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Titelthema – Bericht Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf wt Werkstattstechnik online Jahrgang 108 (2018) H. 11/12 794 1 Einleitung Schon heute ist das Funktionalisieren technischer Oberflächen mit Mikro- und Nanometerstrukturen ein Innovations- träger des 21. Jahrhunderts. Diese meist bioinspirierten Strukturen bieten der Medizin und Biotechnologie ein deutli- ches Innovationspotenzial zur Verbesse- rung der Biokompatibilität von Implanta- ten, in tribologischen Anwendungen zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauches oder in Form optischer Applikationen zum Vermeiden von Produkt- und Marken- piraterie. Das effiziente Herstellen dieser viel- seitig einsetzbaren Oberflächenstruktu- ren ist derzeit eine der größten techni- schen Herausforderungen beim Erschlie- ßen neuer maßgeschneiderter Ober- flächenfunktionalitäten [1, 2]. Vor allem das direkte Laserinterferenzstrukturieren (englisch: Direct Laser Interference Pat- terning – DLIP) kann in dieser Hinsicht als ein flexibles und industrienahes Werk- zeug zum Herstellen gezielter Oberflä- chentopographien für eine Vielzahl von Anwendungen dienen. 2 Direktes Laserinterferenz- strukturieren Ein kohärenter, gepulster Laserstrahl wird in zwei oder mehr Strahlen geteilt und kontrolliert wieder auf der Bauteil- oberfläche überlagert. Als Folge der Überlagerung der verschiedenen Teil- strahlen entsteht ein volumetrischer Interferenzeffekt, der als periodische Mo- dulation der Laserintensität verstanden werden kann (Bild 1 links). Kompakte DLIP-Optiken erzeugen ein definiertes, periodisches Interferenzmuster auf 2D- und 3D-Oberflächen aus Metallen, Poly- Laserbearbeitung, Mikrotechnik, Produktentwicklung Laserstrukturierung auf Flugzeugoberflächen Direktes Laserinterferenzverfahren erzeugt maßgeschneiderte Oberflächen T. Kunze, A. Aguilar, A. Lasagni, U. Klotzbach Strukturen mit Mikrometerauflösung auf Außenflächen von Flugzeugen sollen sicherstellen, dass die Luftströmung glatt bleibt und der Luftwiderstand des Flugzeugs gering gehalten werden kann. Dafür haben Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltech- nik IWS, an der Technischen Universität Dresden und bei Airbus ein Laserverfahren erfolgreich angewendet. Diese funktionalen Mikrostrukturen können großflächig aufgebracht werden und die Wahrscheinlichkeit von Oberflächenkontamination durch Wasser, Insekten und Schmutz reduzieren. meren, Keramiken und Beschichtungen (Bild 1 rechts). Ein besonderer Vorteil ist, dass sich die erzeugten funktionalen Oberflächentopographien ohne zusätzli- che Prozessanforderungen wie Reinraum- bedingungen oder Prozessgase in einem Prozessschritt und mit Auflösungen im Bereich zwischen 150 Nanometer und 30 Mikrometer erzeugen lassen. 3 Hydrophobe Oberflächen- eigenschaften Die gezielte Anwendung von Nano- und Mikrostrukturen auf Metallen be- wirkt, dass sich etwa Wassertropfen nicht mehr auf der Oberfläche anheften können [3]. Dieser Effekt ist der Natur entlehnt und im Allgemeinen als „Lotus-Effekt“ bekannt. Die DLIP-Technologie erlaubt es mittlerweile, „superhydrophobe“ (das heißt wasserabweisende) Oberflächen perspektivisch mit Flächenraten von bis Dr. Tim Kunze, Alfredo Aguilar Prof. Dr.-Ing. Andrés F. Lasagni, Dr. Udo Klotzbach Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Winterbergstr. 28, D-01277 Dresden Internet: www.iws.fraunhofer.de Prof. Dr.-Ing. Andrés F. Lasagni Technische Universität Dresden, Institut für Fertigungstechnik D-01062 Dresden, Tel. +49 (0)351 / 463-33343, E-Mail: andres_fabian. [email protected], Internet: https://tu-dresden.de Bild 1. Interferenzeffekt bedingt durch das Überlagern von mindestens zwei Laserteilstrahlen (links). Kompakte optische Lösungen zum direkten Laserinterferenzstrukturieren (rechts)

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Titelthema – Bericht

Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorfwt Werkstattstechnik online Jahrgang 108 (2018) H. 11/12794

1 Einleitung

Schon heute ist das Funktionalisieren technischer Oberflächen mit Mikro- und Nanometerstrukturen ein Innovations -träger des 21. Jahrhunderts. Diese meist bioinspirierten Strukturen bieten der Medizin und Biotechnologie ein deutli-ches Innovationspotenzial zur Verbesse-rung der Biokompatibilität von Implanta-ten, in tribologischen Anwendungen zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauches oder in Form optischer Applikationen zum Vermeiden von Produkt- und Marken -piraterie.

Das effiziente Herstellen dieser viel-seitig einsetzbaren Oberflächenstruktu-ren ist derzeit eine der größten techni-schen Herausforderungen beim Erschlie-ßen neuer maßgeschneiderter Ober -flächenfunktionalitäten [1, 2]. Vor allem das direkte Laserinterferenzstrukturieren (englisch: Direct Laser Interference Pat-terning – DLIP) kann in dieser Hinsicht als ein flexibles und industrienahes Werk-zeug zum Herstellen gezielter Oberflä-chentopographien für eine Vielzahl von Anwendungen dienen.

2 Direktes Laserinterferenz -strukturieren

Ein kohärenter, gepulster Laserstrahl wird in zwei oder mehr Strahlen geteilt und kontrolliert wieder auf der Bauteil -oberfläche überlagert. Als Folge der Überlagerung der verschiedenen Teil-strahlen entsteht ein volumetrischer Interferenzeffekt, der als periodische Mo-dulation der Laserintensität verstanden werden kann (Bild 1 links). Kompakte DLIP-Optiken erzeugen ein definiertes, periodisches Interferenzmuster auf 2D- und 3D-Oberflächen aus Metallen, Poly-

Laserbearbeitung, Mikrotechnik, Produktentwicklung

Laserstrukturierung auf FlugzeugoberflächenDirektes Laserinterferenzverfahren erzeugt maßgeschneiderte Oberflächen

T. Kunze, A. Aguilar, A. Lasagni, U. Klotzbach

Strukturen mit Mikrometerauflösung auf Außenflächen von Flugzeugen sollen sicherstellen, dass die Luftströmung glatt bleibt und der Luftwiderstand des Flugzeugs gering gehalten werden kann. Dafür haben Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltech-nik IWS, an der Technischen Universität Dresden und bei Airbus ein Laserverfahren erfolgreich angewendet. Diese funktionalen Mikrostrukturen können großflächig aufgebracht werden und die Wahrscheinlichkeit von Oberflächenkontamination durch Wasser, Insekten und Schmutz reduzieren.

meren, Keramiken und Beschichtungen (Bild 1 rechts). Ein besonderer Vorteil ist, dass sich die erzeugten funktionalen Oberflächentopographien ohne zusätzli-che Prozessanforderungen wie Reinraum-bedingungen oder Prozessgase in einem Prozessschritt und mit Auflösungen im Bereich zwischen 150 Nanometer und 30 Mikrometer erzeugen lassen.

3 Hydrophobe Oberflächen -eigenschaften

Die gezielte Anwendung von Nano- und Mikrostrukturen auf Metallen be-wirkt, dass sich etwa Wassertropfen nicht mehr auf der Oberfläche anheften können [3]. Dieser Effekt ist der Natur entlehnt und im Allgemeinen als „Lotus-Effekt“ bekannt. Die DLIP-Technologie erlaubt es mittlerweile, „superhydrophobe“ (das heißt wasserabweisende) Oberflächen perspektivisch mit Flächenraten von bis

Dr. Tim Kunze, Alfredo Aguilar Prof. Dr.-Ing. Andrés F. Lasagni, Dr. Udo Klotzbach Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Winterbergstr. 28, D-01277 Dresden Internet: www.iws.fraunhofer.de

Prof. Dr.-Ing. Andrés F. Lasagni Technische Universität Dresden, Institut für Fertigungstechnik D-01062 Dresden, Tel. +49 (0)351 / 463-33343, E-Mail: [email protected], Internet: https://tu-dresden.de

Bild 1. Interferenzeffekt bedingt durch das Überlagern von mindestens zwei Laserteilstrahlen (links). Kompakte optische Lösungen zum direkten Laserinterferenzstrukturieren (rechts)

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nahezu 1 m²/min herzustellen. Die In-dustrietauglichkeit der Nano- und Mikro-strukturierung mit DLIP-Technologie für komplette Tragflächen eines Flugzeuges (ähnlich der in Bild 2 gezeigten Struktu-ren) wird immer interessanter [4].

Das Fraunhofer IWS und die Techni-sche Universität Dresden untersuchen dabei in Zusammenarbeit mit Industrie-partnern die Haltbarkeit sowie Funktio-nalität von wasser- sowie schmutzabwei-senden Oberflächenstrukturen, die sich im Labor bereits sehr gut bewährt haben.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Die DLIP-Technologie eröffnet ein breites Spektrum an Anwendungen für die gezielte Modifikation von Ober -flächen. Diese zeigen zum Teil eine signi-fikante Verbesserung gegenüber heutigen (nicht-strukturierten) Materialoberflä-chen. Besondere Vorteile der DLIP-Tech-nologie sind die hohe Flexibilität in der Strukturerzeugung und die hohe Prozess-geschwindigkeit mit Flächenraten bis zu nahezu 1 m²/min [5]. So lassen sich

funktionale Nano- und Mikrostrukturen groß flächig auf technischen Bauteilen wie Flugzeugoberflächen erzeugen. Eine weitere Funktionalität, die auf diesen Oberflächen mit DLIP erzeugt werden kann, ist die Reduzierung von Oberflächen kontamination durch Wasser, Insekten und Schmutz.

Literatur

[1] N. N.: Photonik – Fachzeitschrift für die Optischen Technologien. Ausgabe 4, 2017

[2] Lasagni, A. F. et al.: Biomimetic surface structuring using laser based interferometric methods. Applied Sciences 8 (2018) 8, pp. 1260 ff.

[3] Aguilar, A. et al.: Micro-fabrication of high aspect ratio periodic structures on stainless steel by picosecond direct laser interference patterning. Journal of Materials Processing Technology 252 (2018), pp. 313–321

[4] Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (Hrsg.:): Laser mustern Lotuseffekt auf Flugzeuge. Presse -mitteilung. Stand: 08.08.2017. Internet: s.fhg.de/dlip-flugzeugoberflaeche. Zugriff am 25.10.2018

[5] Lang, V. et al.: High-Speed Surface Structuring of Polycarbonate Using Direct Laser Interference Patterning: Toward 1 m² min-1 Fabrication Speed Barrier. Advanced engineering materials 18 (2016) 8, pp. 1342–1348

Bild 2. Funktionale DLIP (Direct Laser Interference Patterning)-Oberflächenstrukturen auf Metall nach Vorbild des Lotuseffektes