2
U. Pfeifer · Institut für Pathologie, Bonn Laudatio für Dr. med. Wolfgang Oehmichen anläßlich seiner Ernennung zum Ehrenmitglied des Berufsverbandes Deutscher Pathologen am 28. Mai 1999 in Jena res Nachwuchses immer noch ganz gut in der Zeit – Staatsexamen in Erlangen mit 29 Jahren – hat er bei Böhmig in Karlsruhe und bei Girgensohn in Es- sen-Steele die Pathologie erlernt und sich bei Bennhold in Tübingen das nö- tige klinische Rüstzeug erworben. Oehmichens Weg und die Liste sei- ner Ämter – keine Sorge: sie wird jetzt nicht verlesen – lassen klar erkennen, daß Berufspolitik nicht nur aus dem Blickwinkel der fachspezifischen Auf- gaben und Anliegen, und deren Relati- on zur Situation der Kostenträger zu betreiben ist. „Natürlich“ war er De- legierter der Vertreterversammlung und Vorstandsmitglied seiner Kreis- stelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein sowie Mitglied des Onko- logie-Ausschusses und Vorstandsmit- glied des Onkologischen Schwerpunk- tes. Aber er hatte eben auch aktive Ver- bindung zur Arbeit der Ärztekammer, wo er über 12 Jahre als Delegierter der Kammerversammlung und als stellver- tretender Vorstandsvorsitzender seiner Bezirkstelle zur Verfügung gestanden hat. Und nicht zu vergessen: Sein in- terdisziplinäres Engagement in der Gemeinschaft fachärztlicher Berufsver- Der Pathologe 6·99 | 371 Mitteilungen Pathologe 1999 · 20:371–385 © Springer-Verlag 1999 Lieber Herr Oehmichen, liebe Kollegin- nen und Kollegen, eine Ehrung hat immer mit Vergangen- heit zu tun. In unserer Zeit des weitver- breiteten Aktionismus in Sachen „Zu- kunftsfähigkeit“ mag es, vor allem für die Jüngeren unter uns, bereits in die Kategorie „Geschichte der Pathologie“ gehören, wenn hier einer geehrt wird, der vor einem halben Jahr seinen 75. Geburtstag gefeiert hat, der seit 35 Jah- ren Mitglied unseres Verbandes ist, und der für gut ein Vierteljahrhundert fast so etwas war, wie ein Synonym für Be- rufsverbandsarbeit. Man muß nicht so weit gehen, zu überlegen, ob damals, als Herr Dr. Oehmichen Landesobmann und später Vorstandsmitglied und Schriftführer wurde, einige von uns vielleicht das Licht der Welt noch gar nicht erblickt hatten. Dies wohl nicht; denn zur Mitgliedschaft im Berufsverband ent- schließt man sich in der Regel erst, wenn man die selbständige Position ins Auge faßt. Mit guten Gründen ist das in der Regel erst im „mittleren Erwachse- nenalter“ der Fall. So auch bei Dr. Oehmichen, der dem Berufsverband seit seinem 42. Lebensjahr angehört. Verzögert durch Krieg und Kriegs- gefangenschaft, aber gemessen an der heute fast üblichen Überalterung unse- Internationale Akademie für Pathologie, Deutsche Abteilung e.V. Präsident: Prof. Dr. med. A. Roessner, Institut für Pathologie, Otto-von-Guericke- Universität, Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg Deutsche Gesellschaft für Pathologie Prof. Dr. med. H. Höfler, Institut für Pathologie, Technische Universität, Ismaninger Str. 22, 81675 München Schriftführer: Prof. Dr. Th. Kirchner, Pathologisches Institut, Universität Erlangen, D-91054 Erlangen Österreichische Gesellschaft für Pathologie Präsident: Univ.-Prof. Dr. H. Denk, Institut für Pathologie der Universität Graz, Auenbrugger Platz 25, A-8036 Graz Schriftführer: Ass. Prof. Dr. M. Ratschek, Institut für Pathologie der Universität Graz, Auenbrugger Platz 25,A-8036 Graz Schweizerische Gesellschaft für Pathologie Präsident: Prof. C.Y. Genton, Institut universitaire d’anatomié pathologique, Rue du Bugnon 25, CH-1011 Lausanne Sekretär: PD Dr. G. Sauter, Institut für Pathologie der Universität, Schönbeinstraße 40, CH-4003 Basel Berufsverband Deutscher Pathologen e.V. Vorsitzender: Prof. Dr. W. Schlake, Geschäftsstelle: Postfach 10 03 38, D-45803 Gelsenkirchen Paketadresse: Rotthauser Straße 23, D-45879 Gelsenkirchen Prof. Dr. U. Pfeifer Institut für Pathologie, Universität Bonn, Postfach 2120, D-53011 Bonn& / f n - b l o c k : & b d y :

Laudatio für Dr. med. Wolfgang Oehmichen ¶anläßlich seiner Ernennung zum Ehrenmitglied des Berufsverbandes Deutscher Pathologen am 28. Mai in Jena

  • Upload
    u

  • View
    221

  • Download
    2

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Laudatio für Dr. med. Wolfgang Oehmichen ¶anläßlich seiner Ernennung zum Ehrenmitglied des Berufsverbandes Deutscher Pathologen am 28. Mai in Jena

U. Pfeifer · Institut für Pathologie, Bonn

Laudatio fürDr. med. WolfgangOehmichenanläßlich seiner Ernennungzum Ehrenmitglied des BerufsverbandesDeutscher Pathologen am 28. Mai 1999in Jena

res Nachwuchses immer noch ganz gutin der Zeit – Staatsexamen in Erlangenmit 29 Jahren – hat er bei Böhmig inKarlsruhe und bei Girgensohn in Es-sen-Steele die Pathologie erlernt undsich bei Bennhold in Tübingen das nö-tige klinische Rüstzeug erworben.

Oehmichens Weg und die Liste sei-ner Ämter – keine Sorge: sie wird jetztnicht verlesen – lassen klar erkennen,daß Berufspolitik nicht nur aus demBlickwinkel der fachspezifischen Auf-gaben und Anliegen, und deren Relati-on zur Situation der Kostenträger zubetreiben ist. „Natürlich“ war er De-legierter der Vertreterversammlungund Vorstandsmitglied seiner Kreis-stelle der Kassenärztlichen VereinigungNordrhein sowie Mitglied des Onko-logie-Ausschusses und Vorstandsmit-glied des Onkologischen Schwerpunk-tes. Aber er hatte eben auch aktive Ver-bindung zur Arbeit der Ärztekammer,wo er über 12 Jahre als Delegierter derKammerversammlung und als stellver-tretender Vorstandsvorsitzender seinerBezirkstelle zur Verfügung gestandenhat. Und nicht zu vergessen: Sein in-terdisziplinäres Engagement in derGemeinschaft fachärztlicher Berufsver-

Der Pathologe 6·99 | 371

Mit

teilu

ng

en

Pathologe1999 · 20:371–385 © Springer-Verlag 1999

Lieber Herr Oehmichen, liebe Kollegin-nen und Kollegen,

eine Ehrung hat immer mit Vergangen-heit zu tun. In unserer Zeit des weitver-breiteten Aktionismus in Sachen „Zu-kunftsfähigkeit“ mag es, vor allem fürdie Jüngeren unter uns, bereits in dieKategorie „Geschichte der Pathologie“gehören, wenn hier einer geehrt wird,der vor einem halben Jahr seinen 75.Geburtstag gefeiert hat, der seit 35 Jah-ren Mitglied unseres Verbandes ist, undder für gut ein Vierteljahrhundert fastso etwas war, wie ein Synonym für Be-rufsverbandsarbeit.

Man muß nicht so weit gehen,zu überlegen, ob damals, als Herr Dr.Oehmichen Landesobmann und späterVorstandsmitglied und Schriftführerwurde, einige von uns vielleicht dasLicht der Welt noch gar nicht erblickthatten. Dies wohl nicht; denn zurMitgliedschaft im Berufsverband ent-schließt man sich in der Regel erst,wenn man die selbständige Position insAuge faßt. Mit guten Gründen ist das inder Regel erst im „mittleren Erwachse-nenalter“ der Fall. So auch bei Dr.Oehmichen, der dem Berufsverbandseit seinem 42. Lebensjahr angehört.Verzögert durch Krieg und Kriegs-gefangenschaft, aber gemessen an derheute fast üblichen Überalterung unse-

Internationale Akademie für Pathologie,Deutsche Abteilung e.V.Präsident: Prof. Dr. med. A. Roessner,Institut für Pathologie, Otto-von-Guericke-Universität, Leipziger Str. 44,39120 Magdeburg

Deutsche Gesellschaft für PathologieProf. Dr. med. H. Höfler, Institut fürPathologie, Technische Universität,Ismaninger Str. 22, 81675 MünchenSchriftführer: Prof. Dr. Th. Kirchner,Pathologisches Institut, Universität Erlangen,D-91054 Erlangen

Österreichische Gesellschaft für PathologiePräsident: Univ.-Prof. Dr. H. Denk, Institutfür Pathologie der Universität Graz,Auenbrugger Platz 25, A-8036 GrazSchriftführer: Ass. Prof. Dr. M. Ratschek,Institut für Pathologie der Universität Graz,Auenbrugger Platz 25, A-8036 Graz

Schweizerische Gesellschaft für PathologiePräsident: Prof. C.Y. Genton, Institutuniversitaire d’anatomié pathologique,Rue du Bugnon 25, CH-1011 LausanneSekretär: PD Dr. G. Sauter, Institut fürPathologie der Universität,Schönbeinstraße 40, CH-4003 Basel

Berufsverband Deutscher Pathologen e.V.Vorsitzender: Prof. Dr. W. Schlake,Geschäftsstelle: Postfach 100338,D-45803 GelsenkirchenPaketadresse: Rotthauser Straße 23,D-45879 Gelsenkirchen

Prof. Dr. U. Pfeifer

Institut für Pathologie, Universität Bonn,

Postfach 2120, D-53011 Bonn&/fn-block:&bdy:

Page 2: Laudatio für Dr. med. Wolfgang Oehmichen ¶anläßlich seiner Ernennung zum Ehrenmitglied des Berufsverbandes Deutscher Pathologen am 28. Mai in Jena

bände und besonders wichtig auf eu-ropäischer Ebene als Mitglied undGründungspräsident der EuropäischenVereinigung der Gebietsärzte (UEMS).Wichtige Vorarbeiten zu einer Anglei-chung der Weiterbildungscurricula inunserem Fache gehen auf seine Initiati-ven zurück. Im Zeitalter des Euro ge-hört nicht viel Phantasie dazu, zu er-kennen,daß dies in durchaus absehbarerZeit von großer Bedeutung sein wird.

So ist über die Jahre und unter gro-ßem Arbeitseinsatz ein Netzwerk ausKenntnis und Erfahrung und ein balan-ciertes Gefühl entstanden für Entwick-lungen, die der Einheit des Faches ab-träglich sein konnten, und die ein neuesAustarieren erforderlich machten, oderim Einzelfall gemacht hätten. Denn dieBalance glückt in Abhängigkeit vomWesen der handelnden Person natür-lich nicht immer. Man ist dann schnellbei der Hand mit Kritik an dem oderden Exponenten der Berufspoltik. Daswar schon immer so und wird auch inZukunft nicht ausbleiben. Im Falle Dr.Oehmichen war es aber aus meinerSicht so, daß Äußerungen der Unzufrie-denheit wenn schon – dann in gleicherIntensität aus so verschiedenen Rich-tungen heraus kamen „Tut nur etwasfür die Niedergelassenen“, „Steht wohldoch auf der Seite der Krankenhaus-pathologen“ oder „Tut zu wenig für dieUniversitätspathologie“ (und jeweils

Herrn Oehmichen, bei all dem ha-ben Sie immer ein Gefühl dafür gehabtund waren dankbar für das, was derAltbundeskanzler nach einer Vortrags-veranstaltung in der Universität Bonnim Hinausgehen einmal eine „anständi-ge Umgebung“ genannt hat. Dazu gehö-ren für Sie nicht nur Räumlichkeiten,sondern auch die vielen anderen Seiteneines „guten Lebens“ im wohlverstan-denen Sinne. Daß Ihnen die Möglich-keiten dazu und die Freude daran nichtabhanden kommen, und daß Sie auchin den späten Jahren nicht müde wer-den, wie schon immer zuvor, für dieEinheit unseres Faches einzutreten,dies sind die beiden Wünsche, die ichanläßlich Ihrer Ernennung zum Ehren-mitglied mit einem großen Dank fürdie über viele Jahre geleistete Arbeitaussprechen möchte.

Literatur1. Altenähr E, Oehmichen W (1981)

Memorandum zur ärztlichen Leistung desPathologen. Der Pathologe 2:199–200

2. Oehmichen W (1982) Die neue GOÄ –wirklich ein Fortschritt? Der Pathologe

3:179–183

3. Oehmichen W (1985) Vom postmortalenBesserwisser zum Lotsen in der Therapie.Der Klinikarzt 14:122–125

4. Oehmichen W (1987) Die neue EBM (Ä).Der Pathologe 8:62–63

vice versa), daß sie sich letztlich zumsprichwörtlichen „Viel Feind viel Ehr“neutralisiert haben.Alles zusammenge-nommen war und ist er an allerersterStelle redlicher Sachwalter der Einheitund damit des Wohlergehens der Pa-thologie. Sichtbares Zeichen dafür warvor sechs Jahren die Verleihung derRudolf Virchow Medaille der Deut-schen Gesellschaft für Pathologie. Die-ser unserer wissenschaftlichen Fachge-sellschaft gehört Dr. Oehmichen seit1964 an. Als ihr Schatzmeister hat er ab1983 dafür gesorgt, daß über ausstehen-de Beitragszahlungen eigentlich nichtmehr diskutiert werden mußte – inmeiner Erinnerung bis dahin ein leidi-ger Dauerbrenner bei allen vorausge-gangenen Mitgliederversammlungen.

Wer Herrn Dr. Oehmichen in derAusübung seines Amtes, sozusagen inAktion, erlebt hat, konnte sich immerwieder aufs neue von seinen diplomati-schen Fähigkeiten überzeugen. Sie sindgleichsam eingebettet in die ihm eigenezurückhaltende und vornehme Art –wenn Sie mir dies letztere etwas außerMode gekommene und in der Werte-skala nicht mehr so ganz weit oben ste-hende Eigenschaftswort gestatten. Die-se und die vielen anderen Facetten sei-nes Wesens – von Hartnäckigkeit bis zuVerschmitztheit – prädestinieren ihnfür das effiziente Vieraugengespräch.Mit dem gelegentlich laut gewordenenVorwurf der „Geheimdiplomatie“ sollteman auch im Nachhinein vorsichtigsein. Denn die heute so oft eingeforder-te „Transparenz“ ist zwar mittlerweileein wichtiger Befindlichkeitsfaktor, perse aber, wie man inzwischen auch ausder ganz großen Politik weiß, noch kei-ne Garantie für die Qualität einer Arbeit.

| Der Pathologe 6·99372