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Mecklenburg-Vorpommern LandtagsNachrichten Jahrgang 18 5 / 2008 Aktuell Politische Bildung stärken Volksinitiative Kostenloses Mittagessen in Grundschulen Pro & Kontra Kopfnoten auf dem Zeugnis? Dialog Landtag vor Ort Tag des offenen Schlosses Verantwortung Jugendprojekt Ravensbrück Kooperation Schlösser Schwerin und Chambord

LandtagsNachrichten - Landtag of Mecklenburg-Vorpommern · auf dem Zeugnis? Dialog Landtag vor Ort Tag des offenen Schlosses Verantwortung Jugendprojekt Ravensbrück Kooperation Schlösser

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Jahrgang 185 / 2008

AktuellPolitische Bildung stärken

Volksinitiative KostenlosesMittagessenin Grundschulen

Pro & Kontra Kopfnoten auf dem Zeugnis?

DialogLandtag vor OrtTag des offenenSchlosses

VerantwortungJugendprojektRavensbrück

KooperationSchlösser Schwerin und Chambord

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G A S T K O L U M N E

Selten sah man die demokratischenFraktionen im Land inhaltlich so nahe bei-einander wie in der Aktuellen Stunde zurpolitischen Bildung am 4. Juni. Gemeinsa-mer Tenor: Das Schiff ist auf Kurs ge-bracht, es möge Fahrt aufnehmen. Gele-gentliche Kritik in der Debatte blieb wohl-wollend. Das war nicht immer so. Politische Bildungim Land befand sich jahrelang in schwie-rigem Fahrwasser. Ein gemeinsamer Kursder staatlichen Stellen war schon alleindurch den strukturellen Wirrwarr nahezuunmöglich. Die Landeszentrale für politi-sche Bildung war der Staatskanzlei zuge-ordnet. Die Behöre des Landesbeauftrag-ten für die Stasi-Unterlagen war Teil desJustizministeriums. Und Schulen, Hoch-schulen, Museen und Gedenkstätten un-terstanden naturgemäß dem Bildungsmi-nisterium. Auch wenn sich die Steuer-männer auf den unterschiedlichen Kom-mandobrücken redlich um ein Vorwärts-kommen bemühten – meistens war es einNebeneinander, manchmal ein Gegenei-nander, selten ein Miteinander. Hinzu kam, dass politische Bildung aufder Prioritätenliste der Parteien nie obenstand. Weit verbreitet war und ist die vonAltkanzler Helmut Kohl nach der Wieder-vereinigung propagierte Auffassung: Mit„blühenden Landschaften“ werde manden Feinden der Demokratie im Ostenschon den Nährboden entziehen. Wohl-stand ist immer noch der beste Garant füreine demokratische Grundordnung. ImWesten hatte es in den fünfziger Jahrendoch auch geklappt. Der Schiffbruch kam im September 2006,als die rechtsextreme NPD mit mehr alssieben Prozent der Wählerstimmen in denSchweriner Landtag einzog. Der Mangelan politischer Bildung – besonders in länd-lichen Bereichen – wurde von den demo-kratischen Parteien schnell als einer derGründe für die Katastrophe angesehen.Zu Recht. Insbesondere die Regierungsparteien SPDund CDU können sich zugute halten, re-lativ schnell und konsequent die landesei-genen Institutionen der politischen Bil-dung personell, strukturell und inhaltlichverändert zu haben. Die Landeszentraleund der Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen arbeiten inzwischen gemein-sam unter dem Dach des Bildungsministe-

riums mit den entsprechenden Fachabtei-lungen des Hauses zusammen. Als Dienst-leister für Multiplikatoren ist die Landes-zentrale in das Gesamtkonzept der politi-schen Bildung eingebunden und wird voneinem Kuratorium von Persönlichkeitenaus Wissenschaft und Politik beraten. Dasist ein Neubeginn, der bereits bundesweitBeachtung fand. Doch wie weiter? Zur Baustelle wird in naher Zukunft dieBehörde des Landesbeauftragten für dieStasi-Unterlagen, und Handlungsbedarfhat der aus dem Amt scheidende JörnMothes bereits selbst angemeldet. Schondie 1993 eingeführte Dienstbezeichnungist irreführend. Denn weil es keine Stasi-Akten in Länderhoheit gibt – die Archivewerden allein von der Birthler-Behördeund ihren 15 Außenstellen in den ehema-ligen DDR-Bezirken verwaltet –, brauchtdas Land auch keinen Beauftragten fürdiese Unterlagen. Nicht die Aktenverwal-tung, sondern die psychosoziale Betreu-ung und Beratung von SED-Opfern sowiepolitische Aufklärung gehören seit Jahrenzu den Aufgaben des Landesbeauftrag-ten. Allerdings wird der Kreis der zu Be-treuenden naturgemäß durch Alterungund Tod immer kleiner. Ein anderes Pro-blem ist die inhaltliche Ausrichtung derBehörde. Die eindimensionale Fokussie-rung auf die Stasi wird einer ganzheitli-chen Bewertung der SED-Herrschaftschon lange nicht mehr gerecht. Die Be-hörde deshalb abzuschaffen, wäre abereine falsche Antwort auf die Frage, wiesich das Land künftig eine Auseinander-setzung mit der DDR-Vergangenheit vor-stellt. Der Vorschlag, die Aufgaben desLandesbeauftragten der Stasi-Unterlagenauf die eines Beauftragten für die Folgender DDR-Diktatur und sogar der Nazi-Dik-tatur auszudehnen, ist deshalb überle-genswert. Für das auf Fahrt gegangeneSchiff „Politische Bildung“ könnte einrunderneuerter Landesbeauftragter durch-aus weiter ein Impulsgeber und Motor sein.

Thomas Volgmann

2 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

Seite 3 Spezial6. Konferenz des Parlamentsforums„Südliche Ostsee“

Seiten 4 – 5Aus dem PlenumAktuelle Stunde:Politische Bildung stärken

Seiten 6 – 10Weitere Themen:Der Klimawandel und M-VAgrarpolitik – Health-Check der EU HochschulautonomieVolksinitiative „Kostenfreies Mittagessen inGrundschulen“Kita-Betreuung

Seite 11Pro & Kontra:Kopfnoten auf dem Schulzeugnis?

Seite 12Aus den AusschüssenInnenausschuss:Anhörung zum Luft-Boden-Schießplatz Kyritz-Ruppiner Heide(Bombodrom)

Seite 13 - 18PanoramaTag des offenen SchlossesLandtag vor OrtJugendprojekt in der Mahn- und GedenkstätteRavensbrück

Seite 19SchlossgeschichtenKooperation mit Chambord

Titelbild (Cornelius Kettler)Der Kreuzkanal im SchwerinerSchlossgarten

ImpressumHerausgeber: Landtag Mecklenburg-Vorpommern- Öffentlichkeitsarbeit - Schloss, Lennéstraße 1, 19053 SchwerinFon: 0385 / 525-2183, Fax 525 - 2151E-Mail: [email protected]: www.landtag-mv.de

Redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit, Claudia RichterLayout: Uwe Sinnecker, www.uwe-sinnecker.deDruck: cw Obotritendruck.deGedruckt auf Recyclingpapier

Zugunsten des Leseflusses und aus Platzgrün-den haben wir bei der Bezeichnung von Men-schengruppen manchmal nur die männlicheForm verwendet. In solchen Fällen ist die weib-liche Form mitgedacht.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge gebennicht in jedem Fall die Meinung des Heraus-gebers wieder. Alle Abbildungen sind urheber-rechtlich geschützt. Nachdruck nur mitschriftlicher Genehmigung des Herausgebers.

Die LandtagsNachrichten können kostenlos bezogen werden. Bestellungen sind an denHerausgeber zu richten.

Thomas Volgmann (*1960 in Nepzin bei Greifswald)studierte Geschichte und ist seit 1990 Redakteur beider Schweriner Volkszeitung im Ressort Landes-politik.

Auf neuemKurs

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S P E Z I A L

3LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2008

Unter dem Leitthema „Forschung als Inte-grationsfaktor und Chance der Wirt-schaftsentwicklung in der Südlichen Ost-see“ berieten über 150 Teilnehmer ausden Landtagen Schleswig-Holstein undMecklenburg-Vorpommern sowie denSejmiks der Woiwodschaften Westpom-mern und Pommern mit Vertretern ausPolitik, Wissenschaft und Wirtschaft übergemeinsame Belange und Fragen aus denThemenkomplexen Energiepolitik, inte-grierte maritime Politik und Vernetzungvon Wirtschaft, Wissenschaft und Regio-nalpolitik bei der Forschung. Erstmals wa-ren Vertreter aus Ermland-Masuren undaus der Kaliningrader Gebietsduma alsgleichberechtigte Partner sowie Mitglie-der der Vertretungskörperschaft derschwedischen Region Schonen bei derKonferenz dabei.

Für die Teilnehmer des Parlamentsforumssteht fest, dass die Zusammenarbeit inden Bereichen der Energie und der inte-grierten europäischen Meerespolitik einwichtiges gemeinsames Anliegen ist. Siefordern konkrete Maßnahmen, um denAnteil erneuerbarer Energien am Gesamt-energieverbrauch der EU bis 2020 signifi-kant zu erhöhen. Dazu gehöre, einen Kli-ma schonenden Energiemix anzustreben,der für die Bürger eine kostengünstige,langfristig sichere Energieversorgung ge-währleistet. Die beteiligten Regionen wol-len zudem bestehende Forschungsein-richtungen in der Region mit demSchwerpunkt erneuerbarer Energien stär-ker vernetzen und streben die Einrichtungeines gemeinsamen Forschungszentrumsfür erneuerbare Energien an. Damit kön-ne ein grenzüberschreitendes Kooperati-onsnetzwerk zur verstärkten Anwendung

regenerativer Energien initiiert werden.Das Parlamentsforum begrüßte den Akti-onsplan der EU-Kommission zur Umset-zung der europäischen integrierten Mee-respolitik. Erneut wurde die Notwendigkeitbetont, die Ostseeregion bis zum Jahr2015 zu einer europäischen Modellregionfür die integrierte maritime Politik zu ent-wickeln und dazu eine Task Force Meeres-politik durch den Ostseerat einzurichten.

An der Konferenz nahmen auch Jugend-vertreter aller beteiligten Regionen teil.Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneiderbezeichnete dies als „ein unverzichtbaresElement des Parlamentsforums SüdlicheOstsee“ und lobte das Engagement, mitdem das von der EU-Kommission geför-derte Projekt „Jugend in Aktion“ durchge-führt werde. „Besonders am Herzen liegtmir die aktive Beteiligung der Jugendli-chen, der konstruktive Dialog mit ihnenund ihre politische und soziale Teilhabe anunseren Zusammenkünften“, so die Präsi-dentin. Deshalb werde die Beteiligung derJugendlichen an Entscheidungsprozessenauch im kommenden Jahr intensiv unter-stützt werden.

Das 7. Parlamentsforum Südliche Ostseewird vom 5. bis 7. Juli 2009 durch denLandtag Mecklenburg-Vorpommern inSchwerin ausgerichtet.

Die Schlussresolution der 6. Konferenz fin-den Sie auf der Website des Landtages:www.Landtag-mv.de (Zusammenarbeit/Südliches Ostseeforum).

Zusammenarbeit im südlichen OstseeraumParlamentsforum tagte in Kolberg

Direkt an der westpommerschen Ostseeküste, in Kol/obrzeg, fand auf Einla-dung des Sejmik Westpommern vom 18. bis 20. Mai das 6. ParlamentsforumSüdliche Ostsee statt. Der Delegation des Landtages unter der Leitung der Prä-sidentin Sylvia Bretschneider gehörten die erste Vizepräsidentin RenateHolznagel, der zweite Vizepräsident Andreas Bluhm, die Abgeordneten DetlefMüller (SPD), Werner Kuhn (CDU), Barbara Borchardt und Birgit Schwebs(beide DIE LINKE) an.

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v.l. Konstantin Poliakov (Stellvertretender Vorsitzender der Kaliningrader Gebietsduma), Julian Osiecki(Vorsitzender des Sejmik der Woiwodschaft Ermland-Masuren), Grzegorz Grzelak (Abgeordneter des Sejmikder Woiwodschaft Pommern), Zygmunt Dziewguç (Vizevorsitzender des Sejmik der WoiwodschaftWestpommern), Sylvia Bretschneider (Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern) undIngrid Franzen (Vizepräsidentin des Landtages Schleswig-Holstein).

Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider mit denJugenddelegierten aus Mecklenburg-Vorpommern:v.l. Fabian Krüger, Christoph Haedke, SylviaBretschneider, Fennecke Strothmann, Sarah Struck,Karin Baresel vom Landesjugendring M-V.

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4 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

Betrachtung habe mit politischer Bildungnichts zu tun. „Es wäre vielmehr eine po-litische Missbildung“, so der Linkspoliti-ker. Zu einer ganzheitlichen Forschungund Aufklärung gehöre auch, die Ereig-nisse und Entwicklungen in den altenBundesländern – den Umgang mit derNS-Geschichte, die Entstehung desGrundgesetzes, das DKP-Verbot oderauch die 68er-Bewegung – nicht außerAcht zu lassen.

SPD-Fraktionschef Volker Schlotmannschlug vor, die demokratischen Parteiensollten – wie die demokratischen Fraktio-nen im Landtag beim Kampf gegenRechts – bei der politischen Bildung engerzusammenarbeiten. So könnten ihrekommunalpolitischen Vereinigungen undParteistiftungen kooperieren im Kampfgegen den Rechtsextremismus, „die wirk-lich ernsteste Bedrohung unserer Demo-kratie“. Wichtig ist es Schlotmann zufol-ge, ernsthaft darüber nachzudenken,„wie wir die politische Bildung und die In-halte, die damit verbunden sind, wiederzu den Menschen vor Ort bekommen“. Eskönnten etwa „Kurzveranstaltungen amAbend“ organisiert werden, die auch fürWerktätige interessant und erreichbarsind. Dabei dürfe man sich auch nichtscheuen, brisante Themen aufzugreifenund zu diskutieren. Schlotmann lobte den

Mit politischer Bildung Demokratie stärken

Aktuelle Stunde: Nur informierter Bürger kann Verantwortung tragen

Die Bedeutung der politischen Bildung für die Demokratie stand im Mittel-punkt der Aktuellen Stunde am 4. Juni. Die Bürger müssten sich ausreichendinformieren können, um Verantwortung zu übernehmen, hieß es in der Debat-te. Die demokratischen Parteien wollen bei der politischen Bildung enger zu-sammenarbeiten. Das Thema „Politische Bildung stärken“ wurde auf Antragder CDU-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt.

CDU-Fraktionschef Dr. Armin Jägerunterstrich die Bedeutung der politischenBildung für die Demokratie. „Verantwor-tung tragen kann nur der Bürger, dem wirdie Möglichkeit geben, sich hinreichendzu informieren“, sagte er. Unter Anspie-lung auf die Volksinitiative gegen das ge-plante Steinkohlekraftwerk in Lubminsagte er, wenn Fachleute öffentlich äußer-ten, über einen solchen Weg könne einGenehmigungsverfahren außer Kraft ge-setzt werden, sei dies „Volksverdum-mung“. Und genau dem müsse politischeBildung entgegenwirken, sonst entstehenicht Wahlbegeisterung, sondern Politik-verdrossenheit. Mut mache laut Jäger diehohe Beteiligung von Bürgern an direktenEntscheidungen. Politische Bildung müsseaber auch vermitteln, „dass die Zusam-mensetzung von Parlamenten und vonkommunalen Vertretungen genauso ent-scheidend ist wie die Direktabstimmungüber einzelne Punkte“. Erleichterungenbei der Briefwahl können sich nach Mei-nung Jägers positiv auf die Wahlbeteili-gung auswirken. Eine weitere Aufgabe

der politischen Bildung sieht Jäger in derAuseinandersetzung mit „dem, was ge-wesen ist“. Er verwies auf die „erschre-ckenden Ergebnisse einer Studie zumDDR-Bild von Schülern“. Hier besteheAufarbeitungsbedarf.

Alle demokratischen Fraktionen imLandtag seien sich einig, dass politischeBildung gestärkt werden müsse, sagteLinksfraktionschef Prof. Dr. WolfgangMethling. Das Ringen um Demokratieund Toleranz sieht er als eine ressort- undparteiübergreifende gemeinsame Aufga-be aller Demokraten. Politische Bildungstärken bedeute auch, so Methling, dieBürger bei der Wahrnehmung ihrer de-mokratischen Rechte zu unterstützen.„Dazu gehört in besonderer Weise dieWahrnehmung des Wahlrechtes“, beton-te er. Eine Briefwahl könne da mithelfen,sei aber „kein Wundermittel gegen Wahl-verweigerung“. Bei der Aufarbeitung derdeutschen Diktaturen warnte Methlingvor einer Gleichsetzung der DDR mit derNS-Diktatur. Eine derart undifferenzierte

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Dr. Armin Jäger (CDU) Prof. Dr. Wolfgang Methling (DIE LINKE) Volker Schlotmann (SPD)

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5LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2008

Bildungsbus „Demokratie auf Achse“ als„grundsätzlichen Fortschritt“, kritisiertejedoch dessen Beschriftung. Sie bestehe„fast nur aus rückwärtsgewandten The-men und befasst sich ausschließlich mitder DDR“. Aber auch Themen wie dieGlobalisierung und eine kritische Aufar-beitung der Geschichte der Bundesrepu-blik gehörten zur politischen Bildung.

Bildungsminister Henry Tesch vertei-digte die Neuordnung der politischen Bil-dung. Das Projekt des Bildungsbusses sei„auf Nachhaltigkeit angelegt“. Die Reso-nanz von Schulen und Kommunen aufdieses Angebot sei außerordentlich gut.Die Landeszentrale für politische Bildungwerde im Oktober erstmals einen Kon-gress im Land durchführen, der die Ver-netzung und den Austausch über neueAnsätze in der politischen Bildung fördernsoll. „Alle Demokraten sollten sich zu-gleich als politische Bildner verstehen“,forderte der Minister. Politische Bildungsei eine Daueraufgabe. Sie dürfe sich zu-dem nicht nur an Multiplikatoren wen-den. „Viele Bürger haben ein immensesBedürfnis nach Information und Gesprä-chen“, betonte der Minister. „Ein moder-nes Mecklenburg-Vorpommern brauchtweltoffene, aktive Bürgerinnen und Bür-ger, die sich für ihr Gemeinwesen enga-gieren“, sagte er.

Der FDP-Abgeordnete Hans Kreherwarnte vor jeder Art von Extremismus imLand, egal ob religiös, von rechts oder vonlinks. „Sogar liberales Denken ist schon inAnarchie umgeschlagen“, sagte er. DieAktion „Demokratie auf Achse“ sei einSchritt in die richtige Richtung. SeinerMeinung nach sei jedoch die personelleAusstattung der Landeszentrale für poli-tische Bildung nicht ausreichend. Auchmüsse das Ministerium die Ziele der Lan-deszentrale klarer formulieren. Insgesamtmüsse die Qualität der politischen Bildungsteigen. Es müssten auch die Menschenerreicht werden, die sich bislang nicht fürdie Demokratie engagierten. „Wir müs-sen hier ganz andere Methoden und einganz anderes Herangehen entwickeln“,so Kreher. Von den Landespolitikern for-derte er eine selbstkritische Auseinander-setzung mit dem eigenen Agieren. Da-durch, dass „wir manchmal politischeThemen aufgreifen, die eigentlich in denBundestag gehören“, würde bei den Bür-gern ein falsches Verständnis entwickeltund der Eindruck entstehen, das könneder Landtag regeln.

Raimund Borrmann (NPD) warf dendemokratischen Parteien vor, bei der po-litischen Bildung reaktionär zu sein. „IhrZiel ist doch nichts anderes als dressierteAffen“, meinte er. „Sie setzen Regeln undNormen, an die man sich zu halten hat.Damit wollen Sie schon im Kindergartenanfangen. Diese Regeln und Normen tar-nen Sie unter solchen Begriffen wie ‚De-mokratie’ oder ‚freiheitlich-demokrati-sche Grundordnung’.“ Politische Bildungbedeute in diesem Sinne nur, den Schü-lern „Ihr Geschichtsbild, Ihr Politikbildund Ihr Wirtschaftsbild aufs Auge zu drü-

cken“, sagte er in Richtung der vier ande-ren Fraktionen. „Und dann sagen Sie:Entweder du machst mit in diesem Sys-tem oder du landest als Ausgestoßenerbei Hartz IV!“ Die NPD dagegen gebe 17-Jährigen keine Urteile vor, sondern lassesie frei entscheiden.

Politische Bildung sei in der deutschenGeschichte viel zu oft zur Herrschaftslegi-timation missbraucht worden, sagte IlkaLochner-Borst (CDU). „Lernende wur-den manipuliert und auf bestimmte Sicht-weisen festgelegt“, betonte sie. „Und dasist es, was zum Beispiel die NPD auch heu-te noch will – und zwar autoritäre natio-nalsozialistische Gesinnungserziehungstatt Meinungs- und Handlungsvielfalt.“Politische Bildung sei jedoch keine Feuer-wehr und kein Wundermittel, „denn siesetzt mit ihren Mitteln und Möglichkeitenauf mittel- und langfristige Lern- und Ver-änderungsprozesse“, betonte die Redne-rin. Dafür seien eben auch mittel- undlangfristige Strategien nötig.

Bildungsminister Henry Tesch

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Raimund Borrmann (NPD)Hans Kreher (FDP)

Ilka Lochner-Borst (CDU)

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6 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

Chancen und Risiken Landtag debattiert Studie zumKlimaschutz

Der Klimawandel birgt Chancenund Risiken für Mecklenburg-Vor-pommern. Das geht aus einer Studiehervor, die der Landtag vor rund ei-nem Jahr in Auftrag gegeben hatteund die nun auf der Parlamentssit-zung am 4. Juni diskutiert wurde.

„Mecklenburg-Vorpommern ist vom Kli-mawandel betroffen, aber eine Anpas-sung an den Klimawandel ist möglich“,sagte Umweltminister Dr. Till Backhaus,der stellvertretend die Rede von Wirt-schaftsminister Jürgen Seidel verlas.„Die Änderung des Klimas ist ein langfris-tiger Prozess, auf den wir uns einstellenkönnen und müssen“, hob er hervor. Diefrühzeitige Auseinandersetzung mit den

möglichen Folgen des Klimawandels wer-de dazu führen, dass Mecklenburg-Vor-pommern die Chancen effektiv nutzenund den Risiken rechtzeitig vorbeugenwerde. Im Mittelpunkt der Untersuchun-gen hat den Angaben nach die Tempera-tur- und Niederschlagsentwicklung imLand gestanden. „Die Experten gehen da-von aus, dass es bis zum Ende des Jahr-hunderts stetig wärmer wird, gerechnetwird je nach Region mit einem Anstiegder Jahresmitteltemperatur um 1,8 bis3 Grad“, sagte Backhaus. Durch den Ein-fluss der Ostsee würden die Temperaturenin den Küstenregionen weiterhin modera-ter sein als im Binnenland. Zugleich wür-den die Niederschläge im Sommer ab-und im Winter zunehmen. Dies könne be-deuten, dass mehr Urlauber in den Nord-osten kämen oder mehr geerntet würde.Eine „monetäre Bewertung“ sei im Rah-men der Untersuchung noch nicht erfolgt.Die vorliegenden bundesweiten Informa-tionen bestätigen dem Minister zufolge,dass auch Mecklenburg-Vorpommern fi-nanziell betroffen sein kann. Nach Auffassung von Dr. GottfriedTimm (SPD) ist der Bericht hilfreich. Er be-schreibe die Veränderungen, die durchden globalen Klimawandel erwartet wer-den. So werde das gesamte Land, vor al-lem aber Vorpommern, deutschlandweitmit am stärksten von sommerlicher Tro-ckenheit betroffen sein. Dies wird seinerMeinung nach gravierende Auswirkun-gen auf die Landwirtschaft, auf die Trink-wasserversorgung und auf die Befahrbar-keit einiger Wasserstraßen haben. Der An-stieg des Meereswasserspiegels müssebeim Küstenschutz beachtet werden. DieLandesregierung werde nun ein Hand-lungskonzept erarbeiten müssen. Es seinotwendig, den Bericht regelmäßig zu ak-tualisieren. Prof. Dr. Wolfgang Methling, Vorsit-zender der Fraktion DIE LINKE, hält dieSchlussfolgerungen der sechs Arbeits-gruppen für Politik, Wirtschaft und Kom-munen für folgerichtig, „jedoch von un-terschiedlicher Tiefe und Qualität“. Siewürden teilweise schon lange in der Poli-tik bekannt sein, jedoch im praktischenLeben oft nicht eingehalten. Der größteMangel dieser Studie liegt seiner Über-zeugung nach jedoch darin, dass sie kei-ne Empfehlungen zu konsequentem Han-deln gegen Klimawandel und für Klima-schutz enthalte.

Wolfgang Waldmüller (CDU) forderteeine sachgerechte Debatte. Die Studie istseinen Worten nach „wissenschaftlichfundiert“. Nun müsse eine finanzielle Be-wertung vorgenommen und gehandeltwerden. Der Bericht zum Klimawandel seiein erster Baustein. Deutschland insge-samt sieht er auf einem guten Weg. In dem Bericht sieht Sigrun Reese (FDP)zwar erste positive Ansätze. Ihr fehlt abereine Diskussion über die tatsächlichen Ur-sachen. Es seien stattdessen zu viele Hy-pothesen angesammelt. „Die Ist-Analysekommt hier zu kurz.“ Der nächste Berichtmüsse konkreter werden.Nach Ansicht von Raimund Borrmann(NPD) zählt der Bericht nicht alle mögli-chen Szenarien für einen Klimawandelauf. Er enthalte viele Details, zeige aber ei-ne rosarote Perspektive. Sie sei froh, dass der Klimabericht der Lan-desregierung endlich vorliege, betonteBirgit Schwebs (DIE LINKE). „Aber zu-frieden mit dem Vorgelegten bin ichnicht.“ Die Fakten seien vielfach schonbekannt. „Eigentlich müssten jetzt Tatenfolgen“, sagte die Parlamentarierin undwarf der Regierung Untätigkeit beim Kli-maschutz vor. Mecklenburg-Vorpom-mern sei noch meilenweit von einemwirksamen Klimaschutz, der alle Politikbe-reiche umfasst, entfernt. Weitere Studienseien notwendig. Zudem kritisierte sieheftig den geplanten Bau des Steinkohle-kraftwerks in Lubmin, das den Kohlendi-oxid-Ausstoß des Landes auf 30 Jahremassiv erhöhen werde.

An der etwa 40 Seiten starken Studie ha-ben mehr als 50 Wissenschaftler und Ex-perten als Autoren mitgewirkt. Beteiligtwaren unter anderem die UniversitätenRostock und Greifswald, das Landesamtfür Umwelt, Naturschutz und Geologie inGüstrow und das Leibniz- Institut für Ost-seeforschung Warnemünde.

STUDIE ZUM KLIMASCHUTZ

Die Studie finden Sie auf der Website des Landtages unter:

www.landtag-mv.de/dokumentenarchiv/drucksachen/5_Wahlperiode/ D05-1000/Drs05-1465.pdf

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Profitiert der Tourismus in Mecklenburg-Vorpom-mern vom Klimawandel?

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A U S D E M P L E N U M / B E R I C H T E

7LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2008

Agrarpolitikder EU in der KritikParlamentarier sprechen sich gegengeplante Kürzungen aus

Die Gesundheitsprüfung der EU-Kommission zur gemeinsamen Agrar-politik und deren Auswirkungen aufdie hiesige Landwirtschaft standenim Mittelpunkt einer Debatte am4. Juni im Landtag, die von den Regie-rungsfraktionen beantragt wurde. Ei-nige der Vorschläge der EU zum so ge-nannten Health Check lassen massiveVerschlechterungen für die Landwirt-schaft in Mecklenburg-Vorpommernbefürchten, hieß es in dem SPD/CDU-Antrag.

Als die Kommission für 2008 eine „Ge-sundheitsprüfung der GemeinsamenAgrarpolitik“ ankündigte, sollte es eigent-lich nur um technische Korrekturen ge-hen, sagte Angelika Peters (SPD). DieGrundsätze der Agrarreform von 2003sollten zehn Jahre lang gelten. Doch jetztseien nach Betriebsgrößen gestaffelteKürzungen der Direktzahlungen fürAgrarbetriebe vorgeschlagen worden.Dies sei nicht akzeptabel. Damit würdenGroßbetriebe vor allem in Mecklenburg-Vorpommern benachteiligt. „Der HealthCheck darf nicht die Grundlage für eineRichtungsänderung der EU-Agrarpolitikwerden“, sagte die Abgeordnete und for-derte Stabilität bis 2013. „Mecklenburg-Vorpommern ist die Regi-on in Europa, die am stärksten von derKürzung der Direktzahlungen betroffenist“, sagte Landwirtschaftsminister Dr. TillBackhaus. „Unsere Betriebe würden2012 mehr als 43 Millionen Euro verlie-ren“, erklärte der Minister. Die Kommis-sion schlägt laut Backhaus vor, Zahlungs-empfängern mit mehr als 5.000 Euro proJahr ab 2009 die Beihilfen um 7 Prozentzu kürzen, 2010 um 9, 2011 um 11 und2013 schließlich um 13 Prozent. Die zu-sätzliche so genannte progressive Modu-lation sehe vor, bei Direktzahlungen von100.000 bis 200.000 Euro pro Jahr umweitere 3 Prozent, bei 200.000 bis

300.000 Euro um 6 Prozent und bei mehrals 300.000 Euro um 9 Prozent zu kürzen.Den großen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern würden schon 2009 rund18,7 Millionen Euro verloren gehen, 2013seien es rund 43,5 Millionen. Die Mittelsollen in den ländlichen Raum fließen,aber es fehle das Geld zur Kofinanzie-rung. „Das Geld ist im Landeshaushaltnicht eingeplant“, sagte Backhaus. EineUmverteilung der Mittel nach Süd- oderWestdeutschland wäre somit vorpro-grammiert. In Mecklenburg-Vorpommernwären dem Minister zufolge „gerade dieBetriebe massiv getroffen, die viele Tierehalten und die viele Arbeitskräfte beschäf-tigen“. In jenen Punkten aber, wo der„Health Check“ auf mehr Wettbewerbs-gleichheit und auf größere Marktorientie-rung ausgerichtet sei, finde er seine Zu-stimmung, betonte Dr. Backhaus. Insbe-sondere in der Frage der Modulation er-warte er aber, dass die Bundesregierungbei einem klaren „Nein“ bleibt. „Die Dis-kussionen gehen jetzt auf europäischerund nationaler Ebene erst richtig los“,sagte der Minister.Prof. Dr. Fritz Tack (DIE LINKE) stellte ei-ne große Übereinstimmung aller demo-kratischen Fraktionen in dieser Frage fest.Die geplanten Kürzungen würden insbe-sondere den Kern der ländlichen Räumetreffen. Denn die großen landwirtschaftli-chen Betriebe seien oft die einzigen Ar-beitgeber im Dorf und so auch „Stützedes dörflichen Zusammenlebens“. Setzesich die EU-Kommission mit ihren Vor-schlägen durch, schade das der Entwick-lung des ländlichen Raumes – den die EU-Kommission mit den Neuerungen eigent-lich stärken wollte. „Mit den gekürztenEinkommen der Bauern will man Klima-schutz, Wassermanagement und erneuer-bare Energien fördern“, erklärte er. Aberdiese Mittel dürften nicht durch „Sägenan dem Ast, auf dem man sitzt“ zusam-mengebracht werden.Dr. Henning von Storch sprach sich imNamen der CDU-Fraktion ebenfalls gegendie geplanten Kürzungen aus. Er befürch-tet zudem, dass Mittel in ländliche Berei-che der neuen EU-Mitgliedsstaaten um-geleitet werden, die erheblich weiter zu-rück sind. So könnte seiner Meinung nachdas Beihilfevolumen für Deutschland sin-ken. „Die Rahmenbedingungen der EU,wie sie 2003 bis zum Jahr 2013 festgelegtworden sind, dürfen nicht in der laufen-den Förderperiode verändert werden“,

forderte er. Es müsse bei der Höhe der bis-herigen Beihilfen bleiben und es dürfe kei-ne Abstufung nach der Größe der Betrie-be geben. Auch die Liberalen betrachteten das EU-Vorhaben mit Sorge, sagte Sigrun Reese(FDP). Von den Kürzungen wären rund 90Prozent der ostdeutschen Landwirt-schaftsbetriebe betroffen. Die nötigenMittel zur Kofinanzierung könnten vieler-orts gar nicht bereitgestellt werden. „Wirtragen die Kürzungen nicht mit“, sagtedie Parlamentarierin. Raimund Borrmann (NPD) findet, „dieEU-Agrarpolitik macht krank“. Die Lan-desregierung schaue ohnmächtig zu. Aufdie „wankelmütige EU“ sei kein Verlass.Den Großbetrieben schlug er vor, so vieleTöchter und Enkel zu gründen, dass sietrotzdem gefördert werden.

HEALTH CHECK

Die Europäische Kommission hat im No-vember 2007 ihren Entwurf für eine Ver-einfachung und weitere Modernisierungder Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ver-öffentlicht. Der so genannte „Gesund-heits-Check“ der GAP soll die Umsetzungder tief greifenden Agrarreform aus demJahr 2003 verbessern und zu weiteren Ver-einfachungen führen. Beim Gesundheit-scheck soll es um folgende drei Fragen ge-hen:Wie lässt sich die Betriebsprämienregelungwirksamer, effizienter und einfacher ge-stalten? Wie können die ursprünglich füreine Gemeinschaft von sechs Mitgliedstaa-ten konzipierten Marktstützungsinstru-mente so umgestaltet werden, dass sieauch in einer zunehmend globalisiertenWelt und einer Union mit 27 Mitgliedstaa-ten noch sinnvoll sind? Und wie könnendie neuen Herausforderungen wie Klima-veränderung, zunehmende Bedeutung derBiokraftstoffe und Wasserbewirtschaftunggemeistert werden?

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Von den geplanten Kürzungen der EU-Direktzah-lungen wären vor allem die großen Agrarbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern betroffen.

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A U S D E M P L E N U M / B E R I C H T E

8 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

Mehr Freiheiten für HochschulenVorstoß der FDP abgelehnt

Die oppositionelle FDP hat am 4. Ju-ni im Landtag keine Mehrheit für ih-ren Vorschlag gefunden, die Hoch-schulautonomie erheblich auszubau-en. In ihrem Antrag hatten die Libera-len gefordert, im Rahmen eines Mo-dellversuchs der Hochschule Wismarweit reichende Freiheiten einzuräu-men.

Dazu sollte nach Angaben des FDP-Bil-dungsexperten Hans Kreher auch dieEntscheidung über die Erhebung von Ge-bühren gehören. Zudem sollen Finanz-,Bau- und Personalfragen allein von derHochschulleitung entschieden werden.Die Hochschule Wismar ist nach Ansichtdes liberalen Politikers ein „idealer Kandi-dat“ für einen solchen Modellversuch.Bildungsminister Henry Tesch verwiesdarauf, dass die Landesregierung in den

zurückliegenden Jahren die Entschei-dungsspielräume der Hochschulen bereitsdeutlich ausgedehnt habe und auf die-sem Weg auch weitergehen wolle. Eineeinseitige Bevorzugung werde es dabeiaber nicht geben. „Unser Ziel ist es, dieBedingungen für alle zu verbessern, da-mit sie sich flexibel aufstellen und eigeneStrategien entwickeln können“, sagte derMinister. Die Landesregierung werde allesechs Hochschulen im Blick behalten. Erkündigte für die nächsten Wochen eineGesetzesnovelle an. Die Hochschulen bräuchten zwar Freiräu-me, sagte Mathias Brodkorb, hoch-schulpolitischer Sprecher der SPD. Aberdie Rolle des Staates müsse dennoch an-gemessen sein. „Solange Hochschulenöffentlich finanziert werden, muss es einevernünftige Balance zwischen beiden Sei-ten geben“, forderte er. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Prof.Dr. Wolfgang Methling, warf der FDPvor, mit ihren Vorschlägen den „schlei-chenden Einstieg in die Privatisierung“der Hochschulen vorantreiben zu wollen.Manche Vorschläge – wie mehr Zustän-digkeit von Hochschulen für Bauangele-genheiten oder mehr Befugnisse in Perso-nalfragen – teile seine Partei in etwa. Ananderer Stelle übte der Politiker der Lin-

ken aber harsche Kritik. Er warf der FDPvor, durch die Hintertür Studiengebühreneinführen zu wollen. „Das lehnen wirab“, sagte Methling. Die Koalition werde sich nicht von FDP-Abgeordneten aus Wismar diktieren las-sen, welche Hochschulen für einen Mo-dellversuch in Frage kommen, sagte IlkaLochner-Borst, Hochschul-Expertin derCDU. Mehr Autonomie für die Hochschulensehe der Koalitionsvertrag ohnehin vor. Ih-re Fraktion werde den Vorschlag ablehnen. Birger Lüssow (NPD) warnte davor, dieUniversitäten zu Wirtschaftsbetrieben zumachen. „Selbst im Mittelalter waren dieUnis frei. Und heute fordern Sie ein Diktatdes Geldes“, sagte er. Er sprach sich ge-gen die Einführung der Gesetze des Mark-tes an den Hochschulen aus. „Wir lehnenden Antrag ab“, betonte er. Vizepräsident Hans Kreher wies den Vor-wurf, Studiengebühren einführen zu wol-len, als Unterstellung zurück. Zudem seiWismar nur als Beispiel für den Modellver-such genannt worden. Neubrandenburgoder Stralsund kämen genauso in Frage.„Hauptsache, wir kommen endlich malvoran.“ Der Vorschlag wurde mit Gegenstimmenaus allen anderen Fraktionen abgelehnt.

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Niclas schnuppert bei der Kinder-Uni in Wismar schon mal Hochschulluft.

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9LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2008

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Die SPD-Abgeordnete Heike Polzin be-grüßte das Anliegen der Volksinitiativegrundsätzlich. Es sei ein wichtiges Thema,sagte sie. Bereits von August an sollen be-dürftige Kindergartenkinder ein kosten-freies Mittagessen bekommen. „Wir sindäußerst unzufrieden, dass wir keinen grö-ßeren Sprung machen konnten“, sagtedie Parlamentarierin. Der Kindergarten seiein Anfang. „Wir bleiben an dem Themadran und werden es Schritt für Schritt ab-arbeiten.“ Der nächste Schritt seien dieGrundschulen. Heike Polzin verwies aberauch auf die Verantwortung der Eltern.Sie vermisse teilweise die Einstellung, dassdas Wohl der Kinder an erster Stelle steht.Zudem verwies sie auf die finanziellen Ri-siken eines kostenfreien Mittagessens fürdie Grundschüler. Man müsse überlegen,was machbar ist. Prof. Dr. Wolfgang Methling, Frakti-onschef der Linken und Mitinitiator derVolksinitiative, zeigte sich erfreut über dieDiskussionsbereitschaft der SPD in dieserSache. Die Zahl der Kinder, die nicht amSchulessen teilnehmen, steige. Seit derEinführung von Hartz IV seien immer we-niger Eltern in der Lage, das Essengeld zubezahlen. „Mehr als 60 Prozent derGrundschüler nehmen in der Schule keinewarme Mahlzeit zu sich“, wies er auf dasProblem hin. In einem kostenlosen Mit-tagessen sieht er einen Beitrag zur Chan-cengleichheit. Er hoffe, dass bei der Dis-kussion in den Ausschüssen ein tragfähi-ger Kompromiss gefunden wird. Bei demkostenfreien Mittagessen für Grundschü-ler soll es sich seinen Angaben nach umeinen Einstieg handeln. In der Perspektivewerde es notwendig sein, dass alle Schü-

ler kostenfrei in der Schule essen können. Der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardtwarf der Linken vor, das demokratische In-strument der Volksinitiative verantwor-tungslos eingesetzt zu haben. Auch hät-ten sie nichts für ein kostenfreies Schul-mittagessen unternommen, als die Parteian der Landesregierung beteiligt war.„Wo stehen die Töpfe für ein kostenfrei-es Mittagessen im Land?“, fragte er inAnspielung auf die ungeklärte Finanzie-rung. Die Abgeordneten der Linken sollenbei der Beratung in den Ausschüssen sa-gen, woher das Geld kommen soll.Gesundes, regelmäßiges Essen ist nachAuffassung von Ralf Grabow, sozialpoli-tischer Sprecher der FDP, wichtig für Kin-der. Er kritisierte aber, dass es nur um Kin-der in staatlichen Grundschulen gehensoll. „Das lehnen wir ab. Das verzerrt denWettbewerb“, betonte er.

Nach den Worten von Bildungsminis-ter Henry Tesch ist das Anliegen, ein kos-tenfreies Mittagessen zunächst für diesechs- bis zehnjährigen Schüler einzufüh-ren, von „hoher gesamtgesellschaftlicherRelevanz“. Eine zunehmende Zahl vonKindern komme ohne Frühstück oderSchulbrot in die Schule und bekomme vonden Eltern unregelmäßig oder nie Essen-geld fürs Mittag mit, sagte er. Ermüdungund Unkonzentriertheit der betroffenenKinder seien die Folgen, die bis zum Lern-versagen führten. Er halte eine Unterstüt-zung gerade dieser Kinder für wichtig,sagte Tesch. Auf deren Familien müssevon staatlicher und kommunaler Seitestärker eingewirkt werden. „Die erste Für-sorgepflicht für die Kinder liegt bei den El-tern“, betonte der Minister.Statt Millionen für den G8-Gipfel auszuge-ben, hätte das Geld sinnvoller eingesetztwerden können, meinte Tino Müller (NPD).„Sie geben Geld für Dinge aus, die niemandbraucht“, sagte er zur Frage der fehlendenFinanzierung eines kostenfreien Mittages-sens. Seine Partei unterstütze das Anliegender Volksinitiative. Angelika Gramkow (DIE LINKE) verwiesauf staatliche Zuschüsse zum Schulmitta-gessen in anderen Bundesländern. Sokoste ein Mittagessen in Hessen nur zweiEuro. In Berlin müssten die Eltern maximal23 Euro im Monat bezahlen. Mit derVolksinitiative liege eine „Maximalforde-rung“ auf dem Tisch, sagte sie. „Wir wür-den uns aber auch Zwischenschrittennicht verweigern.“

Freies Mittagessen an Grundschulen

Volksinitiative wird in Ausschüssen beraten

Die Volksinitiative für ein kostenfreies Mittagessen an den staatlichenGrundschulen Mecklenburg-Vorpommerns hat den Landtag auf seiner Sitzungam 5. Juni beschäftigt und wird auch in den nächsten Wochen Thema für dieAbgeordneten bleiben. Das Parlament überwies die Initiative, die von 17.500Menschen im Land unterschrieben worden war, nach der Debatte einstimmigzur weiteren Beratung in die Ausschüsse für Bildung, Finanzen und Inneres. Alsein großes Problem wird die Finanzierung angesehen. Die Kosten werden aufetwa 20 Millionen Euro jährlich geschätzt. Bei dieser Schätzung ging DIE LINKE,die die Volksinitiative mit initiiert hatte, von einem durchschnittlichen Preis von2,30 Euro für ein Schulmittagessen aus.

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10 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

Kinderbetreuung erneut Thema im LandtagParlament diskutierte Anträge von FDP und LINKE

Die Kinderbetreuung war nach Anträgen der beiden OppositionsfraktionenFDP und DIE LINKE erneut Thema im Parlament. So hatte die FDP auf der Land-tagssitzung am 5. Juni die Landesregierung aufgefordert, das aktuelle Kita-Gesetz unter verschiedenen Aspekten zu überprüfen. DIE LINKE verlangte am6. Juni von der Regierung Auskunft, wie trotz Mittelkürzungen im Vorschulbe-reich eine chancengleiche Entwicklung der Kinder gesichert werden soll. DieFraktion steht einer Mittelumschichtung zugunsten geringerer Elternbeiträgekritisch gegenüber. Beide Anträge fanden keine Mehrheit im Parlament.

Die FDP hat die Regierungsparteien SPDund CDU aufgefordert, bei der Neufas-sung des Kindertagesförderungsgesetzesden Rat von Fachleuten ernst zu nehmen.Die jüngste Anhörung zu dem Thema imSozialausschuss habe Vertretern von Ver-bänden und Kirchen den Eindruck vermit-telt, dass ihre Meinung gar nicht gefragtsei. „So können wir mit Fachleuten nichtumgehen“, sagte Sozialexperte RalfGrabow bei der Begründung des Antra-ges seiner Fraktion. Die Landesregierungsolle unter anderem die Personalausstat-tung in den Kitas verbessern, die Öff-nungszeiten stärker an den Bedürfnissenberufstätiger Eltern ausrichten und inno-vative Formen der Kindertagesbetreuungprüfen.

Sozialminister Erwin Sellering verwiesauf das gute Abschneiden Mecklenburg-Vorpommerns in einem bundesweitenVergleich der Kinderbetreuung. Dochwolle das Land die Bedingungen weiterverbessern und dafür auch das Gesetz än-dern. Er regte an, bei den Gruppengrö-

ßen künftig regional unterschiedlicheMaßstäbe anzulegen, um gezielt auf so-ziale Besonderheiten reagieren zu kön-nen. Für September kündigte der Ministereine weitere Fachkonferenz zum Kita-Ge-setz des Landes an. Umstritten sind derzeit auch die Mittel-kürzungen für die vorschulische Bildungzugunsten verminderter Elternbeiträge.Dr. Marianne Linke, Sozialexpertin derFraktion DIE LINKE, verwies darauf, dassdiese auch von den Kita-Trägern abge-lehnt werden. „Kinder brauchen ein an-regungsreiches Bildungsangebot überden ganzen Tag verteilt“, sagte sie undforderte Ganztagsplätze. Vom 1. August 2008 an sollen Eltern um70 bis 80 Euro je Kita-Platz entlastet wer-

den. Damit löst die CDUein Wahlversprechen ein.Die SPD setzte durch,dass Kinder aus einkom-mensschwachen Famili-en künftig nicht mehr fürdas Mittagessen in derKita zahlen müssen.Martina Tegtmeier(SPD) sah in dem Antragder FDP „überhaupt kei-ne neuen Ideen“. Diegeforderten Punkte sei-en fast alle bereits in derPrüfung, sagte sie. Die NPD lehnte den An-trag ebenfalls ab. DieGanztagsbetreuung,

wie sie von der FDP gefordert werde, seinicht die richtige Weichenstellung, sagteStefan Köster für seine Fraktion.

In der Debatte am 6. Juni schlug DIE LINKEunter anderem vor, das Geld statt in dieSenkung der Elternbeiträge lieber in eine

bessere Betreuung und Bildung der Kin-der zu stecken. Dr. Marianne Linke kri-tisierte die Kürzungen bei der vorschuli-schen Bildung erneut. „Kita-Förderung istIntegration“, sagte sie. „Mittelkürzung istAusgrenzung.“ Martina Tegtmeier von der SPD undHarry Glawe von der CDU verteidigtendagegen die Beschlüsse der Koalition. DerAntrag sei „ein reines Nachkarten“ derLINKEN, sagte die SPD-Politikerin. Die Ko-alition habe bereits einen Kompromissgefunden. Harry Glawe verwies auf zu-sätzliche Bundesmittel, die für den Aus-bau im Krippenbereich bereit stünden.Durch diese zusätzlichen Mittel stehennach Worten von Sozialminister ErwinSellering sogar mehr Gelder für Bil-dungsinvestitionen zur Verfügung. Stattsieben Millionen würden es mit der Hilfedes Bundes nun elf Millionen Euro sein.Die Kürzung von rund sieben auf fünfMillionen Euro im vorschulischen Bereichdes Landes werde dadurch „mehr als auf-gewogen“. Der Minister verwies auch aufweitere Verbesserungen in den Kitas. Sosollen von August an die Elternbeiträgeim letzten Kindergartenjahr vor Schulbe-ginn um etwa 75 Euro sinken. Zudem sollebenfalls von August an das Mittagessenfür Kita-Kinder aus Hartz-IV-Familien kos-tenfrei sein. Auch die FDP kritisierte die Streichungvon zwei Millionen Euro in der vorschuli-schen Bildung zugunsten der niedrigerenElternbeiträge. „Das ist kontraproduk-tiv“, sagte Ralf Grabow von den Libera-len. Stefan Köster (NPD) forderte, das Geldfür einen Krippenplatz den Eltern zur Ver-fügung zu stellen. Denn die Erziehungdurch die Eltern sei das wichtigste für denNachwuchs. Birgit Schwebs (DIE LINKE) sprach voneiner „Koalition der Ignoranz“. Die Mit-telkürzung werde entweder eine Ein-schränkung des Angebots für Vorschul-kinder oder eine Erhöhung der Beiträgenach sich ziehen. Darauf hätten Fachleu-te in der Anhörung hingewiesen. „All dasignorieren Sie“, kritisierte die Parlamenta-rierin.In Mecklenburg-Vorpommern besuchenmehr als 90 Prozent der Drei- bis Sechs-jährigen den Kindergarten. Von den unterDreijährigen werden mehr als ein Drittelin Krippen oder bei Tagesmüttern betreut.

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11LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2008

Im Mai 2008 fand eine Anhörung zur Verordnung über die Be-wertung des Arbeits- und Sozialverhaltens statt. Und die überwie-gende Mehrheit der Gehörten hat dies begrüßt. Auch dies ist fürmich ein Grund, die am 1. August 2008 in Kraft tretende Verord-nung klar zu befürworten.

Schule hat einen Bildungs- und einen Erziehungsauftrag. Der Er-folg bzw. die Ergebnisse des Bildungsauftrages spiegeln sich fürSchüler und Eltern in den Noten für die einzelnen Fächer wider.Gleiches gilt für den Erziehungsauftrag bisher noch nicht. Künf-tig soll nun auch das Arbeits- und Sozialverhalten bewertet wer-den. Die entsprechende Verordnung sieht eine kontinuierlicheEinschätzung in offener Form vor, die auf Zensuren verzichtet. DieBewertungskriterien und -grade sind konstruktiv angelegt undgeben dem Schüler Anregungen für die Weiterentwicklung sei-ner sozialen Kompetenzen.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was so schlecht daran sein soll,wenn einem sonst im Durchschnitt befriedigenden Schüler be-scheinigt wird, dass seine Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Sorg-

falt, dass seine Teamfähigkeit und Verant-wortungsbereitschaft vorbildlich und gutsind. Es hat auch der Schüler bei der Lehr-stellensuche eine Chance verdient, beidem die Noten in den Fächern nicht so gutsind, aber an dessen Anstrengungsbereit-schaft, Selbstständigkeit und Kritikfähig-keit nichts auszusetzen ist. In der heutigenBerufswelt sind nicht nur die guten Spezia-listen und Fachleute gefragt. Mindestensebenso wichtig ist, ob der künftige Mitar-beiter und Kollege ein ausgeprägter Team-player ist, Verantwortung übernimmt, be-lastbar ist und ausdauernd arbeiten kann.

Für jemanden, der Null-Bock auf rein garnichts in und außerhalb der Schule hat, istjede Art von Bewertung und Beurteilungeine Katastrophe. Diese Schüler sind fürmich jedoch nicht der Maßstab.

Wir fordern eine optimale Betreuung der Lern- und Sozialkom-petenz statt Diskriminierung durch Kopfnoten. Die Kopfnotenver-ordnung lehnt die FDP-Fraktion daher ab. Ein Bewertungssystem,das sich auf vier Begriffe reduziert und Bestandteil der Schullauf-bahnempfehlung wird, nützt niemandem. Statt weiterer Hürdenim Bildungsweg der Kinder, sollte es zu einer besseren Betreuungvon Lern- und Sozialkompetenz im Rahmen der selbstständigenSchule an unseren Schulen kommen. In Absprache zwischenSchule und Eltern können Regelungen getroffen werden, die al-len Seiten nützen und akzeptiert werden.

Die Anhörung der Eltern-, Lehrer- und Schülerverbände hat vieleProbleme zu Tage gebracht. Selbst Befürworter kritisieren die vor-gesehenen Begrifflichkeiten, wie z. B. „entwicklungsbedürftig“zur Bewertung des Sozial- und Arbeitsverhaltens. Bei der prakti-schen Umsetzung der Verordnung ging die positive Grundinten-tion des Vorhabens verloren. Statt, wie im § 1 Ziele und Aufga-ben der Verordnung beschrieben, die Vermittlung und den Er-werb der Kompetenzen des Arbeits- und Sozialverhaltens in denMittelpunkt zu stellen, wird hier vorrangig nach einem einfachenRaster gesucht, welches Schülern und Lehrernwenig Raum zur sinnvollen Auseinanderset-zung lässt. So wird lediglich Druck auf dieSchüler ausgeübt. War das die Absicht? Ler-nen kann nur aus Einsicht und Eigenmotivati-on erfolgen und nicht als Resultat von Drill. Pä-dagogikinstrumente aus der Mottenkiste leh-nen wir entschieden ab.

Das Parlament hätte zudem früher einbezogenwerden müssen. Die Verordnung hat weit rei-chende Konsequenzen für die Bildungspolitikim Land und bedarf daher des breiten Einver-nehmens, was aber nicht in Sicht ist. Der oftgehörte Debattesatz, man solle doch einfachmal anfangen, zeigt, wie wenig sich die Regie-rung darüber im Klaren ist, dass der angerich-tete Schaden für den einzelnen Schüler kaumrückgängig gemacht werden kann. Wir hättenuns mehr Sorgfalt und Verantwortungsbe-wusstsein von der Regierung gewünscht.

Hans KreherSprecher für Bildung, Wissenschaft und Kultur der FDP-Fraktion

Marc ReinhardtBildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion

Entsprechend einer Verordnungdes Bildungsministeriums soll abdem neuen Schuljahr das Arbeits-und Sozialverhalten der Schüler be-wertet werden. Beurteilt werdenAnstrengungsbereitschaft, Mitar-beit und Fleiß, Zuverlässigkeit,Pünktlichkeit und Sorgfalt, Selbst-ständigkeit, Belastbarkeit und Aus-dauer sowie Umgangsformen undEinhaltung von Regeln, Teamfähig-keit und Verantwortungsbereit-schaft, Konfliktverhalten und Kritik-fähigkeit, Hilfsbereitschaft. Hierfürgelten vier Bewertungsgrade: vor-bildlich, gut, zufriedenstellend undentwicklungsbedürftig.

Den Wortlaut der Verordnung finden Sieauf der Internetseite des Bildungsminis-teriums unter: www.regierung-mv.de

Sind Sie für Kopfnoten im Schulzeugnis?

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12 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

Länderübergreifende Anhörung in Rheinsberg

„Uns haben Sie an ihrer Seite“ ver-sicherte der Vorsitzende des Innen-ausschusses Dr. Norbert Nieszery denBürgerinitiativen, die sich gegen das„Bombodrom” in der Kyritz-RuppinerHeide wehren.

Anlass für dieses deutliche Bekenntnis wardie gemeinsame öffentliche Anhörung desHauptausschusses des Landtages Bran-denburg und des Innenausschusses desLandtages von M-V zum Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide.

Schon seit vielen Jahren gibt es Wider-stand gegen die Planungen des Bundes-verteidigungsministeriums, diesenSchießplatz wieder in Betrieb zu nehmen.Mehrere Bürgerinitiativen und Wirt-schafts- und Tourismusverbände sowieKommunen und Bundesländer begründe-ten vor den Abgeordneten umfassend ihrEngagement gegen die militärische Nut-zung dieses bekannten Erholungsgebie-tes. Neben den eigentlichen Schießübun-gen könnten die damit verbundenen Flü-ge vom Bundeswehrstandort Rostock-Laage Touristen abschrecken. Klar ist aber,dass der Tourismus der wichtigste Wirt-schaftssektor in der Region ist. Die Anzuhörenden waren sich deshalbmit allen Abgeordneten beider Landtageeinig, dass das „Bombodrom“ nicht wie-der in Betrieb genommen werden darf.Ohne den ausdauernden Kampf der Bür-gerinitiativen hätte die Wiederinbetrieb-nahme nicht so lange verhindert werdenkönnen, doch ein dauerhaftes Ergebnis

könne nur auf politischer Ebene erreichtwerden. Nach gut zweistündiger Sitzungim Schlosstheater von Rheinsberg wurdemit der Annahme einer von Mecklenburg-Vorpommern vorbereiteten Entschlie-ßung noch einmal die Ablehnung der Plä-ne des Bundesverteidigungsministeriumsbetont. Der Vorsitzende des Hauptaus-schusses des brandenburgischen Landta-ges Günter Baaske versprach: „Wir wer-den nicht locker lassen, um die für die ge-samte Region befürchteten wirtschaftli-chen Beeinträchtigungen zu verhindern.“Mit der gemeinsamen Sitzung in Rheins-berg hat der Innenausschuss den Be-schluss des Landtages Mecklenburg-Vor-pommern vom 14. Dezember umgesetzt(Drs. 5/ 1056), Darin wurde unter ande-rem zu Aktivitäten über die Landesgren-zen hinweg aufgefordert, um die Wieder-inbetriebnahme des „Erbes des KaltenKrieges“, wie der Luft-Boden-Schießplatzauch bezeichnet wird, zu verhindern.

Gemeinsam gegen

„Bombodrom“

Ein Vergleich zwischen Mecklen-burg-Vorpommern und Ohio

Als ich gebeten wurde, einen Artikel fürdie Landtagsnachrichten zu schreiben,war ich recht aufgeregt darüber, dass ichGelegenheit erhalten sollte, meine Ein-drücke als Praktikant in der Landtagsver-waltung aus der Sicht eines amerikani-schen Studierenden darzulegen. Als The-ma meines Beitrages wählte ich aufgrundmeines akademischen Interesses den Ver-gleich der unterschiedlichen Sichtweisenin den Vereinigten Staaten und der Bun-desrepublik zu interkulturellen, politi-schen und wirtschaftlichen Sachverhal-ten. Ich möchte dieses Thema aus der

Sicht meines heimatlichen BundesstaatesOhio und meines Gastgeberlandes Meck-lenburg-Vorpommern behandeln.

Mein bisheriges Verständnis von Meck-lenburg-Vorpommern und Schwerin warsehr von der Medienberichterstattunggeprägt: ein Land mit einer leistungs-schwachen Wirtschaft und teilweise ex-tremistischen Tendenzen bestimmter po-litischer Kreise. Heute, nachdem ich be-reits einige Wochen hier bin, finde ichdiese Ansicht recht unklar und zu einsei-tig. Das politische und gesellschaftlicheUmfeld hier sind eigentlich nicht viel an-ders als in Michigan oder Ohio, wo esebenfalls einen wirtschaftlichen Struktur-wandel und infolge dessen eine hohe Ar-beitslosigkeit gab. Meiner Meinung nach gibt es zwischenMecklenburg-Vorpommern und meinemBundesstaat Ohio mehr Ähnlichkeiten alsUnterschiede. Ein geographischer Ver-gleich zeigt: beide Länder werden vonGewässern beeinflusst – Mecklenburg-Vorpommern durch seine Ostseeküsteund Ohio durch den nördlich gelegenenEriesee. Beide Regionen sind stark land-wirtschaftlich geprägt. Beide verfügenüber ausgedehnte Acker- und Waldflä-chen. Natürlich sind die Geschichte und

die kulturelle Entwicklung der beidenLänder kaum zu vergleichen, aber ihrheutiges Erscheinungsbild ist sehr ähn-lich. In Ohio hat die Konjunktur nach derWirtschaftskrise 2001 immer noch nichtwieder an Fahrt gewonnen. Der Staat er-lebt eine hohe Arbeitslosigkeit. Aufgrundder hohen Lohnkosten verlagern vieleUnternehmen ihre Produktion ins Aus-land. Ebenso wie um Mecklenburg-Vor-pommern haben krisenhafte Entwicklun-gen in andere Staaten auch um Ohio kei-nen Bogen gemacht. Obwohl die Gründein Mecklenburg-Vorpommern anderesein mögen, ist die Hauptursache dieserProbleme im Strukturwandel zu sehen.Wird dieser bewältigt, so wird eine allge-meine Verbesserung eintreten. Als politisch interessierter Studierenderder Germanistik bin ich natürlich auf diezukünftige Rolle Deutschlands und desdeutschsprachigen Raumes gespannt.

Stephen Brown

Stephen Brown (22) studiert am College of WoosterInternationale Beziehungen und Germanistik. Zur-zeit recherchiert er in Deutschland für seine Ab-schlussarbeit zur Erlangung des akademischenGrades eines Bachelor of Arts (BA) zum Thema„Vergleich der Wirtschaftspolitik Deutschlands undder USA“. Hierzu absolviert er von Mitte Mai bisEnde Juli ein Praktikum im Landtag Mecklenburg-Vorpommern.

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13LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 5/2008

Wie in den Vorjahren waren der Plenarsaalsowie zahlreiche Sitzungs- und Arbeits-räume der Abgeordneten zugänglich –darunter auch das Ältestenratszimmerund die Bibliothek des Landtages. In Räu-men auf der zweiten und dritten Etage er-läuterten Abgeordnete sowie Mitarbeiterder Landtagsverwaltung die Arbeit in denFachausschüssen des Parlaments. Auchder Bürgerbeauftragte und der Landesbe-auftragte für den Datenschutz standen fürGespräche zur Verfügung. Im Plenarsaalund im Festsaal diskutieren Abgeordnetealler Fraktionen zu verschiedenen politi-

schen Themen. Die Landtagsfraktionenpräsentierten sich im Schlossinnenhof. ImNDR-Landtagsstudio, das sich ebenfalls imSchloss befindet, erläuterten Journalistenihre Arbeit. Zu den Höhepunkten des Pro-gramms zählten die Besichtigung derSchlosskirche und der Aufstieg in die gol-dene Kuppel. Vor dem Hauptportal des Schlosses stellenInitiatoren und Unterstützer des Bündnis-ses „WIR. Erfolg braucht Vielfalt“ das An-liegen und geplante Aktionen der Kampa-gne vor.

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Landtag lud zum Tag des offenen Schlosses ein

Im Rahmen des Schlossfestes lud der Landtag am 1. Juni zum Blick hinter dieKulissen des Parlaments ein. Tausende nutzten die Chance, sich über die Arbeitder Abgeordneten zu informieren, normalerweise nicht öffentlich zugänglicheBereiche des „schönsten Parlamentssitzes Deutschlands“ zu besichtigen, inte-ressante Podiumsdiskussionen zu verfolgen und mit den Abgeordneten ins Ge-spräch zu kommen.

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Von BUGA bis FamilienpolitikPodiumsdiskussionen am Tag des offenen Schlosses

Streitkultur lernenDas Bündnis „WIR. Erfolg braucht Viel-falt“ will für ein demokratisches, freiheit-liches und weltoffenes Mecklenburg-Vor-pommern werben. Die von Landtag, Kir-chen, Künstlern, Gewerkschaften und Un-ternehmensverbänden getragene Initiati-ve ist im April im Schloss gestartet wor-den. Zum Tag der offenen Tür habenLandtagspräsidentin Sylvia Bretschneider,Uwe Kunkel vom norddeutschen Wirt-schaftsverband AGV, Ingo Schlüter vomDGB Nord, Bürgerrechtler Heiko Lietz,Fußballprofi René Rydlewicz und Ober-staatsanwältin Sybille von Massow,Mitinitiatorin des JugendrechtshausesSchwerin, über das breite Bündnis für De-mokratie und Toleranz diskutiert. Bislang unterstützen LandtagspräsidentinSylvia Bretschneider zufolge mehrerehundert Menschen „vom Azubi bis zumRentner“ die Kampagne. „Wir wollen einDach für Bürgerinitiativen und Vereinesein“, betonte sie. Das Angebot werdebereits genutzt. „Wer, wenn nicht wir.

Wann, wenn nicht jetzt“, erinnerte HeikoLietz an ein Motto zu Wendezeiten, dasauch heute Gültigkeit habe. „Wir müssenbegreifen, dass wir selbst Verantwortungübernehmen müssen“, sagte er ange-sichts jüngster Wahlerfolge der rechtsex-tremen NPD. „Parteien, die eine Diktaturund die Abschaffung der Demokratie wol-len, können nie die Freunde der Wirt-schaft sein“, begründete Uwe Kunkelsein Engagement. „Vielleicht ist die sozia-le Marktwirtschaft nicht das Nonplusul-tra. Aber es gibt nichts Besseres“, zeigtesich der Unternehmer überzeugt. Demstimmte auch Ingo Schlüter zu. VieleMenschen vermissen das Gefühl der sozia-len Sicherheit und fühlten sich deklassiert.Aber für seine Rechte könne man heutestreiten, beispielsweise im Tarifkonflikt.„Streit ist ein Privileg“, betonte er. Dochvielen Menschen sei das zu kompliziert.Meinungsfreiheit müsse als Errungen-schaft begriffen werden, meinte Sybillevon Massow. Das sei auch ein Motiv für

Tausende nutzen die zahlreichen Angebote zum Schauen undInformieren am Tag des offenen Schlosses.

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14 5/2008 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern

die Gründung des Jugendrechtshausesgewesen. Die Initiatoren gehen mit ihrenProjekten auch in die Schulen. „Dort wol-len wir aktiv für Demokratie werben“, be-tonte sie. Dafür müsse auch eine „Streit-kultur“ erlernt werden. Das geschehe imFußball fast täglich, betonte René Rydle-wicz. Doch sei eine klare Haltung not-wendig. „Ich habe kein Verständnis fürAusländerfeindlichkeit. Gerade in einerMannschaft profitiert jeder vom respekt-vollen Umgang mit dem anderen.“ Die Ini-tiative, so waren sich die Teilnehmer einig,solle zur Bewegung werden. Ein Ende istnicht geplant.

Tourismusland Nummer EinsMecklenburg-Vorpommern ist ein Touris-musland. Im Sommer Nr. 1 in der Beliebt-heitsskala in Deutschland. Auch in der Ne-bensaison gibt es Zuwächse – 4,7 Millio-nen Übernachtungen bis Ende April, einPlus von 3,7 Prozent im Vergleich zumVorjahreszeitraum. Eine große Chance,die aber auch Risiken birgt. Darüber disku-tierten Landtagspräsidentin Sylvia Bret-schneider, Mathias Löttge (CDU), HelmutHolter (DIE LINKE), Sebastian Ratjen (FDP)und Udo Pastörs (NPD).„Wir dürfen uns nicht ausruhen auf demErfolg“, sagte Sylvia Bretschneider. DerService müsse weiter verbessert werden.„Jeder Gast muss das Gefühl haben, will-kommen zu sein.“ Mathias Löttge siehtden größten Nachholbedarf bei der Ge-winnung ausländischer Gäste. Der G8-Gipfel habe bereits eine Steigerunggebracht. Aber das genüge noch nicht.Helmut Holter forderte mehr Anstren-gungen, um das Land auch in der Neben-saison attraktiver zu machen. „Wir brau-chen Angebote für jeden Geldbeutel“,betonte er. Für Sebastian Ratjen beste-hen noch Defizite in der Erreichbarkeit derUrlaubsregionen. Im Marketing könne dasLand seiner Auffassung nach noch selbst-bewusster auftreten. „Wir haben keineRiesenobjekte, die Küste ist nicht verbaut“,hob er hervor. Das sei ein Pfund, mit demman wuchern kann. Udo Pastörs zufolgebesteht für das Land eine große Gefahr,wenn der Tourismus zur Monostrukturwird. Andere Industriezweige dürftennicht vernachlässigt werden. Das Landmüsse insgesamt für einen „guten Ruf“sorgen, unterstrich er. Mathias Löttge,

auch Präsident des Landestourismusver-bandes, sieht ein großes Risiko dagegeneher im Rechtsextremismus. „Ohne ihnhätten wir im Vorjahr sieben Prozent mehrGäste gehabt“, betonte er und fügte hin-zu: „Dieses Risiko sollten wir ausschlie-ßen.“

Beruf und FamilievereinbarenMecklenburg-Vorpommern soll ein Landsein, in dem sich Familien wohl fühlen.Aber was wollen Frauen und Familien im21. Jahrhundert? Darüber tauschten sichDr. Margret Seemann (SPD), BeateSchlupp (CDU), Angelika Gramkow(DIE LINKE), Sigrun Reese (FDP) und UdoPastörs (NPD) aus. Als Mutter von fünf Kindern setze sie sichfür die Vereinbarkeit von Beruf und Fami-lie ein, betonte Sigrun Reese. Sie forder-te moderne Kindertagesstätten, die mitihren Öffnungszeiten flexibel auf die Be-dürfnisse von berufstätigen Eltern reagie-ren. Für Unternehmen müsse Familien-freundlichkeit Pflicht sein. Familienpolitikmuss Dr. Margret Seemann zufolge im-mer im Zusammenhang mit Gleichstel-lungspolitik gesehen werden. Das unter-strich auch Angelika Gramkow. DamitFrauen unabhängig und eigenständig seinkönnen, sei es notwendig, das Gehaltsni-veau anzugleichen. „Man braucht Arbeit,von der man leben kann, und Chancen-gleichheit bei der Bildung für Kinder undEnkelkinder.“ Das sei Aufgabe der Politik.Udo Pastörs forderte ein „Mütterge-halt“, das Frauen etwa sechs Jahre langbeziehen könnten, wenn sie es wollten.Heutzutage müssten sich Frauen „zerrei-ßen“, um dazuzuverdienen und sichgleichzeitig um die Kinder zu kümmern.Er sprach sich gegen eine Ganztagsbe-treuung in Kitas aus. Das könnte schnellzum staatlichen Umerziehungsprogrammwerden. „Sie trauen den Frauen zu wenigzu“, erwiderte Beate Schlupp. „VieleMütter wollen arbeiten und sich beruflichweiterentwickeln“, betonte sie. Die Politikhabe die Aufgabe, sie dabei zu unterstüt-zen. „Mütter müssen die Wahl haben, obsie arbeiten gehen oder nicht.“ Sie sei fürein modernes Familienbild, fühle sich aberdennoch traditionellen Werten verpflich-tet. Dr. Margret Seemann, Gleichstel-lungsbeauftragte der Regierung, verwiesauf Untersuchungen, nach denen 85 Pro-

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zent aller Frauen beides wollen: Beruf undFamilie. Ein Müttergeld lehnte sie ab. Fürdie Erziehung der Kleinen sollten Mütterund Väter gleichermaßen zuständig sein.

Das Märchenschloss und die UNESCODas Schweriner Schloss, Landtagssitz vonMecklenburg-Vorpommern, soll Weltkul-turerbe werden. Das haben die Abgeord-neten im Oktober befürwortet und dieRegierung beauftragt, Schritte für die Be-werbung einzuleiten. Auf der begehrtenWelterbe-Liste der UNESCO stehen be-reits seit 2002 die Hansestädte Stralsundund Wismar. Über Vorteile der Aufnahmeund Klippen der Bewerbung sprachenRudolf Borchert (SPD), Jörg Vierkant(CDU), Torsten Koplin (DIE LINKE), HansKreher (FDP) und Raimund Borrmann(NPD). Der Stralsunder Abgeordnete JörgVierkant sieht die Aufnahme der Hanse-stadt in die Liste als Erfolg. Durch den Ti-tel seien zusätzliche Mittel in die Denk-malpflege geflossen. Zudem habe sich dieZahl der Stadtführungen von 1999 an bisheute nahezu verdoppelt. Stralsund seieben über Europa hinaus bekannt ge-worden. Die Touristen, die durch dieUNESCO-Liste auf bestimmte Städte auf-merksam werden, reisen vielleicht auchweiter durchs Land, meinte RudolfBorchert. Das sei beispielsweise für Städ-te wie Waren wichtig. Der Titel hat nach

Auffassung von Torsten Koplin nebender touristischen auch eine symbolischeWirkung. „Wer auf der Liste steht, wird ineinem Atemzug genannt mit Orten, diefür Weltoffenheit und Friedlichkeit ste-hen“, sagte er. „Titel sind nicht alles“,meinte dagegen Raimund Borrmann.„Sie müssen auch gelebt werden.“ BeimSchloss habe er da „gemischte Gefühle“.Schließlich repräsentiere es zunächst ersteinmal die Zeit des Feudalabsolutismus.Dem widersprach Hans Kreher. SchonHofbaumeister Georg Adolf Demmler ha-be sich sozial engagiert: „Sich der demo-kratischen Geschichte bewusst werden,das ist auch ein Aspekt von Weltkulturer-be“, sagte der Landtagsvizepräsident. Je-doch, da waren sich die Teilnehmer offen-bar einig, ist ein langer Atem nötig. ZehnJahre werde es mindestens dauern, bis dasSchloss samt historischer Umgebung mitdem Welterbe-Titel gekrönt werden kann.

BUGA 2009 in Schwerin soll Erfolg werdenDer Blick von der Schlossinsel aus zeigt es:Das ehrgeizige BUGA-Projekt wächst undgedeiht. Im kommenden Jahr soll es Gäs-te aus fern und nah in die Landeshaupt-stadt locken. Doch noch ist die Vorfreudeauf das Großereignis nicht ungetrübt.Schließlich schloss die IGA 2003 in Ros-tock mit einem Defizit von 20 MillionenEuro die Pforten. So stand die Finanzie-rung der BUGA mit im Mittelpunkt der

Podiumsdiskussion „Sieben Gärten mit-tendrin – Bundesgartenschau 2009 inSchwerin“. Auf dem Podium diskutiertenHans Kreher, Vizepräsident des Landta-ges, Dr. Gottfried Timm (SPD), Dr. ArminJäger (CDU), Angelika Gramkow (DIE LINKE)und BUGA-Pressesprecher Gert Stein-hagen. Er gab das geplante Gesamtvolu-men mit 72,2 Millionen Euro an. Mit rund30 Millionen Euro fördert das Land dieGartenschau. Rund 1,8 Millionen Besu-cher erhoffen sich die Veranstalter. „DieFinanzierung steht“, betonte Dr. GottfriedTimm. „Aber ob am Ende mit einerschwarzen Null zu rechnen ist, weiß heu-te noch niemand.“ Und Dr. Armin Jägerergänzte: „Wir haben das Projekt im Lau-fe der Zeit gesundgeschrumpft.“ Aus denersten großen Ideen sei nun etwas „Soli-des“ geworden. Der Schweriner Ansatz,die Schau in der Innenstadt zu konzentrie-ren, sei von vornherein Erfolg versprechen-der als der in Rostock, wo die Touristen anden Stadtrand fahren mussten, betonteHans Kreher. An einen nachhaltigen Er-folg der BUGA glaubt auch AngelikaGramkow. Schließlich werde mit der Bun-desgartenschau auch ein innerstädtischesKonzept umgesetzt, das unter anderemmit Verkehrsberuhigung und Verschöne-rung von Plätzen der Stadtentwicklung zu-gute komme. In einem waren sich die Ge-sprächspartner zudem einig: Die Zustim-mung zur Bundesgartenschau wächst.Und die Kulturstadt Schwerin, die 2010 ihr850-jähriges Bestehen feiert, wird mit derBUGA noch bekannter werden.

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Von BUGA bis Familienpolitik – alle Podiumsdiskussionen fanden interessierte Zuhörer.

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ment. Es richtet sich gegen extremistischeund demokratiefeindliche Aktivitäten.

Nähere Informationen zum Bündnis sind erhältlich über die Geschäftsstelle „WIR. Erfolg braucht Vielfalt“, Tel. 0385 / 55 57 09 14, und in Kürze auch im Internet unterwww.wir-erfolg-braucht-vielfalt.de

Erfolgreiche Premiere in Anklam und Wolgast

„Wir wollen die Werte der Demo-kratie aufzeigen, sie erklären und of-fensiv dafür werben. Es geht darum,dass die Zivilgesellschaft Flagge zeigtund möglichst wenig Lücken lässt, indie Extremisten stoßen können.“ Diessagte Landtagspräsidentin SylviaBretschneider am 14. Juni beim „Tagder Vereine“ in Anklam, bei dem sichder Landtag im Rahmen der Kampa-gne „Wir. Erfolg braucht Vielfalt“ miteinem bunten Informations- und Ak-tionsangebot beteiligte. Am 19. Junimachte „Landtag vor Ort“ in WolgastStation.

Es gelte, das „große und mitunter schwerhandhabbare Wort Demokratie stärkermit dem Alltag der Menschen im Land inVerbindung zu bringen“, erklärte SylviaBretschneider das Anliegen der Landtags-Tour. „Ich denke an die Gleichheit vordem Gesetz, welche staatliche Willkürausschließt. Ich denke an die Chance, je-de Verwaltungsentscheidung überprüfenzu lassen. Und ich denke an die Gleichbe-rechtigung von Mann und Frau, die Mei-nungsfreiheit oder auch die Freiheit, Berufbzw. Ausbildung selbst zu wählen – ohnedass dies durch eine Partei zugeteiltwird“, so die Politikerin. Sie warb um dasEngagement möglichst vieler Akteure.„Demokratie funktioniert nur dann, wennsie mehr ist als eine Staatsform – sie mussauch Lebensform sein“, betonte sie.

Nach dem Auftakt am Tag des offenenSchlosses in der Landeshauptstadt Schwe-rin am 1. Juni war Anklam die zweite Sta-tion der Aktion „Landtag vor Ort“, die Teilder Aktivitäten des landesweiten Bündnis-ses „WIR. Erfolg braucht Vielfalt“ ist. Fortgesetzt wurde die Tour am 19. Juni inWolgast. Auch hier trafen die Informati-ons- und Mitmach-Angebote des Landta-ges auf großes Interesse. Zusätzlich betei-ligten sich rund 60 Neuntklässler des Wol-gaster Runge-Gymnasiums an einemPlanspiel des Landtages, bei dem sie in dieRolle von Abgeordneten schlüpften und

Viele Bürgerinnen und Bürger – wie hier Vertreter der Bürgerinitiative gegen das Steinkohlekraftwerk inLubmin – nutzen die Gelegenheit zum Gespräch mit Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider.

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an Hand des Themas „Benotung der Leh-rer durch die Schüler“ die Meinungsbil-dung, das Werben um Mehrheiten unddie Abstimmung im Parlament simulier-ten. Der Landtag wird im Rahmen des Bünd-nisses „WIR. Erfolg braucht Vielfalt“ inweiteren Städten und Gemeinden desLandes Station machen, so zum Beispiel inBützow, Sassnitz, Ueckermünde undLübtheen.

„WIR. Erfolg braucht Vielfalt“ ist ein lan-desweites Bündnis für Demokratie, Tole-ranz und Vielfalt. Das vom DGB, den Un-ternehmerverbänden, den Kirchen sowieder Präsidentin des Landtages initiierteBündnis wirbt für bürgerliches Engage-

Die Anklamer Steppkes freuten sich, dass so viel los war.

Landtag vor Ort

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BÜRGERMEINUNGEN

Kein Kohlekraftwerk, keine Wiesen beto-nieren, Aufforstung – speziell die Urlaubs-region Usedom wird wegen der intaktenNatur besucht!

Politiker müssen fürs Volk arbeiten, nichtfür Parteien und Geld!

Längeres gemeinsames Lernen darf nichtbedeuten, dass bei geringerer Schülerzahleinfach Klassen zusammengelegt werden.Das Bildungssystem sollte in ganz Deutsch-land einheitlich sein.

Keine NPD im Parlament!

Toleranz gegen andere!

Mehr Perspektiven/Aktivitätsangebote fürJugendliche.

Der Rechtsextremismus sollte wenigerwerden, man sollte überlegen, warum dieNPD im Parlament ist!

Uns ärgert die ständige Änderung desSchulgesetzes. Was wir wünschen: Ruheund Planbarkeit der schulischen Vorhaben.Kleine Gemeinden sollten nicht nur in derLage sein, die Pflichtaufgaben zu erledi-gen, sondern auch gestalten können. Da-zu muss die Finanzausstattung verbessertwerden. Wir brauchen Jugendclubs, FFW,Kitas, Seniorentreffs, beleuchtete Straßen,Buswartehäuschen und vieles mehr.

Mich ärgert es sehr, dass die Jugend hierkeine Zukunft hat. Die meisten flüchtenwegen der Arbeitslosigkeit. Die Wirtschaftbraucht unbedingt einen Anschub, damitdie Leute hier bleiben.

Die Wahlbeteiligung bei der Landratswahlwar unter aller Würde. Darüber sollten dieLeute mal nachdenken.

Mir gefällt nicht, dass sehr viel Gewalt anden Schulen ist!

Familien brauchen mehr Zeit für die Kin-der! Nur 6 Stunden Arbeit für die Frauenbei Kindern von bis 10 Jahren. Sie müssenes sich leisten können.

Warum wurden erst Jugendeinrichtungengeschlossen und Betreuer entlassen bzw.nach einem Jahr wieder nach Hause ge-schickt? Jetzt will man die Jugendarbeitauf den Dörfern wieder ankurbeln. Kinder-und Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit!

Bei einem Quiz konnten Interessierte ihr Wissen testen und hatten die Chance, neben vielen kleineren Preisen,einen Besuch im Schweriner Schloss – dem Sitz des Landtages Mecklenburg-Vorpommern – zu gewinnen.

Das Glücksrad motivierte zum Mitmachen – undgab nebenbei den Anstoß, über wichtige Eckwerteeines demokratischen Zusammenlebens nachzuden-ken.

Was würden Sie machen, wenn Sie Abgeordneterwären? – Viele hatten da genaue Vorstellungen undmachten dies auch durch Ankreuzen deutlich.

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Beim Parlamentsspiel in Wolgast wurde der Schulhof kurzerhand zu einem Plenarsaal umfunktioniert.

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Jugendprojekt der LandtageMecklenburg-Vorpommern undBrandenburg in Ravensbrück

Die Jugendlichen, die am 26. Mai inRavensbrück aus den Bussen steigen,stammen aus dem mecklenburgi-schen Ludwigslust und dem branden-burgischen Neuruppin – und bislangverbindet die beiden Klassen nichtviel miteinander. Das wird sich än-dern, denn gemeinsam werden siesich zwei Tage lang in dem ehemali-gen Frauenkonzentrationslager mitden Verbrechen des Nationalsozialis-mus auseinanderzusetzen.

Bereits zum 14. Mal haben die LandtageMecklenburg-Vorpommern und Branden-burg Schülerinnen und Schüler in dieMahn- und Gedenkstätte Ravensbrückeingeladen. „Mit unserem Projekt geht esuns nicht nur um den Blick zurück, son-dern zugleich auch um unsere und vor al-lem Ihre Verantwortung für die Zukunft“,sagte Landtagspräsidentin Sylvia Bret-schneider zum Auftakt. Die Auseinander-setzung mit den Verbrechen des National-sozialismus sei wichtig, um die Demokra-tie als grundlegenden Wert zu begreifenund zu schützen. „Sowohl in Branden-burg als auch in Mecklenburg-Vorpom-mern sind die Rechtsextremen aktiv, wol-len ihr menschen- und demokratiefeindli-ches Gedankengut insbesondere jungenMenschen schmackhaft machen“, warn-te ihr Amtskollege Gunter Fritsch. BeideParlamentarier sprachen ihre Hoffnungaus, dass das gemeinsame Projekt die Ju-gendlichen in ihrer demokratischenGrundhaltung bestärkt und sie ihre Erfah-rungen und Erkenntnisse dieser zwei Ta-ge an ihre Freunde und Verwandten wei-tergeben.

Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in-tensiv in verschiedenen Workshops. Sierecherchieren die Schicksale von Ravens-brückerinnen, informieren sich über dasJugend-KZ Uckermark, setzen sich auchmit dem Verhalten und den Motiven derAufseherinnen auseinander. Zwei Me-dien-Teams planen und realisieren einen

Projekt-Film sowie eine Zeitung. Am be-wegendsten für alle ist die Begegnungmit zwei Überlebenden: Charlotte Kroll,die nach Ravensbrück eingeliefert wurde,weil sie einer schwangeren Fremdarbeite-rin Babykleidung geschenkt hatte, und Il-se Heinrich, die vor der schweren Feldar-beit bei fremden Bauern geflohen warund deshalb als „Asoziale“ eingesperrtwurde. Ilse Heinrich erklärt, warum beidetrotz ihres hohen Alters immer wieder be-reit sind, mit Schülern über die schreck-lichste Zeit ihres Lebens zu sprechen: „Wirwollen, dass das nicht vergessen wird. Wirhaben hier die Hölle durchlebt, und dasmöchten wir an die Schüler weiterge-ben.“ Diese Botschaft kommt an, und die News-letter-Redakteurinnen Alexandra undCarolin sprechen allen aus dem Herzen,wenn sie als Fazit der Projekttage schrei-ben: „Wir stammen zwar immer noch ausverschiedenen Städten, aber nun habenwir etwas Gemeinsames: RAVENSBRÜCKwurde für uns zu einem Ort, an dem wiruns und dem Thema näher gekommensind.“

Schülerinnen und Schüler des Fachgymnasiums der Beruflichen Schule Ludwigslust und des Karl-Friedrich-Schinkel-Gymnasiums Neuruppin zusammen mit den Zeitzeuginnen Ilse Heinrich und Charlotte Kroll.

Als Dank an die Zeitzeuginnen pflanzten die Jugendlich-en einen Ahornbaum vor dem Haus der Lagergemein-schaft.

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MEINUNGEN

Thomas Lohse Ich hatte die Möglichkeit, in Ravensbrückneue Erfahrungen zu sammeln. Besondersgut gefielen mir die verschiedenen Aus-stellungen, aber am intensivsten erlebteich die Gespräche mit den Zeitzeuginnen.

Marie Kaniecki Ich bin mit nicht so großen Erwartungenhier hergekommen. Mir war bewusst, dasswir Filme sehen und auch mit Zeitzeugin-nen sprechen werden. Dennoch dachte ichnicht, dass mich diese Erlebnisse so sehrberühren.

Falk-Benjamin Meyer Durch die Zeitzeugengespräche habe ichaufschlussreiche Informationen erhalten,dieses war für mich ein sehr ergreifenderMoment. Interessant fand ich auch dasBarfußlaufen über den Lagerplatz, was inmir ein unbeschreibliches Gefühl hervor-rief.

Maike WenskeKlassenfahrten zu Mahn- und Gedenkstät-ten sind für uns Jugendliche deshalb sowichtig, weil wir viel besser verstehen kön-nen, was die Menschen früher empfundenhaben, wenn wir eigene Eindrücke sam-meln können.

Richard MichaelisIch bin der festen Überzeugung, dass eineDiktatur in Deutschland jederzeit noch ein-mal möglich wäre. Eine Diktatur entstehtnicht einfach von heute auf morgen. Siewird meist in einem langjährigen Prozesskonstruiert, wo mit den Gefühlen derMenschen, der Angst oder Wut, gespieltwird. Über diese Jahre hinweg vergessendie Menschen leider viel zu oft, wie wert-voll ihre Freiheit ist.

Verantwortung für die Zukunft

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S C H L O S S G E S C H I C H T E N

Politisch aktuell und hilfreich war ein Ge-spräch über das Verfahren zur Erlangungdes UNESCO-Welterbe-Status. Chambordbefindet sich als einzigartiges Baudenk-mal seit 1981 auf der Welterbeliste und istim Jahr 2001 mit dem dort seither eben-falls verzeichneten Loire-Tal (Val de Loire)verbunden worden. Nathalie Beynac vonder hierfür zuständigen Regionalverwal-tung informierte die Gäste aus Mecklen-burg-Vorpommern am Beispiel des Loire-Tals über das Antragsverfahren und die imZusammenhang mit dem Welterbe-Sta-tus zu erfüllenden Auflagen.Chambord – das bekannteste der Schlös-ser des Loire-Tales – gilt als architektoni-sches Vorbild des Schweriner Schlosses.„Die Ähnlichkeit der beiden Bauwerke istin der Tat verblüffend“, unterstrich Land-tagspräsidentin Sylvia Bretschneider des-halb nach der Rückkehr aus Chambord.Belegt ist, dass sich der Baumeister GeorgAdolph Demmler vor Beginn seiner Arbeitan den Entwürfen für den Umbau desSchweriner Schlosses in der Loire-Regionaufgehalten hat und sich durch einen Be-such in Chambord inspirieren ließ. Dieserhistorische Bezug war Grund für die Teil-

nahme einer französischen Delegation ander 150-Jahr-Feier des Schweriner Schlos-ses im vergangenen Jahr.Schloss Chambord war ursprünglich alsJagdschloss geplant. Mit dem Bau wurde1519 auf Geheiß König Franz I. begon-nen. Chambord gilt als gelungene Verbin-dung von mittelalterlichen Baumerkma-len (zentraler Wohnturm umrahmt vonvier Ecktürmen) mit innovativer Architek-tur der italienischen Renaissance (u.a.Loggien, Terrassen, Wandpfeiler, Fassa-dengestaltung).Schloss Schwerin und Schloss Chamborddienen – wenn auch in unterschiedlicherAusprägung – ähnlichen Zwecken. BeideGebäude werden staatlich verwaltet undauf besondere Weise genutzt. Währendbeim Schweriner Schloss die Funktion alsSitz des Landtages im Vordergrund steht,dominiert in Chambord – trotz der unmit-telbaren Zuordnung der Liegenschaft(Schloss und 5440 Hektar großer Park) zurVerwaltung des französischen Staatsprä-sidenten – die Nutzung als Museum.Gleichwohl tritt diese zu besonderen An-lässen, etwa beim Empfang von Staats-gästen, in den Hintergrund.

Philippe Martel stellte den Gästen die inChambord vorgenommenen Veränderun-gen vor, welche seiner Ansicht nach zu ei-ner deutlichen Steigerung der Besucher-zahlen geführt haben. Im Jahr 2007 be-sichtigten demnach rund 680.000 Men-schen Schloss Chambord – mehr als dieHälfte kam aus dem Ausland. Hinzuzu-rechnen seien etwa 250.000 Besucher,die sich lediglich außerhalb des Schlossesumgesehen haben, ohne eine Eintrittskar-te für das Museum zu lösen. Zum Ver-gleich: Die Zahl der Besucher des Schwe-riner Schlossmuseums verringerte sichvon mehr als 570.000 Personen im Jahr1990 auf 162.000 im Jahr 2006. Auf-grund ihrer Erfahrungen unterstrichen diefranzösischen Gesprächspartner die Be-deutung eines auf die Zielgruppen ausge-richteten Marketings. Von entscheiden-der Bedeutung sei es, den Besuchern bes-ten Service und möglichst interessant auf-bereitete Informationen zu bieten. DasMuseumsangebot auf die Interessen derBesucher auszurichten und zum Erlebniswerden zu lassen – durch Führungen inverschiedenen Sprachen, zusätzliche Aus-stellungen im Schloss und einen niveauvol-len Souvenirshop (Umsatz in Chambord:2 Mio. Euro/Jahr) – sei Kern des erfolgrei-chen Konzepts in Chambord, so Martel. In-teressiert zeigte er sich an den SchwerinerErfahrungen mit der Verpachtung des gas-tronomischen Angebotes. An dieser Stellesei Schwerin Chambord voraus.

Schlösser-KooperationberatenÄltestenrat besuchte das französische Schloss Chambord

Die Schlösser Schwerin und Chambord (Frankreich) werden künftig näher zu-sammenrücken und zum wechselseitigen Nutzen enger kooperieren. Dies istErgebnis der Reise des Ältestenrates des Landtages Mecklenburg-VorpommernMitte Juni in den 160 km südwestlich von Paris gelegenen Ort Chambord. DieParlamentarier waren einer zuvor mehrfach ausgesprochenen Einladung desDirektors der Domaine National de Chambord, Philippe Martel, gefolgt, dasLoire-Schloss kennen zu lernen und Möglichkeiten künftiger Zusammenarbeitzu beraten.

Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider und Philippe Martel,Direktor der Domaine National de Chambord

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Die Ähnlichkeit von Schloss Chambord mit demSchweriner Schloss ist unverkennbar.

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Die Schülerinnen und Schüler des Schweriner Pädagogiums hatten sich am 16. Juni fürdas „Schülerprojekt Parlament“ des Landtages besonders schick gemacht – schließlichschlüpften sie für einige Stunden in die Rolle von Abgeordneten. An Hand des Themas„Abschaffung der Zensuren in den Fächern Sport, Kunst und Musik“ spielten sie parla-mentarische Verfahren – einen Antrag stellen, Pro- und Kontra-Argumente sammelnund debattieren, abstimmen – durch. „Politikunterricht“, der Spaß macht, fanden dieJugendlichen. Und fast nebenbei haben sie eine Menge über die Arbeit derAbgeordneten gelernt.

Ausbildung für alle – unter diesem Motto hatte der DGB Nordanlässlich des Landeswandertages 2008 am 3. Juni rund 150Schülerinnen und Schüler ins Schweriner Schloss eingeladen. Unterder Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneiderdiskutierten die Jugendlichen mit Vertretern aller vier demokrati-schen Landtagsfraktionen darüber, wie das Ausbildungsplatz-problem gelöst werden kann. Nach Einschätzung des DGB wird esauch in diesem Jahr für mindestens ein Drittel der Bewerberinnenund Bewerber keinen betrieblichen Ausbildungsplatz im Landgeben. (v.l. DGB-Nord Vorsitzender Ingo Schlüter, Landtagspräsi-dentin Sylvia Bretschneider, Andrea Harms von der Landtags-verwaltung, dahinter v.r.: Marc Reinhardt, CDU; Thomas Schwarz,SPD; Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Am 18. Juni übergab Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider andie Kreisverbände Schwerin und Greifswald des DeutschenKinderschutzbundes e.V. Spendenschecks in Höhe von je 1.014,00Euro. Das Geld stammt aus den Einnahmen der Weihnachtsfeierdes Landtages im vergangenen Jahr. Eingesetzt werden sollen dieSpenden nach Angaben der Verbände für Qualifizierungs-maßnahmen von Mitarbeitern des Kinder- und Jugendtelefons. Beidem Kinder- und Jugendtelefon handelt es sich um ein anonymestelefonisches Gesprächs- und Beratungsangebot für Kinder undJugendliche. (v.l.n.r.: Heidi Eywill, Beate von Randow (KSBGreifswald), Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, NadineSchomann, Gabriele Jäger (KSB Schwerin)

Große Freude bei der Delegation aus Mecklenburg-Vorpommernbeim Bundesfinale „Jugend debattiert“, das am 15. Juni im großenSendesaal des RBB in Berlin ausgetragen wurde. Wiebke Neelsenvom Gerhart-Hauptmann-Gymnasium Wismar (3.v.r.), die sich beimLandesfinale M-V im Schweriner Schloss als Siegerin derSekundarstufe II für Berlin qualifiziert hatte, belegte unter 32Mitfinalisten ihrer Altersklasse den 3. Platz! Souverän debattiertesie in der Finalrunde das Thema: Sollen Managergehälter gesetzlichbegrenzt werden? Unter der Schirmherrschaft von Bundes-präsident Horst Köhler, der beim Finale dabei war, hatten sich bun-desweit 70.000 Schüler an rund 500 Schulen am Bundeswettbe-werb Jugend debattiert 2008 beteiligt.

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