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A. Koutsonas 1  · A. Remky 2  · N. Plange 1 1  Augenklinik, Universitätsklinikum Aachen  2  Krankenhaus Barmherzige Brüder, Regensburg Langzeitergebnisse  nach Trabekulektomie  mit 5-Fluorouracil Hintergrund und Fragestellung Die Trabekulektomie (TE) als filtrierendes Operationsverfahren gilt trotz neuer Ver- fahren nach wie vor als eine Operation der ersten Wahl in der Glaukomchirurgie. Di- ese Methode basiert auf der iatrogenen Erzeugung eines künstlichen Abflusses von Kammerwasser in den subkonjunk- tivalen Raum (. Abb. 1) und wurde be- reits im Jahr 1968 von Cairns [3] erstbe- schrieben. Die Vernarbungsreaktion am Filter- kissen im Rahmen der postoperativen Wundheilung ist die häufigste Ursache für das Versagen dieser Operationsme- thode. Demnach ist die Vermeidung die- ser körpereigenen Antwort für den Er- folg des Eingriffes maßgebend. In zellu- lärer Ebene wird als wichtiger Faktor der Narbeninduktion die lokale Aktivierung von Fibroblasten (subkonjunktival sowie im Bereich der Tenonkapsel) postuliert [1, 6, 13, 19]. Es existieren mehrere Faktoren für ein erhöhtes Vernarbungsrisiko wie der Zu- stand nach erfolgloser Glaukomchirur- gie, Aphakie, Uveitis, chronischer Binde- hautreiz, Zustand nach mehrfacher loka- ler drucksenkender Therapie, Patienten afrikanischer bzw. karibischer Abstam- mung, Neovaskularisationsglaukom u. a. [15]. Der intra- und postoperative Einsatz der Antimetaboliten 5-Fluorouracil (5- FU) und Mitomycin C (MMC), der seit Anfang der 1980er-Jahre weltweit prak- tiziert wird, hat die Erfolgsrate insbeson- dere bei solchen Risikofällen einer erhöh- ten Vernarbung des Filterkissens deutlich steigern können [22, 24, 28, 36]. In Deutschland ist die intraopera- tive Gabe von MMC als Antimetabolit weit verbreitet. In der Literatur sind je- doch nur wenige Daten über eine iso- lierte 5-FU-Applikation perioperativ be- schrieben. 5-FU gilt hinsichtlich der zy- tostatischen Wirkung als weniger potent als MMC. Besonders in Hinsicht auf das Auftreten schwerer Komplikationen wie schwerer Hypotonie, (Spät-)Endophthal- mitis oder Hornhautendothelschäden wä- re die Erfassung möglicher Vorteile einer ausschließlichen 5-FU-Therapie sehr in- teressant. Dies muss dann in Relation ge- setzt werden zu einer möglicherweise schlechteren Erfolgsrate der TE mit 5-FU. Die vorliegende Studie soll die Ergebnisse der Trabekulektomie mit intra- und post- operativer Gabe von ausschließlich 5-FU vorstellen. Patienten und Methoden In dieser retrospektiven Studie wurden 71 konsekutive Trabekulektomien mit 5- FU bei Patienten mit Glaukom und einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 1 Jahr ausgewertet. Es wurden Patienten mit verschiedenen Glaukomformen ein- geschlossen: primäres Offenwinkelglau- kom (POWG; n=42), Pseudoexfoliations (PEX)-Glaukom (n=14), Pigmentglau- kom (n=3), Sekundärglaukom (rubeo- tisch, uveitisch, posttraumatisch, n=10). Des Weiteren wurden 2 Patienten mit okulärer Hypertension und Druckwerten über 30 mmHg eingeschlossen. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 68,4±10,7 Jahre. Die mittlere Abweichung (MD) im statischen Gesichtsfeld war präoperativ im Mittel bei −14,6±9,3 dB (Spannweite+0,62 bis −31,75 dB). Die Indikation zur Glaukomoperati- on wurde bei der Mehrheit der Patienten (n=57) wegen einer dekompensierten Drucksituation trotz maximaler Thera- pie gestellt (Zieldruck nicht erreicht), bei n=12 wegen einer Unverträglichkeit der lokalen drucksenkenden Therapie sowie bei n=2 wegen einer gesicherten Progres- sion der Gesichtsfelddefekte unter lokaler drucksenkender Therapie. Operationsmethode Der Eingriff erfolgte bei allen Patienten in parabulbärer Lokalanästhesie mit zu- sätzlicher intracameraler Xylocain-Ap- plikation durch einen erfahrenen Opera- teur (NP). Nach limbusnaher Bindehaut- eröffnung (fornixbasierter Bindehautflü- gel) wurde 5-FU (Dosis 45 mg in 1,5 ml) auf Methocelschwamm (8×8 mm) für 5 min subkonjunktival eingelegt. Dies ent- spricht einer effektiven Dosis von 5 mg. Dann erfolgten die Skleradeckelpräpara- tion (4,5×4,5 mm) und die Trabekulek- tomie (2×3 mm), basale Iridektomie so- wie anschließend die Fixation des De- ckels mit Nylon 10-0. Abschließend wur- de eine Bindehautnaht mit resorbierba- rem Vicrylfaden 10-0 und eine Applika- tion von 50 mg Prednisolon subkonjunk- tival durchgeführt. Es wurden keine ad- justierbaren Nähte oder Suturolysis ver- wendet. Die Patienten wurden nicht zur Ophthalmologe 2013  DOI 10.1007/s00347-013-2970-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 1 Der Ophthalmologe 2013| Originalien

Langzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil; Long-term results after trabeculectomy with 5-fluorouracil;

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Page 1: Langzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil; Long-term results after trabeculectomy with 5-fluorouracil;

A. Koutsonas1 · A. Remky2 · N. Plange1

1 Augenklinik, Universitätsklinikum Aachen 2 Krankenhaus Barmherzige Brüder, Regensburg

Langzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil

Hintergrund und Fragestellung

Die Trabekulektomie (TE) als filtrierendes Operationsverfahren gilt trotz neuer Ver-fahren nach wie vor als eine Operation der ersten Wahl in der Glaukomchirurgie. Di-ese Methode basiert auf der iatrogenen Erzeugung eines künstlichen Abflusses von Kammerwasser in den subkonjunk-tivalen Raum (. Abb. 1) und wurde be-reits im Jahr 1968 von Cairns [3] erstbe-schrieben.

Die Vernarbungsreaktion am Filter-kissen im Rahmen der postoperativen Wundheilung ist die häufigste Ursache für das Versagen dieser Operationsme-thode. Demnach ist die Vermeidung die-ser körpereigenen Antwort für den Er-folg des Eingriffes maßgebend. In zellu-lärer Ebene wird als wichtiger Faktor der Narbeninduktion die lokale Aktivierung von Fibroblasten (subkonjunktival sowie im Bereich der Tenonkapsel) postuliert [1, 6, 13, 19].

Es existieren mehrere Faktoren für ein erhöhtes Vernarbungsrisiko wie der Zu-stand nach erfolgloser Glaukomchirur-gie, Aphakie, Uveitis, chronischer Binde-hautreiz, Zustand nach mehrfacher loka-ler drucksenkender Therapie, Patienten afrikanischer bzw. karibischer Abstam-mung, Neovaskularisationsglaukom u. a. [15]. Der intra- und postoperative Einsatz der Antimetaboliten 5-Fluorouracil (5-FU) und Mitomycin C (MMC), der seit Anfang der 1980er-Jahre weltweit prak-tiziert wird, hat die Erfolgsrate insbeson-dere bei solchen Risikofällen einer erhöh-

ten Vernarbung des Filterkissens deutlich steigern können [22, 24, 28, 36].

In Deutschland ist die intraopera-tive Gabe von MMC als Antimetabolit weit verbreitet. In der Literatur sind je-doch nur wenige Daten über eine iso-lierte 5-FU-Applikation perioperativ be-schrieben. 5-FU gilt hinsichtlich der zy-tostatischen Wirkung als weniger potent als MMC. Besonders in Hinsicht auf das Auftreten schwerer Komplikationen wie schwerer Hypotonie, (Spät-)Endophthal-mitis oder Hornhautendothelschäden wä-re die Erfassung möglicher Vorteile einer ausschließlichen 5-FU-Therapie sehr in-teressant. Dies muss dann in Relation ge-setzt werden zu einer möglicherweise schlechteren Erfolgsrate der TE mit 5-FU. Die vorliegende Studie soll die Ergebnisse der Trabekulektomie mit intra- und post-operativer Gabe von ausschließlich 5-FU vorstellen.

Patienten und Methoden

In dieser retrospektiven Studie wurden 71 konsekutive Trabekulektomien mit 5-FU bei Patienten mit Glaukom und einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 1 Jahr ausgewertet. Es wurden Patienten mit verschiedenen Glaukomformen ein-geschlossen: primäres Offenwinkelglau-kom (POWG; n=42), Pseudoexfoliations (PEX)-Glaukom (n=14), Pigmentglau-kom (n=3), Sekundärglaukom (rubeo-tisch, uveitisch, posttraumatisch, n=10). Des Weiteren wurden 2 Patienten mit okulärer Hypertension und Druckwerten über 30 mmHg eingeschlossen.

Das mittlere Alter der Patienten lag bei 68,4±10,7 Jahre. Die mittlere Abweichung (MD) im statischen Gesichtsfeld war präoperativ im Mittel bei −14,6±9,3 dB (Spannweite+0,62 bis −31,75 dB).

Die Indikation zur Glaukomoperati-on wurde bei der Mehrheit der Patienten (n=57) wegen einer dekompensierten Drucksituation trotz maximaler Thera-pie gestellt (Zieldruck nicht erreicht), bei n=12 wegen einer Unverträglichkeit der lokalen drucksenkenden Therapie sowie bei n=2 wegen einer gesicherten Progres-sion der Gesichtsfelddefekte unter lokaler drucksenkender Therapie.

Operationsmethode

Der Eingriff erfolgte bei allen Patienten in parabulbärer Lokalanästhesie mit zu-sätzlicher intracameraler Xylocain-Ap-plikation durch einen erfahrenen Opera-teur (NP). Nach limbusnaher Bindehaut-eröffnung (fornixbasierter Bindehautflü-gel) wurde 5-FU (Dosis 45 mg in 1,5 ml) auf Methocelschwamm (8×8 mm) für 5 min subkonjunktival eingelegt. Dies ent-spricht einer effektiven Dosis von 5 mg. Dann erfolgten die Skleradeckelpräpara-tion (4,5×4,5 mm) und die Trabekulek-tomie (2×3 mm), basale Iridektomie so-wie anschließend die Fixation des De-ckels mit Nylon 10-0. Abschließend wur-de eine Bindehautnaht mit resorbierba-rem Vicrylfaden 10-0 und eine Applika-tion von 50 mg Prednisolon subkonjunk-tival durchgeführt. Es wurden keine ad-justierbaren Nähte oder Suturolysis ver-wendet. Die Patienten wurden nicht zur

Ophthalmologe 2013 DOI 10.1007/s00347-013-2970-3© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

1Der Ophthalmologe 2013  | 

Originalien

Page 2: Langzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil; Long-term results after trabeculectomy with 5-fluorouracil;

Filterkissenmassage angeleitet. Eine Fil-terkissenmassage erfolgte ausschließlich im Rahmen der postoperativen Kontrol-len, um die Filtration der Trabekulekto-mie für die Indikation einer Needlingpro-zedur/Revision zu beurteilen.

Eine Woche vor der geplanten Opera-tion wurde, soweit möglich, bei den Pa-tienten eine zusätzliche Gabe von kon-servierungsfreien Steroidtropfen bzw. bei Patienten mit multiplen Tropfunverträg-lichkeiten auch eine Umstellung auf sys-temische Acetazolamid-Therapie durch-geführt.

Nach erfolgter TE wurden alle Pati-enten mit lokalen Prednisolon-haltigen Augentropfen (Inflanefran forte AT 1%, Alcon) zunächst stündlich, dann in den folgenden Wochen ausschleichend be-handelt.

Es erfolgte eine intensivierte postope-rative Kontrolle im Rahmen der Glau-komsprechstunde modifiziert nach dem Würzburger Schema [21]. Postoperativ wurden die Filterkissenprominenz, das Vorliegen von Mikrozysten als positives Kriterium, das Vorliegen von Korkenzie-hergefäßen als ungünstiges Kriterium so-

wie das Vorliegen einer Tenonzyste be-urteilt.

Kriterien für eine postoperative 5-FU-Gabe waren deutliche Korkenzieherge-fäße, Augendruck (IOD) über 10 mmHg oder eine beginnende Tenonzyste. Indi-kation für ein postoperatives Needling mit 5-FU war eine vorliegende Tenonzy-ste mit Druckanstieg trotz subkonjunkti-valer 5-FU-Gaben. Für die postoperati-ven 5-FU-Interventionen wurde eine Do-sis von 5 mg eingesetzt, die Applikation erfolgte subkonjunktival im Bereich des Filterkissens über einen lateralen Binde-hauttunnel.

Eine moderate Aderhautamotio bei niedrigem Druck und sicher stehender Vorderkammer wurde nicht als Kompli-kation gewertet.

Die Gabe von augendrucksenkenden Augentropfen erfolgte frühestens nach 3 Monaten postoperativ. Die Entschei-dung zu den jeweiligen Wirkstoffen er-folgte individualisiert.

Primäre Endpunkte

Der absolute (ohne drucksenkende The-rapie, „complete success“) und der rela-tive Erfolg (mit drucksenkender Therapie, „qualified success“) wurde für die Druck-niveaus ≤21 mmHg, ≤18 mmHg, ≤15 mm-Hg und ≤12 mmHg nach 6 und 12 Mona-ten berechnet.

Das Erreichen eines Erfolgskriteriums basiert nicht auf dem individuellen Ziel-druck.

Die Augendruckmessung erfolgte durch Applanationstonometrie nach Goldmann.

Sekundäre Endpunkte

Weiterhin wurden die Häufigkeiten post-operativer 5-FU-Gaben (an der Spaltlam-pe) und Needlingprozeduren (ambulanter Eingriff unter dem Mikroskop) sowie die postoperativen Komplikationen erfasst.

Schließlich wurde als Gesichtsfeld-index die mittlere Abweichung („mean deviation“, MD) im statischen Gesichts-feld (Humphrey-Zeiss, Algorithmus 24-2 SITA weiß/weiß) präoperativ sowie 6 bzw. 12 Monate postoperativ registriert.

Statistische Analyse

Die statistische Auswertung erfolgte mit der StatView Software (SAS Institute Inc.). Für paarige Vergleiche wurde der gepaarte t-Test angewandt. Als statistisch signi-fikant wurde ein p-Wert unter 0,05 be-trachtet.

Ergebnisse

Insgesamt wurden von den 71 konseku-tiv erfassten Trabekulektomien n=55 Pa-tienten bei der Auswertung berücksich-tigt. Bei n=15 Patienten lagen keine Nach-beobachtungsdaten für die Analyse nach 6 Monaten oder 1 Jahr vor. Bei n=1 kam es nach der TE zu einer Hornhautdekom-pensation. Bei diesem Patienten waren vor der TE multiple Netzhauteingriffe bei komplizierter Intraokularlinsendislokati-on vorangegangen.

Der IOD in der Studienpopulation war präoperativ 29,2±7,5 mmHg (max. 52 mmHg, min. 16 mmHg) unter druck-senkender Therapie. Präoperativ waren

Abb. 1 9 Prominentes funktionelles Filterkis-sen mit Mikrozysten, jedoch ohne Korken-ziehergefäße oder Te-nonzyste nach Trabe-kulektomie mit 5-FU. Bei diesem Patienten mit primärem Offen-winkelglaukom waren  keine postoperativen  5-FU-Gaben oder Needlingprozeduren notwendig. Der Au-gendruck lag nach 1 Jahr bei 13 mmHg

40

35

25

Tens

io [m

mH

g]

20

15

10

5

0prä-OP 1 Jahr

12,8 ± 4,312,7 ± 4,1

29,2 ± 7,5

6 Monate

30

Abb. 2 9 Mittlerer Augendruck (± SD) vor sowie 6 und 12 Mona-te nach Trabekulekto-mie mit 5-FU bei den 55 Patienten

2 |  Der Ophthalmologe 2013

Originalien

Page 3: Langzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil; Long-term results after trabeculectomy with 5-fluorouracil;

im Mittel 3±1,4 Wirkstoffe notwendig. Bei einigen Patienten war zusätzlich eine sys-temische Acetazolamid-Gabe zur Druck-kontrolle erfolgt.

Postoperativ lag der IOD nach 6 Mo-naten im Mittel bei 12,7±4,1 mmHg (max. 24 mmHg, min. 5 mmHg) bzw. nach 1 Jahr bei 12,8±4,3 mmHg (max. 28 mm-Hg, min. 5 mmHg), jeweils signifikant niedriger im Vergleich zum präoperativen Ausgangswert (p<0,0001; . Abb. 2).

Nach 6 Monaten zeigte sich ein absolu-ter Erfolg bei 92% (Kriterium ≤21 mmHg), bei 87% (Kriterium ≤18 mmHg), bei 79% (Kriterium ≤15 mmHg) bzw. 52% (Krite-rium ≤12 mmHg). Ein relativer Erfolg zeig-te sich bei 96% (Kriterium ≤21 mmHg), bei 90% (Kriterium ≤18 mmHg), bei 81% (Kriterium ≤15 mmHg) bzw. 54% (Krite-rium ≤12 mmHg; . Abb. 3a).

Nach 12 Monaten zeigte sich ein absolu-ter Erfolg bei 87% (Kriterium ≤21 mmHg), bei 84% (Kriterium ≤18 mmHg), bei 51% (Kriterium ≤15 mmHg) bzw. 56% (Krite-rium ≤12 mmHg). Ein relativer Erfolg zeig-te sich bei 96% (Kriterium ≤21 mmHg), bei 93% (Kriterium≤18 mmHg), bei 58% (Kriterium ≤15 mmHg) bzw. 58% (Krite-rium ≤12 mmHg; . Abb. 3b).

Eine lokale drucksenkende Therapie war nach 1 Jahr bei 5 Patienten erforder-lich.

Einsatz von 5-FU postoperativ

Keine postoperative Intervention erfolgte bei n=30 Patienten. Subkonjunktivale 5-FU-Gaben wurden bei n=25 durchgeführt (im Mittel 2,3 Behandlungen). Ein Need-ling mit 5-FU erfolgte bei n=6 (im Mit-tel 1,6 Behandlungen). Von diesen letzten 6 Patienten war jedoch ein Spätneedling mit 5-FU nach den ersten 6 Monaten nur bei n=2 erforderlich.

Komplikationen

Eine passagere Hypotonie mit flacher Vorderkammer zeigte sich bei n=6 Pa-tienten. Eine operationswürdige Katarakt-entwicklung zeigte sich bei n=5 Patienten (bei diesen Patienten erfolgte innerhalb der Nachbeobachtungszeit eine Katarakt-operation ohne signifikanten Einfluss auf die postoperativen Tensiowerte und ins-besondere ohne Anhalt für ein induziertes

Zusammenfassung · Abstract

Ophthalmologe 2013 · [jvn]:[afp]–[alp]   DOI 10.1007/s00347-013-2970-3© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

A. Koutsonas · A. Remky · N. PlangeLangzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil

ZusammenfassungFragestellung.  Die Trabekulektomie (TE) gilt als eine Operation der ersten Wahl in der Glaukomchirurgie. Der Einsatz von Antime-taboliten, insbesondere Mitomycin C, hat die Erfolgsrate gesteigert. Diese Studie soll die Ergebnisse nach TE mit 5-Fluorouracil (5-FU) vorstellen.Methodik.  Es wurden 71 konsekutive Tra-bekulektomien mit 5-FU bei dekompensier-tem Glaukom und einer Nachbeobachtungs-zeit von 1 Jahr retrospektiv ausgewertet. Der absolute (ohne Therapie) und relative Erfolg (mit Therapie) wurde für die Druckniveaus ≤21 mmHg, ≤18 mmHg, ≤15 mmHg und ≤12 mmHg nach 6 und 12 Monaten berech-net. Daneben wurden postoperative 5-FU-Gaben, Needlingprozeduren und Komplika-tionen erfasst.Ergebnisse.  Bei der Auswertung wurden insgesamt n=55 Patienten berücksichtigt. Der Augeninnendruck (IOD) war präoperativ 29,6±7,3 mmHg (3±1,4 Wirkstoffe, teils Dia-mox), nach 6 Monaten 13,2±4,1 mmHg, nach 1 Jahr 13,7±4,3 mmHg. Nach 6 Monaten zeig-te sich ein absoluter Erfolg für die angegebe-

nen Druckniveaus bei 92, 87, 79 bzw. 52%. Ein relativer Erfolg zeigte sich bei 96, 90, 81 bzw. 54%. Nach 12 Monaten zeigte sich ein absoluter Erfolg für die angegebenen Druck-niveaus bei 87, 84, 51 bzw. 56%. Ein relati-ver Erfolg zeigte sich bei 96, 93, 58 bzw. 58%. Einsatz von 5-FU postoperativ: keine Inter-vention bei n=30; subkonjunktivale 5-FU-Ga-ben bei n=25; Needling mit 5-FU bei n=6. Eine passagere Hypotonie mit flacher Vorder-kammer zeigte sich bei 6 Patienten, Katarakt-entwicklung bei 5 Patienten. Ein Patient erlitt eine Hornhautdekompensation bei Zustand nach multiplen Voroperationen.Schlussfolgerung.  Die TE mit intraoperativer 5-FU-Gabe zeigt sehr gute Erfolgsraten nach 1 Jahr. Schwerwiegende Komplikationen werden selten beobachtet. Die intraoperati-ve 5-FU-Gabe stellt eine mögliche Alternative zur TE mit Mitomycin C dar.

SchlüsselwörterAntimetaboliten · Mitomycin C · Erfolgsrate · Glaukomchirurgie · Komplikationen

Long-term results after trabeculectomy with 5-fluorouracil

AbstractPurpose.  Trabeculectomy is among the first choice surgical treatments for glaucoma. An-timetabolites, especially mitomycin C, have improved the success rate. The aim of this study is to present the results of trabeculec-tomy with 5-fluorouracil (5-FU).Methods.  A total of 71 consecutive trabec-ulectomies with 5-FU for decompensated glaucoma with at least 1 year follow-up data were retrospectively evaluated. The absolute (without therapy) and relative (with therapy) success rates for glaucoma medication were determined for intraocular pressure (IOP) lev-els of ≤21 mmHg, ≤18 mmHg, ≤15 mmHg and ≤12 mmHg respectively. Postoperative 5-FU administration rates, needling proce-dures and complications were recorded.Results.  Sufficient follow-up data were avail-able for a total of 55 patients. The average IOP was preoperatively 29.6±7.3 mmHg (3±1.4 active ingredients, partly acetazolamide), af-ter 6 months 13.2±4.1 mmHg and after 1 year 13.7±4.3 mmHg. Complete success at 6 months postoperatively for the given pres-sure levels: were 92 %, 87 %, 79 % and 52% 

and at 1 year 87 %, 84 %, 51 % and 56%, re-spectively. Postoperative relative success for these pressure levels at 6 months were 96 %, 90 %, 81 % and 54% and at 1 year 96 %, 93 %, 58 % and 58%, respectively. Administrations of 5-FU postoperatively were no intervention (n=30 patients), subconjunctival 5-FU ad-ministration (n=25) and needling procedures (n=6). A temporary hypotension with a shal-low anterior chamber was seen in 6 patients, cataract development in 5 patients and 1 pa-tient developed corneal decompensation (multiple previous operations before trabec-ulectomy).Conclusion.  Trabeculectomy with intraoper-ative 5-FU administration showed very high success rates after 1 year. Serious complica-tions were rarely seen. Intraoperative 5-FU administration can be considered as an alter-native treatment to trabeculectomy with in-traoperative use of mitomycin C.

KeywordsGlaucoma surgery · Antimetabolites · Mitomycin C · Success rate · Complications

3Der Ophthalmologe 2013  | 

Page 4: Langzeitergebnisse nach Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil; Long-term results after trabeculectomy with 5-fluorouracil;

Filterkissenversagen). Bei n=2 Patienten kam es zu einem protrahierten Hyphäma mit spontaner Resorption nach ca. 6 Wo-chen (beide Patienten erhielten ein Cuma-rinderivat). Bei n=2 Patienten entwickel-te sich eine milde Epitheliopathie bei wie-derholten postoperativen 5-FU-Gaben. Ein Patient klagte über eine protrahierte, jedoch passagere Visusverschlechterung ohne Makulopathie. Bei einem Patien-ten kam es zur Progression der Gesichts-felddefekte. Ein Patient entwickelte eine Makulablutung bei bekannter exsudati-ver altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) als Nebendiagnose. Fälle von En-dophthalmitis, einer Filterkissenleckage bzw. einer hypotonen Makulopathie wur-den nicht beobachtet.

Die mittlere Abweichung (MD) im sta-tischen Gesichtsfeld war präoperativ im Mittel bei −14,6±9,3 dB. Nach 6 Monaten lag die MD bei −15,2±9,3 dB (p=0,79) und nach 1 Jahr bei −14,5±9,5 dB (p=0,74).

Diskussion

Der Einsatz von Antimetaboliten bei der TE hat die Erfolgsraten dieser filtrieren-den Operationsmethode durch Hem-mung der fibrotischen Reaktion deutlich steigern können [16]. Was in den frühen 1980er-Jahren im Rahmen von Pilotstu-dien bei Hochrisikopatienten begann [4, 12], entwickelte sich schon in den 1990er-Jahren zu einer Methode der Wahl auch bei primären Trabekulektomien [5].

In den aktuellen Empfehlungen der European Glaucoma Society (EGS) wer-den mehrere Kriterien für den Einsatz von Antimetaboliten bei der TE aufgelistet:F  Zustand nach erfolgloser filtrierender

Glaukomchirurgie,F  Zustand nach Kataraktchirurgie (Bin-

dehautinzision),F  Neovaskularisationsglaukom,F  Aphakie (intrakapsuläre Chirurgie),

F  kurzfristig vorausgegangene intraoku-lare Chirurgie (<3 Monate),

F  entzündliche Augenerkrankung (z. B. Uveitis, okuläres Pemphigoid, Ste-vens-Johnson-Syndrom),

F  afrokaribische/hispanische Bevölke-rung,

F  junger Patient,F  chronische lokale Medikamententhe-

rapie.

Nach diesen aufgeführten Kriterien wird ersichtlich, dass bei der Mehrheit der Glaukompatienten die Antimetaboliten-gabe bei der TE empfohlen wird.

Für die Bewertung der Erfolgsrate der TE mit oder ohne Antimetaboliten spie-len neben der Definition dieser Erfolgs-rate die postoperative Therapie, die Glau-komform und die individuelle präope-rative Ausgangssituation eine wichtige Rolle. Ehrnrooth et al. [8] zeigten bei-spielsweise in einer retrospektiven Ana-lyse nach TE ohne Antimetaboliten (Po-pulation mit 55 POWG-Patienten bzw. 83 PEX-Glaukompatienten) eine Erfolgs-rate (definiert als IOD ≤21 mmHg) von 82% nach 1 Jahr, 70% nach 2 Jahren, 64% nach 3 Jahren bzw. 52% nach 4 Jahren. In der POWG-Subpopulation war die Er-folgsrate signifikant höher im Vergleich zur PEX-Glaukomgruppe. Die Autoren dieser Studie konnten die Erfolgsraten-diskrepanz zwischen PEX- und POWG-Glaukom nicht sicher erklären. Die PEX-Glaukomgruppe war signifikant älter und hatte einen signifikant höheren Ausgangs-druck im Vergleich zur der POWG-Glau-komsubpopulation. Die Faktoren Alter und Ausgangsdruck hatten jedoch in de-ren Auswertung keinen statistisch prädik-tiven Charakter bezüglich des Therapieer-folgs der Trabekulektomie.

Die Langzeiteffekte nach TE mit in-traoperativer MMC-Gabe im Vergleich zur TE ohne Antimetaboliten wurden von Reibaldi et al. [25] ausgewertet. Ins-gesamt wurden 114 POWG-Patienten in dieser Studie eingeschlossen. Neun Jah-re nach primärer TE mit MMC (n=67) bzw. TE ohne Antimetabolit (n=47) zeig-te sich ein absoluter Therapieerfolg (IOD ≤18 mmHg) bei 73,1 bzw. 51,1% (p=0,027), eine weitere Glaukomchirurgie war bei 9 bzw. 25,5% erforderlich (p=0,040). Zu einer Progression der Gesichtsfelddefek-

Erfolgsrate nach 6 monaten

Erfo

lgsr

ate

[rel

.]

0,96 0,92 0,9 0,870,81 0,79

0,54 0,52

IOD ≤ 12 mmHgIOD ≤ 15 mmHgIOD ≤ 18 mmHgIOD ≤ 21 mmHg

1

0,8

0,6

0,4

0,2

0

relativ (mit Therapie) absolut (mit Therapie)

0,96

0,870,93

0,84

0,58 0,580,51

0,56

relativ (mit Therapie) absolut (ohne Therapie)

Erfolgsrate nach 1 Jahr

IOD ≤ 12 mmHgIOD ≤ 15 mmHgIOD ≤ 18 mmHgIOD ≤ 21 mmHg

Erfo

lgsr

ate

[rel

.]

1

0,8

0,6

0,4

0,2

0

a

b

Abb. 3 8 Relative (mit Therapie) und absolute (ohne Therapie) Erfolgsraten a 6 Monate bzw. b 1 Jahr nach Trabekulektomie mit 5-FU. IOD Augendruck

4 |  Der Ophthalmologe 2013

Originalien

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Tab. 1  Vergleichsstudien Trabekulektomie mit 5-Fluorouracil (5-FU) vs. Mitomycin C (MMC) intraoperativ

Autor Studien-design

Nachbeobachtungszeit Anzahl der Patienten

Kol-lektiv

Augendruckergebnis Post-operative 5-FU-Gaben/Needling

Komplikationen

MMC 5FU MMC 5FU

Singh et al. 1997 [27]

Prospektiv 9,9±4,5 Mo-nate

10,3±4,3 Mo-nate

44 37 West-afrika

MMC bei IOD <21 signi-fikant besser (kleiner 18 und 15 nicht signifikant), mittlerer IOD 13,7 (MMC) vs. 16,3 (5-FU)

Nein Idem

Mostafa-ei 2011 [22]

Prospektiv 6 Monate 6 Monate 22 18 Iran Idem, mittlerer IOD 11,4 (MMC) vs. 13,6 (5-FU) nicht signifikant

? Idem

Anand und Dawda 2012 [2]

Retrospektiv 38 Monate 53 Monate 59 73 West-afrika

IOD niedriger bei MMC alle Visits, IOD <19 mmHg nach 3 Jahren: 50% (5-FU) vs. 76% (MMC)

? Hypotonie 4/59 nur bei MMC, bei 5-FU mehr Need-lingrevisionen, sonst idem

Singh et al. 2000 [28]

Prospektiv 334 Tage 313 Tage 54 54 USA, über-wie-gend Kauka-sier

Idem, IOD <18 96,3% (MMC) vs. 87% (5-FU)

Postoperativ 5-FU in bei-den Gruppen idem

Idem

Kim et al. 2008 [17]

Retrospektiv 6,5 Jahre 7,5 Jahre 30 38 West-afrika

Mittlerer IOD 18,3 (MMC) vs. 19,7 (5-FU) idem, relati-ver Erfolg idem, absoluter Erfolg <21 55,2% (MMC) vs. 24,3% (5-FU), p=0,02

Postoperativ 5-FU in bei-den Gruppen idem

Idem

Wu-Dunn et al. 2002 [35]

Prospektiv 12 Monate 12 Monate 58 57 USA, über-wie-gend Kauka-sier

Idem, mittlerer IOD 9,9 (MMC) vs. 10,9 (5-FU) nicht signifikant, IOD ≤18: 87% (MMC) vs. 94% (5-FU) nicht signifikant

Postoperativ 5-FU in bei-den Gruppen idem

Nur in der MMC-Gruppe: Endopht-halmitis (2 Fälle), hypotone Maku-lopathie (1 Fall), suprachoroidale Blutung (1 Fall)(Cave: vgl. Palan-ca-Capistrano)

Palanca-Capis-trano et al. 2009 [24]

Verglei-chende Fallserie, Erweiterung der pros-pektiven Studie von WuDunn et al. 2002

45,3±28,0 Mo-nate

53,4±31,4 Mo-nate

28 32 USA, über-wie-gend Kauka-sier

Idem, Erfolg nach 5 Jah-ren (5 < IOD <22, >20% Reduktion) 66% (MMC) vs. 76% (5-FU) nicht signi-fikant

Postoperativ 5-FU in bei-den Gruppen idem

Idem (vgl. Wu-Dunn et al. 2002)

Smith et al. 1997 [31]

Retrospektiv 22,6 Monate 19,4 Monate 37 36 USA Idem, mittlerer IOD 10,2 (MMC) vs. 9,7 (5-FU) nicht signifikant

Nur in 5-FU-Gruppe (21,5 mg mitt-lere Gesamt-dosis)

Mehr Keratitis punctata in der 5-FU-Gruppe, sonst idem

Oh Sy et al. 1994 [23]

Prospektiv 6 Monate 6 Monate 29 26 Korea Relativer Erfolg <21: 89,7% (MMC) vs. 76,9% (5-FU), p<0,005; mittlerer IOD 15,6 (MMC) vs. 17,6 (5-FU) nicht signifikant

? Idem

Vijaya L et al. 2000 [34]

Prospektiv 16,1 Monate 13,4 Monate 16 16 Indien Idem, IOD <16 mit 30% Senkung: 87,5% (MMC) vs. 68,8% (5-FU) nicht signi-fikant

Adjustierbare Nähte idem, 5-FU postope-rativ unklar

Idem

MMC Mitomycin C, IOD Augendruck, 5-FU 5-Fluorouracil.

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te kam es bei 21,1% in der MMC-Gruppe und bei 48,6% in der Kontrollgruppe oh-ne Antimetaboliten (p=0,009).

Frühe Studien zum Effekt von 5-FU haben ein ausschließlich postoperatives Applikationsprotokoll berücksichtigt. In der Fluorouracil Filtering Surgery Study waren die Erfolgsraten im mit 5-FU be-handelten Arm nach 1 Jahr bei 73%, nach 3 Jahren bei 51% und nach 5 Jahren bei 49% und damit höher als ohne 5-FU. Bei dieser Studie wurden Hochrisikopatien-ten eingeschlossen, unter anderem auch Patienten mit Zustand nach erfolgloser Glaukomchirurgie [9, 10, 33]. In einer Stu-die von Sidoti et al. [26] nach TE mit in-tra- sowie postoperativer 5-FU-Applika-tion werden die Erfolgsraten bei einem Druck <21 mmHg nach 6, 12 und 15 Mo-naten bei 100, 97 und 83% entsprechend angegeben. Es wurden 41 Patienten in die-se Studie eingeschlossen.

Marquardt et al. [21] haben retrospek-tiv 177 Trabekulektomien (168 Patienten) ohne intraoperative Antimetabolitenap-plikation analysiert. Ziel der Studie war die Beurteilung der Langzeiterfolgsraten mit intensivierter postoperativer Nach-sorge („intensified postoperative care“, IPC) bzw. konventionellem Follow-up. Die IPC bestand aus 3 Säulen: 1. Anpassung der lokalen Steroidappli-

kation je nach Korkenzieherreiz, 2. 5 bis 13 subkonjunktivale 5-FU-Injek-

tionen bei Verdacht auf beginnende Filterkissenvernarbung und

3. zusätzliches Needling mit oder ohne 5-FU bei Feststellung eines abgekap-selten Filterkissens.

Die mittlere Nachbeobachtungszeit be-trug 4,5 Jahre. Als Erfolg wurde ein IOD von ≤21 mmHg bzw. eine Senkung des IOD von mindestens 20% im Vergleich zum präoperativen vorbehandelten Aus-gangswert gewertet. In der IPC-Gruppe war der absolute Erfolg bei 61,6 vs. 31,7% in der Gruppe mit konventionellem Fol-low-up und damit signifikant höher.

Welche Rolle spielt die intraoperative Antimetabolitengabe bei der Trabekulek-tomie? In Großbritannien wurde im Jahr 1999 eine Umfrage zur Verwendung von Antimetaboliten bei der TE durchgeführt: 82% der teilnehmenden Ophthalmologen haben eine Anwendung von Antimetabo-

liten bei der TE angegeben. Davon ha-ben 93% 5-FU benutzt und 41% MMC [30]. Die Autoren dieser Studie nannten als mögliche Ursachen dieser Präferenz einerseits die Annahme der Ophthalmo-logen, dass das Vernarbungsrisiko in der überwiegend weißen Population als nicht sehr hoch einzustufen sei, andererseits die Tatsache, dass 5-FU im Vergleich zu MMC von den Glaukomchirurgen als si-cherer betrachtet wurde. Eine entspre-chende Umfrage in den Vereinigten Staa-ten im Jahr 2002 zeigte eine Präferenz der Glaukomchirurgen zugunsten von MMC im Vergleich zu 5-FU [14]. Dieser Trend lässt sich auch in Deutschland beobach-ten. Die Autoren dieser Umfrage erklär-ten dieses Phänomen durch die klinische Erfahrung der Operateure, die MMC als potenter (im Vergleich zu 5-FU) und die möglichen schwerwiegenden Komplika-tionen als selten einstuften. Khaw [16] postulierte, dass dieser Trend in den Ver-einigten Staaten auf den Ergebnissen ran-domisierter Studien der frühen 1990er-Jahre, die eine Überlegenheit von MMC zeigten, sowie auf der Praktikabilität der einmaligen intraoperativen MMC-Ap-plikation basierte [16]. In der Collabo-rative Initial Glaucoma Treatment Study (CIGTS), einer großen randomisierten Studie aus den USA zur Beantwortung der Frage, ob bei erstdiagnostizierten Of-fenwinkelglaukomen (POWG, Pigment- bzw. PEX-Glaukom) eine drucksenkende Tropftherapie oder eine primäre Filtra-tionschirurgie überlegen sei, war interes-santerweise laut Studienprotokoll der pe-ri- und intraoperative Einsatz von 5-FU erlaubt, nicht jedoch der von MMC [37].

In der Vergangenheit wurden wenige vergleichende Studien veröffentlicht, die die Erfolgsraten von intraoperativer 5-FU-Gabe mit MMC beurteilen. Eine Übersicht wird in der . Tab. 1 dargestellt. Die Studi-en unterscheiden sich insbesondere durch die eingeschlossenen Kollektive und Dia-gnosegruppen und die meist nur unzurei-chend dargestellten postoperativen Nach-untersuchungen bzw. Interventionen oder Antimetabolitenapplikationen. Fünf der 10 Studien zeigen ein Follow-up von ma-ximal 1 Jahr, 6 Studien waren prospektiv durchgeführt worden. In 6 Studien waren die Erfolgsraten nicht signifikant unter-schiedlich [22, 24, 28, 31, 34, 35], jedoch

mit einer Tendenz zu niedrigeren Druck-werten in den MMC-Gruppen. Anderer-seits konnten 3 Studien bei Patientensub-populationen afrikanischer und afrokari-bischer Abstammung, die als Hochrisiko-gruppe für ein Filterkissenversagen gel-ten, eine Überlegenheit von MMC bele-gen [2, 17, 18]. Eine Studie mit nur 6 Mo-naten Nachbeobachtungszeit eines korea-nischen Patientenkollektivs konnte in Tei-len der Erfolgskriterien eine Überlegen-heit von MMC zeigen [23].

Insgesamt variieren in der Literatur die Angaben über die Erfolgsraten der Trabe-kulektomien mit beiden Substanzen je-doch durchaus erheblich. Diese Tatsache ist am ehesten auf die inhomogene Zu-sammensetzung der Glaukomformen in der jeweiligen Patientenpopulation, den unterschiedlichen Nachbeobachtungs-zeitraum, die unterschiedliche postope-rative Nachsorge sowie auf die uneinheit-liche Definition des Operationserfolges zurückzuführen.

Eine Metaanalyse, die die Effektivität und Komplikationen nach intraoperativer MMC-Gabe vs. 5-FU vergleicht, kommt zu dem Schluss, dass MMC eine bessere Drucksenkung zur Folge hat, die Erfolgs-raten für alle Druckkriterien – ob relativ oder absolut – jedoch vergleichbar sind. Die Nebenwirkungen waren vergleich-bar [20].

Hinsichtlich postoperativer Interven-tionen (5-FU-Gabe subkonjunktival oder Needlingprozeduren) war in dem vorlie-genden Kollektiv bei 30 von 55 Patienten keine Maßnahme erforderlich. Die inten-sivierte postoperative Nachsorge wur-de modifiziert nach dem Würzburger Schema durchgeführt [21]. Der einge-schränktere Einsatz postoperativer 5-FU-Gaben in dieser Studie erklärt möglicher-weise die niedrige Rate einer 5-FU-Epi-theliopathie. In einer retrospektiven Ana-lyse von Singh et al. [29] wurde die An-zahl der postoperativen 5-FU-Applikati-onen ausgewertet. Nach TE mit intraope-rativer 5-FU-Applikation waren im Mit-tel 3,3 postoperative 5-FU-Gaben erfor-derlich. Nach TE ohne 5-FU intraope-rativ waren im Mittel 4,7 Applikationen notwendig (p<0,01). In der vorliegenden Studie waren im Mittel 1,2 postoperative 5-FU-Applikationen durchgeführt wor-den als Zeichen einer weniger aggressiven

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und individualisierten Indikationsstellung für die postoperative 5-FU-Applikation in unserem Kollektiv.

In der vorliegenden Studie sind insge-samt selten schwere Komplikationen auf-getreten. Insbesondere sind keine Fäl-le von Endophthalmitis, einer Filterkis-senleckage bzw. einer hypotonen Ma-kulopathie aufgetreten. Eine hochgradi-ge permanente Visusminderung („snuff-out“) wurde ebenso nicht beobachtet, ob-wohl in der Studienpopulation Patienten mit weit fortgeschrittenen Gesichtsfeld-schäden eingeschlossen waren [ca. 27% der Patienten hatten eine mittlere Ab-weichung (MD) im statischen Gesichts-feld schlechter als −20 dB]. Das Risiko einer Spätendophthalmitis bzw. Blebi-tis kann bei einer Nachbeobachtungszeit von 1 Jahr noch nicht ausreichend beant-wortet werden. Das Risiko einer Endoph-thalmitis nach TE scheint keinen Unter-schied zwischen 5-FU und MMC zu zei-gen, die Vergleichsstudien haben jedoch nur eine limitierte Nachbeobachtungszeit [2, 17, 22, 23, 27, 28, 31] [34]. Dies zeigt sich insbesondere in der Publikation von WuDunn et al. [35] aus dem Jahr 2002, in der für die MMC-Gruppe ein höheres Ri-siko von schwerwiegenden Komplikati-onen nach 1 Jahr gefunden wurde. In der Nachfolgestudie von Palanca-Capistra-no et al. [24] konnte dies (bei allerdings knapp nur noch der Hälfte der Patienten mit Nachbeobachtungszeit von >3 Jahren) nicht mehr bestätigt werden.

Weiterhin wurden in der vorliegenden Studie keine gravierenden bzw. lang an-haltenden Hornhautschäden beobachtet, obwohl diese für 5-FU-Gaben als häufige Nebenwirkungen beschrieben sind. 5-FU inhibiert überwiegend die DNA-Synthe-se in der S-Phase des Zellzyklus [19]. Das Hornhautepithel, das eine hohe Replika-tionsrate aufweist, ist demnach besonders empfindlich. Gezielte und individualisier-te, befundorientierte Applikationen von 5-FU wie in unserer Studie minimieren jedoch die Hornhautexposition und so-mit die Toxizität. Dennoch sollte bei Pati-enten mit präoperativ vorliegenden Horn-hautpathologien auf eine geringe Exposi-tion besonders geachtet werden.

MMC ist als Zytostatikum potenter und wirkt auf alle Stadien des Zellzyklus. Die Entstehung von dünnwandigen und

avaskulären Filterkissen scheint im Ver-gleich zu 5-FU häufiger. Dies kann ein er-höhtes Risiko für Filterkissenleckagen be-deuten [19].

Beide Substanzen scheinen im Ver-gleich zur Trabekulektomie ohne anti-proliferative Agenzien zu einem modera-ten Verlust von Endothelzellen zu führen [11]. Dreyer et al. [7] konnten jedoch kei-nen signifikanten Unterschied auf die En-dotheltoxizität zwischen 5-FU und MMC nach TE feststellen, obwohl MMC in vit-ro toxischer auf mikrovaskuläre Endothe-lien als 5-FU zu sein scheint [32].

Die vorgestellte Studie zeigt, dass die TE mit intraoperativer 5-FU-Gabe und intensiver postoperativer Nachsorge ei-ne sichere Methode darstellt und sehr gu-te Erfolgsraten erzielen kann. Die intrao-perative 5-FU-Gabe stellt eine mögliche Alternative zur TE mit Mitomycin C dar. Die Bewertung hinsichtlich langfristi-ger Erfolgs- und Komplikationsraten er-scheint anhand der vorliegenden Studien-lage schwierig.

Fazit für die Praxis

F  Die Trabekulektomie mit intra- und postoperativer Gabe von ausschließ-lich 5-FU zeigt sehr gute Erfolgsra-ten nach einer Nachbeobachtungszeit von 1 Jahr.

F  Die intensivierte postoperative Nach-sorge nimmt hierbei einen besonde-ren Stellenwert ein.

F  Schwerwiegende Komplikationen werden selten beobachtet.

F  Langzeitstudien sind notwendig, um einen Vorteil oder die Gleichwertig-keit beider Antimetaboliten in der Glaukomchirurgie für die Drucksen-kung, die Komplikationsrate und die Lebensqualität für den Patienten ab-schließend zu bewerten.

Korrespondenzadresse

Dr. A. KoutsonasAugenklinik, Universitätsklinikum AachenPauwelsstr. 30, 52057 [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  A. Koutsonas, A. Remky und N. Plange geben an, dass kein Interessenkonflikt  besteht. 

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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