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Langzeitarbeitslose in der Sozialwirtschaft In Deutschland und Europa (Teil III): Transnationale Erfahrungen und volkswirtschaftliche Rechnungen zu sozial(-)wirtschaftlichen Arbeitssektoren Fachtagung am 13. und 14 November in Sandviken / Schweden Prof. Dr. Frank Berg Horizont – Sozialwerk für Integration GmbH Dipl.-Ing. Marco Bünger EEPL GmbH, Finsterwalde Adler Management UG (Berlin) 13.11.2012 www.horizont-sozialwerk.de Doberlug-K. Lübbenau Finsterwalde Massen Klettwitz Rückersdorf Lauchhammer Bad Liebenwerda Drochow Brandenburg Berlin Thema und Kontakt Landkreise EE und OSL Im Süden Brandenburgs

Langzeitarbeitslose in der Sozialwirtschaft In Deutschland und Europa (Teil III): Transnationale Erfahrungen und volkswirtschaftliche Rechnungen zu sozial(-)wirtschaftlichen

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Langzeitarbeitslose in der SozialwirtschaftIn Deutschland und Europa (Teil III):

Transnationale Erfahrungen undvolkswirtschaftliche Rechnungenzu sozial(-)wirtschaftlichen Arbeitssektoren

Fachtagung

am 13. und 14 November in Sandviken / Schweden

Prof. Dr. Frank BergHorizont – Sozialwerk für Integration GmbH

Dipl.-Ing. Marco BüngerEEPL GmbH, Finsterwalde

Adler Management UG (Berlin)

13.11.2012 www.horizont-sozialwerk.de 1

Doberlug-K. Lübbenau Finsterwalde Massen Klettwitz Rückersdorf LauchhammerBad Liebenwerda Drochow

Brandenburg

Berlin

Thema und Kontakt

Landkreise EE und OSLIm Süden Brandenburgs

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Wirtschaftssektor Sozialwirtschaft im Wachstum:

• Europa: etwa 10 Millionen Vollarbeitsplätze in der Sozialwirtschaft• In Deutschland 1,9 bis 2,5 Millionen Arbeitsplätze (einschließlich Teilzeit)• Wachstumssektor!

Zum Beispiel kommunale und gemeinnützige Gesellschaften, Wohlfahrtsverbände (soziale und Gesundheitsdienste, Pflege) Werkstätten für Behinderte.

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Sozialwirtschaft (Soziale Ökonomie / social economy)

• Realisierung sozialer Ziele durch wirtschaftliche Betätigung

• Zwischen Markt und Staat

• öffentliche Förderungen + privatwirtschaftliche Einnahmen

• oft verbunden mit freiwilligen Engagement (solidarische Ökonomie)

Sozialwirtschaft bedeutet:

ÖffentlicherSektor

Privater Sektor (Markt)

Sozialwirt-schaftlicher

Sektor

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Sozialwirtschaft (Soziale Ökonomie) und Langzeitarbeitslose:

• Beschäftigung entsteht oft aus ehrenamtlichem Engagement, freiwilliger Arbeit

• Übergang von freiwilliger Arbeit zu bezahlter Erwerbsarbeit (fehlende Förderstrukturen)!

• Sozialkapital (statt finanziellem Kapital) spielt am Anfang oft eine Schlüsselrolle

• Tätigkeit oft in Geschäftsfeldern, die weder vom Staat noch vom Markt abgedeckt werden

• Märkte in der Regel lokal, regional

• Vernetzung mit Sozialsystem, Wirtschaftssystem, bürgerschaftlichem Engagement

• Andere Betriebswirtschaft, andere Wirtschaftsweise, anderes Marketing

• Gewinne JA, aber nicht für private Zwecke (non-profit)

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Sozialwirtschaft – ein wichtiger Wirtschaftszweig

Die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen bildet bisher nur einen sehr kleinen Teil der Sozialwirtschaft

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Sozialwirtschaft als Beschäftigungsort für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose

Europäische Beispiele für die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen in der Sozialwirtschaft:

• DOCK-Gruppe Schweiz (St. Gallen) Beschäftigung von 950 ehemaligen Langzeitarbeitslosen

• FAB e.V. Österreich (Linz) Beschäftigung von >500 Menschen mit Beeinträchtigungen

• Levanto Gruppe Belgien (Antwerp) Beschäftigung von 40 ehemaligen Langzeitarbeitslosen + Arbeitslose

• Stichting Surplus Niederlande (Enschede) Beschäftigung von 50 ehemaligen Langzeitarbeitslosen + Arbeitslose

• Horizont – Sozialwerk für Integration Deutschland (Südbrandenburg) Beschäftigung von 85 ehemaligen Langzeitarbeitslosen

• Sandviken Greenhouse …

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Sozialwirtschaft – kreative Anregungen aus eurpäischen Ländern (I)

• DOCK-Gruppe Schweiz (St. Gallen) Beschäftigung von 950 ehemaligen Langzeitarbeitslosen

• Die Dock Gruppe ist im Industriesektor tätig und erhält Aufträge, welche vormals in Billiglohnländer ausgelagert wurden.

• Löhne der Arbeiter werden vom Sozialamt bezahlt „Aktivierung passiver Leistungen“ (in Deutschland nicht möglich)

• Die übrigen Betriebskosten muss die Dock Gruppe selbst erwirtschaften.

Fotos: www.dock-stgallen.ch

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Sozialwirtschaft – kreative Anregungen aus europäischen Ländern (II)

Flandern (Belgien) – sozialwirtschaftlicher Sektor für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose in 3 Stufen:

• Level 1: Seit 1998 Sozialwerkstätten: heute 67 Betriebe mit 13.900 Beschäftigten (geschützte Werkstätten)

• Level 2: Seit 2000 Integrationsbetriebe für benachteiligte Gruppen (mit CSR): heute 269 Betriebe mit 1.200 Beschäftigten inklusive Training und Begleitung

• Level 3: Seit 2006 lokale Dienstleistungswirtschaft (mit CSR): Inklusion benachteiligter

Gruppen. heute 446 Betriebe mit 750 Beschäftigten

Gesamt (Flandern): 879 Betriebe mit über 19.000 Beschäftigten im sozialwirtschaftlichen Sektor

(Flandern = 13.000 qkm mit 6,5 Mio. Einwohner)

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Sozialwirtschaft – kreative Anregungen aus europäischen Ländern (III)

Dienstleistungsvoucher (DLV) für Langzeitarbeitslose (LZA)

Haushaltsnahe Dienstleistungen – Jobmaschine für LZA in Flandern (Belgien)

• 2004 Regierungsbeschluss: 25.000 neue Jobs für gering qualifizierte LZA

• Anerkannte Dienstleistungsunternehmen erhalten 7.50 €-Voucher (siehe Abb.) und können damit Langzeitarbeitslose engagieren Für jeden engagierten Langzeitarbeitslosen erhalten Unternehmen zusätzlich 13,50 € vom Staat.

• Haushaltsnahe Tätigkeiten: von Reinigung bis zum Transport behinderter Menschen; z.B. Reinigungsunternehmen, soziale Unternehmen, kommunale Unternehmen, Wohlfahrtsverbände

• Arbeiter erhalten beim Unternehmen normale Arbeitsverträge (Vollzeit, Teilzeit, sozialversichert, unfallversichert)

• heute 2.600 anerkannte DLV-Betriebe mit 137.000 Beschäftigten.

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Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit

Individuelle Folgen • psychische und gesundheitliche Folgen (Alkohol)• Entwertung der bisherigen Qualifizierung• gesellschaftlich-kulturelle und soziale Isolation (Stigmatisierung)• familiäre Spannungen und Konflikte• Schuldgefühle, Aggressivität • relative Verarmung

Gesellschaftliche Folgen• Verlust von Steuern und Sozialabgaben• hohe Kosten für Arbeitslosengeld• Reduzierung der Binnennachfrage• Anstieg der Kriminalität, politische Instabilität• Anstieg der Kosten für Gesundheit und Justiz

Langzeitarbeitslosigkeit hat individuelle und gesellschaftliche Folgen:

12.000 Langzeitarbeitslose in den Landkreisen EE und OSL / Südbrandenburg

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Gesamtgesellschaftliche Kosten der Arbeitslosigkeit

• Direkte Kosten eines Langzeitarbeitslosen ca. 18.500 €. Gesamtgesellschaftlichen Kosten eines Langzeitarbeitslosen ca. 65.000 € (=3,5fache) SROI Niederlande. • Kosten eines mit 50% geförderten Arbeitsplatzes ca. nur 8.400 €

• Arbeitslose Männer verbringen mehr als doppelt so viele Tage im Krankenhaus wie berufstätige Männer

• Sucht tritt bei Arbeitslosen ca. 4 mal so oft auf wie bei Berufstätigen

• Personen mit mehr als 2 Jahren Arbeitslosigkeit sterben 3,8-mal so häufig wie Berufstätige

• Kinder von Langzeitarbeitslosen gelangen viel häufiger wieder in Langzeitarbeitslosigkeit als Kinder von Berufstätigen. Quelle: www.bpb.de

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Langzeitarbeitslosigkeit und Gesundheit

Kosten Alkoholsucht

(Info vom Ärztenetzwerk Südbrandenburg)

• Entgiftung (Alkohol) 10-25 Tage: 6.000 € bis 17.500 €• Entwöhnung (Alkohol) 3-6 Monate 40.000 € bis 60.000 €• Gesamtkosten durchschnittlich 61.000 € pro Person

Rückfallquote: 80-90 Prozent

Unsere Erfahrungen mit einem Projekt „Trockene Alkoholiker“:

(Betreute Beschäftigung von alkoholkranken Langzeitarbeitslosen) Rückfallquote: nur 15 Prozent

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Langzeitarbeitslosigkeit = gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Bewältigung der Langzeitarbeitslosigkeit braucht Kooperation von

• Auf Bundesebene Deutschlands sind diese Haushalte getrennt! Deshalb fehlt eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung. Auf Kreisebene (districts) sind Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik verbunden (Jobcenter)•In Schweden, Belgien, Niederlande usw. sind diese Politikfelder auf kommunaler und regionaler Ebene besser verbunden

Alles tun, um die Chancen dieser Verknüpfungen zu nutzen!

Gesund-heits-politik

Arbeits-markt-politik

Sozial-politik