeweilige Bearbeitungsdauer betrachtet.
2. Unzureichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Gemäß Landeshaushaltsordnung (LHO)15 sind für alle finanzwirksamen Maßnahmen ange-
messene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Im Rahmen eines Alternativen-
15 § 7 Abs. 2 LHO i. V. m. W Nr. 2 zu § 7 LHO
52 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
bzw. Variantenvergleichs ist die wirtschaftlichste Lösung zu ermitteln. Dabei ist auch zu ent-
scheiden, ob eine Leistung überhaupt an Externe zu vergeben ist oder ob sie wirtschaftlicher
selbst durchgeführt werden kann.
Dienstleistungsvereinbarungen zwischen dem Land und externen Laboren existierten wäh-
rend des gesamten geprüften Zeittraums. Aufgrund der Änderung der gesetzlichen Grundla-
gen16 stiegen die Untersuchungsaufträge an. Daraus resultierte eine hohe Arbeitsbelastung
der Fachabteilung.
Der Abschlussbericht einer Projektgruppe zur strategischen Planung und Entwicklung der
DNA-Analyse enthielt in seiner Fortschreibung im Jahr 2007 den Vorschlag, die prognostizier-
ten Spurenproben in der Fachabteilung17 des Landeskriminalamtes zu untersuchen, um den
extremen finanziellen Mehrbedarf (damaliger geschätzter Anstieg von 61.000 € auf 330.000 €)
möglichst zu vermeiden. Ein Vermerk aus dem Jahr 2008 mündete in dem Vorschlag, einen
bestehenden Vertrag mit einem externen Labor, der sich bisher auf die Untersuchung von
Mundhöhlenabstrichen und Blutproben sowie die Analyse von einfachen biologischen Tatort-
spuren beschränkte, auszuweiten. Das Landeskriminalamt nahm nachfolgend nur punktuelle
Betrachtungen von Alternativen vor.
Wir stellten fest, dass ein Vergleich und eine Abwägung verschiedener Varianten im Sinne
einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach § 7 Abs. 2 LHO nicht erfolgte.
Wir halten einen ausführlichen Variantenvergleich anhand aktueller Daten für unverzichtbar.
Das schließt insbesondere ein, dass der erforderliche Personalbedarf im Rahmen eines Wirt-
schaftlichkeitsvergleichs betrachtet und bewertet wird. Ziel der Entscheidung ist, die DNA-Un-
tersuchungen unter Kosten-, Zeit- und Qualitätsaspekten optimal zu erbringen.
In seiner Stellungnahme vom 12. November 2020 zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages
hat das Ministerium für Inneres und Sport mitgeteilt, dass fortan bei jeder beabsichtigten Aus-
schreibung von Untersuchungen im Bereich Kriminalwissenschaft und -technik dieser eine
haushaltsrechtlich geforderte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Abs. 2 LHO vorange-
stellt wird.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Daten für die Durchführung von Wirtschaft-
lichkeitsuntersuchungen (bspw. Auslastung der Labor- und Untersuchungseinrich-
16 Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse vom 12. August 2005 17 Fachbereich Biologie
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 53
tungen, Erledigungsdauer) ermittelt werden und die notwendigen Wirtschaftlichkeits-
untersuchungen durchgeführt werden.
3. Keine Anwendung von EU-Vergaberecht
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen18 ist für öffentliche Auftraggeber anzuwen-
den, wenn bestimmte Schwellenwerte, die in der Vergabeordnung19 festgelegt sind, überschrit-
ten werden. Die Schwellenwerte für Dienst- und Lieferaufträge betrugen
− 2014/2015: 207.000 € (ohne Umsatzsteuer),
− 2016/2017: 209.000 € (ohne Umsatzsteuer),
− 2018/2019: 221.000 € (ohne Umsatzsteuer).
Bei Überschreitung der Schwellenwerte ist EU-Vergaberecht anzuwenden
Das Landeskriminalamt hatte im Rahmen der zwei geprüften Verträge Untersuchungen für
rund 1,1 Mio. € bzw. bereits 787.500 € für den noch laufenden 3-jährigen Vertrag beauftragt.
Auch für ein in Vorbereitung befindliches Ausschreibungsverfahren war dieses Auftragsvolu-
men bereits abzusehen.
Das Landeskriminalamt wählte in beiden abgeschlossenen Ausschreibungsverfahren sowie
auch in dem Verfahren, das zum Zeitpunkt der Prüfung gerade vorbereitet wurde, die Be-
schränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb nach den Vorschriften des 1. Abschnitts
der VOL/A als Verfahrensgrundlage. Diese Vorschriften sind nur bei Vergaben unterhalb der
Schwellenwerte nach der Vergabeverordnung anzuwenden. Bei allen Verfahren war jedoch
EU-Vergaberecht anzuwenden.
Wir hatten bereits während unserer örtlichen Erhebungen auf die festgestellten Mängel in den
Vergabeverfahren hingewiesen, da bereits im Vermerk des Landeskriminalamtes zur Vorbe-
reitung des neuen Vergabeverfahrens die gleichen Mängel erkennbar waren. Wir baten um
Berücksichtigung der Feststellungen im neuen Vergabeverfahren. Das Landeskriminalamt
hielt jedoch am Vergabeverfahren der Beschränkten Ausschreibung fest.
Zum ersten Ausschreibungsverfahren hat das Ministerium für Inneres und Sport als aufsichts-
führendes Ministerium in seiner Stellungnahme vom 5. Dezember 2019 zum Prüfungsbericht
vom 23. Mai 2019 geltend gemacht, dass anhand der zum damaligen Zeitpunkt noch einschlä-
gigen EU-Richtlinie20 die Möglichkeit bestand, den Vertrag als eine nachrangige Dienstleistung
18 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juli 2005 19 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) in der Fassung der Bekannt-
machung vom 11. Februar 2003, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergabe-rechts vom 20. April 2009
20 EU-Richtlinie 2004/18/EG
54 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
einzuordnen. Danach hätte das Landeskriminalamt zwar öffentlich, nicht aber europaweit aus-
schreiben müssen. Für das zweite und das in Vorbereitung befindliche Vergabeverfahren war
die Anwendung des EU-Vergaberechts auch aus Sicht des Ministeriums alternativlos aufgrund
der inzwischen einschlägigen EU-Richtlinie 2014/24/EU. Das Landeskriminalamt hätte des-
halb in den beiden letzten Verfahren eine EU weite Ausschreibung vornehmen müssen bzw.
im ersten Verfahren öffentlich ausschreiben müssen.
Das Landeskriminalamt hat somit gegen zwingendes Vergaberecht verstoßen.
Der Landesrechnungshof erwartet eine strikte Einhaltung des Vergaberechts.
4. Vergabefehler
In den Vergabeverfahren des Landeskriminalamtes waren bestimmte Vergabegrundsätze an-
zuwenden, die sowohl für unterschwellige Vergaben als auch für oberschwellige Vergaben
(Anwendung EU-Vergaberecht) gelten. Wir haben nachfolgend bestimmte Vergabefehler fest-
gestellt, die bei einer oberschwelligen Vergabe vom Landeskriminalamt zu beachten gewesen
wären.
4.1 Unzulässige Beschränkung des Wettbewerbs
Die Vergabe von Aufträgen erfolgt grundsätzlich im offenen Verfahren. Lediglich in begründe-
ten Ausnahmefällen ist ein nicht offenes Verfahren, ein Verhandlungsverfahren oder ein wett-
bewerblicher Dialog zulässig. Die Gründe für die Zulässigkeit der vom Grundsatz abweichen-
den Vergabearten sind in § 3 EG VOL/A geregelt.
Das Landeskriminalamt führte unterschwellige Vergaben im Wege der Beschränkten Aus-
schreibung ohne Teilnahmewettbewerb durch.
Die gewählte Vergabeart begründete das Landeskriminalamt u. a. mit der strafrechtlichen Re-
levanz der Ergebnisse der DNA-analytischen Untersuchungen von Tatortspuren. Die externen
Labore müssen die sach- und fristgerechte Ausführung der Leistung garantieren können. Sie
müssen bspw. entsprechend akkreditiert sein und die Teilnahme an Ringversuchen, das Ein-
halten qualitätssichernder Standards und die Dokumentation von Tatortspuren sicherstellen.
Eine öffentliche Ausschreibung der Vergabe der DNA-Analyse von Tatortspuren sei mit einem
erhöhten Aufwand verbunden. So müssten alle sich bewerbenden Institutionen vor Zu-
schlagserteilung fachlich begutachtet werden. Diese Begutachtungen konnten laut Landeskri-
minalamt aufgrund fehlenden Personals nicht durchgeführt werden.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 55
Obwohl beim Landeskriminalamt keine Marktübersicht bestand, kam nach den vorhandenen
Erfahrungen nur eine begrenzte Anzahl von etablierten Unternehmen in Frage. Das Landes-
kriminalamt wählte jeweils die gleichen vier Unternehmen aus und forderte sie auf, ein Angebot
abzugeben. Es begründete dies mit der erfolgreichen DNA-analytischen Arbeit für das Lan-
deskriminalamt in der Vergangenheit.
Die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb (bei oberschwelliger Vergabe
das nicht offene Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb) ist unzulässig. Die Ausnahmetatbe-
stände vom Absehen einer Ausschreibung im offenen Verfahren sind abschließend und grei-
fen hier nicht. Durch das gewählte Verfahren wurde der Wettbewerb unzulässig beschränkt.
Die Begründung des Landeskriminalamtes, dass erfahrungsgemäß nur eine begrenzte Anzahl
von etablierten Unternehmen in Frage käme, die die sach- und fristgerechte Ausführung der
Leistung garantieren könnte, können wir nicht nachvollziehen.
Der erhöhte Aufwand eines Offenen Verfahrens stellt keinen Hinderungsgrund für eine den
Vorschriften entsprechende Vergabe dar und ist bei den hier vorhandenen Auftragswerten,
über deren Höhe sich das Landeskriminalamt bei Vorbereitung der Vergabeverfahren bewusst
war, hinzunehmen.
Die fachliche Beurteilung aller sich bewerbenden Institutionen vor Zuschlagserteilung kann
aus unserer Sicht dadurch minimiert werden, dass die gewünschten bzw. notwendigen Anfor-
derungen ausführlich aufgelistet werden. Die Leistungsbeschreibungen des Landeskriminal-
amtes enthielten dazu entsprechende Anforderungen. Andere geeignete Bewerber hätten so-
mit im Rahmen eines Offenen Verfahrens ermittelt werden können.
4.2 Fehlende Dringlichkeit
In den Vergabeverfahren hat sich das Landeskriminalamt auf die Dringlichkeit in der Bearbei-
tung der Untersuchungsaufträge bezogen.
Die Bearbeitung von Untersuchungsaufträgen erfolge nach Deliktschwere und Dringlichkeit.
Durch fehlende Bearbeitungskapazitäten im kriminaltechnischen Labor müssen immer wieder
Untersuchungsaufträge nach hinten gestellt werden. Bei Verzögerungen in der Bearbeitung
könne dies im ungünstigsten Fall sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Dringlichkeit
einer Bearbeitung sei seitens des Landeskriminalamtes nicht zu beeinflussen und abhängig
von den entsprechenden Verfügungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen er-
mittelnden Behörden.
56 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Eine besondere Dringlichkeit zur Ausschreibung der Leistung ergibt sich nach unserer Auffas-
sung nicht aus der Dringlichkeit der Bearbeitung der eingegangenen Untersuchungsaufträge.
Die Dringlichkeit gemäß VOL/A bezieht sich auf eine unvorhergesehene Vergabe. Hier war
bereits bei Vertragsschluss klar, dass nach Ende der Laufzeit die Leistung neu ausgeschrie-
ben werden muss und ein entsprechender zeitlicher Ablauf zur Durchführung eines Offenen
Verfahrens hätte mit ausreichendem Zeitfenster geplant werden können.
4.3 Mängel bei der Öffnung der Angebote
Nach den Vorschriften der VOL/A21 wird die Öffnung der Angebote von mindestens zwei Ver-
tretern des Auftraggebers gemeinsam durchgeführt und dokumentiert. Dabei wird mindestens
Name und Anschrift der Bieter, die Endbeträge der Angebote und andere den Preis betref-
fende Angaben sowie die Einreichung von Nebenangeboten festgehalten.
Eine Niederschrift des Landeskriminalamtes über die Verhandlung zur Öffnung der Angebote
enthielt lediglich die Bezeichnung der Leistung, die Daten von Ausschreibung, Ablauf der An-
gebotsfrist und Ablauf der Bindefrist, die Anzahl der abgegebenen Angebote sowie Name und
Anschrift der Bieter. Weitere den Preis betreffende Angaben waren nicht enthalten. Insbeson-
dere war kein Angebotsendbetrag vermerkt. Die vier Angebote wurden nach der Öffnung durch
das Landeskriminalamt auch nicht gekennzeichnet.
Durch die nicht vermerkten Endbeträge der Angebote hat das Landeskriminalamt gegen
Vergaberecht verstoßen.
4.4 Nicht nachvollziehbare Verfahrensabläufe bei der Wertung der Angebote
Nach den vergaberechtlichen Vorschriften sind bei der Auswahl der Angebote nur Bieter zu
berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Eig-
nung besitzen. Weiterhin sind die Angebote daraufhin zu prüfen, ob sie vollständig sowie fach-
lich als auch rechnerisch richtig sind.
Das Landeskriminalamt machte in seinem Vermerk zur fachlichen Stellungnahme Ausführun-
gen zur Beurteilung der fachlichen Eignung der vier Anbieter. Die Eignungsprüfung musste
beim gewählten Vergabeverfahren zwingend bereits im Vorfeld bei der Auswahl der Bieter
erfolgen. Eine nochmalige Prüfung ist hier auch hinsichtlich des durch das Landeskriminalamt
angeführten hohen Aufwandes einer solchen Prüfung nicht nachvollziehbar.
21 § 17 EG Abs. 2 S. 1 VOL/A – Ausgabe 2009 – abgestellt auf den Zeitpunkt der Prüfung
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 57
In dem Vermerk zur fachlichen Stellungnahme führte das Landeskriminalamt Beispielrechnun-
gen durch, um einen Eindruck von der Wirtschaftlichkeit der Bewerber zu erhalten. Diese ent-
hielten sechs Varianten von möglichen Untersuchungsaufträgen.
Die Niederschrift des Landeskriminalamtes über die Öffnung, Prüfung und Wertung von An-
geboten enthielt außer der Anzahl der Angebote keine weiteren Angaben zu den Angeboten.
Lediglich das wirtschaftlichste Angebot mit einer Angebotsendsumme war vermerkt. Die hier
eingetragene Endsumme entsprach der Summe aus einer der sechs Beispielrechnungen der
fachlichen Stellungnahme.
Die vorgenommenen Beispielrechnungen hätten aus unserer Sicht mit der Ausschreibung be-
kannt gemacht werden müssen. Die Nachfragen der Bieter hinsichtlich der Wertung der auf-
gelisteten Einzelpositionen verdeutlichen dies. Das Verfahren zur rechnerischen und fachli-
chen Richtigkeit entspricht nicht den Anforderungen der VOL/A.
In seiner Stellungnahme vom 12. November 2020 zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages
hat das Ministerium für Inneres und Sport mitgeteilt, dass Änderungen im internen Organisa-
tionsablauf bei Beschaffungen im Landeskriminalamt, u. a. das Mehraugenprinzip, eindeutige
Kompetenzzuweisungen, durch Anpassungen geltender Dienstanweisungen veranlasst wur-
den. Darüber hinaus wurde die Gruppe der Innenrevision im Landeskriminalamt wiedereinge-
richtet. Sie wird stichprobenhafte Bestandsprüfungen durchführen.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass zukünftig alle Vergabegrundsätze beachtet
und eingehalten werden. Nur so können Vergabefehler vermieden werden.
5. Fazit
Das Ministerium für Inneres und Sport hat im Rahmen seiner Fachaufsicht eine Auswertung
der Feststellungen mit dem Landeskriminalamt vorgenommen und erste organisatorische
Maßnahmen veranlasst. Die Durchführung von Beschaffungen über dem Schwellenwert wur-
den an die Polizeiinspektion Zentrale Dienste als Zentrale Beschaffungsstelle des Landes
Sachsen-Anhalt übertragen. Beschaffungen über 25.000 € und unter dem EU-Schwellenwert
sind vor Veröffentlichung und vor Zuschlagserteilung dem Ministerium vorzulegen. Die Quali-
fizierung der an Beschaffungsvorgängen beteiligten Personen wird nachweislich veranlasst.
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, dass das Landeskriminalamt für die
Aufgabenwahrnehmung des kriminaltechnischen Labors Wirtschaftlichkeitsunter-
58 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
suchungen durchführt. Im Ergebnis dessen ist zu entscheiden, ob und in welchem Um-
fang Untersuchungsaufträge an Dritte vergeben werden.
Die vergaberechtlichen Vorschriften wurden durch das Landeskriminalamt nur mangel-
haft umgesetzt. Der Landesrechnungshof erwartet, dass künftig alle vergaberechtlichen
Vorschriften konsequent beachtet und eingehalten werden.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind abgeschlossen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 59
Einzelplan 04 – Ministerium der Finanzen
Kapitel 04 06 – Finanzämter
2 Defizite beim Umgang mit dem Risikomanagement durch Finanzämter
Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die geprüften Finanzämter im Durch-
schnitt 27 % der maschinell ausgesteuerten Risikohinweise fehlerhaft bearbeitet haben.
Dabei schwankten die Fehlerquoten zwischen beiden geprüften Finanzämtern mit 20 %
und 33,7 % erheblich. Die fehlerbehaftete Bearbeitung von Risikohinweisen kann zu ei-
ner unzutreffenden Besteuerung im laufenden Jahr der Veranlagung führen. Sie hat dar-
über hinaus Auswirkungen auf Folgejahre und die Qualitätssicherung des Systems.
1. Vorbemerkungen
Wir prüften im Jahr 2018 den Einsatz und die Handhabung von automationsgestützten Risiko-
managementsystemen in den Finanzämtern.
Die Finanzämter haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen
und zu erheben. Sie müssen den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln. Sie bestimmen dabei
Art und Umfang der Ermittlungen einzelfallbezogen.
Bei der Besteuerung handelt es sich einerseits um ein Massenverfahren, dem jedoch ande-
rerseits das komplexe Steuerrecht mit unzähligen Vorschriften gegenübersteht. Mit Hilfe von
automationsgestützten Systemen sollen die Finanzämter in die Lage versetzt werden, ihre
Prüfung auf bedeutsame, vom System ermittelte Risiken zu konzentrieren. Dabei werden die
Angaben der Steuerpflichtigen auf Plausibilität geprüft. Hierzu wertet ein maschineller Risiko-
filter Einkommensteuererklärungen aus. Anschließend erhalten die Bearbeiter maschinell ge-
nerierte Hinweise zur Bearbeitung.
Das System steuert u. a. durch einen Vorjahresvergleich neue Sachverhalte oder erhebliche
Änderungen bereits bekannter Sachverhalte aus. Der Bearbeiter hat dann den Steuerfall punk-
tuell gemäß den maschinell erteilten Hinweisen zu prüfen.
Darüber hinaus wird ein bestimmter Anteil der Steuerfälle durch eine Zufallsauswahl ausge-
steuert, die einer umfassenden personellen Prüfung unterliegen.
Soweit zu einzelnen Sachverhalten keine Hinweise ausgegeben werden, gelten diese als
durch den maschinellen Risikofilter geprüft. Werden für einen Steuerfall im Arbeitnehmer-
60 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
bereich gar keine Risikohinweise ausgegeben, gilt er als risikoarm und wird ohne weitere per-
sonelle Bearbeitung abgeschlossen.
Das automationsgestützte System soll nicht zu Lasten der Rechtmäßigkeit des Vollzuges der
Steuergesetze gehen, sondern dient der Unterstützung der Steuerverwaltung bei der Steuer-
festsetzung.
Die Steuerverwaltung in Sachsen-Anhalt führte die risikoorientierte Bearbeitung von Steuerer-
klärungen 2005 im Arbeitnehmerbereich ein und hat sie seitdem ständig weiterentwickelt und
auf andere Bereiche ausgeweitet.
Im Rahmen einer Querschnittsprüfung bei zwei Finanzämtern prüften wir u. a., ob die Finanz-
ämter maschinell ausgesteuerte Prüfungshinweise im Veranlagungszeitraum 2016 zutreffend
bearbeitet hatten.
2. Qualität der Bearbeitung
Wir wählten mit Hilfe einheitlicher Kriterien die geprüften Hinweise aus. Dabei konzentrierten
wir uns auf Fälle, bei denen es zu einer steuerlichen Auswirkung gekommen war. Diese Fälle
wurden dahingehend untersucht, ob die Bearbeiter in den Finanzämtern dem „Prüfauftrag“ des
jeweiligen Risikohinweises in ausreichendem Maße nachgekommen waren.
Die Ergebnisse für das jeweilige Finanzamt zeigen folgende Darstellungen:
Diagramm 1: Ergebnisse für das jeweilige Finanzamt
■ korrekte Bearbeitung ■ unvollständige Bearbeitung ■ keine Bearbeitung
66,3%
31,3%
2,4%
Finanzamt A
80,0%
19,3%
0,7%
Finanzamt B
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 61
Danach hatte das Finanzamt B 80 % und das Finanzamt A nur rd. 66 % der ausgesteuerten
und eingesehenen Risikohinweise korrekt bearbeitet. Im Ergebnis dessen waren die Bearbei-
ter im Finanzamt A jedem dritten geprüften Risikohinweis nur unzureichend nachgegangen,
während dies im Finanzamt B noch bei jedem fünften geprüften Risikohinweis der Fall gewe-
sen war. Zudem hatte es das Finanzamt A bei 2,4 % der Fälle versäumt, die Risikohinweise
überhaupt zu bearbeiten. Beim Finanzamt B stellten wir dies nur bei 0,7 % der Fälle fest.
Das Ministerium der Finanzen hält es in seiner Stellungnahme vom 6. November 2020 zum
Jahresberichtsbeitrag aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht für sachgerecht, Prüfhinweise
in jedem Fall einer intensiven Prüfung zu unterziehen. Es sehe aber die Sensibilisierung der
Bearbeiter als permanente Aufgabe und kündigt an, die Hinweise des Landesrechnungshofes
dabei zu berücksichtigen.
Eine mangelhafte Bearbeitung von Risikohinweisen kann zu einer unzutreffenden Besteue-
rung im jeweils bearbeiteten Veranlagungszeitraum führen. Regelmäßig hat dies aber auch
Auswirkungen auf Folgejahre und die Qualitätssicherung des Systems.
Der Landesrechnungshof hält die festgestellte Fehlerquote für zu hoch, insbesondere
vor dem Hintergrund der Folgewirkungen.
Die Finanzämter müssen nach Ansicht des Landesrechnungshofes die Risikohinweise
intensiver als bisher zum Anlass nehmen, die Besteuerungsgrundlagen korrekt zu er-
mitteln.
3. Fehlendes Systemverständnis der Bearbeiter
Bei der Verarbeitung einer Steuererklärung analysiert das Risikomanagementsystem alle an-
gesprochenen Kennzahlen. Aufgrund der im System hinterlegten Filterregeln werden bei Be-
darf Risikohinweise ausgegeben. Die Bearbeiter in den Finanzämtern sind angehalten, alle
ausgegebenen Risikohinweise gründlich und umfassend abzuarbeiten. Aus Sicherheitsgrün-
den werden diese Regeln nicht bekanntgegeben. Sie müssen aber den Sinn und Zweck der
jeweiligen Regel kennen, insbesondere wegen der Auswirkung für die Folgejahre.
Die Prüfung hat gezeigt, dass in diesem Bereich Aufklärungsbedarf besteht.
Dies trifft insbesondere auf Risikohinweise zu, die relativ selten erscheinen oder deren zu prü-
fende Sachverhalte selten vorkommen und damit den Bearbeitern wenig geläufig sind. Grund-
sätzlich sollte jeder Bearbeiter bedenken, dass alle Risikohinweise das Ergebnis der Tätigkeit
62 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
bundesweiter Arbeitsgruppen sind. Somit ist es sehr unwahrscheinlich, dass Risikohinweise
„aus Versehen“ ausgegeben werden.
Wir stellten fest, dass die angetroffene Unsicherheit der Bearbeiter zu großen Unterschieden
bei der Bearbeitung dieser Risikohinweise geführt hatte. So weichen die inhaltlichen Prüfun-
gen und Schlussfolgerungen stark voneinander ab. Die Qualität des Risikomanagementsys-
tems ist jedoch u. a. davon abhängig, dass die Risikohinweise von allen Bearbeitern in gleicher
Weise bearbeitet werden.
Das Ministerium der Finanzen vertritt in seiner Stellungnahme vom 6. November 2020 zum
Jahresberichtsbeitrag die Ansicht, dass die Bearbeiter keine grundsätzlichen Schwierigkeiten
mit dem Umgang des Risikomanagements hätten. In regelmäßigen Veranstaltungen würden
Probleme zum Risikomanagement mit Vertretern der Finanzämter erörtert.
Wir sind der Auffassung, dass hier durch gezielte Schulungsmaßnahmen – ggf. unter Einsatz
von Multiplikatoren – Abhilfe geschaffen werden könnte. Auch der Einsatz eines Nachschla-
gewerkes wäre denkbar. Eine Aufnahme des Themas in einer vom Ministerium der Finanzen
geplanten Arbeitshilfe zum Risikomanagement sehen wir als positiv an. In dieser könnten die
fachlichen Hintergründe (nicht die Risikoregeln) für Risikohinweise erläutert werden, um eine
unzureichende Bearbeitung aus Unkenntnis zu vermeiden. Wir halten es zudem für sinnvoll,
dass in jedem Finanzamt ein zentraler Ansprechpartner benannt wird, der Fragen der Bear-
beiter nachgeht.
Das Wissen um den Sinn und Zweck eines Risikohinweises würde ein zielgerechtes Bearbei-
ten der Hinweise erleichtern.
Der Landesrechnungshof empfiehlt dem Ministerium der Finanzen zu prüfen, ob und
wie Maßnahmen zur Verbesserung der Bearbeitungsqualität umgesetzt werden können.
4. Mängel bei der Dokumentation
Das Risikomanagementsystem stützt sich in hohem Maße auf die Prüfungen von erstmalig
erklärten Sachverhalten sowie auf Vergleiche. Entscheidend für den erfolgreichen Betrieb ei-
nes Risikomanagementsystems ist, dass alle Bearbeiter die ausgegebenen Hinweise verläss-
lich und qualitativ gut abarbeiten. Die vom Risikomanagement ausgesteuerten Sachverhalte
und Werte gelten dann als geprüft. Sofern ein Risikohinweis mangelhaft geprüft wird, kann es
zu fehlerhaften Steuerfestsetzungen – auch in Folgejahren – kommen. Daher ist eine
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 63
regelmäßige, qualitativ hochwertige Bearbeitung nebst Dokumentation notwendig.
Die einwandfreie Dokumentation der Prüfungsschritte hat daher nicht nur für die Nachverfol-
gung Bedeutung, sondern ist vor allem auch für die Folgejahre wichtig.
Die Prüfung hat ergeben, dass die Dokumentation zur Bearbeitung der Risikohinweise sehr
unterschiedlich vorgenommen wurde. In vielen Fällen war diese ausführlich und damit die Prü-
fungshandlungen der Bearbeiter sowohl fachlich als auch inhaltlich nachvollziehbar. Aber
ebenso stellten wir in einer ganzen Reihe von Fällen eine äußerst knappe Dokumentation fest.
Diese wiederum ließ keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Bearbeitung zu. So können Be-
merkungen wie z. B. „ok“, „i. O.“ oder „geprüft“ ausreichend sein, weil sie aus dem Gesamtzu-
sammenhang selbsterklärend sind. In der Regel hingegen wären weiterführende Bemerkun-
gen notwendig gewesen. So gab es z. B. Sachverhalte, die mit den vorliegenden Daten nicht
ausreichend geprüft werden konnten. Ob Belege vorgelegen hatten oder Rücksprachen vo-
rangegangen waren, konnte den Akten nicht entnommen werden. Die Dokumentation, sofern
vorhanden, war nicht aussagefähig. In solchen Fällen bestand für den Bearbeiter damit keine
Möglichkeit, Informationen aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen für die Bearbei-
tung der Risikohinweise heranzuziehen. Besonders im Hinblick auf regelmäßig wiederkeh-
rende Sachverhalte (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) kommt der Dokumen-
tation aber eine herausragende Bedeutung zu.
Nach Ansicht des Ministeriums der Finanzen in seiner Stellungnahme vom 6. November 2020
zum Jahresberichtsbeitrag hätten die Finanzämter Hinweise in der Regel sachgerecht doku-
mentiert. Gleichwohl werde es ergänzende Regelungen in der geplanten Arbeitshilfe treffen.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium der Finanzen die Finanzämter,
z. B. im Rahmen von Dienstberatungen, mit Nachdruck auf die Notwendigkeit einer aus-
reichenden Dokumentation hinweist.
5. Fehlerhafte Bearbeitung von Risikohinweisen
Risikohinweise werden beispielsweise wegen einer hohen steuerlichen Bedeutung ausgesteu-
ert.
Darüber hinaus erfolgen Risikohinweise in zeitlichen Abständen oder nach dem Zufallsprinzip.
64 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
a) Risikohinweise mit hoher steuerlicher Auswirkung, Beispiel: Arbeitsmittel
Im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit können die Steuer-
pflichtigen auch Arbeitsmittel als Werbungskosten geltend machen. Der Begriff Arbeitsmittel
ist nicht abschließend definiert. Das Einkommensteuergesetz (EStG) nennt beispielhaft Werk-
zeuge und typische Berufskleidung. Die Anlage N zur Einkommensteuererklärung enthält u. a.
eine Kennzahl für die Eintragungen von Arbeitsmitteln. Damit ist eine Abgrenzung der Arbeits-
mittel zu den anderen in § 9 EStG aufgezählten Werbungskosten erforderlich.
Die Bearbeiter der Finanzämter müssen daher prüfen, ob es sich dem Grunde nach um ab-
zugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit handelt. Ferner
haben sie zu untersuchen, ob die Angaben nebst ggf. vorgelegter Unterlagen ausreichen, um
die Aufwendungen anzuerkennen. Die Bearbeiter haben darauf zu achten, dass aus den Ein-
tragungen zu dem Risikohinweis erkennbar ist, um welche Art von Aufwendungen es sich
handelt.
Die Prüfung hat gezeigt, dass die Finanzämter diesen Risikohinweis nicht immer mit der erfor-
derlichen Sorgfalt geprüft haben.
Die Auswertung der geprüften Fälle hat Folgendes ergeben:
Diagramm 2: Auswertung der geprüften Fälle
Bei der Kategorie „nicht nachvollziehbar/unvollständig“ unterließen die Finanzämter die Prü-
fung, ob die erklärten Aufwendungen auch tatsächlich beruflich veranlasst worden waren. Nur
dann wären sie abzugsfähig gewesen.
Durch ungenaue Prüfungen des Risikohinweises können steuerliche Auswirkungen –
auch in den Folgejahren – auftreten. Zudem kann die Qualität des Systems nicht aus-
reichend evaluiert werden, notwendige Verbesserungen unterbleiben.
Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die Finanzämter deshalb die geforderte
Prüfung sorgfältig durchzuführen haben.
29%16%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Finanzamt A Finanzamt B
nicht nachvollziehbar /unvollständig
nachvollziehbar /vollständig
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 65
b) Risikohinweise in zeitlichen Abständen, Beispiel: Entfernungspauschale
Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit können Steuerpflichtige ihre Aufwendun-
gen für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten absetzen.
Dafür sind Eintragungen in der Einkommensteuererklärung zur Anzahl der Arbeitstage und der
Entfernungskilometer notwendig.
Oft bleiben die Angaben zur Entfernungspauschale über mehrere Jahre unverändert, da keine
Änderung des Wohn- oder Arbeitsortes erfolgt.
Die Finanzverwaltung hat die Aufgabe, diese Angaben auf Richtigkeit zu prüfen. Fehler kön-
nen bei den Eintragungen z. B. dadurch entstehen, indem automatisch die Werte aus dem
Vorjahr in die aktuelle Steuererklärung übernommen werden und damit Änderungen unbe-
rücksichtigt bleiben.
In zeitlichen Abständen wird unabhängig von Veränderungen bei der Entfernungspauschale
ein Risikohinweis ausgesteuert.
Die Bearbeiter in den Finanzämtern haben in diesen Fällen die Angaben des Steuerpflichtigen
umfänglich zu überprüfen.
Die Prüfung hat ergeben, dass die Finanzämter die Turnusprüfung der Aufwendungen für
Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht im geforderten Umfang durchführ-
ten. Insbesondere im Finanzamt A ergaben sich zahlreiche Feststellungen.
Diagramm 3: Feststellungen Finanzamt A und B
Die Prüfung ergab, dass die Bearbeitung dieses Risikohinweises im Finanzamt A in fast jedem
zweiten Fall nur unzureichend erfolgte. Im Finanzamt B hingegen war noch ein Viertel der Fälle
zu beanstanden. Insgesamt erachten wir die Beanstandungsquote für zu hoch.
46%25%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Finanzamt A Finanzamt B
nicht nachvollziehbar /unvollständig
nachvollziehbar /vollständig
66 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Beanstandungen ergaben sich z. B. aus der unzureichenden Kontrolle der erklärten Kilometer
zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Die dafür notwendige Adresse der ersten Tä-
tigkeitsstätte fehlte in einigen Fällen bzw. war unvollständig.
In diesen Fällen hat der Bearbeiter nicht nur fehlende Angaben zu ergänzen oder vom Steu-
erpflichtigen einzufordern, sondern auch die erklärten Entfernungskilometer abzuklären. Die
zutreffende steuerliche Beurteilung dieses Tatbestandes wirkt über das Veranlagungsjahr hin-
aus, sofern die Verhältnisse unverändert bleiben.
Die Finanzämter haben nach unserer Auffassung der Turnusprüfung der Entfernungspau-
schale mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Der Landesrechnungshof erwartet in allen Fällen eine vollständige Überprüfung der An-
gaben des Steuerpflichtigen.
c) Risikohinweise bei der Zufallsauswahl
Das Risikomanagement sieht vor, dass auch zufällig ausgewählte Steuerfälle zu prüfen sind.
Diese Zufallsauswahl dient der Qualitätssicherung und soll das maschinelle Risikomanage-
ment für die Steuerpflichtigen unberechenbar gestalten.
Über den Umfang der Ermittlungen in diesen Fällen sollen die Bearbeiter nach eigenem Er-
messen - unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles - entscheiden. Bei der Zu-
fallsauswahl sind sämtliche Angaben des Steuerpflichtigen durch Vorlage von Belegen bzw.
Nachweisen vollumfänglich zu überprüfen.
Nach der Prüfung aufgrund einer Zufallsauswahl gelten alle Sachverhalte und Werte des aus-
gewählten Steuerfalles als geprüft. Die Bearbeitung der Fälle der Zufallsauswahl in den ge-
prüften Finanzämtern hat folgendes Bild gezeigt:
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 67
Diagramm 4: Bearbeitung der Fälle
Im Hinblick auf die erforderliche Gesamtfallprüfung in diesen Fällen bearbeitete das Finanzamt
A fast jeden zweiten Fall der Zufallsauswahl nur unzureichend. Das Finanzamt B nahm in etwa
jedem vierten Fall keine erkennbare Prüfung des Gesamtfalles vor.
Sofern bei den beanstandeten Fällen überhaupt ein Vermerk dokumentiert worden war, war
dieser nicht aussagekräftig. Sie waren mit „geprüft“ oder „i. O.“ dokumentiert. In diesen Fällen
ist nicht mehr nachvollziehbar, welche Angaben der Bearbeiter überprüft hatte. Trotz dieser
mangelhaften Dokumentation übernahmen die Finanzämter in Fällen der Zufallsauswahl un-
geprüft u. a.:
- Werbungskosten, die Steuerpflichtige mit einem pauschalen Betrag eingetragen hatten,
- hohe außergewöhnliche Belastungen ohne Nachweis,
- Aufwendungen für Haushaltsnahe Dienstleistungen ohne Belege und
- zweifelhafte Angaben für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.
Nach Ansicht des Ministeriums der Finanzen in seiner Stellungnahme vom 6. November 2020
zum Jahresberichtsbeitrag seien diese Feststellungen subjektiver Natur und daher nicht be-
lastbar.
Wir können diese Ansicht nicht nachvollziehen. In den beanstandeten Fällen fehlte eine inhalt-
liche Kommentierung. Es mangelte an objektiven Angaben über den konkret geprüften Sach-
verhalt.
Ungeprüfte Angaben, selbst wenn sie keine oder nur geringe steuerliche Auswirkungen haben,
können so das Ergebnis des Risikofilters verfälschen. Der Risikofilter geht nämlich von einer
vollumfänglichen Prüfung des zufällig ausgewählten Falles aus.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Finanzämter der im Rahmen der Zufalls-
auswahl vorgesehenen Prüfung des Gesamtfalls künftig mehr Aufmerksamkeit widmen.
46%26%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Finanzamt A Finanzamt B
nicht nachvollziehbar /unvollständig
nachvollziehbar /vollständig
68 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Eine nur oberflächliche Prüfung der Angaben in den Steuererklärungen durch die
Finanzämter wird dieser Anforderung nicht gerecht.
6. Fazit
Eine fehlerhafte Beurteilung der Risikohinweise von 27 % hält der Landesrechnungshof
für zu hoch. Er sieht es für notwendig an, diese Fehlerquote deutlich zu senken.
Der Landesrechnungshof empfiehlt dem Ministerium der Finanzen, in regelmäßigen
Dienstberatungen auf die Funktionsweise des Risikomanagementsystems bei bestim-
men Fallkonstellationen hinzuweisen. Er hält es zudem für sinnvoll, in jedem Finanzamt
einen zentralen Ansprechpartner zu benennen, der Fragen der Bearbeiter nachgehen
kann. Auch eine Arbeitshilfe – u. a. zur Bearbeitung der einzelnen Risikohinweise –
muss aus Sicht des Landesrechnungshofes zeitnah erstellt werden.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 69
Einzelplan 05 – Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration
Kapitel 05 17 – Kinder, Jugend, Familie
Titel 684 05 – Zuschüsse an die Servicestelle für Kinder- und
Jugendschutz
(geprüftes)
Haushaltsvolumen
2014 bis
2018
– durchschnittlich 109.000 €/Haushaltsjahr
Titel 684 06 – Zuschüsse an das Kompetenzzentrum ge-
schlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe
Sachsen-Anhalt e. V.
(geprüftes)
Haushaltsvolumen
2010 bis
2015
– durchschnittlich 162.000 €/Haushaltsjahr
Titel 684 04 – Zuschüsse an den Kinder- und Jugendring
Sachsen- Anhalt e. V.
(geprüftes)
Haushaltsvolumen
2010 bis
2014
– durchschnittlich 180.000 €/ Haushaltsjahr
3 Grundsätzliche Probleme bei der Förderung von Trägern im Kinder- und
Jugendbereich
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration hat den jeweiligen Zuwendungs-
zweck und die im Förderinteresse liegenden Ziele und Aufgaben bei institutionell geför-
derten Einrichtungen im Kinder- und Jugendbereich nicht hinreichend konkret festge-
legt. Eine angemessene Erfolgskontrolle der jährlich wiederkehrenden Förderungen
führte weder das Ministerium noch das Landesverwaltungsamt durch. Es fehlen sowohl
eigene Bewertungen zu den Planungen der geförderten Einrichtungen als auch Krite-
rien und Indikatoren zur Bewertung der Zielerreichung.
Das Ministerium und das Landesverwaltungsamt haben Einnahmen und Ausgaben zur
institutionellen „Grundförderung“ der Einrichtungen und zu weiteren geförderten Pro-
jekten nicht nachvollziehbar und nicht eindeutig zugeordnet und abgegrenzt. Die insti-
tutionelle Förderung der Servicestelle für Kinder- und Jugendschutz kann aufgrund der
70 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
nicht zweckmäßigen Förder- und Organisationsstruktur nicht von den übrigen Ge-
schäftsbereichen des Trägervereins abgegrenzt werden.
1. Vorbemerkung
In den Jahren 2015 bis 2019 haben wir bei drei geförderten Zuwendungsempfängern im Ju-
gendbereich Prüfungen durchgeführt:
− Kinder- und Jugendring e. V. (KJR),
− Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt
e. V. (KgKJH) und
− Servicestelle für Kinder und Jugendschutz (Servicestelle) im Verband junger Medienma-
cher Sachsen-Anhalt e. V. (fjp>media).
Der KJR erhielt in den geprüften Jahren 2010 bis 2014 eine institutionelle Förderung in Höhe
von rund 180.000 € jährlich. Im Jahr 2020 beträgt diese Förderung rund 361.000 € bei vier
geförderten Stellen. Das KgKJH erhielt in den geprüften Jahren 2010 bis 2015 durchschnittlich
rund 162.000 € jährlich für die Einrichtung. Im Jahr 2020 beträgt diese Förderung rund
300.000 € bei 4,05 geförderten Stellen. Die institutionelle Förderung der Servicestelle betrug
in den geprüften Jahren 2014 bis 2018 durchschnittlich rund 109.000 € jährlich. Im Jahr 2020
erhält die Servicestelle 137.000 € bei 1,75 Stellen.
Gegenstand der durchgeführten Prüfungen waren die Zuschüsse des Landes an die Vereine.
Insbesondere die Wirtschaftlichkeit, die Ordnungsmäßigkeit und die zweckentsprechende Ver-
wendung der institutionellen Förderungen sowie die Schnittstellen zu anderen Förderungen
waren Prüfungsschwerpunkte.
Das Land fördert die Vereine bzw. die Servicestelle sowohl institutionell als auch Projekte der
Vereine. Institutionell werden Vereine oder Einrichtungen in der Regel gefördert zur Deckung
ihrer gesamten oder eines nicht (im Sinne eines Vorhabens) abgegrenzten Teils ihrer Ausga-
ben. Projektförderungen betreffen dagegen einzelne abgegrenzte Vorhaben.
Es handelt sich um langjährige Förderungen. Der KJR bspw. wird seit dem Jahr 1991 institu-
tionell gefördert. Die institutionellen Förderungen werden grundsätzlich für Personal- und
Sachausgaben der Geschäftsstellen bewilligt. Bewilligungsbehörde ist das Landesverwal-
tungsamt. Alle wesentlichen Fragen der Förderung werden mit dem Ministerium für Arbeit,
Soziales und Integration abgestimmt.
Der KJR und das KgKJH sind jeweils Zusammenschlüsse von mehreren Jugendverbänden
und weiterer Organisationen. Beide agieren jeweils in Form eines rechtsfähigen Vereins. Der
KJR sieht sich als Interessenvertreter im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit und nimmt
eine Vertretungsfunktion für Jugendliche gegenüber der Öffentlichkeit, Verwaltung und Politik
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 71
wahr. Das KgKJH versteht sich als fachpolitische Servicestelle für Genderkompetenz sowie
Mädchen- und Jungenarbeit im Land.
Die Servicestelle ist anders als die vorgenannten Zuwendungsempfänger rechtlich unselb-
ständig. Ab dem Jahr 2015 hat das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration die Ser-
vicestelle in Trägerschaft von fjp>media, einem Verband junger Medienmacher in Sachsen-
Anhalt, eingerichtet. Die Aufgabenstellung der Servicestelle leitet sich hier unmittelbar aus
dem gesetzlichen Auftrag des § 14 Sozialgesetzbuch – Achtes Buch - Kinder- und Jugend-
hilfe – ab. Danach sollen jungen Menschen und Erziehungsberechtigten Angebote des erzie-
herischen Kinder- und Jugendschutzes gemacht werden.
Bei allen drei dauerhaft vom Land geförderten Vereinen haben wir ähnliche Probleme der För-
derung festgestellt.
2. Unklarer Förderzweck und nicht festgelegte Aufgaben
Für das Bereitstellen von Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln muss ein erhebliches Lan-
desinteresse an der Fördermaßnahme vorliegen22. Deshalb muss das Land im Vorfeld jeder
Fördermaßnahme die Ziele konkret festlegen. Der Gesetzgeber stellt zwar die öffentlichen
Mittel über den Landeshaushalt bereit. Er gibt aber in der Regel für die Zwecke nur einen
Rahmen vor, der dann durch die Verwaltung auszufüllen ist. Die Ministerien und Bewilligungs-
behörden haben hier grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum.
Ein erhebliches Landesinteresse liegt vor, wenn die Erfüllung des Förderzwecks der Aufga-
benstellung und Zielsetzung des Landes im besonderen Maße dienlich ist. Ziel ist, mit mög-
lichst geringen Zuwendungsmitteln einen optimalen Erfolg zu erzielen. Was das Land als Zu-
wendungsgeber „im besonderen Maße“ als dienlich erachtet, hängt auch von politischen Wer-
tungen und Zielstellungen ab. Die Landesverwaltung konkretisiert das erhebliche Landesin-
teresse regelmäßig in Förderrichtlinien.
Für die hier geprüften institutionellen Förderungen liegt keine Förderrichtlinie vor. Daher muss
der Zuwendungsbescheid detaillierte und eindeutige Angaben zum Zuwendungszweck ent-
halten, die als Grundlage für eine Kontrolle dienen können.
22 Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen und an Stellen außerhalb der Landesverwaltung
dürfen gem. § 23 LHO des Weiteren nur veranschlagt werden:
− zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Definition der Förderziele), − wenn das Land an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat (erhebliches Landesin-
teresse), das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann (Subsi-diaritätsgrundsatz).
72 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Darüber hinaus wird im Zuwendungsverfahren der festgestellte Haushalts- und Wirtschafts-
plan für verbindlich erklärt. Er muss die sachliche und zahlenmäßige Zuordnung aller Einnah-
men und Ausgaben ausweisen, die jährlich zu erwarten sind.
Das Landesverwaltungsamt hat den Zuwendungszweck in den Zuwendungsbescheiden zur
institutionellen Förderung für alle drei geprüften Einrichtungen wie folgt festgelegt:
“Zuwendungszweck ist die Förderung von Personal- und Sachausgaben zur Aufga-
benerfüllung der [jeweiligen Geschäftsstelle des Zuwendungsempfängers]“.
Im Ergebnis galt der Zuwendungszweck als erfüllt, wenn der Haushalts- und Wirtschaftsplan
eingehalten wurde.
Da das Landesverwaltungsamt den Zuwendungszweck der institutionellen Förderungen nur
sehr allgemein und nicht eingehender beschrieben hatte, müssen ersatzweise die jeweiligen
satzungsmäßigen Darstellungen der Vereine zur Bestimmung des Zuwendungszwecks her-
angezogen werden.
Nach den Mindesterfordernissen an eine Vereinssatzung, die im Bürgerlichen Gesetzbuch
(BGB) geregelt sind, muss der Vereinszweck definiert werden und die Grundidee und den Sinn
des Vereins wiedergeben. Die Inhalte der Vereinssatzung obliegen jedoch dem Verein selbst.
Sie müssen nicht den haushaltsrechtlichen Anforderungen der Beschreibung eines eindeuti-
gen Zuwendungszwecks genügen. Daher sollte der Zuwendungsgeber konkrete Vorgaben
zum Zuwendungszweck formulieren.
Der Vereinszweck des KJR ist die Förderung der Jugendhilfe. Der Satzungszweck wird in acht
allgemein formulierte Punkte unterteilt, aus denen sich keine direkt messbaren und abrechen-
baren Aspekte ableiten lassen. Darunter befindet sich beispielsweise eine Zweckbeschreibung
mit der Formulierung: „… an der Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe mitzuwirken“.
Der satzungsmäßige Zweck des KgKJH liegt in der Förderung der Geschlechtergerechtigkeit
in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, im Abbau von geschlechterspezifischen Benach-
teiligungen und im Wirken für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Schwerpunkte des
satzungsgemäßen Zieles liegen u. a. in der Verankerung geschlechtergerechter Ansätze in
der Kinder- und Jugendhilfe sowie der in der Etablierung und Qualifizierung mädchen- und
jungenspezifischer Angebote.
Fjp>media als Jugendverband unterstützt seit seiner Gründung im Jahr 1991 Interessierte
durch die Umsetzung von Projekten bei der Erlangung von Medienkompetenzen. Mit der Ein-
richtung der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz in Trägerschaft des fjp>media hat der
Verband ab dem Jahr 2015 eine zusätzliche neue Aufgabe übernommen. Die Satzung des
Vereins umfasste diese Aufgabe nicht. Erst zum Ende des Jahres 2018 wurde mit der Ände-
rung der Satzung diese Aufgabe als weiterer Vereinszweck aufgenommen. Dadurch war in
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 73
den Jahren 2015 bis 2018 weder in den Zuwendungsbescheiden noch in der Vereinssatzung
des Trägerverbandes der Zuwendungszweck für die Servicestelle näher beschrieben. Den-
noch wurden die Zuwendungen gewährt.
Nach den Stellungnahmen des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration zu den Prü-
fungsmitteilungen wird nun der jeweilige Zuwendungszweck in den Bewilligungsbescheiden
detaillierter beschrieben. Des Weiteren wird von den Zuwendungsempfängern ergänzend eine
umfangreichere Darstellung der geplanten Arbeitsschwerpunkte eingefordert.
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und das Landesverwaltungsamt weisen
in ihren Stellungnahmen vom 20. November 2020 zu diesem Jahresberichtsbeitrag ergänzend
darauf hin, dass den Zuwendungsbescheiden die jeweiligen Trägerkonzeptionen zu Grunde
lägen. Für das Projekt Jugendschutz der Servicestelle und das KgKJH seien zudem die Leis-
tungsbeschreibungen der Träger Grundlage der Förderung.
Auch der KJR und der Verband fjp>media als Träger der Servicestelle Kinder- und Jugend-
schutz verweisen in ihren Stellungnahmen zum Jahresberichtsbeitrag vom 20. und 21. No-
vember 2020 auf ihre fachlich-inhaltliche Ausrichtung und Konzeption. Auf dieser Basis ließe
sich der Zuwendungszweck konkreter bestimmen. Im Übrigen verweisen beide Vereine da-
rauf, dass die grundlegenden Ziele und das staatliche Interesse an einer Förderung sich be-
reits aus den gesetzlichen Zielen des Kinder- und Jugendhilferechts ergeben. Die geförderten
freien Träger der Jugendhilfe erfüllen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, die sonst dem
Land als öffentlichem Träger der Jugendhilfe obliegen würden.
Nach Auffassung des Landesrechnungshofes waren die zum Zeitpunkt der Prüfung ver-
wendeten standardisierten Formulierungen zum Zuwendungszweck in den Zuwen-
dungsbescheiden nicht ausreichend. Das gilt auch dann, wenn ergänzend die Vereins-
satzungen und die jährlichen Haushalts- und Wirtschaftspläne herangezogen werden.
Ob letztlich mit den Zuwendungen das im öffentlichen Interesse liegende Ziel der Zu-
wendung und damit auch die gesetzlich festgelegten Ziele der Förderung freier Träger
der Jugendhilfe umfänglich oder nur teilweise erreicht wurden, können daher weder das
Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und das Landesverwaltungsamt noch
der Landesrechnungshof umfassend bewerten. Es fehlen Maßstäbe für die Leistungs-
erfüllung.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass bei künftigen institutionellen Förderungen von
Vereinen oder Einrichtungen der Zuwendungszweck so festgelegt wird, dass eine Er-
folgskontrolle möglich ist.
74 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
3. Fehlende Erfolgskontrolle
Mit dem Verwendungsnachweis ist zu prüfen, ob der mit der Zuwendung beabsichtigte Zweck
erreicht wurde. Dabei ist – soweit in Betracht kommend – eine begleitende und abschließende
Erfolgskontrolle durchzuführen23.
Damit soll festgestellt werden, ob und in welchem Ausmaß mit den umgesetzten Maßnahmen
die angestrebten Ziele erreicht wurden. Festgestellt werden soll dabei auch, ob die Umsetzung
wirtschaftlich war. Unzureichend festgelegte Zuwendungszwecke sowie Ziele befreien den Zu-
wendungsgeber nicht davon, eine Erfolgskontrolle durchzuführen. Erforderliche Informationen
dafür sind dann nachträglich zu beschaffen.
Daher sollten vor der Bewilligung der Förderungen vom Zuwendungsgeber sinnvolle Kriterien,
Kennzahlen bzw. zweckmäßige Indikatoren festgelegt werden, um den Erfolg (bspw. langfris-
tige Effekte, Erreichen der Ziele und Zielgruppen) der Zuwendung bewerten zu können.
Das Landesverwaltungsamt hat bei der Prüfung der Verwendungsnachweise der drei instituti-
onell geförderten Einrichtungen regelmäßig bestätigt, dass die getätigten Einnahmen und Aus-
gaben auf Angemessenheit und Plausibilität geprüft wurden. Die Prüfung war auf die Einhal-
tung der jeweiligen Haushalts- und Wirtschaftspläne beschränkt. Die Zielerreichung und die
Wirkungen der Förderung haben weder das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration
noch das Landesverwaltungsamt geprüft.
Das KgKJH bspw. führte statistische Auswertungen zu Aufgabenschwerpunkten über mehrere
Jahre. Darauf aufbauend wäre es nach unserer Auffassung zumindest hinsichtlich der Quan-
tität möglich gewesen, eine Statistik und Kriterien vorzugeben. Diese hätten für eine angemes-
sene Erfolgskontrolle der Aufgabenerfüllung herangezogen werden können. Bis zum Zeitpunkt
der Prüfung hatten das Ministerium und das Landesverwaltungsamt diese Möglichkeit jedoch
nicht genutzt.
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration führt in seinen Stellungnahmen zur Prü-
fungsmitteilung aus, dass künftig vorgesehen sei, gemeinsam mit dem KgKJH jährliche Trä-
gergespräche zu führen. Dabei sollen Bedarfe erörtert, eine geeignete Statistik abgestimmt,
Ziele festgelegt und die Umsetzung ausgewertet werden. Auf der Grundlage der Bedarfs- und
Zielfestlegung und einer geeigneten Soll-/lst-Darstellung erfolge eine quantitative und qualita-
tive Erfolgskontrolle.
Zur fehlenden Erfolgskontrolle der Förderung des KJR führt das Ministerium in seinen Stel-
lungnahmen zur Prüfungsmitteilung aus, dass keine standardisierten Erfolgskontrollen mög-
lich seien. Hintergrund sei der besondere Stellenwert des KJR in der Trägerlandschaft als
23 siehe VV Nr. 11.1.3 zu § 44 LHO
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 75
Interessensvertretung der Jugendlichen und Jugendverbände. Auch die Ausrichtung an den
einzelnen Mitgliedsverbänden und der damit verbundenen Wahrung ihres satzungsgemäßen
Eigenlebens spräche dagegen. Im Rahmen der institutionellen Förderung werde daher ge-
meinsam mit dem KJR an einer detaillierten Jahresplanung gearbeitet. Vom KJR hat das Mi-
nisterium eine Übersicht über die Schwerpunkte der Jahresplanung abgefordert. Zur Aufga-
benstruktur und zur Festlegung geeigneter Indikatoren würden weitere Gespräche geführt.
Das Landesverwaltungsamt werde nach Aussage des Ministeriums künftig Indikatoren entwi-
ckeln, die für eine Planung und Auswertung (Soll-Ist-Vergleich) im Rahmen der Erfolgskon-
trolle geeignet seien.
Um in der Servicestelle für Kinder- und Jugendschutz eine Erfolgskontrolle sicherzustellen, hat
das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration eine Steuerungsgruppe installiert. Mit Blick
auf die Jahresplanung und deren Umsetzung soll zwischen dem Ministerium, dem Landesver-
waltungsamt und dem Träger Konsens erzielt werden.
Nach unserer Auffassung kann die Umsetzung der Jahresplanungen der geförderten Einrich-
tungen durchaus Teil der Erfolgskontrolle sein. Die Jahresplanung allein ist jedoch nicht aus-
reichend. Sie ersetzt nicht die eigene Bewertung des Zuwendungsgebers mit Blick auf die
Förderziele und -interessen. Es fehlen Maßstäbe und Vorgaben für deren Erfüllungsgrad, um
überhaupt in die Lage versetzt zu werden, einen Soll-Ist-Vergleich vornehmen zu können.
Hierzu fehlen Aussagen des Ministeriums, wie es die Planungen für eine Erfolgskontrolle der
Förderung bewertet. Offen geblieben ist bisher zudem, welche Kriterien, Indikatoren und Teil-
ziele es daraus ableitet und wie die Umsetzung überprüft werden soll.
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration führt in seiner Stellungnahme zu diesem
Jahresberichtsbeitrag aus, dass seit den Prüfungen des Landesrechnungshofes verschiedene
Maßnahmen für angemessene Erfolgskontrollen ergriffen worden seien. Dazu gehörten Trä-
gergespräche zur jährlichen Planung der Maßnahmen sowie zu den Trägerkonzeptionen und
deren Fortentwicklung. Eine vorgegebene Musterjahresplanung würde von den Trägern für
ihre Schwerpunktthemen u. a. für Projekte, Ziele, Zielgruppen, qualitative und quantitative In-
dikatoren und Termine untersetzt. Auf Basis der Jahresplanung und gemeinsamer Festlegun-
gen erfolge die Erfolgskontrolle bei der Prüfung der Verwendungsnachweise.
Fjp>media verweist in seiner Stellungnahme gleichfalls darauf, dass Wirkungs- und Hand-
lungsziele sowie entsprechende Indikatoren festgelegt seien. Das Gesamtkonzept der Ser-
vicestelle enthalte neben Aussagen zur Qualitätsentwicklung konkrete Qualitätskriterien mit
Indikatoren, die in den Sachberichten nachgewiesen würden. Trägerseitig sei eine angemes-
sene Erfolgskontrolle möglich. Der KJR verweist in seiner Stellungnahme auf verschiedene
Maßnahmen, die eine Beurteilung der Zielerreichung besser ermöglichen sollen. So sei u. a.
die Berichterstattung mehr wirksamkeitsorientiert. Arbeitsschwerpunkte der kommenden
76 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Jahre seien festgelegt. Zudem würde derzeit eine neue Technik zur Planung von Zielen und
Prüfung ihrer Erreichung ausgerollt.
Der Landesrechnungshof erwartet vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration,
dass für die Förderungen angemessene Erfolgskontrollen durchgeführt werden. Der
Landesrechnungshof sieht es positiv, dass das Ministerium und das Landesverwal-
tungsamt abgestimmt mit den Trägern die Grundlagen dafür schaffen. Für eine ange-
messene Erfolgskontrolle sind jeweils geeignete Teilziele, Kriterien und Indikatoren
festzulegen, anhand derer die Erreichung der Ziele geprüft werden kann. Zudem muss
eine ausreichende statistische Datenlage entwickelt und im Rahmen der jährlichen För-
derung fortgeschrieben werden.
4. Unzureichende Abgrenzung der Förderbereiche
Für den Förderzweck wird zwischen der institutionellen Förderung und der Projektförderung
unterschieden.
Gegenstand der institutionellen Förderung sind jeweils Personal- und Sachausgaben, die zur
Erfüllung von satzungsmäßigen Aufgaben nach den genehmigten Wirtschaftsplänen erforder-
lich sind. Eine institutionelle Förderung bedeutet faktisch eine Grund- und Dauerförderung
von Vereinen oder Einrichtungen. Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften sind alle eige-
nen Mittel und mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen des Zuwen-
dungsempfängers als Deckungsmittel für alle Ausgaben einzusetzen.
Daneben fördern das Land und andere öffentliche Stellen jeweils Projekte mit gesonderten
Aufgabenstellungen. Die dafür geförderten Personal- und Sachausgaben sind nur dem jewei-
ligen Projekt zugeordnet. Dabei handelt es sich grundsätzlich um die zusätzlichen durch das
Projekt ausgelösten Ausgaben. Die Förderung ist zeitlich begrenzt und endet mit Abschluss
des jeweiligen Projektes.
Diese sachlichen Unterschiede zwischen den Förderungen bedingen, dass die Einnahmen
und Ausgaben für die institutionelle Förderung und die geförderten Projekte eindeutig und
nachvollziehbar der jeweiligen Förderung zugeordnet und voneinander abgegrenzt werden.
Werden Einnahmen und Ausgaben nicht ordnungsgemäß der zugewiesenen Förderart zuge-
ordnet, kann das negative Folgen haben:
− Es wird vom genehmigten und in der Regel verbindlichen Wirtschaftsplan im Rahmen der
institutionellen Förderung oder des bewilligten Finanzierungsplanes bei der Projektförde-
rung abgewichen. Übersteigen die Abweichungen von den Einzelansätzen den vorgegebe-
nen Rahmen, werden wesentliche Zuwendungsvoraussetzungen missachtet. Ohne
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 77
Genehmigung des Zuwendungsgebers hierzu kann dies zu Rückzahlungen führen. In je-
dem Fall entsteht erhöhter Aufwand für den Zuwendungsgeber und den Zuwendungsemp-
fänger, da Mitteilungen, Anträge und geänderte Finanzierungen bearbeitet werden müssen.
− Zudem entsteht hoher Aufwand für den Zuwendungsgeber und den Zuwendungsempfän-
ger bei der Umsetzung und Abrechnung der Zuwendung, wenn sowohl bei der institutionel-
len als auch bei der Projektförderung gleichartige Ausgaben gefördert werden. Fallen Aus-
gaben für alle Bereiche an wie z. B. für Personal, Raummieten, Geschäftsführung, Informa-
tionstechnik, Wartung usw., müssen die einzelnen Ausgabenpositionen den einzelnen Pro-
jekten und der institutionellen Förderung jeweils im zutreffenden Anteil zugeordnet werden.
Die Ermittlung des zuzuordnenden Ausgabenanteils ist in der Regel mit hohem Aufwand
verbunden. Unterbleibt die Zuordnung dieser Ausgabenanteile, können Überkompensatio-
nen oder Doppelförderungen nicht ausgeschlossen werden.
− Gleiches gilt für die Zuordnung von Einnahmen. Beispielsweise sind Spendeneinnahmen
im Sinne des Spendenzwecks zuzuordnen und entsprechend der haushaltsrechtlichen
Finanzierungsgrundsätze dem Zuwendungsgeber anzuzeigen.
Wir haben bei allen geprüften Zuwendungsempfängern Abgrenzungsprobleme zwischen der
institutionellen Förderung und der Projektförderung festgestellt. Diese führten bspw. dazu,
dass
− Fördermittel für Projekte nicht sachgerecht bemessen und nachgewiesen werden konnten,
− „Eigenmittel“ für Projekte aus der institutionellen Förderung erwirtschaftet wurden oder
− die institutionelle Förderung nicht von anderen Geschäftsbereichen, Projekten und Aktivi-
täten des Zuwendungsempfängers abgegrenzt werden kann.
Dazu folgende Beispiele:
4.1 Abgrenzungsprobleme bei der Förderung des KJR
Eine Aufgabe des KJR ist es, im Auftrag des Landes als Landeszentralstelle für die Jugend-
leiter*innen-Card (Juleica24) zu agieren. Die Landeszentralstelle arbeitet als Fach- und Ser-
vicestelle und übernimmt die Aufgaben der organisatorischen und technischen Erfassung, Ver-
waltung und Abwicklung sowie die fachliche Begleitung. Ziel ist für ehrenamtlich Tätige in der
Jugendarbeit der Erwerb des Qualitäts- und Qualifizierungsnachweises in Form der Jugend-
leiter*innen- Card. Insoweit war das Projekt als Daueraufgabe angelegt, ohne dass dies zwi-
schen dem Land und dem KJR gesondert vereinbart. war. Aufgrund der Art des Projektes
24 Die Juleica ist ein bundesweit einheitlicher und amtlich anerkannter Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen
in der Kinder- und Jugendarbeit. Die Card erhalten alle, die eine entsprechende Ausbildung erfolgreich absol-viert haben und ehrenamtlich arbeiten bzw. arbeiten möchten (Quelle: Internetseite des KJR https://www.kjr-lsa.de/juleica; zuletzt aufgerufen am 16. Oktober 2020). Die Landeszentralstelle Juleica ist in der Geschäfts-stelle des KJR verankert.
78 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Juleica und seiner Aufgabenstellung war eine teilweise Überschneidung mit der institutionellen
Förderung nicht auszuschließen. Auch danach berät der KJR bspw. fachlich in Fragen der
Kinder- und Jugendarbeit.
Zum Zeitpunkt unserer Prüfung fehlte eine Vereinbarung zwischen dem Land und dem KJR
zu Inhalten, Zielen und Aufgaben des Projektes. Dadurch konnten weder die Aufgaben noch
die dazugehörigen Einnahmen und Ausgaben sachgerecht entweder der institutionellen För-
derung oder dem Projekt zugeordnet werden. Auch die Zuordnung von Stellenanteilen für Ju-
leica zur institutionellen Förderung bzw. zu dem Projekt war teilweise nicht nachvollziehbar.
Ein Stellenanteil hat der KJR mit dem Projekt abgerechnet, obwohl die Stelle entsprechend
der Trägerkonzeption umfänglich der institutionellen Förderung zugeordnet war.
Für das Projekt Juleica konnten die Fördermittel dadurch nicht sachgerecht bemessen und die
Verwendung nachgewiesen werden.
Der KJR betont in seiner Stellungnahme vom 21. November 2020, dass eine Abgrenzung der
Einnahmen und Ausgaben zwischen der institutionellen Förderung und der Projektförderung
jederzeit durch eine ordnungsgemäße Buchführung möglich sei. Auf dieser Grundlage seien
Überkompensationen und Doppelförderungen ausgeschlossen. Inhaltlich seien aber die Arbeit
und Ziele des KJR als Institution nicht von seiner Projektarbeit abgrenzbar.
Im Ergebnis der Prüfung hat das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration die Projekt-
förderung ab dem Jahr 2017 in die institutionelle Förderung integriert. Dies vermeidet die dar-
gestellten Zuordnungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der auf Dauer ausgerich-
teten Projektförderung Juleica und der institutionellen Förderung.
Der Landesrechnungshof erwartet bei ähnlichen Projekten zukünftig eine klare Zuord-
nung und Abgrenzung der Einnahmen und Ausgaben der Projekte zur institutionellen
Förderung.
4.2 Defizite bei der Zuordnung von Einnahmen im KgKJH
Durch Lehraufträge hatte das KgKJH eine Möglichkeit, weitere Einnahmen zu erwirtschaften.
Die Einnahmen waren nach Angaben des Trägers für Projekte, insbesondere der Jungenar-
beit, erforderlich. Die Jungenarbeit der Einrichtung hat das Ministerium für Arbeit, Soziales und
Integration zum Zeitpunkt der Prüfung über Werkverträge oder Projekte finanziert. Die Mäd-
chenarbeit hingegen war in die institutionelle Förderung des KgKJH durch das Ministerium
integriert. Bspw. hat das KgKJH Einnahmen aus Lehraufträgen zumindest teilweise den Pro-
jekten für Jungen zugeordnet, obwohl das Personal, das diese Leistungen erbracht hat, in
einem Fall aus der institutionellen Förderung finanziert wurde. Einnahmen aus der institutionell
geförderten Tätigkeit wurden auf diese Weise in Projekte verschoben. Die Eigenmittel für
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 79
Projekte wurden so aus der institutionellen Förderung des Landes erwirtschaftet. Dies ist aus
unserer Sicht nicht Zweck einer institutionellen Förderung.
Darüber hinaus hatte das KgKJH weitere Einnahmen grundsätzlich der institutionellen Förde-
rung zugeordnet. Dabei unterschied es nicht zwischen der institutionellen Förderung und den
geförderten Projekten. Das betraf bspw. zweckgebundene Spenden für das Mädchencamp.
Diese wären diesem Projekt zuzuordnen gewesen.
Zudem konnten wir nicht nachvollziehen, warum die Jungenarbeit anders als die Mädchenar-
beit bewertet und gefördert wurde. Eine Gleichwertigkeit der Förderbereiche war nicht gege-
ben.
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration hat im Ergebnis der Prüfung ab
dem Haushaltsjahr 2019 die Jungenarbeit gleichfalls als Teil der institutionellen Förde-
rung aufgenommen. Hinsichtlich der Einnahmen aus Lehraufträgen geht der Landes-
rechnungshof davon aus, dass diese nur noch der institutionellen Förderung zugeord-
net und im Haushalts- und Wirtschaftsplan künftig entsprechend ausgewiesen werden.
4.3 Nicht zweckmäßige Förderstruktur der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz
Die Servicestelle für Kinder- und Jugendschutz wurde als rechtlich unselbständiger Teil des
Verbandes fjp>media gegründet. Der Trägerverband erhält Zuschüsse für die institutionelle
Förderung der Servicestelle, die für hauptamtliches Personal und Sachausgaben der Ge-
schäftsstelle zu verwenden sind. Darüber hinaus erhält er Zuschüsse für das Projekt Jugend-
schutz der Servicestelle. Daneben erhält der Trägerverband für eigene Projekte Fördermittel,
bspw. für Jugendbildungsmaßnahmen und einen Jugendbildungsreferenten sowie Medienpro-
jekte. Im Rahmen seiner Aktivitäten generiert der Trägerverband Eigenmittel u. a. über Bil-
dungsveranstaltungen.
Wir haben bei unserer Prüfung festgestellt, dass die institutionelle Förderung für die Service-
stelle und die geförderten Projekte sowohl der Servicestelle als auch des Verbandes inhaltlich
und strukturell eng verzahnt sind. Problematisch ist aus unserer Sicht insbesondere die in den
Trägerverband eingebettete institutionelle Förderung der rechtlich unselbständigen Service-
stelle. So erstrecken sich die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche des nur für die Service-
stelle geförderten Personals auch auf Aktivitäten des Trägerverbandes, ohne dass dies bei
der institutionellen Förderung berücksichtigt wird. Im Ergebnis lässt sich die institutionelle För-
derung nicht sachgerecht auf die Servicestelle begrenzen. Sie kann von den anderen Ge-
schäftsbereichen, Projekten und Aktivitäten des Verbandes nicht abgegrenzt werden.
Auch die parallele institutionelle Förderung der Servicestelle und des zur Servicestelle gehö-
renden Projektes „Jugendschutz“ erscheint aus unserer Sicht wegen der inhaltlich
80 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
zusammengehörenden Aufgabenbereiche nicht zweckmäßig. Für eine Zusammenführung der
beiden Förderungen spricht zudem, dass Planungsunsicherheiten aufgrund jährlich neu zu
entscheidender Projektförderungen entfallen würden. Für das bisher im Kinder- und Jugend-
schutz eingesetzte Projektpersonal würden sich langfristigere Perspektiven bieten. Die ange-
botenen Stellen würden attraktiver und Fluktuationen verringert. Die fachliche Arbeit könnte
kontinuierlich ohne Brüche bspw. durch Einarbeitungszeiten fortgesetzt werden.
Die bei der Prüfung vorgefundene Struktur lässt im Ergebnis bisher eine sachgerechte Zuord-
nung und Abgrenzung der institutionellen Förderung der Servicestelle von den verschiedenen
anderen geförderten Bereichen nicht zu. Sie ist fehleranfällig bspw. bei der verursachungsge-
rechten Zuordnung des eingesetzten Personals und anderer Aufwände. Diese Förderstruktur
führt zudem zu erhöhtem, aber vermeidbaren Verwaltungsaufwand sowohl für die Bewilli-
gungsbehörde als auch für den Träger.
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration sowie das Landesverwaltungsamt räumen
in ihren Stellungnahmen zur Prüfungsmitteilung die Probleme bei der Förderung der Service-
stelle für Kinder- und Jugendschutz ein. Zur Verwaltungsvereinfachung und Transparenz führt
das Ministerium aus, dass eine klare und auch praktikable Trennung der Tätigkeiten zwischen
der Servicestelle und dem Verein fjp<media angestrebt wird. Das Landesverwaltungsamt hält
eine deutliche strukturelle Trennung bzw. Abgrenzung zwischen der Servicestelle und der üb-
rigen Arbeit des Verbandes für erforderlich.
Fjp>media hält in seiner Stellungnahme vom 20. November 2020 zu diesem Jahresberichts-
beitrag eine Überprüfung der Förderstrukturen gleichfalls für geboten.
Der Landesrechnungshof hat empfohlen, die Förderung der Servicestelle für Kinder-
und Jugendschutz neu zu strukturieren. Dabei sollte auch geprüft werden, ob diese
rechtlich selbständig gefördert wird. Das würde die festgestellten Abgrenzungsprob-
leme reduzieren. Sollte an der bisherigen Förderstruktur festgehalten werden, müssen
aus der Sicht des Landesrechnungshofes die Aufgabenbereiche der Servicestelle im
Förderverfahren von den übrigen Verbandsaufgaben hinreichend abgegrenzt werden.
In diesem Zusammenhang sollte zudem die Zusammenführung der institutionellen mit
der Förderung der Kinder- und Jugendschutzprojekte der Servicestelle geprüft werden,
da die Projekte die institutionelle Förderung inhaltlich untersetzen.
5. Fazit
Für die Feststellung der zweckmäßigen und wirtschaftlichen Verwendung der einge-
setzten Fördermittel im Bereich institutionell geförderter Vereine oder Einrichtungen im
Kinder- und Jugendbereich fehlten insbesondere konkrete Förderziele und messbare
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 81
Aufgabeninhalte. Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und das Landes-
verwaltungsamt haben den inhaltlichen Erfolg der langjährigen Förderungen zum Zeit-
punkt der Prüfung nicht hinterfragt.
Um eine zielgerichtete Förderung sicherzustellen, erwartet der Landesrechnungshof
vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und dem Landesverwaltungsamt
− den Förderzweck und die Aufgaben erfolgsorientiert zu definieren,
− dafür geeignete Teilziele, Kriterien und Indikatoren festzulegen, anhand derer geprüft
werden kann, ob die festgelegten Ziele erreicht werden,
− auf dieser Grundlage Erfolgskontrollen der ausgereichten Zuwendungen sicherzu-
stellen,
− für die Servicestelle mindestens eine eindeutige und praktikable Trennung der För-
der- und Tätigkeitsbereiche zu der übrigen Verbandsarbeit zu gewährleisten.
Mit Blick auf die Effizienz der Förderung im Fall der Servicestelle regt der Landes-
rechnungshof an, die institutionelle Förderung und die Projektförderung zusammen-
zuführen. Eine Rechtsfähigkeit würde nach Auffassung des Landesrechnungshofes
die festgestellten Abgrenzungsprobleme reduzieren.
Zudem erwartet der Landesrechnungshof, dass künftig beim Zusammentreffen institu-
tioneller und projektbezogener Förderungen eine nachvollziehbare und eindeutige Zu-
ordnung und Abgrenzung der jeweiligen Einnahmen und Ausgaben der Förderbereiche
erfolgt.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.
82 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Einzelplan 06 – Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und
Digitalisierung
Kapitel 06 03 – Außeruniversitäre Forschungsförderung ge-
mäß GWK-Abkommen
Titelgruppe 61 – Zuschuss an Leibniz-Institute
Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg
Titel 685 61 – Zuschuss für den Betrieb
894 61 – Zuschuss für Investitionen
Geprüftes Haushalts-
volumen
2012 bis
2014
– rd. 44,3 Mio. €
4 Mängel bei Kooperationsverträgen und Verstöße gegen das Vergaberecht
bei Beschaffungen des Leibniz-Instituts für Neurobiologie
Bei der Gestaltung und Umsetzung der Kooperationsverträge, die das Leibniz-Institut
für Neurobiologie (LIN) mit der Otto-von-Guericke-Universität (OVGU), der Medizini-
schen Fakultät der OVGU (MedF der OVGU) und dem Deutschen Zentrum für Neurode-
generative Erkrankungen e. V. (DZNE) geschlossen hat, fehlte es an grundlegender
Transparenz. Besonders kritikwürdig waren fehlende Einzelregelungen zur Nutzung
von Geräten, Einrichtungen, Infrastruktur sowie zur Leistungsdokumentation und Leis-
tungsverrechnung. Das hatte zur Folge, dass das LIN ohne erkennbaren Grund und
ohne Gegenleistung Ressourcen im großen Umfang Dritten unentgeltlich bereitgestellt
hat.
Das LIN hat sein etabliertes und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geför-
dertes Gerätezentrum überwiegend unentgeltlich und ohne unterzeichnete Nutzerord-
nung sowohl internen als auch externen Nutzern zur Verfügung gestellt. In den wenigen
Fällen, bei denen das LIN Kostenerstattungen aus der Nutzung dieser Geräte geltend
machte, hat es die Einnahmen anstatt im Grundhaushalt im Drittmittelhaushalt gebucht.
Die Vereinbarung zu gemeinsamen Berufungen stammt aus dem Jahr 1993. Eine Aktu-
alisierung erfolgte seither nicht. Infolgedessen waren weitere Vertragsabschlüsse mit
gemeinsam berufenen Professoren und damit zusammenhängende Vergütungen nicht
transparent und plausibel.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 83
Das LIN hat im geprüften Zeitraum eine Vielzahl von Beschaffungen freihändig verge-
ben und damit die Grundsätze des öffentlichen Wettbewerbs nicht gewahrt.
Das Verfahren zur Vergabe der Leistungen zum Objektschutz war intransparent und
durch den Landesrechnungshof nicht prüfbar.
1. Vorbemerkungen
Das LIN ist eine Einrichtung der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Leibniz e. V. und wird
gemeinsam von Bund und Land institutionell gefördert. Es ist eine rechtsfähige Stiftung des
öffentlichen Rechts und untersteht der Rechtsaufsicht des Landes. Gemäß Stiftungssatzung
betreibt und fördert es Wissenschaft und Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Neurobio-
logie.
Nach § 14 Abs. 1 der Satzung finden die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Landes
Anwendung.
Das Institut unterhält zahlreiche vertragliche Kooperationen.
LIN
DZNE UK
(insbesondere
Kliniken)
OVGU
(Fakultäten,
insbesondere MedF)
Landeseigene Richtlinien oder andere Bestimmungen, die Kooperationen zwischen außeruni-
versitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen im Land regeln, liegen nicht vor. Die
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat eine Musterkooperationsvereinbarung zum
Zusammenwirken von Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen
84 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
formuliert.25 Auch andere Mustervereinbarungen sind richtungsweisend für Kooperationen und
könnten demnach beim LIN entsprechend Anwendung finden. In Betracht kommt z. B. der vom
ehemals zuständigen Kultusministerium zur Ausgestaltung von Kooperationsverträgen zwi-
schen Hochschulen und An-Instituten verfügte Runderlass vom 23. Februar 2011 einschließ-
lich dem Muster-Kooperationsvertrag in der Anlage 2 des Runderlasses.
Wir haben in den Jahren 2015 ff. die Prüfung der öffentlichen Förderung und der Haushalts-
und Wirtschaftsführung des LIN durchgeführt. Bei der Prüfung haben wir uns mit Verträgen
zwischen dem LIN und
− der OVGU,
− der MedF der OVGU,
− dem Universitätsklinikum Magdeburg (UK),
− dem DZNE sowie
− Einzelpersonen
befasst.
2. Unentgeltliche Ressourcenbereitstellung
Gemäß § 63 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 LHO dürfen Gegenstände Dritten grundsätzlich nur zu ihrem
vollen Wert überlassen werden. Die gegenseitige Bereitstellung von Räumen, Geräten, Ein-
richtungen und Infrastruktur im Rahmen von Kooperationen stellt einen Leistungsaustausch
dar.
Gemäß VV Nr. 1.2 zu § 44 LHO ist Voraussetzung zur Bewilligung von Zuwendungen für Be-
schaffungen, dass der Zuwendungsempfänger die Gewähr für eine ordnungsgemäße Verwen-
dung der Anlagen bietet. In Verbindung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 7 LHO und
dem rechtzeitigen und vollständigen Einzug der Einnahmen gemäß § 34 LHO obliegt dem
Zuwendungsempfänger die Pflicht zum Nachweis seiner Gerätenutzung.
In Anlehnung an den Runderlass des Kultusministeriums vom 23. Februar 2011 sollte für den
vorgesehenen Leistungsaustausch ein dem Kooperationsverhältnis angemessenes Entgelt für
die Inanspruchnahme von Personal, Sachmitteln und Einrichtungen vereinbart werden. Die
gegenseitigen erbrachten Leistungen sind zwischen den Beteiligten unter Anwendung der
günstigsten rechtlich zulässigen Regelung abzurechnen. Dieser Austausch sollte in einer Leis-
tungsabrechnung am Ende eines Jahres überprüft werden.
25 Bericht und Empfehlungen - Fortschreibung - der GWK: „Gemeinsame Berufungen von leitenden Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftlern durch Hochschulen und außerhochschulische Forschungseinrichtungen“ vom 4. Februar 2014
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 85
2.1 Vereinbarungen des LIN mit der OVGU und der MedF der OVGU
2.1.1 Basisvereinbarung des LIN mit der OVGU und Rahmenvereinbarung des LIN mit der
MedF der OVGU
Ausgangspunkt für eine Vielzahl an Kooperationsvereinbarungen zwischen dem LIN und der
OVGU bildete die am 12. März 1997 zwischen dem LIN und der OVGU geschlossene Koope-
rationsvereinbarung, die sogenannte Basisvereinbarung. Sie regelt die grundsätzliche Zusam-
menarbeit des LIN mit der MedF der OVGU. Wesentliche Inhalte der Vereinbarung sind z. B.
− gemeinsame Forschungsvorhaben,
− gemeinsame Betreuung von Patienten im Rahmen definierter patientenbezogener klini-
scher Kooperation,
− beiderseitige Nutzung von Geräten, Einrichtungen und Infrastruktur, wobei Einzelheiten
über Art und Umfang der Benutzung von Großgeräten in Benutzerordnungen gesondert zu
regeln sind.
Das LIN und die MedF der OVGU schlossen auf Grundlage dieser Basisvereinbarung weitere
Kooperationsvereinbarungen ab.
Die Geschäftsführung gestand während unserer Prüfung zu, dass sie die Kooperationsverein-
barungen in den letzten Jahren vernachlässigt habe und diese einer grundsätzlichen Überar-
beitung bedürfen. Sie konnte zu den Inhalten und der Umsetzung der Vereinbarungen keine
Auskunft geben.
Nach unseren Feststellungen hat die Geschäftsführung des LIN die Umsetzung der Koopera-
tionsvereinbarungen nur ungenügend bzw. gar nicht überprüft. Nach unserer Auffassung be-
stand die Notwendigkeit, alle bestehenden Kooperationsvereinbarungen zu überprüfen und
unter Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zu überarbeiten.
Zur Ausführung der Basisvereinbarung schlossen das LIN und die MedF der OVGU ebenfalls
am 12. März 1997 eine Rahmenvereinbarung ab. Danach werden patientenbezogene klini-
sche Kooperationsprojekte zunächst für fünf Jahre durchgeführt. Für die einzelnen Projekte
sollen Einzelvereinbarungen geschlossen werden, die u. a. die Projektleitungen und die von
den Kooperationspartnern zu erbringenden Leistungen regeln.
86 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Das LIN plante und verausgabte in den Jahren 2012 bis 2015 im Grundhaushalt der instituti-
onellen Förderung unter der Position „Aufwendungen für klinische Kooperationen“ mit der
OVGU jährlich zwischen rd. 230.000 € bis 261.000 €.
Die diesen Aufwendungen zugrundeliegenden vertraglichen Regelungen und Abrechnungen
waren völlig unzureichend. Es fehlte an Festlegungen und damit Transparenz über die
− im jeweiligen Projekt zu erbringenden einzelnen Leistungen,
− Projektleiter,
− Anzahl der Kooperationsprojekte und deren Ziele,
− abgerechneten Kosten sowie
− genutzten Geräte, Ressourcen, sonstige Infrastruktur und deren Nutzerkreis.
Wir hielten eine zeitnahe Überarbeitung der Vereinbarung und Herstellung von Transparenz
als Grundlage für die Leistungserbringung für erforderlich.
Das LIN teilte in seiner Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020 mit, dass
− die Basisvereinbarung im Jahr 2017 durch einen Rahmenvertrag unter Beteiligung des Stif-
tungsrats vollständig überarbeitet und ersetzt sei.
− nunmehr alle Kooperationsverträge zentral erfasst, überwacht und digital abgelegt seien.
In seiner Stellungnahme zum Jahresberichtsbeitrag vom 22. November 2020 teilte das LIN
ergänzend mit, dass
− die Rahmenvereinbarung von 1997 ersetzt sei und die auf dieser Rahmenvereinbarung
basierenden Verträge zur klinischen Kooperation zum 31. Dezember 2016 gekündigt seien.
− aus Kapazitätsgründen die bestehenden Kooperationsverträge nicht eingehend auf Aktua-
lität geprüft worden seien.
Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass künftig die im LIN eingerichteten Kon-
trollmechanismen zu einer Verbesserung der Transparenz der Kooperationsvereinba-
rungen beitragen. Er erwartet, dass der Rahmenvertrag regelmäßig überprüft und ggf.
an aktuelle Entwicklungen angepasst wird.
2.1.2 Ergänzung zur Kooperationsvereinbarung zwischen dem LIN und der MedF der OVGU
Aufgrund einer am 1. Mai 2011 auf unbefristete Zeit geschlossenen Vereinbarung stellt das
LIN für Mitarbeiter einer Klinik der MedF Büro- und Laborräume unentgeltlich zur Verfügung.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 87
Weiterhin vereinbarten die Vertragspartner, dass den Klinikmitarbeitern bei Einzug in das Ge-
bäude der Status eines Gastes verliehen wird.
Der Vertrag enthält in der Anlage eine Aufschlüsselung aller Räumlichkeiten mit Benennung
des Raumes (z. B. Büro, Nasslabor, E-Labor), Raumgröße usw. Danach übergab das LIN
insgesamt 217,3 m² Bürofläche und 276,7 m² Laborfläche zur Unterbringung von Mitarbeitern
dieser Klinik.
Auf welche Kooperationsvereinbarung sich die Ergänzung bezieht, ist nicht genannt.
Die Vereinbarung einschließlich Anlage lässt nicht erkennen, welche Mitarbeiter der Klinik
diese Räumlichkeiten des LIN nutzen bzw. den Status eines Gastes erhalten haben. Außer
den in der Präambel sehr pauschal beschriebenen Kooperationsbeziehungen zwischen dem
LIN und der Klinik gibt es keine weiteren Angaben zu den einzelnen Kooperationsprojekten.
Wegen fehlender Regelungen konnten wir nicht erkennen, welche Umstände oder sonstigen
Vereinbarungen die unentgeltliche Ressourcenbereitstellung für Mitarbeiter der Klinik rechtfer-
tigen.
Das LIN erkennt laut Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020 unsere den
Vertrag betreffende Kritik an. Es habe allerdings die am 1. Mai 2011 geschlossene Vereinba-
rung wegen anstehender personeller Veränderungen sowohl im Bereich der Klinik für Neuro-
logie als auch im Bereich des LIN nicht gekündigt. Eine Vertragsanpassung mit den beteiligten
Partnern sei bis zum Ende des Jahres 2020 geplant.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das LIN mit der angekündigten Vertragsanpas-
sung seine Beanstandungen beachtet und transparente Festlegungen trifft.
2.1.3 Entwurf einer Vereinbarung zwischen dem LIN und einem Professor der OVGU
Nach der Stiftungssatzung können Persönlichkeiten, die mit der Stiftung in enger wissen-
schaftlicher Zusammenarbeit stehen, vom Stiftungsrat als Auswärtige Wissenschaftliche Mit-
glieder des LIN bestellt werden. Das Direktorium kann Auswärtigen Wissenschaftlichen Mit-
gliedern Räume und Forschungsanlagen nach Maßgabe einer bestehenden Kooperationsver-
einbarung zur Verfügung stellen.
Der Stiftungsrat des LIN beschloss in seiner Sitzung am 8. November 2012 die Bestellung
eines Professors der OVGU als Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied des LIN. Hierzu exis-
tiert ein Entwurf einer Vereinbarung vom November 2012, die zumindest bis Juni 2015 nicht
88 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
unterschrieben war. Nach Ansicht der Geschäftsführung war sie durch schlüssiges Handeln
der Vertragspartner zustande gekommen.
Die Vereinbarung beinhaltet u. a. die begrenzte Nutzung und Bereitstellung von Ressourcen
und wissenschaftlichen Großgeräten des LIN (z. B. des 7 Tesla MRT o. ä.) an das Auswärtige
Wissenschaftliche Mitglied im Rahmen seiner dienstlichen Forschungsarbeiten. Die „be-
grenzte Nutzung“ sowie die Art seiner Forschungstätigkeit sind im Entwurf der Vereinbarung
nicht bestimmt.
Überwiegend nutzte die OVGU den 7 Tesla MRT; vor allem dieser Professor für seine For-
schungsaufgaben im Rahmen seiner Funktion in der OVGU. Das LIN berechnete dafür keine
Nutzungsgebühren.
Wir haben festgestellt, dass beim LIN keine Vereinbarungen vorlagen, die
− die Art und Umfang der Nutzung des Gerätes durch die betreffende Abteilung regelten,
− den Verzicht auf Nutzungsgebühren durch das LIN begründeten und
− eine Abgrenzung der Forschungsaufgaben der OVGU von den Aufgaben des Professors
als Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied des LIN vornahmen.
Das LIN verwies in seiner Stellungnahme zum Jahresberichtsbeitrag vom 22. November 2020
auf die Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020. Danach hätten das LIN, die
OVGU und der Professor nunmehr vereinbart, dass dem Professor für seine Aufgaben in der
OVGU eine begrenzte Anzahl an Messstunden pro Jahr unentgeltlich zur Verfügung stünden.
Dies gelte nur, sofern die Projekte deutlich im Interesse des LIN liegen würden. Für die Nut-
zung des 7 Tesla MRT durch den Professor in seiner Funktion als Auswärtiges Wissenschaft-
liches Mitglied gelte die Nutzerordnung. Ein Vertrag sei diesbezüglich aus ihrer Sicht nicht
erforderlich.
Der Landesrechnungshof hält es für notwendig, dass das LIN künftig die klare Trennung
zwischen
− den Aufgaben des Professors beim LIN und bei der OVGU einhält sowie
− der sich daraus ergebenden Nutzung von Geräten einschließlich der Zahlung von
Gebühren vornimmt.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 89
2.2 Kooperationsvereinbarungen des LIN mit dem DZNE
Das DZNE ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Als Mitglied der Helmholtz-Ge-
meinschaft wird es zu 90 % vom Bund und zu 10 % von den jeweiligen DZNE-Sitzländern
finanziert. Das DZNE am Standort Magdeburg ist einer von insgesamt zehn Standorten und
rechtlich unselbständig. Es befasst sich mit kognitiver Hirnforschung und Neuromodulation und
befindet sich auf dem Campus der MedF der OVGU.
Das LIN und das DZNE trafen am 17. Dezember 2010 eine Vereinbarung über die Nutzung
von Räumlichkeiten und Infrastruktur. Hierin regelten sie, dass die vom LIN angeschafften und
betriebenen Geräte und Einrichtungen wie
− 7 Tesla MRT,
− 4,7 Tesla-Kleintierscanner,
− Kleintier-SPECT/CT und
− Speziallabor für Elektronen- und Laserscanning-Mikroskopie
durch den DZNE-Standort Magdeburg entsprechend der jeweiligen Nutzerordnung genutzt
werden können.
Das LIN begann erst 2012 ein Verfahren zu entwickeln, mit dem es die Nutzung seiner wis-
senschaftlichen Großgeräte koordinieren, organisieren sowie deren Nutzer nachweisen kann.
Dokumentierte Rückschlüsse zum Nutzerkreis und den Zeitanteilen der im Vertrag genannten
Geräte waren jedoch zurzeit unserer Prüfung nur für den 7 Tesla MRT ab 2013 möglich.
Wir haben festgestellt, dass bis zurzeit der örtlichen Erhebungen
− das DZNE alle im Vertrag genannten Geräte des LIN nutzte, ohne dass das LIN dafür Nut-
zungsgebühren geltend machte,
− von diesen Geräten nur für den 7 Tesla MRT eine Nutzerordnung bestand und
− für die anderen Geräte nur ein Entwurf einer Nutzerordnung vorlag.
Das LIN ermittelte auf unsere Veranlassung, dass das DZNE von 2013 bis 2015 am 7 Tesla
MRT 1.023 Messstunden durchführte. Unter Zugrundelegung der für den 7 Tesla MRT gelten-
den Nutzerordnung mit Betriebskosten i. H. v. 200 € pro Stunde hätte das LIN dem DZNE allein
für die v. g. Messstunden 204.600 € in Rechnung stellen müssen.
Das LIN hat mit der unentgeltlichen Zurverfügungstellung seiner Geräte an das DZNE gegen
§ 63 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 LHO sowie gegen die Regelungen im Kooperationsvertrag versto-
ßen.
90 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Nach unserer Auffassung waren gegenüber dem DZNE Nutzungsgebühren auf Grundlage
geltender Nutzungsordnungen zu berechnen und für die Nutzung des 7 Tesla MRT rückwir-
kend geltend zu machen.
Das LIN habe laut Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung unsere Hinweise konstruktiv aufge-
nommen und als Grundlage für die Nutzung der Geräte eine neue und zuletzt im Mai 2020
aktualisierte Nutzerordnung in Kraft gesetzt. Auf Grundlage dokumentierter Leistungsnach-
weise würden zwischenzeitlich Kostenerstattungen gegenüber dem DZNE geltend gemacht.
Nutzungsgebühren habe das LIN nicht rückwirkend geltend gemacht, weil die in der Vergan-
genheit durchgeführten Studien überwiegend im Interesse des LIN erbracht worden seien.
Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass das LIN künftig für die Gerätenutzung
Gebühren auf der Grundlage geltender Ordnungen berechnet und vereinnahmt.
2.3 Gerätezentrum „Combinatorial Neurolmaging“
Das LIN baute mit einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten For-
schungsprojekt seit Oktober 2012 ein Gerätezentrum „Combinatorial Neurolmaging“ (nachfol-
gend: Gerätezentrum) auf und begann, für ausgewählte wissenschaftliche Geräte die Nutzung
zu organisieren, zu koordinieren und dafür Regelungen zu schaffen.
Die DFG beabsichtigte mit der Förderung, die bestehende Geräteinfrastruktur für gemeinsame
– auch externe – Nutzung zugänglich zu machen. Sie bewilligte dem LIN hierfür mit Bescheid
vom 22. Februar 2012 für die Jahre 2012 bis 2015 eine Sachbeihilfe i. H. v. 559.700 €. Das
LIN stellte am 30. April 2015 bei der DFG einen Antrag auf Fortführung der Förderung.
Das vom LIN etablierte Gerätezentrum ist keine Struktureinheit, sondern eine virtuelle Bünde-
lung verschiedener Imaging-Großgeräte. Nach den internen Regelungen umfasst das Geräte-
zentrum hochspezialisierte und sehr kostenintensive Geräte wie z. B. Mikroskopie, 4,7-Tesla-
Kleintierscanner, Kleintier-SPECT/CT und 7 Tesla MRT.
Nach den von der DFG erlassenen Hinweisen zu Gerätenutzungskosten und zu Gerätezentren
muss ein Gerätezentrum eine Nutzungsordnung verabschieden. Zurzeit unserer Prüfung lag
für das Gerätezentrum die Nutzerordnung als nicht unterzeichneter Entwurf vor.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 91
a) Kostenerstattungen aus der Nutzung der Geräte des Gerätezentrums
Nach dem Entwurf der Nutzerordnung für das Gerätezentrum
− stehen die Geräte Mitarbeitern des LIN, der OVGU und anderen Magdeburger Forschungs-
einrichtungen sowie Nutzern anderer akademischer Organisationen aus dem In- und Aus-
land und aus Industrie und Wirtschaft zur Verfügung.
− tragen die Nutzer die mit der Durchführung des Projekts entstehenden Kosten entspre-
chend den realen Aufwendungen. Bei nachgewiesenem Interesse seitens des LIN kann die
Finanzierung von Messungen aus dem Budget des LIN erfolgen.
Zur Einhaltung § 63 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 LHO ist erforderlich, dass das LIN die Geräte des
Gerätezentrums nur gegen ein Nutzungsentgelt zur Verfügung stellt.
Dies erfordert nach unserer Auffassung eine ordnungsgemäße und umfassende Leistungsdo-
kumentation nach Nutzer, Art des Forschungsprojektes und Messdauer.
Das LIN stellte seit mindestens 2013 alle zum Gerätezentrum gehörenden Geräte Dritten zur
Verfügung. Außer für den 7 Tesla MRT
− dokumentierte das LIN keine Messzeiten für Kostenerstattungen und
− berechnete keine Nutzungsgebühren.
Die unentgeltliche Zurverfügungstellung der Geräte des LIN an verschiedene Nutzer stellt ei-
nen Verstoß gegen § 63 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 LHO dar. Der Verzicht der Entgelterhebung
verstößt gegen § 34 Abs. 1 LHO.
Wir halten es für kritikwürdig, dass das LIN für die Nutzung der Geräte – bis auf den 7 Tesla
MRT – über Jahre keine Nutzungsgebühren berechnet hat.
Das LIN teilte in seiner Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020 mit, dass es
unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Gesamtziele, der Nutzerprioritäten, der strate-
gischen Planungen und der administrativen Rahmenbedingungen transparente Nutzungskon-
zepte verbindlich eingeführt habe. Es beabsichtige, in den nächsten Monaten eine interne
Richtlinie mit Checkliste für die Erfassung von Projekten zu erarbeiten. In diesem Kontext ver-
weist das LIN auf Beispiele, bei denen es auf die Erstattung von Nutzungsgebühren verzichte.
92 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
b) Erhebung von Gebühren aus der Nutzung des 7 Tesla MRT
Das LIN erhob für die Nutzung des 7 Tesla MRT aufgrund einer Leistungsdokumentation ge-
genüber Dritten folgende Nutzungsgebühren:
− 2013 28.000,00 €
− 2014 88.754,40 €.
Zum Abgleich zwischen den erzielten Einnahmen und den erbrachten Messstunden baten wir
um eine Aufstellung der Nutzer. Daraus war ersichtlich, dass die vom LIN gegenüber Dritten
in Rechnung gestellten Messstunden für die Jahre 2013 und 2014 weniger waren als die tat-
sächlich erbrachten Stunden.
Die Gründe dafür sehen wir darin, dass das LIN keine Nutzungsgebühren geltend machte,
wenn
− Angaben zur Finanzierung in den Studienanmeldungen nicht schlüssig waren.
− es sich um Forschungskooperationen handelte und
− eine Abteilung der OVGU den 7 Tesla MRT nutzte.
Das LIN hat in den Jahren 2013 und 2014 dem DZNE 697,5 Messstunden im Wert von
139.500 € und z. B. drei Einrichtungen der OVGU 1.641,90 Messstunden im Wert von
328.500 € nicht in Rechnung gestellt.
Insgesamt hat das LIN allein in den Jahren 2013 und 2014 auf Nutzungsentgelte i. H. v. min-
destens 468.000 € verzichtet. Das stellt auch im Rahmen von Kooperationsbeziehungen einen
Verstoß gegen § 63 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 LHO dar und ist mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot
nicht vereinbar.
Laut Stellungnahme des LIN zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020 arbeite es daran, die
Grundlagen und Rahmenbedingungen für die Einhaltung des § 63 Abs. 5 i. V. m. Abs. 3 LHO
zu schaffen.
Es teilte mit, dass die OVGU beabsichtige, dem LIN rückwirkend Kosten aus der Gerätenut-
zung zu erstatten. Derzeit werde der Sachverhalt aufgearbeitet und dokumentiert. Nach aktu-
ellem Stand würde sich die Erstattungssumme auf ca. 290.000 € belaufen.
c) Veranschlagung und Buchung der Einnahmen
Gemäß § 11 LHO enthält der Haushaltsplan alle im Haushaltsjahr zu erwartenden Einnahmen.
Nach VV Nr. 1.2 zu § 11 LHO sind die Einnahmen mit größtmöglicher Genauigkeit zu errech-
nen oder zu schätzen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 93
In § 17 LHO i. V. m. § 35 LHO ist vorgesehen, dass die Einnahmen nach dem Entstehungs-
grund zu veranschlagen und mit ihrem vollen Betrag bei dem hierfür vorgesehenen Titel zu
buchen sind.
Das LIN veranschlagte weder in den Programmbudgets 2015 und 2016 noch in der mittelfris-
tigen Finanzplanung bis 2019 Einnahmen aus der Gerätenutzung.
Die Gebühren aus der Nutzung des 7 Tesla MRT aus den Jahren 2013 und 2014 buchte das
LIN unter Drittmitteleinnahmen.
Nach unserer Auffassung steht diese Verfahrensweise im Widerspruch zum Subsidiaritäts-
grundsatz.
Der Gesamthaushalt des LIN gliedert sich insbesondere in Grundhaushalt und Drittmittelhaus-
halt. Die Einnahmen aus der Gerätenutzung sind als eigene Einnahmen im Grundhaushalt des
LIN zu buchen und auf die Grundfinanzierung anzurechnen. Dies ist sachgerecht, weil das LIN
die Anschaffung des 7 Tesla MRT aus der institutionellen Förderung mit Landes-, Bundes-
und EFRE-Mitteln finanzierte und die laufenden Betriebskosten und Verbrauchsmittel für das
Gerät aus Haushaltsmitteln zahlte bzw. zahlt.
Eine ordnungsgemäße und vollständige Planung und Buchung der dem Grundhaushalt zuzu-
ordnenden Einnahmen hätten seit 2013 eine Reduzierung der institutionellen Förderung zur
Folge haben müssen. Dies bezieht sich nicht nur auf die Einnahmen i. H. v. insgesamt
116.700 €, sondern auch auf Einnahmen von mindestens 468.000 € für die Nutzung der Ge-
räte des Gerätezentrums, auf die das LIN verzichtete.
Gemäß Stellungnahme des LIN vom 27. Juli 2020 zur Prüfungsmitteilung handele es sich bei
den hier in Rede stehenden Einnahmen um Erstattungen von Mehraufwendungen, die dem
LIN aufgrund der Öffnung seiner Infrastrukturen für Dritte entstehen. Diese Mehraufwendun-
gen würden nicht der institutionellen Förderung unterliegen, sie müssten im Rahmen der Kos-
tenerstattungen gedeckt werden.
Mit dem Haushaltsjahr 2019 würden die Erstattungen dem „Betriebshaushalt“ zugeführt. Im
Wirtschaftsplan 2021 seien die Mehraufwendungen und deren Deckung geplant.
Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die Nutzung der Geräte des LIN durch
Dritte und auch im Rahmen von Kooperationsbeziehungen nur unter Einhaltung v. g.
Rechtsvorschriften gewährt werden darf. Dabei ist insbesondere zu regeln, unter wel-
chen Voraussetzungen und Nachweisen das LIN auf die Erstattung von Nutzungsge-
94 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
bühren verzichtet. Nutzungsgebühren sind neu zu kalkulieren, sofern sich aus der Nut-
zung Mehraufwendungen ergeben sollten.
Zukünftig ist darauf zu achten, dass die Planung und Buchung der Einnahmen in den
Grundhaushalt des LIN erfolgt, wobei dies sich auf die Höhe der institutionellen Förde-
rung auswirken kann.
3. Verträge mit Einzelpersonen und Vergütungen
3.1 Gemeinsame Berufungen
Gemäß § 37 HSG LSA können Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Förderung der
Zusammenarbeit in Forschung und Lehre die Durchführung von gemeinsamen Berufungsver-
fahren vereinbaren.
Gemäß der Basisvereinbarung von 1997 gingen das LIN und die OVGU bei gemeinsamen
Berufungen von Abteilungsleitern des LIN nach einem Verfahren vor, das in einer gemeinsa-
men Berufungsvereinbarung niederzulegen war.
Die von der GWK erarbeitete Musterkooperationsvereinbarung beschreibt den Ablauf einer
gemeinsamen Berufung. Gemeinsame Berufungen werden hauptsächlich in den drei Grund-
modellen praktiziert: Beurlaubungs-, Erstattungs- oder Nebentätigkeitsmodell.
Nach Angaben der Geschäftsführung waren zurzeit unserer Prüfung alle fünf Abteilungsleiter-
positionen des LIN durch Professoren aus gemeinsamer Berufung mit der OVGU besetzt. Das
LIN legte uns während der Prüfung keine Vereinbarung zwischen ihm und der OVGU zu ge-
meinsamen Berufungsverfahren vor.
Wegen dieser fehlenden Grundlage waren die gemeinsamen Berufungsverfahren und deren
Ausgestaltung für uns weder prüfbar noch transparent. Auch konnte nicht festgestellt werden,
um welche gemeinsamen Berufungsmodelle es sich im Einzelfall handelt. Die mit den gemein-
samen Berufungen verfolgten Interessen der Kooperationspartner und die sich daraus erge-
benden beiderseitigen wissenschaftlichen Gewinne waren nicht formuliert.
Daher war die Plausibilität weiterer Vertragsabschlüsse mit den betreffenden Personen und
damit zusammenhängenden Vergütungen deutlich erschwert.
Das LIN teilte mit Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020 mit, dass das Ver-
fahren zu gemeinsamen Berufungen mit Neuauflage des Rahmenvertrags vom 23. Juni 2017
detailliert und nach den GWK-Empfehlungen geregelt sei. Einzelfallbezogene Vereinbarungen
würden sukzessive aufbereitet.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 95
Erst mit der Stellungnahme zum Jahresberichtsbeitrag vom 22. November 2020 legte das LIN
eine Vereinbarung zwischen der Medizinischen Akademie Magdeburg (MAM) und den Direk-
toren des Bund-Länder-Institutes für Neurobiologie vom Mai 1993 vor. Auf den jeweiligen Ein-
zelfall bezogene Vereinbarungen zwischen dem LIN und der OVGU habe das LIN aufgearbei-
tet.
Die nunmehr vorgelegte 1,5-seitige Vereinbarung zu gemeinsamen Berufungen von 1993 ent-
hält lediglich allgemeine Regelungen. Sie stellt nicht auf die einzelnen Professoren, deren Be-
rufungsmodelle oder deren konkrete Aufgaben ab. Zudem ist mit dem Übergang der MAM zur
OVGU im Oktober 1993 und auch später keine Aktualisierung erfolgt.
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, dass das LIN zur Herstellung von
Transparenz bei gemeinsamen Berufungen die dafür notwendigen vertraglichen Grund-
lagen schafft und diese regelmäßig anpasst.
3.2 Drittmittelprojekt „Kooperationsvereinbarung zur Klinischen Kooperation“
Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 HSG LSA sind die in der Forschung tätigen Hochschulmitglieder
berechtigt, Forschungsvorhaben durchzuführen, die nicht aus den der Hochschule zur Verfü-
gung stehenden Haushaltsmitteln, sondern aus Mitteln Dritter finanziert werden. Solche For-
schungsvorhaben gehören nach der genannten Vorschrift zu dienstlichen Aufgaben.
Gemäß § 35 Abs. 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 LHO gilt bei der Haushaltsdurchführung der Grundsatz
des Bruttoprinzips. Danach sind alle Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich mit ihrem vollen
Betrag als „brutto“ bei dem hierfür vorgesehenen Titel zu buchen, soweit § 15 Abs. 1 LHO
nicht etwas anderes bestimmt. Das Bruttoprinzip dient der Haushaltsklarheit.
Das LIN und die OVGU schlossen Zusatzvereinbarungen zur Basisvereinbarung von 1997.
Inhalt der Zusatzvereinbarungen war eine Beteiligung der MedF der OVGU an den Betriebs-
kosten zur Nutzung der Geräte des LIN. Sie vereinbarten am
− 12. Februar 2001 für das I. und II. Quartal 2001 eine an das LIN zu zahlende Kostenpau-
schale von je 45.000 DM,
− 24. Januar 2002 eine Kostenbeteiligung der OVGU i. H. v. jährlich 30.000 € und
− 2. Februar 2005 eine Kostenbeteiligung der OVGU ab dem II. Quartal 2005 i. H. v.
25.045,77 € pro Quartal, d. h. 100.183,08 € im Jahr. In den Akten fand sich folgender Ver-
merk: „Zur Information Neue Wege zur Vergütung …“
96 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Diese Zusatzvereinbarungen enthielten keine Regelungen zu Art und Umfang der genutzten
Einrichtungen und Geräte. Einzelverträge lagen nicht vor.
Das LIN vereinnahmte die aus den Zusatzvereinbarungen geleisteten Überweisungen von der
OVGU i. H. v. 100.183,08 € jährlich im Drittmittelhaushalt. Von 2012 bis 2014 zahlte es daraus
jährliche Vergütungen i. H. v. insgesamt 100.164,84 € an zwei Professoren, mit denen es
Werkverträge abgeschlossen hatte, für ein Drittmittelprojekt mit dem Namen „Kooperations-
vereinbarung zur Klinischen Kooperation“. Die Laufzeit zurzeit unserer Prüfung betrug bereits
14 bzw. 15 Jahre.
Wir haben festgestellt, dass kein Drittelmittelprojekt vorlag. Die beiden Werkverträge ließen
nicht erkennen, dass es sich bei den durchzuführenden Aufgaben um drittmittelfinanzierte For-
schungsprojekte handelte. In beiden Fällen waren die Arbeitsaufgaben weder zeitlich, finanzi-
ell oder projektbezogen abgegrenzt noch konkrete Forschungsprojekte benannt.
Zur Durchführung der Basis- und Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 1997 hat das LIN in
seinem Grundhaushalt in den Jahren 2012 bis 2015 Ausgaben von rd. 230.000 € bis 261.000 €
geplant und verausgabt. Entsprechend waren Einnahmen aus der klinischen Kooperation, die
auf diesen Vereinbarungen beruhen, nach haushaltsrechtlichen Bestimmungen der LHO auch
Haushaltsmittel und als solche zweckgebunden im Grundhaushalt des LIN zu buchen. Statt-
dessen buchte das LIN die Kostenbeteiligungen der OVGU in den Drittmittelhaushalt und ver-
gütete daraus zwei Professoren, mit denen es Werkverträge geschlossen hat, die vom Wesen
her keine solchen waren.
Die vom LIN praktizierte Verfahrenspraxis im Rahmen von klinischen Kooperationen bezogen
auf die
− Buchung der Ausgaben und Einnahmen,
− die Vertragsgestaltungen und
− die damit verbundenen Vergütungen an Personen
war weder transparent noch plausibel und hat bei der Haushaltsdurchführung gegen das Brut-
toprinzip verstoßen. Es war nicht erkennbar, dass das LIN im Rahmen dieser Kooperationen,
für die es Haushaltsmittel geplant und verausgabt hat, auch Einnahmen erzielte.
Das LIN teilte in seiner Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung mit, dass es wegen der langen
Zeiträume die Hintergründe der gewählten Verfahrensweise nicht mehr nachvollziehen könne.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 97
Alle hier in Rede stehenden und zu Recht kritisierten Zusatzverträge und Werkverträge habe
es 2015 und 2016 gekündigt. Mit diesen Kündigungen seien die klinisch orientierten For-
schungsarbeiten vollständig in den institutionellen Haushalt überführt worden.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das LIN bei künftigen Vertragsgestaltungen
und bei der Haushaltsplanung sowie im Haushaltsvollzug Transparenz herstellt und die
gesetzlichen Regelungen beachtet.
3.3 Kooperationsvereinbarung und Finanzierung von Amtsbezügen
Ein nach Auskunft der Geschäftsleitung des LIN gemeinsam mit der OVGU berufener Profes-
sor leitet seit 2011 eine Abteilung im LIN.
Der Professor ist gleichzeitig Mitglied einer wissenschaftlichen Struktureinheit, die als zentrale
wissenschaftliche Einrichtung der OVGU gemäß § 99 HSG LSA gegründet wurde. Wissen-
schaftlich wird die Struktureinheit gemeinsam von der OVGU und dem LIN auf der Grundlage
einer Verwaltungsordnung getragen. Die Förderung dieser wissenschaftlichen Struktur erfolgt
aus Landes- und EFRE-Mitteln.
a) Kooperationsvereinbarung zwischen der OVGU, dem LIN sowie einer Klinik des UK
Gegenstand einer im März 2007 geschlossenen Kooperationsvereinbarung zwischen der
OVGU, dem LIN und einer Klinik des UK ist eine enge Zusammenarbeit der Vertragspartner
auf den von ihnen in Forschung und Lehre vertretenen Gebieten.
Laut Vereinbarung wird der Professor „unter Fortzahlung der Bezüge der Klinik … zur Dienst-
leistung zugewiesen“.
Die Vereinbarung enthält die Regelung, dass diese Klinik des UK der Universität vierteljährlich
auf Rechnung die Bezüge des Professors für die Dauer seiner Tätigkeit an der Klinik erstattet.
Weitere Festlegungen über Leistungen des LIN für die Professur sind u. a.:
− die Bereitstellung und Finanzierung von Stellen aus Sondermitteln des LIN,
− die unentgeltliche räumliche Unterbringung der Professur einschließlich der Stellen für das
Personal,
− die Bereitstellung von 200.000 € für die Errichtung eines Labors und von jährlich 12.000 €
für laufende Verbrauchsmittel und Kleingeräte.
Der Professor erhielt zurzeit unserer Prüfung vom LIN keine Dienstbezüge.
98 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Nach unserer Auffassung war die Vereinbarung aus nachfolgenden Gründen nicht transpa-
rent.
Die im Vertrag genannten Aufgaben waren nicht ausreichend detailliert beschrieben. So wurde
nicht ausgeführt, welche gemeinsamen Forschungsprojekte oder einzelnen Forschungsvorha-
ben durchgeführt werden.
Die Vereinbarung ließ nicht erkennen, ob es sich um Aufgaben des Professors im LIN im Rah-
men einer gemeinsamen Berufung oder um andere Forschungsaufgaben handelt.
Für den Fall, dass es sich um seine Tätigkeiten beim LIN als gemeinsam berufener Professor
handeln könnte, fehlten die entsprechenden vertraglichen Einzelregelungen zwischen ihm und
dem LIN.
Sofern es sich um eine Kooperationsvereinbarung zu Forschungstätigkeiten handeln sollte,
fehlten Regelungen wie Benennung und Abgrenzung der Forschungsprojekte nach Anzahl,
Zielen und Kosten. Ohne diese Details ist nicht erkennbar, weshalb das LIN dem Professor
wissenschaftliche Stellen finanziert und unentgeltlich Räume zur Verfügung stellt.
b) Amtsbezüge aus Mitteln einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung gemäß § 99 HSG
LSA
Die OVGU erhielt aus Landesmitteln für den Förderschwerpunkt der wissenschaftlichen Struk-
tureinheit im Jahr 2013 Mittel i. H. v. 1.900.000 € und im Jahr 2014 i. H. v. 1.125.645 €. In den
Förderanträgen beantragte die OVGU jeweils Dienstbezüge für den Professor. Die Anträge
enthielten ausdrücklich den Verweis, dass der Professor Leiter einer Abteilung am LIN und
Inhaber eines Lehrstuhls eines Instituts der OVGU sei.
Die Verfahrensweise zur Vergütung des Professors stand im Widerspruch zu den Regelungen
im Kooperationsvertrag vom 7. März 2007. Danach hatte die Klinik des UK der OVGU die
Bezüge für die Dauer seiner Tätigkeit an dieser Klinik zu erstatten.
Nach unserer Auffassung waren die Bezüge an den Professor aufgrund seiner Berufung von
der OVGU aus dem Globalbudget und seit der Leitung einer Abteilung des LIN ggf. durch das
LIN zu zahlen.
Das LIN übersandte mit seiner Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung eine am 8. Februar 2016
zwischen dem LIN und der OVGU geschlossene Vereinbarung zur gemeinsamen Berufung
des Professors. Mit dieser Vereinbarung wurde der Kooperationsvertrag vom März 2007
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 99
aufgehoben. Nach der Berufungsvereinbarung erstattet das LIN die Personalkosten der Pro-
fessorenstelle an die OVGU.
Der Landesrechnungshof erwartet künftig transparente Regelungen zur Vergütung, die
der tatsächlichen Aufgabenwahrnehmung entsprechen.
4. Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen
Nach § 55 Abs. 1 LHO muss dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen
eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder be-
sondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
Dieser Grundsatz und der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nach § 7 LHO finden ihren Aus-
druck in den allgemeinen Nebenbestimmungen, die Bestandteile der jährlichen Zuwendungs-
bescheide an das LIN sind. Gemäß Nr. 1.1 ANBest-I hat das LIN als Empfänger von Zuwen-
dungen seine Mittel wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.
Das LIN ist nach § 98 GWB öffentlicher Auftraggeber und hat grundsätzlich öffentlich auszu-
schreiben. Kann dies nicht erfolgen, hat die Beschränkte Ausschreibung Vorrang vor der Frei-
händigen Vergabe.
Der Umfang der Sachausgaben und der Investitionen für Vergaben betrugen im geprüften
Zeitraum zwischen 6,5 und 11 Mio. € jährlich.
a) Freihändige Vergaben
Das LIN vergab Aufträge freihändig mit Angebotsbeiziehung oder mittels Direktkauf und ver-
wendete in den Jahren 2013 und 2014 Haushalts- und Drittmittel i. H. v. rd. 6,8 Mio. € für die
Beschaffung von Geräten und Verbrauchsmaterial außerhalb öffentlicher Vergabeverfahren.
Die Arbeitsgruppe Einkauf des LIN begründete die Beschaffungen außerhalb öffentlicher Ver-
fahren bei unserer Prüfung mit den Aufgaben des LIN in der Grundlagenforschung. Deswegen
könne man pauschal von einem Ausnahmetatbestand nach § 3 Abs. 5 lit. c) VOL/A26 ausge-
hen.
26 Nach § 3 Abs. 5 lit. c) VOL/A ist eine Freihändige Vergabe zulässig, wenn es sich um die Lieferung von Waren
oder die Erbringung von Dienstleistungen zur Erfüllung wissenschaftlich-technischer Fachaufgaben auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung und Untersuchung handelt, die nicht der Aufrechterhaltung des allge-meinen Dienstbetriebes und der Infrastruktur einer Dienststelle des Auftraggebers dienen.
100 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Unsere Prüfung der Beschaffungsvorgänge hat gezeigt, dass das LIN den Grundsatz der Öf-
fentlichen Ausschreibung überwiegend ignoriert hat. Im geprüften Zeitraum fanden zwei for-
melle Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung von EFRE-Geräten statt.
Bei dem überwiegenden Teil der Beschaffungsvorgänge fehlten die notwendigen Begründun-
gen zur Wahl des Vergabeverfahrens nach § 20 VOL/A gänzlich. Deshalb stellen sich die
meisten der geprüften Beschaffungsfälle des LIN für uns als intransparent dar.
b) Fehlender Angebotsvergleich
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 VOL/A soll der öffentliche Auftraggeber bei Freihändigen Vergaben
mehrere – grundsätzlich mindestens drei – Bewerber zur Angebotsabgabe auffordern.
Bei einem Teil der freihändig vergebenen Beschaffungsfälle fanden keine vorherige Angebots-
einholung und kein Angebotsvergleich statt. Das LIN konnte den Verzicht auf weitere Ange-
bote nicht rechtfertigen, weil:
− technische Besonderheiten und Ausschließlichkeitsrechte nicht dokumentiert waren,
− der bloße Bedarf und die Zufriedenheit mit den Produkten eines Auftragnehmers als Be-
gründung für eine Freihändige Vergabe nicht ausreichen und
− keine Begründungen zur Wahl der Verfahren abgegeben wurden.
Damit hat das LIN in keinem der von uns geprüften Fälle einen nachvollziehbaren Grund dafür
geliefert, von der Einholung von Vergleichsangeboten und einer Auftragsvergabe im Wettbe-
werb abzusehen.
Das LIN hat das Wettbewerbsgebot bei den Freihändigen Vergaben nur ungenügend einge-
halten.
c) Regelmäßige Beschaffung bei den gleichen Auftragnehmern
Das LIN vergab für seinen Bedarf an IT-Technik (PCs, Tablets u. Ä.) eine Vielzahl von Aufträ-
gen immer an die gleichen Firmen freihändig. Es tätigte z. B. im September 2014 bei einer
Firma 14 Einzelkäufe von Computern, Zubehör und IT-Bauteilen im Wert von insgesamt
7.491 € brutto. Diese Anschaffungen begründete das LIN mit dem vorhandenen Bedarf an
Arbeitsplatzrechnern und dem kostengünstigen Kauf.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 101
Nach unserer Auffassung sind die vorliegenden Begründungen zur Wahl der Freihändigen
Vergaben in diesen Fällen nicht ausreichend, da für diese Beschaffungen bekanntermaßen
mehrere Anbieter auf dem Markt vorhanden sind.
Aus unserer Sicht birgt die jahrelange Beauftragung immer gleicher Unternehmen als sog.
Hauslieferanten die Gefahr von Preis- und Auftragsabsprachen.
Das LIN ist trotz seiner satzungsgemäßen Aufgabenstellung in der Grundlagenfor-
schung zur Einhaltung der Regelungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge verpflich-
tet. Der Landesrechnungshof sieht im grundsätzlichen Verzicht auf Öffentliche oder Be-
schränkte Ausschreibungen bei den Beschaffungen einen schwerwiegenden Verstoß
gegen die Vergabegrundsätze.
Der Landesrechnungshof erwartet vom LIN, Freihändige Vergaben nur im zulässigen
Rahmen durchzuführen. Er hält es für dringend geboten, dass das LIN künftig bei Verga-
ben die Grundsätze des Öffentlichen Wettbewerbs wahrt.
d) Vergabe der Bewachungsleistungen
Zu den Leistungen der Gebäudebewirtschaftung des LIN gehören u. a. die Bewachungsleis-
tungen/Objektschutz. Im geprüften Zeitraum hat das LIN dafür jährlich zwischen 143.000 €
und 150.000 € aufgewendet.
Bereits im Rahmen unserer Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des LIN im Jahr
2004 hatten wir festgestellt, dass das LIN die Leistung der Bewachung Anfang der 90-er Jahre
ohne die Beiziehung von Vergleichsangeboten vergeben hatte und dass die beauftragte
Firma X die Leistungen seit Juni 1991 ununterbrochen ausführte. Im Ergebnis unserer Prüfung
erwarteten wir vom LIN, dass es
− die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in regelmäßigen Zeitabständen überprüft
und
− die Leistung unter Berücksichtigung der institutsspezifischen Bedingungen spätestens nach
fünf Jahren Laufzeit neu ausschreibt.
Das LIN hatte den Objektschutz letztmalig im Jahr 2006 beschränkt ausgeschrieben und er-
hielt daraufhin fünf Angebote. Das Angebot der Firma X fehlte in den uns vorgelegten Verga-
beunterlagen. Es gelangte jedoch gemeinsam mit den restlichen vier Angeboten in die Wer-
tung und erhielt als preishöchstes Angebot den Zuschlag.
Einen Vergabevermerk gemäß § 30 Abs. 1 VOL/A Ausgabe 2002 fertigte das LIN nicht.
102 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Die Vergabeentscheidungen einschließlich der Gründe für die Zuschlagserteilung nach § 25
Abs. 5 VOL/A Ausgabe 2002 waren anhand der vorgefundenen Akten nicht nachvollziehbar.
Somit hat das LIN den Nachweis, dass das Angebot der Firma X nach § 25 Abs. 3 VOL/A
Ausgabe 2002 das wirtschaftlichste war, nicht erbracht.
Die Firma X hat zurzeit der Prüfung bereits 24 Jahre lang ununterbrochen die Leistungen des
Objektschutzes für das LIN ausgeführt. Wir halten diese Vorgehensweise für ausgesprochen
kritikwürdig. Eine so lange Bindung an ein Unternehmen birgt die Gefahr von Abhängigkeiten
und steht dem Grundsatz des Wettbewerbs entgegen.
Das LIN teilte in seiner Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung vom 27. Juli 2020 mit, dass es
den Objektschutz Anfang 2021 nach einer Bedarfsermittlung im wettbewerblichen Verfahren
neu vergeben wolle.
Der Landesrechnungshof hält es für notwendig, dass das LIN die Bewachungsleistun-
gen im Öffentlichen Wettbewerb vergibt und in regelmäßigen Abständen ausschreibt.
5. Fazit
Der Landesrechnungshof stellt zusammenfassend fest, dass es bei der Gestaltung und
Umsetzung der geprüften Kooperationsverträge zwischen dem LIN, der OVGU und der
MedF der OVGU an grundlegender Transparenz fehlte.
Der Landesrechnungshof weiß um die seit Jahren wachsende Bedeutung der Koopera-
tionen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und
deren wissenschaftlichen Gewinn für die Einrichtungen selbst, für das Einwerben von
Drittmitteln und für den Wissenschaftsstandort insgesamt. Diese besondere Bedeutung
sollte nach Auffassung des Landesrechnungshofes nicht durch intransparente Koope-
rationsbeziehungen sowohl in der Vertragsgestaltung als auch in deren Umsetzung in-
frage gestellt werden. Nach Auffassung des Landesrechnungshofes müssen bei der
Zahlung von Bezügen – sei es aufgrund von Berufungszusagen, im Rahmen von Dienst-
leistungen oder anderen Verträgen – die rechtlichen Regelungen eingehalten und damit
Transparenz und Rechtssicherheit garantiert werden.
Der Landesrechnungshof hält es zur Einhaltung von Ordnung und Rechtmäßigkeit so-
wie zur Gewährleistung eines wirtschaftlichen Umgangs mit den Ressourcen für drin-
gend geboten, dass das LIN die Hinweise des Landesrechnungshofes bei den
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 103
zugesagten Änderungen und Neuerungen beachtet. So sollte das LIN insbesondere die
Empfehlungen der GWK und den Runderlass des Kultusministeriums vom 23. Februar
2011 zur Ausgestaltung von Kooperationsverträgen zwischen Hochschulen und An-In-
stituten bei der Überprüfung und Neuerarbeitung seiner Verträge berücksichtigen.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass sich das LIN als Stiftung des öffentlichen
Rechts und als öffentlicher Auftraggeber künftig an die Vergaberegelungen hält und
dies entsprechend dokumentiert. Die Verfahrensgrundsätze und den Wirtschaftlich-
keitsgrundsatz hat das LIN anzuwenden.
Die Erörterungen mit der geprüften Einrichtung sind noch nicht abgeschlossen.
104 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Einzelplan 09
und
13
– Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und
Energie
Allgemeine Finanzverwaltung
Kapitel 09 03,
09 08
und
13 90
– Allgemeine Bewilligungen, Gemeinschaftsauf-
gabe – Rahmenplan; Zuwendungen der EU –
2007 bis 2013 durch den Europäischen Land-
wirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländli-
chen Raumes (ELER) und für den Fischerei-
sektor durch den Europäischen Fischereifonds
(EFF)
Zuwendungen der EU – 2014 bis 2020 durch
den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die
Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER)
(geprüftes)
Haushaltsvolumen
2012 bis
2018
– ca. 1.719.017 €
5 Mängel bei der Förderung des ländlichen Wegebaus
Im Rahmen der Förderung des ländlichen Wegebaus ist nur der Neu- und Ausbau för-
derfähig. Sanierungsmaßnahmen, wie z. B. die Reparatur von Abbruchkanten bzw. Wie-
derherstellung von Banketten27 sind nicht zuwendungsfähig. Da das ländliche Wegenetz
bereits eine entsprechende Dichte ausweist, wäre es wirtschaftlicher, die bestehenden
Wege mit kleinen Reparaturen zu unterhalten, anstatt sie nach 20 bis 30 Jahren von
Grund auf zu erneuern.
Die Zuwendungsempfänger haben die Festlegungen der Unteren Naturschutzbehörden
zu den Kompensationsmaßnahmen nicht umgesetzt. Darüber hinaus haben diese Be-
hörden die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht kontrolliert. Damit hat das Land zuge-
lassen, dass öffentliche Mittel unwirtschaftlich eingesetzt werden.
1. Vorbemerkungen
Das Land fördert seit 1991 Maßnahmen des ländlichen Wegebaus im Rahmen des Entwick-
lungsprogramms ländlicher Räume (EPLR). Mit dem EPLR setzt das Land die Förderung aus
27 Bankette sind unbefestigte Seitenstreifen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 105
dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes um. In
der Förderrichtlinie des Landes werden die Details zur konkreten Umsetzung der Förderung
des ländlichen Wegebaus festgelegt.
Ländliche Wege nehmen sowohl den landwirtschaftlichen als auch den forstwirtschaftlichen
Verkehr auf. Darüber hinaus werden sie auch als Fuß-, Wander- und Radwege genutzt. Sie
haben somit einen multifunktionalen Charakter und dienen nicht dem sonstigen öffentlichen
Straßenverkehr.
Das Land hat in seinen „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der
regionalen Entwicklung in Sachsen-Anhalt (Richtlinien RELE)“ als Schwerpunkt u. a. die För-
derung der „Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere zur Erschließung landwirtschaftlicher
oder touristischer Entwicklungspotentiale“, geregelt.
Die Förderung des ländlichen Wegebaus ist ein Baustein der RELE. Zuwendungsempfänger
sind die Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Wasser- und Bodenverbände und vergleich-
bare Körperschaften.
In der Förderperiode 2007 bis 2013 bauten die Kommunen im Land 269 km ländliche Wege
im Rahmen des EPLR aus. Das Land hat in dieser Förderphase ab dem Jahr 2012 nur ca.
7,8 Mio. € von ca. 20 Mio. € ausgegeben. Auch in der Förderperiode 2014 bis 2020 hat das
Land bis einschließlich 2018 nur Fördermittel i. H. v. ca. 5,8 Mio. € von geplanten 18,2 Mio. €
ausgereicht.
Der Ausbau der ländlichen Wege im Rahmen dieses Förderprogramms stellt i. d. R. einen
Eingriff in den Naturhaushalt und die Landschaft dar. Die Verursacher sind daher verpflichtet,
unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Land-
schaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnah-
men).28 Im Rahmen der Förderung des ländlichen Wegebaus können die Zuwendungsemp-
fänger für die Ausgaben der anfallenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine Förderung
bis zu 75 % erhalten.
Wir haben die Förderung des ländlichen Wegebaus im Rahmen der Entwicklung des ländli-
chen Raumes des Landes geprüft. Die örtlichen Erhebungen fanden in der Zeit von Mai 2019
bis Juli 2019 statt.
28 Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Artikel 290 der Verord-
nung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328)
106 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Mit Schreiben vom 26. November 2020 hat uns das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft
und Energie zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages mitgeteilt, dass es gegen den Sachver-
halt und seine Darstellung keine Einwendungen erhebt.
2. Zweckmäßigkeit des Förderprogramms
Die Inanspruchnahme des Programms zum Neu- und Ausbau des ländlichen Wegenetzes ist
durch eine hohe Wertschöpfung für das Land gekennzeichnet, da die Bewilligungsbehörden
EU-, Bundes- und kommunale Mittel zur optimalen Finanzierung einsetzen dürfen.
Aus unserer Sicht ist dieses Förderprogramm ein wesentlicher Bestandteil zur Verbesserung
der Lebensbedingungen im ländlichen Raum und sollte daher – unter Beibehaltung dieser
optimalen Mischfinanzierung – fortgeführt werden.
Wir haben in unserer Prüfungsmitteilung jedoch auf Folgendes hingewiesen:
− Die Nachfrage der Kommunen nach dem Förderschwerpunkt ländlicher Wegebau im Rah-
men der RELE ist gesunken. Die Ursache liegt zum einen an den fehlenden Eigenmitteln
der Kommunen und zum anderen an der Dichte des nunmehr vorhandenen und bereits
erneuerten ländlichen Wegenetzes.
− Im Rahmen unserer Vor-Ort-Kontrollen haben die Zuwendungsempfänger vielfach den
Wunsch geäußert, künftig nicht nur für den Neu- und Ausbau, sondern auch für die Unter-
haltung des bestehenden Wegenetzes (wie z. B. Reparatur von Abbruchkanten oder Wie-
derherstellung von Banketten) im Rahmen des von uns geprüften Förderprogramms Zu-
wendungen erhalten zu können.
− Wir halten eine entsprechende Schwerpunktsetzung für sinnvoll, da es wirtschaftlicher ist,
das bestehende Wegenetz zu unterhalten, anstatt es nach 20 bis 30 Jahren von Grund auf
zu erneuern.
Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Energie berichtet in seiner Stellungnahme
vom 20. Oktober 2020 zur Prüfungsmitteilung, dass Gegenstand der Förderung in der aktuel-
len Förderperiode der Neu- und Ausbau multifunktionaler ländlicher Wege, einschließlich der
erforderlichen Vorarbeiten sowie wegbegleitende Strukturelemente, ist. Nicht förderfähig sind
u. a. Betriebskosten, die im Fall der ländlichen Wege mit Unterhaltungskosten gleichzusetzen
sind.
Der Landesrechnungshof hält es insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen für unver-
zichtbar, dass sich das Land beim Bund dafür einsetzt, dass die Sanierungs- und
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 107
Instandhaltungsmaßnahmen vorhandener ländlicher Wege in den Katalog der Förder-
tatbestände aufgenommen werden.
3. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
Bei Vorhaben, wie dem Ausbau des ländlichen Wegenetzes, die zu unvermeidbaren Beein-
trächtigungen von Natur und Landschaft (Eingriff) führen, ist der Verursacher gemäß
§ 15 Abs. 2 BNatSchG verpflichtet, diese Eingriffe durch Maßnahmen des Naturschutzes und
der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaß-
nahmen).
Auf dem Gebiet des Naturschutzrechtes und der Landschaftspflege hat der Bund eine konkur-
rierende Gesetzgebungszuständigkeit, die zu einer Vollregelung berechtigt. Gleichzeitig wurde
den Ländern in Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GG die Möglichkeit eröffnet, in diesem Bereich abwei-
chende Regelungen zu treffen, soweit nicht die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes
betroffen sind.
Das Land hat hierzu im Naturschutzgesetz landesrechtliche Regelungen getroffen. Auf der
Grundlage dieses Gesetzes hat es darüber hinaus auch von seiner Verordnungskompetenz
Gebrauch gemacht und in einem Gemeinsamen Runderlass weitere Regelungen zu Eingriffen
in Natur und Landschaft sowie deren Kompensation getroffen.29 Dieser Gemeinsame Runder-
lass regelt, dass die Genehmigungsbehörde im Genehmigungsverfahren und im Verwaltungs-
vollzug zu gewährleisten hat, dass alle erforderlichen Festlegungen getroffen und umgesetzt
werden, um die Kompensation der Eingriffsfolgen in angemessener Zeit sicherzustellen und
den Erfolg der durchgeführten Maßnahmen nachhaltig zu sichern. Dabei sind die zuständigen
Naturschutzbehörden einzubeziehen.
Die Unteren Naturschutzbehörden sind für die Ausführung des Bundes- und Landesnatur-
schutzgesetzes sowie der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsvorschriften zuständig,
soweit durch gesetzliche Regelungen nicht anderes bestimmt ist. Sie haben dafür Sorge zu
tragen, dass die Vorschriften des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein-
gehalten werden. Der Landesgesetzgeber hat jedoch in der o. a. Verordnung den unbestimm-
ten Begriff der „dauerhaften Sicherung“ der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht konkret
definiert. Dadurch erhalten die zuständigen Naturschutzbehörden ein weites Ermessen bei der
29 Umsetzung der §§ 18 bis 28 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und Sicherung des nachhaltigen Erfolgs
der durchgeführten Maßnahmen, Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, Ministeriums des Innern, Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit und des Ministeriums für Bau und Verkehr vom 27. Juli 2005 (MBl. LSA 2005, S. 498)
108 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Auslegung der einschlägigen Vorschriften. In anderen Bundesländern, wie z. B. Bayern30, be-
stehen klare Festlegungen zur Sicherung und Dauerhaftigkeit von Kompensationsmaßnah-
men.
Wir haben im Rahmen unserer Prüfung folgende Feststellungen getroffen:
− Die Unteren Naturschutzbehörden bei den Landkreisen und kreisfreien Städten legten die
Kompensationsmaßnahmen hinsichtlich Art und Umfang (z. B. zu pflanzende Bäume und
Sträucher, Entsiegelungsmaßnahmen usw.) fest. Darüber hinaus bestimmten sie, dass die
Verursacher im Fall von Pflanzungen die Fertigstellungspflege (i. d. R. einjährig) und die
Entwicklungspflege (i. d. R. zweijährig) zu realisieren haben. Im Anschluss daran hatten die
Verursacher oftmals den Abschluss der insgesamt o. a. dreijährigen Pflegemaßnahmen
gegenüber der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde schriftlich anzuzeigen.
− Die Unteren Naturschutzbehörden versäumten es in den geprüften Fällen oftmals, in der
Eingriffsgenehmigung Festlegungen zur
• dauerhaften Sicherung der durchgeführten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und
• Unterhaltungspflege der angeordneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Ab-
schluss der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege
zu treffen.
− Vor Ablauf der Zweckbindungsfrist waren zumeist mehr als 20 % der geförderten Aus-
gleichs- und Ersatzmaßnahmen ausgefallen. Beispielsweise legte die Untere Naturschutz-
behörde in ihrer Eingriffsregelung fest, dass die Stadt Aken eine 85 Meter lange und 4 Meter
breite, freiwachsende Strauchhecke mit 255 heimischen und standortgerechten Arten als
Kompensationsmaßnahme anzupflanzen hat.
Wir konnten dem Angebot des beauftragten Unternehmens entnehmen, dass die Aus-
schreibung lediglich 140 Sträucher vorsah. Auch die von der Unteren Naturschutzbehörde
vorgegebene Pflanzfläche ist deutlich kleiner. Anstelle der geforderten 340 m² ermittelten
wir im Rahmen unserer Vor-Ort-Kontrolle eine Fläche von ca. 165 m². Das Amt für Land-
wirtschaft, Flurneuordnung und Forsten als zuständige Bewilligungsbehörde beanstandetet
das Fehlen der 115 Sträucher sowie die deutlich kleinere Pflanzfläche nicht.
− Darüber hinaus waren die Pflanzflächen in der Örtlichkeit des Öfteren nicht mehr auffindbar,
da die Zuwendungsempfänger keine ausreichende Kenntnis über die Pflanzflächen besa-
ßen und zudem nicht über Pflanz- und Lagepläne verfügten. Beispielsweise bestimmte die
Untere Naturschutzbehörde, dass die Stadt Aken 27 Obstbäume zu pflanzen hat.
30 §§ 10 und 11 Bayerische Kompensationsverordnung vom 7. August 2013 (GVBl. Bayern 2013, S. 517)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 109
Bei einer Vor-Ort-Kontrolle durch uns konnte die Stadt Aken auf den vorgegebenen Pflanz-
flächen in der angegebenen Örtlichkeit die Obstbäume nicht finden. Die Pflanzung gilt somit
als nicht durchgeführt.
Der Erfolg der Kompensationsmaßnahmen im Fall der Pflanzungen ist aus unserer Sicht nicht
nachhaltig und führt infolge fehlender Festlegungen und Kontrollen der Unteren Naturschutz-
behörden hinsichtlich weiterer Unterhaltungsverpflichtungen zum unwirtschaftlichen Einsatz
von öffentlichen Mitteln.
Wir haben dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie empfohlen, künftig
− durch entsprechende Rechtsvorschriften die dauerhafte Unterhaltungspflege und bei der
Realisierung von Kompensationsmaßnahmen auf Flächen Dritter die Dauerhaftigkeit dieser
durch Eintragung ins Grundbuch dinglich zu sichern,
− darauf hinzuwirken, dass die Zuwendungsempfänger den Zuwendungszweck während der
gesamten Zweckbindungsfrist auch hinsichtlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
einhalten. Kann es dieses nicht sicherstellen, regen wir an, die Förderhöhe für die Umset-
zung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu reduzieren sowie
− die Bewilligungsbehörden aufzufordern, eine umfassende Kontrolle der Einhaltung der
Zweckbindungsfristen durchzuführen.
Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Energie teilte in seiner Stellungnahme vom
20. Oktober 2020 zur Prüfungsmitteilung Folgendes mit:
„Auf Bundesebene belegen zahlreiche Studien eine stark defizitäre Umsetzung der
Eingriffsregelung. Einem relativ hohen Prozentsatz der an sich rechtlich verbindli-
chen Ausgleichsverpflichtungen wird nicht nachgekommen … Dieses Ergebnis
wird durch die im Rahmen dieser Prüfung durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen für
Sachsen-Anhalt bestätigt.“
„In den geprüften Fällen versäumten die Unteren Naturschutzbehörden oftmals,
Festlegungen zur dauerhaften Sicherung der durchgeführten Ausgleichs- und Er-
satzmaßnahmen sowie zur Unterhaltspflege der angeordneten Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen nach Abschluss der Fertigstellung und Entwicklungspflege zu
treffen. Letztendlich ist der Erfolg der Kompensationsmaßnahme im Fall der Pflan-
zungen nicht nachhaltig.“
„Erste Abstimmungen hinsichtlich der Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaß-
nahmen des ländlichen Wegebaus im Rahmen des Ökokontos zwischen dem
MULE (Fachreferat Arten- und Biotopschutz, Natura 2000, Eingriffsregelung,
110 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Landschaftsplanung) und der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbh, welche Öko-
kontoflächen31 anbietet und für die Durchführung von Kompensationsmaßnehmen
Dritter anerkannt wurde, sind bereits erfolgt.“
„Über die formale Gestaltung der entsprechenden Rechtsvorschriften wird dem
Landesrechnungshof unaufgefordert berichtet.“
Der Landesrechnungshof hält die von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen
für richtig und nachvollziehbar. Er erwartet, dass das Land insbesondere die Nutzung
von Kompensationskatastern und von Ökokontoflächen forciert sowie konkrete Rege-
lungen zur Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erlässt.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.
31 Ökokontoflächen sind Flächen, die z. B. von den zuständigen Naturschutzbehörden für künftige Eingriffe zur
Verfügung gestellt werden können.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 111
6 Wildschäden verursachen Millionenkosten im Landeswald
Wildbestände haben landesweit erheblich zugenommen.
Überhöhte Schalenwildbestände beeinträchtigen die natürliche Entwicklung des Wal-
des und verursachen bei der Bewirtschaftung hohe Kosten. Nach Berechnungen des
Landesrechnungshofes betragen die Schälschäden allein im Landesforst ca.
74 Mio. €32.
Wildbestände werden für die Festsetzung der Abschusspläne nicht hinreichend genug
ermittelt. Verträgliche Ziel-Wilddichten für die Lebensräume des Wildes sind nicht fest-
gelegt.
1. Vorbemerkungen
Wir haben im Jahr 2018 die Wirksamkeit jagdbehördlicher Maßnahmen bei der Entwicklung
des Landeswaldes in Sachsen-Anhalt geprüft. Die Jagdfläche Sachsen-Anhalts beträgt insge-
samt rund 1,9 Mio. ha. Davon entfallen ca. 8 % auf staatliche Eigenjagdbezirke des Landes
(152.000 ha einschließlich verpachteter Bezirke). Für die Verwaltung bzw. Bewirtschaftung
dieser staatlichen Jagdflächen sind hauptsächlich der Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt und
die Nationalparkverwaltung Harz zuständig.
In Deutschland regelt das Bundesjagdgesetz33 u. a. das Jagdrecht und die Ausübung des
Jagdrechts in Jagdbezirken (Reviersystem). Das Jagdrecht verpflichtet die Inhaber der
32 bis zum Jahr 2018 aufgelaufene Schälschäden im Landesforst 33 Bundesjagdgesetz vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), zuletzt geändert durch Artikel 291 der Elften
Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328, 1362)
Einzelplan 09 – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und
Energie
Kapitel 09 80 – Landesbetriebe der Forstverwaltung, Nord-
westdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Landesbetrieb
gemäß § 26 LHO
– Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt
geprüftes
Haushaltsvolumen
2013 bis
2017
– 20,3 Mio. €
112 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Jagdbezirke zur Jagdausübung und zur Hege des Wildes. Der Bundesgesetzgeber verfolgt
mit der Hege das Ziel, einen den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen ange-
passten artenreichen, gesunden Wildbestand zu erhalten und seine Lebensgrundlagen zu
pflegen sowie zu sichern.
Die Hege muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen
land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst re-
duziert werden. In dieser Hinsicht ist der Abschuss des Wildes so zu regeln, dass die berech-
tigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll
gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt wer-
den. Der Abschussplan für Schalenwild muss erfüllt werden. Hierzu sollen die Länder Bestim-
mungen treffen, nach denen die Erfüllung des Abschussplanes durch ein Abschussmeldever-
fahren überwacht und erzwungen werden kann.
Das Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt34 erkennt das Wild als untrennbaren Bestandteil des
Waldes an. Es geht grundsätzlich davon aus, dass die natürliche Verjüngung des Waldes so-
wie die Entwicklung der typischen Bodenvegetation ohne Zaunschutz gegen Wildschäden
möglich sein soll. Der Schutz des Waldes umfasst auch Maßnahmen der Vorbeugung, Früh-
erkennung, Bekämpfung und Minderung von Schäden durch Wild.
Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie hat in der Leitlinie Wald 201435 zur
Erhaltung und weiteren nachhaltigen Entwicklung des Waldes im Land u. a. verbindlich fest-
geschrieben, dass zur Anpassung an den Klimawandel Risikofaktoren für den Wald ausge-
schlossen werden müssen. Einen solchen zusätzlichen Risikofaktor stellen nach wie vor die
auch im Land fast flächendeckend überhöhten Schalenwildbestände dar.
Mit Schreiben vom 26. November 2020 hat uns das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft
und Energie zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages mitgeteilt, dass es gegen den Sachver-
halt und seine Darstellung keine Einwendungen erhebt.
2. Wildbestände und Jagdstrecken
Die Jagdstrecken (Anzahl erlegter Wildtiere) im Land haben in den Jagdjahren von 1994/95
bis 2017/18 erheblich zugenommen.
34 Gesetz zur Erhaltung und Bewirtschaftung des Waldes, zur Förderung der Forstwirtschaft sowie zum Betreten
und Nutzen der freien Landschaft im Land Sachsen-Anhalt (Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt - LWaldG) vom 25. Februar 2016 (GVBl. LSA S. 77), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 5. Dezember 2019 (GVBl. LSA S. 946)
35 https://mule.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/MLU/03_Landwirt-schaft/Forst/Waldbewirtschaftung/Brosch_Leitlinie_Wald_kl-final-barrierefrei.pdf
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 113
Tabelle 6: Streckenergebnisse Land – Jagdjahre 1994/95 und 2017/18
Wildart 1994/95 2017/18 Zunahme der Jagdstrecke um
- Stück - - Stück - - Stück - %
Rotwild 4.030 5.224 1.194 29,6
Damwild 3.679 4.549 870 23,6
Rehwild 33.721 49.511 15.790 46,8
Schwarz-wild
20.907 49.219 28.305 135,4
Quelle: http://www.ljv-sachsen-anhalt.de/wild-naturschutz/streckenentwicklung/
Die Streckenentwicklung (Tabelle 6) lässt generell und insbesondere bei den Schalenwildarten
Reh- und Schwarzwild auf eine erhebliche Zunahme der Wildbestände schließen. Dies gilt
anteilig auch für den Landeswald Sachsen-Anhalts.
Nach unserer Auffassung haben die bisherigen jagdbehördlichen Maßnahmen und die
Jagdausübung im Land noch nicht ausreichend zur Reduzierung der Schalenwildbestände in
Sachsen-Anhalt beigetragen. Es besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.
Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie teilte in seiner Stellungnahme vom
18. August 2020 zur Prüfungsmitteilung vom 10. Dezember 2019 u. a. Folgendes mit:
„Die seit Jahren kontinuierlich steigenden Jagdstrecken zeigen, dass die Ursachen
überhöhter Wildbestände primär nicht in einer zu geringen Bejagung zu finden
sind. Vielmehr spiegeln überhöhte Schalenwildbestände die für diese Wildarten
überaus günstigen Lebensbedingungen und Änderungen im Klima wider. Ein
Überangebot an Nahrung, große Schläge mit viel Deckung und der Wegfall der
natürlichen Auslese durch kalte und schneereiche Winter sowie eine jahreszeitlich
immer früher einsetzende und teilweise über das gesamte Jahr verteilte Repro-
duktion beim Schwarzwild führen zur genannten Problematik.“
Der Landesrechnungshof erwartet, dass zum Schutz des Waldes und der Kulturland-
schaft überhöhte Schalenwildbestände auf ein ökologisch und ökonomisch verträgli-
ches Maß zurückgeführt werden.
3. Wildschäden
Wildschäden auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen werden vorrangig durch über-
höhte Wildbestände der Schalenwildarten Reh-, Rot-, Dam- und Schwarzwild verursacht. Zu
114 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
nennen sind hier Schäden durch den Verbiss der Vegetation (Abbeißen der Knospen und
Triebe) einschließlich landwirtschaftlicher Kulturen, Schälen (Abziehen) der Baumrinde sowie
Fegen und Schlagen (Abreiben der äußeren Haut des Gehörns oder Geweihs) heranwach-
sender Forstpflanzen.
Folgen dieser Schädigungen können sein:
− Verlust der potentiellen natürlichen Vegetation und Artenvielfalt (durch Verbiss)
− Minderung der Naturverjüngung des Waldes (durch Verbiss)
− Reduzierung des Höhen- und Dickenwachstums der Waldbäume (durch Verbiss)
− Entwertung des Holzes durch Pilzbefall (nach dem Schälen der Baumrinde)
− Ernteschäden auf landwirtschaftlichen Flächen (durch Verbiss und Umbrechen des
Bodens durch Schwarzwild)
− Schäden in der menschlichen Siedlung (Gartenanlagen und Grünflächen) und an Hoch-
wasserschutzanlagen – Deiche (Umbrechen des Bodens durch Schwarzwild)
Im Ergebnis führen die Schädigungen zu Vermögensverlusten beim Eigentümer oder Bewirt-
schafter. Weiterhin verursachen vorbeugende Wildschutzmaßnahmen zusätzliche Kosten für
den Zaun- und Einzelschutz der Kulturen.
Folgeschäden durch Wild können durch den Ausbruch und die Verbreitung von Seuchen, wie
z. B. der Schweinepest oder der afrikanischen Schweinepest, entstehen.
Die Forsteinrichtung (Aufnahme und Bewertung des Waldes) erfasst periodisch alle zehn
Jahre mit der Aufnahme der Waldbestände das Ausmaß der in der Vergangenheit entstande-
nen Wildschäden an den Wirtschaftsbaumarten. Danach wies der vom Landesforstbetrieb be-
wirtschaftete Landeswald (130.114 ha) bis zum Jahr 2018 insgesamt folgende Wildschäden
auf:
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 115
Abbildung 1: Wildschäden im Landeswald
Quelle: LFB Sachsen-Anhalt, Forsteinrichtung Stand 2018
Die Schadensstatistik berücksichtigt jedoch nicht den ökologischen Gesamtschaden für den
Wald durch den Verbiss der gesamten Vegetation und die damit einhergehende Reduzierung
der natürlichen Verjüngung des Waldes sowie der Artenvielfalt in der Bodenvegetation.
Wir haben zur Veranschaulichung der finanziellen Größenordnung von Wildschäden die
Schälschäden im Landeswald (28.947 ha) mit dem Programm des Landeskompetenzzent-
rums Forst Eberswalde36 bewertet. Danach betrug im Jahr 2018 der zu erwartende finanzielle
Schaden am stehenden und durch Wild geschältem Waldbestand rund 74 Mio. € (im Durch-
schnitt rund 2.556 €/ha). Ähnliche Schadenshöhen sind in Relation zur Waldfläche aus ande-
ren Bundesländern bekannt (z. B. Landesbetrieb Hessen-Forst zum Stichtag 31. Dezember
2013 rund 110 Mio. € Schälschäden im Staatswald)37.
Die Extremwetterereignisse der vergangenen Jahre (Stürme und Dürre) erfordern eine Wie-
deraufforstung des Waldes und angesichts noch überhöhter Schalenwildbestände künftig im-
mense Kosten für den Schutz der neuen Forstkulturen.
Nach unserer Auffassung beeinträchtigen die Wildschäden die ökologische und ökonomische
Entwicklung des Landeswaldes in erheblichem Ausmaß. Überhöhte Schalenwildbestände er-
schweren die Bewirtschaftung des Waldes, verursachen hohe Kosten und schädigen das Lan-
deswaldvermögen.
36 http://www.brandenburg-forst.de/wildschadensbewertung/?schadensart=1&flaeche=1 37 Hessischer Rechnungshof Bemerkungen 2016 S. 129
75,0%
2,3%0,5%
22,2%Wald ohne Schäden (97.547 ha)
Wildverbissschäden ( 3.032 ha)
Schlag-/Fegeschäden (588 ha)
Schälschäden (28.947 ha)
116 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie teilte in seinen Stellungnahmen vom
9. März und 18. August 2020 zur Prüfungsmitteilung vom 10. Dezember 2019 u. a. Folgendes
mit:
„Die Herleitung der Wildschäden an sich und insbesondere deren Höhe sind in der
Fachliteratur sehr umstritten. […]
Die wichtigsten Beeinträchtigungen durch Wild am Baumwachstum entstehen
durch Verbiss- und Schälschaden. Hier sind nicht angepasste Schalenwildbe-
stände die Ursache für tatsächliche Schäden. Die pauschale Herleitung von
74 Mio. € Wildschaden im Landeswald durch den LRH ist nicht nachvollziehbar.
Es ist nicht zu bestreiten, dass es lokal Schäden gibt, die sich negativ auf die Wald-
entwicklung und die damit verbundenen Kosten auswirken, gleichzeitig aber nur
mit einem hohen zusätzlichen Aufwand überhaupt zu erheben sind. [...] Frühere
Schälschäden an Fichte sind, gemessen am derzeitigen Schadholzanfall durch
das Absterben ganzer Bestände, vernachlässigbar. […] Eine Belastung des Haus-
haltes ist nicht erkennbar. Bei der gegenwärtigen Marktlage bzw. dem Einschlag
von Schadholz spielen ‚Wild-Aspekte‘ eine untergeordnete Rolle.“
Nach Auffassung des Landesrechnungshofes wird künftig der Erfolg des Waldumbaus
zu klimastabilen Wäldern auch davon abhängen, inwiefern es gelingt, die Schalenwild-
bestände auf ein für den Lebensraum ökologisch und ökonomisch vertretbares Maß zu
regulieren.
Insofern muss der bundesgesetzlichen Forderung, Wildschäden möglichst zu reduzie-
ren, künftig noch stärker Rechnung getragen werden.
4. Ermittlung der Wildbestände und Festsetzung der Abschusspläne
Die Wilddichte (Wildbestandsdichte) wird in Stück je 100 ha angegeben. Sie ist die Bezie-
hungsgröße zwischen dem Wild und der Fläche des Lebensraumes. Mit ihr als anzustrebende
Zielgröße kann festgelegt werden, wieviel Stück Wild in einem Lebensraum aufgrund der Le-
bens- und Nahrungsbedingungen ökologisch und hinsichtlich zu erwartender Wildschäden
ökonomisch verträglich sind (Ziel-Wilddichte). Für die Schalenwildarten können z. B. folgende
Faustzahlen als lebensraumverträglich gelten (Frühjahrsbestand am 1. April eines Jahres):
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 117
Tabelle 7: Faustzahlen für durchschnittliche Wildbestandsdichten je 100 ha
Lebensraum, Bonität, Äsungskapazität
Wildart schwach mittel stark
(Stück/100 ha) (Stück/100 ha) (Stück/100 ha)
Rotwild 1 bis 1,5 1,5 bis 2,5 2,5 bis 4
Damwild 3 bis 4 4 bis 5 5 bis 6
Rehwild 4 bis 5 5 bis 6 6 bis 8
Schwarzwild 0,5 bis 1 1 bis 2 2 bis 2,5
Quelle: Zusammenstellung des Landesrechnungshofes nach Recherche verschiedener Quellen
Wir haben festgestellt, dass für die Abschussplanung im Landeswald keine Wilddichten
(Ist und Soll) festgelegt sind. Der Landesforstbetrieb lässt die Abschusspläne unter Berück-
sichtigung der Situation der Wildschäden und der in Vorjahren erzielten Streckenergebnisse
erstellen. Hierzu dienen eingerichtete Weiserflächen und das Forstkulturmanagement.
Nach unserer Auffassung wird es ohne Kenntnis tatsächlicher Wildbestandsgrößen und fest-
gelegter Zielgrößen im Rahmen der Wildbestandsregulierung jedoch schwierig sein, ökolo-
gisch und ökonomisch tragbare Wilddichten nachhaltig und von Dauer zu erzielen.
Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie teilte in seinen Stellungnahmen vom
9. März und 18. August 2020 zur Prüfungsmitteilung vom 10. Dezember 2019 u. a. Folgendes
mit:
„Die Ermittlung tatsächlich im Lebensraum vorhandener Wildbestände und Wild-
dichten durch Wildbestandszählungen sind rein hypothetisch. […] Der erhebliche
zusätzliche Aufwand, für eine möglichst realistische Abschussplanung die Wildbe-
stände unter Nutzung verschiedener Ziel- bzw. Schätzverfahren zu errechnen bzw.
einzuschätzen, ist mit dem derzeitigen Personal- und Finanzrahmen nicht leistbar.
[…] Es ist Aufgabe der örtlichen Jagdbehörden (Landkreise und kreisfreien Städte)
im übertragenen Wirkungskreis unter Mitwirkung der dort bestehenden Jagdbei-
rate, die örtlichen Verhältnisse und Notwendigkeiten in den jeweiligen Jagdbezir-
ken zu kennen und auf dieser Grundlage entsprechende Maßnahmen zu ergreifen
und umzusetzen. […] Das MULE teilt die Auffassung des LRH, dass es das Ziel
sein muss, ökologisch und ökonomisch tragbare Wilddichten je Lebensraum nach-
haltig zu erreichen. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass vielfältige jagdliche Partiku-
larinteressen, die sich in nicht unerheblichem Umfang einer wirksamen behördli-
chen Einflussnahme entziehen, dazu führen können, dass dieses Ziel nicht im ge-
wünschten Maße und in angemessener Zeit erreicht wird.“
118 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft
und Energie darauf hinwirkt, dass bei künftigen Abschussplanungen die tatsächlich
vorhandenen Wildbestände bzw. Wilddichten realitätsnah berücksichtigt werden.
Hierzu sind gängige Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher Wildbestandsgrößen ver-
stärkt zu nutzen. Die Festlegung und das Einhalten von Ziel-Wilddichten für Wildlebens-
räume sind geboten.
5. Fazit
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, die überhöhten Schalenwildbestände
und die Wildschäden auf ein ökologisch sowie ökonomisch vertretbares Maß zurückzu-
führen. Bei der Entwicklung klimastabiler Wälder sind die bestehenden Risiken durch
nicht angepasste Wildbestände zu vermindern.
Die Aufnahme eines Wildtiermanagements in das Landesjagdgesetz kann hierbei mit-
telfristig hilfreich sein.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 119
Einzelplan 14 – Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr
Kapitel 14 03 – Verkehr
Titelgruppe 64 – Verkehrsinfrastruktur
Kapitel 13 16 – Strukturförderung des Europäischen Fonds für re-
gionale Entwicklung (EFRE V) 2014 - 2020
Titelgruppe 64 – Zuschüsse und Zuweisungen im Zuständigkeits-
bereich des Ministeriums für Landesentwicklung
und Verkehr (Einzelplan 14)
7 Defizite bei der Förderung nachhaltiger Mobilität im Land Sachsen-Anhalt
Das Land schränkt seine Bemühungen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes im Ver-
kehrsbereich zu stark auf die Einführung der Elektromobilität ein.
Fördermöglichkeiten von Elektromobilität und alternativen Antrieben laufen wegen der
mangelnden Nachfrage potentieller Zuwendungsempfänger ins Leere.
Es fehlt eine übergreifende Koordinierung zur Einführung von Fahrzeugen mit alterna-
tiven Antrieben bzw. der Verringerung des CO2-Ausstoßes.
Das Land nutzt selbst in seinem eigenen Fuhrpark kaum Fahrzeuge mit alternativen
Antrieben.
1. Vorbemerkungen
Wir haben im Jahr 2019 eine Orientierungsprüfung durchgeführt, um einen Gesamtüberblick
über die Aktivitäten der Landesverwaltung zur Förderung der Elektromobilität und von Fahr-
zeugen mit alternativen Antrieben zu erhalten.
Das Hauptaugenmerk der Prüfung lag dabei auf den Ausgaben im Geschäftsbereich des
Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr.
Der heutige Straßenverkehr basiert zum überwiegenden Teil auf Antrieben mit Verbrennungs-
motoren, die mit fossilen Energieträgern, wie Diesel, Benzin oder Erdgas, betrieben werden.
Dabei werden große Mengen an CO2 ausgestoßen. Im Jahr 2018 war der Verkehrssektor für
120 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
mehr als 19 % der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich.38 Die Bundesrepub-
lik Deutschland hat sich in den Klimaschutzzielen verpflichtet, den CO2-Ausstoß auch im Ver-
kehrsbereich zu verringern.
Bezahlbare und funktionierende Mobilität ist ein Grundbaustein für die Wirtschaftsfähigkeit und
das soziale Gemeinwohl. Nur bei einer hinreichenden Wirtschaftlichkeit alternativer nachhalti-
ger Mobilität, die zugleich auch Versorgungssicherheit gewährleistet, ist eine Akzeptanz des
Änderungsprozesses zu erwarten. Eine flächendeckende Umstellung setzt zudem neben der
Förderung kommunaler Flottenfahrzeuge und individueller Mobilität auch die Entwicklung der
kompatiblen Infrastruktur (z. B. Ladeinfrastruktur) voraus.
2. Einseitige Förderung nachhaltiger Mobilität
Das Land hat unter anderem im Einzelplan 14, Kapitel 14 03 und im Einzelplan 13, Kapitel
13 16, Titel 883 64, 891 64 und 892 64 entsprechende Ausgabetitel vorgesehen. Mit den vom
Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr erlassenen Richtlinien will das Land einen
Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Um umwelt- und sozialverträgliche Mobilitätskonzepte voran zu treiben, benennt das Land
Sachsen-Anhalt drei Strategien:39
− Verkehrsvermeidung
− Verkehrsverlagerung: Förderung klimafreundlicher öffentlicher Verkehrsangebote und
klimaneutraler Verkehrsmittel
− Verkehrsoptimierung: Lokal und global emissionsfreie Durchführung erforderlicher Ver-
kehre, Elektrifizierung der Antriebstechnologien, Bereitstellung des Energiebedarfs aus re-
generativen Energien.
Zur Umsetzung hat das Land folgende Richtlinien erlassen:
a) Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Beschaffung von
Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur als flankierende Maßnahmen von Forschungs-
und Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet der Elektromobilität in Sachsen-Anhalt,
Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisie-
rung und des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 16. November 2015
38 Quelle: Umweltbundesamt „Umweltbelastung durch Verkehr“ vom 9. Juni 2020 39 ÖPNV-Plan 2020 bis 2030; S. 23
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 121
b) Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Ladeinfrastruktur für
Elektrofahrzeuge in Sachsen-Anhalt, Runderlass des Ministeriums für Landesentwicklung
und Verkehr vom 22. März 2018
c) Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Unterstützung umweltfreundlicher
Verkehrsträger, Teilaktion „Förderung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben für den
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)“, Erlass des Ministeriums für Landesentwicklung
und Verkehr vom 1. Juni 2017
d) Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen und Grundsätze über die Gewährung von
Zuweisungen zur Förderung der Forschung, Einführung und Nutzung intelligenter Ver-
kehrssysteme, Runderlass des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom
28. November 2016
Im Rahmen unserer Prüfung hat sich ergeben, dass sich das Land in erster Linie auf die Ein-
führung der Elektromobilität konzentriert. Nach unserer Auffassung sollte die Entwicklung der
nachhaltigen Mobilität nicht zu eingeschränkt verstanden werden. Es sollten auch andere
Technologien zur CO2-Reduzierung des Verkehrs mitgedacht werden, wie beispielsweise
Wasserstoff, regenerative Gase oder andere sich noch in der Entwicklung befindliche Ener-
gieträger.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr teilte im Rahmen des Prüfungsverfahrens
in seiner Stellungnahme vom 28. Mai 2020 mit, dass es die Ziele der nachhaltigen Mobilität in
den Vordergrund stelle und nicht einzelne Technologien. Mit der regelmäßigen Fortschreibung
von ÖPNV-Plan, IVS-Rahmenplan und weiteren Verkehrsplänen werden neue wissenschaftli-
che Erkenntnisse und Technologien gewürdigt und berücksichtigt.
In seinem Schreiben vom 12. November 2020 zum Entwurf des Jahresberichtsbeitrages trägt
das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr u. a. folgende Einwendungen zum darge-
stellten Sachverhalt vor:
„… Zu dieser Sichtweise des LRH bestehen durch das MLV grundsätzliche ver-
kehrs- und klimapolitische Bedenken. …
… Von den zukunftsorientierten Kraftstoffen steht mittelfristig jedoch nur die Elekt-
rizität zur Verfügung. …
… In der nächsten Dekade liegt der Schlüssel der Dekarbonisierung des Verkehrs-
sektors daher faktisch in der Elektromobilität. Deswegen ist es verkehrs- und kli-
mapolitisch richtig, die Elektromobilität in der Phase ihres Markthochlaufes
fokussiert zu unterstützen. …
122 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
… Das Handeln des MLV entspricht diesen Empfehlungen (Anm. der Europäi-
schen Kommission). Von Defiziten des MLV kann hier daher nicht die Rede
sein. …
… Die zahlreichen Maßnahmen der Bundesregierung zur gesetzlichen und mone-
tären Förderung der Elektromobilität belegen die klimapolitische Wichtigkeit dieser
Technologie sehr deutlich. Auf das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregie-
rung wird in diesem Zusammenhang ergänzend verwiesen. An den darin aufgelis-
teten Maßnahmen, an denen die Länder aktiv mitwirken können, wie die Stärkung
des Schienenpersonenverkehrs, die Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV, den
Ausbau von Radwegen und Fahrradparkmöglichkeiten sowie die Verbesserung
der Rahmenbedingungen für den Radverkehr, den Ausbau von Ladeinfrastruktur
und der Digitalisierung des Verkehrs, arbeitet das MLV gemeinsam mit der Nah-
verkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH, um Mobilität in Sachsen-Anhalt für die
Zukunft nachhaltig zu gestalten. …“
Nach unserer Auffassung sind sehr wohl mindestens zwei weitere Technologien von strategi-
scher Bedeutung. Dies betrifft zum einen die Wasserstofftechnologie und zum anderen die
Technologie regenerativer Gase. Dies geht auch aus der Strategie des Bundes zum Kohle-
ausstieg deutlich hervor. Nur wenn alle Möglichkeiten zur nachhaltigen Gestaltung der Mobili-
tät ausgeschöpft werden, sind nennenswerte Beiträge zur Senkung des CO2-Ausstoßes reali-
sierbar.
Der Landesrechnungshof hält es für notwendig, künftig die Förderung nachhaltiger Mo-
bilität nicht nur auf die reine Elektromobilität auszurichten, sondern auch weitere an-
wendbare Technologien mit einzubeziehen.
3. Verhaltenes Interesse an der Förderung der Elektromobilität bei Zuwendungsemp-
fängern
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr hat in der Vergangenheit die unter Pkt. 2
genannten Richtlinien zur Förderung von Elektromobilität und alternativen Antrieben erlassen.
Die Nutzung der Förderprogramme stellte sich zum Zeitpunkt unserer örtlichen Erhebungen
im Juni 2019 wie folgt dar:
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 123
a) Programm „Sachsen-Anhalt GRÜN MOBIL“
Im Durchführungszeitraum 2015 bis 2017 wurden
− im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Zu-
wendungen i. H. v. rd. 73.000 € für die Förderung von Elektrofahrzeugen und
− im Geschäftsbereich des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr Zuwendungen
i. H. v. rd. 320.000 € für die Förderung von Ladeinfrastruktur ausgereicht.
b) Förderung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
In dem seit 2018 laufenden Förderprogramm wurden bis zum Zeitpunkt unsere Prüfung 3 För-
deraufrufe gestartet.
− Im ersten Förderaufruf (2018) wurden 12 Förderanträge gestellt und Zuwendungen i. H. v.
140.615,26 € ausgereicht.
− Der zweite Aufruf (2019) erbrachte 20 Anträge und hatte ein Fördervolumen von
289.316,09 €.
− Zum dritten Förderaufruf (2019) gingen keine Förderanträge ein und es erfolgte daher auch
kein Mittelabfluss. Die Förderung in diesem Aufruf bezog sich auf die Errichtung von Nor-
mal- und Schnellladepunkten an Anlagen für das Parken und Reisen (P+R) und das Parken
und Mitfahren (P+M).
Im Jahr 2019 wurden für dieses Programm im Haushaltsplan rd. 1 Mio. € eingestellt.
c) Förderung von alternativen Antrieben im ÖPNV
In der Strukturfondperiode 2014 bis 2020 des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
(EFRE V) sind anteilige Mittel für die Förderung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben im
ÖPNV und die dazugehörende Ladeinfrastruktur i. H. v. 6,3 Mio. € im Kapitel 13 16 Titel 886 64
geplant.
Bis zum Zeitpunkt unserer Prüfung wurde keine Beschaffung von ÖPNV-Fahrzeugen aus
EFRE-Mitteln gefördert. Es lagen dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr auch
keine Förderanträge der Aufgabenträger des öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs
(ÖSPV), also der Landkreise und kreisfreien Städte, vor.
d) Förderung der Integration der Elektromobilität in das Mobilitätssystem
Auch für diese Förderungen sind EFRE-Mittel vorgesehen. Insgesamt sind für den Themen-
komplex Intelligente Verkehrssysteme in der Förderperiode EFRE V 11,7 Mio. € im Kapitel
124 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
13 16 geplant. Daraus sollen anteilig Mittel für die Förderung zur Thematik Elektromobilität
genutzt werden.
Bis zum Zeitpunkt unserer örtlichen Erhebungen im Ministerium für Landesentwicklung und
Verkehr wurden für die Förderperiode 2014 bis 2020 keine Mittel ausgereicht.
Nach den Ausführungen des Ministeriums bestehe von Seiten der Kommunen (als Zuwen-
dungsempfänger) ein mangelndes Interesse.
In Anbetracht der geringen Mittelabflüsse aus den Förderungen zu b) bis d)40 konstatieren wir,
dass die erlassenen Förderrichtlinien ihren beabsichtigten Zweck, einen Beitrag zur Reduzie-
rung von CO2-Emissionen und damit zur Verbesserung des Klimaschutzes zu leisten, nicht
erfüllen.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr teilte im Rahmen des Prüfungsverfahrens
in seiner Stellungnahme vom 28. Mai 2020 mit, dass zwischenzeitlich zwei Anträge zur För-
derung alternativer Antriebe im ÖPNV vorlägen.
Nach Ansicht des Landesrechnungshofes läuft die Programmierung wegen des man-
gelnden Interesses potentieller Zuwendungsempfänger an den geschaffenen Förder-
möglichkeiten weitgehend ins Leere.
Der Landesrechnungshof erachtet es als erforderlich, eine Analyse der Ursachen der
Nichtinanspruchnahme der Fördermöglichkeiten vorzunehmen.
4. Fehlende Koordinierung
Die Erhöhung des Anteils der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben und damit verbunden die
Verringerung des CO2-Ausstoßes und die Verbesserung des Klima- und Umweltschutzes tan-
giert nach unserer Ansicht alle Bereiche der Landesverwaltung.
Zum Zeitpunkt unserer Prüfung existierte keine interministerielle Arbeitsgruppe o. ä. zu Fragen
der Elektromobilität bzw. der Verringerung des CO2-Ausstoßes im Land Sachsen-Anhalt. Da-
mit gab es keine übergeordnete Koordinierungsstelle innerhalb der Landesverwaltung.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr erläuterte dazu, dass über die Aufgaben-
verteilung innerhalb der Landesverwaltung sichergestellt sei, dass es zu keinen Überschnei-
dungen bei Projekten und Aktivitäten komme. So sei das Ministerium für Landesentwicklung
40 Die Förderrichtlinie zu a) ist mit dem Ablauf des 31. Dezember 2017 außer Kraft getreten.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 125
und Verkehr für Verkehr, das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie für Energie-
und Klimaschutz und das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung für Wirt-
schaftsförderung zuständig.
Nach Auskunft des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr gab es in der Vergan-
genheit bei der Erarbeitung von Plänen und Konzepten, die auch das Thema Senkung des
CO2-Ausstoßes bzw. nachhaltige Antriebsarten beinhalteten, Abstimmungen und Beteiligun-
gen innerhalb der Ressorts, beispielsweise
− IVS-Rahmenplan41 (federführend Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr),
− Ladeinfrastrukturkonzept Sachsen-Anhalt (federführend Ministerium für Landesentwicklung
und Verkehr) und
− Klima- und Energiekonzept Sachsen-Anhalt (federführend Ministerium für Umwelt, Land-
wirtschaft und Energie).
Wir können diese Aussagen nicht vollumfänglich stützen und verweisen in diesem Zusammen-
hang auf das Klima- und Energiekonzept Sachsen-Anhalt. In den darin enthaltenen Maßnah-
menvorschlägen sind auch entsprechende Zuständigkeiten ausgewiesen. Dabei sind oftmals
mehrere zuständige Ressorts für eine Maßnahme benannt, die auch über die bisher erwähn-
ten drei Ministerien (Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, Ministerium für Umwelt,
Landwirtschaft und Energie sowie Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung)
hinausgehen.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr teilte im Rahmen des Prüfungsverfahrens
in seiner Stellungnahme vom 28. Mai 2020 mit, dass Verkehrskonzepte Gegenstand der Sit-
zungen des Kabinetts seien und in bedeutsame übergeordnete Strategien des Landes einge-
bunden werden. Damit sei das zielgerichtete und einheitliche Vorgehen im Land sichergestellt.
Der Landesrechnungshof hält es zur Erfüllung der Aufgaben bezüglich der Senkung
des CO2-Ausstoßes und der Verbesserung des Klimaschutzes für erforderlich, eine
grundsätzliche und strategische Ausrichtung innerhalb der Landesverwaltung vorzu-
nehmen. Damit kann das Land gegenwärtigen und auch künftigen Herausforderungen
gerecht werden.
41 Rahmenplan zur Einführung und Nutzung Intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und öffentlichen
Personennahverkehr in Sachsen-Anhalt
126 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
5. Wenige Fahrzeuge mit alternativen Antrieben im Fuhrpark des Landes
Der Bund hatte sich das Ziel gestellt, bis zum Jahr 2020 den Bestand an Elektrofahrzeugen
auf 500.000 Fahrzeuge zu erhöhen. Dies bedeutet bezogen auf das Land Sachsen-Anhalt
eine Anhebung des Fahrzeugbestandes auf rd. 13.000 Elektrofahrzeuge.42
Aktuelle Zahlen43 (Stand 30. April 2019) geben den Bestand mit bundesweit 181.226 Elektro-
fahrzeugen an. Im Land Sachsen-Anhalt waren zu diesem Zeitpunkt 2.111 Elektrofahrzeuge
zugelassen.
Die genannten Zahlen zeigen, dass zwischen dem geschätzten Bedarf und den tatsächlich
zugelassenen Fahrzeugen eine erhebliche Diskrepanz besteht.
Nach unserer Ansicht sollte das Land nicht nur mit Förderaktivitäten zur Zielerreichung beitra-
gen, sondern auch aktiv zur Erhöhung des Fahrzeugbestandes mit alternativen Antrieben ei-
nen Beitrag leisten.
Aus den Antworten der obersten Landesbehörden zu unserer Befragung vom 13. Juni 2019
ergab sich folgender Sachstand:
− im Prüfungszeitraum (2017 bis 2018) gab es bei den Landesbehörden
• einen Bestand von 8 Fahrzeugen mit alternativer Antriebstechnik und
• 12 Elektroladesäulen (davon 11 auf dem Gelände des Ministeriums für Finanzen)
− für das Jahr 2019 waren die Beschaffung bzw. das Leasing von weiteren 9 Fahrzeugen mit
alternativen Antrieben von den Ressorts geplant.
Aus den dargestellten Zahlen ist ersichtlich, dass auch bei den Landesbehörden der Einsatz
von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben noch ganz am Anfang steht.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr verweist im Rahmen des Prüfungsver-
fahrens in seiner Stellungnahme vom 28. Mai 2020 auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
und Sparsamkeit. Die Landesregierung vertraue zur Erhöhung des Fahrzeugbestandes auf
die Mechanismen des Marktes, so dass demnächst Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in
Vielfalt und zu attraktiven Preisen zur Verfügung stehen werden.
42 Quelle: Faktenblatt des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr vom 4. Juni 2019 43 dto.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 127
Der Landesrechnungshof erachtet es als notwendig, dass die Landesverwaltung prüft,
welche Möglichkeiten – unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips und der haus-
haltsmäßigen Ermächtigung – bestehen, um künftig den Bestand an Fahrzeugen mit
alternativen Antrieben weiter zu erhöhen. Dazu sollte die Landesregierung konkrete
Ziele definieren.
6. Fazit
Der Landesrechnungshof empfiehlt, im Verkehrsbereich die Förderung nachhaltiger
Mobilität nicht nur auf die Elektromobilität auszurichten, sondern auch andere Techno-
logien zur CO2-Reduzierung mitzudenken.
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, dass die bestehenden Förderrichtli-
nien zur Einführung nachhaltiger Mobilität überarbeitet werden.
Der Landesrechnungshof sieht das Erfordernis, künftig ein einheitliches Handeln in der
gesamten Landesverwaltung, insbesondere auch bei grundsätzlichen Fragen zur Ein-
führung von nachhaltiger Mobilität, sicherzustellen.
Für die Landesverwaltung empfiehlt der Landesrechnungshof ein Gesamtkonzept zur
Nutzung von Fahrzeugen mit Elektro- und anderen alternativen Antrieben zu entwickeln.
128 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Einzelplan 14 – Ministerium für Landesentwicklung und Ver-
kehr
Kapitel
Titel
14 09
731 65
–
–
Landesstraßenbaubehörde
Instandsetzung, Erneuerung, Um-, Aus- und
Neubau (ohne Brückenbauwerke und Rad-
wege)
Haushaltsvolumen – 38,75 Mio. €
8 Unwirtschaftliches Handeln bei der Ausführung von Baumaßnahmen an
Landesstraßen
Trotz der jährlichen Baumaßnahmen an den Landesstraßen kann der Substanzverlust
an der Straßeninfrastruktur nicht ausgeglichen werden.
Bei der Erstellung und Aufbewahrung von Baustellenaufmaßen zeigten sich bei der
Straßenbauverwaltung erhebliche Defizite.
Nach Auffassung des Landesrechnungshofes ist die Hauptursache für unvollständige
Aufmaße auf fehlendes Bauüberwachungspersonal zurückzuführen.
Weiterhin wies die Straßenbauverwaltung Zahlungen an, obwohl ihr nur unvollständige
Abrechnungsunterlagen vorliegen.
1. Vorbemerkung
In der Zeit vom Juni 2019 bis September 2019 haben wir stichprobenhaft ausgewählte Bau-
maßnahmen an Landesstraßen sowohl im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr als
auch in allen Regionalbereichen der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) geprüft.
Für Baumaßnahmen an Landesstraßen einschließlich Radwege und Ingenieurbauwerke sind
85 Mio. € im Doppelhaushalt 2017 bis 2018 für das Haushaltsjahr 2018 veranschlagt. Davon
sollten für die Instandsetzung 10 Mio. € und für den Neubau von Landesstraßen 8,65 Mio. €
verausgabt werden.
Wir hatten bereits im Jahresbericht 2006 die Durchführung von Baumaßnahmen an Landes-
straßen thematisiert. Im Ergebnis der parlamentarischen Beratungen des Berichtes hat der
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 129
Landtag im Rahmen des Entlastungsbeschlusses für das Haushaltsjahr 2005 (LT-Drs.
5/32/994 B neu) die Straßenbauverwaltung aufgefordert sicherzustellen, dass bei der Vorbe-
reitung und Durchführung der Baumaßnahmen die einschlägigen Vorschriften der Vergabe
und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B (VOB/B) und des Handbuches für die Vergabe
und Ausschreibung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA-B-StB) beachtet
werden.
Zur Vorbereitung der aktuellen Prüfung haben wir vom Ministerium für Landesentwicklung und
Verkehr eine Aufstellung der im Jahr 2018 fertiggestellten und abgerechneten Baumaßnah-
men mit einer Auftragssumme zwischen 250.000 € und 600.000 € abgefordert.
Entsprechend der übersandten Aufstellung hat die Straßenbauverwaltung 12 Baumaßnahmen
an Landesstraßen im Jahr 2018 fertiggestellt und schlussgerechnet.
Die Prüfung der ausgewählten Maßnahmen erstreckte sich in verwaltungsmäßiger, rechtli-
cher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht auf die Durchführung der jeweiligen Baumaß-
nahme. Wir haben die Baumaßnahmen dahingehend geprüft, ob die Straßenbauverwaltung
die geltenden Vorschriften beachtet hat und ob sie die Bauvorhaben zweckmäßig und nach
den anerkannten Regeln der Bautechnik ausgeführt hat.
2. Weiterer Werteverzehr an der Straßeninfrastruktur
Für Baumaßnahmen an Landesstraßen waren für das Haushaltsjahr 2016 rd. 48,5 Mio. € ver-
anschlagt.
Im Haushaltsjahr 2018 waren in der Titelgruppe 65 des Kapitels 14 09 Maßnahmen i. H. v. rd.
70,1 Mio. € und im Kapitel 14 02, Titel 731 61 weitere Maßnahmen i. H. v. rd. 14,9 Mio. €
veranschlagt. Insgesamt standen damit 85 Mio. € für Baumaßnahmen an Landesstraßen zur
Verfügung.
Im Vergleich der beiden Haushaltsjahre ergibt sich damit eine Steigerung um rd. 34,5 Mio. €
bzw. auf 168 %.
Da der Haushaltsplan 2018 im Rahmen eines Doppelhaushalts für die beiden Haushaltsjahre
2017 und 2018 beschlossen wurde, erfolgte die Ermittlung der Haushaltsansätze für das Haus-
haltsjahr 2018 durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr bereits im II. Quartal
2016. Die Straßenbauverwaltung konnte erst ab Januar 2018 mit den Ausschreibungsverfah-
ren für die in 2018 vorgesehenen Baumaßnahmen beginnen.
Im Zeitraum von Mai 2016 (Mitte des II. Quartals) bis Januar 2018 hat sich der Preisindex für
Baumaßnahmen des Straßenbaus von 110,1 auf 118,0 gesteigert. Daraus ergibt sich ein
130 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Preisanstieg in lediglich 21 Monaten von 7,9 Prozentpunkten. Daraus folgt, dass allein ca.
2,884 Mio. € notwendig sind, um die Steigerung der Baupreise zu kompensieren.
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die jährliche Veranschlagung der Haus-
haltsmittel für Baumaßnahmen an Landesstraßen im Haushaltsplan des Landes:
Tabelle 8: Jährliche Veranschlagung der Haushaltsmittel für Baumaßnahmen an Landesstraßen im Haushaltsplan (in €)
Haushalts-
jahr
Kapitel 14 09 Kapitel 14 02 Gesamt Differenz zu
2018
2016 48.490.700 0 48.490.700
2017 69.108.600 15.891.400 85.000.000
2018 70.104.000 14.896.000 85.000.000
2019 57.063.900 28.386.100 85.450.000
2020 75.000.000 0 75.000.000 10.000.000
2021 76.120.000 0 76.120.000 8.880.000
Danach sind 75 Mio. € für Baumaßnahmen an Landesstraßen für das Haushaltsjahr 2020 und
76,12 Mio. € für das Haushaltsjahr 2021 veranschlagt. Die für Baumaßnahmen an Landes-
straßen zur Verfügung stehenden Mittel sind nunmehr um 10 Mio. € für 2020 bzw. um
8,88 Mio. € für 2021 gegenüber 2018 reduziert.
Infolge der deutlichen Steigerung der Baupreise werden insgesamt weniger Projekte tatsäch-
lich realisiert. Nach unserer Auffassung wird es mit den verfügbaren Haushaltsmitteln der Stra-
ßenbauverwaltung nicht gelingen, den in der Vergangenheit entstandenen Substanzverlust an
der Straßeninfrastruktur des Landes auszugleichen.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr äußert in seiner Stellungnahme vom
16. Oktober 2020 zur Prüfungsmitteilung Folgendes:
Die Feststellung des Landesrechnungshofes, dass eine Verringerung der Haushaltsmittel zum
Werteverzehr führt, wird durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr bestätigt
und im Strategiepapier „Landesstraßen Sachsen-Anhalt“ erläutert.
Um das Landesstraßennetz in einem befriedigenden Zustand (Substanzwert < 3,5 unterhalb
des Warnwertes) zu versetzen und damit dem weiteren Werteverlust entgegenzuwirken,
wurde 2015 in strategischen Betrachtungen für einen Zeitraum von 6 Jahren (2015 bis 2020)
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 131
unter der Voraussetzung zusätzlicher Personalkapazitäten ein jährlicher Finanzbedarf von
ca. 88 Mio. € errechnet.
In Ergänzung zum Strategiepapier wurde mit der PMS44-Berechnung 2019 nachgewiesen,
dass die 85 Mio. € des Koalitionsvertrages auch zukünftig unter Berücksichtigung des Bau-
preisindex jährlich erforderlich sind, den Werteverfall aufzuhalten und eine moderate Verbes-
serung des Straßennetzes zu erreichen.
Ergänzend merkte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr in seiner Stellung-
nahme vom 25. November 2020 zum Jahresberichtsbeitrag an, dass im Laufe des Haushalts-
jahres 2020 durch Ausgabereste der TGr. 64 in Höhe von knapp 11,5 Mio. € der Haushaltsan-
satz auf nunmehr rund 86,5 Mio. € aufgestockt werden konnte.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass Haushaltsmittel für Baumaßnahmen an Lan-
desstraßen in einer Höhe eingestellt werden, die es ermöglicht, den Substanzverlust
der Vergangenheit auszugleichen. Die Haushaltsmittel sind entsprechend der Entwick-
lung der Baupreise ggf. dynamisch anzupassen.
3. Unvollständige Erstellung der Aufmaße
Nach Nr. 3.2 Abs. 8 des HVA-B-StB, nachfolgend Vergabehandbuch genannt, sind Aufmaße
Feststellungen zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung gemäß § 14 VOB/B. Sie stel-
len einen Sachverhalt verbindlich fest und werden durch Unterschrift zu Urkunden. Die Auf-
maße dürfen nicht nur die Berechnungsergebnisse enthalten, sondern müssen auch Angaben
darüber enthalten, wie diese ermittelt wurden. Darüber hinaus sind gemäß Abs. 9 des Verga-
behandbuches die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen, insbesondere Aufmaße,
dem Fortgang der Leistung entsprechend stets gemeinsam und rechtzeitig, in der Regel un-
mittelbar nach Fertigstellung der Teilleistung, vorzunehmen.
Bei jedem dritten Bauvorhaben stellten wir bei unserer stichprobenartigen Prüfung fest, dass
die Aufmaße unvollständig sind. Sie enthalten ausschließlich Zahlen, aus dem die Berechnung
nicht erkennbar ist. Zudem wurden sie zum Teil verspätet vom Auftragnehmer an die Bauüber-
wachung übergeben oder sind aufgrund fehlender Unterschriften nicht von der Bauüberwa-
chung bestätigt, teilweise fehlen sie gänzlich in den Bauakten. Auf unsere Nachfragen hin hat
die Straßenbauverwaltung die fehlenden Aufmaße teilweise bei den Auftragnehmern abgefor-
dert und uns nachgereicht.
44 Pavement-Management-System
132 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Die Verwaltung hat die Vorgaben des Vergabehandbuches nicht beachtet.
Wir halten es für zwingend erforderlich, dass das Ministerium für Landesentwicklung und Ver-
kehr dafür Sorge trägt, dass Aufmaße stets gemeinsam sowie rechtzeitig vorgenommen wer-
den und nicht nur Zahlen enthalten, deren Berechnung nicht nachvollzogen werden kann.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr nimmt in seinem Schreiben vom 16. Ok-
tober 2020 zur Prüfungsmitteilung hierzu wie folgt Stellung:
Im Rahmen der regelmäßigen Bauwartschulungen wird die Thematik seitens der Landes-
straßenbaubehörde nochmals vertieft. Unabhängig hiervon werden seitens der Landesstra-
ßenbaubehörde auch regelmäßige Schulungen für das Bauüberwachungspersonal veran-
lasst.
Die Straßenbauverwaltung nimmt die Hinweise des Landesrechnungshofes zur Kenntnis und
wird die Beschäftigten nochmals eindringlich hierzu belehren.
Der Landesrechnungshof erwartet vom Ministerium für Landesentwicklung und Ver-
kehr, dass es die Landesstraßenbaubehörde auf die Verpflichtung zur ordnungsgemä-
ßen und vor allem der gemeinsamen Feststellung der erbrachten Leistung hinweist, um
finanziellen Schaden vom Land abzuwenden.
4. Höhe des Vergütungsanspruchs
Gemäß Nr. 3.2 Abs. 1 des Vergabehandbuchs sind bei der Abrechnung insbesondere §§ 14
und 15 VOB/B zu beachten. Zur Abrechnung gehören alle Berechnungen, Zeichnungen und
Feststellungen, die für die Ermittlung der Höhe des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers
erforderlich sind. Es ist darauf zu achten, dass alle Ermittlungen nachvollziehbar dargestellt
werden.
Weiter sind nach Abs. 6 des Vergabehandbuches alle Abrechnungsunterlagen als „Zahlungs-
begründende Unterlagen“ zu behandeln.
Bei der Überprüfung der zugehörigen Abschlags- und Schlussrechnungen stellten wir fest,
dass die Straßenbauverwaltung die von den Auftragnehmern eingereichten Rechnungen als
sachlich und rechnerisch richtig gezeichnet und in der Folge auch die jeweiligen Zahlungen
angewiesen hat, obwohl die Abrechnungsunterlagen unvollständig waren.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 133
Für uns ist es nicht nachvollziehbar, wie die Straßenbauverwaltung die Höhe des Vergütungs-
anspruchs des Auftragnehmers ermittelt, ohne dass ihr die zur Abrechnung erforderlichen
Feststellungen (Aufmaße, Wiegescheine) vollständig und nachvollziehbar vorliegen.
Die Verwaltung hat die Vorgaben des Vergabehandbuches nicht beachtet.
Wir halten diese Verfahrensweise für besonders kritikwürdig.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr bestreitet in seinem Schreiben vom
16. Oktober 2020 zur Prüfungsmitteilung, dass Aufmaße, Wiegescheine, Lieferscheine, even-
tuelle Zeichnungen etc. unvollständig bzw. überhaupt nicht vorliegen.
Die genannten Unterlagen werden als „Zahlungsbegründende Unterlagen“ in die Unterlagen
für die Rechnungslegung“ (Bauakte) im Original aufgenommen, so das Ministerium.
Wir halten an unserer Kritik fest, da bis zum heutigen Tag durch die Straßenbauverwaltung
keine „Zahlungsbegründenden Unterlagen“ vorgelegt wurden, die die Auffassung des Landes-
rechnungshofes widerlegen.
Der Landesrechnungshof erwartet vom Ministerium für Landesentwicklung und Ver-
kehr, dass es gegenüber der Landesstraßenbaubehörde dafür Sorge trägt, dass sämtli-
che Vorschriften zur Abrechnung eingehalten werden.
5. Fehlendes Bauüberwachungspersonal bei der Landesstraßenbaubehörde
Nach Nr. 3.1 Abs. 2 des Vergabehandbuches hat die Baudienststelle bei der Abwicklung eines
Bauvertrages gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B die vertragsgemäße Ausführung der Leistung
des Auftragnehmers zu überwachen. Darüber hinaus ist gemäß Nr. 3.0 Abs. 5 Vergabehand-
buch bei der Abwicklung von Verträgen darauf zu achten, dass die Ausführung den vertragli-
chen Vereinbarungen entspricht und die Haushaltsmittel sparsam und wirtschaftlich verwendet
werden.
Im Rahmen unserer örtlichen Erhebungen haben wir festgestellt, dass durch fehlendes Bau-
überwachungspersonal, insbesondere in Form von Bauwarten in den Straßenmeistereien,
eine gemeinsame Erstellung von Aufmaßen mit den jeweiligen Auftragnehmern nur einge-
schränkt gewährleistet werden kann.
Die Verwaltung hat die Vorgaben des Vergabehandbuches nicht beachtet.
134 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Wir halten es für dringend geboten, dass die Straßenbauverwaltung ihrer Pflicht zur gemein-
samen Aufmaßerstellung nachkommt. Durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen geeigneter
Straßenwärter zu Bauwarten könnte eine ordnungsgemäße Bauüberwachung sichergestellt
und damit der sparsame und wirtschaftliche Umgang mit Haushaltsmitteln gewährleistet wer-
den.
Bereits im Zuge der Prüfung beim damaligen Landesbetrieb Bau zur Zweckmäßigkeit der
Vergabe von Leistungen an Dritte vom 21. Februar 2013 hatten wir empfohlen, die Wirtschaft-
lichkeit zu verbessern, indem die Straßenbauverwaltung die Auslastung des vorhandenen
Bauüberwachungspersonals von entsprechend geschultem Personal auf Ebene der Straßen-
meistereien erhöht.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr nimmt in seinem Schreiben vom 16. Ok-
tober 2020 zur Prüfungsmitteilung hierzu, wie folgt Stellung:
Die vom Landesrechnungshof geforderte gemeinsame Erstellung von Aufmaßen wird über die
verfügbaren ständigen Bauwartstellen umgesetzt.
Aktuell liegt die Sollbesetzung an ständigen Bauwartstellen in Summe über alle Autobahn-,
Autobahn- und Straßen- sowie Straßenmeistereien bei 59. Davon sind mit Stand 1. August
2020 57 Stellen besetzt (bzw. unter Berücksichtigung des Personals in ATZ-Freistellungs-
phase, EU-Rentenempfänger usw. 55 Stellen). In der Regel sind damit pro Meisterei zwei
ständige Bauwarte vorhanden.
Hinsichtlich gezielter Qualifizierungsmaßnahmen stellt das Ministerium weiter fest, dass die
Landesstraßenbaubehörde derzeit an einem Konzept zur internen Bauwartschulung arbeitet.
Die Bauwartschulung soll über das Aus- und Fortbildungsinstitut des Landes Sachsen-Anhalt
organisiert werden. Aufgrund der Unwägbarkeiten im aktuellen Jahr (Corona) sowie der Viel-
zahl weiterer Aufgaben konnten die konzeptionellen Überlegungen bisher allerdings nicht ab-
geschlossen werden.
Der Landesrechnungshof erwartet vom Ministerium für Landesentwicklung und Ver-
kehr, dass die gemeinsame Erstellung von Aufmaßen durch die Landesstraßenbaube-
hörde künftig durch entsprechend qualifizierten Personals abgesichert wird.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 135
6. Fazit
Das Ergebnis der Prüfung zeigt, dass es aufgrund der Baupreissteigerungen noch
schwieriger geworden ist, den Substanzverlust an Landesstraßen aufzuhalten. Darüber
hinaus kann aufgrund der reduzierten Haushaltsansätze ab dem Haushaltsjahr 2020 we-
niger in Baumaßnahmen an Landesstraßen investiert werden.
Deshalb hält der Landesrechnungshof mindestens eine Beibehaltung der Haushaltsmit-
tel für diese Baumaßnahmen für erforderlich, die es ermöglicht, den Substanzverlust
der Vergangenheit auszugleichen.
Die Erfüllung von grundlegenden Aufgabenfeldern der Bauüberwachung zur vertrags-
gemäßen Abwicklung von Bauverträgen ist durch geeignete Maßnahmen des Ministeri-
ums für Landesentwicklung und Verkehr gegenüber der Landesstraßenbaubehörde
sicherzustellen.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.
136 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Einzelplan 14 – Ministerium für Landesentwicklung und Ver-
kehr
Kapitel
Titelgruppe
14 09
65
–
–
Landesstraßenbaubehörde
Baumaßnahmen an Landesstraßen
Haushaltsvolumen – 28,42 Mio. €
9 Fehlende Anpassung des Landesstraßennetzes
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr hat es versäumt, den Beschluss
des Landtags aus dem Jahr 2015 umzusetzen, das Landesstraßennetz zeitnah einer Un-
tersuchung hinsichtlich der Eingruppierungsvoraussetzungen zu unterziehen.
Die Einstufung von Landesstraßen im Regionalbereich Altmark entspricht nicht mehr
den aktuellen Gegebenheiten.
1. Vorbemerkung
In der Zeit von Dezember 2017 bis Ende Juli 2018 haben wir die Straßennetzgestaltung im
Bereich des Landkreises Stendal und des Altmarkkreises Salzwedel im Land Sachsen-Anhalt
auf der Grundlage der Festlegungen und Erkenntnisse unserer Prüfung45 aus dem Jahr 2012
einer erneuten Prüfung unterzogen.
Wir haben den innerhalb der vorangegangenen Prüfung entwickelten Prüfkatalog herangezo-
gen und daraus Handlungsempfehlungen von möglichen Umstufungen von Landesstraßen in
andere Straßenklassen aufgezeigt.
Dabei haben wir für eine Stichprobe aus ca. 4.000 km Landesstraße nach Lage und Größe für
unsere Erhebungen das Straßennetz des Regionalbereiches (RB) Nord der Landesstraßen-
baubehörde (LSBB) ausgewählt. Der RB Nord verwaltet ganz oder teilweise 33 Landesstraßen
in den Grenzen des Landkreises Stendal und des Altmarkkreises Salzwedel. Die Länge dieser
Straßen beträgt ca. 800 km.
In Sachsen-Anhalt wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2007 eine Kreisgebietsreform durchgeführt
und zum 1. Januar 2011 eine Gemeindegebietsreform umgesetzt.
45 „Prüfung der gegenwärtigen Straßennetzgestaltung auf Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben“ im
Jahr 2012
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 137
Mit der Einführung der Richtlinie für integrierte Netzgestaltung (RIN 2008) zum 4. Mai 2009
hat das Land ein Instrumentarium, mit dessen Hilfe es Verbindungsfunktionen zwischen ver-
schiedenen Orten bzw. die Erschließung von Räumen in seiner qualitativen Ausprägung fest-
legen kann. Grundlage hierfür ist die Festlegung von Hauptrouten und die Festlegung der zu
erbringenden Angebotsqualität.
Anpassungen des Straßennetzes des Landes mit seinen unterschiedlichen Straßengruppen
erfolgten aufgrund der o. g. Gebietsreformen und der Einführung der neuen Richtlinie (RIN
2008) jedoch nicht.
2. Keine Umsetzung des Landtagsbeschlusses
Wir hatten bereits im Jahr 2012 die Einstufung der Landesstraßen geprüft. Wir hatten zu die-
sem Zweck Kriterien entwickelt, mit denen die Verwaltung auf relativ einfache Weise einschät-
zen kann, ob die Einstufung einer Straße als Landesstraße (noch) gerechtfertigt ist. Das Mi-
nisterium für Landesentwicklung und Verkehr sah zu diesem Zeitpunkt – über die im Jahr 2000
erarbeitete Einstufungskonzeption Landesstraßen hinaus – keinen gesetzlichen Auftrag, die
Einstufung der Landesstraßen zu überprüfen.
Im Ergebnis der Beratungen unseres Jahresberichtes im Landtag wurde die Verwaltung be-
auftragt, die Gemeinde- und Kreisgebietsreform zum Anlass zu nehmen, um zeitnah das Lan-
desstraßennetz hinsichtlich des Fortbestehens der Eingruppierungsvoraussetzungen einer
systematischen Untersuchung zu unterziehen. Insbesondere sollten alle Landesstraßen, die
keine oder nur eine einseitige Verbindung innerhalb des Landesgebietes zu einer Landes-
oder Bundesfernstraße aufweisen, hinsichtlich ihrer Verkehrsbedeutung näher betrachtet bzw.
berücksichtigt werden (Beschluss des Landtages vom 29. Januar 2015, LT-Drs. 6/3790). Bei
dieser Betrachtung sollten sowohl das Planungsinstrument „Demographie-Check“ zur nach-
haltigen Förderung von Investitionen als auch die Landstraßen, die keine oder nur eine einsei-
tige Verbindung innerhalb des Landesgebiets zu einer Landes- oder Bundesfernstraße auf-
weisen, hinsichtlich ihrer Verkehrsbedeutung näher betrachtet bzw. berücksichtigt werden.
Wir haben festgestellt, dass der Beschluss des Landtages aus dem Jahr 2015 seitens der
Straßenbauverwaltung des Landes bisher nicht umgesetzt wurde.
Wir sind der Auffassung, dass die kommunalen Gebietsreformen sowie die Veränderungen
der zentralörtlichen Gliederung zu einer Aktualisierung und Anpassung des Landesstraßen-
netzes führen sollte. Änderungen könnten dann in der Folge von den Kommunen gleicherma-
ßen auf das nachgeordnete Straßennetz ausgeweitet werden. Ziel sollte es sein, dass ein am
tatsächlichen Bedarf ausgerichtetes, wirtschaftliches Straßennetz im Land unterhalten wird.
138 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Der Landesrechnungshof erwartet, dass der Beschluss des Landtages nunmehr umge-
hend umgesetzt und die Einstufung des Landesstraßennetzes überprüft wird. Die Ein-
stufung sollte auf der Grundlage eines überarbeiteten Netzkonzeptes für die Landes-
straßen vorgenommen werden.
3. Fehlerhafte Einstufungen von Landesstraßen im Regionalbereich Altmark
Auf der Grundlage des im vorangegangenen Prüfverfahren von uns erstellten Beurteilungska-
talogs für Landesstraßen haben wir das Landesstraßennetz in der Planungsregion Altmark
(Altmarkkreis Salzwedel, Landkreis Stendal) einer Einschätzung unterzogen.
Dabei haben wir in Prüfkriterien wie Verkehrsbedeutung und Straßenvernetzung sowie Netz-
dichte (Parallelverkehre), Durchlässigkeit, Zielführung (Wegweisung), Verkehrsabwicklung
(Verkehrssicherheit) und Streckenverlauf (Streckencharakteristik) unterschieden. Im Zuge die-
ser Einschätzung haben wir berücksichtigt, dass die Verkehrsmenge nur eingeschränkt für die
Verkehrsbedeutung maßgebend ist. Auch ist uns bekannt, dass als überwiegend diejenige
Verkehrsbelastung anzusehen ist, die den stärksten Verkehrsanteil aufweist. Eine diesbezüg-
liche Ermittlung ist zeit- und kostenintensiv, deshalb haben wir mit Hilfe einer Ampel (Rot –
Einstufung als Landesstraße wird nicht unterstützt; Gelb – Anlass zu begründeten Bedenken
hinsichtlich einer Einstufung als Landesstraße, Grün – eine Einstufung als Landesstraße wird
unterstützt) und unter Heranziehung der o. g. Kriterien einen vereinfachten Prüfkatalog zur
Voreinschätzung herangezogen.
Diese Voreinschätzung basiert auf Erfahrungen, die die Rechnungshöfe der Länder Rhein-
land-Pfalz und Brandenburg bei ihren Betrachtungen der jeweiligen Straßennetze ihrer Länder
bereits gesammelt haben.
Anhand von zwei Beispielen möchten wir die gegenwärtige Einstufung von Landesstraßen und
deren Eigenschaften und daraus resultierende Funktionalität im Planungsbereich Altmark (Alt-
markkreis Salzwedel, Landkreisstendal) aufzeigen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 139
Beispiel 1 – Landesstraße 6
Abbildung 2: Kartenausschnitt
Quelle: Kartenmaterial LSBB LSA; Genehmigungs-Nr. LSBB LSA Z/001/2014
Die Landesstraße 6 verbindet die Landesstraße 8 (Langenapel) mit der Landesgrenze zu Nie-
dersachsen (Klein Grabenstedt). Im Weiteren ist ein Anschluss an die Bundesstraße 71 gege-
ben. Die 7.745 m lange Landesstraße hat einen unzureichenden Ausbaustandard. Der Begeg-
nungsverkehr ist in Folge der geringen Fahrbahnbreite (< 5,00 m) erheblich eingeschränkt.
140 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Abbildung 3: Beschilderung
Quelle: Landesrechnungshof (eigenes Bildmaterial)
Die Benutzung der Straße erfolgt gemäß der Beschilderung auf eigene Gefahr. Demnach er-
folgt auch kein Winterdienst in Teilbereichen.
Eine durchgängige Befahrbarkeit der Landesstraße ist lediglich mit einer Tonnage von weniger
als 2,8 Tonnen möglich.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 141
Abbildung 4: Befahrbarkeit
Quelle: Landesrechnungshof (eigenes Bildmaterial)
Im Kreuzungsbereich mit den Kreisstraßen 1002 sowie 1378 erfolgt jeweils eine untergeord-
nete Verkehrsführung der Landesstraße gegenüber den o. g. Kreisstraßen.
Angaben über die Verkehrsmenge konnten dem Landesrechnungshof auch auf Nachfrage
nicht vorgelegt werden.
Der Landesrechnungshof hält eine Überprüfung der Einstufung der Landestraße 6 für
geboten.
Beispiel 2 – Landesstraße 35
Die Landesstraße 35 verbindet die Bundestraße B189 (Häsewig) mit der Landesstraße 16
(Ortslage Bertkow). Sie besitzt eine Länge von 9.005 m.
142 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Abbildung 5: Kartenausschnitt
Quelle: Kartenmaterial LSBB LSA; Genehmigungs-Nr. LSBB LSA Z/001/2014
Die Fahrbahnbreite beträgt Abschnittsweise 5,30 m, in der Ortslage Klein Schwechten gerade
einmal 4,30 m. Die erforderliche Qualität zur adäquaten Abwicklung des Verkehrs ist nach
unserer Auffassung nicht gewährleistet.
Abbildung 6: Kreuzungsbereich
Quelle: Landesrechnungshof (eigenes Bildmaterial)
Auch das Nachranggebot im Kreuzungsbereich der Landesstraße 35 mit der Kreisstraße 1062
in der Ortslage Goldbeck steht im Widerspruch zur Verkehrsbedeutung der Straße.
Tabelle 9: Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV)
Straße
TK-Blatt- Zählstel-len-Nr. von bis
DTV Kfz
24 h
DTV Schwer-lastverkehr
24 h 2010 2015 2010 2015
L 35 3237 / 6124
Bertkow L 35 / L 16
B 189 bei Häsewig 991 312 56 11
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 143
Wie aus der Tabelle 9 zu entnehmen ist, hatte sich der Wert der DTV46 innerhalb von 5 Jahren
von 991 Kraftfahrzeugen in 24 h auf 312 Kraftfahrzeuge reduziert. Die Anzahl des Schwerlast-
verkehrs hatte sich im selben Zeitraum um das 5-fache auf gerade einmal 11 Fahrzeuge in-
nerhalb von 24 h gemindert.
Der Landesrechnungshof hält eine Überprüfung der Einstufung der Landestraße 35 für
geboten.
Auf der Grundlage der vorgenommenen Auswertung hält der Landesrechnungshof bei
19 der 33 Landesstraßen im Bereich des Landkreises Stendal bzw. des Altmarkkreises
Salzwedel eine Einstufung als Landesstraße für nicht gerechtfertigt. Nach seiner Auf-
fassung handelt es bei diesen Landesstraßen größtenteils um Kreisstraßen. Bei 8 wei-
teren Landesstraßen bestehen begründete Bedenken, dass diese Straßen weiterhin als
Landesstraße eingestuft werden.
Der Landesrechnungshof hält eine Gesamtüberprüfung für erforderlich.
4. Fazit
Das Ergebnis der Prüfung zeigt, dass das Landesstraßennetz im Regionalbereich Alt-
mark nicht an die vom Land durchgeführten kommunalen Gebietsreformen angepasst
wurde. Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass im Regionalbereich Altmark
zahlreiche Landesstraßen existieren, bei denen diese Einstufung nicht mehr gerecht-
fertigt ist.
Die Verbindung von zentralen Orten und die Erschließung von Räumen sollte auf der
Grundlage eines überarbeiteten Netzkonzeptes mit einer festzusetzenden und nachzu-
weisenden Angebotsqualität neu ermittelt werden.
Der Landesrechnungshof hält es für erforderlich, dass die zukünftige Gestaltung und
Entwicklung des Landesstraßennetzes durch das Ministerium für Landesentwicklung
und Verkehr überprüft wird. Unter Beachtung der neuen kommunalen Strukturen, der
demographischen Entwicklung und der finanziellen Möglichkeiten des Landes soll der
tatsächliche Bedarf der Straßennetzverbindungen, die durch Landesstraßen abzude-
cken sind, auf der Grundlage der RIN 2008 ermittelt werden.
46 Bund und Länder führen alle 5 Jahre Straßenverkehrszählungen auf Bundes- und Landesstraßen durch. Die
turnusmäßige Verkehrszählung des Jahres 2020 wurde infolge der Auswirkungen von COVID-19 (Corona-Vi-rus) auf das Verkehrsgeschehen, welches derzeit nicht als repräsentativ anzusehen ist, auf das Jahr 2021 ver-schoben.
144 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Dem Landesrechnungshof ist bewusst, dass das Landesstraßennetz nicht kurzfristig
neugestaltet werden kann. Es handelt sich vielmehr um einen langfristigen Prozess, der
nach und nach umzusetzen ist.
Die Erörterungen mit der Verwaltung sind noch nicht abgeschlossen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 145
Einzelplan 20 – Hochbau
Kapitel 20 03 – Ressortbau
Titelgruppe 69 – Große Neu-, Um- und Erweiterungsbauten –
Strukturprägendes prioritäres Projekt “Polizei-
inspektion Magdeburg (einschl. Polizeiinspek-
tion Zentrale Dienste)“
Geprüftes Haushalts-
volumen
– 149.577.093 €
10 Fehlende Bauleitplanung – eine Ursache für Terminverzug und Kostenrisi-
ken
Der Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement Land Sachsen-Anhalt (BLSA)
hat darauf verzichtet, für die Baumaßnahme Polizeiinspektion (PI) Magdeburg auf der
Liegenschaft Sternstraße 12 das Baurecht über eine Bauleitplanung herbeizuführen.
Dies hätte nach Auffassung des Landesrechnungshofes zu mehr Rechtssicherheit ge-
führt. Sämtliche private und öffentliche Belange wären dabei in einem gemeinsamen,
nach Baugesetzbuch (BauGB) geregelten Verfahren behandelt worden. Das Fehlen ei-
nes rechtsverbindlichen Bebauungsplanes hat zu erheblichen Zeitverzögerungen und
Planungsunsicherheiten geführt. Durch fehlende nachbarrechtliche Zustimmungen be-
steht darüber hinaus das Risiko der zivilrechtlichen Klage. Diesbezüglich mögliche
Rechtsstreitigkeiten könnten für das Land zu hohen wirtschaftlichen Schäden führen.
1. Vorbemerkungen
Seit 2013 befassen wir uns mit dem Vorhaben Polizeiinspektion (PI) Magdeburg. Dabei haben
wir den Ausschuss für Finanzen des Landtages zu folgenden Themen beraten:
a) Erwerb einer Liegenschaft zur Unterbringung der PI im ehemaligen Altstadtkrankenhaus
von Magdeburg
b) Bauliche Umsetzung des Vorhabens PI, aufgegliedert in folgende Teilmaßnahmen:
− Herrichtung einer Interimsunterbringung der PI in der Halberstädter Straße
− Errichtung des Bekleidungsservicecenters am Standort Alt Prester
− Neu- und Erweiterungsbauten sowie Sanierungen auf dem Areal Sternstraße (Abbil-
dung 8).
146 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Seit 2017 prüfen wir die Vorhabenumsetzung PI Magdeburg maßnahmenbegleitend.
1.1 Bauleitplanung
Gemäß dem § 30 BauGB ist die Zulässigkeit eines Vorhabens im Geltungsbereich eines Be-
bauungsplanes gegeben, wenn es dessen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschlie-
ßung gesichert ist. Dementsprechend schaffen Bebauungspläne Baurecht und sind rechtsver-
bindlich für Bürger, Gemeinde und Behörden. Sie stellen die verbindliche Bauleitplanung nach
dem Baugesetzbuch (BauGB) für ein Flächengebiet bzw. ein Grundstück dar.
Bebauungspläne dienen als Instrument, die städtebauliche Entwicklung nachhaltig zu gestal-
ten. Sie regeln, was und wie gebaut werden darf. Das betrifft grundsätzlich die Art (z. B. Ge-
werbe-, Wohngebiet) und das Maß (z. B. Geschossigkeit, Höhe) der baulichen Nutzung, die
überbaubare Grundstücksfläche (z. B. Baulinie, Bautiefe) sowie die örtlichen Verkehrsflächen.
Darüber hinaus sind eine Vielzahl weiterer Reglungen wie Abstandsflächen, Bauweise (z. B.
geschlossen, offen), Lärmschutz, Grünflächen, Gestaltung, Regenwasserbehandlung sowie
zu Flächen mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten möglich. Die Festsetzungen ergeben sich
nach § 9 BauGB.
Ist ein Vorhabenträger an der Entwicklung eines Flächengebietes interessiert, so hat er nach
§ 12 BauGB die Möglichkeit, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu entwickeln. Seine
Aufstellung setzt allerdings die Antragstellung bei der Gemeinde und den Beschluss durch
deren politisches Gremium voraus. Vorhabenträger und Gemeinde haben darüber hinaus über
die Durchführung der Planung und dessen Finanzierung einen städtebaulichen Vertrag zu
schließen.
Grundsätzlich wird die Bauleitplanung in einem nach dem Baugesetzbuch geregelten Verfah-
ren vollzogen. Dabei werden private und öffentliche Belange gegeneinander und untereinan-
der abgewogen und zu einem gerechten Ausgleich gebracht. Für fachrechtliche Regelungen,
die nicht zum Ausgleich gebracht werden können, gibt es darüber hinaus auch Möglichkeiten
für Ausnahmen und Befreiungen. Am Ende des Verfahrens steht immer der Gemeindebe-
schluss in Form einer Satzung.
1.2 Baumaßnahme
Am 12. August 2014 beschloss das Kabinett das Vorhaben PI Magdeburg als strukturprägen-
des prioritäres Projekt des Landes. Mit der umfassenden Baumaßnahme soll die insgesamt
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 147
29.000 m² große, landeseigene Liegenschaft in der Sternstraße 12 von Magdeburg zu einem
zentralen, zeitgemäßen und funktionalen Polizeistandort entwickelt werden. Vorausgegangen
war eine durch das Ministerium der Finanzen veranlasste Studie. Diese untersuchte das Areal
in der Sternstraße als geeigneten Standort zur Unterbringung der PI Magdeburg und Teile der
PI Zentrale Dienste. Sie lag mit dem Ergebnis der positiven Bewertung im April 2014 vor. Unter
der Voraussetzung des Maßnahmenbeginns im Jahr 2014, prognostizierte die Studie eine Vor-
habenrealisierung bis 2020. Die geschätzten Kosten für die bauliche Herrichtung des Standor-
tes Sternstraße 12 betrugen zu diesem Zeitpunkt 115.628.000 €.
Im Oktober 2014 erteilte das Ministerium der Finanzen dem Landesbetrieb BLSA den Auftrag
zur Erstellung der Planung.
Abbildung 7: Bestandsbebauung Sternstraße 12 in Magdeburg im Jahr 2015
Quelle: Haushaltsunterlage-Bau zur Vorplanung, Städtebauliches Gesamtkonzept
Als erstes Ergebnis des Vorplanungsprozesses lag 2015 eine Konzeption für das Areal in der
Sternstraße 12 vor, die als „Städtebauliches Gesamtkonzept“ bezeichnet wurde. Danach sollte
die landeseigene Liegenschaft mit der Realisierung des Vorhabens PI Magdeburg eine Neu-
ordnung erfahren (Abbildung 7; Abbildung 8). Als Kernpunkte waren die bauliche Nachver-
dichtung des Quartieres, die Wiederherstellung des Hofes der ehemaligen Trainkaserne47
47 Das Areal wurde ursprünglich vom preußischen Militär als Kasernenstandort genutzt. Die Mannschafts- und
Funktionsgebäude dienten dem Magdeburger Train-Bataillon Nr. 4.
148 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
sowie die Möglichkeit der zukünftigen Weiterentwicklung der Liegenschaft benannt. Dies er-
fordert den Abbruch von vorhandener Bausubstanz, Neubauten und Erweiterungen, Sanierun-
gen sowie die Anpassung der Verkehrs- und Freiflächen. Das Vorhaben stellt sich dement-
sprechend komplex und umfangreich dar, so dass es in folgende Teilmaßnahmen untergliedert
wurde:
− Baufeldfreimachung
− Sanierung Haus 4
− Neubau Haus A1
− Außenanlagen - Bauvorbereitende Maßnahmen
− Außenanlagen - Medien, Ver- und Entsorgung
− Sanierung Haus 7
− Neubau Haus A2
− Neubau Haus B
− Sanierung und Erweiterung Haus 1-C-2
− Sanierung Haus 3
− Sanierung Haus 9.
Abbildung 8: Standortentwicklung bis 2025 in Anlehnung an das "Städtebauliche Ge-
samtkonzept" aus 2015
Quelle: Informationsvorlage für den Ausschuss für Finanzen über den aktuellen Sachstand der Baumaßnahme
PI Magdeburg
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 149
Der Ausschuss für Finanzen des Landtages erhielt im Mai 2017 die auf der Konzeption auf-
bauende Vorplanung zur Kenntnis. Danach sollte das Vorhaben PI Magdeburg bis Ende 2023
mit geschätzten Kosten von 135.293.000 € umgesetzt werden. Darüber hinaus kündigte das
Ministerium der Finanzen an, für jede Teilmaßnahme auf der Sternstraße eine separate Pla-
nungsunterlage dem Ausschuss zur Beschlussfassung vorzulegen.
Laut Berichterstattung zum Vorhaben vom Juni 2020 durch das Ministerium der Finanzen wird
sich die Fertigstellung auf Anfang 2026 verschieben. Die aktuell geschätzten Kosten für die
Maßnahmen auf der Sternstraße haben sich derzeit um weitere 14.284.093 € auf
149.577.093 € erhöht. Allein 13.534.949 € sind davon dem verzögerten Fertigstellungstermin
und der damit verbundenen Baupreissteigerung geschuldet.
1.3 Baurecht auf dem Grundstück Sternstraße 12 in Magdeburg
Für das Areal in der Sternstraße liegt nur eine unverbindliche Bauleitplanung in Form eines
Flächennutzungsplanes vor. Danach ist für die landeseigene Liegenschaft in der Sternstraße
ein Sondergebiet mit Nutzung für die Polizei ausgewiesen. Ein Bebauungsplan, aus dem sich
die baurechtliche Zulässigkeit für das Vorhaben ableiten ließe, gibt es für das Gebiet nicht.
Deshalb hat der Landesbetrieb BLSA die Zulässigkeit des geplanten Bauvorhabens auf der
Grundlage des § 34 BauGB beurteilt.
Nach § 34 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich in Anlehnung an die umliegende
Bebauung einfügt. Maßgebende Einfügungskriterien sind dabei Art und Maß der baulichen
Nutzung, die Bauweise sowie die überbaubare Grundstücksfläche. Darüber hinaus muss die
versorgungs- und verkehrstechnische Erschließung des Grundstückes gewährleistet sein, ge-
sunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben und das Ortsbild darf nicht beeinträch-
tigt werden.
Insbesondere für die unter Punkt 1.2 genannten Teilmaßnahmen:
− Neubau Haus A1,
− Außenanlagen - Medien, Ver- und Entsorgung,
− Neubau Haus A2,
− Neubau Haus B,
− Sanierung und Erweiterung Haus 1-C-2
waren somit die baurechtlichen Zulässigkeiten zu prüfen. Bei Landesbaumaßnahmen erfolgt
das durch den Landesbetrieb BLSA. Grundlage dafür ist der § 76 Bauordnung Land Sachsen-
150 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Anhalt (BauO LSA). Dieser entbindet den Landesbetrieb BLSA allerdings nicht davon, die Zu-
stimmung der Gemeinde einzuholen und die der Eigentümer angrenzender Grundstücke, für
die sich Beeinträchtigungen aus dem Vorhaben ergeben.
2. Feststellungen
2.1. Rückwärtige Bebauung entlang der denkmalgeschützten Gründerzeithäuser
Gemäß BauO LSA § 6, Abs. 1, Satz 2 sind vor Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen
freizuhalten. Abstandsflächen dienen der Gewährleistung sicherheitsrechtlicher Zielsetzun-
gen. Sie stellen sicher, dass bauliche Anlagen untereinander so errichtet werden, dass die
Belichtung, Belüftung, Besonnung sowie der Brandschutz nicht beeinträchtigt werden. Ab-
standsflächen vermitteln direkten Nachbarschutz. Die BauO LSA lässt allerdings eine Aus-
nahme zu, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze von Grundstücken ge-
baut werden muss oder darf. Infolge des fehlenden Bebauungsplanes, der dazu Regelungen
rechtssicher treffen könnte, muss für das Areal Sternstraße aus der umgebenden Bebauung
analysiert werden, ob mit oder ohne Grenzabstand zu bauen ist. Maßgebendes Kriterium ist
dabei die Bauweise in Verbindung mit der überbaubaren Grundstücksfläche.
Die Teilmaßnahmen Neubau Haus A1 und A2 umfassen die Errichtung mehrgeschossiger
Verwaltungsgebäude. Der Neubau Haus A1 stellt sich hauptsächlich als straßenbegleitende
Lückenbebauung dar. Dabei schließt er aber nicht nur seitlich an den Giebel der nachbarlichen
Bestandsbebauung an, sondern auch rückwärtig.
Für die Errichtung des Hauses A2 muss ein ca. 85 m langes Bestandsgebäude auf der lan-
deseigenen Liegenschaft abgebrochen werden, lediglich die Westfassade soll erhalten blei-
ben. Das für den Abbruch bestimmte Gebäude ist über ca. 60 % seiner Gesamtlänge 1,5-
geschossig hergestellt. Der restliche Bereich ist dreigeschossig ausgebildet. Es ist darüber
hinaus mit einem Abstand von ca. 5 m zur Grundstücksgrenze errichtet, an der sich die Nach-
barhäuser der Sternstraße 5 bis 11 erstrecken (Abbildung 7). Die sicherheitstechnischen An-
forderungen an Gebäudeabstände hinsichtlich des Brandschutzes, der Belüftung und Belich-
tung sind demzufolge im Bestand gewährleistet.
Der Neubau Haus A2 soll auf einer Länge von ca. 105 m als Grenzbebauung mit fünf Ge-
schossen rückwärtig an die vorhandenen Nachbargebäude der Sternstraße 5 bis 11 angebaut
werden (Abbildung 8). Die Nachbargebäude sind denkmalgeschützte Gründerzeithäuser mit
vorwiegend Wohnnutzung.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 151
Laut planungsrechtlicher Stellungnahme der Stadt Magdeburg vom 15. Dezember 2016 wird
die prägende Bauweise im Bereich der Sternstraße als geschlossen charakterisiert.
Die geschlossene Bauweise ist gemäß § 22 Abs. 3 Baunutzungsverordnung dadurch gekenn-
zeichnet, dass Gebäude – von der Erschließungsstraße aus gesehen, hier Sternstraße – ohne
seitlichen Grenzabstand errichtet werden. Ein rückwärtiger Anbau der Häuser A1 und A2 an
die bestehende Bebauung entspricht nicht der Baunutzungsverordnung. Somit sind Abstands-
flächen gemäß § 6 BauO einzuhalten. Das erfolgt mit der vorliegenden Planung nicht. Deshalb
sind Beeinträchtigungen der Nachbarbebauung bezüglich der Belichtung und Belüftung, dem
Brand- und Schallschutz, der Tragfähigkeit sowie des Erscheinungsbildes der Gründerzeit-
häuser wahrscheinlich bzw. zum Teil gegeben. Öffentlich-rechtliche wie auch private Belange
werden berührt. Die Zustimmungen der Eigentümer angrenzender Grundstücke, für die sich
Beeinträchtigungen aus dem Vorhaben PI Magdeburg ergeben, waren und sind deshalb Vo-
raussetzung für eine rechtssichere Umsetzung des Vorhabens.
Auf der Grundlage des „Städtebaulichen Gesamtkonzeptes“ stellte der Landesbetrieb BLSA
im Dezember 2015 der Stadt Magdeburg die Planung vor. In diesem Zusammenhang gab sie
dem Landesbetrieb bereits den Hinweis, dass sich infolge der geplanten Grenzbebauung zur
Sternstraße 5 bis 11 die Belichtungsverhältnisse für die Nachbarn erheblich verschlechtern
werden und demzufolge ein Belichtungsgutachten zu erstellen sei.
Auf der Grundlage der Vorplanung informierte der Landesbetrieb BLSA im März 2016 die pri-
vaten Eigentümer der Gründerzeithäuser zur geplanten Grenzbebauung.
Weitere Abstimmungen zur Baumaßnahme erfolgten dann mit der Stadt Magdeburg im De-
zember 2016 auf der Grundlage der Entwurfsplanung zu Haus A1 und der Vorplanung zu Haus
A2. Zu diesem Zeitpunkt lagen Ergebnisse aus dem Belichtungsgutachten vor. Diese doku-
mentierten für Teile der Nachbarbebauung eine erhebliche Verschlechterung der Belichtung.
Im Schreiben der Stadt vom 15. Dezember 2016 signalisierte diese Zustimmung zum Vorha-
ben PI Magdeburg, merkte allerdings an, dass die geplante Grenzbebauung zur Verriegelung
der teilweise geöffneten Hinterhöfe der Gründerzeithäuser führen würde. Der daran anschlie-
ßende Hinweis der Stadt, ob sich daraus nicht ein Erfordernis zur Erstellung eines Bebauungs-
planes ergebe, blieb im weiteren Planungsprozess durch den Landesbetrieb unberücksichtigt.
Im Zeitraum Januar bis März 2018 ergingen weitere Informationen an die Eigentümer der
Gründerzeithäuser. Der Landesbetrieb BLSA informierte auf der Grundlage der Genehmi-
gungsplanung über die Neubauten A1 und A2. Dabei wurden auch die Ergebnisse aus dem
Belichtungsgutachten wie auch aus einem Lärmgutachten erläutert. Zu diesem Zeitpunkt war
152 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
der Landesbetrieb der Auffassung, dass die Kenntnisnahme der Betroffenen ausreicht, um die
Zulässigkeit des Vorhabens rechtfertigen zu können.
Am 17. April 2019 erhielt der Landesbetrieb BLSA jedoch vom Ministerium der Finanzen die
Aufforderung, für die Teilmaßnahme Neubau Haus A2 die schriftliche Zustimmung der Eigen-
tümer einzuholen.
Dem vorausgegangen waren unsere Empfehlungen und Hinweise:
− Bereits in den Schreiben an das Ministerium der Finanzen sowie an den Ausschuss für
Finanzen des Landtages vom 15. Juni 2017 zur Vorplanung, thematisierten wir die nach-
barrechtlichen Belange, die infolge der Neubauten A1 und A2 berührt werden würden.
− Zur Teilmaßnahme Haus A1 informierten wir dann in der Sitzung des Ausschusses für
Finanzen des Landtages am 6. Dezember 2017 über die Risiken, die die geplante Grenz-
bebauung ohne schriftliche nachbarrechtliche Zustimmung in sich birgt.
− Zur Teilmaßnahme Haus A2 wiesen wir in unserem Schreiben vom 15. April 2019 an das
Ministerium der Finanzen und zur Kenntnisgabe an den zuständigen Ausschuss darauf hin,
dass mit der Realisierung des Bauvorhabens Beeinträchtigungen der angrenzenden Be-
bauung erfolgen. Damit wird gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Die Zuläs-
sigkeit des Vorhabens kann somit nicht auf der Grundlage des § 34 BauGB begründet wer-
den, sondern setzt eine Bauleitplanung voraus. Wir empfahlen deshalb, mindestens die
schriftliche Zustimmung der Nachbarn einzuholen.
Infolge des fehlenden Bebauungsplanes war es nötig, die nachbarlichen Zustimmungen ein-
zuholen. Entsprechend der aktuellen Berichterstattung vom Oktober 2020 zum Stand des Vor-
habens teilte das Ministerium der Finanzen mit, dass die schriftliche Zustimmung noch nicht
von allen Nachbarn vorläge, obwohl bereits mit der Bauausführung begonnen worden ist.
Wir sind der Auffassung, dass der Landesbetrieb BLSA es für die Rechtssicherheit seines
Bauvorhabens auf dem Areal Sternstraße versäumt hat, mit der Standortentscheidung im Jahr
2015 einen Bebauungsplan erstellen zu lassen. Im Zuge des Bauleitplanverfahrens hätten die
Eigentümer der Gründerzeithäuser die Möglichkeit gehabt, Bedenken bezüglich des Vorha-
bens PI Magdeburg zu äußern. Dafür sieht das BauGB einen Zeitraum von vier Wochen im
Zuge der frühzeitigen Beteiligung sowie von vier Wochen im Zuge der Öffentlichkeitsbeteili-
gung vor. Hätten sich die Betroffenen nicht innerhalb der gesetzlichen Fristenregelung gemel-
det, wäre davon auszugehen gewesen, dass keine Einwände zum Vorhaben bestehen. Ge-
äußerte Bedenken wiederum wären innerhalb des Verfahrens behandelt worden.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 153
Bei dem Vorhaben auf dem Areal der Sternstraße, dessen baurechtliche Genehmigung allein
auf der Beurteilung nach § 34 BauGB (Einfügungsgebot) beruht, setzt das nach unserer Auf-
fassung mindestens die nachbarlichen Zustimmungen voraus. Fehlen diese, besteht die Ge-
fahr, dass gegen die Zulässigkeit des Vorhabens rechtlich vorgegangen wird. Hieraus ergeben
sich Risiken, die für das Land zu hohen wirtschaftlichen Schäden führen könnten (nicht Um-
setzbarkeit der Planung, Baustopp, Schadensersatzforderungen infolge bereits geschlossener
Bauverträge).
Das Ministerium der Finanzen teilte dem Landesrechnungshof in seiner Stellungnahme vom
26. November 2020 mit, dass auch aus seiner Sicht ein aus dem Flächennutzungsplan entwi-
ckelter Bebauungsplan frühzeitig Rahmenbedingungen hätte schaffen und zur Vorklärung bei-
tragen können. Ob der Bebauungsplan dazu geführt hätte, dass die Eigentümer der Gründer-
zeithäuser dem Vorhaben PI wohlwollender begegnet wären, bezweifelte das Ministerium. Es
erkennt allerdings den Bebauungsplan als Instrument, welches im Falle von Rechtsstreitigkei-
ten im Zusammenhang mit städtebaulichen Sachverhalten zur schnellen Klärung beitragen
würde.
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass das versäumte Bauleitplanverfahren
dazu führte, dass die Beeinträchtigungen der Nachbarbebauung in langen Abstim-
mungsprozessen ohne Rechtssicherheit behandelt werden mussten. Der Landesrech-
nungshof weist darauf hin, dass aufgrund dieser Vorgehensweise nicht einmal zum
Baubeginn des Vorhabens alle nachbarlichen Zustimmungen vorlagen.
2.2 Errichtung des Hauses B entlang des Grundstückes der DB AG
Gemäß § 6 BauO LSA sind vor Außenwänden von Gebäuden bzw. vor Anlagen, von denen
eine Wirkung wie von Gebäuden ausgeht, Abstandsflächen freizuhalten. Sie müssen auf dem
Grundstück selbst liegen. Sie dürfen sich nur ganz oder teilweise auf anderen Grundstücken
erstrecken, wenn öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass die Flächen nicht überbaut werden. Als
öffentlich-rechtliche Sicherung gelten die Eintragungen von Baulasten in das von der Bauauf-
sichtsbehörde geführte Baulastenverzeichnis.
Die Teilmaßnahme Neubau Haus B (Abbildung 8) umfasst die Errichtung eines mehrgeschos-
sigen Gebäudes mit schwerpunktmäßiger Nutzung für Sport und zum Abstellen von Kraftfahr-
zeugen. Das Gebäude soll in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grundstück der DB AG über
eine Länge von 134 m errichtet werden. Auf dem Nachbargrundstück befinden sich bahntech-
nische Anlagen.
154 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Die geplante Bebauung unterschreitet den nach § 6 BauO LSA einzuhaltenden Mindestab-
stand zur Grundstücksgrenze. Der Mindestabstand bestimmt sich gemäß § 6 Abs. 4 und 5 der
BauO LSA aus der Wandhöhe, die mit dem Faktor 0,4 zu multiplizieren ist. Dabei ist die Wand-
höhe das senkrechte Maß, welches sich von der Geländeoberfläche bis zum Abschluss der
Wand ergibt.
Erste Abstimmungen zum Gesamtvorhabens PI Magdeburg erfolgten mit der DB AG im Au-
gust 2014 und April 2015. Im Ergebnis wurden durch die DB AG keine grundsätzlichen Be-
denken zur geplanten Bebauung geäußert.
Weitere Abstimmungen erfolgten dann 2016. Für die Errichtung des Hauses B sollten Tiefbau-
arbeiten auch auf dem bahneigenen Grundstück durchgeführt werden. Die dafür erforderliche
Zustimmung erteilte die DB AG nicht. Sie begründete ihre Entscheidung mit der fehlenden
Planungstiefe und gab Hinweise auf grundsätzliche Abstandsforderungen zu Bahnanlagen
(Oberleitung, Kabeltrassen).
Bereits in der Vorplanungsphase hatten wir den grenznahen Standort des Neubaus Haus B
sowie die erforderlichen Tiefbauarbeiten auf dem bahneigenen Grundstück als problemati-
schen Sachverhalt hervorgehoben. Im Schreiben vom 15. Juni 2017 an das Ministerium der
Finanzen sowie den Ausschuss für Finanzen des Landtages wiesen wir auf erforderliche Ab-
stimmungen mit der DB AG hin.
Im August 2018 legte der Landesbetrieb BLSA der DB AG eine detailliertere Planung vor. Auf
dieser Grundlage stellte die DB AG eine Unterschreitung von Mindestabständen zu Bahnan-
lagen fest. Der Landesbetrieb BLSA war daraufhin gezwungen, eine Umplanung im Tiefbau-
bereich sowie eine Baukörperverschiebung vorzunehmen. Die mit der Umplanung erforderli-
che Baukörperverschiebung führte allerdings nicht dazu, dass auch der Abstand zur Grund-
stücksgrenze auf das erforderliche Mindestmaß gebracht wurde. Somit blieb die Erforderlich-
keit der Zustimmung durch die DB AG aktuell. Die DB AG hatte in der Besprechung am
3. August 2018 darauf hingewiesen. Dem Besprechungsprotokoll war zu entnehmen:
„Das BLSA ist gemäß § 76 BauO LSA genehmigende Behörde. Es ist eine Ver-
pflichtungserklärung/Zustimmung der Bahn erforderlich, da Abstandsflächen von
Haus B auf dem Grundstück der Deutschen Bahn liegen.“
Bis November 2019 lag die Zustimmung der DB AG zur grenznahen Bebauung noch nicht vor.
Unabhängig davon legte der Landesbetrieb BLSA die Planung (Entwurfs-, teilweise
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 155
Genehmigungsplanung) dem Ausschuss für Finanzen vor. Die Freigabe der Haushaltsmittel
für die Baumaßnahme durch den Ausschuss wurde benötigt, um die Durchführung der weite-
ren Planung und Bauausführung veranlassen zu können. Der Zeitplan zum Vorhaben sah für
die Teilmaßnahme Neubau Haus B ursprünglich die Freigabe bis Februar 2018 vor.
Über einen Zeitraum von 37 Monaten, von Ende Oktober 2016 bis November 2019, stand der
Landesbetrieb BLSA mit der DB AG in Verhandlungen, um die Zustimmung für eine grenznahe
Bebauung zu erlangen. Unabhängig von der notwendigen Umplanung konnte die Abstands-
flächenproblematik bis zu diesem Zeitpunkt nicht geklärt werden.
Das Ministerium der Finanzen teilte dem Landesrechnungshof in seiner Stellungnahme vom
26. November 2020 mit, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan eine mögliche Grund-
lage zur Durchführung des Vorhabens PI Magdeburg gewesen wäre. Das Ministerium erklärte
darüber hinaus, dass die Abstandsflächenproblematik mit hoher Priorität verfolgt und in direk-
ter Abstimmung mit der DB AG gelöst wird.
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass die baurechtliche Zulässigkeit des
Gesamtvorhabens auf dem Areal Sternstraße einen vorhabenbezogenen Bebauungs-
plan erfordert hätte. Der fehlende Bebauungsplan hat dazu geführt, dass die Abstands-
flächenproblematik mit der DB AG bisher nicht gelöst ist. Infolge des nicht durchge-
führten Bauleitplanverfahrens fehlten frühzeitige verbindliche Hinweise und Anregun-
gen der DB AG. Demzufolge war es dem Landesbetrieb BLSA nicht möglich, in frühen
Planungsphasen nach umsetzbaren, zeitlich überschaubaren Lösungen zu suchen.
3. Fazit
Der Landesrechnungshof ist der Auffassung, dass die Erforderlichkeit eines vorhaben-
bezogenen Bebauungsplanes gegeben war, um die baurechtliche Zulässigkeit des Ge-
samtvorhabens auf dem Areal Sternstraße zu sichern. Im Dezember 2015 wurde der
Stadt Magdeburg bereits das städtebauliche Konzept für die Liegenschaft vorgestellt.
Aus Sicht des Landesrechnungshofes war damit Anlass und Zeitpunkt gegeben, um die
Erstellung eines Bebauungsplanes anzuschieben. Die zu beplanende Fläche, die Pla-
nungsziele, der Zeitplan zur Umsetzung der PI Magdeburg wie auch voraussichtliche
Auswirkungen des Vorhabens waren ausreichend bekannt. Wenn nicht durch die Stadt
Magdeburg48 selber forciert, so hätten die massiven, geplanten baulichen Veränderun-
gen auf der Liegenschaft für den Landesbetrieb BLSA ausreichendes Signal sein
48 meist aus Gründen der Kapazität oder unzureichender Haushaltsmittel durch Kommune nicht selber veranlasst
156 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
müssen, um die Erforderlichkeit der Erstellung eines Bebauungsplanes zu erkennen.
Dieser hätte entsprechend den Erfahrungen des Landesrechnungshofes bis spätestens
Juli 2017 rechtskräftig vorliegen können. Sein Fehlen führte unter anderem zu einem
erhöhten zeitlichen Aufwand, um nachbarliche Zustimmungen zu erwirken. Daraus ent-
standen zeitliche Verzögerungen mit Auswirkungen auf Bau- und Fertigstellungster-
mine. Letztlich sind damit auch Kostenerhöhungen infolge steigender Baupreise ver-
bunden.
Darüber hinaus reduziert der fehlende Bebauungsplan die Sicherheit der baurechtli-
chen Zulässigkeit des Vorhabens. Die Risiken von Rechtsstreitigkeiten mit Nachbarn
sowie der damit verbundenen finanziellen Folgen sind bedeutend höher einzuschätzen.
Das Ministerium der Finanzen stimmte in seiner Stellungnahme vom 26. November 2020
dem Landesrechnungshof zu, dass im Zusammenhang mit der Umsetzung von Landes-
baumaßnahmen zukünftig eingehender zu prüfen und abzuwägen ist, ob die Aufstellung
eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes erforderlich ist.
Der Landesrechnungshof empfiehlt, für zukünftige komplexe und umfangreiche Vorha-
ben die Erforderlichkeit zur Aufstellung vorhabenbezogener Bebauungspläne zu prü-
fen.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 157
Abschnitt C – Rundfunkangelegenheiten
Prüfungen beim Mitteldeutschen Rundfunk
Der MDR wendet bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte nicht das öffentliche
Vergaberecht an.
Eine Beteiligungsgesellschaft hat nicht alle Vertragsbestandteile schriftlich festgehal-
ten. Darüber hinaus sind Vertragsunterzeichnungen teilweise nicht vor Leistungsbe-
ginn erfolgt.
1. Vorbemerkungen
Außerhalb des Landeshaushaltes prüfen wir gemeinsam mit dem Sächsischen und dem Thü-
ringer Rechnungshof
− die Wirtschaftsführung des Mitteldeutschen Rundfunks49 und
− die Wirtschaftsführung bei solchen Unternehmen des Privatrechts, an denen der Mitteldeut-
sche Rundfunk mit Mehrheit beteiligt ist und deren Gesellschaftervertrag oder Satzung
diese Prüfung durch die Rechnungshöfe vorsieht50.
Die Prüfungen werden entweder von allen drei Rechnungshöfen gemeinsam oder eigenstän-
dig durchgeführt. Gemeinsame Prüfungen koordiniert der jeweils federführende Rechnungs-
hof. Die Federführung liegt aktuell beim Sächsischen Rechnungshof. Wir hatten sie zuletzt
2016/2017. Sie wechselt alle zwei Jahre.
Zum Abschluss einer Prüfung fassen die beteiligten Rechnungshöfe die wesentlichen Ergeb-
nisse in einem abschließenden Bericht zusammen und leiten diesen den zuständigen Landta-
gen und Landesregierungen sowie der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der
Rundfunkanstalten (KEF)51 zu. Darüber hinaus veröffentlichen wir die abschließenden Berichte
auf unserer Internetseite www.lrh.sachsen-anhalt.de.
49 vgl. § 35 MDR-Staatsvertrag 50 vgl. § 42 Abs. 3 Medienstaatsvertrag; bis 7. November 2020: § 16c Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag 51 gemäß § 37 Medienstaatsvertrag; bis 7. November 2020: § 14a Rundfunkstaatsvertrag
158 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
In 2020 haben wir zwei Prüfungen im Rundfunkbereich abgeschlossen:
− die gemeinsame Prüfung zum Internen Kontrollsystem des MDR bei Vergaben, welche un-
serer Federführung unterlag sowie
− die Prüfung der Kinderfilm GmbH, welche wir als eigenständige Prüfung durchgeführt ha-
ben.
2. Keine Anwendung des öffentlichen Vergaberechts unterhalb der EU-Schwellen-
werte
Die Rechnungshöfe der MDR-Staatsvertragsländer haben das Interne Kontrollsystem (IKS)
des MDR bei Vergaben einschließlich Evaluation geprüft.
Ziel der Prüfung der Rechnungshöfe war, die Zweckmäßigkeit der Ausgestaltung und die Wirk-
samkeit des IKS des MDR bei Vergaben zu beurteilen. Geprüft haben wir bei den beiden zent-
ralen Beschaffungsstellen – Verwaltungsdirektion und Betriebsdirektion – sowie bei der Juris-
tischen Direktion und der Intendanz. Beschaffungen im Programmbereich waren nicht Gegen-
stand der Prüfung.
Im Ergebnis haben die Rechnungshöfe festgestellt, dass alle wesentlichen Regelungsinhalte
des IKS für den Vergabe-/Beschaffungsbereich in den internen Regularien des MDR verankert
sind. Weiterhin ist die Unternehmenskultur des MDR darauf ausgerichtet ist, dass die Mitar-
beiter sich mit den Zielen des IKS identifizieren. Zu den Empfehlungen bzgl. des IKS verweisen
wir auf den abschließenden Bericht zu dieser Prüfung auf unsere Internetseite.
Die geprüften Beschaffungen gaben keine Anhaltspunkte dafür, dass sich in einem Vergabe-
verfahren bestehende Risiken (Intransparenz, Ausschaltung des Wettbewerbs, Bestechung
etc.) verwirklicht haben. Weiterhin wurden keine Verstöße gegen die internen Regularien des
MDR festgestellt. Allerdings sehen die Rechnungshöfe die Auftragsvergabe unterhalb der EU-
Schwellenwerte gemäß der internen Beschaffungsordnung weiterhin kritisch.
Der MDR vergibt im Rahmen seiner allgemeinen Geschäftstätigkeit Bau-, Liefer- und Dienst-
leistungen. Bei Vergaben solcher Leistungen muss der MDR oberhalb der EU-Schwellenwerte
das öffentliche Vergaberecht anwenden. Der Europäische Gerichtshof hatte in seinem Urteil
vom 13. Dezember 2007 (Rs. C-337/06) festgestellt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunk-
anstalten im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte als öffentliche Auftraggeber anzusehen
sind. Vergaben im Rahmen der Programmtätigkeit werden davon nicht umfasst.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 159
Unterhalb der EU-Schwellenwerte sieht sich der MDR allerdings nicht als öffentlicher Auftrag-
geber und an das Vergaberecht gebunden. Er begründet das damit, dass für Vergaben unter-
halb der EU-Schwellenwerte in Deutschland nationales Vergaberecht gilt und somit der in den
haushaltsrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder festgelegte institutionelle Auf-
traggeberbegriff anzuwenden sei. Demzufolge seien nur Bund, Länder sowie die Kommunen
mit ihren Eigenbetrieben zur Anwendung des Vergaberechts verpflichtet. Für ihn gelten die
Vorschriften zur Wirtschaftsführung im Rundfunkstaatsvertrag (neu Medienstaatsvertrag) und
im MDR-Staatsvertrag. Die Grundsätze zur Wirtschaftsführung des MDR seien in den §§ 32 ff.
MDR-Staatsvertrag enthalten. Sein Ziel sei die effektive Bedarfsdeckung, bei der die zur Ver-
fügung stehenden finanziellen Mittel wirtschaftlich und sparsam umgesetzt würden. Das Ver-
fahren zur Vergabe regelt eine MDR eigene interne Beschaffungsordnung.
Abbildung 9: Übersicht Schwellenwerte laut Beschaffungsordnung des MDR und im öf-fentlichen Vergaberecht
Beschaffungsordnung des MDR Öffentliches Vergaberecht
bis 5.000 € brutto
formlose, gewissenhafte Preisermittlung unterhalb der EU-Schwellenwerte:
nationales Vergabeverfahren zwischen 5.000 € und 50.000 € brutto
mindestens drei Angebote
über 50.000 € brutto
mindestens drei Angebote oder Vergabeverfah-
ren
➔ Entscheidung trifft Beschaffungsstelle in
Abstimmung mit der anfordernden Organi-
sationseinheit
oberhalb der EU-Schwellenwerte:
EU-weites Vergabeverfahren
EU-Schwellenwerte (von Art der Leistung abhängig)52:
Bauaufträge ab 5,35 Mio. € netto
Liefer- und Dienstleistungsverträge ab 214.000 € netto
Bereits in der Vergangenheit hatten wir zu Prüfungen beim MDR, aber auch in Erörterungen
mit dem MDR und der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt darauf hingewiesen, dass wir es im Inte-
resse einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung des Rundfunkbeitrags für erforder-
lich halten, dass der MDR die Vergabe von Lieferungen und Leistungen einem offenen Wett-
bewerb unterstellt und dem Abschluss von Verträgen grundsätzlich eine öffentliche Ausschrei-
bung vorausgeht.
52 seit 1. Januar 2020
160 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Der Landesrechnungshof hält es weiterhin für erforderlich, dass der MDR auch unter-
halb der EU-Schwellenwerte das öffentliche Vergaberecht anwendet, um den hohen
Risiken im Vergabeprozess, z. B. Intransparenz, Ausschaltung des Wettbewerbs, un-
wirtschaftliche Beschaffung und Abhängigkeit von Lieferanten und Leistungserbrin-
gern, Bestechung/Korruption, entgegenzuwirken. Durch den mit der umfassenden An-
wendung des Vergaberechts ermöglichten Wettbewerb wird aus Sicht des Landesrech-
nungshofes die im Hinblick auf die Verwendung der Beitragseinnahmen wirtschaft-
lichste Lösung sichergestellt.
3. Mangel bei der Dokumentation in einer Beteiligungsgesellschaft
Wir haben die Kinderfilm GmbH geprüft. An der Gesellschaft ist der MDR mittelbar über die
MDR Media GmbH53 mit 50 % beteiligt. Prüfungsschwerpunkt war die Wirtschaftsführung der
Geschäftsjahre 2017 und 2018.
Dabei haben wir festgestellt, dass zu dem mit der DREFA Media Holding GmbH geschlosse-
nen Dienstleistungsvertrag im Nachhinein mündliche Vereinbarungen getroffen wurden. Diese
wurden nicht schriftlich dokumentiert.
Bei einer Auftragsproduktion des MDR aus dem Jahr 2017 haben wir im Stichprobenverfahren
die Dokumentation von Leistungs- und Geschäftsbeziehungen geprüft.
Mit allen Filmschaffenden und Mitgliedern des Filmteams wurden Verträge geschlossen. Wir
haben festgestellt, dass sechs Verträge erst nach Beginn der Vertragslaufzeit unterzeichnet
wurden.
Wir verkennen nicht, dass – sofern kein Schriftformerfordernis normiert ist – Verträge grund-
sätzlich auch mündlich abgeschlossen werden können. Aus Gründen der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit halten wir es jedoch für erforderlich, dass vertragliche Absprachen vor Leis-
tungsbeginn schriftlich niedergelegt werden.
Die Gesellschaft sichert in ihrer Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung zu, die Vertragsunter-
zeichnung künftig stärker im Fokus zu behalten.
Der Landesrechnungshof erwartet, dass künftig Verträge vor dem Beginn der Vertrags-
laufzeit oder dem Leistungsbeginn schriftlich fixiert und unterzeichnet werden.
53 seit 1. September 2020 Rechtsnachfolger der DREFA Media Holding GmbH
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 161
Abschnitt D – Ergebnisbericht
Jahresbericht 2017
Teil 1
Abschnitt A Nr. 3
Mängel und verschenkte Potentiale beim Betrieb der Sport-
internate und Mensen
Wesentlicher Inhalt
Wir hatten im Jahr 2015 den Betrieb der Internate und Mensen
der Sportschulen Halle und Magdeburg durch den Landessport-
bund (LSB) geprüft. Schwerpunkte waren die Vergabe der Leis-
tungen an den LSB, das Vertragscontrolling und die erbrachten
Leistungen. Wesentliche Ergebnisse der Prüfung waren:
− Die Vergabe des Betriebs der Sportinternate und Mensen war
zu stark auf den LSB als bisherigen Betreiber zugeschnitten.
Es fehlten deshalb Vergleichsangebote.
− Beim Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages im Jahr
2014, der bis zum 31. Juli 2019 lief, hatte das Ministerium für
Inneres und Sport nicht die vom LSB bereits kalkulierte sin-
kende Zahl der Internatsschüler berücksichtigt.
− Zur Verwendung der Überschüsse aus dem vorherigen Ge-
schäftsbesorgungsvertrag (Laufzeit 2009 bis 2014) fehlten
Festlegungen. Die vertraglich geregelte Schlussrechnung
fehlte.
− Die Kalkulation für die pauschale Vergütung des LSB hatte
das Ministerium nur unzureichend geprüft.
− Das Ministerium für Inneres und Sport und das Landesverwal-
tungsamt hatten weder konkrete Ziele noch messbare Kenn-
ziffern für die Vertragserfüllung und Berichterstattung des LSB
festgelegt.
− Insbesondere die vertraglichen Verpflichtungen zur sportge-
rechten Ernährung der in den Internaten betreuten Schüler,
zum pädagogischen Gesamtkonzept für die Betreuung der In-
ternatsschüler sowie zur Fortbildung des Personals hat der
LSB nicht oder nur teilweise erfüllt. Konsequenzen für den
LSB hatte dies nicht.
− Der LSB handelte nicht in allen Bereichen des Betriebs der
Internate und Mensen wirtschaftlich (u. a. Fahrdienste,
162 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Einsatz personengebundener Kraftfahrzeuge, Verzicht auf
Einnahmen, Beschaffungen).
Wir hatten dem Ministerium für Inneres und Sport empfohlen, zeit-
nah die Verträge zum Betrieb der Internate und Mensen und alle
damit zusammenhängenden Unterlagen, Kalkulationen und Ver-
fahren zu überprüfen und – sofern möglich – bereits in der laufen-
den Vertragsperiode anzupassen. Weiterhin hielten wir es für
dringend geboten, dass die Ausschreibung für den Zeitraum ab
dem 1. August 2019 angepasst wird. Leistungen und Ziele sind
so zu beschreiben, dass überprüft werden kann, ob der Vertrag
erfüllt wird. Die Vereinbarung eines pauschalen Vertragsentgel-
tes sahen wir wegen der in diesem Fall schwächeren Rechtspo-
sition des Landes bei Mängeln der Vertragsabwicklung und Leis-
tungserfüllung kritisch.
Für die Zukunft hielten wir es für wichtig, dass das Ministerium für
Inneres und Sport und das Landesverwaltungsamt auf die voll-
ständige und inhaltliche Umsetzung des Vertrages achten und auf
die Vorlage vertraglich vereinbarter Unterlagen dringen.
Parlamentarisches
Verfahren
(Beschlussfassung im
Entlastungsverfahren)
Mit der gemeinsamen Stellungnahme der Landesregierung vom
26. März 201854 zum Jahresbericht sowie in den Sitzungen des
Ausschusses für Finanzen/Unterausschuss Rechnungsprüfung
am 26. April und 18. Oktober 2018, 17. April, 5. September und
28. November 2019 war der Jahresbericht ausführlicher Gegen-
stand des parlamentarischen Verfahrens.
Der Ausschuss für Finanzen/Unterausschuss Rechnungsprüfung
hat unseren Beitrag zur Kenntnis genommen und den Empfeh-
lungen zugestimmt. Er begrüßte, dass das Ministerium für Inne-
res und Sport Maßnahmen zur Beseitigung der aufgezeigten
Mängel ergriffen und insbesondere die Geschäftsbesorgungsver-
träge überarbeitet hat. Der Ausschuss erwartet, dass das Minis-
terium für Inneres und Sport für zukünftige Geschäftsbesorgungs-
verträge den Auftragswert anhand konkreter Kalkulationen nach-
vollziehbar ermittelt und bei langjährig angelegten Geschäftsbe-
sorgungs-verträgen rechtzeitig Vertragsanpassungen vornimmt,
54 Vorlage 1 zur LT-Drs. 7/2037
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 163
wenn sich die zugrundeliegenden Verhältnisse ändern. Er bittet
das Ministerium, bei der nächsten Ausschreibung die Leistungen
zur Verpflegung der Sportschüler bevorzugt örtlich getrennt aus-
zuschreiben. Der Landtag beschloss die Entlastung der Landes-
regierung am 17. Dezember 2019 mit den o. g. Maßgaben55.
Weitere Entwicklung Das Ministerium für Inneres und Sport hat zeitnah Maßnahmen
zur Beseitigung der von uns aufgezeigten Mängel ergriffen. Es
hat insbesondere die im Jahr 2019 neu ausgeschriebenen Ge-
schäftsbesorgungsverträge überarbeitet und das Vergabeverfah-
ren in Teilen geändert.
Mit den neuen Verträgen wird die Vergütung nicht mehr pauschal
gezahlt. Die Verträge regeln eine Abrechnung der tatsächlichen
Aufwendungen sowie die Bedingungen für Rückzahlungen und
Zwischenabrechnungen. Es werden Kriterien für die Zielerrei-
chung und Leistungsbringung vorgegeben. Über die Erfüllung
muss regelmäßig berichtet werden. Es sind Regelungen für den
Fall der Schlechtleistung inklusive Vertragsstrafen vorgesehen.
Der Überschuss aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag 2009 von
rund 160.000 € wurde erstattet.
Auch der LSB hat mit dem Vertragsangebot bspw. nunmehr ein
„Konzept zum ganzheitlichen Qualitätsmanagement zum Betrieb
der Sportinternate“ und ein „Pädagogisches Gesamtkonzept der
Sportinternate“ vorgelegt. Für die sportgerechte Ernährung der
Schüler*innen sind zumindest Schritte in die richtige Richtung ge-
macht. Es gelten jetzt die Qualitätsstandards der Deutschen Ge-
sellschaft für Ernährung für Schulessen und die Qualitätskriterien
des Deutschen Olympischen Sportbundes. Musterspeisepläne
werden geprüft. Es erfolgt eine Kennzeichnung nach einem Am-
pelsystem. In Verbindung mit dem gleichfalls geplanten systema-
tischen Beschwerdemanagement und Instrumenten wie der Kü-
chenkommission sowie der geregelten Einbindung der Sport-
schüler*innen und Eltern erscheint die Sicherung einer besseren
sportgerechteren Verpflegung möglich.
Sowohl das Prüfungsverfahren als auch das Verfahren zum Jah-
resbericht sind abgeschlossen.
55 siehe Anlage S. 15 zur LT-Drs. 7/5449
164 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Jahresbericht 2017
Teil 2
Abschnitt III Nr. 1
Mängel bei der Förderung der Suchthilfen
Wesentlicher Inhalt Wir hatten in den Jahren 2015 und 2016 in zwei Prüfungen die
Förderung der Suchthilfen und der Suchtprävention im Land un-
tersucht. Schwerpunkte waren:
− die Verwendung der Landesmittel,
− die Ermittlung des Förderbedarfs,
− die Wahrnehmung der Aufgaben- und Finanzierungsverant-
wortung durch das Land und die Landkreise und kreisfreien
Städte sowie
− Zulassungs- und Mindeststandards für geförderte Drogen- und
Suchtberatungsstellen.
Wesentliche Ergebnisse der Prüfung waren:
− Das Finanzierungssystem der Suchtberatungsstellen, insbe-
sondere über das Finanzausgleichsgesetz und der damit ver-
bundene Verzicht auf die Zweckbindung, war nicht geeignet,
eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Ange-
boten der Suchtberatung zu gewährleisten.
− Das Land hat bei der Förderung der Suchtberatung auf kom-
munale Eigenanteile verzichtet.
− Landesweit einheitliche und verbindliche Mindestqualitätsstan-
dards für die Ausstattung, Tätigkeit und fachliche Besetzung
der Suchtberatungsstellen fehlen.
− Auch die Förderung der Fachstellen für Suchtprävention führte
bis zum Prüfungszeitpunkt noch nicht zu einem Aufbau einer
flächendeckenden und dauerhaft gesicherten Struktur.
− Das Landesverwaltungsamt hatte die Verwendungsnachweise
zur Förderung der Suchtberatungsstellen zu stark vereinfacht.
Deshalb war es diesem nicht möglich festzustellen, ob die Lan-
desmittel zweckentsprechend und wirtschaftlich verwendet
wurden. Erstattungsansprüche des Landes konnte das Lan-
desverwaltungsamt ebenfalls nicht prüfen.
− Die Zuwendungsempfänger hatten die gewährten Landesmit-
tel teilweise unwirtschaftlich und zweckwidrig verwendet.
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 165
− Das Landesverwaltungsamt und auch Landkreise und kreis-
freie Städte hatten Zuwendungsbescheide mit teils erhebli-
chen Mängeln erlassen. So fehlten zwingende Festlegungen
zum genauen Zuwendungszweck sowie zu Art und Umfang
der Finanzierung. Auch aus diesem Grund war es ihnen nicht
möglich festzustellen, ob die Mittel zweckentsprechend ver-
wendet wurden.
− Bei der Förderung der Suchtprävention wurden weder die Aus-
gangslagen analysiert noch eigene Konzepte erstellt oder Wirt-
schaftlichkeitsuntersuchungen oder Evaluationen durchge-
führt.
Für die Suchtberatungsstellen hatten wir im Ergebnis der Prüfung
empfohlen, künftig landeseinheitliche verbindliche Mindestquali-
tätsstandards vorzugeben. Zudem sind die Landkreise und kreis-
freien Städte an deren Finanzierung angemessen zu beteiligen.
Daneben sollten den Landkreisen und kreisfreien Städten aus un-
serer Sicht Verfahrensrichtlinien für die Weiterleitung der Landes-
mittel an die Hand gegeben werden.
Für die Suchtprävention erachteten wir es als notwendig,
ressortübergreifende Ziele zu entwickeln. Für die einzelnen För-
derungen (Landesstelle für Suchtfragen, Fachstellen für Sucht-
prävention, Projekt zur Prävention des pathologischen Glücks-
spiels) sind eindeutige Zielvorgaben zu entwickeln. Ausgehend
von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind die Förderungen re-
gelmäßig zu evaluieren und deren Wirtschaftlichkeit zu überprü-
fen. Neben der weiteren quantitativen ist auch die qualitative Ent-
wicklung und Förderung zu verfolgen.
Weiterhin hielten wir es für dringend geboten, dass die Verwal-
tung eine wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung sicher-
stellt. Außerdem sollten rechtssichere Bescheide erlassen und
eine ordnungsgemäße Verwendungsnachweisprüfung gewähr-
leistet werden.
Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration sowie das
Ministerium für Inneres und Sport haben Maßnahmen zur Besei-
tigung der vom Landesrechnungshof aufgezeigten Mängel
166 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
ergriffen. Das Ministerium für Inneres und Sport hat u. a. die För-
derung der Suchtprävention für den Bereich des pathologischen
Glückspiels umstrukturiert. Zeitnah hat das Ministerium eine För-
derrichtlinie zur Beratung Glücksspielsüchtiger erarbeitet. Zudem
lässt das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration derzeit
das Familien- und Beratungsstellenfördergesetz evaluieren, wo-
rin die Förderung der Suchtberatungsstellen geregelt ist.
Parlamentarisches
Verfahren
(Beschlussfassung im
Entlastungsverfahren)
Mit der Stellungnahme der Landesregierung vom 10. Oktober
201856 zum Jahresbericht sowie in den Sitzungen des Rech-
nungsprüfungsausschusses am 7. März 2019 und 7. September
2020 wurden die Prüfungsfeststellungen im parlamentarischen
Verfahren erörtert.
Der Ausschuss für Finanzen/Unterausschuss Rechnungsprüfung
hat den Beitrag des Landesrechnungshofes zur Kenntnis genom-
men und den Empfehlungen zugestimmt. Der Ausschuss be-
grüßt, dass die Landesregierung bereits teilweise Maßnahmen
zur Beseitigung der von uns festgestellten Mängel ergriffen hat.
Außerdem bittet der Ausschuss das Ministerium für Arbeit, Sozi-
ales und Integration um einen schriftlichen Bericht zu den Ergeb-
nissen der Evaluation des Familien- und Beratungsstellenförder-
gesetzes. Der Ausschuss erwartet, dass das Ministerium für Ar-
beit, Soziales und Integration für die Förderung der Suchtbera-
tungsstellen einen Handlungsleitfaden und mit dem Ministerium
für Inneres und Sport für die Förderung der Suchtprävention ein
gemeinsames Handlungskonzept erarbeitet. Der Landtag be-
schloss die Entlastung der Landesregierung am 17. Dezember
2019 mit den o. g. Maßgaben57.
Weitere Entwicklung Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration hat zwischen-
zeitlich eine Richtlinie zur Förderung der Fachstellen für Sucht-
prävention erarbeitet und uns zur Anhörung übersandt. So soll
der weitere qualitative Ausbau der flächendeckenden Versorgung
der Bevölkerung mit Präventionsangeboten sichergestellt wer-
den. Die Evaluation des Familien- und Beratungsstellenförder-
56 Vorlage 1 zur LT-Drs. 7/3097 57 Siehe Anlage S. 72 zur LT-Drs. 7/5449
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 167
gesetzes ist noch nicht abgeschlossen. Das damit beauftragte
Unternehmen hat Kontakt mit uns aufgenommen und Hinweise
aus unseren Prüfungsergebnissen für die Evaluation erhalten.
Nach Abschluss der Evaluation plant das Ministerium für Arbeit,
Soziales und Integration Handlungsleitfäden für die Suchtbera-
tung zu entwickeln. Zur Prävention gegen Glücksspielsucht ist
eine enge Abstimmung mit dem federführenden Ministerium für
Inneres und Sport geplant.
Sowohl die beiden Prüfungsverfahren als auch das Verfahren
zum Jahresbericht sind abgeschlossen.
Unabhängig davon hat der Finanzausschuss/Unterausschuss
Rechnungsprüfung das Ministerium für Arbeit, Soziales und In-
tegration gebeten, den Evaluationsbericht bis zum 30. August
2021 vorzulegen.
168 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Jahresbericht 2016
Teil 1 B Nr. 2
Versäumter Antrag auf Kostenerstattung und fehlende
landesrechtliche Grundlagen für den Digitalfunk für Be-
hörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
Wesentlicher Inhalt
Wir prüften in den Jahren 2014/2015 die Einführung des
Digitalfunks für Behörden und Organisationen mit Sicher-
heitsaufgaben in Sachsen-Anhalt.
Wir stellten fest, dass das Ministerium für Inneres und Sport
keine Personalkosten für die unmittelbar am Aufbau des
Digitalfunks beteiligten Projektmitarbeiter des Landes gel-
tend gemacht hat. Zusätzlich sind vom Bund auch die Kos-
ten für den laufenden Betrieb und die Kosten für die Autori-
sierte Stelle zu erstatten.
Wir hatten dem Landesgesetzgeber empfohlen, ein eigenes
Digitalfunk-Landesgesetz zu erlassen. Darin sollten zum ei-
nen die Befugnisse der Autorisierten Stelle zur Gewährleis-
tung der Funktionsfähigkeit des Digitalfunknetzes und zum
anderen die Kostenbeteiligung insbesondere der Kommu-
nen an den Betriebskosten des Digitalfunks geregelt wer-
den.
Parlamentarisches Verfahren
(Beschlussfassung im
Entlastungsverfahren)
Der Ausschuss für Finanzen/Unterausschuss Rechnungs-
prüfung des Landtages hat den Beitrag in seinen Sitzungen
am 14. Juni 2017 und am 2. November 2017 beraten. Er
stimmte den Schlussfolgerungen und Empfehlungen des
Landesrechnungshofes zu. (LT-Drs. 7/2590 vom 8. März
2018) Der Landtag machte sich diese in seinem Entlas-
tungsbeschluss zu eigen.
Weitere Entwicklung
Das Ministerium für Inneres und Sport hat 2017 für die
Tätigkeiten der Projektmitarbeiter rd. 0,8 Mio. € und für die
Kosten der Autorisierten Stelle rd. 1,04 Mio. € gegenüber
dem Bund geltend gemacht.
Der Landtag hat am 18. Februar 2020 ein Gesetz über den
Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicher-
heitsaufgaben im Land (DiFuG LSA; GVBl. LSA 2020,
S. 24) erlassen. In diesem sind Regelungen zu organisato-
rischen Zuständigkeiten und Befugnissen sowie zur
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 169
Kostentragungspflicht der beteiligten Behörden und Orga-
nisationen mit Sicherheitsaufgaben enthalten.
Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.
170 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Anlage zum Grundsatzbeitrag 1
Übersicht der geprüften Landesbeteiligungen
1. Brockenhaus GmbH
2. Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH (HKA)
3. IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (IBG)
4. Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (IMG)
5. Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt GmbH (LENA)
6. Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (Landgesellschaft)
mit Landesweingut Kloster Pforta GmbH (Landesweingut)
7. Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt (LTSA)
8. Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH (MDSE)
9. Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA)
10. SALUS gGmbH mit
SALUS-Service GmbH
SALUS-Integra gGmbH und seit 1. Januar 2018 Salus Altmark Holding gGmbH
SALUS-Praxis GmbH
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 171
Hinweis auf weitere Prüfungen des Landesrechnungshofes
Der Jahresbericht enthält Ergebnisse ausgewählter Prüfungen. Dabei handelt es sich auch um
solche Prüfungen, bei denen die Erörterungen mit der Verwaltung noch nicht abgeschlossen
sind.
Eine vollständige Übersicht aller Prüfungsverfahren, die wir abgeschlossen haben, teilen wir
jährlich gemäß § 96 Abs. 4 LHO dem Landtag mit.
Die aktuelle Mitteilung über die im Jahr 2019 abgeschlossenen Prüfungsverfahren enthält die
LT-Drs. 7/6111 vom 2. Juni 2020.
Insgesamt wurden 52 Prüfungen, davon 8 im kommunalen Bereich und 2 Prüfungen der Jah-
resrechnungen der Stiftungen nach § 109 LHO benannt.
Neben einer kurzen inhaltlichen Beschreibung des Prüfungsthemas erfolgt ein Hinweis, wenn
Prüfungsergebnisse in unserem Jahresbericht aufgenommen sind.
172 | Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1
Zuständigkeit des Senates
Die Beschlüsse des Landesrechnungshofes zum Jahresbericht fasst der Senat. Seine Mitglie-
der sind federführend für Prüfungsangelegenheiten wie folgt zuständig:
Präsident Herr Barthel - Grundsatzangelegenheiten des Haushalts-, Kassen- und
Rechnungswesens
- Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
- Schuldenverwaltung des Landes
- Rundfunkangelegenheiten
- Staatskanzlei und Landtag
- Übergreifende Angelegenheiten
- Sonderaufgaben
- Sächliche Verwaltungsausgaben – ohne Fachaufgaben
Abteilungsleiterin 1 Frau Dr. Weiher - Steuerverwaltung
- Arbeit, Gesundheit, Soziales
- Bildung und Kultur
- Wissenschaft und Forschung
- Justiz und Gleichstellung
- Informations- und Kommunikationstechnik
- Sport
Vizepräsident/ Herr Elze - Öffentliches Dienstrecht, Personal
Abteilungsleiter 2 - Bau, Staatlicher Hochbau, Allgemeine Hochbauangele-
genheiten
- Inneres
- Querschnittsprüfungen und übergreifende Organisation-
sprüfungen
Abteilungsleiter 3 Herr Weihrich - Raumordnung und Umwelt
- Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
- Straßenbau
- Wirtschaft, Technologie, Verkehr
- Beteiligungen und Vermögen des Landes
Abteilungsleiter 4 Herr Philipp - Überörtliche Kommunalprüfung (einschl. Personalprü-
fung im Bereich Kommunalverwaltung)
- Wohnungs- und Städtebau
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt – JB 2020, Teil 1 | 173
Redaktionsschluss war am 30. November 2020
Dessau-Roßlau im Dezember 2020
Barthel
Präsident