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2009 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen 2010 www.lav.nrw.de

LAV Broschüre Umschlag außen - archive.nrw.de · DieseBroschüre,dieindieTätigkeitsfelderdesLandesar-chivsNordrhein-Westfaleneinführt,erscheintnunmehr schoninderdrittenAuflage.DerZuspruch,densiefindet,

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2009

Landesarchiv Nordrhein-Westfalen

2010

≡ www.lav.nrw.de ≡

Landesarchiv Nordrhein-WestfalenVeröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 11

Titelbild:

Solingen, Müngstener Brücke, Juli 1930 (Landesarchiv NRW R RW0261 Nr. 1171)

Landesarchiv Nordrhein-Westfalen3., überarbeitete Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio-nalbibliografie, detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.

Redaktion: Andreas Pilger in Verbindungmit Ulrich Bartels, Mechthild Black-Veldtrup, Johannes Burkardt, Bettina Joergens, Tanja Priebe undRalf Tiemann

Fotos: Ute Brandau (S. 12, 25), Peter Fröhlich (S. 9, 18, 30, 33, 37, 39, 40,55), Gerhard Milting (S. 14, 15), Kristian Peters (S. 4), MatthiasSchultes (S. 13, 16, 17, 43, 45, 48, 49)

Karten: merkartor, Kartographie- und Scanstudio, SeefeldGestaltung: Andreas PilgerGesamtherstellung: Meinke GmbH, NeussBezugsadresse: Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Graf-Adolf-Str. 67,

40210 Düsseldorf, E-Mail: [email protected]

© Landesarchiv Nordrhein-Westfalen 2010

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Inhalt

Grußwort........................................................................................................................... 4

Aufgaben und Dienstleistungen des

Landesarchivs Nordrhein-Westfalen .............................................................................. 7

Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen vor Ort ............................................................ 21

Abteilung Rheinland................................................................................................ 23

Abteilung Westfalen ................................................................................................ 35

Abteilung Ostwestfalen-Lippe................................................................................ 41

Literaturhinweise ............................................................................................................. 53

Diese Broschüre, die in die Tätigkeitsfelder des Landesar-chivs Nordrhein-Westfalen einführt, erscheint nunmehrschon in der drittenAuflage.Der Zuspruch, den sie findet,werte ich als großes Interesse der Öffentlichkeit an derAr-beit des Landesarchivs. Sie wird durch das nordrhein-westfälische Archivgesetz geregelt. Der darin genannteAufgabenkatalog legt die Aufgaben des Landesarchivsfest. Es sind Unterlagen der Behörden durch das Landes-archiv zu erfassen, zu bewerten und zu übernehmen, dasübernommene Archivgut ist sicher zu verwahren, zu er-halten, instand zu setzen, zu erschließen und zu erfor-schen. Auch wenn dieser Kanon schon seit langemBestand hat, so verändern sich doch die gesellschaftli-chen, politischen und technischen Rahmenbedingungenauch für Archive.

Als größte aktuelle Herausforderung gelten die Folgen derInformationstechnologie. Sie erreicht die Archive in viel-

facher Weise. Sie erleichtert die Erfassung und die Er-schließung des Archivguts durch den Einsatz von Daten-banksystemen.SieermöglichtzudemdierascheVerbreitungvon Informationen über das Landesarchiv und seine Be-stände. „www.archive.nrw.de“, das 1998 eingeführte Ver-bundportal für alle Archivsparten in Nordrhein-Westfalen,führt die Benutzer auf elektronischen Kanälen an die Be-stände des Landesarchivs heran. Es wirdmit immermehrInformationen über das dort betreute Archivgut gespeistund erlaubt in seiner neuesten Version den raschen Zu-griff auf Findbücher und perspektivisch auch auf digitali-sierte Archivalien.

In wachsendemMaße ist das Landesarchiv mit elektroni-schenUnterlagen befasst, die in den Landesbehörden ent-stehen. Die damit verbundenen technischen Problemesind aus Sicht der Archive, die die Langzeitverfügbarkeitsichern müssen, längst nicht gelöst. Sicher ist, dass dasLandesarchiv in viel stärkeremMaße als imPapierzeitalterim Vorfeld der Übernahme von Daten mit den Behördenzusammenarbeiten muss. Das Landesarchiv hat deshalbin diesem Jahr ein eigenes Kompetenzteam gebildet, dasbeide Aufgaben, Übernahmen elektronischer Unterlagenund Behördenberatung, miteinander verbindet. Schonjetzt finden die „Behördentage“, die das Landesarchiv alsMittel der Öffentlichkeitsarbeit einsetzt, eine große Reso-nanz.

Die Landesinitiative zum Substanzerhalt in den Archivenhat den Kampf gegen den unaufhaltsam fortschreitendenZerfall des holzschliffhaltigen Papiers aufgenommen, dasin den Jahren zwischen 1840 und 1950 verwendet wurde.Wichtige Dokumente vor allem der jüngeren Zeitge-schichte drohen zu zerfallen.DasTechnischeZentrumdesLandesarchivs inMünster-Coerde hat imRahmen der Lan-desinitiative wichtige Aufgaben bei der Bewahrung deskulturellen Erbes unseres Landes übernommen.

Die Bestandserhaltung in denArchiven hat nach demEin-sturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3.März2009 noch einmal an Bedeutung gewonnen. Das Landes-

DerPräsidentdesLandesar-

chivsNordrhein-Westfalen

Prof.Dr.WilfriedReininghaus

4

Grußwort

archiv hat nicht nur in Köln durch Sofortmaßnahmen ge-holfen, sondern bietet bei der Bewältigung der Schädenin vielfacher Weise kollegiale Hilfe. Präventivmaßnahmenund Notfallvorsorge sind als Folge von Köln ebenso wie einstandort- und gebäudebezogenes Risikomanagement imAufgabenkanon für Archive und ihre Träger deutlicher alsbisher verankert worden. So lautet das Fazit der vom Lan-desarchiv veranstalteten Expertenanhörung am 24. Juni2009.

Düsseldorf, im November 2009

Prof. Dr. Wilfried ReininghausPräsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 5

Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen existiert seit 2004als zentrale Einrichtung der staatlichenArchivverwaltungin Nordrhein-Westfalen. Sitz des Landesarchivs und sei-nes Präsidenten ist Düsseldorf.

Im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen sind die vier ehe-mals selbständigen Staats- und Personenstandsarchive –das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, das StaatsarchivMün-ster, das Staats- und Personenstandsarchiv Detmold unddas Personenstandsarchiv Brühl – als regionale Fachab-teilungen aufgegangen. Sie bilden heute die AbteilungenRheinland (mit den Standorten Düsseldorf und Brühl),Westfalen und Ostwestfalen-Lippe des Landesarchivs.

Die regionalenAbteilungen des Landesarchivs sind die un-mittelbarenAnsprechpartner für Benutzer und Behörden.Sie werden in ihrer Arbeit unterstützt durch eine Zentral-abteilung und den Fachbereich Grundsätze, der unmittel-bar dem Präsidenten des Landesarchivs zugeordnet ist.

Die Abteilung „Zentrale Dienste“ ist zuständig für Perso-nal, Haushalt,Organisation und ITdes Landesarchivs.ZumFachbereich Grundsätze gehören die Dezernate für Kon-zept- und Strategieentwicklung und Öffentlichkeitsarbeitsowie das Technische Zentrum für Grundsätze der Be-standserhaltung mit der zentralen Restaurierungswerk-statt und der Schutz- und Sicherungsverfilmung.

Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen bewertet, über-nimmt, erschließt und erhält die innerhalb seines Zustän-digkeitsbereiches entstandenen Unterlagen; es machtseine Bestände einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Essichert damit Kulturgut von hohemWert und dient gleich-zeitig denBedürfnissen der Gesellschaft nach historischerInformation, Transparenz des Verwaltungshandelns undRechtssicherheit.

Während das Landesarchiv insgesamt eine noch sehrjunge Institution ist, blicken die vier regionalen Fachabtei-lungen in Düsseldorf,Münster,Detmold undBrühl auf einelange Tradition zurück. Ihre Anfänge bilden die Archiveehemaliger Herrschaften und Korporationen, die – mitAusnahme des bis 1947 selbständig gebliebenen Landes

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Aufgaben und Dienstleistungen desLandesarchivs Nordrhein-Westfalen

Einführung

OrganigrammdesLandesar-

chivsNordrhein-Westfalen

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Lippe – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in denpreußischen Staat integriert wurden. Die ehemaligenPreußischen Staatsarchive inMünster undDüsseldorf unddas Lippische Landesarchiv in Detmold wurden nach demZweiten Weltkrieg zu nordrhein-westfälischen Staatsar-chiven. Eine nordrhein-westfälische Besonderheit stellendie beiden Personenstandsarchive in Detmold und Brühldar, die Teil der Abteilungen Ostwestfalen-Lippe undRheinland sind. Sie sind Spezialarchive, in denen Quellendes Personenstandswesens – Kirchenbücher, Zivil- undPersonenstandsregister – verwahrt werden.

Die Überlieferung des Landesarchivs geht in Einzelstückenauf das 7. Jahrhundert zurück und reicht bis in die unmit-

telbare Gegenwart hinein. Die Bandbreite der verwahrtenUnterlagen ist dementsprechend groß: Neben Urkunden,Akten, Amtsbüchern und Karten aus demMittelalter undder Neuzeit gelangen aus jüngerer Zeit auch Fotos, Filmeund Tondokumente in die Magazine. Die Einführung undderAusbau computergestützter Fachanwendungen sowiedie beginnende Umstellung der Behörden auf eine elek-tronischeVorgangsbearbeitungwerden dieArchive in denkommenden Jahren auch mit großen Mengen digitalerDaten konfrontieren. Das Landesarchiv ist schon jetztdabei, Strategien zur Übernahme und langfristigen Si-cherung dieser Daten zu entwickeln (–> Neue Technolo-gien und neue Herausforderungen, S. 16).

DasArchivgesetz des Landes NRW legt fest, dass die Lan-desbehörden und -einrichtungen verpflichtet sind, ihrenicht mehr benötigten Unterlagen dem Landesarchiv zurÜbernahme anzubieten. Archivarinnen und Archivarehaben dann zu entscheiden, ob diese Materialien archiv-würdig, d. h. für historisch-wissenschaftliche Zwecke oderzur langfristigen Sicherung von Rechten der Bürger vonbleibendemWert sind. Archivwürdige Unterlagen werdenvom zuständigen Archiv übernommen, nicht archivwür-dige Unterlagen werden zur Vernichtung (Kassation) frei-gegeben. Der Entscheidung über die Archivwürdigkeitkommt weitreichende Bedeutung zu; sie bestimmt, wasder Nachwelt aus unserer Gegenwart dauerhaft überlie-fert wird. Die Entscheidungskompetenz überlässt das Ar-chivgesetz allein dem zuständigen Archiv. Dies schließtselbstverständlich nicht aus, dass die Sachkenntnis derabliefernden Stelle und das Erfahrungspotential der For-schung mit herangezogen werden.

Die Archivarinnen und Archivare des Landesarchivs be-treuen derzeit fast 1.400 abgabepflichtige Dienststellen(Stand: Juli 2009).Alle diese Stellen produzieren laufendUnterlagen und sondern diese regelmäßig unter Ein-schaltung des zuständigen Archivs aus. Allein die nord-rhein-westfälische Justizverwaltung produziert jährlichSchriftgut im Umfang von etwa 48 Kilometern. Nur einkleiner Teil dieser Unterlagen kann in die Archive über-nommen werden. Nach einem Beschluss der Landesre-gierung vom Frühjahr 2002 ist die maximale jährlicheÜbernahmemenge des Landesarchivs auf 1 % der in denVerwaltungen entstehenden Unterlagen bzw. in absolutenZahlen auf 2,2 Kilometer begrenzt.Angesichts dieser Rah-menbedingungen kann das Landesarchiv nur durch denEinsatz rationeller Arbeitsmethoden seine gesetzlicheAufgabe der Überlieferungsbildung erfüllen. Ein wichtigesArbeitsinstrument stellen in diesem Zusammenhang dieArchivierungsmodelle dar.Archivierungsmodellemachenes sich zunutze, dass staatliche Verwaltung aus einemNetzwerk verschiedener Stellen besteht, die sich aus un-terschiedlichen fachlichen Perspektivenmit den gleichenGegenständen befassen. Die Modelle ermitteln, welcheStelle in diesem Netzwerk die Bearbeitung maßgeblich

EinMagazinam

Bohlweg

inMünster

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Übernahme

ComputergestützteErschlie-

ßungvonArchivgut

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steuert und wo die aussagekräftigste Überlieferung ent-steht. Die Verfahren, Unterlagen und Aktenpläne ganzerVerwaltungsbereiche werden dabei in den Blick genom-men. Archivische Arbeit wird auf dieseWeise transparen-ter, effektiver und planbarer. Das Landesarchiv hat in denletzten Jahren Archivierungsmodelle für die Polizei(2006), die Finanzverwaltung (2006), die Justiz (2008)und die Personalverwaltung (2009) erstellt. Große Schrift-gutproduzenten der Landesverwaltung sind somit bereitsüber Modelle abgedeckt. Das Landesarchiv wird in denkommenden Jahren die Arbeit an Archivierungsmodellenauf weitere Verwaltungsbereiche ausdehnen.

NebenUnterlagen staatlicher Stellen übernimmt das Lan-desarchiv auch nichtstaatliches Archivgut von öffentli-chem Interesse.Das können z.B.Unterlagen von Parteien,Verbänden oder Vereinen, aber auch Nachlässe von Lan-despolitikern und anderen für die Landesgeschichte be-deutenden Persönlichkeitensein.Das Dokumentationsprofildes Landesarchivs ist so angelegt, dass die nichtstaatli-chen Unterlagen die staatliche Überlieferung inhaltlichsinnvoll ergänzen und abrunden.

Ordnungsgrundlage der in einArchiv übernommenen Un-terlagen ist das Provenienz- oder Herkunftsprinzip.DasAr-chiv ordnet seineUnterlagen somit nicht nach thematischenBetreffen (Pertinenzen), sondern es fasst das bei einer be-stimmtenStelle oder Person entstandeneMaterial in einemeigenen, in sich abgeschlossenen Bestand zusammen.Ab-weichungen von diesemPrinzip kommen gelegentlich vor,vor allem wenn die äußere Überlieferungsform – z. B. beiKarten, Fotos,Plakaten,Ton- oder Datenträgern – aus tech-nischen Gründen eine besondere Bestandsbildung erfor-derlich macht.

Ein Archiv besteht aus einer Vielzahl von Beständen, diein einer „Beständeübersicht“ aufgelistet sind. Die Be-ständeübersichten der regionalen Fachabteilungen desLandesarchivs liegen in gedruckter Form vor (–> Litera-turverzeichnis, S. 53). Sie sind darüber hinaus auch im In-

Bestandsbildung undErschließung

DasInternet-Portal„Archive

inNordrhein-Westfalen“

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ternet zugänglich über das Portal „Archive in NRW“(www.archive.nrw.de) (–> Benutzung, S. 12).

Die vom Landesarchiv übernommenen Bestände werdenvon denArchivarinnen undArchivaren unter Beibehaltungbzw. Wiederherstellung der alten Zusammenhänge ge-ordnet und die einzelnen Einheiten (z. B. Aktenbände) in-haltlicherschlossen(verzeichnet).ErgebnisdieserErschließungist ein Findbuch, das in der Regel jedes Archivale mit sei-ner Signatur nachweist.Aus älterer Zeit stehendieFindmit-tel als gebundene Bücher in maschinenschriftlicher, teilshandschriftlicher Form in den Lesesälen der Archive zurVerfügung. Seit den 1990er Jahren werden die Beständeim Landesarchiv NRW computergestützt erschlossen.Dies geschah anfangs über Großrechneranwendungenund seit etwa sieben Jahrenmit Hilfe einer speziell für Ar-chive entwickelten Erschließungssoftware. Die elektro-nisch erstellten Findmittel sind heute bereits vielfach überdas Internet zugänglich, teilweise können sie aus daten-schutzrechtlichen Gründen aber auch nur auf PCs in denLesesälen benutzt werden.Die älteren Findbücher werdennach und nach in digitale Formen überführt und ebenfallsim Internet online gestellt. Zurzeit sindmehr als 650 Find-

bücher mit annähernd 300.000 Verzeichnungseinheiten(Stand: September 2009) über das Portal „Archive inNRW“ verfügbar. Sie können dort eingesehen, aber auchmit Hilfe einer komfortablen Suche recherchiert werden– sogar archivübergreifend.

Beständeübersichten und Findmittel sind die wichtigstenInstrumente bei der Suche nach Archivalien. Ausgehendvom Provenienzprinzip ermitteln die Benutzerinnen undBenutzer des Archivs zunächst anhand der Bestände-übersicht, wo aufgrund vonZuständigkeiten innerhalb derVerwaltung Unterlagen zum gewünschten Thema ent-standen sein könnten. Für jede einzelne Stelle führt dieBeständeübersicht die Bestände mit den zugehörigenFindmitteln auf. Wo bereits elektronische Findmittel vor-liegen, sind diese im Archivportal online mit der Bestän-deübersicht verknüpft.

Archivgut birgt eine Fülle von historischen Informationen,auf die von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppenund aus unterschiedlichen Perspektiven zurückgegriffenwird. Privatpersonen, Heimat- und Familienforscher,Wis-senschaftler, Studenten, Behördenmitarbeiter, Schüler,Journalisten und andere Kunden kommen zur Rechercheund Einsichtnahme in die Archive.

Die im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen verwahrten Ar-chivalien sind grundsätzlich für jedermann zugänglich, al-lerdings erst nachAblauf bestimmter Fristen (Sperrfristen),die in denArchivgesetzen des Landes und desBundes fest-gelegt sind. ImAllgemeinen gilt eine Sperrfrist von dreißigJahren nach Entstehung der Unterlagen. Darüber hinaussind in besonderen Fällen weitergehende Sperrfristenvorgesehen. So darf Archivgut, das besonderen Geheim-haltungsvorschriften unterliegt, erst sechzigJahre nach sei-ner Entstehung und personenbezogenesArchivgut frühe-stens zehn Jahre nach dem Tod bzw. hundert Jahre nach

derGeburt desBetroffenen vorgelegtwerden.Die zuständigeAbteilung des Landesarchivs kann unter bestimmtenVor-aussetzungen Ausnahmen von diesen Regelungen zulas-sen (Sondergenehmigungen),wenn einwissenschaftlichesInteresse vorliegt und den schutzwürdigen Belangen Be-troffener in geeigneterWeise Rechnung getragenwird.BeieinerAuswertung zu verwaltungsinternenZwecken stehenden abliefernden Dienststellen die einst bei ihnen ent-standenenUnterlagen in derRegel uneingeschränkt zurVer-fügung.

Die Benutzung von Personenstandsunterlagen, denen dasvorrangige Interesse der Familienforschung gilt, richtetsich seit dem 1.Januar 2009 nach denBestimmungen desnovellierten Personenstandsgesetzes. Personenstands-unterlagen aus der Zeit ab 1. Oktober 1874 bzw. 1. Januar1876 unterliegen nach Ablauf folgender Fristen den allge-meinen archivgesetzlichen Benutzungsbedingungen (§ 61PStG Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 5 PStG):

• 30 Jahre für Sterberegister• 80 Jahre für Heiratsregister• 110 Jahre für Geburtsregister.

LesesaalderAbteilung

Rheinland

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Benutzung

VorAblauf dieser Fristen können Personenstandsunterla-gen nur unter bestimmtenVoraussetzungen genutzt wer-den:

• Auf Antrag sind Personenstandsurkunden denjenigen„Personen zu erteilen, auf die sich der Registereintragbezieht, sowie deren Ehegatte, Lebenspartner,Vorfah-ren und Abkömmlingen. Andere Personen haben einRecht auf Erteilung von Personenstandsurkunden,wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen;beim Geburtsregister oder Sterberegister reicht dieGlaubhaftmachung eines berechtigten Interesses aus,wenn der Antrag von einem Geschwister des Kindesoder des Verstorbenen gestellt wird. Antragsbefugtsind über 16 Jahre alte Personen.“ (§ 62 Abs. 1 PStG)

• Personenstandsunterlagen können auch vorgelegtwerden „bei Glaubhaftmachung eines berechtigten In-teresses […], wenn seit dem Tod des zuletzt verstor-benen Beteiligten 30 Jahre vergangen sind; Beteiligtesind beim Geburtsregister die Eltern und das Kind,beim Eheregister die Ehegatten und beim Lebens-partnerschaftsregister die Lebenspartner.“ (§ 62 Abs.3 PStG)

• Für die Benutzung zu wissenschaftlichen Zwecken istvor Ablauf der Fristen ein Antrag beim LandesarchivNRW zu stellen. (§ 66 PStG)

Für die Benutzung von Archivalien nichtstaatlicher Her-kunft gelten besondere Bedingungen der Benutzung.Diese werden im Einzelfall zwischen dem Archiv und denabgebenden Stellen vereinbart. Das Landesarchiv bemühtsich jedoch, auch für nichtstaatliches Archivgut eine Be-nutzung nach den archivgesetzlich festgelegten Fristen zuerreichen.

Über das Internetportal „Archive in NRW“ lässt sich heutevielfach die Benutzung imArchiv von zuhause aus vorbe-reiten. Die Beständeübersichtenmit Informationen zu den(teils bereits online vorhandenen) Findmitteln geben einehilfreiche Orientierung, welche Quellen zu einem be-stimmten Thema in den Archiven zu erwarten sind. Fürweitergehende Informationen kann sich der Benutzermiteiner schriftlichen Anfrage direkt an die Archive wenden.Es besteht darüber hinaus natürlich auch die Möglichkeiteiner persönlichen Beratung vor Ort. Für ausführliche Be-

Kirchebuchkarteiim

Lesesaalder

AbteilungOstwestfalen

Lippedes

LandesarchivsNRW

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Besch

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tin

der

Restaurierungswerksatt

inMünster-Coerde

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ratungsgespräche empfiehlt sich die vorherige Vereinba-rung eines Termins.

In den Lesesälen der Archive können Sie Findbücher bzw.elektronische Findinformationen einsehen und die darinermittelten Archivalien bestellen. Alle regionalen Fachab-teilungen des Landesarchivs verfügen darüber hinausüber eine Archivbibliothek, deren Bestände ebenfalls imLesesaal des Archivs benutzt werden können.

Um die Originale zu schützen, wird in einigen Fällen – ins-besondere bei intensiv genutzten Beständen – die Benut-zungen auf Reproduktionen beschränkt. Dies könnenMikrofilme bzw. -fiches oder seit einigen Jahren verstärktauch Digitalisate sein.

Die Benutzung von Archivgut erfolgt grundsätzlich durchpersönliche Einsichtnahme in den Lesesälen der Archive.Dennoch ist esmöglich, von einzelnenArchivalien auchRe-produktionen zu bestellen, sofern der Erhaltungszustandund die Kapazitäten der Reproduktionswerkstätten dies er-lauben.

Detailregelungen zur Benutzung enthalten die Benut-zungsordnung und die Gebührenordnung für das Landes-archiv Nordrhein-Westfalen.

Viele der im Landesarchiv verwahrten Unterlagen habenüber die Zeit hin Schädigungen erlitten, nicht zuletzt auf-grund unsachgemäßer Lagerung bei Behörden und Ge-richten sowie durch die Benutzung imArchiv.Das Spektrumreicht von mechanischen Schäden wie Knicken und Ris-sen über Wasserschäden wie Verblockung und Schim-melpilzbefall bis hin zumSchädlingsbefall durch Insektenund Nagetiere. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der seitderMitte des 19.Jahrhunderts industriell hergestellten Pa-piere vergilben, brüchig und spröde werden und schließ-lich zerfallen.

Angesichts des hohen Bedarfs an konservatorischen undrestauratorischenArbeiten wurdemit einem Investitions-

Bestandserhaltung

Arbeitsraumim

Technischen

ZentruminMünster-Coerde

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volumen von 1,8Mio. Euro bis Ende 2005 neben denWerk-stätten an denArchivstandorten dasTechnischeZentrumdes Landesarchivs in Münster-Coerde errichtet. Hier ar-beiten zurzeitmehr als sechzig Personen in den BereichenKonservierung/Restaurierung,Digitalisierung undMikro-verfilmung von Archivgut.

Grundlage für die Planung bestandserhalterischer Maß-nahmen ist eine systematische Schadenserfassung. Siesichtet nachundnachdas gesamteArchivgut des Landesar-chivs (im Umfang von mehr als 160 km) und klassifiziertes hinsichtlich der Schadensart und des Schadensausma-ßes.

Bei der Restaurierung von Archivgut liegt der Schwer-punkt auf der Mengenbehandlung von Papier, meist inForm von Aktenschriftgut. Im Rahmen der Trockenbe-handlung werden Papiere gereinigt und ggf. Verblockun-gen gelöst. In der anschließenden Nassbehandlungkönnen Schmutz, Abbauprodukte und Säuren aus demPapier ausgespült und geeignete Stabilisierungsmaßnah-men eingeleitet werden. Fehlstellen können dabei im Ver-fahren derAnfaserung (ähnlich wie beimPapierschöpfen)

ergänzt, die Blätter zudem bei Bedarf ganz oder teilweisemit Hilfe eines transparenten Seidenpapiers kaschiertwerden.

Die Konservierung von Archivgut zielt darauf ab, die vomZerfall bedrohten Papiere in ihrer Substanz zu erhalten.Dafür stehen unterschiedliche Mengenverfahren zur Ent-säuerung bei verschiedenenDienstleistern zurVerfügung,die entweder für eine Behandlung einzelner Blätter oderaber ganzer Akten im Block ausgelegt sind. Mit der „Lan-desinitiative Substanzerhalt“, die im Jahr 2006 von derLandesregierung ins Leben gerufen wurde, stehen denAr-chiven in Nordrhein-Westfalen jährlich 1Mio. Euro zurVer-fügung, um bedrohtes Archivgut zu entsäuern.

Um bei häufig benutzten, insbesondere bei bereits vorge-schädigten Archivalien die Beanspruchung durch die Be-nutzung möglichst gering zu halten, erstellt dasLandesarchiv Schutzmedien für die Benutzung.Die Basisfür das SchutzmediumMikrofilm bilden Duplikate aus derSicherungsverfilmung, die in einerVerfilmungsstelle beimTechnischen Zentrum des Landesarchivs erstellt werden.Die Sicherungsverfilmung erfolgt seit den 1960er Jahren

auf der Grundlage der Haager Konvention zumSchutz vonKulturgut bei bewaffneten Konflikten mit Bundesmitteln.Die Sicherungsfilme selbst werden im Oberrieder Stollenbei Freiburg eingelagert. In jüngster Zeit geht das Landes-archiv vermehrt dazu über, statt der SchutzfilmeSchutzdi-gitalisate zu erstellen. Etwa 5,8Mio.Digitalisate (Bilddateienim Umfang von etwa ca. 53 TB, Stand: Herbst 2009) sindinzwischen angefertigt worden, das entspricht einemAn-teil von 0,5% amgesamtenArchivgut des Landesarchivs.Die Digitalisate sind schon jetzt vielfach im Lesesaal ein-sehbar; sie sollen demnächst nach und nach auch im In-ternet über das Portal „Archive in NRW“ zur Verfügunggestellt werden.

Mit dem digitalen Zeitalter haben sich nicht nur die Ar-beitsweisen undAngebote des Landesarchivs NRWselbst

einschneidend verändert; die Entwicklung der modernenBürotechnik hat auch zur einer Umgestaltung der Infor-mationsverarbeitung und Schriftgutverwaltung in den Be-hörden geführt, die sich mittelbar auf die Arbeit desLandesarchivs auswirkt.

Spätestens in den 1960er Jahren des letztenJahrhundertsbegann die Landesverwaltungmit dem Einsatz von Groß-rechnern zur Verarbeitung von gleichförmig strukturier-ten Massendaten. Seitdem hat sich mit dem Fortschrittder Informationstechnologie in allen Verwaltungsberei-chen der Einsatz elektronischer Verfahren verstärkt undverdichtet. Elektronische Systeme sind inzwischen soweitausgebaut und fortentwickelt worden, dass sich das Ver-waltungshandeln in großen Teilen papierlos vollzieht. ImRahmen seiner eGovernment-Strategie geht das Landmehr und mehr dazu über, Dienstleistungen für die Bür-gerinnen und Bürger online im Internet anzubieten undabzuwickeln. Die Informationen, die auf diesemWege ent-stehen und in analoger Form vielfach überhaupt nichtmehr vorgehalten werden, müssen langfristig archivischgesichert und später zugänglich gemacht werden können.

ServerraumdesLandesar-

chivsNRW,AbteilungOst-

westfalen-Lippe

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Neue Technologien undneue Herausforderungen

Ausstellung„W

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elten

500–1500“im

Landesar-

chivNRW

(Herbst

2008)

Andernfalls droht dermodernen Informationsgesellschaftein Gedächtnisverlust von erheblichemAusmaß.

Die Entwicklung von Strategien der elektronischen Lang-zeitarchivierung bildet in den nächsten Jahren einenSchwerpunkt in der Arbeit des Landesarchivs. Ihr widmetsich seit 2009 ein eigenes Kompetenzteam und eine Pro-jektgruppe, deren Aufgabe es ist, Standards für die Bera-tung der Behörden bei der Schriftgutverwaltung undinsbesondere der Einführung von Fachverfahren und Do-kumentenverwaltungssystemen zu formulieren. In engerAbstimmungmit denArchivverwaltungen des Bundes undder anderen Bundesländer entwickelt das LandesarchivVerfahren und Instrumente, um im Rahmen der Ausson-derung elektronische Daten der Behörden an die Archiveübermitteln und deren Lesbarkeit auf prinzipiell unbe-grenzte Dauer gewährleisten zu können.

Die Benutzergruppen der Archive sind vielfältig. Das Lan-desarchiv versucht, durch spezielle Angebote im Rahmender Öffentlichkeitsarbeit dieserVielfalt gerecht zuwerden.Der grundlegendenAllgemeininformation dient der Inter-netauftritt des Landesarchivs imRahmen des Portals „Ar-chive in NRW“ (www.lav.nrw.de). Daneben veröffentlichtdas Landesarchiv in gedruckter Form Broschüren, Flyerund weitere Informationsmaterialien zu einzelnen Abtei-lungen und Aufgabengebieten.

Das Landesarchiv ist daran interessiert, seine reiche kul-turelle Überlieferung und seineAngebote einermöglichstbreitenÖffentlichkeit bekannt zumachen. Es beteiligt sichzu diesem Zweck regelmäßig am „Tag der Archive“, deralle zwei Jahre bundesweit stattfindet. Zu diesem Anlassund auch sonst auf Anfrage bietet das Landesarchiv Füh-rungen durch die einzelnen Häuser und durch die Werk-stätten im Technischen Zentrum an.

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Öffentlichkeitsarbeit

Für einzelne Benutzergruppen hält das LAVbesondereAn-gebote bereit. Für Familienforscher veranstaltet die Ab-teilung Ostwestfalen-Lippe des Landesarchivs seit 2004das Detmolder Sommergespräch mit dem Ziel, Genealo-gen, Historiker und Archivare zusammenzubringen undden interdisziplinärenAustausch zu fördern. Das Landes-archiv beteiligt sich zudem regelmäßig an genealogischenFachtagungen.Vorträge zu Einzelthemen undQuellen derFamilienforschung sowie Handreichungen zur Archivbe-nutzung runden die Angebotspalette ab.

Um die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen undMitarbeitern der Landesbehörden zu fördern, organisiertdas Landesarchiv seit einiger Zeit sogenannte Behörden-tage. Sie richten sich an einzelne Verwaltungszweige.Neben einer Führung durch das Archiv bieten die Behör-dentage Gelegenheit, alle Fragen rund um die Schriftgutver-waltung, dieAussonderungundArchivierungzu diskutieren.

Schüler und Studenten haben die Möglichkeit, eigene In-formationsveranstaltungen und Führungen zu besuchen.Dafür stehen in den einzelnen Abteilungen des Landesar-chivs besonders ausgebildete Archivpädagogen zur Ver-

fügung. Die Archivpädagogen bieten neben den allgemei-nen Einführungen in das Archiv auch besondere Veran-staltungen zu ausgewählten Themen an. Das Angebotwird ergänzt durch spezielle Quellensammlungen für ar-chivpädagogische Zwecke.

Als Häuser der Geschichte informieren die Abteilungendes Landesarchivs inVorträgen,Ausstellungen und Publi-kationen themenbezogen über ihre historische Überliefe-rung und die Möglichkeiten ihrer Auswertung. Durch dieEdition landesgeschichtlich bedeutender Quellen, der Zu-sammenstellung sachthematischer Inventare und der Er-stellung von Übersichten zu den Archivbeständenerweitert das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen die Quel-lenbasis für die historische Forschung. SeineAbteilungensind vielfältig und eng mit den Kultureinrichtungen undVereinen in der Region verbunden und kooperieren mitdiesen.

EineSch

ülergruppebesuch

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ArchivinMünster

18

19

LandesarchivNordrhein-Westfalen

PräsidentZentrale DiensteFachbereich Grundsätze

Graf-Adolf-Str. 6740210 DüsseldorfTelefon: 0211 159238 0Fax: 0211 159238 111E-Mail: [email protected]: www.lav.nrw.de

Sie erreichen das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen fuß-läufig vom Hauptbahnhof (Ausgang „Konrad-Adenauer-Platz“) in 5 Minuten.

Technisches Zentrum – Grundsätzeder BestandserhaltungZentrale Dienste (IT-Zentrum)

An den Speichern 1148157 MünsterTelefon: 0251 620650 0Fax: 0251 620650 50E-Mail: [email protected]: www.lav.nrw.de

Sie erreichen die Speicherstadt Coerdemit der Buslinie 8in Richtung „Kinderhaus-Schulzentrum“ bis zur Halte-stelle „Holtmannsweg“ oder mit der Linie 9 in RichtungCoerde-Speicherstadt bis zur Endhaltestelle „Speicher-stadt“.

Zeichnung von Schloss Benrathbei Düsseldorf, 1771

Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen vor Ort

23

Abteilung RheinlandStandort Düsseldorf

Postfach 32 07 7540422 DüsseldorfE-Mail: [email protected]: www.lav.nrw.de

Lesesaal Standort DüsseldorfMauerstr. 5540476 DüsseldorfTelefon: 0211 22065 200Fax: 0211 22065 55 501

Öffnungszeiten: Mo 8.30 – 18 Uhr, Di – Fr 8.30 – 16 UhrE-Mail zur Aktenvorbestellung:[email protected]

Sie erreichen die Abteilung Rheinland (Standort Düssel-dorf) mit den Stadtbahnlinien U 78 oder U 79 von Haupt-bahnhof, Königsallee oder Altstadt bis HaltestelleKennedydamm, Fußweg ca. 5 Minuten.

◄ Düsseldorf, Juli 1928

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Regionale Zuständigkeit derAbteilung Rheinland

EingangderAbteilung

Rheinland

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Die Abteilung Rheinland des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen blickt auf eine über 175-jährige Geschichte zu-rück: Im Jahr 1832 wurde im Zuge der Neuordnung despreußischen Archivwesens das Königliche Provinzialar-chiv in Düsseldorf gegründet. Seine regionale Zuständig-keit umfasste den nördlichen Teil der Rheinprovinz, d. h.die RegierungsbezirkeAachen,Köln undDüsseldorf.Nachder Dienstinstruktion des Oberpräsidenten bestand dieAufgabe desArchivs der Rheinprovinz zunächst darin, diein seinemZuständigkeitsbereich bereits erwachsenenAr-chive, die durch die Umwälzungen imGefolge der Franzö-sischen Revolution versprengt und dezimiert waren,zusammenzuführen und zu erschließen.Das Ergebnis die-ser Jahrzehnte dauerndenArbeit ist das heutige „Alte Ar-chiv“mit seinen Beständen aus der Zeit vor 1816. Seit derzweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mussten die Regis-traturen der nach 1815 eingerichteten preußischen Be-hörden und Gerichte ebenfalls in größerem Umfangarchiviert werden.Durch die Übernahme derAltakten der

preußischen Behörden der Mittel- und Unterinstanz, derUnterlagen der Justizverwaltung sowie des archivwürdi-gen Schriftguts der im Sprengel gelegenen Reichsmittel-und -unterbehörden erhielt das Archiv, das 1867 in „Kö-niglich Preußisches Staatsarchiv zu Düsseldorf“ umbe-nannt wurde, einen zweiten Schwerpunkt.

Die politische Neuordnung nach 1945 brachte dann fürdas Düsseldorfer Staatsarchiv neueAufgabenmit sich, dieden Rahmen seinerTätigkeit als preußisches Staatsarchivsprengten.Als Landeshauptarchiv bzw. ab 1961 als Haupt-staatsarchiv wurde sein Zuständigkeitsbereich 1952 aufdie Überlieferungen der Ministerien und Oberbehördendes 1946 gegründeten Landes Nordrhein-Westfalen aus-gedehnt. Als deutlich wurde, dass die Demokratisierungder Lebensverhältnisse den Quellenwert der staatlichenAkten zusehends relativierte, erweiterte man 1970 dasSammlungsspektrum, indem man landeszentral das Ar-chivgut der Parteien, der Verbände und der Landespoliti-ker erfasste, die im öffentlichen Leben eine maßgeblicheRolle spielen.

Geschichte und Zuständigkeit

Ausschnittauseiner

Rheinkarte,1637

26

Seit Gründung des Landesarchivs Nordrhein-Westfalenzum 1.1.2004 ist das ehemalige Hauptstaatsarchiv eineAbteilung des Landesarchivs. Gemeinsam mit dem ehe-maligen Personenstandsarchiv Brühl bildet es die Abtei-lung Rheinlandmit den beiden Standorten Düsseldorf undBrühl.

Die Bestände des Standorts Düsseldorf der AbteilungRheinland (auf die Bestände des Standorts Brühl wird abS. 31 eingegangen) umfassen einen Zeitraum von rund1200 Jahren rheinischer Geschichte. Die ältesten im Ori-ginal erhaltenen Stücke sind Fragmente einer angelsäch-sischen Handschrift des 8. Jahrhunderts und eineUrkunde Kaiser Ludwigs des Frommen vom8. Februar 821für das Kloster Inden (Kornelimünster).

Der Archivalienbestand des gesamten Archivs umfasstheute ca. 90 „Regalkilometer“ Urkunden,Akten,Amtsbü-

cher und Handschriften sowie große Mengen nicht-schriftlichen Archivguts wie z. B. Karten, Pläne, Fotos,Filme, Ton- und Videobänder usw. Damit ist die AbteilungRheinland des Landesarchivs NRW das größte regionaleArchiv in Deutschland. Inhaltlich und strukturell gliedernsich die Bestände nach Zeitperioden, regionalen bzw. lan-desweiten Zuständigkeiten sowie formalen Kriterien.

Aus derZeit vomBeginn des 9.Jahrhunderts bis zumEndeder französischen Herrschaft und der Übergangszeit imRheinland (1814/15) sind insbesondere die Archive derLandesherrschaften Kurköln, Jülich-Berg, Kleve-Mark,Moers undGeldern, dieAkten des Reichskammergerichts,die Bestände der säkularisierten Klöster und Stifte undumfangreiche Registraturen der französischenVerwaltungaus den Jahren 1794 bis 1813 zu nennen. Hinzu kommenbedeutende Handschriften und Siegelsammlungen.

VomBeginn der preußischenHerrschaft bis heute werdendie Unterlagen der Mittel- und Unterinstanzen sowie dieAkten der Justiz- und Finanzbehörden im Landesteil Nord-rhein archiviert. Dazu gehören neben der Überlieferungder inneren Verwaltung, wie der heutigen Bezirksregie-

Bestände

LuftschiffG

rafZ

eppelinüber

Duisburg-Ruhrort

27

rungen Köln und Düsseldorf, auch die Akten der Arbeits-,Berg-, Siedlungs-,Wirtschafts-, Kultus- und Sozialverwal-tung, der Bahn- und Postverwaltung sowie Personalaktenund Katasterunterlagen. Die Obersten Landesbehördendes Landes Nordrhein-Westfalen (Staatskanzlei, Ministe-rien, Landesrechnungshof) sind ebenfalls verpflichtet, ihreAltakten der Abteilung Rheinland anzubieten. Aber auchdie auf Landesebene wirkenden Organe der Rechtspflege(Verfassungsgerichtshof/Oberverwaltungsgericht undLandessozialgericht), die Landesoberbehörden und sämt-liche zentralen Einrichtungen des Landes NRWgeben ihreUnterlagen an dieAbteilung Rheinland ab.Darüber hinauserfasst die Abteilung Rheinland das Schrift- und Doku-mentationsgut von Parteien und juristischen Personen desöffentlichen Rechts. Nachlässe, Privatarchive und zeitge-schichtliche Sammlungen gehören ebenso zum Samm-lungsgut.

Bei der Bibliothek der Abteilung Rheinland des Landesar-chivs NRWhandelt es sich um eine Präsenzbibliothek zurniederrheinischen und nordrhein-westfälischen Landes-geschichte. Hinsichtlich des engen Themenbereichs istdie Bibliothek umVollständigkeit bemüht. Darüber hinauswerden die zum Verständnis der niederrheinischen Ge-schichte notwendige allgemeingeschichtliche Literatursowie Publikationen zur Landesgeschichte angrenzenderLänder und Gebiete gesammelt. Die Bibliothek ist im Bi-bliotheksverbund der Landesbehörden online recher-chierbar unter „http://bvlb.lv.nrw.de/webopac/“.

Zur Bibliothek gehört ebenfalls eine 1815 beginnende undlaufend fortgeführte Sammlung amtlicher Druckschriften,Broschüren und Informationsschriften der Landesbehör-den und -einrichtungen. Darüber hinaus umfasst dieSammlung Veröffentlichungen von Parteien und Verbän-den, eine Sammlung vonZeitungen und zeitungsähnlichenPeriodika mit einzelnen Stücken aus der 1. Hälfte des 18.

Bibliothek und Druckschriften

DieBelagerungJülichs,kolo-

rierterStichausdem17.Jh.

28

Jahrhunderts sowie amtlicher topographischer undsonstiger gedruckter Karten aus der Zeit nach 1945.Bi-bliothek undDruckschriftensammlung stehen denNut-zerinnen und Nutzern des Archivs im Lesesaal zurVerfügung, sind jedoch nicht an den Leihverkehr der Bi-bliotheken angeschlossen.

29

Abteilung RheinlandStandort Brühl

Postfach 32 07 7540422 DüsseldorfE-Mail: [email protected]: www.lav.nrw.de

Lesesaal Standort BrühlSchloßstr. 10 – 1250321 BrühlTelefon: 02232 94538 0Fax: 02232 94538 38

Öffnungszeiten: Mo 8.30 – 17 Uhr (ab 14 Uhr ausschl.Benutzung der Digitalisate und Micro-fiches)Di – Fr 8.30 – 15 Uhr

Öffnungszeiten der Bibliothek: Di, Do 9 – 12 Uhr

Sie erreichen den Standort Brühl fußläufig vomDBBahn-hof Brühl (ca. 5 Minuten) sowie vom Bahnhof Brühl-Mitteder Linie S 18 des VRS (ca. 10 Minuten).

DasPersonenstandsarchiv

Rheinlandim

SchlossAugus-

tusburg

30

Das Personenstandsarchiv Rheinland verwahrt als Spezi-alarchiv die staatliche Personenstandsüberlieferung fürseinen räumlichenZuständigkeitsbereich, die heutigen Re-gierungsbezirke Düsseldorf und Köln.

Seine Anfänge reichen bis in die Zeit des Zweiten Welt-kriegs zurück, als durch das Rheinische Landessippenamtfür das Gebiet der preußischen Rheinprovinz die älterenPersonenstandsunterlagen in Koblenz auf der Festung Eh-renbreitstein zusammengezogenwurden.Den staatlichenAnteil dieser Bestände nahmnach Kriegsende dieArchiv-verwaltung der Nordrheinprovinz und derenNachfolgerin,die Landesarchivverwaltung Nordrhein-Westfalen, in ihreObhut. Durch die Rückführung ausgelagerter Beständenach Schloss Gracht in Liblar (heute Stadt Erftstadt) wardas Personenstandsarchiv Rheinland anfangs auf zweiDienststellen verteilt, bis es in den Jahren 1954/1955 inBrühl im Schloss Augustusburg und dessen Nebenge-bäuden seinen jetzigen Standort erhielt.

Das Anwachsen der Bestände und die Sorge um derenfachgerechte Unterbringung führten in den folgendenJahrzehnten zur Belegungweiterer Liegenschaften.Nachmehreren Umzügen innerhalb des Brühler Stadtgebietssind die Bestände derzeit in zwei Gebäudegruppen(Schloßstraße 10 – 12 und Comesstraße 16 – 18) unter-gebracht. Seit 1. Dezember 2008 bildet das Personen-standsarchiv Rheinland als Dezernat R 4 einen weiterenStandort der Abteilung Rheinland des LandesarchivsNordrhein-Westfalen. Die räumliche Zusammenfassungder beiden Standorte derAbteilung Rheinland bleibt demprojektierten Neubau vorbehalten.

In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde dieStruktur der vom Personenstandsarchiv Rheinland über-nommenen Bestände angepasst im Hinblick auf die Ei-gentumsverhältnisse (Restitution beschlagnahmter Kir-chenbücher aus kirchlichemBesitz) und die BeschränkungdesZuständigkeitsbereichs auf denrheinischen Landesteildes Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (Abgaben anBel-gien und Rheinland-Pfalz). Gleichzeitig erfuhr jedoch dasTätigkeitsfelddesArchivseineAusweitungdurch die Über-nahmederZweitschriftenderPersonenstandsregister, die

Geschichte und Zuständigkeit

vor Inkrafttreten des novellierten Reichspersonenstands-gesetzes (1. Juli 1938) angelegt worden waren.

Weitere Zuwächse brachte die jüngste Novellierung desPersonenstandsrechts, die in wesentlichen Teilen zum 1.Januar 2009wirksamgeworden ist.NachAblauf der stan-desamtlichen Fortführungsfristen werden die Zweitschriftender Personenstandsregister an das PersonenstandsarchivRheinland abgegeben. Infolge der Festsetzung der Fort-führungsfrist für die Sterberegister auf 30 Jahre werdenderzeit allein Bände dieses Registertyps von den UnterenStandesamtsaufsichten übernommen.

Kirchenbücher

Die Kirchenbuchbestände des PersonenstandsarchivsRheinland gehen auf das im 18. Jahrhundert erwachtestaatliche Interesse an der Nachweisung des Personen-stands zurück. LandesherrlicheVerordnungen dieser Zeitschrieben dieAnlage von Kirchenbuchduplikaten vor,wel-che von den Pfarrern bei landesherrlichen Stellen einzu-reichen waren. Im Zuge der Einführung des Zivilstands inden französischen bzw. französisch dominierten Gebietender Rheinlande um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhun-dert kam es zur Einziehung kirchlicher Register durch dieMunizipalverwaltungen. So gelangten bis in die zweiteHälfte des 16. Jahrhunderts zurückreichende Kirchenbü-cher in staatlichen Besitz. Mit dem Übergang zur Zivil-standsbeurkundung wurde ein Zugriff des Staates aufkirchlicheAufzeichnungen überflüssig, so dass die älterenBestände für den größtenTeil des Zuständigkeitsbereichs1798 bzw. 1809 abbrechen (4.196 Einheiten). Lediglich imnördlichenTeil des rechtsrheinischenGebiets kames nachdem Ende der französischen Zeit für knapp sechs Jahr-

zehnte erneut zur Anlage von Kirchenbuchduplikaten, alsdort das Personenstandswesen nach den Bestimmungendes Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten(1794) organisiert wurde. Die Kirchenbuchduplikate wur-den von den Pfarrern an die Amtsgerichte abgeliefert(1.127 Einheiten).

31

Bestand Laufzeit Überlieferungs-form

Kirchenbücher7.093 rheinischeKirchenbücherund Kirchen-buchduplikate

1571 – 1874 Originale, Mikro-filme und -fichessowie Digitali-sate –> EditionBrühl

Zivilstands-register106.473 Zweit-schriften der Zi-vilstandsregisterund ca. 100.000Aufgebotsregis-ter mit Beiakten

ca. 1798 –1875 (links-rheinisch),1810 – 1875(rechtsrhei-nisch)

Originale, Mikro-filme und -fichessowie Digitali-sate

Standesamtli-che Personen-standsregister98.958Nebenre-gister bzw.Zweit-bücher

1874/1876 –1938

Originale wer-den in Brühl zu-nächst nichtvorgelegt

laufende Über-nahme vonZweitbüchern

1938 – 2012

Bestände

Todesbescheinigungfür

HeinrichHeine,1856

32

Zivilstandsregister

Zweitschriften der Zivilstandsregister, die nach französi-schem bzw. später rheinischem Recht in den linksrheini-schen Departements (ab dem am 22. September 1798beginnenden „An VII“ des französischen Revolutionska-lenders), im Großherzogtum Berg (ab 1. Januar 1810)sowie zeitweise in den rechtsrheinischen Departements(ab 1. Januar 1808/1. Januar 1811) angelegt wurden.DieseRegister wurdenmit den oben genanntenAusnahmen biszum 31. Dezember 1875 weitergeführt, ummit Inkrafttre-ten der Reichspersonenstandsgesetzgebung von den Per-sonenstandsregistern abgelöst zu werden (106.473Einheiten). Hinzu kommen Belegakten, in denen im Zugeder Beurkundung angefallenes Schriftgut zusammenge-fasst wurde (100.000 Einheiten).

Personenstandsregister

Zweitschriften der Personenstandsregister, die nach denPersonenstandsgesetzen für das Königreich Preußen (ab1.Oktober 1874) bzw. des Deutschen Reiches (ab 1.Januar1876) und deren Novellierungen angelegt wurden. Bei Ge-

burtenregistern und Eheregistern reichen die Beständebis zum 30. Juni 1938, bei den Sterberegistern darüberhinaus bis knapp an den Ablauf der gleitenden Fortfüh-rungsfrist von 30 Jahren (102.375 Einheiten).

Für das Personenstandsarchiv Rheinland unterhält dieAb-teilung Rheinland des Landesarchivs Nordrhein-Westfa-len am Standort Brühl in der Nordorangerie von SchlossAugustusburg einen Lesesaal. Dieser verfügt über 24 PC-Arbeitsplätze mit Ausdruckmöglichkeit für Digitalisatesowie sechs Arbeitsplätze an gleichfalls mit Ausdruck-möglichkeit ausgestatteten Mikrofiche-Scannern.

Die älteren Kirchenbuchbestände (1571 – 1809) werden inKooperation mit der Patrimonium Transcriptum VerlagsGmbH (Bonn) sukzessive als Farbdigitalisate mit wissen-

Nutzung und Service

schaftlicher Beschreibung auf CD bzw.DVD veröffentlicht.Seit 2004 sind 200Bände der „Edition Brühl“ erschienen;sie werden vomVerlag PatrimoniumTranscriptum (www.patrimonium-transcriptum.org) vertrieben.

Bedingt durch die räumliche Situation, können die Zweit-schriften der Personenstandsregister (1874/1876– 1938/1978) Nutzerinnen und Nutzern vorerst nicht im Lesesaalvorgelegt werden. Bei diesen Beständen wird die Zugäng-lichkeit daher über die Erteilung von Auskünften aufschriftliche Anfrage hin sichergestellt.

DerLesesaaldes

Personen-

standsarchivsRheinland

33

35

AbteilungWestfalen

Bohlweg 248147 MünsterTelefon: 0251 4885 0Fax: 0251 4885 100E-Mail: [email protected]: www.lav.nrw.de

Öffnungszeiten: Mo – Mi, Fr. 8.30 – 16 UhrDo 8.30 – 18 Uhr

Sie erreichen die Abteilung Westfalen fußläufig vomHauptbahnhof in ca. 15 Minuten oder mit den Buslinien 3,7 oder 8 (Haltestelle „Hörstertor“).

Bestände der Justiz- und Finanzverwaltung aus der Au-ßenstelle Coerde können nach Vorbestellung im Lesesaalam Bohlweg eingesehen werden.

◄ Grenze zwischen dem Hochstift Münster und derGrafschaft Bentheim, 1742

36

Regionale Zuständigkeitder Abteilung Westfalen

Alt-undNeubau

desArchivs

amBohlweg

37

Schon bald nach der Schaffung der preußischen ProvinzWestfalen wurde damit begonnen, das während der fran-zösischen Fremdherrschaft vernachlässigteArchivgut dervormaligen westfälischen Territorien und aufgehobenenKlöster und Stifte systematisch zu sammeln. Zu diesemZweck entstanden 1821 auf Anweisung des Staatskanz-lers Hardenberg vier „Archivdepots“ in Arnsberg, Höxter,Münster und Paderborn, später kam ein fünftes inMindenhinzu. 1829 wurden die übrigen Depots dem Depot inMünster unterstellt, das 1831 in ein „Königliches Provinzi-alarchiv“ umgewandelt wurde. Die Überführung der Be-stände der Archivdepots nach Münster wurde 1852abgeschlossen. 1867 erfolgte die Umbenennung in „Kö-niglich Preußisches Staatsarchiv Münster“. Nach derGründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946 wurdeaus dempreußischen StaatsarchivMünster ein nordrhein-westfälisches.War jenes zuvor für die gesamte preußischeProvinz Westfalen, also für die drei RegierungsbezirkeArnsberg, Minden und Münster zuständig gewesen, so

ergab sich nun eine Beschränkung des Zuständigkeitsbe-reiches auf die RegierungsbezirkeArnsberg undMünster.Durch die Zusammenlegung des Regierungsbezirks Min-denmit demehemaligen Land Lippewar nämlich der neueRegierungsbezirk Detmold gebildet worden, für den nundas Staatsarchiv Detmold zuständig wurde.Das hatte zurFolge, dass 1963 dieArchivalien der RegierungMinden undder ihr unterstellten Behörden aus der Zeit ab 1816 nachDetmold abgegebenwurden.Allerdings verblieben die ost-westfälischenUrkunden undAkten aus der Zeit vor 1816 inMünster. Von 2004 bis 2008 hieß das Staatsarchiv „Lan-desarchiv NRWStaatsarchivMünster“; seit dem 1.12.2008lautet der neueName „Landesarchiv NRWAbteilungWest-falen“.

Zurzeit verwahrt das Archivrund 100.000 Pergamentur-kunden, darunter 114mittelalterliche Kaiser- und Königs-urkunden, von denen die älteste aus dem Jahr 813

Geschichte und Zuständigkeit

Bestände

LüdinghausenmitBurgVi-

scheringundAmtshaus,

1570

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stammt. Hinzu kommen ca. 30 Regalkilometer Akten,Amtsbücher und Handschriften sowie ca. 80.000 Kartenund Pläne. Zu den ältesten und wertvollsten Quellen ge-hören ein Fragment aus dem Werk des Isidor von Sevillaaus dem 7. Jahrhundert, eine Ostertafel aus Corvey ausdem 7. bis 12. Jahrhundert, eine Papyrusurkunde aus derpäpstlichen Kanzlei von 891, eine Purpururkunde KaiserKonrads III. von 1151 sowie die um950 entstandeneHand-schrift des „Capitulare Saxonicum“mit der Aufzeichnungsächsischen Volksrechts.

Der älteste Teil der Bestände umfasst die Archivalien derehemaligen Reichsstände aus der Zeit vor 1803/1806 ausdem Gebiet der späteren preußischen ProvinzWestfalen.Ausgenommen sind die an anderer Stelle verwahrten Be-stände der Reichsstadt Dortmund (im Stadtarchiv Dort-mund) und einiger zumeist kleinerer westfälischerTerritorien (in Privatarchiven).Von besonderer Bedeutungsind in dieser Beständegruppe die umfänglichen Archiveder geistlichenTerritorien FürstbistumMünster und Fürst-bistumPaderborn sowie der Domkapitel Münster und Pa-derborn, des kurkölnischen Herzogtums Westfalen unddesVests Recklinghausen, des Fürstentums Siegen sowie

der preußischen Besitzungen Fürstentum Minden, Graf-schaft Ravensberg,Grafschaft Mark und Grafschaft Teck-lenburg. HinzukommendieUrkundenundAktenzahlreicheraufgelöster westfälischer Stifte und Klöster. Besonders her-vorzuheben ist dabei der wertvolle Urkunden- undAkten-bestand des Klosters Corvey.

Seit 1924 befinden sich im Archiv außerdem rund 6.500Westfalen betreffende Prozessakten des Reichskammer-gerichts und des Reichshofrates aus der Zeit vom Beginndes 16. Jahrhunderts bis 1806.

Die Gruppe „Behörden der Übergangszeit“ von 1802 bis1816 umfasst die Überlieferung wechselnder, oft rechtkurzlebiger Behörden während der Napoleonischen Epo-che, darunter das Westfalen betreffende Schriftgut desKaiserreichs Frankreich, des KönigreichsWestphalen unddes Großherzogtums Berg. In diese Beständegruppe ge-hören auch dieArchivalien jener Entschädigungslande, die1803 im Zusammenhang mit dem Reichsdeputations-hauptschluss entstanden waren.

DerLesesaalamBohlweg

39

Den weitaus größten Teil der Bestände nimmt mit überzwei Dritteln des Gesamtumfangs die Überlieferung staat-licher Behörden und Einrichtungen nach 1816 ein, darun-ter die Akten der inneren Verwaltung (Oberpräsidium derProvinzWestfalen, Regierungen in Arnsberg und Münstersowie die landrätlichen Kreise bis zu deren Kommunali-sierung im Jahre 1946), der Finanz-, Wirtschafts-, Ver-kehrs-, Kultus- und Justizverwaltung. Neben derstaatlichen Überlieferung wird auch nichtstaatliches Ar-chivgut – oft als Depositum– verwahrt, und zwar von Par-teien (darunter auch Organisationen der NSDAP imBereich der Gaue Westfalen-Nord und Westfalen-Süd),Verbänden, Vereinen, Organisationen, Guts- und Gewer-bebetrieben, Familien und Einzelpersonen.Genannt seienhier stellvertretend die bedeutendenwestfälischenAdels-archive der Grafen von Landsberg-Velen und der Freiher-renvonRomberg.FernerwerdenNachlässevonPersönlichkeitendesöffentlichenLebens, Druckschriften und Plakate politi-scher Parteien, Bildmaterial und audiovisuelles Doku-mentationsgut gesammelt.

Da vor Beginn der Bombenangriffe auf Münster 1941 einerechtzeitige Auslagerung der Bestände erfolgt war, sind

trotz Beschädigung der Archivgebäude nur in geringemMaße Verluste durch Kriegseinwirkungen eingetreten.

Familienforscher finden in der Abteilung Westfalen desLandesarchivs eine Reihe interessanter Quellengattungen,darunter beispielsweise:

für das 19., zum Teil auch 20. Jahrhundert:

• Grundbücher und Grundakten• Auswandererlisten• Prozessakten

für das 16. bis 18. Jahrhundert:

• Hofesakten• Wechselbücher,Wechselbriefe

Quellen für die Familienfor-schung

DieBibliothekdesArchivs

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• Brüchtenprotokolle• Schatzungslisten• Hypothekenbücher• Lehnbücher• Urbare und Katasterbücher• Meierbriefe• Rechnungen, Rechnungsbücher• Musterungs- und Einquartierungslisten

Die Abteilung Westfalen des Landesarchivs NRW verfügtüber eine Dienstbibliothek mit über 180.000 Bänden,deren Schwerpunkt auf der Geschichte und LandeskundeWestfalens und der benachbarten Gebiete liegt. Hinzukommen Werke der allgemeinen Geschichte, der Histori-schen Hilfswissenschaften, Nachschlagewerke sowieDruckschriften der Verwaltung aus dem Zuständigkeits-

bereich. Eine Besonderheit stellt die Sammlung von etwa45.000 Schulprogrammen des 19. und 20. Jahrhundertsaus demgesamten deutschen Sprachgebiet (in denGren-zen vor 1945) dar. – Die Dienstbibliothek steht auch denArchivbenutzerinnen und -benutzern zurVerfügung, ist je-doch als reine Präsenzbibliothek nicht an den Leihverkehrangeschlossen. Der Katalog ist über das Internet unter„http://bvlb.lv.nrw.de/webopac/“ einsehbar.

Bibliothek und AmtlicheDrucksachen

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Abteilung

Ostwestfalen-Lippe

Willi-Hofmann-Str. 232756 DetmoldTelefon: 05231 766 0Fax: 05231 766 114E-Mail: [email protected]: www.lav.nrw.de

Öffnungszeiten des LesesaalsMo. 8 – 19 UhrDi. – Do. 8 – 16 UhrFr. 8 – 13 Uhr

Bestellung von ArchivalienMo. – Do 9, 10, 11, 12, 13:30, 14:30 UhrFr. 9, 10, 11, 11:30 Uhr

Sie erreichen dieAbteilungOstwestfalen-Lippe vomBahn-hof Detmold ausmit den Buslinien 702 (Meiersfeld), 772(Barntrup oder Blomberg) und 780 (Horn-BadMeinberg)bis Haltestelle „Leopoldinum“. Die Linie 707 fährt stünd-lich direkt bis zur Haltestelle „Staatsarchiv“. Der Fußwegvom Bahnhof durch die Stadt dauert ca. 25 Minuten.

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Regionale Zuständigkeit derAbteilung Ostwestfalen-Lippe

EingangderAbteilungOst-

westfalen-Lippe

43

DieAbteilungOstwestfalen-Lippe ist zentraleAnlaufstellefür die historische Forschung in der Region Ostwestfalen-Lippe und für die Genealogie in ganzWestfalen. IhreWur-zeln hat sie im ehemaligen Lippischen Landesarchiv, dasseit demMittelalter existierte. ImJahr 1947wurde das bisdahin selbständige Land Lippe in das Bundesland Nord-rhein-Westfalen eingegliedert. Damit verbunden war dieBildung des Regierungsbezirks Detmold, der aus demZu-sammenschluss Lippesmit dem ehemaligen preußischenRegierungsbezirk Minden resultierte. Zunächst war dasArchiv für die neue Regierung zuständig, doch seine Kom-petenzen wurden 1955 auf alle Landesbehörden im Re-gierungsbezirk ausgedehnt. 1957 wurde es – nebenDüsseldorf und Münster – drittes Staatsarchiv in Nord-rhein-Westfalen.

Das Staatsarchiv konnte 1963 in einen neu errichtetenZweckbau umziehen und dieArchivbestände sachgerechtlagern. In das Haus übernommenwurden die bis dahin im

StaatsarchivMünster lagerndenAkten staatlicher Behör-den aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Minden ab1816. Aus dem Detmolder Haus wurde 1964 ein Doppel-archiv. DurchAngliederung des neu eingerichteten Perso-nenstandsarchivs Westfalen-Lippe erhielt das Staatsarchiveine bedeutende Erweiterung. Seither ist Detmold auchein gefragter Anlaufpunkt für Familienforscher.

Im Jahr 1990 wurde das Archiv zukunftsweisend ausge-baut: Der Eingangs- und Empfangsbereich, der Lesesaalund die Bibliothek wurden erweitert und zeitgemäß mo-dernisiert. Dies gilt ebenso für denWerkstatt- und Maga-zinbereich des Hauses. Das neue Foyer und derVortragssaal werden seitdem für vielfältige Veranstaltun-gen wie z. B. Ausstellungen und Vorträge im Rahmen derÖffentlichkeitsarbeit genutzt. Am 1. Januar 2004 ist dasStaats- und Personenstandsarchiv als Abteilung in dasneue Landesarchiv NRWeingegliedert worden. Ende 2008wurde diese in „Abteilung Ostwestfalen-Lippe“ umbe-nannt. Der Standort ist nach wie vor in Detmold.

Geschichte und Zuständigkeit

AusschnittauseinerUr-

kundedesJahres1306

44

In den Magazinen der Abteilung Ostwestfalen-Lippe inDetmold sind über 30 Regalkilometer mit Archivgut be-legt. Die Bestände teilen sich auf in

• ca. 12.000 Urkunden• ca. 27 kmAkten und Amtsbücher• ca. 100.000 Karten• ca. 40.000 Fotos• ca. 400 (Video-)filme und• ca. 12.000 Plakate

Zeitlich umfassen die Bestände annähernd 800Jahre ost-westfälisch-lippischer Geschichte und reichen vom Mit-telalter bis in die Gegenwart. Sie gliedern sich in dreiHauptgruppen:

Das frühere lippische Landesarchiv bildet den Kernbe-stand der heutigenAbteilungOstwestfalen-Lippe.Von deruntersten Ebene bis zur Ministerialsphäre und der Justizist dasVerwaltungshandeln eines deutschen Kleinstaatesseit dem ausgehenden 15. Jahrhundert nahezu vollstän-dig dokumentiert.Aus der Überlieferung der in der Refor-mationszeit aufgelösten Klöster in Lippe stammt dieälteste Urkunde aus demJahr 1207.Dazu kommen das lip-pische Landtagsarchiv, dieAkten der Hofbehörden und diedes Reichsstatthalters für Lippe und Schaumburg-Lippe,das Archiv des westfälischen Grafenkollegiums und dieReichskammergerichtsakten. Mit den Akten der NSDAP-Kreisleitungen Lemgo, Detmold und Lippe besitzt dasStaatsarchiv eine umfassendeÜberlieferung aus der sonstschlecht dokumentiertenMittelinstanz zwischenGau- undOrtsgruppenleitung.

Bestände Land Lippe

BriefederFürstinPauline

zurLippe

45

ZumBestandMinden gehören die Akten der preußischenRegierung Minden sowie sämtlicher innerhalb dieses Be-zirks gelegenen Verwaltungs- und Justizbehörden. DieÜberlieferung setzt 1816 ein und endet 1947.Dazu gehörenzum Teil auch Akten der Kreis-, Amts- und Gemeindever-waltungen. Die Unterlagen von staatlichen Behörden undEinrichtungen, die nach 1947 weiter existierten oder neueingerichtet wurden, bilden die jüngste Bestandsgruppe„Regierung Detmold“.Nicht zu vergessen sind die Polizei-behörden, die Justiz sowie die Gesundheits- und Sozial-verwaltung. Hinzu kommen Akten von Bundesbehördenwie der Finanz- und Arbeitsverwaltung. Karten und Pläneergänzen diese Überlieferungen. Durch Behördenabliefe-rungen werden diese Bestände regelmäßig erweitert.

Zur Ergänzung desArchivguts staatlicher Herkunft pflegtdie Abteilung Ostwestfalen-Lippe seine Sammlungen.Dazu gehören die Nachlässe wichtiger Persönlichkeiten,Bilder von Personen, Gebäuden und Ereignissen, Plakateund Flugschriften. Übernommen werden auch Vereins-und Firmenarchive, die für die Region bedeutsam sind.Dieprivaten Adelsarchive in Lippe befinden sich als Depositain der Abteilung Ostwestfalen Lippe.

Regierungen Minden undDetmold

Sammlungen

Aufschwörungstafel

46

Die wissenschaftliche Präsenzbibliothek des Archivs um-fasst ca. 75.000 Bände und enthält die wichtigste Litera-tur zur Geschichte des ostwestfälisch-lippischen Raumes.Hinzu kommen amtliche Druckschriften wie beispiels-weise Gesetz- undVerordnungsblätter. Sie helfen oft, denInhalt einer Akte zu verstehen. Der Katalog der Bibliothekist im Internet zugänglich unter „http://bvlb.lv.nrw.de/we-bopac/“.

Das Personenstandsarchiv Westfalen-Lippe ist eine zen-trale Anlaufstelle für die Familienforschung in Westfalenund Lippe.Denn dieses Spezialarchiv verwahrt Personen-standsunterlagen aus den Regierungsbezirken Münster,Detmold und Arnsberg. Zu diesen Unterlagen zählen Kir-

chenbücher, Kirchenbuchduplikate, Juden-, Dissidenten-und Zivilstandsregister sowie standesamtliche Nebenre-gister bzw. Zweitbücher. Den Kunden stehen in Detmoldferner die Bestände aller anderen Dezernate derAbteilungOstwestfalen-Lippe sowie des Stadtarchivs Detmold unddes Kreisarchivs Lippe zur Verfügung. Forscher könnendaher die Daten aus den Geburts-, Heirats- und Sterbe-büchern mit Informationen aus dem Behördenschriftgutund den Sammlungen aus demRegierungsbezirk Detmoldergänzen.

Das Personenstandsarchiv Westfalen-Lippe existiert seit1964 und ist eins von vier Dezernaten in derAbteilungOst-westfalen-Lippe des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen.Wesentliche Aufgaben des Personenstandsarchivs sinddie Aufbewahrung, Erschließung und Bereitstellung vonPersonenstandsunterlagen für die Verwaltung, für Rechtsuchende Bürger und die familiengeschichtliche For-schung sowie die Beantwortung vonAnfragen und die Be-ratung bei der Forschung.Gerne gebenwir Hilfestellungenbei den ersten Schritten in der Familienforschung oderHinweise für die Nutzung der Personenstandsunterlagenfür die wissenschaftliche Forschung.

Personenstandsarchiv

Bibliothek

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Bestandsinhalt Überlieferungsform Laufzeit Bestandssignatur

RB Arnsberg RB Detmold RB Münster

129 Kirchenbücheraus Lippe (Depositumder Lippischen Lan-deskirche)1

Originalbücher ausge-wählter GemeindenMikrofiches aus allenGemeinden

1611 – 1969 L 112 A (nurLippe)

ca. 6.000 Kirchen-buchduplikate undZivilstandsregister

Originalbücher, Zweit-schriften, z. T. auf Mikro-fiches, digitalisiert fürdie –> Edition Detmold

(1670)1779 – 1875

P 4 P 1 A Lippe

P 1 B-D RBMinden

P 7

ca. 900 Juden- undDissidentenregister

Originalbücher, Zweit-schriften, digitalisiert fürdie –> Edition Detmold

(1801)1808 – 1874

P 5 P 2 P 8

Listen von Gemeinde-mitgliedern, Friedhö-fen u. a. jüdischerGemeinden (50 Ver-zeichnungseinheiten)

Reproduktionen ausdem Reichssippenamt

1697 – 1942 P 10 P 10 P 10

ca. 139.000 (bis 1938)Standesamtliche Per-sonenstandsregister

Nebenregister bzw.Zweitbücher

1874 – 1938 P 6 P 3 P 9

1938–20132 P 16 P 13 P 19

Bestände

1 Die Kirchenbücher im Bestand L 112 A gehören nicht zu den Beständen des Personenstandsarchivs, son-

dern des Dezernats OWL2 „Bestände Lippe vor 1947, Nichtstaatliches und NichtschriftlichesArchivgut“.

2 Ab dem Jahr 2009 werden nach und nach die Personenstandsregister aus den Jahren ab 1938 über-

nommen, so dass diese Bestände ständig Zuwachs haben. Spätestens ab 2014 werden die Personen-

standsregister elektronisch geführt und nach Ablauf der festgelegten Fristen archiviert.

Standesam

tsregister

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Kirchenbücher

Seit dem Mittelalter überwachte und dokumentierte dieKirche den Personenstand, zunächst die Trauungen undTaufen. Im 16. Jahrhundert stellten die katholische Kircheim Tridentinum (1563) und die evangelische Kirche seitder Reformation Regeln für die Kirchenbuchführung auf. Indieser Zeit setzen die meisten Kirchenbuchüberlieferun-gen ein, so auch im Detmolder Archiv (1611). Selbstver-ständlich führen die Kirchen heute noch Kirchenbücher,die aber nicht mehr den rechtsverbindlichen Charakterhabenwie die staatlichen Personenstandsregister.Die Kir-chenbücher enthalten Angaben zu Taufe, Heirat und Be-stattung der Gemeindemitglieder. Diese Einträge sindmeist mit zahlreichen zusätzlichen Informationen ange-reichert, etwa zu den Taufpaten und Trauzeugen, zu To-desursachen, zu Auswanderung oder gar zu Ereignissenin der Gemeinde.

Kirchenbuchduplikate und Zivilstandsregister

In der Neuzeit, besonders im 18. Jahrhundert, begann derStaat, das Personenstandswesen zu kontrollieren, erließ

Vorschriften zur Dokumentation des Personenstandesund schrieb vor, eine Sicherungsabschrift zu erstellen.Seitdemgibt es für jedes Personenstandsbuch immer eineKopie, diemeist in einem anderenArchiv aufbewahrt wirdals die Erstschrift. Dieses neuerliche staatliche Engage-ment gestaltete sich regional und territorial recht unter-schiedlich:

• Der kurkölnische Erzbischof Maximilian Friedrich ord-nete bereits im Jahr 1779 für seine Gebiete in Westfa-len (Herzogtum Westfalen, Vest Recklinghausen) an,Kirchenbuchduplikate zu erstellen, und zwar getrenntnach Taufen, Ehen und Begräbnissen. Etwa 15 Jahrespäter schrieb das Allgemeine Preußische Landrechtvon 1794 insbesondere den Geistlichen vor, Kirchen-buchduplikate anzufertigen und diese nach Ablaufeines Jahres an das zuständige Gericht abzuliefern. InLippe fertigteman bereits seit dem 17.Jahrhundert Kir-chenbuchduplikate an; diese waren an das kirchlicheKonsistorium abzuliefern und sind kirchliches Schrift-gut. Der entsprechende Bestand (P 1A) imDetmolderPersonenstandsarchiv ist daher ein Depositum desLippischen Landeskirchlichen Archivs.

DetmolderSommerge-

spräch2008

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• Die Führung vonZivilstandsregistern (Erst- undZweit-bücher) geht auf die französische Gesetzgebung(Code Civil, 1804) in den unter französischer Verwal-tung stehenden westfälischen Gebieten ab 1808 (Kö-nigreich Westphalen) bzw. ab 1810 (GroßherzogtumBerg) zurück: Das Erstbuch sollte demnach in der Ge-meinde verbleiben, während das Zweitbuch der unte-ren Gerichtsbarkeit zuzuführen war. Heute befindensich Erstbücher i. d. R. in den Kommunen, d. h. in denkommunalen Archiven oder sogar bei den Standes-ämtern, und die Zweitbücher gelangten von den Ge-richten an die staatlichen Archive. Vielfach werdenZivilstandsregister auch in Kirchenarchiven aufbe-wahrt. Die zentralen und größten Bestände von Zivil-standsregistern aus dem heutigen Nordrhein-Westfalenbefinden sich in den Personenstandsarchiven RheinlandundWestfalen-Lippe.

• Nach Ende der französischen Herrschaft griff inWest-falen wieder dasAllgemeine Preußische Landrecht. ImPersonenstandsarchiv Westfalen-Lippe befinden sichdaher lediglich für die Jahre von 1808-1814 Zivil-standsregister, ansonsten sind bis 1874 die Kirchen-buchduplikate (neben den Kirchenbüchern) relevant.

Juden- und Dissidentenregister

Das Interesse des Staates am Personenstand erstrecktesich im 19.Jahrhundert zunehmend auch auf nicht-christ-liche bzw. nicht denAmtskirchen angehörende Personen,z. B. Juden, Dissidenten und Quäker. Die Einführung vonJudenregistern variierte von Territorium zu Territorium:Im französischen KönigreichWestfalen wurden für Judengesonderte Zivilstandsregister geführt, im Großherzog-tumBerg nicht. Im Bereich des zumGroßherzogtumHes-sen gehörenden ehemaligen kurkölnischen HerzogtumsWestfalen galt dieVerordnung von 1804,wonach die Pfar-rer gesonderte Judenregister zu führen hatten. In Lippewurde dies 1809 angeordnet.Auch in der preußischenZeitab 1815 war die Führung von Judenregistern unterschied-lich, bis 1822 und 1847 Regelungen zur gleichmäßigenFührung von Judenregistern getroffen wurden. Demnachmussten die Register der Juden an die Gerichte abgege-ben werden. Ähnliches galt ab 1847 für Quäker und Dissi-denten („geduldete Religionsgemeinschaften“). Mit derEinführung des Standesamtswesens und der Personen-standsgesetze im Jahr 1874/75 endete die nach Konfes-sionengetrennteRegisterführung.ImPersonenstandsarchiv

Verwandtschaftstabellender

MariaLeopoldine,verm

ählte

FürstinzurLippe

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Westfalen-Lippe steht der Forschung wie kaumwoanderseine große Zahl von Judenregistern aus einer großen Re-gion zentral zur Verfügung.

Die meisten dieser Register enthalten Namenindizes.

Beleg- und Übermittlungsakten

In den Personenstandsarchiven werden außerdemBeleg-und Übermittlungsakten zu den Kirchenbuchduplikaten,Zivilstands- und Judenregistern aufbewahrt, die zusätzli-che Dokumente etwa zu Eheschließungen enthalten.

Reproduktionen des „Reichssippenamtes“

Die „Reichsstelle für Sippenforschung“ bemächtigte sichder personenbezogenen Unterlagen der jüdischen Ge-meinden, zentralisierte und verfilmte sie. Die Originale,aber auch zahlreiche Filme sind vernichtet worden oderverloren gegangen. Teilweise existieren nur noch die Aus-drucke von den Filmaufnahmen. In Detmold lagern dieFilme („Gatermann-Filme“) und deren Rückvergrößerun-gen, insbesondere von jüdischen Geburts-, Heirats- und

Sterberegistern, Synagogenbüchern, Friedhofslisten,Grabsteinaufschriften, Mitgliederlisten jüdischer Kultus-vereinigungen. Dieser Bestand ist aufgrund seiner langenLaufzeit (1697 – 1942) und weil er Daten aus ganz West-falen-Lippe umfasst, besonders wertvoll. Nachwie vor har-ren diese meist vernachlässigten Dokumente einersystematischen Auswertung.

Personenstandsregister

Mit den Personenstandsgesetzen in Preußen von 1874(gültig ab 1874) und im gesamten Reich von 1875 (gültigab 1876) wurde das Standesamtswesen eingeführt unddie Personenstandsdokumentation einheitlich staatlichkontrolliert und geführt, und zwar konfessionsunabhän-gig. In preußischen Gebieten gibt es Personenstandsregi-ster, getrennt nach Geburten, Heiraten und Sterbefällen,seit 1875, und im gesamten Reich (z. B. dann auch inLippe) seit 1876.Die Register werden doppelt geführt, d. h.Haupt- und Nebenregister bzw. Erst- und Zweitbuch, undgetrennt gelagert. Seit 1928 müssen für beide Überliefe-rungen Namensverzeichnisse geführt werden.

EditionDetmold

Die Erstbücher werden beim zuständigen Standesamt, dieZweitbücher bei der Standesamtsaufsicht in den Kreisenund kreisfreien Städten aufbewahrt. Nach dem ZweitenWeltkrieg wurde in Nordrhein-Westfalen allerdings festge-legt, dass die Zweitbücher aus der Zeit von 1874 bis zum30. Juni 1938 in den neu gegründeten Personenstandsar-chiven in Brühl undDetmold gelagert werden. Seit der No-vellierung des Personenstandsgesetzes (mit Gültigkeit abdem 1.Januar 2009) übernehmen die nordrhein-westfäli-schen Personenstandsarchive die Zweitbücher nach Ab-lauf bestimmter Fristen (–>Benutzung,S. 12),d.h. zunächstdie Sterbezweitbücher.

Die Edition Detmold (seit 2006) bietet Familienforschernund Historikern Archivmaterial auf CD/DVD. Sie decktdabei geographisch das Gebiet Westfalen-Lippe ab. DieEditionsreihe nach dem Vorbild der –> Edition Brühl(S. 32) enthält neben den digitalen Bildern der Kirchen-

buchduplikate und Zivilstandsregister ausführliche wis-senschaftliche Inhaltsbeschreibungen. In der Reihe Edi-tion Detmold sind bislang 33 Titel erschienen, dieEreignisse aus dem 19.Jahrhundert und z.T. auch 18.Jahr-hundert dokumentieren. Damit ist der Bestand der Lippi-schenKirchenbuchduplikate (P1A)vollständigveröffentlicht.

Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseitendes Verlags Patrimonium Transcriptum (www.patrimo-nium-transcriptum.org).

Edition Detmold

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• Beck, Friedrich (Hg.): Die archivalischen Quellen. miteiner Einführung in die historischen Hilfswissenschaf-ten. 4., durchges. Aufl. Köln [u.a.] 2004.

• Brenner-Wilczek, Sabine, Gertrude Cepl-Kaufmannund Max Plassmann: Einführung in die moderne Ar-chivarbeit. Darmstadt 2006.

• Reimann, Norbert (Hg.): Praktische Archivkunde. EinLeitfaden für Fachangestellte für Medien- und Infor-mationsdienste, FachrichtungArchiv. 2., überarb.Aufl.Münster 2008.

• Franz, Eckhart G.: Einführung in dieArchivkunde. 7., ak-tual. Aufl. Darmstadt 2007.

• Hochedlinger, Michael: Aktenkunde. Urkunden- undAktenlehre der Neuzeit.Wien [u.a.] 2009.

• Vogtherr, Thomas: Urkundenlehre. Basiswissen. Han-nover 2008.

• Stieldorf,Andrea: Siegelkunde.Basiswissen.Hannover2004.

• Beck, Friedrich und Lorenz Friedrich Beck: Die lateini-sche Schrift. Schriftzeugnisse aus dem deutschenSprachgebiet vomMittelalter bis zur Gegenwart. Köln[u.a.] 2007.

• Schneider, Ute: Die Macht der Karten – Eine Ge-schichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute.2. überarb. Aufl. Darmstadt 2006.

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Literaturhinweise

Einführungen in dieArchivkunde

Einführungen in die Histori-schen Hilfswissenschaften

54

• Janssen,Wilhelm: Kleine rheinische Geschichte. Düs-seldorf 1997.

• Klueting,Harm: GeschichteWestfalens. Das Land zwi-schen Rhein und Weser vom 8. bis zum 20. Jahrhun-dert. Paderborn 1998.

• Kohl, Wilhelm: Kleine westfälische Geschichte. Düs-seldorf 1994.

• Nonn, Christoph: Geschichte Nordrhein-Westfalens.München 2009.

• Engelbrecht, Jörg: Landesgeschichte Nordrhein-West-falen. Stuttgart 1994.

• Die Bestände des Nordrhein-Westfälischen Haupt-staatsarchivs, Kurzübersicht. 3. neubearbeitete underweiterte Auflage. Düsseldorf 1994.

• Übersicht über die Kirchenbücher des Personen-standsarchivs Brühl. Bearbeitet von Karin Horn, Wil-helm Höbsch, Wolfgang Huschke und Udo Schuster.Neustadt/Aisch 1970.

• Die Zivilstandsregister und Kirchenbuchduplikate imNordrhein-Westfälischen Personenstandsarchiv Rhein-land. Eine Übersicht. 2. erweiterteAufl. Bearbeitet vonJörg Füchtner undAndrea Lauermann. Siegburg 1996.

• Die Bestände des Landesarchivs Nordrhein-WestfalenAbteilung Westfalen. Kurzübersicht. 5. aktualisierteAuflage.Bearb. vonUteAschwer,Mechthild Black-Veld-trup, Johannes Burkardt, Beate Dördelmann, HelmutFranz, Gregor Gehrke, Jens Heckl, Annette Hennigs,Anke Hönnig, Gabriele Kießling, Axel Koppetsch, Ge-rald Kreucher, Ursula Schorbus,Helmut Schraven,Da-

niel Schulte, Hermann-Josef Schroers und ThomasReich. Düsseldorf 2009 (Veröffentlichungen des Lan-desarchivs Nordrhein-Westfalen 18).

• Die Bestände des Nordrhein-Westfälischen Staatsar-chivs Detmold und PersonenstandsarchivsWestfalen-Lippe, Kurzübersicht. Erweiterte Neubearbeitung.Detmold 1994 [vergriffen, Neuauflage für dieses Jahrin Vorbereitung].

• Die Bestände des Personenstandsarchivs Detmold bis1874/1875. Bearbeitet von Günther Engelbert und IlseKötz. 2. neubearb.Aufl. vonArno Schwinger unterMit-arbeit von Karin Eickmeier undGabriele Hamann.Det-mold 1991.

• Ivo, Helmut: Familienforschung leicht gemacht. Anlei-tungen, Methoden, Tipps. München 2006.

• Ribbe, Wolfgang und Eckart Henning (Hg.): Taschen-buch für Familiengeschichtsforschung. 13., überarb.Aufl. Insingen 2006.

• Der richtige Weg zu Ihrem „Stammbaum“. Familien-forschung in den Personenstandsarchiven Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf 2009 (Veröffentlichungen desLandesarchivs Nordrhein-Westfalen 26).

• Joergens, Bettina und Christian Reinicke (Hg.): Ar-chive, Familienforschung undGeschichtswissenschaft.Annäherungen und Aufgaben. Düsseldorf 2006 (Ver-öffentlichungendesLandesarchivsNordrhein-Westfalen 7).

• Joergens, Bettina (Hg.): Biographie, Genealogie undArchive gemeinsam im digitalen Zeitalter. DetmolderSommergespräche 2006 und 2007. Insingen 2009.

• Füchtner, Jörg: Quellen rheinischer Archive zur neu-zeitlichen Personen- und Familiengeschichte. Eine Ein-führung in fünf Kapitel der Quellen und ihrer Gründe.Siegburg 1995.

Beständeübersichten

Literatur zur Familien-forschung

Einführungen in die nordrhein-westfälische Landesgeschichte

Bibliothek

derAbteilung

Westfalen

55

• Nachweis genealogischer Quellen im Gebiet der ehe-maligen Rheinprovinz. 2 Teile. Bearb. V. Volker Thoreyund Claus Geis. 2., erw. u. verb. Aufl. Köln 2003.

• Reinicke, Christian: Kirchenbücher im LandesarchivNordrhein-Westfalen Personenstandsarchiv Brühl.Neue Auswertungs- und Erschließungsmethoden. In:Rheinische Vierteljahrsblätter 70 (2006), S. 261-287.

• Reinicke, Christian: Auf demWeg zum digitalen Lese-saal. Digitalisierung im Landesarchiv Nordrhein-West-falen Personenstandsarchiv Brühl. In: ABI-Technik 27(2007), S. 28-35.

• Reinicke, Christian: Arbeiten im digitalen Lesesaal.Landesarchiv NRWPersonenstandsarchiv Brühl. In: Ar-chivar 61 (2008), S. 76-80.

• Schütte, Leopold: Wörter und Sachen aus Westfalen800 bis 1800. Düsseldorf 2007 (Veröffentlichungendes Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 17).

• Gerald Kreucher, Die Urkatasteraufnahme in Westfa-len. Düsseldorf 2008 (Veröffentlichungen des Lan-desarchivs Nordrhein-Westfalen 20).

• Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Grundsätze derBestandserhaltung – Technisches Zentrum. Düssel-dorf 2009 (Veröffentlichungen des LandesarchivsNordrhein-Westfalen 19).

• Schüler forschen im Archiv. Ein archivpädagogischerFührer durch das Landesarchiv NRWAbteilung West-falen. Düsseldorf 2009 (Veröffentlichungen des Lan-desarchivs Nordrhein-Westfalen 29).

Weiterführende Informatio-nen und Handreichungendes Landesarchivs NRW

S. 21 Brosii, Beschreibung der Oberkellnerei Düsseldorf(Ausschnitt), 1771, LAV NRW R Düsseldorf, HS E II Nr. 4 •S. 22 Düsseldorf, Juli 1928(Ausschnitt), LAV NRWR Düs-seldorf, RW 0229 Nr. 22740 • S. 26 Rheinlauf zwischenGrimlinghausen und Düsseldorf (Ausschnitt), 1637, LAVNRWRDüsseldorf, Karten Nr. 2354 • S. 27 Luftschiff GrafZeppelin über Duisburg-Ruhrort, LAV NRW R Düsseldorf,RW0261 Nr. 0715 •Belagerung Jülichs 1610 (Ausschnitt),kolorierter Stich, 17. Jahrhundert , LAVNRWRDüsseldorf,Karten Nr. 5727 • S. 32 Todesbescheinigung für HeinrichHeine, 1856, LAV NRW R Brühl, Zivilstandsregister, Bele-gakten, Standesamt Düsseldorf B/S, Nr. 1100/1858) • S.34Grenze zwischen demHochstift Münster und der Graf-schaft Bentheim, 1742, LAV NRWW, Karten A 87 • S. 38Lüdinghausen mit Burg Vischering und Amtshaus, 1570,LAV NRW W, Karten A 442 • S. 44 Ausschnitt einer Ur-kunde, LAVNRWOWL, L 1, 1306März 15 • S. 45 Briefe derFürstin Pauline zur Lippe, LAV NRW OWL, Bestand L 7 AXV • S. 46 Aufschwörungstafel, LAV NRW OWL, L 110 ACappel • S. 51Verwandtschaftstabellen derMaria Leopol-dine, vermählte Fürstin zur Lippe, LAVNRWOWLL 7 A I b•S. 52Hermannsdenkmal imTeutoburgerWald, 1934, LAVNRW R Düsseldorf, RW 261 Nr. 2377.

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Nachweis der Archivalien-abbildungen