52
LEBENSLINIEN N o 2’98 Informationen der Selbsthilfegruppe Lebertransplantierter Deutschland e. V.

LEBENSLINIEN...großer Aufmerksamkeit verfolgten Referat informierte er über die weiterentwickelten, für den Patienten schonenderen Opera-tionstechniken und neue Möglichkeiten wie

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • LEBENSLINIEN

    No 2’98

    Informationen der

    Selbsthilfegruppe

    Lebertransplantierter Deutschland e. V.

  • Liebe Mitglieder, Angehörige, Förderer und Interessierte!

    Unser 5jähriges Bestehen...feierten wir im Oktober in Ladenburg in einem würdigenRahmen und einem angemessenen Programm mit Dank-gottesdienst, Festakt mit Vorträgen und geselligem Bei-sammensein. Bei den Mitgliedern und Angehörigen, aberauch bei den Vertretern von Klinik, Krankenkasse, DSO,Pharmaindustrie u.a. fand die Veranstaltung eine positiveResonanz.

    Das diesjährige Wochenende der Begegnung...in Bad Honnef führte wieder „Stammgäste“ und neue Mit-glieder aus der gesamten Bundesrepublik für zwei Tage zuGedankenaustausch, Spaziergängen im Siebengebirge undfröhlicher Unterhaltung zusammen.

    Transplantierte in der Rehabilitation...betreuen wir nun seit dem Sommer. Dazu besuche ichregelmäßig eine Reha-Klinik, führe mit den Anschlußheil-behandlungspatienten Gespräche und beantworte ihrekrankheitsbezogenen Fragen. Eine Ausweitung dieserTätigkeit auf weitere Reha-Kliniken durch andere Mitglie-der ist dringend notwendig.

    Eine psychosoziale Betreuung von Patienten...vor und nach der Transplantation ist im Rahmen des Trans-plantationsgesetzes vorgesehen. Deshalb haben wir imSommer alle Lebertransplantationszentren wegen der Ein-richtung von Betreuungsgruppen für Patienten angespro-chen. Von den 25 angeschriebenen Zentren antwortetennicht einmal die Hälfte – ein traurige Bilanz! Doch wir wer-den unsere berechtigten Forderungen weiter vertreten.

    In Heidelberg fanden schon erste Betreuungsgespräche fürWartepatienten mit positiver und dankbarer Inanspruch-nahme seitens der Patienten statt.

    Die bewährten Arzt/Patienten-Seminare…wurden wieder in verschiedenen Städten bundesweitdurchgeführt. Das Arzt/Patienten-Seminar in Hannoversprach im Gegensatz zu sonstigen Veranstaltungen fürLebererkrankte speziell nur Wartepatienten, Transplan-tierte und Angehörige an. 250 Anwesende zeigten einmalmehr die dringende Notwendigkeit solcher hilfreicher Auf-klärungsveranstaltungen. Regelmäßige Wiederholungenund sinnvolle Neueinstiege sind geplant.

    Nun wünsche ich allen… wieder viele neue Informationen beim Lesen der Zeitung.Über eine positive Resonanz, aber auch über konstruktiveKritik und Beiträge würde sich das Redaktionsteam sehrfreuen.

    Ihnen allen wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest. Und eingesundes Neues Jahr – das letzte in diesem Jahrtausend.

    Ihre Jutta Vierneusel

    P.S.: Bitte beachten Sie die ab 1.Jan. 1999 geltenden Mitgliedsbeiträge

    (s. S. 47) und veranlassen Sie eine Änderung Ihres Dauerauftrages

    EDITORIALLEBENSLINIEN

  • [4] 5 Jahre Selbsthilfegruppe Das Jubiläum, Grußworte[7] Was die Selbsthilfegruppe leistet

    [8] PSC – Die Primär Sklerosierende Cholangitis[12] Therapie der PSC Ursodesoxycholsäure

    Lebertransplantation bei PSC – nicht überstürzen

    [13] Keine Probleme, mitzuhalten Ein Bericht von Ulrich Kraus[14] Der Dank gilt den Ärzten Ein Bericht von Wolfgang Schmid[15] Chronische Virushepatitis Kein therapeutischer Nihilismus[16] HCV: Zehnfach höhere Ansprechrate durch Kombitherapie

    Neuer Ansatz für die HCV-Therapie Struktur des Hep.C Virus entdeckt

    [17] Cytomegalievirus Bedrohung dür das geschwächte Immunsystem[19] Diagnosemethoden – Die Biopsie[20] TIPS Die Therapie bei Pfortaderhochdruck [21] Attempto: Ich wag’s 20 Jahre Transplantation, Eberhard Karls Universität Tübingen

    [22] Am Tag an die Sonne zu glauben... Die Bedeutung der Klinikseelsorge[24] Selbsthilfe einmal anders Das Tagebuch

    [25] Aktivitäten des Vereins ‘98: Thema Organspende[26] Die Herausforderung annehmen Intern. Erfahrungsaustausch bei der BZgA[27] Eurotransplant Meeting 1998 Neue Konzepte für die Organverteilung[28] 2. Europäischer Tag für Organspende und Transplantation, Wien[29] Themen die Schule machen Transplantation und Organspende

    Unterlandschau Heilbronn 800 Organspendeausweise verteilt

    [30] Organspende – Anrecht oder Geschenk?[32] Brief einer Angehörigen „Mein geliebter Bruder...“[34] Täuschung, Manipulation und Meinungsmache Praktiken des TV-Senders Sat1 [37] Der Tod ist für mich ein Stück Leben Katholischer Journalistenpreis ‘98[38] Der Pieper Leben auf Abruf

    [39] Das neue Bundesministerium für die GesundheitDie „Reform der Gesundheitsreform“ Verteilungskampf aufs neue?

    Änderungen bei der Rente

    [40] Ein Wochenende für die Sinne Begegnungswochenende ‘98[41] Die Polizei – Dein Freund & Helfer Ostfriesen laufen für die Organspende, Citylauf Leer

    Messe „aktiv leben“ Düsseldorf Ein Erfahrungsbericht

    [42] Leberforum Würzburg Arzt/Patientenseminar gut besuchtWas wir tun Die Betreuungsgruppe für hinterbliebene Angehörige

    [44] IMAX, Dom und Rheinterrassen Der Jahresausflug 1998

    [45] Leserbriefe[46] Bücher Neue Fachliteratur[47] Termine; Wie werde ich Mitglied?[48] Adressen[50] Wir danken unseren Förderern und Sponsoren[51] Impressum

    INHALT

    [[VEREINSJUBILÄUM ]]

    [[ MEDIZ IN ]]

    [[GEIST · KÖRPER · SEELE ]]

    [[ORGANSPEND E ]]

    [[GESUNDHEIT & SOZIALE S ]]

    [[VEREINSGESCHEHE N ]]

    [[VERMISCHTES]]

  • dem Mittagessen konnte Jutta Vierneusel,Brühl, die Vorsitzende des bundesweit wir-kenden Vereines die Mitglieder mit ihrenAngehörigen sowie eine Reihe von Gästenbegrüßen, u.a. Vertreter der Kliniken, derKrankenkasse und der Kommune. Zumfestlichen Rahmen trug das dreizehn-jährige Klaviertalent Vanessa Haugk ausLadenburg mit Stücken von Joh.Seb. Bachund aus den „Waldszenen“ von RobertSchumann bravourös bei.

    Entwicklung der

    Lebertransplantation

    P rof. Dr. Otto, Leiter der Transplanta-tionsabteilung der Universität Mainz(zuvor Heidelberg), sprach zu diesemThema. In seinem von den Betroffenen mitgroßer Aufmerksamkeit verfolgten Referatinformierte er über die weiterentwickelten,für den Patienten schonenderen Opera-tionstechniken und neue Möglichkeitenwie z.B. die Teilleberspende. Große Sorgebereite der Mangel an Organen und dieunbefriedigende Situation der Organver-teilung. Das System „Dringlichkeit undErfolgsaussicht funktioniere nicht bei derLeber. Der Erfolg sei um so größer, jeweniger krank der Patient sei. Er plädierefür ein abgewandeltes UNOS-System:1. Höchste Dringlichkeit, 2. Akute Ver-schlechterung, 3. Chronische Abläufe mitKomplikationen (Hep. Enzephalopathie,Ösophagusvarizen) 4. Normale Verläufe.Nach dem letzen Update seien bisher inDeutschland 5000, in Frankreich 6500, inGroßbritannien 5500 und in Spanien 3000Lebertransplantationen vorgenommenworden. Gerade in Spanien sei die Bereit-schaft zur Organspende im Verhältniszu Deutschland wesentlich größer: 28Organspenden pro Mio Ew/Jahr, in D 12/Mio Ew/Jahr. Er differenzierte die Lebens-erwartung nach Transplantation unterdem Aspekt „benigne und maligne

    [4]

    Heidelberg. Unsere am 12.August 1993gegründete Selbsthilfegruppe kann indiesem Jahr auf eine fünfjährige erfolgrei-che Arbeit zum Nutzen ihrer Mitgliederund auf ein stetiges Wachstum zurück-blicken. Der gemeinnützige Verein mit Sitzin Heidelberg nahm dies zum Anlaß, Mit-glieder, Partner und Förderer zu einer Feieram 24.Oktober nach Ladenburg einzula-den. Mit einem ökumenischen Dankgot-tesdienst in der gotischen Sebastianska-pelle, einem Festakt im Kaiserkeller undbeim anschließenden geselligen Beisam-mensein feierte die Selbsthilfegruppe mitihren Gästen. Hauptredner war der Trans-plantationschirurg und Gründungsmitgliedder Selbsthilfegruppe, Prof. Dr. Gerd Otto,Joh. Gutenberg-Universität Mainz.

    Geteiltes Leid ist halbes Leid...

    Der ökumenische Gottesdienst wurdevon den Heidelberger KlinikseelsorgernBarbara Roßner und Horst Tritz und derMusikgruppe „Der Weg“ eindrucksvollgestaltet; besonders deren eigens für dieBetroffenen geschriebenes Lied „Ichwill...“ traf in die Herzen. Das Motto derDankfeier war der „Lebensbaum“, biblischbelegt durch die Libanonzeder als Symboldes Wachstums und der Kraft (s.Jes.41,17b–19a). Mitglieder brachten durchpersönliche Worte zum Ausdruck, auf wel-che Weise ihnen die Selbsthilfegruppegeholfen habe. In den Fürbitten betetensie für alle Kranken, die Ärzte, Pfleger, dieAngehörigen, aber auch für die Organ-spender und ihre Familien. Die Gottes-dienstbesucher konnten sich symbolischam Wachsen des „Baumes Selbsthilfe-gruppe“ beteiligen, in dem sie einen grü-nen Zweig an einem zuvor noch kahlenStamm ansteckten.

    Festakt im Kaiserkeller

    Beim Festakt im Gewölbe des wunder-schön geschmückten Kaiserkellers nach

    Grunderkrankung“. Bei maligner Ursache(Tumore) liege das Überleben trotz stren-ger Auswahl nach 5 Jahren nur bei 55%.

    In Japan habe man sehr gute Erfahrun-gen mit Lebendspende gemacht, dieErgebnisse seien ermutigend, die Lebens-erwartung nach 5 Jahren 70-75%.

    Eine neue Methode sei die sog. APOLT-Methode (Auxiliäre, partielle ortotopeLebertransplantation), bei der an diekranke Leber ein Spenderteil angeschlos-sen werde, bis diese sich erholt habe.

    Umsetzung des

    Transplantationsgesetzes

    Für die DSO, die Deutsche Stiftung Org-anstransplantation, berichtete HeinerSmit über den Status der Umsetzung desTransplantationsgesetzes von 1997. DasGesetz allein würde die Zahl der zurOrganspende bereiten Bürger nicht anhe-ben. Es müsse noch viel getan werden,daß das Gesetz mit Leben erfüllt werde,sowohl durch die 1400 Kliniken mit Inten-sivstationen, die Organspender meldenkönnten. gute Erfahrungen gäbe es in Spa-nien, wo jede dieser Kliniken über einenTransplantationsbeauftragten verfüge. Seitdem Transplantationsgesetz wurde bei11% der Organspender ein mündlicherbekannter Wille festgestellt, bei 4% lagein Organspendeausweis vor. Bei den rest-lichen Fällen von Hirntod versuchten dieAngehörigen, zu einer Entscheidung zukommen. Aber jeder sollte letztlich selbstentscheiden. Die Selbsthilfegruppen setzenda den prägnantesten Akzent in der Auf-klärung als lebendiges Beispiel. Zu hoffensei, daß die im Gesetz genannte Koordi-nierungsstelle bald entschieden werde,diese Aufgabe nehme bislang die DSOwahr.

    Erfolgreicher Einsatz für chronisch Leberkranke und Transplantierte:

    5 Jahre Selbsthilfegruppe LebertransplantierterDeutschland e.V.

    [[VEREINSJUBILÄUM ]]

  • grund der bundesweiten Ausdehnung in„Deutschland e.V.“ umbenannt worden.Heute könne er auf 303 Mitglieder ausdem ganzen Bundesgebiet zählen.Die Gründungsmitglieder Gerda Schiefer-decker und Jürgen Scheurer arbeiten heutenoch im Vorstand mit.

    Wie soll es weitergehen?

    In ihrem Ausblick betonte die Vorsit-zende die wichtigsten Ziele: die Verbes-serung der Betreuung der Patienten durchden weiteren Ausbau des Vereines. Mitar-beiter werden dazu geschult und befähigt.Durch Betreuungsgruppen an den Trans-plantationszentren sowie durch optimierteRehamaßnahmen soll die psychosozialeVersorgung verbessert werden. Weitere Schwerpunkte seien der intensiveEinsatz des Vereins und seiner Mitgliederbei der Aufklärung zur Organspende, auchin Zusammenarbeit mit den im Gesetzgenannten Behörden und dem Arbeits-kreis Organspende. Nicht zuletzt fordertder Verein verstärkte Prävention und inten-sivierte Forschung, um vielen die Trans-plantation zu ersparen. Der Verein arbeite eng mit allen Partnernzusammen, auch mit anderen Verbänden

    [5]

    Krankenkasse und Selbsthilfe

    A ls Vertreter der Krankenkassen sprachAndreas Töpfl von der BARMER Ersatz-kasse Schwetzingen und dankte derSelbsthilfegruppe für ihre sinnvolle Arbeitfür Betroffene. Die Selbsthilfegruppebefähige kranke Menschen zur „Selbst-hilfe“, also zu mündigen Partnern derÄrzte. Ohne die Selbsthilfegruppen wäreeine Rundumbetreuung der Patientennicht denkbar. Die Kassen würden im Rah-men des § 20 des Sozialgesetzes die Arbeitder Selbsthilfe fördern.

    Fortschritte des

    Selbsthilfeengagements

    D ie Vorsitzende Jutta Vierneusel, dieInitiatorin der Selbsthilfegruppe, gabeinen kurzen Rückblick über die Ge-schichte des Vereines, der vor fünf Jahrenzusammen mit Ärzten des HeidelbergerTransplantationszentrums ihren Anfangnahm. Nach einem ersten Treffen Betrof-fener und Ärzte ist die Gründung am 12.August 1993 als „Selbsthilfegruppe Leber-transplantierter Heidelberg e.V.“ erfolgt,die Eintragung ins Vereinsregister am 20.Dez. 1993. Im Jahr 1995 ist der Verein auf-

    im Rahmen des „Runden Tisches Organer-krankter“ und der jetzt begonnenen enge-ren Zusammenarbeit mit anderen „Leber-verbänden“.

    Als Dank herbstliche Blumen

    Jutta Vierneusel dankte schließlich denGründungs- und Vorstandsmitgliedernmit ihren Ehegatten für ihren stets berei-ten Einsatz.Ihr Dank galt auch allen, die den Vereinbei seinen Aufgaben unterstützten, denberatenden Mitarbeitern und denAnsprechpartnern wie auch den Partnernaußerhalb des Vereines. Auch allen Mitar-beitern, die zum guten Gelingen diesesFestes ihren Beitrag leisteten, dankte siemit einem herbstlichen Blumenstrauß. Als Anerkennung für ihre Arbeit und ihrenEinsatz überreichte ihr der Stellv. Vorsit-zende Josef Theiss im Namen des Vorstan-des ein von Sigrid Müller gestaltetes Glas-bild mit der Libanonzeder, dem passendgewählten Symbol dieses Jubiläums. Ercharakterisierte die Vorsitzende als über-aus engagierte „Managerin“ mit dem Prä-dikat „d. u.“ = dauernd unterwegs, diesich unermüdlich für die Belange derBetroffenen und des Vereines einsetze. •

    Die Libanonzederals Symbol der Widerstandskraft und desÜberlebens hat unser Mitglied Sigrid Mül-ler in die Gestaltung unserer Einladung fürdas 5jährige Jubiläum einbezogen.

    Die Wurzel als Symbol der Quelle wird dargestelltdurch unser Logo LL und zwei überschnei-dende Köpfe: ein heller und ein dunkler:einer für den Spender, einer für den Em-pfänger.

    Der StammEr trägt die Krone, aus ihm wachsen dieÄste. Er ist die Gruppe, d.h. die Mitglieder,die den Baum zum Leben bringen.

    Fünf ÄsteJeder davon steht für ein Jahr, das Blätter-werk symbolisiert das Organ Leber.

    Die Sonneist das Symbol der Hoffnung, des neuenLebens. Sie spendet Wärme und Geborgen-heit, weckt die Lebensgeister und scheint inder Begegnung und im Miteinander.

    Ich, der Herr, möchte die Menschen erquicken, die nach Wasser suchen.auf den kahlen Hügeln lasse ich Ströme hervorbrechen und Quellen inmitten der Täler. Ich mache die Wüste zum Teichund das ausgerocknete Land zur Oase.In der Wüste pflanze ich Zedern.Jes. 41.17b–19a

  • [6]

    Heute war ein Sonntag für mich…

    Während meiner Wartezeit im Mai 1993bekam ich eine Einladung zu einemTreffen der Selbsthilfegruppe Lebertrans-plantierter in Heidelberg. Ich hatte denWunsch, dort hinzugehen und mein Mannhat mir diesen Wunsch erfüllt.Voller Staunen mußte ich feststellen, daßdiese Menschen alle so gesund und normalaussahen. Ich konnte den Transplantiertennicht vom Nicht-Transplantierten unter-scheiden. Alle haben mich so wunderbar inihrer Mitte aufgenommen und ich fühltemich mit meiner Krankheit nicht mehrallein. Frau Vierneusel und Frau Schiefer-decker sagten mir damals, sie würden michgerne nach der Transplantation im Klini-kum besuchen. Das fand ich so tröstlich.Diese Gemeinschaft habe ich damals miteiner intakten Familie verglichen.

    Auf der Heimfahrt sagte ich zu meinemMann: „Heute war ein Sonntag fürmich“ Dort hatte ich wirklich Hoffnunggeschöpft und konnte weiter geduldig aufden Anruf warten. Drei Wochen später wares dann soweit. Am 6. Juni 1993 wurde mirin Heidelberg das zweite mal an einemSonntag das Leben geschenkt.In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 1993bekam ich hohes Fieber und es ging mirnicht gut und ich habe das erste malgeweint. Ich bat um einen Besuch von FrauVierneusel. Am anderen Tag stand sie schonvor meinem Bett. Darüber habe ich michunendlich gefreut. Als sie mir noch erzählte,daß sie schon die zweite Leber habe, sagteich mir: „Sei stark!“ Beim nächsten Treffenim November 1993 konnte ich schon alsTransplantierte teilnehmen und alle habensich so sehr mit mir gefreut.

    Da es mir gesundheitlich wieder soweitgut geht, verspreche ich, meiner Selbst-hilfegruppe die Treue zu halten und zurVerfügung zu stehen, wenn man michbraucht. Danke dem Vorstand für das, waser schon getan hat und noch tun wird!

    Jula Franke

    beim Dankgottesdienst am 24. Okt. 1998

    Was hat mir die Selbsthilfegruppe gegeben?

    Sie hat mir viel gegeben!

    Der Lebensbaum wächst…

    Beim Dankesgottesdienst inder Sebestianskapelle

    oben v.l.n.r.:Prof. Dr. med. G. Otto, MainzA. Töpfel, Barmer Schwetzgn.J. Vierneusel, Vorsitzende

    r.o.:J. Vierneusel dankt der jungenKünstlerin Vanessa Haugk

    r.u.:Die Vorsitzende dankt Gründungs- undVorstandsmitgliedern

  • Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmenund Ihnen zu Ihrer herausragendenArbeit von ganzem Herzen gratulieren. Ichdenke, daß Sie einen sehr wichtigen Bei-trag leisten, um Verständnis für die Pro-bleme lebererkrankter und lebertransplan-tierter Patienten zu wecken. Diesesdadurch in der Bevölkerung immer stärkerwerdende Bewußtsein für diese Gruppevon Patienten wird uns hoffentlich irgend-wann auch bezüglich der Spenderzahlenzugute kommen.

    Ich möchte Ihnen alles Gute für Ihre wei-tere Arbeit wünschen und verbleibe mitden besten Wünschen Ihr

    Univ. Prof. Dr. med. Peter R. Galle

    1. Medizinische Klinik und Poliklinik

    Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Ich bin mir sicher, daß die Arbeit vonIhnen und Ihrer Gruppe, die Sie in denletzten fünf Jahren geleistet haben, durchdiese Verranstaltung einen würdigen Rah-men erfährt. Es war sicher nicht leicht undwird es auch in Zukunft nicht sein, beiallen eigenen Problemen diese enormeAnstrengung zu bewältigen.Ich wünsche Ihnen alles Gute für dieZukunft und bin mir sicher, daß wir unsbei der einen oder anderen Gelegenheitwieder einmal persönlich begegnen wer-den.

    Mit herzlichen Grüßen

    Priv. Doz. Dr. S. Rossol

    Oberarzt der IV. Medizinischen Klinik

    Rupprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Klinikum Mannheim

    [7]

    Zunächst möchte ich mich recht herzlichzu diesem Jubiläum und zu der geleiste-ten, wertvollen Arbeit der vergangenenJahre gratulieren.Auch wir sind der Meinung, daß die Selbst-hilfegruppe Lebertransplantierter Deutsch-land e. V. eine wichtige Rolle zwischenden Fronten – zwischen medizinischemFachpersonal und den betroffenen Patien-ten und ihrer Familien eingenommen hat.Diese Arbeit sollte unbedingt so weiterge-führt werden wie bisher, meiner und unse-rer Unterstützung dabei können Sie sichdabei gewiß sein.

    Wir würden uns freuen, wenn Sie unsdemnächst – vielleicht zu einer gemeinsa-men Veranstaltung – in Bad Kissingenbesuchen würden.

    Mit freundlichen Grüßen

    Prof. Dr. med. Gmelin

    Ltd. Chefarzt

    Luitpold-Kliniken

    Zum schon 5-jährigen Bestehen IhrerSelbsthilfegruppe und insbesondere zuIhrem persönlichen Engagement möchteich Sie herzlich beglückwünschen. Leidersind ja Transplantierte in unserem Landenoch nicht so angenommen, daß nur einekleine Gruppe unmittelbar Betroffenerdavon überhaupt weiß und auch derenbesondere Probleme kennt. Sie gehörenganz zweifellos zu den Wenigen, dies sichhierum kümmern, und ich möchte Ihnenfür Ihre zukünftige Tätigkeit in der Selbst-hilfegruppe auch weiterhin alles Gute undviel Glück wünschen. Viel Erfolg auch für diese Veranstaltungund herzlichen Grüßen.

    Prof. Dr. med. B. Ringe

    Georg-August-Universität Göttingen

    Klinik für Transplantationschirurgie

    Was die Selbsthilfegruppeleistet?Zu den Schwerpunkte der Arbeit der

    Selbsthilfegruppe zählen:

    Arzt/Patientenseminare über chronischeLebererkrankungen, deren Diagnostik undTherapie und die Lebertransplantation inZusammenarbeit mit den Kliniken.

    Fachvorträge hinsichtlich medizinischerFragen, aber auch in bezug auf Ernährung,physische und psychische Stärkung.

    Bei Wochenendbegegnungen bietet dieGruppe Impulse zur Krankheitsverarbei-tung.

    Ein großes Anliegen ist das Angebot vonpsychosozialen Betreuungsgruppen fürWartepatienten an den Transplantations-zentren.

    Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Verbes-serung der Aufklärung, Präventionund Früherkennung in bezug auf Lebe-rerkrankungen, die vielen eine Organ-transplantation ersparen könnte.

    Im sozialpolitischen Bereich setzt sichdie Selbsthilfegruppe für die Betroffenenbei Themen wie Behindertenstatus, Ren-tenfragen, krankheitsbedingter Arbeitslo-sigkeit und Rehabilitation ein.

    Bei der Umsetzung des Transplantati-onsgesetzes sieht die Gruppe für sicheine wichtige Aufgabe in der Aufklärungzum Thema Organspende.

    Die Selbsthilfegruppe LebertransplantierterDeutschland e. V. versteht sich als kompe-tenter Partner und strebt in enger Zusam-menarbeit aller für den Kranken tätigenPersonengruppen eine ganzheitliche undpraxisnahe unterstützende Informations-und Betreuungsarbeit für Lebererkrankte,Transplantierte und deren Angehörige an.

    Grußworte & Glückwünsche

  • [8]

    Prof. Dr. med. Uwe Leuschner

    Medizinische Klinik II, Johann Wolfgang Goethe-Universität,

    Frankfurt am Main

    Primär sklerosierende Cholangitis:

    Diagnose und Behandlung

    Primär sklerosierende Cholangitis (PSC):

    Das außerhalb und innerhalb der Leber gelegene

    Gallengangssystem wurde mit Röntgen-

    kontrastmittel vom duodenum (Zwölffingerdarm)

    aus dargestellt. Man erkennt ausgeprägte

    Kaliberregelmäßigkeiten, eine Zähnelung und

    beginnende Einengungen, die sich besonders

    extrahepatisch abspielen, aber auch die Auf-

    zweigungen der in der Leber gelegenen kleinen

    Gänge zeigen schon ausgeprägte Kaliberun-

    regelmäßigkeiten.

    l.o.: Stadium 4 der PSC

    r.o.: Typischer histologischer Befund bei PSC

    r.u.: Fortgeschrittenes Stadium der PSC

    Vom Bindegewebe umgebene Gallengänge

    [[ MEDIZ IN ]]

  • Krankheitsverlauf

    Die Krankheit beginnt meist schleichend mit allgemeinenKrankheitsgefühl, zunehmender Müdigkeit, vielleicht etwasweichen Stühlen und wenig Juckreiz. BeschwerdefreieIntervalle werden von Beschwerden gefolgt. Später ent-wickelt sich ein Druck im Oberbauch, es kommt zu passa-gerem Ikterus, der Pruritus wird stärker. Die Krankheitkann längere Zeit relativ blande verlaufen, dabei aber wei-ter fortschreiten, und dann wieder verstärt auftreten. Fie-ber, Schüttelfrost und starkes Krankheitsgefühl weisen aufGallengangsstenosen hin.

    Durch die Gallengangsstenosen und die Gallengangs-strikturen kann es zur Entwicklung von Gallengangs-steinen kommen, die sich oberhalb der Einengungen fin-den. Die Gallensteine können den Verlauf der PSCakzentuieren, indem sich die Symptome des Steinleidenszu denen der primär sklerosierenden Cholangitis addieren.Kommt es zur bakteriellen Infektion der ableitenden Gal-lenwege, so entwickeln sich Fieber, Schüttelfrost und koli-kartige Schmerzen. Laborchemisch sieht man einen weite-ren Anstieg der Blutsenkungsgeschwindigkeit und derweißen Blutkörperchen. Auch die cholestaseanzeigendenEnzyme nehmen weiter zu. Aber auch ohne Gallenstein-entwicklung kann es bei ausgeprägter Stenosierung derextra- und intrahepatischen Gallenwege zu den gleichenSymtomen kommen, die dann therapeutische Maßnahmennotwendig machen.

    Primär sklerosierende CholangitisDie primär sklerosierende Cholangitis (PSC) gehört zusam-men mit der primär biliären Zirrhose (PBC) zu den soge-nannten autoimmunen primär biliären Leberkrankheiten.Bei den primär biliären Leberkrankheiten spielen sich diekrankhaften Veränderungen ganz überwiegend an den in-und außerhalb der Leber gelegenen Gallenwegen ab, erstim fortgeschrittenen Stadium greift die Krankheit auch aufdas Lebergewebe über. Die primär sklerosierende Cholan-gitis ist eine chronisch verlaufende Krankheit, bei der sichBindegewebsfasern zwiebelschalenartig um die kleinenGallengänge anordnen. Die Gallengänge bilden sich all-mählich zurück. Es liegt dann eine fibrosierende, obliterie-rende cholestatische Leberkrankheit vor. Unbehandelt istdie Prognose der PSC unsicher. Das heißt, sie kann inwechselnd starken Schüben verlaufen und allmählich ineine Leberzirrhose übergehen. Die 5-Jahreslebenserwartung beträgt 70%.Die PSC findet sich bei etwa 1-4/100 000 Einwohnern. ImGegensatz zur primär biliären Zirrhose, bei der zu 90%Frauen befallen sind, sind 75-89% der PSC-Patienten Män-ner (Tab. 1). In 70-100% ist die primär sklerosierende Cho-langitis mit einer chronisch entzündlichen Darmkrankheitvergesellschaftet, bei etwa 10% kann sich ein Gallen-gangskarzinom entwickeln.

    Symptome und Befunde

    Unklare Oberbauchbeschwerden werden von 50-75% derPatienten angegeben, Juckreiz von 10-70% und ein Ikterusvon 25-75%. Hat die Krankheit bereits über mehrere Jahrebestanden, so kommt es bei 25-80% der Patienten zumGewichtsverlust. (Tab. 2)Andererseits sind im Durchschnitt etwa 30% aller PSC-Pati-enten beschwerdefrei, wobei die Häufigkeit der Angabenüber die o.g. Symptome mit der Dauer der Krankheitzunimmt.1

    Da es sich bei der PSC um eine entzündliche Krankheithandelt, ist die Blutsenkungsgeschwindigkeit bei denmeisten Patienten erhöht. Charakteristisch für die PSC sindbesonders der deutliche Anstieg der alkalischen Phospha-tase (AP) und der Gammaglutamyltranspeptidase (GGT),also der einen Gallestau anzeigenden Enzyme. 60-90% derPatienten geben rezidivierende Anstiege des Serumbiliru-bins an, die nicht sehr ausgeprägt sein müssen. Das Biliru-bin erreicht dann Werte von 7-20 mg% (normal bis 1,7mg%), der Juckreiz nimmt zu. Bei einem Teil der Patientenfinden sich sogen. antinukleäre Antikörper (ANA) imSerum, während die für die primär biliäre Zirrhose typi-schen antimitochondrialen Antikörper (AMA) bei der PSCimmer fehlen. (Tab. 3)

    D ie Diagnose ist leicht zu stellen. Mit Hilfe der endosko-pisch retrograden Cholangio-Pankreaticographie (ERCP)lassen sich die klassischen Veränderungen an den extra-und/oder intrahepatischen Gallengängen erkennen: Zähne-lung, Einengungen, Aussackungen und Gangabbrüche.Liegt dieses Bild vor, so ist die Diagnose zusammen mit denerwähnten Laborveränderungen gesichert. Das ERCP-Bildstellt das beste diagnostische Mittel dar.Differentialdiagnostisch müssen nur wenige Krankheiten abgegrenzt werden, die in Tabelle 4 zusammengefaßt sind.

    [9]

    Allgemeine Angaben zur Primär sklerosierenden Cholangitis

    Erstbeschreibung 1924/25

    Häufigkeit: 1-4/100 000 Einwohner

    70-90% der Patienten sind Männer

    Alter: 25. bis 40. Lebensjahr

    in 70-100% mit chronisch entzündlicher Darmkrankheit vergesellschaftet

    in 80% mit Colitis ulcerosa

    in 15-20% mit Mobus Crohn

    4-5% der Patienten mit chronisch entzündlicher Darmkrankheit haben eine PSC.

    Der Schweregrad der Darmkrankheit und der Gallenwegserkrankung korrelieren nicht.

    - Tab.1 -

    Symptome und Begleitkrankheiten bei Primär sklerosierender Cholangitis

    Symptome BEGLEITKRANKHEITEN

    Gewichtsverlust Colitis ulcerosa

    Ikterus Morbus Crohn

    Juckreiz Gallensteine

    Oberbauchbeschwerden Chronische Pankreatitis

    Müdigkeit, Leistungsschwäche Vaskulitis (Gefäßentzündung)

    Fieber Thyreoiditis (Schilddrüsenentzündung)

    Durchfälle Pseudotumoren hinter den Augen- Tab.2 -

  • Das Gallengangskarzinom (cholangiozelluläres Karzinom)findet sich bei 5-10% der Patienten mit primär sklerosie-render Cholangitis. In der amerikanischen Literatur wurdees sogar mit einer Häufigkeit von 30% beschrieben, eineZahl, die weltweit nicht bestätigt werden konnte. Das Gal-lengangskarzinom kommt bei der PSC damit etwas häufi-ger das Leberzellkarzinom als bei einigen anderen chroni-schen Leberkrankheiten vor, wie z. B. der Hämochromatoseund auch der primär biliären Zirrhose (jeweils etwa 5%).Das Gallengangskarzinom bereitet dem Arzt erheblicheSchwierigkeiten, da es im ERCP-Bild von den für die PSCtypischen Veränderungen in der Regel nicht abgrenzbar ist.

    Wenn aber der Verdacht auf ein Gallengangskarzinombesteht, so sollte unter allen Umständen eine Leber-biopsie durchgeführt werden oder man sollte versuchenauf dem endoskopisch-retrograden Wege, also vom Dünn-darm aus, durch die Vater’sche Papille, die suspekte Verän-derung zu biopsieren. Eine weitere Möglichkeit besteht inder Cholangioskopie, bei der durch das Endoskop einsogen. Babyscope in den Gallengang eingeführt wird, überdas dann die suspekte Veränderung beurteilt werden kann.Dieses Verfahren ist vom Können des Untersuchers abhän-gig, ist personal- und materialaufwendig. Außerdem kön-nen nur Veränderungen im Hauptgallengang beurteilt wer-den, während die intrahepatischen Läsionen bioptischabgeklärt werden müssen. Von den sog. Tumormarkern istdas sogen. CA 19-9 am zuverlässigsten, allerdings erlaubtes keine Frühdiagnose und kann die histologischeAbklärung daher nicht verhindern.

    Therapie1985 haben wir zum ersten Mal über die Behandlung derprimär sklerosierenden Cholangitis mit der physiologischer-weise beim Menschen vorkommenden Ursodesoxychol-säure (UDC) berichtet.2 Seitdem ist UDC bei der PSC zumMittel der Wahl geworden. Wie für die primär biliäre Zirr-hose (PBC: siehe Lebenslinien 2, 1997) beträgt die Dosis10-15 mg/kg Körpergewicht täglich. Die Behandlung wirdlebenslänglich durchgeführt. Dies ist möglich, da bisherkeinerlei Nebenwirkungen von Ursodesoxycholsäurebeschrieben worden sind, sieht man von passagerenDurchfällen bei etwa 2-3% der Patienten ab (Tab. 5). Urso-desoxycholsäure wird also ausgezeichnet vertragen,unklare Oberbauchbeschwerden sind daher keinesfalls aufdas Medikament, sondern auf die Grundkrankheit zurück-zuführen.

    Unterdessen gibt es mehrere kontrollierte Studien, dieman vielleicht in zwei Gruppen unterteilen kann: dieHälfte der Studien stammt aus Europa, die andere aus denVereinigten Staaten. Die europäischen Studien hattendurchweg bessere Ergebnisse als die amerikanischen, wasdaran liegen mag, daß in den Vereinigten Staaten die Pati-enten erst relativ spät mit der Behandlung beginnen, alsowenn die Krankheit schon weiter fortgeschritten ist. Außer-dem waren die Behandlungszeiten in den amerikanischenStudien relativ kurz. In Europa wird früher behandelt undimmer über lange Zeiträume.

    U rsodesoxycholsäure senkt die alkalische Phosphatase,die Gammaglutamyltranspeptidase im Serum, verbes-sert die bei der PSC nur geringgradig erhöhten Trans-aminasen und führt bei vielen Patienten auch zum Abfalldes Bilirubins. Auch der die Krankheit begleitende Juckreizläßt häufig nach. Uneinheitlich sind die Meinungen überden Einfluß der UDC-Therapie auf die Leberhistologie. Ver-einzelt wurden Verbesserungen beschrieben, was andereAutoren wieder nicht bestätigen, zur Verschlechterungkam es in den derzeit publizierten Studien aber nie.

    Für Aufruhr hat eine unlängst publizierte amerikanischeStudie gesorgt, in der die Verfasser zu dem Ergebniskamen, daß UDC für die PSC nicht zu empfehlen sei. Dadie Autoren ihre Patienten nur über eine relativ kurze Zeitbehandelt haben und außerdem zahlreiche Patienten mitSpätstadien der Krankheit in die Studie eingegangen sind,handelt es sich hier um einen voreiligen und nicht akzep-tierbaren Schluß. Natürlich kann Ursodesoxycholsäure vor-handene Gallengangsstrikturen oder -stenosen nicht wie-der aufheben, es wirkt aber positiv auf die frischenentzündlichen Veränderungen. Diese Überlegung hat sicheine deutsche Arbeitsgruppe zunutze gemacht und hatihre Patienten sowohl mit Ursodesoxycholsäure als auchmit der endoskopischen Ballondilatation dominanter Gal-lengangsstrikturen behandelt und gefunden, daß dieseKombinationstherapie zu einer statistisch signifikantenLebensverlängerung führt.3 Das Konzept, UDC auf die Ent-zündung und die Ballondilatation auf die narbigen Striktu-ren anzusetzen, hat sich bewährt. Daraus folgt, daß sichPatienten mit weiter fortgeschrittener PSC und ausgepräg-

    [10]

    Typische Laborbefunde bei PSC

    Blutsenkungsgeschwindigkeit 60-100%

    Alkalische Phosphatase erhöht 95-100%

    g-Glutamyltranspeptidase erhöht 90-100%

    Bilirubin erhöht 60-85%

    Transaminasen erhöht (mäßig) 80-100%

    Antimitochondriale Antikörper 0%

    Immunglobulin M (IgM) 30%

    p-ANCA (unspezifisch) 70%

    - Tab. 3 -

    Differentialdiagnose

    der Primär sklerosierenden Cholangitis

    Primär biliäre Zirrhose (PBC)

    Chronische Leberkrankheiten mit Gallestau

    Bakterielle Gallenwegsentzündung

    Parasitäre Gallenwegsentzündung

    Mangeldurchblutung der Gallengangswand

    (sogen.Ischämische Cholangitis)

    Gallengangskarzinom

    - Tab. 4 -

    Primär sklerosierende Cholangitis

  • resüberlebensrate liegt heute bei 90%, die Dreijahresüber-lebensrate bei 80%.5

    Die Frage, ob die PSC im Transplantat rezidiviert, ist nichtgeklärt. Allerdings scheinen PSC-transplantierte Patientenhäufiger biliäre Komplikationen in Form von Gallengangs-stenosen oder Kaliberschwankungen zu haben als solche,die wegen anderer Leberkrankheiten operiert worden sind.Daher ist ein PSC-Rezidiv nicht mit letzter Sicherheit auszu-schließen.

    Neben der immunsuppressiven Therapie mit Predniso-lon,Cyclosporin bzw. Tacrolimus und Azathioprin wirdauch der transplantierte Patient mit Ursodesoxycholsäurenicht nur die Zahl der Abstoßungsreaktionen und derpostoperativen entzündlichen Komplikationen ab, sondernauch der Krankenhausaufenthalt wird signifikant verkürzt.

    Zusammenfassung

    Bei der primär sklerosierenden Cholangitis handelt es sichum eine chronische, fibrosierende und die Gallengänge all-mählich verschließende cholestatische Leberkrankheit, dieunbehandelt in eine Leberzirrhose übergeht. Die Krankheitwird bei den meisten Patienten von einer chronisch ent-zündlichen Darmkrankheit begleitet, hauptsächlich von derColitis ulcerosa, seltener vom Morbus Crohn. Ein Risiko derprimär sklerosierenden Cholangitis stellt das cholangiozel-luäre Karzinom dar, dessen Diagnose Probleme bereitet.Die Behandlung der primär sklerosierenden Cholangitisbesteht in der Gabe von Ursodesoxycholsäure, der endo-skopischen Ballondilatation dominanter Gallengangsstrik-turen und der Lebertransplantation. Die Behandlung führtzur statistisch signifikanten Lebensverlängerung.

    Literatur

    1 Gallenwegserkrankungen

    Leuschner U, Seifert E, Winkeltau G, Schumpelick V(Hrsg.)

    Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1995, S. 203-212.

    2 Die Wirkung von Ursodesoxycholsäure bei chronischen Leber-

    krankheiten. Eine Pilotstudie. Z Gastroenterol 1985; 23: 420

    David R, Kurtz W, Strohm WD, Leuschner U.

    3 Efficacy of ursododeoxycholic acid treatment and endoscopic

    dilation of major duct stenoses in primary sclerosing cholangitis.

    An 8-year prospective study. J Hepatol 1997; 26: 560-566

    Stiel A, Rudolph G, Sauer P, Benz Ch, Stremmel W, Walker S, Theilmann L.

    4 Primary sclerosing cholangitis and ulcerative colitis: evidence for

    increased neoplastic potential. Hepatology 1995; 22: 1404-1408

    Broome U, Löfberg R, Veress , Eriksson LS.

    5 Liver transplantation for sclerosing cholangitis.

    Hepatology; 1995; 22: 451-457

    Narumi S, Robert JP, Emond JC, Lake J, Ascher NL.

    ten Unregelmäßigkeiten der Gallengänge einmal jährlicheiner ERCP unterziehen sollten; wird der Zeitpunkt der Bal-londilatation nämlich verpaßt und kann die bestehendeStenose nicht mehr kompetent dilatiert werden, so bleibtnur noch die Lebertransplantation.

    D ie Behandlung des Juckreizes (Pruritus) kann mit Urso-desoxycholsäure versucht werden. Gelingt es nicht, denoft quälenden Juckreiz zu beherrschen, so kann ein erneu-ter Versuch mit Colestyramin, besser mit Colestipol (weni-ger Nebenwirkungen) u.a. Medikamenten unternommenwerden. (Tab. 5)

    Primär sklerosierende Cholangitis

    und chronisch entzündliche Darmkrankheit

    70-100% der Patienten mit primär sklerosierender Cholan-gitis leiden gleichzeitig an einer chronisch entzündlichenDarmkrankheit (Tab. 1). Bei den meisten Patienten steht dieDarmkrankheit allerdings nicht im Vordergrund und wirdauch erst durch näheres Befragen oder eingehendereUntersuchungen bekannt. Bei 80% der Patienten mitDarmkrankheit handelt es sich um eine Colitis ulcerosa, bei15-20% um einen Morbus Crohn. Umgekehrt haben 4-5% der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmkrank-heit eine primär sklerosierende Cholangitis. Ob die Patien-ten mit PSC und chronisch entzündlichen Darmkrankheitauch häufiger ein Colonkarzinom entwickeln als diegesunde Bevölkerung, ist noch nicht ganz gesichert, dochhaben koloskopische Untersuchungen häufiger Zellatypienin der Darmschleimhaut ergeben, was zu sorgfältigen Kon-trolluntersuchungen verpflichtet.4

    D ie Behandlung der PSC wird bei diesen Patienten wieoben besprochen durchgeführt. Wird die Darmkrank-heit behandlungsbedürftig, so werden neben der Dauert-herapie mit Ursodesoxycholsäure Glucocorticoide, Salazo-sulfapyridin oder 5-ASA Mesalizin verwendet. Art undIntensität der Behandlung der Darmkrankheit hängen imWesentlichen von der Symptomatik ab, vom befallenenDarmabschnitt und der Ausdehnung.

    Lebertransplantation

    Ist die primär sklerosierende Cholangitis wegen rezidivie-render Cholangitisschübe, wegen eines unstillbaren Pruri-tus, einer allgemeinen Verschlechterung der Leberfunktionmit Serumbilirubinanstiegen über 9 mg% oder wegen Ver-dachts auf ein Gallengangskarzinom medikamentös-endo-skopisch nicht mehr behandelbar, so folgt die Leber-transplantation. Zur Zeit werden 6% aller Lebertrans-plantationen wegen einer PSC durchgeführt und 16% derPatienten mit PSC werden z. Zt. transplantiert. Die Einjah-

    [11]

    Therapie der Primär sklerosierenden Cholangitis

    1. Ursodesoxycholsäure (UDC): 10-15 mg/kg tgl. 1: Basis- und Dauertherapie

    2. Colestyramin: 4-16g/Tag (einschleichend 1-3: zur Therapie des Pruritus

    3. Colestipol bei Unverträglichkeit: 15-30g/Tag

    4. Endoskopische Dilatation von Gallengangsstenosen 4: zur Therapie dominanter Einengungen

    5. Endoskopische Gallensteinextraktion 5: selten erforderlich

    6. Lebertransplantation 6: kann durch 1-4 hinausgeschoben

    werden- Tab.5 - Prof. Dr. U. Leuschner

  • Therapie der primärsklerosierendenCholangitisUrsodesoxycholsäure:

    Sehr effektiv in Kombination mit

    endoskopischer Dilatation

    Werden Patienten mit einer primär sklero-sierenden Cholangitis (PSC) mit Urso-deoxycholsäure (UDC) behandelt, so istsowohl eine Linderung der Symptomatikzu erwarten als auch eine Besserung derLaborparameter. Insbesondere bei fortge-schritteneren Stenosen der Gallenwege istlaut Prof. A. Stiehl aus Heidelberg aller-dings parallel zur medikamentösen Thera-pie eine endoskopische Dilatation derStrikturen oder eventuell der Einbau einesStents nötig. durch wiederholte Dilatationist bei den meisten Patienten eine deutli-che Aufweitung der Gallengänge möglich,

    wie Stiehl beim Falk Workshop „Primärsklerosierende Cholangitis“ in Freiburg am3. Okt. 1998 darlegte.

    Über 60 Patienten hat der Mediziner aufdiese Weise behandelt und, wie ersagt, mit gutem Erfolg. Das Bilirubin nahmbei den Betroffenen rasch ab und normali-sierte sich zumeist innerhalb von sechsMonaten. Die Patienten, die alle weiterUDC erhielten, wurden z.T. zehn Jahrenachverfolgt und es ergab sich nach Stiehleine hochsignifikante Verbesserung dertransplantatfreien Überlebensrate. Profes-sor Stiehl machte bei seinen Patientenzudem die Beobachtung, daß nur in dreiProzent der Fälle ein Gallengangskarzinomgefunden wurde. Diese Rate ist deutlichniedriger, als allgemein zu erwarten gewe-sen wäre.

    Auch Prof. P. Neuhaus aus Berlin bezogsich in seinem Vortrag zur Transplanta-tionschirurgie bei PSC auf diese Formulie-rung und empfahl statt frühzeitiger Trans-plantation eine aggressive endoskopischeBehandlung kombiniert mit der prophylak-

    tischen Gabe von UDC (z.B. Cholofalk,Ursofalk).

    Hervorzuheben sind in diesem Zusam-menhang auch die Ergebnisse einerStudie aus England, die während der Frei-burger Leberwoche präsentiert wurden.Dr. Roger Chapman, Oxford, und seineMitarbeiter untersuchten über einen Zeit-raum von zwei Jahren die Effekte hochdo-sierter UDC auf klinische, biochemischeund histologische Parameter der PSC.Ursodeoxycholsäure wurde dabei auch ineiner hohen Dosierung von 20 mg/kg/Tag(entsprechend sechs Kapseln á 250 mg)gut vertragen.

    Neben signifikanten Abnahmen vonalkalischer Phosphatase (AP) undGamma-GT wurde unter der hohen UDC-Dosis in vielen Fällen eine Verbesserungdes histologischen Befundes beobachtet.Dadurch konnten ca. 40% der Patientensogar in ihrem Krankheitsstadium zurück-gestuft werden.

    Falk Pharma, Freiburg

    Lebertransplantationbei PSC nichtüberstürzen!Arzt/Patientenseminar über PSC

    in Wiesbaden am 19. Sept. 1998

    Im Rahmem eines Arbeitstreffens desArbeitskreises PSC der Deutschen MorbusCrohn/Colitis Ulcerosa Vereinigung(DCCV) vom 18. bis 20. Sept. 1998 fandam 19. Sept. im Josefshospital in Wiesba-den ein Arzt/Patientenseminar zu Thema„Primär sklerosierende Cholangitis“ (PSC)und „Chronisch entzündliche Darmerkran-kungen“ (CED) statt. Nach einleitendenWorten von Thomas Freese (Sprecher desAK PSC) über Geschichte und Ziel desArbeitskreises wurde aus unterschiedli-chen Perspektiven eine sehr umfassendeund anschauliche Darstellung der PSCgegeben.

    PSC ist eine chronische Gallenwegsent-zündung, die zu 80 % von einer ColitisUlcerosa (chronische Dickdarmentzün-dung) begleitet wird. Zur Entstehung, Dia-gnose und Therapie und über die Situationdes Patienten sprachen: Prof. Dr. R.Raedsch, Wiesbaden (Internist), Prof. Dr.G. Otto, Mainz (Transplantationschirurgie),PD Dr. R. Klein, Tübingen (Immunologie),

    Dr.K.Stockdreher, Wiesbaden (Ernährung),Martin Burckhardt (SelbsthilfegruppeLebertransplantierter Deutschland e.V.),Manfred Gerecke (Sozialrecht). Diewesentlichen Informationen des Seminarslassen sich wie folgt zusammenfassen:

    D ie Überlebensrate bei PSC ist nach letz-ten Erfahrungen durch die Weiterent-wicklung der ERCP (Endoskopisch-retrog-rade Cholangio-Pankreaticographie*) undihrer Möglichkeit zu menchanischerGallenwegstherapie weit über frühere Pro-gnosen angestiegen, so daß sie diemittlere Überlebensrate nach Leber-transplantation übertrifft (Prof. Dr. Otto:5-Jahresüberlebensrate nach Ltx ca. 80 %,nach PSC-Diagnose 90 %). Das bisher viel-fach überbewertete Gallenwegscarcinom-Risiko beschrieb Prof.Dr. Raedsch nur nochmit 4-5 % nach 20 Jahren PSC. Eine häu-fig angestrebte frühzeitige (prophylakti-sche) Ltx nach PSC-Diagnose ist so ange-sichts der niedrigeren Überlebensrate nachLtx im allgemeinen nicht zu rechtfertigen;in besonders schwierigen Fällen und beifortgeschrittener, dekompensierter Zirr-hose bleibt sie allerdings die einzige Thera-piemöglichkeit. Der bisher oft nach demMayo-Risikoindex ermittelte Tx-Zeitpunktsollte entsprechend den jüngsten Erfah-rungen allein von dem Entwicklungszu-stand der Zirrhose abhängig gemachtwerden (Prof. Otto).

    Für die Vorbereitung auf die Ltx wurdeder Stellenwert der Patienten-Selbst-hilfe hervorgehoben. Der Arbeitskreis PSCbestimmte Martin Burckhardt von derSelbsthilfegruppe Lebertransplantierterzum Ansprechpartner in Transplantations-fragen und äußerte den Wunsch nacheiner engeren Zusammenarbeit.

    Das Arzt / Patienteseminar fand einäußerst positives Echo und wurde –gemessen an der Seltenheit von PSC = 1-4von 100.000 Einwohnern – mit über 50Teilnehmern überraschend gut besucht.

    Martin Burckhardt

    *ERCP

    Die ERCP ist eine endoskopische Diagnose- und

    Therapiemethode. Es handelt sich dabei um eine

    Kombination einer Endoskopie (Spiegelung) des

    Zwölffingerdarms über ein flexibles Instrument,

    wobei die Mündung des Gallen- und Bauchspei-

    cheldrüsenganges aufgesucht wird, mit einer

    Röntgendurchleuchtung und der Anfertigung von

    Röntgenaufnahmen nach Kontrastmitteldarstel-

    lung der Gallenwege und des Bauchspeicheldrü-

    senganges. Durch das Endoskop können verschie-

    dene Instrumente eingeführt werden, z. B. eine

    Endoprothese (Shunt) oder auch Ballons zur Deh-

    nung von Engstellen.

    [12]

  • [13]

    Etwa acht Monate vor meinem Abitur hatte ichohne ersichtlichen Grund immer häufiger Durchfall.Zunächst habe ich das gar nicht als Krankheiterfaßt, sondern versuchte die üblichen Hausmittelanzuwenden. Im Februar 1985 war jedoch erstmalsauch Blut bei- gemengt. Beim Arzt stellte sich her-aus, daß ich an Colitis ulcerosa, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung litt. Man sagte mirzwar, daß dies eine lebenslange Erkrankung sei,doch mit einem Medikament verschwanden zumin-dest Durchfall und Blut sofort, alles schien erträg-lich gelöst.

    Im Herbst 1986 fielen jedoch bei einer Routinekontrollestark erhöhte Leberwerte auf. Erst war unklar, worum essich handelte, aber nachdem Alkoholismus, Hepatitidenund medikamentöser Leberschadenausgeschlossen waren, hieß die Dia-gnose: Primär sklerosierende Cho-langitis (PSC). Ich erfuhr, daß PSChäufig zusammen mit Colitisulcerosa auftritt und daß sie eben-falls nicht heilbar ist. Dem ärztlichenVorschlag, mir den Darm zu entfer-nen, um zu sehen, ob sich an derLeber etwas bessert, wies ich zurück– heute weiß ich, daß dies richtigwar. Überhaupt hatte ich immer wie-der den Eindruck, daß die Ärzterecht unsicher hinsichtlich meinerLebererkrankung und der richtigenBehandlung waren. Es dauerte fünfJahre, bis ich endlich einen wirklichkompetenten Arzt gefunden hatte. Dann erfuhr ich auch,daß eines Tages eine Lebertransplantation nötig sein würde.

    Ich selbst merkte von der PSC nicht viel, ich habe sie als„Laborkrankheit“ bezeichnet, weil mein einziges Sym-ptom krankhafte Laborwerte waren. Wenn ich Beschwer-den hatte, die mich bei meiner Ausbildung zum pharma-zeutisch-technischen Assistenten und später beim Studiumbehinderten, hingen sie meist mit der Colitis zusammen.Erst seit etwa Anfang 1995 bemerkte ich eine zunehmendeLeistungsschwäche und Müdigkeit und man sagte mir, daßes in meiner Speiseröhre Krampfadern gebe. Nun wurde esZeit für die Transplantation. Im Dezember fanden die Vor-untersuchungen in der Medizinischen Hochschule Hanno-ver statt, Anfang Februar 1996 stand ich auf der Warteliste.

    A ls ich in der Nacht von 15. zum 16. Juni 1996 angeru-fen wurde, hatte ich noch lange nicht damit gerechnet,an der Reihe zu sein. Ich bekam erst einmal weiche Knieund mußte mich setzen. Dann stellte sich der Transportvon Würzburg nach Hannover als schwierig heraus, weilalle Flugplätze bei Würzburg Nachtflugverbot hatten. Als

    ich aber schließlich in der Klinik war, hatte ich meine Zuver-sicht wiedergefunden. Ich hatte großes Vertrauen zu denÄrzten und habe nicht daran gezweifelt, daß Gott ihnenund mir helfen wird.

    Ich kam erst zwei Wochen später wieder zu Bewußtsein –und auch das nur auf Raten. Die Leber, die ich am 16. 6.erhalten hatte, hatte nicht funktioniert, obwohl die Ärzte12 Tage lang alles versuchten, sie dazu zu bringen. Alsschon fast keine Hoffnung mehr war, wurde ich als Notfall„Dringlichkeit 0“ an Eurotransplant gemeldet und erhieltam 29. 6. eine weitere Leber. Sie arbeitete von Anfang anhervorragend.

    Das Aufwachen aus dem zweiwöchigen Medikamenten-schlaf war schwer. Ich fand keine Grenze zwischenTraum und Wirklichkeit und habe Dinge erlebt, die sichkaum beschreiben lassen, darunter auch den Versuch,

    mich zu ermorden. Bei den wenigerdramatischen Erinnerungen weiß ichteilweise bis heute noch nicht, ob siewahr oder erträumt sind, es gibt kei-nen erkennbaren Unterschied fürmich. Dieses „Durchgangssyndrom“,das nach intensiver Narkose häufigvorkommt, dauerte eine ganzeWoche lang an. Dann aber ging esrapide aufwärts.

    In den zwei schlimmen Wochenhatte ich etwa 14 kg abgenommenund war sehr schwach geworden.Ich mußte neu lernen mich zu set-zen, zu laufen, die Zahnbürste zuhalten, zu schreiben, zu essen. Dochdie Fortschritte waren von Tag zu

    Tag erkennbar, bereits dreieinhalb Wochen nach der zwei-ten Operation konnte ich aus der Klinik entlassen werden.Es schloß sich eine Heilbehandlung in Bad Mergentheiman, in der ich weiter zulegen konnte. Im Herbst allerdingsverschlechterten sich die Leberwerte wieder: Ich hatte eineCytomegalie-Virusinfektion, die mit täglichen Infusionenbekämpft werden mußte. Ein halbes Jahr dauerte es, bissich alles wieder besserte.

    Heute liegen alle meine Leberwerte im Normalbereich.Ich habe mein Jurastudium wieder aufgenommen undauch meine Teilzeitarbeit in der Apotheke. Seit Januar1997 trainiere ich mit einer Mannschaft in Würzburg denschwedischen Nationalsport Brennball, dieses Spiel ähneltdem Baseball und ist sehr abwechslungsreich. Im Mai nah-men wir an den Weltmeisterschaften in Umeå/Schwedenteil. Wir sind zwar nicht über die erste Runde hinausge-kommen, aber an meiner Kondition lag das nicht: Ich habekeine Probleme, mit den anderen mitzuhalten. Das ist vielleicht das Beste, was man als Transplantiertervon sich sagen kann. Ulrich Kraus

    Fünf Jahre dauerte es, bis kompetenter Arzt gefunden wurde.

    „Ich habe heute keine Probleme, mit den anderen mitzuhalten!“

  • Wie alles begann

    „Müdigkeit ist der Schmerz der Leber“ und da ich michabends häufig müde und schlapp fühlte, suchte ich dieSprechstunde eines bekannten Chefarztes auf. Er bat mich,meine Beschwerden zu schildern und bemerkte ansch-ließend, daß diese Symtome auf eine Lebererkrankung hin-weisen. Durch eine Blutentnahme und eine Biopsie derLeber (Leberpunktion) sowie einer Ultraschalluntersuchungbestätigte sich diese Annahme. Das Ergebnis war eine„Primär sklerosierende Cholangitis“ (Entzündung der Gal-lenwege) und gleichzeitig eine „Colitis ulcerosa“(Geschwürige Dickdarmentzündung ). Das Zusammentref-fen dieser beiden Krankheiten ist häufig .

    Der weitere Verlauf

    Beide Krankheiten lassen sich heute über Medikamentewirksam beeinflussen. Regelmäßige Blutuntersuchungenzeigen den Stand der Leberwerte auf und mittels Darm-spiegelungen läßt sich der Krankheitsverlauf der Colitisverfolgen. Das „Auf und Ab“ der Leberwerte zeigte sichüber Jahre hinweg weitgehend konstant. Man gewöhntsich an die Krankheiten und die täglichen Medikamenten-einnahmen.

    Die Entscheidung

    Im Oktober 1997 bekam ich eine Gelbsucht, die einen län-geren Krankenhausaufenthalt notwendig machte. DieErhöhung des Bilirubins (Gallenfarbstoff) und eine ausge-prägte Aszites (Bauchwassersucht) zeigten eine Cirrhose(Leberschrumpfung) an. Die ärztliche Diagnose lautete:„Lebercirrhose b. primär sklerosierender Cholangitis m.portaler Stauung u. Ikterus“.Herr Professor Dr. A. Stiehl vom Klinikum Heidelbergerreichte durch die endoskopische Ballondillatation (ECRP)die Erweiterung einiger Gallengänge. Dadurch wurde einerasche und vorübergehende Besserung erreicht. Langfristigjedoch konnte nur mit einer Lebertransplantation eine dau-erhafte Hilfe gegeben werden. Eine „Transplantation“ istein entscheidender Eingriff, der wohlüberlegt sein sollte.Man sucht sich Rat und Hilfe bei Ärzten , Freunden, Ver-wandten und Bekannten in Büchern und Zeitschriften.Durch Zufall bekam ich die Adresse der SelbsthilfegruppeLebertransplantierter Deutschland e.V. und von dort weite-res Informationsmaterial. Die Entscheidung selbst fällt inAbsprache mit der Familie im stillen Kämmerlein.

    Transplantation – und dann?

    Dem Entschluss für eine Lebertransplantation folgten wich-tige Untersuchungen wie Leberfunktionsprüfungen, Bela-stungs EKG, Echokardiographie und vorbeugende Impfun-gen. Die Wartezeit zur Operation wird allgemein alsbelastend empfunden. Wann erfolgt der Anruf des Kran-kenhauses?Hier hatte ich großes Glück. Nach einer kurzen Wartezeiterfolgte eine überaus erfolgreiche Operation durch dasTransplantationsteam von Herrn Professor Dr. G. Otto inHeidelberg. Nach wenigen Tagen auf der Intensivstationwurde ich in die Chirurgische Klinik und bald darauf in dieLudolf-Krehl-Klinik verlegt (Medizinische Klinik). Nach 17Tagen erfolgte die Entlassung und der weitere Genesungs-prozess machte rasche Fortschritte. Nach einem Vierteljahrkonnte ich wieder in meinem Beruf arbeiten. Heute, nachmehr als einem Jahr, kann ich sagen: „Es geht mir gut!“Ein grippaler Infekt im Januar dieses Jahres war die einzigeBeeinträchtigung meines Gesundheitszustandes. Mein herzlicher Dank gilt nicht nur den Chirurgen, sondernauch dem Team der medizinischen Klinik Heidelberg unterProf. Dr. R. V. Stremmel.

    Organspende rettet Leben!Deshalb engagiere ich mich in der SelbsthilfegruppeLebertransplantierter Deutschland e.V., damit weite-ren Betroffenen durch eine Organspende wirksamgeholfen werden kann und die Akzeptanz zur Organ-spende erhöht wird.

    Wolfgang Schmid

    [14]

    Der Dank gilt den Ärzten...

    Die Geschichte einer Transplantation

    Prof.Dr.med.A.Stiehl Prof.Dr.med.R.V.Stremmel

  • [15]

    Virale Lebererkrankungen wie die chroni-sche Hepatitis B und die chronische Hepa-titis C gehen mit einem nicht unerhebli-chen Risiko für die Entwicklung einerLeberzirrhose und eines hepatobiliärenKarzinoms einher. Bei der chronisch viralenHepatitis B kennt man inzwischen einigeFaktoren, die die Prognose beeinflussen.

    So wird eine Serokonversion mit demVerlust von HbeAg und der Entwick-lung von Antikörpern gegen das HepatitisB-Virus, die spontan jährlich bei fünf biszehn Prozent der Patienten registriert wird,als sehr günstig bewertet. Aber auch untersolchen Bedingungen ist eine völlig Aus-heilung des Krankheitsbildes mit ein biszwei Prozent jährlich eher selten.

    Prognosefaktoren

    bei chronischer Hepatitis B

    Jährlich entwickeln etwa zwei Prozent derPatienten mit chronischer Hepatitis B eineLeberzirrhose, wie Professor Dr.K.P. Maieraus Esslingen während der VII. Gastroente-rologie-Seminarwoche, unterstützt vonder Falk Foundation e.V., in Titisee be-tonte. Beobachtet wird dies in erster Liniebei Patienten mit aktiver viraler Replika-tion. Dagegen haben asymptomatischeHBsAg-Träger nur ein minimales Risiko,solche Komplikationen zu bekommen.

    Auch die histologische Entzündungsakti-vität ist von prognostischer Bedeutung:So haben Patienten mit leichterer Entzün-

    dung eine 5-Jahresüberlebensrate von 90Prozent, solche mit hoher Entzündungsak-tivität von 80 Prozent und Patienten mitLeberzirrhose von nur 50 Prozent. Zudembesteht ein deutlich erhöhtes Risiko für einLeberzellkarzinom.

    Chronische Hepatitis C

    verläuft fast immer progredient

    Auch bei der chronischen Hepatitis C stel-len Leberzirrhose und Leberzellkarzinomdie gefürchtesten Komplikationen dar.Derzeit geht man aufgrund epidemiologi-scher Studien davon aus, daß es sich beider chronischen Hepatitis C um ein lang-sam progredientes Krankheitsbild handelt.Etwa 20 bis 30 Prozent der Betroffenenerleben innerhalb von 20 bis 30 Jahreneine solche Komplikation. Besondersgefährdet sind offensichtlich Männer,

    Patienten mit hohem Alkoholkonsum,einer zusätzlichen Hepatitis B-Infektionoder einer Bluttransfusion als Infektions-quelle. Eindeutig prognostische Faktoren,wie sie bei der Hepatitis B bekannt sind,konnten bei der Hepatitis C aber nochnicht formuliert werden.

    Bei der Therapie steht

    Interferon im Vordergrund

    Therapeutisch steht bei der Hepatitis B dieBehandlung mit Alpha-Interferon im Vor-dergrund, wodurch langfristig eine Remis-sion bei 30 bis 40 Prozent der Patientenerwirkt werden kann. Bei Therapieversa-gern werden Behandlungsschemata mitNukleosidanaloga versucht, bei fulminan-ten Verläufen muß eine Transplantationerwogen werden.

    Auch bei der Hepatitis C sind Behand-lungerfolge mit Alpha-Interferon be-schrieben, zumindest kann dadurch offen-bar die Chronifizierungsrate bei akuterInfektion gesenkt werden. Bei chronischerHepatitis C sind die Behandlungsergeb-nisse aber bislang noch weniger gut als beichronischer Hepatitis B, die Ansprechrateliegt im Mittel unter 20 Prozent. Allerdingskann ein zweiter Behandlungszyklus beiNichtansprechen oder beim Rückfall loh-nend sein. Für die Zukunft wird in solchenFällen eine Kombinationsbehandlung mitRibavirin diskutiert.

    Falk Pharma, Freiburg

    Kein therapeutischer Nihilismus angesagt

    10mgSandimmun optoral:Jetzt auch Kapseln mit 10 mg CiclosporinDie Novartis Pharma mit Sitz in Nürnberg führte per 15. Oktober1998 das Ciclosporin-Präparat „Sandimmun optoral“ als Kapselnmit 10 mg Wirkstoff auf dem deutschen Markt ein. Bisher gab esdas Immunsuppressivum in Mikroemulsionsformulierung bereitsals Kapseln mit den Wirkstärken 25 mg, 50 mg und 100 mgsowie als Trinklösung. Es ist außer in der Transplantationsmedi-zin zur Therapie bei rheumatoider Arthritis, schwerster Psoriasis,schwerer atopischer Dermatitis, endogener Uveitis und bei

    nephrotischem System indiziert. Die neuen 10-mg-Kapseln, sowird mitgeteilt, eigneten sich besonders zur Behandlung vonKindern als Alternative zur Trinklösung und zur Feindosierungbei Erwachsenen. Eine Packung des Präparats (N3) enthält 100Kapseln.

    aus Ärztezeitung v. 15. Okt. 1998; mit freundlicher Genehmigung

    ChronischeVirus-hepatitis:

  • Kombination von alfa-Interferon

    und Ribavirin bei hepatologi-

    schen Problempatienten

    Die Ergebnisse internationaler multicentri-scher Zulassungsstudien zur Kombinati-onstherapie von Interferon alfa-2b (IntronAÆ) und Ribavirin (Rebetol!) zeigen bemer-kenswerte Unterschiede im Hinblick auf diefrühzeitige Elimination von HCV und dieLangzeitansprechraten zwischen derMonotherapie mit alfa-Interferon und derKombination. Eine Zusammenfassung derStudien präsentierte R. Esteban Mur vomHospital Valle De Hebron in Barcelona.

    UntersuchungsparameterIm Rahmen der Untersuchungen sollteermittelt werden, ob eine Kombinationvon Interferon alfa-2b und Ribavirin zueiner höheren Langzeitansprechrate führtals die Monotherapie mit alfa-Interferon.In die randomisierten Zulassungsstudienwurden 349 Relapsepatienten aufgenom-men.

    Sie erhielten entweder

    »Interferon alfa-2b (3 Mio. I.E. s.c. 3mal / Woche) plus Ribavirin (1.000 -1.200 mg / Tag p.o.) oder

    »Interferon alfa-2b (3 Mio. I.E. s.c. 3mal/Woche) plus Placebo.

    A lle Patienten wurden über 24 Wochenbehandelt und über weitere 24 Wo-chen nachbeobachtet. Als Parameter fürdie Wirksamkeit der Therapie wurdenuntersucht:HCV-Serumspiegel zu TherapieendeHCV-Serumspiegel am Ende der Beob-achtungszeitBesserung des histologischen Befundes(nach Knodell-Score).In die Auswertung der Ergebnisse wurdenUnterschiede des HCV-Genotyps und derHCV-Ausgangsspiegel mit einbezogen.

    ErgebnisseEs zeigte sich, daß durch die Kombinati-onstherapie ein erheblicher Unterschiedim Hinblick auf das Langzeitansprechenbeobachtet werden konnte: 49% der mitder Kombination behandelten und 5 %der mit der Monotherapie behandeltenPatienten zeigten ein virologisches Lang-zeitansprechen (Eliminierung aller nach-weisbaren HCV-RNA aus dem Plasma undnegative HCV-RNA am Ende der 24-wöchigen Beobachtungsphase) auf dieBehandlung.Die frühzeitige Eliminationstellte einen erheblichen prädiktiven Fak-tor für das 10fach höhere Langzeitanspre-chen in der Gruppe der Patienten mitKombinations- therapie dar.

    Auch bei der Differenzierung der Patien-tengruppen nach HCV-Genotyp (Geno-typ 1/Nicht-Genotyp 1) und HCV-Virusti-tern zeigte die Kombinationstherapie zwarje nach Patientengruppe unterschiedlicheAnsprechraten, in allen Kategorien jedochhöhere Ansprechraten als die Monothera-pie. Dies bedeutet, daß der Nutzen derKombination, der sich gleichermaßen invirologischer und histologischer Hinsichtzeigte, unabhängig von der Viruslast unddem Genotyp des HCV ist.

    aus Spektrum der Hepatologie, Nr.2/98,

    Essex Pharma, München

    Neuer Ansatzpunktfür die HCV-Therapie?

    Helicase-Struktur des

    Hepatitis-C-Virus entdeckt

    Die Darstellung des HCV-Genoms hat zurIdentifizierung von HCV-spezifischen Enzy-men geführt, die entscheidend für dieVirusreplikation sind. Dieses Wissen ist dieGrundlage für die Entwicklung von Medi-kamenten zur Hemmung der HCV-Repli-kation. Die bisher identifizierten HCV-spe-zifischen Enzyme sind

    »eine Protease »eine Helicase»eine RNA-abhängige RNA-Polymerase

    Patricia C. Weber vom Schering-PloughResearch Institute berichtete über dieGrundlagenforschung, die zur Entdeckungder dreidimensionalen Struktur der HCV-

    Helicase geführt haben.Die Helicase entwindet die HCV-RNA vorihrer Transkription in ein komplementäresRNA-Molekül, das die Schablone für dieReplikation des HCV-Genoms darstellt. MitHilfe der hochauflösenden Röntgenkristal-lographie konnten die drei Enzymregionendargestellt werden.

    »Bindungsstelle für Adenosintri-phosphat (ATP), das die Energie zurEntwindung der RNA liefert

    »Bindungsstelle für die RNA»Schaltregion, die die ATP-Hydro-lyse an die RNA-Entwicklung koppelt

    Darüber hinaus bindet eine tiefe, dieRegion trennende Kluft RNA von denanderen Regionen des Moleküls. Vermut-lich ist dies die Stelle, an der nach der Ent-windung der RNA auch die einsträngigeRNA bindet. Insofern stellt diese Kluft eineideale Stelle für die Bindung synthetischer

    Hemmer dar und steht im Mittelpunkt desInteresses bei der Entwicklung neuer Medi-kamente.

    D ie HCV-spezifische Protease ist – ineiner anderen Region – an der gleichenPolypeptidkette angesiedelt wie die Heli-case. Die Beeinflussung der Aktivität diesesEnzyms stellt ebenfalls ein interessantes,vielversprechendes Ziel für die Entwicklungneuer hemmender Substanzen dar.

    Essex-Pharma, München

    [16]

    StrukturmodellHCV-RNA-Helicase

    Zehnfach höhere Ansprechrate beiHCV-Relapse-Patienten

  • Hat es Gelegenheit dazu, verursacht das

    Cytomegalievirus (CMV) unterschiedlichste,

    mitunter gefährliche Krankheitsverläufe. CMV

    zählt zu den Herpesviren, fast jeder zweite

    Mensch ist damit infiziert. Einem intakten

    Immunsystem vermag das kleine DNS-

    Geschöpf kaum etwas anzuhaben.

    Immunsupprimierten kann es manchmal

    ziemliche Probleme bereiten.

    [17]

    Ein leichtes Grippegefühl

    kommt auf, wenn Cytomegalieviren vom intakten Immun-system eines Menschen bekämpft werden. Arg dezimiertmüssen sich die Angreifer meist nach wenigen Tagen insichere, für das Abwehrsystem unerreichbare Gefilde imKörper zurückziehen. Durchschnittlich 40% aller Men-schen hatten schon mindestens einmal Kontakt mit demzur Gruppe der Herpesviren zählenden Virus. Die meistenwahrscheinlich schon viel öfter. Mit dem Alter steigt dieserProzentsatz der Verbreitung beständig an. 60jährige sindschon zu 80% mit dem Virus infiziert. Da CMV auch durchTröpfcheninfektion übertragbar ist, lauert der Erreger übe-rall im Alltag. Nur wer gerne in utopischen Quarantänesta-tionen mit Panzertüren und Luftschleusen lebt, könnte sichvor einer Infektion schützen. Bei Schwächezuständen,bedingt etwa durch Fieber, Streß oder Hormonschwankun-gen, formiert sich die zurückgezogene CMV-Truppe aufsneue, das Kräftespiel wiederholt sich.

    Manchmal alles andere als harmlos

    Einen weniger banalen Verlauf kann dieser alltäglichenKrieg in unserem Körper nehmen, wenn das Immunsystemstark geschwächt ist, oder – wie bei Transplantierten – perImmunsuppressiva gezielt in seiner Schlagkraft einge-schränkt. Vor allem dann, wenn zusätzliche Therapiengegen eine akute Abstoßung eingesetzt werden, hat CMVbesondere Chancen, seine verhängnisvolle Wirkung zuentfalten und mitunter sehr bedrohliche Krankheitsverläufeauszulösen. Welche Organe dabei betroffen werden, istnicht vorhersehbar. So kann es zu einer Lungenentzün-

    dung oder einerHepatitis kom-men. Augen oderZentralnervensystemkönnen in Mitleidenschaftgezogen werden.

    Herzmuskel- und Herzbeutelent-zündung sind ebenso mögliche Fol-gen einer CMV-Erkrankung wie bakterielle oderPilzinfektion, die sich nach einer CMV-bewirkten Absen-kung der weißen Blutkörperchen einstellen können. Sogareine Transplantatabstoßung kann dieses Virus auslösen.Gründe genug für die Medizin, diesen Gegner sehr ernstzu nehmen und eine Erkrankung zum frühestmöglichenZeitpunkt zu behandeln.

    Serokonstellation: Ein Risiko haben alle

    Die Wahrscheinlichkeit, von einer CMV-Erkrankungunmittelbar durch Transplantation betroffen zu werden,ist für Organempfänger (E) unterschiedlich groß. War derSpender (S) bereits mit dem CMV in Kontakt, der Emp-fänger hingegen noch nie, tritt am leichtesten eineErkrankung auf. Bei dieser Primärinfektion (E-/S+) ist auchder Verlauf oft schwerwiegender als bei der sogenanntenSekundärinfektion (E+/S+), bei der das Immunsystem desEmpfängers, das bereits erfolgreich gegen das Virus inAktion getreten ist, lediglich mit einem neuen Viren-stamm Bekanntschaft macht, dies allerdings zu einemäußerst ungünstigen Zeitpunkt. Noch geringer ist dasRisiko, wenn nur der Organempfänger das Virus in sich

    Cytomegalievirus:Bedrohung für geschwächteImmunsysteme

  • [18]

    trägt (E+/S-). In diesem Fall kann es zu einer CMV-Reakti-vierung kommen, dem Wiederaufflammen der Virusakti-vität. Die günstigste Serokonstellation ist logischerweisegegeben, wenn weder Empfänger noch Spenderorganbislang mit CMV in Kontakt gekommen sind (E-/S-). Ganzausschließen kann man eine Attacke des überall präsen-ten Cytomegalievirus allerdings nie.

    Teufelskreis: CMV fördert Abstoßung,

    die Antiabstoßungstherapie fördert CMV

    Die ersten Anzeichen einer CMV-Erkrankung sind sehrunspezifisch. Man tippt auf Grippe, wenn sich leichte Glie-derschmerzen, ein wenig erhöhte Temperatur oder Nacht-schweiß bemerkbar machen. Für Ärzte stellt sich vor allemdas Problem, eine CMV-Infektion von einer Abstoßungsre-aktion zu unterscheiden. Da konventionelle serologischeVerfahren, wie z.B. der Nachweis von Antikörpern, nur beiintakten Immunsystem funktionieren und die natürlicheEntwicklung von Antikörpern eine gewisse Zeit braucht(ca. 10 bis 14 Tage), sind einigen verbreiteten Diagnose-methoden in der Transplantmedizin enge Grenzen gesetzt.

    E rst aufwendigere Systeme zum direkten Virusnachweisbeantworten rasch und präzise genug die Fragestellungder behandelnden Ärzte. Die Antwort kann immerhin sehrgegensätzliche Maßnahmen zur Folge haben: während imFall einer Abstoßungstherapie mehr (virusfördernde)Immunsuppression benötigt wird, gilt es im anderen Fall,

    das Virus zu bekämpfen und dazu eventuell die Immun-suppression zu vermindern, um den Abwehrkampf

    erfolgreicher zu gestalten. Da CMV seinerseitseine Abstoßungreaktion bewirken kann, ent-

    steht leicht ein Teufelskreis: CMV fördert dieAbstoßung, die Antiabstoßungstherapie

    fördert CMV. Zu den verwirrenden Eigen-heiten des Cytomegalievirus zählt oben-drein eine immunsuppressive Wirkung,was die Diagnose nicht eben erleich-tert.

    Bei Früherkennung

    ist CMV gut behandelbar

    In Transplantzentren ist man aus alldiesen Gründen auf CMV gut vorbe-

    reitet. So wird am AKH Wien in derFrühphase nach Transplantationen und

    bei klinischem Verdacht 2x wöchentlichroutinemäßig eine PP65-Diagnostik durch-

    geführt. Mit diesem hochwertigen Verfahrenkönnen Virusteile an weißen Blutkörperchen

    direkt erkannt werden.

    Auch mit dem PCR-Test, wie er bei Hepatitis C ver-wendet wird, ist ein unmittelbarer Virusnachweismöglich. Durch die regelmäßigen Untersuchungen kannman das Virus meist schon Tage zuvor bekämpfen, eheerste Symptome auftreten. Gerade in den ersten Wochennach einer Transplantation, der Phase mit hoher Immun-suppression, treten die meisten CMV-Erkrankungen inErscheinung – vorzugsweise ab der dritten Woche.

    Optimale Prophylaxe noch nicht gefundenZahlreiche Forschungsgruppen in aller Welt beschäftigensich mit der Entwicklung von prophylaktischen Medika-menten und Maßnahmen, die dem Virus schon im Vorfeldden Spaß verderben sollen. Der „Goldstandard“, so FrauDoz. Klauser, die selbst einem solchen Team angehört, istleider bislang noch nicht gefunden. Mit der Verabreichungvon Gancyclovir (Handelsname Cymevene) über die ersten90 Tage gelingt es im Wiener AKH bei Hochrisikopatienten(E-/S+) bereits häufig, den Zeitpunkt einer Erkrankung um

    bis zu 5 oder 6 Monate hinauszuzögern oder den Krank-heitsausbruch sogar ganz zu verhindern. Damit wird dasProblem in manchen Fällen zwar prinzipiell nur verlagert,allerdings in einem für die Patienten ungleich günstigerenZeitraum. Ein halbes Jahr nach Transplantation ist dieImmunsuppression bereits stark verringert und die Aus-gangslage zur Bewältigung einer auftretenden Virusattackein jeder Weise verbessert. Cymevene ist eine gegen sämtli-che Herpesviren wirksame Substanz, sie greift direkt in dieZellvermehrung ein. Mit Prophylaxe begegnet man auchbesonderen Gefährdungsphasen zu späteren Zeitpunkten.

    D iese sind zum Beispiel dann gegeben, wenn eineAbstoßungsreaktion mit einer hochdosierten Cortison-gabe allein nicht beherrscht werden kann und in der FolgeAntiabstoßungstherapie in Form von ATG oder OKT3 ein-gesetzt wird. Diese massivsten immunsuppressiven Mittelöffnen dem Cytomegalievirus in ganz besonderem MaßeTür und Tor, wie Untersuchungen gezeigt haben. Auch indiesem Fall wird mit Cymevene versucht, die Vermehrungoder Reaktivierung des Virus in Grenzen zu halten und denAusbruch einer Erkrankung zu verhindern.

    Wie sollen sich immunsupprimierte

    Patienten nun verhalten?

    Schutz vor einer CMV-Infektion gibt es leider noch nicht.Es ist auch nicht möglich, eine CMV-Erkrankung im Früh-stadium selbst zu erkennen. Die meisten Erkrankungen tre-ten in den ersten Wochen nach einer Transplantation aufund damit während engmaschiger Kontrollen durch dieKlinik. Später ist natürlich wichtig , die von der Klinik (fürdie jeweilige Transplantationsart) mitgegebenen Verhal-tensregeln genau zu beachten und alle vorgesehenen Kon-trolluntersuchungen einzuhalten.

    tpi transplant information 97/2, Sept. 97 aus dem Internet;

    Abb.: Cytotect Biotest: Extracta a. Wiss. & Technik; mit freundlicher Genehmigung

    Schematische Darstellung eines humanen Cytomegalovirus. Nach dem gleichen Bauplan sind alleHerpesviren aufgebaut.

  • E ine Punktion hat wohl jeder von unsschon hinter sich gebracht, bedeutetdoch Punktion zunächst nichts anderes alsEinstich einer Hohlnadel in z. B. (Blut-)Gefäße oder Körperhohlräume. Hierbeikönnen Körperflüssigkeiten entnommenwerden:

    Blut aus der Vene, Bauchwasser (Aszi-tes), Rückenmarksflüssigkeit (Liquor)bei der Lumbalpunktion, Frucht-wasser bei vorgeburtlichen (präna-talen) Untersuchungen u. a.mehr.

    D iese Flüssigkeiten werdennun in vielfacher Hinsichtuntersucht: z. B. auf Vorhan-densein und Konzentrationverschiedener chemischerSubstanzen (Blutzuckerge-halt, Blutfette, Spiegel desImmunsuppressivums, Trans-aminasen, und viele andereParameter mehr). Vorhandenseinund Menge bestimmter Zellen(zytologische Untersuchung): ver-schiedene weiße und rote Blutkörper-chen, Tumorzellen usw. ErbbiologischeUntersuchungen: Embryozellen z. B., diesich im Fruchtwasser befinden, können aufChromosomenanomalien untersucht wer-den. So kann vor der Geburt eine Krank-heit (etwaige Trisomie 21 –„Mongolis-mus“) diagnostiziert oder ausgeschlossenwerden. Krankheitserreger, bzw. Abwehr-stoffe (Antikörper) gegen diese könnennachgewiesen werden. So werden viele

    Krankheiten aufgrund der Untersuchungdes Punktats (der Flüssigkeit) ausgeschlos-sen, sicher diagnostiziert oder deren Ver-lauf überwacht.

    O ftmals geben z. B. Blutuntersuchungenauch erste Hinweise auf möglicheErkrankungen, die dann andere, weiterge-

    hende Diagnose-ver-

    fahrennötig werden lassen. Punktion kann abernicht nur Diagnose bedeuten sondernauch Therapie. Sicherlich verknüpfen vielevon uns den „Einstich der Hohlnadel“ mitdem Einspritzen von Medikamenten z. B.in die Vene oder die langsamere Infusiondurch eine Braunüle. Die Punktion kann

    aber auch zur therapeutischen Entlastungeingesetzt werden. So wird eine Druckent-lastung durch Herausziehen von Flüssig-keit z. B. aus einem Kniegelenkergußerreicht. Patienten mit Leberzirrhose ken-nen die Aszitespunktion, wobei das Ablas-sen manchmal sogar mehrerer Liter Bauch-wasser Erleichterung schafft.

    Bei einer Biopsie dient die Punktion nichtder Entnahme von Flüssigkeiten, son-dem der Gewinnung von Gewebe-

    proben.Je nach Art der Biopsie werdenHohlnadeln unter Verwendung spe-

    zieller Instrumente (Zangen, Stan-zinstrumente, Schlingen, etc.)eingesetzt. Unverzichtbar istdie Biopsie für Diagnostik undVerlaufsbeurteilung verschie-dener Lebererkrankungen. Sokann z. B. durch Untersu-chung des gewonnenenGewebes Vorhandensein und

    Ausprägung einer Leberzirr-hose festgestellt oder auch ein

    Tumor charakterisiert werden.Hierbei wird nach örtlicher Betäu-

    bung eine Punktionsnadel unterUltraschallkontrolle durch einen Rippen-

    zwischenraum zum gewünschten Leberbe-reich vorgeschoben und eine Gewebe-probe entnommen. Danach erhält derPatient einen Druckverband und mußmehrere Stunden ruhig liegen.

    Jutta Riemer

    Literatur:

    Klinisches Wörterbuch

    Pschyrembel; 257.Aufl.; J.-M.Hahn;

    Checklisten „Innere Medizin“

    [19]

    Die Punktion/Biopsie:

    D I A G N O S E V E R F A H R E N : K U R Z E R K L Ä R T

  • Zu einem solchen Hochdruck kommt es, wenn das von der Pfort-ader in die Leber eingeleitete Blut des Magen- und Darmtraktessich zurückstaut, weil es die Leber krankheitsbedingt nicht mehrmit normaler Geschwindigkeit durchfließen kann, oder der Abflußdurch die posthepatischen Venen erheblich eingeschränkt ist. DerTIPS ist nun eine in der Leber zwischen einem Pfortaderast undeiner ableitenden rechten Lebervene künstlich angelegte Verbin-dung (Shunt). Durch sie wird ein größerer Teil des venösen Bluteszur Stauvermeidung umgeleitet und tritt somit gar nicht mehr indie erkrankten Leberbereiche ein.

    Der Hauptanwendungsbereich

    für TIPS-Implantationen ist die Leberzirrhose

    Der durch die zirrhotische Umbildung der Leber (Leberzellen inhartes Bindegewebe) vom Pfortadersystem ausgehende Rückstaudes Blutes bewirkt die Bildung von Umgehungskreisläufen imgesamten Zuflußbereich der Pfortader. Hierdurch kann es beiPatienten zu lebensbedrohlichen Blutungen aus nun dick aufge-triebenen und deshalb leicht platzenden Speiseröhren- undMagenvenen (Ösophagus- und Fundusvarizenblutungen) kom-men. Der TIPS wird zur Vermeidung des (Wieder-) Auftretens sol-cher Varizenblutungen eingesetzt. Aber auch bei anderen Krank-heitsbildern (z. B. Aszitis, Budd Chiari Syndrom) kann dieseTherapieform wirksam angewandt werden.

    Bereits der Name „Transjugulärer intrahepatischer portosyste-mischer Shunt“ gibt sehr genaue Auskunft über die Technikdieses in der radiologischen Abteilung vorgenommenen Eingriffs.Nach einer Punktion am rechten Halsansatz wird durch die nahedem Schlüsselbein (jugulum) verlaufende Vene (transjugulär) einKatheter in eine rechte Lebervene vorgeschoben, der die Funktioneine Arbeitsschachtes besitzt. Mit einer hierdurch eingeführtenNadel wird zunächst ein Ast der Pfortader punktiert, einFührungsdraht eingelegt und anschließend das Gewebe zwischender Lebervene und dem Pfortaderast mittels eines Ballonkathetersetwas geweitet. In den so entstandenen Kanal wird dann einekleine Prothese (Stent) eingelegt, durch die in der Leber (intrahe-patisch) eine künstliche Abflußverbindung (Shunt) zwischen demPfortadersystem (portosystemisch) und Lebervene geschaffen ist.

    Durch wiederholte Druckmessungen wird nun sichergestellt,daß die erkrankte Leber nur noch von der für sie ohne Staubil-dung verkraftbaren Blutmenge durchflossen wird. Das restlicheBlut fließt durch den Stent ab, der jeweils auf den dazu individuellerforderlichen Durchmesser gedehnt wird. Da zu diesen Druck-messungen die Mitarbeit des Patienten – Anhalten der Luft nachVorgaben des Arztes – erforderlich ist, kann eine TIPS – Implanta-tion auch nicht unter Vollnarkose durchgeführt werden. Der Pati-ent wird sediert – Beruhigungs-/Schmerzmit-tel – , so daß er zwaretwas schläfrig ist, die ihn betreffenden Anweisungen aber ver-stehen und umsetzen kann.

    Die TIPS-Implantation ist zudem

    objektiv kein besonders schmerzhafter Eingriff

    Unangenehm kann zeitweise der mit der Gefäß- und Gewebe-weitung verbundene manchmal starke Druck im Arbeitsbereichsein. Aber auch dieser wird von den Patienten in Abhängigkeitvon ihrer Einstellung zu einer solchen Maßnahme subjektiv sehrunterschiedlich empfunden. Mit dem Eingriff ist je nach Verlaufein individuell unterschiedlich langer stationärer Aufenthalt in derKlinik verbunden. Meine eigene Entlassung erfolgte zwar bereitsam Abend des Tages nach der TIPS-Implantation, durchschnittlichsollte man aber schon von einer etwa einwöchigen Aufenthalts-dauer ausgehen.

    D ie Funktion des TIPS muß in der Folgezeit in regelmäßigenAbständen sonographisch – farbkodierte Duplexsonographie –überwacht werden, um so mögliche Beeinträchtigungen der Fluß-geschwindigkeit (Perfusion) des Blutes durch den Stent rechtzeitigzu erkennen. Denn diese würden erneute Staubildungen im Pfor-tadersystem mit den bereits beschriebenen lebensbedrohlichenBlutungen auslösen.

    D ie Ursachen für solche Durchflüßstörungen können unter-schiedlich bedingte körperliche Funktionseinschränkungensein (z. B. Verengung der ableitenden Lebervene) oder beim TIPSselbst liegen. Der als Prothese eingelegte Stent ist nämlich eine

    Der TIPS dient als künstliche Abflußverbindung (Shunt) zwischen Pfortader-

    system und ableitender Lebervene. Er soll die Entstehung eines Pfortader-

    hochdruckes mit Blutrückstau und der Bildung von leicht blutenden Varizen

    v.a. in der Speiseröhre und Magen verhindern.

    [20]

    TransjugulärerIntrahepatischerPortosystemischerShuntDie TIPS-Implantation ist eine neuere, heute aber

    bereits verbreitet angewandte Therapieform, die

    bei Pfortaderhochdruck (portale Hypertension)

    eingesetzt wird.

  • Das Transplantationszentrum der Univer-sitätsklinik Tübingen hatte zu einemJubiläum der besonderen Art eingeladen:Die Klinik konnte auf 20 Jahre Transplan-tationsmedizin zurückblicken. In diesen 20Jahren sind in Tübingen ca. 1500 Trans-plantationen durchgeführt worden.

    Unsere Gruppe konnte auf verschiedenWeise ihren Beitrag leisten: »Durch einen Infostand im Foyer »einGrußwort am Vormittag, durch Teilnahmebei der Pressekonferenz »und nichtzuletzt durch Vorstellung der Selbsthilfe-gruppe bei der Patientenkonferenz.

    Josef Theiss, unser Stv. Vorsitzender,bedankte sich im Namen des Vereinesfür die Einladung und überbrachte dieGlückwünsche unserer Gruppe.In seiner Rede hob er hervor, daß wir uns

    für eine ganzheitliche Betreuung derBetroffenen einsetzten und erwähntedabei die vorgeschlagenen Betreuungs-gruppen an den Tx-Zentren. Im weiterenwies er auf die mangelnde Prävention hin,dies bewußt auch wegen der anwesendenPolitiker (MdB Fr. Däubler-Gmehlin – jetztBundesjustizministerin, MdB Repnik – jetztSozialminister in Baden-Württemberg,MdB Grotz, Staatssekrärin J. Lichy vomSozialminsterium B.-W. Im Zusammen-hang mit der Organspende betonte Theissdie Verantwortung der Krankenhäuser hin-

    kleine runde, gitterförmige Röhre (ver-schiedene Materialien möglich), an derenInnenseite sich mit der Zeit Ablagerungenfestsetzen können. Hierdurch wird derDurchmesser verkleinert, was zwangsläu-fig den noch möglichen Blutabfluß überden Stent einschränkt oder sogar völligverhindert. Beide Arten von Ursachen kön-nen eine TIPS – Revision erforderlichmachen.

    Die Anlage eines TIPS ist kein eine

    Lebertransplantation verhinderndes

    oder sie gar ersetzendes Verfahren

    Sie hat rein prophylaktischen Charakterund soll als eine zeitlich begrenzte Maß-nahme – i.d.R. ein bis zwei Jahre – bewir-ken, daß die Zeit bis zur Transplantationfür den Patienten möglichst ohne das Auf-treten lebensgefährdender Komplikatio-nen überbrückt wird. Zu erneuten Blutun-gen (Rezidivblutungen) kommt es nach derTIPS-Anlage in etwa 10% aller Fälle.

    Die befristete Aufgabe des TIPS ergibtsich bereits aus dem mit seiner Anlageverbundenen Hauptproblem. Da durch denStent ein meist größerer Anteil des Blutesganz ohne die von der Leber ansonstenzumindest noch teilweise geleistete Entgif-tung sofort in eine abführende Leberveneeingeleitet wird, werden vorhandene toxi-sche Stoffe nicht mehr aus dem Blutkreis-lauf eliminiert, sondern gelangen direkt inden Körper. Einige dieser Toxine – v. a.Ammoniake – wirken dauerhaft schädi-gend auf das Gehirn. Mit der Zeit bildetbzw. verfestigt sich deshalb bei dem Pati-enten die in den Anfangsstadien mit moto-rischen Einschränkungen sowie Konzentra-tions- und Denkstörungen einher gehendehepatische Enzephalopathie. Diese wie-derum ist jedoch im Endstadium ebenfallstödlich. Von daher stellt auch eine bereitsdurch das Krankheitsbild ausgelöste fortge-schrittene hepatische Enzephalopathie eineder wesentlichen Kontraindikationen füreine TIPS – Anlage dar.

    Jutta Alders

    In der Ausgabe 1/99 wird ein ausführlicher Bericht

    zum Thema hepatische Enzephalopathie folgen.

    [21]

    sichtlich der Meldung von Hirntoten.Insgesamt dankte er dem Transplanta-tions-Zentrum für die partnerschaftlicheund fruchtbare Zusammenarbeit.

    Thema „Stand des Transplantationsge-setzes – Umsetzung in Baden-Würt-temberg“Guido Persijn von Eurotransplant/Leidenmachte deutlich, daß Deutschland imEuropavergleich weit hinten bei derOrganspendebereitschaft liege. R. Strehl, (Kaufmännischer Direktor desKlinikums der Universität) überraschte mitder Information, daß aufgrund derDeckelung durch das Krankenhausgesetzdas Klinikum jede Transplantation auseigenen Mitteln finanzieren müsse, dieüber die „gedeckelte“ Zahl hinausginge!

    Außerdem würden für die Nachsorgegerade mal DM 120,–/Quartal ersetzt! DieKlinik führe dennoch so viele Transplanta-tionen durch, wie irgend möglich undjeder Patient werden so betreut, wie eserforderlich sei.

    Beim Patientensymposium…waren ca. 200 Teilnehmer zu zählen. Re-ferenten waren Prof.Dr.Lauchart, Dr. C. L.Fischer-Fröhlich /DSO, Dr. Petersen, Ver-treter der Selbsthilfegruppen. Die Ärztebemühten sich um eine patientengerechteSprache, dafür gebührte ihnen ein Lob,das beifällig unterstrichen wurde. Sicherein guter Ansatz für ein künftiges Arzt /Patientenseminar in Tübingen.

    Insgesamt kann konstatiert werden, daßsich die Selbsthilfegruppen mehr undmehr zu Partnern entwickeln, deren Arbeitund Einsatz von den Kliniken und anderenInstitutionen anerkannt wird. Schließlichgeht es um nicht weniger als um einebessere, ganzheitliche Betreuung derBetroffenen. Josef Theiss

    v. l.n.r. :

    Guido Persijn, Eurotransplant, Leiden/NL

    PD Dr. R. Viebahn, Tübingen

    Prof. Dr. Lauchart, Tüb., im Gespräch mit G. u. O. Henke

    Attempto – Ich wag’s20 Jahre Transplantation

    an der Eberhard Karls-Universität Tübingen

  • [22]

    Meine sehr geehrten Damen und Herren,

    Sehr gerne bin ich der Einladung zu die-sem Gespräch gefolgt. Ich bin hier nichtnur als selbst Betroffener sondern auch alsVertreter der Selbsthilfegruppe Lebertrans-plantierter Deutschland e. V., die hier inHeidelberg gegründet worden ist. Und ichkann deshalb auch für viele Mitgliedersprechen, denen die Klinikseelsorge so-wohl an der Chirurgischen Universtitätskli-nik wie auch an der Krehl-Klinik eine großeHilfe war, sowohl vor wie auch nach derTransplantation.

    Der chronisch Leberkranke, dem es oftkörperlich und meist psychisch sehrschlecht geht, fällt nicht selten in ein seeli-sches Tief, ganz besonders aber, wennihm die Ärzte eröffnen, daß sein Lebenwohl nur durch eine Transplantation zuretten sein wird.

    Die solchermaßen Betroffenen stehen oftunter einem Schock, sie sehen sich amEnde ihrer Lebensplanung, ja am Endeihres Lebens. Von Transplantation hat manmeist schon einmal gehört, aber selbstdavon betroffen zu sein, ist doch einigeDimensionen schwerwiegender. Wer hatsich schon in guten Zeiten damit auseinan-dergesetzt, wie es ihm wohl ergehenwerde, wenn eine lebensbedrohlicheSituation durchzustehen sein wird?

    Allein schon der Gedanke an ein Kran-kenhaus ist für viele eine Horrorvorstel-lung. Und dann die Realität: Im Kranken-haus in fremder Umgebung, weg vomgewohnten Komfort der eigenen Woh-nung, fremde Menschen um sich, denganzen Tag, keine Intimsphäre mehr.In dieser Phase kommen Ängste und Fra-

    gen auf, sie stehen wie ein riesiger Bergvor einem, über den man nicht hinaus-blickt.

    »Bekomme ich rechtzeitig einOrgan? »Darf ich das Organ über-haupt annehmen? »Ethische Beden-ken kommen auf »Es stellt sich dieFrage: Was hat Gott mit mir vor?»Wie durchstehe und überstehe ichdie schwere Operation? »Wie lebe ichmit dem fremden Teil in mir? »Wiewird es zu einem Teil von? »Wie istes mit den vielen möglichen Kompli-kationen, was kann danach mit miralles noch passieren? »Und weiter:Kann ich danach wieder normalleben, arbeiten, die Schule besuchen,reisen usw. »Oder bin ich danach einBehinderter, Arbeitsloser oderRentner?

    Die Ärzte, ja sie klären über die notwen-digsten medizinischen Fragen auf, dazusind sie ja auch aus rechtlichen Gründenverpflichtet. Aber damit sind die existenti-ellen Fragen längst nicht beantwortet, ichweiß das aus eigener Erfahrung. Der Pati-ent kommt in die Klinik ja nicht nur mitseinen körperlichen Gebrechen sondernauch mit seinem selischem Leid.

    In dieser schweren Zeit suchen Betrof-fene Antworten auf diese Fragen. Siesuchen sie bei anderen Betroffenen z. B. ineiner Selbsthilfegruppe, um zu erfahren,wie diese alles durchlebt haben und wiesie jetzt leben.

    Am Tag an die Sonne zu glauben ist leicht –

    aber in der Nacht?

    [[GEIST · KÖRPER · SEELE ]]

    Vortrag anläßlich der Visitation durch die Ev. Bad. Landeskirche mit

    Landesbischof Dr. Fischer am 13. November 1998. Dabei ging es um die Frage

    der Kürzung um 2,5 Seelsorgestellen am Heidelberger Klinikum. Von unserer

    Gruppe waren Jula Franke, Wolfgang Bier und Josef Theiss eingeladen.

  • [23]

    Auch praktizierende Gläubige brauchenda Hilfe in ihren Zweifeln an dem Gott,der das große Leid zuläßt. Stellen sich Fra-gen „Warum, warum ich, warum jetzt,was habe ich verbrochen, warum straftmich Gott so?“ Der Boden ist unter denFüßen wegezogen, das dünne Eis ein-gebrochen. Auch diese Erfahrung istschmerzlich, daß plötzlich nichts mehrträgt, wo man voher doch so sicher war,wo alles klar war.

    Ganzheitliche Betreuung kennt die

    Schulmedizin nur von der Theorie

    her, die Hektik des Betriebes und

    andere Zwänge lassen eine

    ganzheitliche Fürsorge schon gar

    nicht zu, ganz abgesehen von den

    personellen Problemen.

    Not lehrt beten, heißt es. Christus hatselbst am Ölberg gefleht: Kann dieserKelch nicht an mir vorübergehen? Und derHerr schickte ihm Engel, die ihn tröstetenund ihm Kraft gaben. Solche Engel sinddie Krankenseelsorger. Manche Krankefinden durch ihren Beistand den Wegzurück zum Glauben, wenn sonst nichtsmehr trägt. Andere auch nicht. Christusfragte den blinden Bartimäus „Was willstdu, das ich dir tue?“ Und dieser sagte:„Mach mich sehend!“ Kranke lernen, daßsie auch selbst etwas tun müssen.

    Auf diese Fragen können die Ärzte keineAntwort geben, es ist auch nicht ihreAufgabe. Vielleicht aber andere Betroffenedurch ihr eigenes Beispiel, wie sie damitumgehen oder umgegangen sind.

    Seelsorger – kompetente Ansprechpartner

    Die Seelsorger der Klinik sind hier die kom-petenten Ansprechpartner in dieser exi-stenziellen Not. Sie helfen durch Zuhören,das Beten mit de