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wisst nichts; 50 ihr bedenkt auch nicht: Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe. 51 Das sagte er aber nicht von sich aus, son- dern weil er in dem Jahr Hoherpriester war, weissagte er. Denn Jesus sollte sterben für das Volk 52 und nicht für das Volk allein, sondern auch, um die verstreuten Kinder Gottes zusammen- zubringen. 53 Von dem Tage an war es für sie beschlos- sen, dass sie ihn töteten. Johannes 11, 46-53 Jesus hatte Wunderkräfte—aber nicht für Zirkustricks, sondern um uns ultimativ beizubringen: Schaut her, ich tue das alles für Euch, egal, was mir dabei passiert! Gleichzeitig illustriert diese Begebenheit aber noch etwas ganz Anderes, was über- haupt nichts mit Jubel zu tun hat: Gottes Zeitplan kann (muss nicht, aber kann!) ganz anders lauten als unserer! Jesus wird gerufen—und wartet erst noch ein paar Tage. Damit allen klar ist, dass es wirklich ein Wunder ist, nicht nur ein Scheintoter. Manchmal werden wir fürs Warten auf unsere Gebete mit überra- schenden Erhörungen belohnt. Und: Christlicher Glaube ist kein Freibrief, nicht leiden zu müssen. Glaube hin oder her— gestorben ist Lazarus trotzdem vor dem Wunder. Gerade am heutigen Tag, wo wir unserer Verstorbenen gedenken, gibt uns die Hoff- nung auf die Auferstehung zwar Kraft, aber wir spüren auch den Schmerz, und daher sprechen die Worte Jesu besonders zu uns: In der Welt habt ihr Angst; aber seid ge- trost, ich habe die Welt überwunden. Johannes 16,33b Und wie Lazarus herauskommt aus dem Grab hat wunderschönen Symbolcharak- ter: Er ist noch eingebunden in die Grabtü- cher und Jesus sagt: Löst die Binden und lasst ihn gehen! Johannes 11, 44b Eines Tages werden auch wir hinaustre- ten ans Licht, und es wird uns wie Schup- pen von den Augen fallen, wir werden mehr sehen, als alldie Menschen, die von Nahtoderlebnissen berichten, wo sie quasi mal kurz vielleicht einen Blick ins Jenseits tun konnten, sondern wir werden sehen »Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Men- schen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.« (1 Kor 2,9b): 25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; 26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Johannes 11, 25.26 Amen. FRAGEN Lazarus sieht das LichtZum Weiterdenken Woher habe ich eigentlich meinen Glauben? Beruht er auf persönlichen Vorbil- dern? Wenn ja, warum waren diese Men- schen für mich vertrauenswürdig? Sind es im Laufe meines Lebens die gleichen geblieben? Was hat mich an ihnen besonders beeindruckt oder ist mir von ihnen geblieben? Ist ihr Leben in Übereinstimmung mit dem gestanden, was sie glaub- ten? Was denke ich von sog. Nahtoderlebnissen“? Liebe Gemeinde Vor mittlerweile etlichen Jahren konnte man die Geschichte von einem jugoslawi- schen Richter lesen, der sich einen schweren Elektroschock holte, als er nach oben griff, um das Licht einzuschalten, während er in der Badewanne stand. Der Stromstoss liess ihn umkippen, er fiel aus der Badewanne, seine Frau rief den Arzt und der erklärte ihn für tot. Wegen der Hygienegesetze in Jugoslawi- en wurde der Körper des Richters sofort in ein Gewölbe unter der Friedhofskapelle gebracht. Mitten in der Nacht kam der Richter wieder zu Bewusstsein. Er hatte keinerlei Ahnung, wo er war oder was geschehen war. Als er schliesslich doch merkte, wo er war, rannte er zur ver- schlossenen Gewölbetür und begann da- ran zu reissen und rief um Hilfe. Der Wächter erschreckte sich fürchterlich und rannte in Panik davon. Glücklicherweise kam er später mit Hilfe wieder zurück, öffnete die Tür und liess den wiederbeleb- ten Richter in die Freiheit. Der Richter rief seine Frau an, dass er nach Hause kommen würde. Sie schrie und hing das Telefon auf. Als Nächstes versuchte er es bei den Häusern von ver- schiedenen Freunden. Sie schauten ihn einmal kurz an, dachten, es wäre ein Geist und knallten ihm die Tür vor der Nase zu. Zum Schluss fand er endlich einen Freund, der noch nicht von seinem angeblichen Tod gehört hatte und den konnte er dann davon überzeugen, sich als Vermittler einzusetzen. Nach und nach konnte der Richter seine Freunde und Familie überzeugen, dass er wirklich leb- te! Lazarus hätte sich mit der Überraschung des Richters identifizieren können. Seine Wiederauferweckung ist das siebte und grösste Wunder im Johannesevangelium. Und es war zu seiner Zeit mindestens so anstössig und überraschend wie das, was dem Richter passierte. Eigentlich sogar noch mehr. Johannes weist uns sicherlich absichtlich darauf hin, dass der Tote bereits vier Tage im Grab lag. Warum spielt das eine Rolle? Zum Einen: Er stinkt schon!Zum Anderen: Zum Teil wird vermerkt, dass es zur da- maligen Zeit im Judentum die Anschau- ung gegeben habe, dass die Seele nach dem Tod noch drei Tage im oder in der Nähe des Körpers bleibt. Am vierten Tag aber verflüchtigt sie sich. Aus diesem Grund sei es üblich gewesen, drei Tage lang Trauerbesuche am Grab zu machen. Mit anderen Worten: Lazarus war nicht nur tot, sondern mausetot. Dass er wieder zum Leben kam, war etwas ganz anderes, als wenn jemand einen Herzstillstand hat und binnen drei Minuten wiederbelebt wird mittels Elektroschock—man hat nur etwa die drei Minuten Zeit dafür, darum werden die sogenannten Defibrillator-Geräte zu- nehmend an öffentlichen Orten platziert. In der Kirche haben wir auch schon einen angeboten bekommen. Joh 11, 23-45, Predigt 22.11.2015 Wolfgang v. Ungern-Sternberg Reformierte Kirche Umiken www.ref-umiken.ch

Lazarus sieht das Licht

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Vor mittlerweile etlichen Jahren konnte man die Geschichte von einem jugoslawi-schen Richter lesen, der sich einen schweren Elektroschock holte, als er nach oben griff, um das Licht einzuschalten, während er in der Badewanne stand. Der Stromstoss liess ihn umkippen, er fiel aus der Badewanne, seine Frau rief den Arzt und der erklärte ihn für tot.Wegen der Hygienegesetze in Jugoslawi-en wurde der Körper des Richters sofort in ein Gewölbe unter der Friedhofskapelle gebracht. Mitten in der Nacht kam der Richter wieder zu Bewusstsein. Er hatte keinerlei Ahnung, wo er war oder was geschehen war. Als er schliesslich doch merkte, wo er war, rannte er zur ver-schlossenen Gewölbetür und begann da-ran zu reissen und rief um Hilfe. Der Wächter erschreckte sich fürchterlich und rannte in Panik davon. Glücklicherweise kam er später mit Hilfe wieder zurück, öffnete die Tür und liess den wiederbeleb-ten Richter in die Freiheit.Der Richter rief seine Frau an, dass er nach Hause kommen würde. Sie schrie und hing das Telefon auf. Als Nächstes versuchte er es bei den Häusern von ver-schiedenen Freunden. Sie schauten ihn einmal kurz an, dachten, es wäre ein Geist und knallten ihm die Tür vor der Nase zu. Zum Schluss fand er endlich einen Freund, der noch nicht von seinem angeblichen Tod gehört hatte und denkonnte er dann davon überzeugen, sich als Vermittler einzusetzen. Nach und nach konnte der Richter seine Freunde und Familie überzeugen, dass er wirklich leb-te!Lazarus hätte sich mit der Überraschung des Richters identifizieren können. Seine Wiederauferweckung ist das siebte und grösste Wunder im Johannesevangelium. Und es war zu seiner Zeit mindestens so anstössig und überraschend wie das, was dem Richter passierte. ... [Weiter im Predigtskript]

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Page 1: Lazarus sieht das Licht

wisst nichts; 50 ihr bedenkt auch nicht: Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe. 51 Das sagte er aber nicht von sich aus, son-dern weil er in dem Jahr Hoherpriester war, weissagte er. Denn Jesus sollte sterben für das Volk 52 und nicht für das Volk allein, sondern auch, um die verstreuten Kinder Gottes zusammen-zubringen. 53 Von dem Tage an war es für sie beschlos-sen, dass sie ihn töteten.

Johannes 11, 46-53 Jesus hatte Wunderkräfte—aber nicht für Zirkustricks, sondern um uns ultimativ beizubringen: Schaut her, ich tue das alles für Euch, egal, was mir dabei passiert! Gleichzeitig illustriert diese Begebenheit aber noch etwas ganz Anderes, was über-haupt nichts mit Jubel zu tun hat: Gottes Zeitplan kann (muss nicht, aber kann!) ganz anders lauten als unserer! Jesus wird gerufen—und wartet erst noch ein paar Tage. Damit allen klar ist, dass es wirklich ein Wunder ist, nicht nur ein Scheintoter. Manchmal werden wir für‘s Warten auf unsere Gebete mit überra-schenden Erhörungen belohnt. Und: Christlicher Glaube ist kein Freibrief, nicht leiden zu müssen. Glaube hin oder her—gestorben ist Lazarus trotzdem vor dem Wunder. Gerade am heutigen Tag, wo wir unserer Verstorbenen gedenken, gibt uns die Hoff-nung auf die Auferstehung zwar Kraft, aber wir spüren auch den Schmerz, und daher sprechen die Worte Jesu besonders zu uns: In der Welt habt ihr Angst; aber seid ge-trost, ich habe die Welt überwunden. Johannes 16,33b Und wie Lazarus herauskommt aus dem Grab hat wunderschönen Symbolcharak-ter: Er ist noch eingebunden in die Grabtü-cher und Jesus sagt:

Löst die Binden und lasst ihn gehen! Johannes 11, 44b

Eines Tages werden auch wir hinaustre-ten ans Licht, und es wird uns wie Schup-pen von den Augen fallen, wir werden mehr sehen, als all‘ die Menschen, die von Nahtoderlebnissen berichten, wo sie quasi mal kurz vielleicht einen Blick ins Jenseits tun konnten, sondern wir werden sehen »Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Men-schen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.« (1 Kor 2,9b): 25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; 26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?

Johannes 11, 25.26 Amen.

FRAGEN „Lazarus sieht das Licht“

Zum Weiterdenken

Woher habe ich eigentlich meinen Glauben?

Beruht er auf persönlichen Vorbil-dern?

Wenn ja, warum waren diese Men-schen für mich vertrauenswürdig?

Sind es im Laufe meines Lebens die gleichen geblieben?

Was hat mich an ihnen besonders beeindruckt oder ist mir von ihnen geblieben?

Ist ihr Leben in Übereinstimmung mit dem gestanden, was sie glaub-ten?

Was denke ich von sog. „Nahtoderlebnissen“?

Liebe Gemeinde Vor mittlerweile etlichen Jahren konnte man die Geschichte von einem jugoslawi-schen Richter lesen, der sich einen schweren Elektroschock holte, als er nach oben griff, um das Licht einzuschalten, während er in der Badewanne stand. Der Stromstoss liess ihn umkippen, er fiel aus der Badewanne, seine Frau rief den Arzt und der erklärte ihn für tot. Wegen der Hygienegesetze in Jugoslawi-en wurde der Körper des Richters sofort in ein Gewölbe unter der Friedhofskapelle gebracht. Mitten in der Nacht kam der Richter wieder zu Bewusstsein. Er hatte keinerlei Ahnung, wo er war oder was geschehen war. Als er schliesslich doch merkte, wo er war, rannte er zur ver-schlossenen Gewölbetür und begann da-ran zu reissen und rief um Hilfe. Der Wächter erschreckte sich fürchterlich und rannte in Panik davon. Glücklicherweise kam er später mit Hilfe wieder zurück, öffnete die Tür und liess den wiederbeleb-ten Richter in die Freiheit. Der Richter rief seine Frau an, dass er nach Hause kommen würde. Sie schrie und hing das Telefon auf. Als Nächstes versuchte er es bei den Häusern von ver-schiedenen Freunden. Sie schauten ihn einmal kurz an, dachten, es wäre ein Geist und knallten ihm die Tür vor der Nase zu. Zum Schluss fand er endlich einen Freund, der noch nicht von seinem angeblichen Tod gehört hatte und den

konnte er dann davon überzeugen, sich als Vermittler einzusetzen. Nach und nach konnte der Richter seine Freunde und Familie überzeugen, dass er wirklich leb-te! Lazarus hätte sich mit der Überraschung des Richters identifizieren können. Seine Wiederauferweckung ist das siebte und grösste Wunder im Johannesevangelium. Und es war zu seiner Zeit mindestens so anstössig und überraschend wie das, was dem Richter passierte. Eigentlich sogar noch mehr. Johannes weist uns sicherlich absichtlich darauf hin, dass der Tote bereits vier Tage im Grab lag. Warum spielt das eine Rolle? Zum Einen: „Er stinkt schon!“ Zum Anderen: Zum Teil wird vermerkt, dass es zur da-maligen Zeit im Judentum die Anschau-ung gegeben habe, dass die Seele nach dem Tod noch drei Tage im oder in der Nähe des Körpers bleibt. Am vierten Tag aber verflüchtigt sie sich. Aus diesem Grund sei es üblich gewesen, drei Tage lang Trauerbesuche am Grab zu machen. Mit anderen Worten: Lazarus war nicht nur tot, sondern mausetot. Dass er wieder zum Leben kam, war etwas ganz anderes, als wenn jemand einen Herzstillstand hat und binnen drei Minuten wiederbelebt wird mittels Elektroschock—man hat nur etwa die drei Minuten Zeit dafür, darum werden die sogenannten Defibrillator-Geräte zu-nehmend an öffentlichen Orten platziert. In der Kirche haben wir auch schon einen angeboten bekommen.

Joh 11, 23-45, Predigt 22.11.2015

Wolfgang v. Ungern-Sternberg

Reformierte Kirche Umiken

www.ref-umiken.ch

Page 2: Lazarus sieht das Licht

Ausserdem war es aber nicht nur eine Überraschung, die gegen das ging, was man menschlicherweise als „gesunden Menschenverstand“ bezeichnet—es war auch eine bewusste Provokation an einen Teil der damaligen geistlichen Führungs-schicht des Landes, der Sadduzäer. Die Sadduzäer—ich muss immer noch an der amerikanische Kinderlied denken: „I don‘t wanna be a Sadducee, cause they are so sad, you see“ - auf Deutsch: „Ich will kein Sadduzäer sein, denn die sind so traurig“ - nur auf Englisch reimt es sich eben) - wa-ren sozusagen die „aufgeklärte, gebildete“ Gruppe. Die Bildungsbürger mit leichtem Dünkel und erhobener Nase, die weder an Geister noch an die Auferstehung der Toten glaubten. Manchmal dünkt es mich, die Bibel ist furchtbar modern—wie viele Leute laufen heute herum und halten sich für Christen, und alles, was sie haben und glauben, ist der Glaube an ihre eigene Rechtschaffenheit. Vor langen Jahren traf ich ich mal einen Mann, der sagte mir: „Ich glaube nicht an Gott, und ich bin Christ.“ Manchmal denke ich, man sollte so eine Art Copyright auf sprachliche Begriffe ein-führen, dass Leuten Strafgebühren auf-brummt, wenn sie offensichtlich Worte verdrehen, z.B. „Pass auf, ich schenke Dir eine eckige Kugel!“ oder „Hier hast Du ein buntes Schwarzweissbild!“ Kennen Sie das Gedicht: „Dunkel war‘s, der Mond schien helle, als ein Wagen, blitzeschnelle, langsam um die Ecke fuhr— Drinnen sassen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft, als ein totgeschossner Hase auf der Sandbank Schlittschuh lief“ Warum zitiere ich Ihnen so ein kurioses Gedicht im Gottesdienst? Weil es illus-triert, was Paulus schreibt: 19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 1. Kor 15,19 Wie meint er das? Ganz einfach, er erklärt kurz gesagt, dass es völlig unsinnig ist, an Christus glauben zu wollen, ohne dabei an seine wirkliche Auferstehung zu glauben.

Zu sagen, „Ich glaube an Christus“ und es nicht für möglich zu halten, dass er Tote auferwecken bzw. selbst auferstehen kann, ist genau so unsinnig, wie einen totgeschossenen Hasen auf der Sand-bank Schlittschuh laufen zu lassen. Oder in Paulus Worten, speziell auf die Auferstehung Jesu bezogen—aber das Wunder bei Lazarus zeigt ja auch genau das, den Sieg Christi über den Tod:

12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferste-hung der Toten? 13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. 14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. 16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. 17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; 18 so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. 19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

1. Kor 15, 12-19 Wissen Sie, wenn ich das lese, dann stut-ze ich selbst einen Moment und überlege: Moment, ist das nicht eine ziemlich steile Angelegenheit? Warum glaube ich sowas eigentlich? Dabei muss ich immer an ei-nen Science Fiction denken, der zwischen 1999 und 2003 Furore machte in den Ki-nos, bis dahin, dass sogar philosophische Aufsätze darüber geschrieben wurden—recht ungewöhnlich für einen Kinofilm. Und: Meine Güte, wie die Zeit vergeht. Sein „Verdienst“ bestand darin, mit einer sehr technischen Geschichte den Men-schen vermitteln zu wollen, dass es sowas

Ohne Auferstehung kein Glaube

wie ein Jenseits gibt, eine Welt, die unse-ren Sinnen nicht unmittelbar zugänglich, aber trotzdem sehr real ist. Und um Him-mels willen nein, ich glaube nicht wegen dem Film an irgend etwas, aber er hat viele Leute damals sehr nachdenklich gemacht. In einer Szene wird dann der jugendliche Held (der mit offensichtlichen biblischen Anspielungen gezeichnet wird) von sei-nem Gegenspieler gefragt: „Warum tust Du das eigentlich?“ Und er antwortet mit bestem Kinopathos: „Weil ich mich dafür entschieden habe.“ Das ist allerdings na-türlich eine sehr dünne Antwort—warum glauben wir eigentlich etwas? „Einfach so?“ Weil man es übernommen hat oder „man das einfach so tut“? Während ich in Oxford studierte, traf ich einen amerikani-schen Kollegen, dessen Arbeit sich um die Frage drehte, ob man sich eigentlich ein-fach dazu entscheiden kann, etwas zu „glauben“, oder wo Glaube eigentlich her-kommt. Bevor Sie jetzt einschlafen oder abschalten und sagen: „Autsch, jetzt wird‘s kompliziert“, die Sache ist eigentlich ganz einfach: Sie können sich nicht ent-scheiden, etwas zu Glauben. Sie brau-chen einen äusseren Grund. Sie können sich nicht einfach entscheiden, zu glauben „mein Auto steht vor der Tür“. Sondern Sie brauchen einen Grund, z.B. dass Sie‘s gerade gesehen haben. Zu simpel? Das Evangelium ist simpel. Jesus führt den Menschen vor, dass er die Macht hat, jemand vom Tod aufzuerwecken, um zu beweisen, dass er in spezieller Weise von Gott kommt: 41 Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich weiß, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umhersteht, sage ich's, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. Joh 11,41f. Für die Leute damals war die Sache einfa-cher als für uns—sie konnten Jesus beim Beweis zugucken. Für uns heute gilt: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! Johannes 20,29

Warum man jemand oder etwas glaubt, ist letztlich ein Geheimnis, es ist eine Bezie-hungswahrheit, d.h. eine Erkenntnis, die aus dem persönlichen Kontakt kommt. Deswegen ist sie nicht weniger gültig als eine mathematische Formel, aber sie hat eine andere Quelle. Es ist wie wenn man sich in jemand verliebt—kein vernünftiger Mensch verlangt: „Beweis mir mal, warum es sinnvoll ist, dass Du verliebt bist!“ Wenn man so will, ist es zwar auf der ei-nen Seiet eine wacklige Sache—auf der anderen Seite ist aber unbestritten, dass wir uns als Menschen ein Bild davon ma-chen müssen, ob jemand vertrauenswür-dig ist oder nicht. Was es dafür braucht, ist dem Anderen begegnen, mit ihm uner-wegs sein, und das ist mit Gott und der Bibel, seinem Wort, nicht anders: Sie kön-nen sich entscheiden, es mit offenem Her-zen zu lesen, und dann wird es Sie viel-leicht so treffen, dass Sie anfangen, es zu glauben—aber der Glaube selbst ist ein Geschenk. Vielleicht sind Sie jetzt ganz schlau und fragen: „Und was, wenn ich was ganz Anderes gelesen oder gehört habe, und mich davon habe treffen lassen? Etwa von Konfuzius oder Anderem?“ Das ist etwas, was Sie entscheiden—Glaube, auch christlicher Glaube, ist ein Experiment, und ein sehr persönliches dazu. Sie kön-nen nicht entscheiden, was Sie glauben—aber Sie können und müssen entschei-den, welchen Gedanken Sie sich ausset-zen. Das braucht Mut. Sehr mutig war das Ganze von Jesus, denn mit der Auferweckung des Lazarus provoziert er paradoxerweise seinen eige-nen Tod: 46 Einige aber von ihnen gingen hin zu den Pharisäern und sagten ihnen, was Jesus getan hatte. 47 Da versammelten die Hohenpriester und die Pharisäer den Hohen Rat und sprachen: Was tun wir? Dieser Mensch tut viele Zeichen. 48 Lassen wir ihn so, dann werden sie alle an ihn glauben, und dann kommen die Römer und nehmen uns Land und Leute. 49 Einer aber von ihnen, Kaiphas, der in dem Jahr Hoherpriester war, sprach zu ihnen: Ihr